BBK Nr. 15 vom Seite 733

Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen

Welche Anforderungen müssen Kassen aktuell erfüllen?

Tobias Teutemacher *

Am [i]Teutemacher, Handbuch zur Kassenführung, Herne 2015 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen beschlossen. [1] Aufgrund der Übergangsregelung in § 30 EGAO-RegE suggerieren Berichte in Onlineportalen und der Tagespresse seitdem, dass erst ab dem neue, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte elektronische Registrierkassen genutzt werden müssen und bis zum die alten Kassen [i]Durch RegE unveränderte Rechtslagenoch weiterhin eingesetzt werden könnten. Aber: Diese Auffassung entspricht weder den geltenden Regelungen noch dem Regierungsentwurf. Denn einerseits gilt das [2] unverändert fort; andererseits ist auf die Entwurfsfassung des § 30 EGAO abzustellen.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Geltende Rechtslage: Das

Auch [i]Reckendorf, Das Spannungsfeld von Registrierkassen und Betriebsprüfungen – Handlungsempfehlungen für eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Prüfer, BBK 10/2016 S. 479 NWB SAAAF-73321 nach der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs gilt das zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften weiter und wurde nicht durch die GoBD aufgehoben. [3]

Es gilt also unverändert: Seit dem müssen Geschäftsvorfälle einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufgezeichnet werden, wenn sie mithilfe von Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion oder Taxametern aufgezeichnet werden – das BMF spricht im weiteren Verlauf des Schreibens von „Geräten“.

Sämtliche aufzuzeichnenden Daten wie Journal-, Auswertungs-, Programmier- oder Stammdatenänderungsdaten sind ab diesem Zeitpunkt „unveränderbar“ [4] und maschinell auswertbar auf einem Datenträger zu speichern. Für jede Kasse, jedes Kassensystem oder kassenähnliche System müssen die Grund(buch)aufzeichnungen getrennt geführt und aufbewahrt werden. S. 734

Elektronische Registrierkassen sind – wenn und soweit bauartbedingt und technisch möglich – auf den neuesten Anforderungsstand aufzurüsten.

Hinweis:

Dies wurde nach Erkenntnissen der Finanzverwaltungen verschiedener Bundesländer allerdings in 5 %, höchstens 10 % aller möglichen Aufrüstungen von den steuerpflichtigen Unternehme(r)n umgesetzt.

Für [i]Übergangsfrist endet unverändert 2016Kassen ohne Einzelaufzeichnungsmöglichkeit, ohne Speichermöglichkeit und ohne Datenexportschnittstelle, die bauartbedingt den in dem niedergelegten gesetzlichen Anforderungen nicht oder nur teilweise genügen, gibt es eine Übergangsfrist bis zum , die sog. „Härtefallregelung“. Bis zu diesem Stichtag reicht es aus, wenn die Anforderungen des Vorgänger- [5] hinsichtlich Aufzeichnung und Aufbewahrung eingehalten werden. Diese Übergangsfrist läuft jetzt am Ende des Jahres aus und wird durch den Gesetzentwurf nicht verlängert!

Das [i]Mitteilung des BMF an die VerbändeBMF hat insoweit verschiedenen Verbänden [6] auf Anfrage zwischenzeitlich mitgeteilt:

„Seit dem sind Unterlagen im Sinne des § 147 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), die mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren (§ 147 Abs. 2 Nr. 2 AO). Deshalb wurden mit dem Anforderungen an Einzelaufzeichnung und -aufbewahrung gestellt, wenn für Grundaufzeichnungen u. a. elektronische Registrierkassen verwendet werden. Diese Anforderungen sind seit dem Jahr 2010 bekannt. Um die Wirtschaft nicht zu stark zu belasten wurde allerdings eine Übergangsfrist von sechs Jahren gewährt, die der Nutzungsdauer von Kassen nach den AfA-Tabellen entspricht. Diese Frist läuft am ab.

Bis dahin beanstandet die Finanzverwaltung nicht, wenn der Grundsatz der Einzelaufzeichnung und -aufbewahrung nicht eingehalten wurde.

Der Referentenentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen sieht den verpflichtenden Einsatz von Kassen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung ab vor, wenn elektronische Kassen eingesetzt werden.

Sollte jemand im Hinblick auf das BMF-Schreiben eine Kasse angeschafft haben, die zwar den Anforderungen des BMF-Schreibens genügt, jedoch nicht den neuen gesetzlichen Anforderungen, werden wir hierfür eine angemessene Lösung finden, wenn die Kasse nicht mit einer technischen Sicherheitseinrichtung im Sinne des Referentenentwurfs aufrüstbar ist.

..... es sollte jedoch Einigkeit darüber bestehen, dass nach nunmehr sechs Jahren mindestens der Standard des o. g. BMF-Schreibens von der Finanzverwaltung vorausgesetzt werden kann.“

Die [i]Dauer der Übergangsregelung lehnte sich an die AfA-Nutzungsdauer andamals gewährte Übergangsfrist entsprach der Nutzungsdauer der amtlichen AfA-Tabellen für Registrierkassen.

Ergebnis:

Werden somit die alten elektronischen Registrierkassen nach dem noch in der Praxis genutzt, liegt eine nicht verwaltungskonforme S. 735Kassenführung vor, die im Rahmen von Betriebsprüfungen seitens der Finanzverwaltung zu Zuschätzungen führen kann.

