Finanzgericht Hamburg Beschluss v. - 2 V 216/17 EFG 2018 S. 1862 Nr. 22

Einkommensteuer - Schätzungsbefugnis: Keine Unzumutbarkeit der Aufzeichnunsgverpflichtung eines bargeldintensiven Betriebes bei modernem PC-Kassensystem - fehlende Programierprotokolle

Leitsatz

1. Die einzelne Aufzeichnung eines jeden Barumsatzes kann nach Rechtsprechung des BFH für den Steuerpflichtigen unzumutbar sein. Entscheidet der Steuerpflichtige sich jedoch für ein modernes PC-Kassensystem, das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung) der getätigten Einzelaufzeichnungen ermöglicht, kann er sich nicht (mehr) auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen.

2. Das Fehlen von Programmierprotokollen für ein programmierbares elektronisches Kassensystem berechtigt jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben (wie hier bei einem Döner-Imbiss) zu einer Hinzuschätzung von Umsätzen und Einnahmen, wenn eine Manipulation der Kasse nicht ausgeschlossen werden kann.

3. Zeigen diverse Überwachungsvideos in den Betriebsräumen eines bargeldintensiven Betriebes (z. B. Döner-Imbiss) für den Zeitraum von einem Monat, das Mitarbeiter zahlreiche Bezahltvorgänge nicht im Kassensystem erfasst haben, besteht nach den Umständen des Einzelfalls Anlass, die sachliche Richtigkeit der Buchführung des Steuerpflichtigen - auch über den Monatszeitraum hinaus - zu beanstanden.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 1 , EStG § 5, AO § 146 , AO § 162, FGO § 69 , FGO § 96

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungsbescheide nach durchgeführter Außenprüfung.

Die Antragstellerin betrieb in den Streitjahren 2011 bis 2015 einen Döner-Imbiss nebst Kiosk in der X-Straße, Hamburg, .... Zum übernahm sie zudem eine Verkaufsfläche am Y-Platz in Hamburg. Im Imbiss wurden vornehmlich Dönerprodukte und Getränke verkauft. In den als Kiosk ausgestalteten Flächen bot sie Backwaren, Kaffee und andere Getränke, Zigaretten und Tageszeitungen an. Ihren Gewinn ermittelte sie gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Betriebsvermögensvergleiches.

Ihre Waren bezog die Antragstellerin zum großen Teil bei der A GmbH (A). Dabei handelte es sich vor allen um Dönerspieße (Kalb- und Geflügelfleisch), Wurstwaren, Verpackungen sowie Getränke. Im Rahmen einer bei A durchgeführten Steuerfahndungsprüfung und Durchsuchungsmaßnahmen bei der Antragstellerin gelangte die Steuerfahndung B im Bericht über die steuerlichen Feststellungen sowie dem strafrechtlichen Ermittlungsbericht zu folgenden Feststellungen:

Den bei A ausgelesenen Protokolldateien des Warenwirtschaftssystems, welche vom bis zum vollständig sowie in der Folgezeit bis zum zumindest fragmentarisch vorlägen, könne entnommen werden, dass A der Antragstellerin die teilweise Verschleierung ihres Wareneinkauf, mithin eine sogenannte Doppelverkürzung (verkürzte Erfassung der Betriebseinnahmen als auch der Betriebsausgaben) ermöglicht habe. A habe die auf die Kundennummer der Antragstellerin XXX-1 gebuchten Bestellungen später zu einem nicht unerheblichen Teil auf das Konto Lager- bzw. Barverkauf (Kto. XXX-2 bzw. Kto. XXX-3) umgebucht. Ziel sei es gewesen, die Antragstellerin nicht mehr als Empfängerin der tatsächlich gelieferten Waren identifizierbar zu machen. Für den Zeitraum mit vollständigem Datenmaterial habe die Umbuchung 34 % des tatsächlichen Wareneinkaufs betragen. Für den Zeitraum lediglich fragmentarischer Umbuchungsdaten habe man zudem anhand sichergestellter Bestelllisten, Lieferscheinen mit Barzahlung sowie Ermittlung bestimmter Produkte, welche ausschließlich die Antragstellerin von A bezogen habe (z. B. Dönerspieße bestimmter Größe und Würzung, bestimmte Kaffeesorten) weitere unter dem Kto. XXX-2 (Lagerverkauf) gebuchte Warenlieferungen der Antragstellerin zuordnen können. Ab August 2012 erfasse das Kto. XXX-1 zudem keine Wareneinkäufe für das Wochenende. Dies entspreche nicht den aufgefundenen Warenbestellungen und Lieferscheinen. Die Antragstellerin habe laut sichergestellter Lieferscheine üblicherweise 450 kg Dönerfleisch am Wochenende erhalten. Die Auswertung des bei der Antragstellerin sichergestellten Videomaterials für den Oktober 2013 zeige zudem, dass sowohl im Imbiss- als auch im Kioskbereich viele Verkaufsvorgänge nicht mit dem Kassensystem erfasst worden seien. Das Finanzamt B schätzte daraufhin die nicht erklärten Betriebseinnahmen bzw. die nicht abgeführte Umsatzsteuer (bezüglich der Einzelheiten wird auf den Bericht über die steuerlichen Feststellungen vom und den Ermittlungsbericht vom verwiesen).

