Anforderung für die Erstattung des Umsatzsteuerguthabens aus der Umsatzsteuervoranmeldung
Leitsatz
Das Recht auf Vorsteuerabzug kann dem Unternehmer nur verweigert werden, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer, dem die Gegenstände geliefert bzw. demgegenüber die Dienstleistungen erbracht wurden, die als Grundlage für den Vorsteuerabzug dienen, eine Steuerhinterziehung oder ein Missbrauch des Umsatzsteuerrechts begangen hat oder er wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser Umsatz in einer vom liefernden bzw. vom leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
Die Finanzbehörden können von dem Unternehmer, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell verlangen, zum einen zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Unternehmer ist, über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Umsatzsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer eine vorhergehende Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen oder zum andern entsprechende Unterlagen vorzulegen.
Die Darlegung und Feststellungslast für die Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers trägt die Finanzbehörde.
Der Umstand, dass der Lieferant offenbaren mittels einer Vorratsgesellschaft gegründet wurde und unmittelbar nach der Gründung und der Erteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer aus dem Stand das Material in großer Zahl liefern konnte, kann indiziell für eine Einbindung des Lieferanten in eine betrügerische Umsatzsteuerkarussell Kette sprechen.
Die Lieferung der Ware erst nach Kaufpreiszahlung auf dem umgekehrten Lieferweg ist ein starkes Indiz für Absprachen über Preise und Lieferungen sowie über die Teilnehmer an konkreten Lieferketten.
Gesetze: UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; FGO § 114 Abs. 1
Tatbestand
Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Zustimmung des Antragsgegners zu ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume September, Oktober, November, Dezember 2019 und Januar 2020.
Die Antragstellerin ist im Großhandel mit Zubehör für B tätig. Ihre Gesellschafter sind die A. mit einem Geschäftsanteil von 55 % sowie ihr Geschäftsführer mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 45 %.
In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September 2019 bis Januar 2020 erklärte die Antragstellerin – soweit vorliegend von Interesse – steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Lieferungen sowie aus Ausfuhrlieferungen, steuerpflichtige Umsätze aus Lieferungen und Leistungen im Inland zum Regelsteuersatz, steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe sowie abziehbare Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen inländischen Unternehmen. Die geltend gemachten Vorsteuerabzugsbeträge resultierten zum weitaus größten Teil aus Rechnungen einer Firma C mit Sitz in E über die Lieferung von I der Marke F (G). Sie errechnete für alle Voranmeldungszeiträume einen Überschuss der Vorsteuerbeträge über die Umsatzsteuer in Höhe von … € für September 2019, … € für Oktober 2019, … € für November 2019, … € für Dezember 2019 und in Höhe von … € für Januar 2020. Wegen der Einzelheiten der Besteuerungsgrundlagen und der errechneten Steuerbeträge wird auf die der Antragsschrift vom als Anlage 06 beigefügten Umsatzsteuervoranmeldungen für September 2019 bis Januar 2020 verwiesen.
Der Antragsgegner stimmte den Umsatzsteuervoranmeldungen für die genannten Voranmeldungszeiträume nicht zu. Im Anschluss an eine umfangreiche Korrespondenz mit der steuerlichen Beraterin der Antragstellerin ordnete er mit Verfügung von eine die Umsatzsteuervoranmeldungen für September und Oktober 2019 umfassende Umsatzsteuersonderprüfung an, die in der Folge auf die Monate November und Dezember 2019 erweitert wurde und mit der am begonnen wurde.
Die steuerliche Beraterin der Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schriftsatz vom auf, von dem Umsatzsteuerguthaben der Voranmeldungszeiträume September 2019 bis Januar 2020 bis zum einen Teilbetrag in Höhe von … € auszuzahlen, um den Fortbestand des Unternehmens bis zum Abschluss der Umsatzsteuersonderprüfung zu sichern.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen der steuerlichen Beraterin wird auf den Schriftsatz vom in den Anlagen zur Antragsschrift vom verwiesen.