Ab [i]Übergangsfrist endet nach wie vor 2016dem dürfen nur noch elektronische Registrierkassen eingesetzt werden, die den Anforderungen des entsprechen.

II. Derzeit geplante Übergangsregelung in § 30 EGAO-RegE

§ 30 EGAO-RegE regelt, dass die neuen §§ 146a, 146b und 379 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AO-RegE u. a. zu den neuen zertifizierten Sicherheitseinrichtungen erstmals für Kalenderjahre anzuwenden sind, die nach dem beginnen.

[i]Voraussetzungen der ÜbergangsregelungRegistrierkassen, die

  • nach dem und vor dem angeschafft wurden,

  • den Anforderungen des entsprechen und

  • bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, so dass sie die Anforderungen des § 146a AO-RegE nicht erfüllen,

dürfen nach dem derzeitigen Stand des Regierungsentwurfs bis zum weiter verwendet werden, abweichend von § 146a und § 379 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AO-RegE. [7]

Ziel [i]Ziel Investitionssicherheitist, so die Begründung im Regierungsentwurf, Investitionssicherheit zu schaffen. Abb. 1 fasst die Rechtslage noch einmal zusammen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Art der elektronischen Registrierkasse
Einzeldatenspeicherung
Datenexport
Aufzeichnungspflicht und Aufbewahrungspflicht
nutzbar bis
ja
nein
ja
nein
mit Papierjournal
X
X
mit elektronischem Journal
X
X
mit elektronischem Journal und
  • angeschafft vor dem
X
X
mit elektronischem Journal und
  • angeschafft in der Zeit vom - ,
  • Anforderungen lt. werden erfüllt,
  • bauartbedingt nicht aufrüstbar i. S. des § 146a AO-RegE.
X
X

und

(GoBD, ab )

Abb. 1: Wechselwirkungen des und des § 30 EGAO-RegE vom

Zu [i]Übergangsregelung politisch umstrittendiesen Ausführungen im Regierungsentwurf hat der nordrhein-westfälische Finanzminister und Vorsitzende der Finanzministerkonferenz Dr. Norbert Walter-Borjans allerdings bereits am wie folgt Stellung genommen: [8]

„Dass noch einmal dreieinhalb Jahre lang Kassen neu gekauft werden können, für die dann eine verlängerte Frist bis Ende des Jahres 2022 zur Umstellung auf Manipulationssicherheit eingeräumt werden soll, ist ein Witz. Mit dieser Regelung täuscht der Bundesfinanzminister den Ehrlichen vor, dass er etwas gegen den Betrug unternimmt, während er den Tricksern die Hintertür noch über Jahre S. 736offenhält. Das ist die konsequente Fortsetzung der Verzögerungstaktik für eine Klientel, die die CDU offenbar als Wähler nicht vergraulen will.“

Fazit

Ob die derzeitige Fassung des Regierungsentwurfs also Bestand haben wird oder ob eine gesetzliche Sicherheitslösung nicht doch deutlich eher Einzug hält, bleibt damit weiterhin offen.

Wollen [i]Anpassung von Kassensystemen bis Ende 2016 nach wie vor notwendigoder müssen Unternehmer heute in eine Kasse oder ein Kassensystem investieren, ist nach wie vor dringend anzuraten, ein Modell zu wählen, das mindestens die Anforderungen des erfüllt, um nicht ab 2017 Gefahr zu laufen, eine nach Ansicht der Finanzverwaltung unzulässige Kasse einzusetzen. Dies würde unverändert das Risiko von Hinzuschätzungen wegen einer nicht ordnungsgemäßen Kassenführung im Rahmen einer Betriebsprüfung bergen.

Autor

Tobias Teutemacher,
Dipl.-Finanzwirt, schulte in der Finanzverwaltung jahrelang das Erkennen von Manipulationen bei Registrierkassen und PC-Kassensystemen. Er gehört darüber hinaus zum Dozententeam für „Risikomanagement bei Bargeschäften“ an der Bundesfinanzakademie.

Fundstelle(n):
BBK 2016 Seite 733 - 736
XAAAF-78866

1Regierungsentwurf (RegE) eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom , abrufbar im NWB ReformRadar unter www.nwb.de und unter www.bundesfinanzministerium.de. Zum Referentenentwurf vgl. ausführlich Rätke, Gesetz zum Schutz vor Kassenmanipulationen – Kritische Anmerkungen zum Referentenentwurf, BBK 10/2016 S. 497 NWB IAAAF-73320.

2, BStBl 2010 I S. 1342 NWB KAAAD-56752.

3Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD): , BStBl 2014 I S. 1450 NWB HAAAE-37193.

4Unveränderbar bedeutet gemäß § 146 Abs. 4 AO die nachvollziehbare Protokollierung von Änderungen, wobei die Protokollierung selbst wiederum nicht löschbar oder sonst veränderbar sein darf.

5, BStBl 1996 I S. 34 NWB OAAAA-77205.

6Die Inhalte der Schreiben wurden dem Autor privat von dritter Seite zur Verfügung gestellt.

7Vgl. hierzu den RegE S. 24 zu § 30 EGAO.

8Vgl. http://go.nwb.de/wxe47, Stand: .