Auf Grundlage dieser Ermittlungsergebnisse erließ der Antragsgegner am bzw. zunächst (geänderte) Bescheide unter anderem über die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2011 bis 2013. Gegen diese Bescheide richtete sich die Antragstellerin mit Einspruch vom 17. Juli 2015 und begehrte zugleich die Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche mit Bescheiden vom bzw. gewährt wurde. Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden. Für die Jahre 2012 und 2013 reichte die Antragstellerin in der Folgezeit Steuererklärungen ein, welche der Antragsgegner im laufenden Einspruchsverfahren am wie erklärt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagte. Ebenso verfuhr er mit den erstmals für die Jahre 2014 und 2015 eingereichten Steuererklärungen. Entsprechende (geänderte) Bescheide ergingen ebenfalls am bzw. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Der Antragsgegner führte sodann bei der Antragstellerin für die Streitjahre eine Außenprüfung sowie für 2014 bis April 2016 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Der Betriebsprüfer gelangte in seinem Bericht vom zu folgenden Prüfungsfeststellungen:

Wegen formeller Mängel und weiterer Beweisanzeichen, die sich aus den strafrechtlichen Ermittlungen bei A und der Antragstellerin selbst ergäben, seien die Buchführung vollständig zu verwerfen und die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.

Mindestens seit dem nutze die Antragstellerin ein PC-Kassensystem vom Typ C. Dieses System ermögliche die Aufzeichnung von Einzelumsätzen. Diese hätten jedoch nur für den Zeitraum vom bis zum auf dem von der Steuerfahndung sichergestellten zusätzlichen PC der Antragstellerin sowie erst wieder ab dem 23. September 2014 für die Filiale X-Straße vorgelegen. Einzeldaten für die Filiale Y-Markt fehlten vollständig. Zudem seien für den gesamten Prüfungszeitraum die Programmierungsunterlagen für die eingesetzten Kassensysteme nicht vorgelegt worden. Lediglich auf den sei eine Inventur durchgeführt worden. Nicht stichhaltig seien auch die vorgelegten Unterlagen zu den entsorgten Mengen Dönerfleisch und Backwaren.

Ferner ergebe sich aus den bei A sichergestellten Daten des Warenwirtschaftssystems zumindest für die Zeiträume 2011 bis 2013, dass A der Antragstellerin die Möglichkeit geboten hätte, durch Umbuchungen von Bestellungen und Ausweis als Lager- oder Barverkauf die tatsächliche Höhe ihre Einkäufe zu verschleiern und eine Doppelverkürzung vorzunehmen. Zudem zeigten die für Oktober 2013 vorliegenden Videoaufzeichnungen der Geschäftsräume der Antragstellerin, dass bei weitem nicht alle Verkaufsvorgänge im Kassensystem erfasst worden seien.

Zur Schätzung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nahm der Prüfer eine Nachkalkulation des Wareneinsatzes vor und berechnete die daraus erzielbaren Erlöse (Ausbeutekalkulation).