Der Antragsgegner nahm mit Verfügung vom zum Schriftsatz vom Stellung und führte aus, dass derzeit die Voraussetzungen für eine Erstattung für die Voranmeldungszeiträume September bis Dezember 2019 und Januar 2020 nicht vorlägen. Die Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum September 2019 bis Dezember 2019 sei noch nicht abgeschlossen. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2020 sei erst am übermittelt worden. Auch deren Prüfung sei noch nicht abgeschlossen.
Die für die genannten Voranmeldungszeiträume geltend gemachten Erstattungen seien maßgeblich auf einen signifikanten Anstieg der von der Antragstellerin erklärten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen anderer inländischer Unternehmer, insbesondere der C, bei gleichzeitigem Anstieg der steuerfreien Ausgangsumsätze mit Vorsteuerabzug zurückzuführen. Um diesen Entwicklungen im Besteuerungsverfahren angemessen Rechnung zu tragen, sei die Umsatzsteuersonderprüfung angeordnet worden und sei auch eine Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2020 notwendig. Bereits im Dezember 2019 seien durch die Umsatzsteuerstelle Auskunftsersuchen zum Vorsteuerabzug angestoßen worden, die derzeit noch nicht alle abschließend beantwortet seien. Insbesondere zum Auskunftsersuchen hinsichtlich des größten inländischen Lieferanten der Antragstellerin, der C, liege noch keine abschließende Antwort auf das gestellte Auskunftsersuchen vor. Zu den Ausgangsumsätzen der Antragstellerin würden Auskunftsersuchen zu den größten Abnehmern gestellt, die durch die Betriebsprüfung umgehend angestoßen würden. Die geltend gemachten Umsatzsteuererstattungsansprüche befänden sich mithin in einer noch laufenden Außenprüfung, deren Ergebnis für die Entscheidung über die Zustimmung maßgeblich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfügung des Antragsgegners vom in den Anlagen zur Antragsschrift vom verwiesen.
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem vorläufigen Rechtsschutzantrag die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zustimmung zu den Umsatzsteuervoranmeldungen für November und Dezember 2019 und zur Auszahlung der hieraus resultierenden Umsatzsteuererstattungsbeträge im Wege der einstweiligen Anordnung.
Sie führt zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im Wesentlichen aus, sie habe die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erfüllt. Die Versagung der Zustimmung zu den Umsatzsteuervoranmeldungen gründe offenkundig auf dem Verdacht des Antragsgegners, dass sie in einen Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit den Lieferungen der C eingebunden sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) könne der Vorsteuerabzug als ein Grundprinzip des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems nur versagt werden, wenn anhand objektiver Umstände nachgewiesen sei, dass der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung oder einen Missbrauch des Umsatzsteuerrechts begangen habe oder er gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder einen Missbrauch des Umsatzsteuerrechts einbezogen gewesen sei.
Der Antragsgegner habe bislang keinen Nachweis für eine wissentliche Beteiligung der Antragstellerin an einem Umsatzsteuerbetrug erbracht. Ebenso wenig könne ihrem Geschäftsführer vorgeworfen werden, dass er im Zeitpunkt der Lieferungen hätte wissen können oder wissen müssen, dass die C oder einer ihrer Vorlieferanten an einem Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit der Lieferung der I beteiligt gewesen sei.