Für die Dönerprodukte kalkulierte der Prüfer in einem ersten Schritt den Wareneinsatz anhand des von der Antragstellerin selbst erklärten Wareneinkaufs sowie den von der Steuerfahndung B bei A ermittelten Umbuchungsvorgängen das Kundenkonto der Antragstellerin betreffend. Für 2012 erhöhte er die so ermittelte Fleischmenge um weitere 3.000 kg auf 109.058 kg vor dem Hintergrund, dass die bei A sichergestellten Daten für 2012 nur fragmentarisch seien und verschleierte Einkäufe nur bis zum zeigten. Für 2013 schätzte er aufgrund sichergestellter Bestelllisten und Lieferscheine für 42 Wochenenden Lieferungen von je 420 kg hinzu, die in der Buchführung der Antragstellerin bisher nicht erfasst worden seien. Zudem nahm er Anpassungen der seiner Ansicht nach zu gering erklärten Bestellmengen für November und Dezember 2013 anhand der Vergleichswerte für andere Prüfungsjahre vor und erhöhte diese Menge noch einmal um 3.000 kg auf 108.729 kg. Für 2014 erhöhte er den erklärten Wareneinsatz im Rahmen eines Vergleiches mit den Jahren 2011 bis 2013 sowie 2015. Für 2015 setzt er allein den erklärten Wareneinsatz an. Im Rahmen der Ausbeutekalkulation ging er von einem Abschlag für Garverluste, Schwund und Eigenverbrauch von 38 % und einer Portionsgröße von 180 g aus. Die Anzahl der so gefundenen verkauften Portionen multiplizierte er mit einem durch Auswertung von Kasseneinzeldaten gefundenen gewichteten durchschnittlichen Verkaufspreisen der unterschiedlichen Dönerprodukte.

Hinsichtlich der 2014 verkauften Hähnchen nahm er ebenfalls eine Ausbeutekalkulation vor. Schwund setzte er i. H. v. 15 % an. Hinsichtlich der sonstigen Speisen ging er aufgrund von Einzelnachweisen für zwei Tage aus dem Jahr 2013 von einem durchschnittlichen Erlös pro Jahr i. H. v. ... € aus und erhöhte diesen unter Annahme eines Schwarzeinkaufs auf ... €. Für 2013 bis 2015 ging er von jährlichen Umsatzsteigerungen von 10 % aus.

Bei den Backwaren erhöhte er den Wareneinsatz ebenfalls um die bei A umgebuchten Einkäufe. Anhand der Einkaufs- und Verkaufspreise ermittelte er einen Rohgewinnaufschlagssatz (RGAS) von 143 % und nahm einen Verkauf von 95 % der eingesetzten Ware an.

Hinsichtlich der Kalkulation von Kaffee und sonstigen Getränken erhöhte er den Wareneinsatz ebenfalls um die Umbuchungsvorgänge bei A sowie bei Kaffee aufgrund Erklärungen der Firma E zu der von der Antragstellerin dort bezogenen Warenmenge. Anhand der selbst erklärten Wareneinkäufe schätzte er zudem nach Ermittlung entsprechender RGAS Erlöse aus dem Verkauf von Tabak und Presseartikeln.

Allgemein berücksichtigte der Prüfer den kalkulierten nicht erklärten Wareneinkauf mit seinem Bruttowert als Einlage in das Betriebsvermögen der Antragstellerin. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Betriebsprüfung vom insbesondere Anlage 4 verwiesen.

Insgesamt ermittelte der Prüfer folgende Erlöse zum ermäßigten und zum Regelsteuersatz, mehr Entnahmen und Einlagen sowie folgende Gewinne aus Gewerbebetrieb:

...

Der Antragsgegner setzte die Erkenntnisse der Betriebsprüfung wie folgt um: Bereits am erließ er auf Grundlage eines Berichtsentwurfs geänderte Bescheide für die Streitjahre über Einkommensteuer, den Gewerbesteuermessbetrag sowie für 2012 bis 2015 auch über Umsatzsteuer. Gegen diese Bescheide richtete sich die Antragstellerin mit - teilweise erneutem - Einspruch und beantragte die AdV. Mit Schreiben vom 29. Juni 2017 wies der Antragsgegner den Antrag auf AdV zurück. Nach Übermittlung des Schlussberichtes am und eines Schreibens zur geplanten Verböserung der Bescheide im Einspruchsverfahren erließ der Antragsgegner am erneut geänderte Bescheide für die Jahre 2012 bis 2015 mit dem Hinweis, dass diese nunmehr Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens seien. Einen erneuten Antrag auf AdV stellte die Antragstellerin nicht. Am widerrief der Antragsgegner die bezüglich der Bescheide für 2011 vom bzw. gewährte AdV. Am folgten geänderte Bescheide für 2011. Im Einzelnen ergeben sich folgende Steuerfestsetzungen mit Mehrsteuern auf Grundlage der Schätzung in Höhe von insgesamt ... €:

...

Am hat die Antragstellerin einen Antrag auf AdV hinsichtlich der Bescheide für 2012 bis 2015 über Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag vom bei Gericht gestellt (Az. 2 V 216/17). Am folgte ein entsprechender Antrag hinsichtlich der Änderungsbescheide für 2011 vom bzw. (Az. 2 V 242/17). Dieses Verfahren hat der Senat mit Beschluss vom 6. September mit dem Verfahren 2 V 216/17 verbunden.

Ihren Antrag begründet die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt:

Die Änderungsbescheide seien rechtswidrig. Weder bestehe eine Schätzungsbefugnis, noch sei die Höhe der Schätzung nachvollziehbar. Die Buchführung sei weder aufgrund formeller Mängel noch anderer Beweisanzeichen zu verwerfen.

Ihren Einzelaufzeichnungspflichten sei sie nachgekommen. Erst im September 2012 habe sie überhaupt PC-Kassen angeschafft. Eine Software zur Speicherung der möglichen Einzelaufzeichnungen sei jedoch herstellerseits erst ab Juli 2014 vorhanden gewesen und ab September 2014 bis einschließlich 2015 genutzt worden. Entsprechende Aufzeichnungen lägen dem Antragsgegner vor. Ab März 2013 bis zur Beschlagnahme am seien Einzelaufzeichnungen mithilfe eines Servers für die Kasse und die Kassenmanagement-Software "xxx" geführt worden. Den Server habe man allerdings bis heute nicht zurückerhalten. Da sie Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter Personen verkaufe, sei ihr im Sinn der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das Führen von Einzelaufzeichnungen nicht zumutbar gewesen. Dies gelte auch für die Registrierkasse am Y-Platz, welche nicht auf Einzelaufzeichnungen umgerüstet worden sei, weil der Abriss dieser Betriebsstätte gedroht habe.

Ihren Dokumentationspflichten hinsichtlich der Programmierung der PC-Kassen sei sie nachgekommen. Ursprüngliche Protokolle seien zwar nicht mehr vorhanden. Diese seien aber rekonstruiert und eingereicht worden. Gleiches ergebe sich aus den eidesstattlichen Versicherungen des J.

Die nicht durchgeführten Inventuren - mit Ausnahme des Jahres 2012 - seien zwar ein materieller Mangel. Zu einer Schätzung berechtige dieser aber nicht, da die Unrichtigkeit des Warenbestandes in keiner Wechselwirkung mit der Vollständigkeit der Erfassung der Betriebseinnahmen stehe.

Weitere Beweisanzeichen für die Mangelhaftigkeit der Buchführung gebe es nicht. Eine Doppelverkürzung liege nicht vor. Sie, die Antragstellerin, habe ihren Wareneinsatz ordnungsmäßig verbucht und in den Streitjahren erhebliche Gewinne erklärt und versteuert. Soweit sich der Antragsgegner auf die Videoaufzeichnung der Überwachungskameras beziehe, seien ihr diese bis heute nicht zugänglich gemacht worden. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt. Vielmehr belegten die eingereichten eidesstattlichen Versicherungen der damaligen Mitarbeiter, dass immer alle Speisen und Getränke mit der Kasse erfasst worden seien. Im Übrigen lägen Videoaufzeichnungen nur für Oktober 2013 vor und berechtigten allenfalls zur Schätzung für diesen Monat.

Auch aus den behaupteten Umbuchungsvorgängen bei A könne der Antragsgegner keine Schätzungsbefugnis herleiten. Ein verschleierter Einkauf habe nicht stattgefunden. Der Antragsgegner stütze sich nahezu ausschließlich auf Protokolldateien der A, die mangels detaillierter Darlegung der Auswertungsvorgänge nicht hätten geprüft werden können. Tatsachenfeststellungen oder Beweise für die behaupteten Vorgänge lägen nicht vor. Für eine Zurechnung von Bestellvorgängen zu ihr, der Antragstellerin, wäre darzulegen, wer die Bestellung vorgenommen, wer sie entgegengenommen und bar bezahlt habe und generell wer mit wem welche Absprachen getroffen habe. Im Übrigen habe es keine Barzahlungen gegeben. Auch sei A nicht gebeten worden, entsprechende Umbuchungsvorgänge vorzunehmen.

Die von ihr geführten Aufzeichnungen über die Entsorgung von Fleischabfällen durch A seien vollständig und plausibel. Auch an Wochenenden sei Fleisch entsorgt worden, sodass am Montag kein zusätzlicher Abfall entstanden sei. Allein aus Nachlässigkeit einzelner Mitarbeiter möge an einzelnen Tagen dies nicht verzeichnet worden sein.

Im Übrigen habe der Antragsgegner nicht dargetan, wie er die einzelnen angeblichen Mängel, die teilweise zeitlich begrenzt vorlägen, gewichte und daraus eine volle Schätzungsbefugnis für alle Streitjahre abgeleitet.