Ihre Mitarbeiter hätten alle Maßnahmen getroffen, die vernünftigerweise und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlangt werden dürften. Ihr erster Kontakt zur C sei durch einen leitenden Angestellten der Firma J, einem langjährigen zuverlässigen und großen Geschäftspartner der Antragstellerin, im August 2019 hergestellt worden. Ihr Geschäftsführer habe am Kontakt zur C aufgenommen und mit einem ihrer Mitarbeiter während eines Messegesprächs am am Rande der K in E eine mögliche Zusammenarbeit besprochen. Bevor sie zur C in konkrete geschäftliche Beziehungen getreten sei, habe sie von ihr die erforderlichen Unterlagen angefordert und erhalten, nämlich Adresse, Bankverbindung, Amtsgericht und Handelsregisternummer sowie die Mitteilung des Bundeszentralamts für Steuern über die Umsatzsteueridentifikationsnummer und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des für die C zuständigen Finanzamtes vom September 2019. Der Lieferant habe ihr im Januar 2020 eine weitere Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt, die seine steuerliche Unauffälligkeit belegt habe. Da die C selbst kein eigenes Warenlager unterhalte, würden sämtliche logistischen Tätigkeiten von einem externen Logistikunternehmen, der L mit Sitz in M, übernommen, die die von der Antragstellerin bei der C erworbenen Waren in ihr Lager in N transportiert habe. Die Ware sei mithin auch physisch bei ihr angekommen, von ihr kontrolliert und anschließend an verschiedene gewerbliche Abnehmer in Deutschland, im Gemeinschaftsgebiet und in der Schweiz weiterveräußert worden. Über die Überprüfung der C hinaus sei die Antragstellerin ihr gegenüber nicht in Vorkasse gegangen, sondern habe die Ware nach Anlieferung in ihr Lager zunächst auf ihre Ordnungsmäßigkeit kontrolliert und erst anschließend den Kaufpreis entrichtet. Der Lieferant sei ihr so als seriöser und vertrauenswürdiger Unternehmer und Geschäftspartner erschienen. Die Antragstellerin habe aus dem Erwerb der Ware von der C auch keine finanziellen Vorteile erzielt. Die Einkaufspreise seien marktüblich gewesen und hielten einem Fremdvergleich stand. Die an die C entrichteten Preise habe sie im gleichen Zeitraum auch an andere Lieferanten bezahlt. Die Nettomarge für die I habe im maßgeblichen Zeitraum zwischen 2,00 € und 7,00 € je Stück betragen. Selbst wenn die C sich mit den an die Antragstellerin gelieferten Waren an einem Umsatzsteuerbetrug beteiligt haben sollte, seien für die Antragstellerin keinerlei Umstände ersichtlich gewesen, aufgrund derer sie auf diesen Betrug hätte schließen können oder müssen.
Zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, die unterbliebene Zustimmung zu den Umsatzsteuervoranmeldungen und die Zurückbehaltung des Umsatzsteuerguthabens durch den Antragsgegner hätten dazu geführt, dass die Antragstellerin seit dem nicht mehr in der Lage sei, die Forderungen ihrer Gläubiger fristgerecht zu bedienen. Ihr geschäftliches Bankkonto bei der O weise am einen Saldo von -… € aus. Die ursprüngliche Kreditlinie in Höhe von … € sei zwar kurzfristig auf … € heraufgesetzt worden. Die O habe jedoch den Kreditrahmen zum wieder auf die vertraglich vereinbarte Höhe zurückgesetzt und den überschießenden Betrag in Höhe von … € fällig gestellt. Die Bank sei zu weiteren Kreditgewährungen nicht bereit. Der Mehrheitsgesellschafterin sei es nicht möglich, sie finanziell zu unterstützen, weil sie sich selbst in erheblichen finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinde. Sie habe in 2018 einen Verlust erwirtschaftet. In 2019 sei zwar ein minimaler Gewinn erwirtschaftet worden. Dies sei jedoch nur gelungen, weil die drei in Vollzeit beschäftigten Gesellschafter der Mehrheitsgesellschafterin ihr Gehalt auf lediglich … € brutto monatlich reduziert und auch die Personalkosten im Übrigen gesenkt hätten. Die Mehrheitsgesellschafterin verfüge über keinerlei Finanzmittel, um die Antragstellerin zu unterstützen. Sie sei aufgrund der Zurückbehaltung des Umsatzsteuerguthabens durch den Antragsgegner in den letzten Monaten gezwungen gewesen, ihren Lagerbestand drastisch zu reduzieren, was ich bereits sehr negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt und ihre wirtschaftliche Not verschärft habe. Während der Lagerbestand Ende Februar 2019 noch bei … € gelegen habe, liege er Ende Februar 2020 bei … €. Zum einen beinhalte der verbliebene Lagerbestand Nischenprodukte und Saisonartikel für spezielle Kunden, die diese je nach Saison bzw. Bedarf bestellten. Zum anderen sei ein deutlich höherer als der aktuelle Mindestlagerbestand erforderlich, um die eingehende laufenden Bestellungen von Kunden überhaupt annehmen zu können. Bei der von ihr erzielten Durchschnittsmarge von 5 % benötige sie einen Umsatz von … € allein um ihre laufenden Kosten zu decken. Hierfür werde ein entsprechender Warenbestand benötigt. Eine weitere Reduzierung des Lagerbestandes sei daher für sie nicht mehr vertretbar, weil sie schon jetzt keine wirtschaftlich sinnvollen Geschäfte am Markt mehr tätigen könne. Sie könne ihre finanziellen Engpässe auch nicht durch das Eintreiben von Außenständen ausgleichen, weil für die Zahlung ihrer Kaufpreisforderungen gegenüber Kunden feste Fälligkeitstermine vereinbart seien. Zudem benötige sie eingehende Kundenzahlung für den weiteren Wareneinkauf, um ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. Sie könne daher den Ausgang eines finanzgerichtlichen Hauptsacheverfahrens nicht abwarten. Wenn Sie nicht in kürzester Zeit die Mittel zur Rückführung der Darlehensforderung in Höhe von … € und weitere liquide Mittel in Höhe von … € zur Fortführung und Aufrechterhaltung ihres Tagesgeschäfts erhalte, sei sie gezwungen, in wenigen Tagen einen Insolvenzantrag zu stellen.
Demgegenüber sei ein öffentliches Interesse an der Zurückhaltung des Umsatzsteuerguthabens bereits deshalb nicht ersichtlich, weil ein betrügerisches Verhalten des Lieferanten C nicht ansatzweise nachgewiesen sei und der Antragsgegner erst recht keinen Nachweis erbracht habe, dass die Verantwortlichen der Antragstellerin von einem angeblichen betrügerischen Verhalten des Lieferanten Kenntnis hätten haben können oder müssen. Zum anderen trage sie dem öffentlichen Interesse an einer einheitlichen Steuererhebung dadurch Rechnung, dass sie bereit sei, auf eine Zustimmung für alle streitigen Voranmeldungszeiträume zunächst zu verzichten und eine Auszahlung nur der Umsatzsteuerguthaben der Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2019 beantrage. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes wird auf die Ausführungen auf den Seiten 7 bis 9 und 15 bis 17 der Antragsschrift verwiesen. Hinsichtlich der Unterlagen zur Glaubhaftmachung des Vorbringens wird auf den Kontoauszug der O vom und die Schreiben der O, Filiale P, vom und (Anlagen 9 und 10 zur Antragsschrift), die Bilanzen 2018 und 2019 der Mehrheitsgesellschafterin und die Korrespondenz mit der Mehrheitsgesellschafterin (Anlagen 10a, 10b und 10c zur Antragsschrift), die Inventurübersichten auf den (Anlage 11 zur Antragsschrift), die Aufstellungen über die Forderungen nebst Zahlungszielen, Stand , und über die Verbindlichkeiten, Stand , (Anlage 12 zur Antragsschrift) und die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin vom (Anlage 2 zur Antragsschrift) verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für November 2019 und Dezember 2019 vom zuzustimmen und den sich hieraus ergebenden Umsatzsteuerüberschuss in Höhe von … € für November 2019 und … € für Dezember 2019 an sie auszuzahlen;