Die Schätzung sei auch der Höhe nach rechtswidrig. Die geschätzten zusätzlichen Gewinne von durchschnittlich rund ... € pro Jahr seien nicht plausibel und wirtschaftlich nicht möglich.

Die Nachkalkulation hinsichtlich eines nicht erklärten Einkaufs aufgrund der Umbuchungsvorgänge bei A sei weder nachvollziehbar noch prüffähig. Nicht gebuchte Einkäufe habe sie, die Antragstellerin, nicht vorgenommen. Eine vollständige Dokumentation liege nur bis zum vor. Für die Folgezeit stütze sich die Schätzung auf Vermutungen. Der Antragsgegner habe nicht im ausreichenden Maße dargelegt, welche Waren aufgrund welcher Tatsachengrundlage nach welchen Kriterien dem Kto. XXX-1 im Einzelnen zugerechnet worden seien. Vorgelegt habe er nur eine Anlage. Dabei handele es sich um eine Excel-Liste und nicht um die Rohdaten. Allein die Excel-Tabelle exemplarisch zur Warengruppe Dönerfleisch 2011 umfasse bereits 28 Seiten. Da die Nachkalkulation des Wareneinsatzes gerade bei Dönerfleisch von erheblicher Bedeutung sei, dürfe der Antragsgegner die Kalkulationsgrundlagen nicht nur auszugsweise vorlegen.

Zudem habe der Antragsgegner die Zuordnung der als Lager- oder Barverkauf erfassten Vorgänge bei A zu ihr, der Antragstellerin, aufgrund fehlerhafter Parameter vorgenommen. Die Feststellung, lediglich sie habe Dönerfleisch in der Größe von 50 kg pro Spieß bezogen, als einzige die besondere Gewürzvariante ... erhalten und als einzige bestimmte Kaffeesorten bezogen, werde mit Nichtwissen bestritten. Diese Waren könnten von A auch ab Lager an nicht mehr zu benennende Dritte veräußert worden seien. Überdies habe der Antragsgegner, habe er ihr einmal ein Produkt zuordnen können, fehlerhaft alle Produkte mit der gleichen Rechnungsnummer ihr, der Antragstellerin, zugerechnet.

Für 2011 habe der Prüfer schon keinerlei Berechnungsgrundlagen für die Hinzuschätzung des Wareneinsatzes genannt. Der für 2012 vom Prüfer angeführte Hinweis auf "doppelten Schwarzkauf" sei unzutreffend. Der Prüfer selbst werte das gefundene Ergebnis als unwahrscheinlich. Völlig ohne Begründung schätze er weitere 3.000 kg Dönerfleisch hinzu. Für 2013 gelange der Prüfer selbst zur Erkenntnis, dass auf die Daten der A wegen nur vier verzeichneten Umbuchungsvorgängen nicht zurückgegriffen werden könne. Er selbst liefere damit den Nachweis für die Fehlerhaftigkeit der ausgewählten Schätzungsmethode. Fälschlich stelle er zudem auf nicht erfasste Warenlieferungen an den Wochenenden ab. Sie, die Antragstellerin, verfüge über zwei Kühltruhen mit einem Fassungsvermögen für insgesamt 540 kg Dönerfleisch, mithin für eine Menge, die oberhalb des geschätzten Wochenendverbrauchs liege. Für 2014 bestehe kein Raum für eine Hinzuschätzung des Wareneinsatzes. Es lägen überhaupt keine Aufzeichnungen der A vor. Auch die sichergestellten Videoaufzeichnungen beträfen lediglich das Jahr 2013. Der vom Prüfer gewählte Zeitreihenvergleich sei nach Rechtsprechung des BFH bereits nicht geeignet, eine Unvollständigkeit der Buchhaltung und eine Schätzungsbefugnis zu begründen. Die Schätzung sei nicht plausibel. Der Prüfer könne nicht auf die eigenen Schätzwerte für Vorjahre rekurrieren.

Auch die Schätzung mit Bezug auf die seit 2014 verkauften Hähnchen sei weder nachvollziehbar noch prüffähig. Eine Doppelverkürzung habe nicht vorgelegen. Zudem sei ein Schwund von ca. 20 % bis 30 % zu berücksichtigen. Dies ergebe sich auch aus der geführten Schwundliste. Zur Bindung von Kunden für das neue Produkt habe der Grill immer voll sein müssen. Nicht verkauftes Hähnchenfleisch sei auch nicht in Hähnchendönern verarbeitet worden.