für den Fall des Unterliegens, die Beschwerde zuzulassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er macht im Wesentlichen geltend, neben der Frage einer Beteiligung der Antragstellerin an einem Umsatzsteuerbetrug sei Gegenstand der begonnenen Prüfung, ob tatsächlich von der C Waren im behaupteten Umfang geliefert worden seien. Auffällig sei, dass die Antragstellerin durch die neuen Geschäftsbeziehungen zur C ihren bisherigen Umsatz mehr als verdoppelt habe, die Stückzahlen an verkauften kabellosen I der Marke F habe sich vervielfacht. Auffällig sei zudem, dass die C in so kurzer Zeit nach Aufnahme der Geschäftsbeziehungen so hohe Stückzahlen habe liefern können, während auf Seiten der Antragstellerin plötzlich teilweise neue Abnehmer vorhanden seien, die in erheblichem Umfang Waren abnähmen, bei gleichzeitigem Rückgang der Margen von früher 10 € bis 15 € auf nunmehr 2 € bis 3 €. Die Antragstellerin habe bei der Kontaktaufnahme mit der C auch nicht mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt. Geschäftsführerin der C sei eine Frau Q. Die Geschäftsanbahnung sei aber über einen Herrn R erfolgt, dessen rechtliche Stellung in der C nicht bekannt und von der Antragstellerin nicht geklärt worden sei. Abgesehen von der Abfrage der Umsatzsteueridentifikationsnummer sei überhaupt keine Prüfung erfolgt, Hierzu hätte die Antragstellerin als seit Jahren auf dem Markt tätiges Unternehmen, deren Verantwortlichen bewusst sei, dass sie sich in einer missbrauchsanfälligen Branche bewegten, allen Anlass gehabt. Das öffentliche Unteresse an der Verhinderung möglicherweise ungerechtfertigter Steuererstattungen in erheblicher Höhe gebiete daher eingehende Prüfungsmaßnahmen vor einer Entscheidung über die Auszahlung, für die der Finanzbehörde ausreichend Zeit einzuräumen sei.
Im Übrigen hätten sich Zweifel ergeben, ob hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Lieferungen die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gegeben seien. Mit Prüfungsanfrage vom habe der Prüfer für 42 innergemeinschaftliche Lieferungen mit einem Umfang von … € Belege angefordert. Es sei Mängel im Belegnachweis zu Versendungslieferungen festgestellt worden, die dazu führten, dass aktuell weder der tatsächliche Abnehmer identifiziert noch die grenzüberschreitende Lieferung an sich bestätigt werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Ausführungen in der Antragserwiderung vom und die beigefügten Anlagen (Versendungsnachweise DHL, UPS CMR-Frachtbrief) verwiesen. Der Buch- und Belegnachweis sei daher noch nicht ausreichend erbracht. Es seien diesbezüglich noch weitere Prüfungsmaßnahmen erforderlich, um die Sachverhalte gegebenenfalls durch Auskunftsersuchen an die ausländischen Finanzbehörden vollends aufzuklären.
Während der Umsatzsteuersonderprüfung der Jahre 2016 bis 2018, die am abgeschlossen worden sei, sei die Behandlung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften in den Steuererklärungen beanstandet worden. Das steuerliche Mehrergebnis habe … € betragen. Im Rahmen der derzeitigen Prüfung sei zu klären, ob diese Fehler abgestellt seien oder ob diese Geschäfte in den gegenständlichen Voranmeldungen zutreffend behandelt worden seien. Der Umfang dieser Sachverhalte belaufe sich für den gegenständlichen Prüfungszeitraum auf … €.
Hinsichtlich des aus der Vorprüfung resultierenden Mehrergebnisses seien die Umsatzsteuerbescheide für 2016 und 2017 sowie die Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2018 geändert worden. Hiergegen seien Einsprüche und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung anhängig, über die aufgrund fehlender Begründung noch nicht entschieden worden sei.