Die Kalkulation hinsichtlich der sonstigen Speisen sei ebenfalls fehlerhaft. Sie erfolge lediglich auf Grundlage von Kasseneinzeldaten für zwei Tage im Jahr 2013. Eine Hochrechnung auf Grundlage dieser punktuellen Ereignisse müsse zwangsläufig zum falschen Ergebnis führen. Ähnlich fehlerhaft habe der Prüfer bei Getränken, Kaffee und Backwaren kalkuliert. Der angenommene Schwarzeinkauf habe nicht vorgelegen. Der RGAS bei Getränken sei falsch ermittelt worden, da keinerlei Schwund angesetzt worden sei. Brötchen seien ausschließlich mit Belag veräußert worden. Der Wareneinsatz für den Aufschnitt betrage zwischen ... € (Salami) sowie ... € (Mozzarella).

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Bescheide für 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 vom bzw. über Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen, soweit eine Aussetzung von mehr als ... € begehrt wird,

hilfsweise

die Aussetzung der Vollziehung von einer werthaltigen Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden über die genannte Höhe hinaus nicht. Insoweit nimmt der Antragsgegner auf den Bericht der Steuerfahndung B vom sowie den Betriebsprüfungsbericht vom , insbesondere auf Anlage 4 mit weiteren Anlagen zur Darlegung der Schätzung, Bezug.

Wegen zahlreicher Mängel in der Buchführung habe eine Schätzungsbefugnis bestanden.

Für die Jahre 2011 bis 2014 sei die Kassenbuchführung mangels Erfüllung der Einzelaufzeichnungspflichten mangelhaft. Nach der vorgelegten Bedienungsanleitung erfasse das eingesetzte Kassenmodell jeden einzelnen Umsatz. Lediglich für die Erfassung im GDPdU-Format bzw. GoBD-Format benötige der Nutzer ein zusätzliches Programm. Die einmal ermittelten Einzeldaten würden jedoch überschrieben, sobald der Kassenspeicher voll sei. Der Antragstellerin sei vorzuwerfen, die einmal mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellten Einzelaufzeichnungen nicht gemäß § 147 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) aufbewahrt zu haben. Auf Unzumutbarkeit könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da sie zumindest ab dem über eine PC-Kasse verfügt habe.

Für alle Streitjahre fehle es an Programmierungsunterlagen für die Kassensysteme. Originale Einrichtungsprotokolle lägen schon nicht vor. Soweit Rekonstruktionen eingereicht worden seien, handele es sich um Bildschirmausdrucke ohne Beweiswert. Die eingereichten eidesstattlichen Versicherungen seien zudem unglaubhaft.

Mit Ausnahme von 2012 fehle es an einer Inventur. Die Aufzeichnungen zu den entsorgten Abfällen seien lückenhaft.

Aufgrund der ausgewerteten Videoüberwachung der Räumlichkeiten der Antragstellerin für Oktober 2013 bestünden weitere Beweisanzeichen dafür, dass die Buchführung der Klägerin nicht ordnungsgemäß sei. Bei stichprobenhafter Auswertung von drei Tagen (5., 15. und ) seien bei Abgleich mit der Kasse 361, 323 bzw. 301 Verkaufsvorgänge mit Mehrumsätzen von ... €, ... € bzw. ... € nicht erfasst worden. Die eidesstattlichen Versicherungen der Mitarbeiter seien unglaubhaft. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass auch vor und nach Oktober 2013 so verfahren worden sei.

Die Doppelverkürzung mithilfe der Umbuchungen bei A sei hinreichend nachgewiesen. Bestellungen seien unter Angabe der Kundennummer XXX-1 in das Warenwirtschaftssystem eingepflegt und nach Ausführung der Lieferung teilweise auf die Konten für Lager- oder Barverkauf (Nr. XXX-3 oder XXX-2) umgebucht worden. Dies habe einzig dem Zweck gedient, eine Nachverfolgung der Einkäufe von A zur Antragstellerin unmöglich zu machen. Ausweislich der sichergestellten Aufzeichnungen habe die Antragstellerin Lieferungen auch bar beglichen. Auch sei die Antragstellerin an Wochenenden beliefert worden, wie Videoaufzeichnungen und sichergestellte Lieferscheine belegten. Die angenommene Doppelverkürzung liege mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.

Die Schätzung sei auch der Höhe nach gerechtfertigt. Seien die hinzugeschätzten Umsätze und Gewinne zwar erheblich, entsprächen sie jedoch den wahrscheinlichen Gegebenheiten. Unmittelbar am ... gelegen, befinde sich der Betrieb der Antragstellerin in sehr prominenter Lage. Er bestehe zudem mit wechselnden Inhabern seit mehr als zehn Jahren. Er werde mithin von einer hohen Anzahl an Lauf- und Stammkundschaft frequentiert.

Ein Begründungsmangel bei der Schätzung liege nicht vor. Es sei anzunehmen, dass die Antragstellerin mittlerweile im Rahmen des Strafverfahrens Einsicht in alle Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft genommen habe. Im Übrigen sei die Aufarbeitung der Rohdaten der A durch die Steuerfahndung B und ihre Übertragung in eine Excel-Tabelle nicht zu beanstanden. Das Verfahren sei im Einzelnen schlüssig im Betriebsprüfungsbericht dargestellt. Eine Doppelverkürzung liege mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in genannter Höhe vor. Unstreitig seien zahlreiche Nachweise für ganz konkrete Umbuchungsvorgänge erbracht worden. A selbst habe daraus keinen unmittelbaren eigenen Vorteil erzielen können. Dieser läge mit der Möglichkeit der Verschleierung ihres Einkaufs allein bei der Antragstellerin. Diesen Vorteil habe sie auch genutzt. Die Antragstellerin könne nicht darauf verweisen, auch andere Kunden hätten die ihr von der Betriebsprüfung exklusiv zugeordneten Produkte gekauft. Unter anderen Kundennummern seien diese Waren bei A nicht verbucht worden. Ein ausschließlicher Barverkauf dieser Waren sei unwahrscheinlich.

Die Schätzung bei Hähnchen, sonstigen Speisen, Getränken, Kaffee, Zeitungen und Tabak sei nicht zu beanstanden. Berücksichtigt worden seien im Wesentlichen die nach Buchführung der Antragstellerin tatsächlich eingekauften Mengen. Schwund sei berücksichtigt worden, jedoch bei Hähnchen in einem geringeren Ausmaß, als von der Antragstellerin gewünscht. Lediglich auf Grundlage der im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Kalkulationsgrundlagen gelange man bei Berechnung der Ausbeute beim Verkauf der Backwaren zu abweichenden Ergebnissen, welche die AdV allenfalls in der Gesamthöhe von ... € rechtfertigen könne.

Im Übrigen komme aufgrund der Höhe der Steuerforderung von mehr als ... Euro sowie des laufenden Strafverfahrens eine AdV nur gegen Sicherheitsleistung in Betracht.

Dem Gericht haben sechs Bände Betriebsprüfungsakten, fünf Leitz-Ordner Kalkulationsgrundlagen nebst Daten-CD sowie fünf Bände weiterer Steuerakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.

II.

Der Antrag hat nur in geringem Umfang Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Bei verständiger Würdigung ist der gestellte Antrag auf AdV der zuletzt vom Antragsgegner erlassenen Bescheide, namentlich der Bescheide über Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2012 bis 2015 vom bzw. für 2011 vom gerichtet.

Das notwendige Vorverfahren wurde durchgeführt. Im Hinblick auf die Bescheide für die Jahre 2012 bis 2015 ist dabei ausreichend, dass die Antragstellerin die AdV der den Zwischenbericht der Betriebsprüfung umsetzenden Bescheide vom beantragt hat, welche der Antragsgegner mit Entscheidung vom ablehnte. Ein erneuter Antrag auf AdV im Hinblick auf die endgültig am erlassenen Änderungsbescheide war entbehrlich. Der Steuerpflichtige ist nicht gehalten, in jedem Verfahrensabschnitt erneut die AdV zu beantragen. Vielmehr ist vorliegend ausreichend, dass der Antragsgegner seinen endgültigen Willen, eine AdV nicht zu gewähren, bereits mit Entscheidung vom zum Ausdruck gebracht hat. Für die Bescheide für 2011 gilt dies aufgrund des am ausgesprochenen Widerrufs der AdV der vormals ausgesetzten Bescheide.

Das Vorverfahren wurde auch durchgeführt, soweit die AdV von Gewerbesteuermessbetragsbescheiden begehrt wird. Zwar werden diese Bescheide in der ablehnenden Entscheidung sowie dem Widerruf der AdV nicht genannt und stattdessen lediglich die Gewerbesteuerbescheide aufgeführt. Das Gericht geht bei verständiger Würdigung dieser Bescheide aber davon aus, dass der Antragsgegner konkludent über die vorrangig zu beurteilende Aussetzung der Gewerbesteuermessbetragsbescheide als Grundlagenbescheide mit entschieden hat.