Hinsichtlich des Anordnungsgrundes ergebe sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seitens der Antragstellerin bereits im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung eingeräumt worden sei, in Zahlungsschwierigkeiten zu stecken, dass die existenzbedrohende Illiquidität nicht durch die Ablehnung der Zustimmung zu den Voranmeldungen, sondern schon früher eingetreten sei. Im Übrigen sei nicht nachzuvollziehen, welche anderweitigen Außenstände der Antragstellerin nicht vorzeitig beitreibbar seien. Nach den Erkenntnissen des Antragsgegners seien die Waren zum Großteil gegen Vorkasse weiterverkauft worden. Es sei nicht bekannt, dass im Bereich des Großhandels mit Unterhaltungselektronik langfristige Zahlungsziele vereinbart würden. Es handele sich um eine Schutzbehauptung der Antragstellerin. Im Übrigen sei der Antragstellerin angeboten worden, die Umsatzsteuerguthaben gemäß § 18 f UStG gegen Sicherheitsleistung auszuzahlen. Hierauf sei sie bislang nicht eingegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf die Antragserwiderung vom nebst den vorgelegten Anlagen verwiesen.
Gründe
Der Antrag ist begründet.
1. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag ist, dass der Antragsteller einen Grund für die zu treffende Regelung (Anordnungsgrund) und den Anspruch, aus dem er sein Begehren herleitet (Anordnungsanspruch), schlüssig darlegt und deren tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft macht. Fehlt es an einer der beiden Voraussetzungen, kann die einstweilige Anordnung nicht ergehen (§ 114 Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
2. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht.
Als Grundlage für einen Anordnungsanspruch kommt vorliegend § 168 AO in Betracht. Danach steht eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Steuervergütung, so gilt dies erst, wenn die Finanzbehörde zugestimmt hat oder abweichende Vorauszahlungsbescheide erlassen hat (§ 167 Abs. 1 AO).
a) Vorliegend ist nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten von einem Anspruch auf die beantragte Zustimmung zu den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume November und Dezember 2019 auszugehen.
(aa) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
(bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH gehört das Recht auf Vorsteuerabzug zu den fundamentalen Grundprinzipien des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems. Es kann dem Unternehmer nur verweigert werden, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Unternehmer, dem die Gegenstände geliefert bzw. dem gegenüber die Dienstleistungen erbracht wurden, die als Grundlage für die Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug dienen, eine Steuerhinterziehung oder einen Missbrauch des Umsatzsteuerrechts begangen hat oder dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser Umsatz in eine vom Liefernden bzw. vom Leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Ein Unternehmer, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, ist für die Zwecke der MwStSystRL als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt (vgl. und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling, UR 2006, 594; vom C-80/11 und C-142/11, Mahagében und Dávid, UR 2012, 591, Rz. 40.
Dagegen können Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwertsteuerhinterziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren (vgl. und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling, UR 2006, 594, Rz. 51; vom C-80/11 und C-142/11, Mahagében und Dávid, UR 2012, 591, Rz. 53).
Welche Maßnahmen im konkreten Fall vernünftigerweise von einem Unternehmer, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen von einem Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Betrug einbezogen sind, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab (, PPUH Stehcemp, UR 2015, 917, Rz. 51). Liegen Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vor, kann ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer zwar nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein, über einen anderen Wirtschaftsteilnehmer, von dem er Gegenstände oder Dienstleistungen zu erwerben beabsichtigt, Auskünfte einzuholen, um sich von dessen Zuverlässigkeit zu überzeugen ( und C-142/11, Mahagében und Dávid, UR 2012, 591, Rz. 60). Die Finanzbehörden können jedoch von dem Unternehmer, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell verlangen, zum einen zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Unternehmer ist, über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Umsatzsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorhergehenden Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen, oder zum anderen entsprechende Unterlagen vorzulegen ( und C-142/11, Mahagében und Dávid, UR 2012, 591, Rz. 61).
Die Darlegungs- und Feststellungslast für die Bösgläubigkeit des Leistungsempfängers trägt die Finanzbehörde ( und C-142/11, Mahagében und Dávid, UR 2012, 591, Rz. 49; vom C-324/11, Tóth, UR 2012, 851, Rz. 51; vom C-285/11, Bonik, UR 2013, 195, Rz. 43; vom C-18/13, Maks Pen, UR 2014, 861, Rz. 29; vom C-277/14, PPUH Stehcemp, UR 2015, 917, Rz. 50). Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer ist nicht verpflichtet, einen echten ”Negativbeweis“ dahingehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden oder die Leistung hatte (, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2014, 395). Verbleibende Zweifel gehen damit zu Lasten der Finanzbehörde (vgl. auch –, juris-Recherche).
(cc) Vorliegend liegen im Zeitpunkt der Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutzantrag keine Beweise für eine vom Geschäftsführer der Antragstellerin im Zusammenhang mit den gegenständlichen Lieferungen begangene Steuerhinterziehung vor.
Ebensowenig gibt es derzeit eindeutige Beweise für die Bösgläubigkeit des Geschäftsführers der Antragstellerin hinsichtlich einer vom unmittelbaren Vorlieferanten oder einem anderen Lieferanten in der Lieferkette begangenen Steuerhinterziehung oder eines sonstigen Betrugs.
Zwar ist der Umstand, dass die C offenbar mittels einer Vorratsgesellschaft gegründet wurde und unmittelbar nach der Gründung und der Erteilung der Umsatzsteueridentifikationsnummer im August 2019 ab September 2019 aus dem Stand I der Marke F in großer Zahl liefern konnte, ein im Zusammenhang mit betrügerischen Umsatzsteuerkarussellen oder -ketten immer wieder zu beobachtendes Phänomen und kann indiziell für eine Einbindung der C in eine solche Lieferkette sprechen. Indessen ist die C ausweislich der vorliegenden Bescheinigungen des für die Gesellschaft zuständigen Finanzamts vom September 2019 und Januar 2020 steuerlich völlig unauffällig. Insbesondere in der Bescheinigung vom wird ihr attestiert, dass keine Steuerrückstände bestehen, das Erklärungsverhalten zwar überwiegend verspätet sei, aber das Zahlungsverhalten überwiegend pünktlich.
Weitere Nachweise für die Einbindung der C in eine betrügerische Umsatzkette, etwa zur Herkunft der I, zu Lieferwegen, zu weiteren Lieferanten und deren steuerliches Verhalten, zu Mehrfachumläufen von Waren oder zu ungewöhnlichen Abweichungen bei der Preisgestaltung, liegen dem Senat nicht vor.
Dem gegenüber spricht gegen eine Bösgläubigkeit, dass die Antragstellerin vor der Geschäftsaufnahme die C durchaus überprüft hat und bei den Warenlieferungen nicht in Vorkasse getreten ist. Die Lieferung der Ware erst nach Kaufpreiszahlung auf dem umgekehrten Lieferweg ist ein starkes Indiz für Absprachen über Preise und Lieferungen sowie über die Teilnehmer an konkreten Lieferketten.
(dd) Soweit der Antragsgegner zur Höhe des Anordnungsanspruchs geltend macht, es seien Mängel im Beleg- und Buchnachweis hinsichtlich der erklärten Umsätze aus innergemeinschaftlichen Lieferungen festgestellt worden, weshalb die Steuerfreiheit der Lieferungen zweifelhaft sei, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung und Glaubhaftmachung, ob dies auf nahezu alle von der Antragstellerin vorgelegten 42 Belege zutrifft, eine Vielzahl der vorgelegten Belege oder nur auf einzelne Fälle und welche steuerlichen Auswirkungen sich hieraus ergeben.
Soweit er zu den Sachverhalten mit innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften mit einem Volumen von … € für die Voranmeldungszeiträume September bis Dezember 2019 vorträgt, diese seien aufgrund der Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung für 2016 bis 2018 noch auf ihre zutreffende Behandlung zu überprüfen, ist zum Einen die steuerliche Auswirkung für die Monate November und Dezember 2019 nicht dargetan. Zum Anderen hätten angesichts der bei Eingang der gegenständlichen Vorsteueranmeldungen vorliegenden Ergebnisse der vorangegangenen Prüfung zu diesem überschaubaren Punkt frühzeitig Feststellungen getroffen werden können.
Hinsichtlich der nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin beantragten Verrechnung von Steuerforderungen aufgrund der Prüfung für 2016 bis 2018 mit Erstattungsansprüchen aus der Voranmeldung für Dezember 2019 besteht kein Anlass zu einer Reduzierung des Anordnungsanspruchs, nachdem der Antragsgegner über die Einsprüche gegen die Betreffenden Bescheide und die Aussetzungsanträge bislang noch nicht entschieden hat.
3. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erfordert das Vorliegen eines Anordnungsgrundes so schwerwiegende Gründe, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabweisbar machen. Insoweit setzen die ausdrücklich genannten Gründe ”wesentliche Nachteile“ und ”drohende Gewalt“ Maßstäbe auch für die ”anderen Gründe“ i.S.d. § 114 Abs. 1 S. 2 FGO. Letztere rechtfertigen daher eine einstweilige Anordnung nur, wenn sie für die begehrte Regelungsanordnung ähnlich gewichtig und bedeutsam sind, wie wesentliche Nachteile oder drohende Gewalt. Dies ist nur der Fall, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Betroffenen durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 173/91, BFH/NV 1994, 103; VII B 170/98, BFH/NV 1999, 818 und vom III B 180/11, BFH/NV 2012, 1303).
b) Die Antragstellerin hat hinreichend dargetan und durch Vorlage der Eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers vom , der Schreiben der O, Filiale P, den Bilanzen und schriftlichen Äußerungen ihrer Mehrheitsgesellschafterin und der Aufstellungen zu den aktuellen Forderungen und Verbindlichkeiten glaubhaft gemacht, dass sie in der Zeit von Anfang März bis Ende März Forderungen aus dem Warenhandel in Höhe von ca. … € zu erfüllen hat und zudem seit dem mit der Rückzahlung auf eine Darlehensforderung der O in Höhe von … € in Verzug ist und dem weder eigene Mittel noch über ihre Mehrheitsgesellschafterin verfügbare Mittel gegenüberstehen und auch sonst keine Finanzierungsmöglichkeiten bestehen. Sie hat daher hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass bei einem weiteren Zuwarten bis zur Auszahlung des Umsatzsteuerguthabens bzw. bis zum Ausgang eines finanzgerichtlichen Hauptsacheverfahrens der wirtschaftliche Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt werden muss.
Soweit der Antragsgegner vorträgt, er habe der Antragstellerin die Auszahlung des Umsatzsteuerguthabens gegen Sicherheitsleistung gemäß § 18 f UStG angeboten, ergibt sich hierfür nichts aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen.
Insgesamt war daher dem Antrag der Antragstellerin zu entsprechen. Der Senat hat in Ansehung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache durch eine einstweilige Anordnung in die vorzunehmende Abwägung der Interessen der Antragstellerin mit dem öffentlichen Interesse an einer gleichmäßigen Steuererhebung einbezogen, dass die Antragstellerin nach Aktenlage im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung bei der Aufklärung der vom Antragsgegner aufgeworfenen Fragen umfassend mitgewirkt hat und mitwirkt und auf der anderen Seite nach den obigen Feststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung konkrete und belastbare Erkenntnisse zu einem steuerlichen Fehlverhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Umsätzen nicht vorliegen. Darüber hinaus hat der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass die Antragstellerin ihren Antrag auf zwei der streitigen Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume und die Auszahlung nur etwa der Hälfte der insgesamt streitigen Beträge und damit auf das zum kurzfristigen Weiterbetrieb Notwendige beschränkt hat.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstelle(n):
WAAAH-59127