2. Der Antrag ist überwiegend unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast finden auch im Aussetzungsverfahren Anwendung.

2. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen bei summarischer Prüfung daran gemessen lediglich im tenorierten Umfang. Nach Würdigung der präsenten Beweismittel und der Aktenlage dürfte die vom Antragsgegner angestellte Schätzung von Besteuerungsgrundlagen - mit Ausnahme der Nachkalkulation der Backwaren - rechtmäßig sein.

a) Der Antragsgegner geht zutreffend davon aus, dass die Buchführung der Antragstellerin in den Streitjahren derart fehlerbehaftet war, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte und deshalb eine Schätzung dem Grunde nach geboten war.

Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden, weil sie insbesondere den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entsprechen oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen, § 162 Abs. 2 AO.

aa) Die Buchführung der Antragstellerin dürfte bei summarischer Prüfung für die Jahre 2012 bis 2015 bereits deswegen mit formellen Mängeln behaftet sein, weil die Anweisungen zur Kassenprogrammierung sowie die Programmierungsprotokolle, welche nachträgliche Änderungen dokumentieren, nicht bzw. nur unzureichend vorgelegen haben.

Diese Unterlagen sind als sonstige Organisationsunterlagen gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO aufbewahrungspflichtig. Mangelt es an einer lückenlosen Dokumentation zur Kassenprogrammierung, wirkt sich dies auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Eröffnung einer Schätzungsbefugnis in gleichem Maße aus wie das Fehlen von Tagesendsummenbons bei Registrierkassen bzw. wie bei mangelhaften Protokollen über das Auszählen einer offenen Ladenkasse. In allen Fällen gibt es systembedingt keine Gewähr mehr für die vollständige Erfassung der Bareinnahmen. Jedenfalls dann, wenn wie vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel bei der Dokumentation der Kassenprogrammierung als gewichtiger Mangel der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen, mithin zur Vollschätzung berechtigen (, BStBl II 2015, 743).

Die Antragstellerin hat Organisationsunterlagen bezogen auf das von ihr eingesetzte Kassensystem nur unzureichend vorgelegt. Ausweislich eigener Angaben und der Ermittlungen des Betriebsprüfers setzte die Antragstellerin sowohl an ihrer Betriebsstätte am Y-Platz als auch in der X-Straße ein bzw. zwei Kassensysteme der Marke C, Modell xxx, ein. Nach der vorliegenden Bedienungsanleitung sind diese Kassensysteme PC-gestützt und vollständig programmierbar. Bereits nach eigenen Angaben der Antragstellerin wurden bei Einrichtung der Kassen keinerlei Errichtungsprotokolle erstellt. Diese konnte sie folglich auch nicht vorlegen. Dieser Mangel wird nicht durch die im gerichtlichen Verfahren erstmals eingereichten Protokolle vom geheilt. Zum einen ist bereits fraglich, ob die drei eingereichten Protokolle tatsächlich die Erstprogrammierung der erstmals im Jahr 2012 eingesetzten Kassen wiedergeben. Nach dem Vermerk des Betriebsprüfers hat die Antragstellerin im Eröffnungsgespräch zur durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung selbst vorgetragen, zwei neue Kassen gleichen Typs am erworben zu haben. Der in den Akten befindlichen Rechnung ist zumindest der Kauf einer Kasse zu entnehmen. In der Buchführung erfasst wurde zumindest ebenfalls eine Kasse unter dem Datum 2. November 2014. Gemäß dem von der Antragstellerin ausgefüllten Fragebogen zur Kassenführung gab sie an, drei Klassen gleichen Typs in ihrem Betrieb einzusetzen. Mithin waren mindestens eine, wenn nicht gar zwei der drei im Jahr 2012 eingesetzten Kassen 2017 nicht mehr vorhanden, mithin die Erstprogrammierung auch nicht mehr auslesbar.

Zudem ist nicht in hinreichendem Maße dargetan worden, warum es sich bei den in den Einrichtungsprotokollen dargestellten Daten um die tatsächliche Erstprogrammierung und nicht die aktuelle Einstellung handeln soll. Die behauptete Auslesung eines Backups konnte bei Durchsicht der Bedienungsanleitung nicht verifiziert werden und ist jedenfalls bei summarischer Prüfung anhand der Aktenlage so nicht glaubhaft.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin bisher keinerlei Protokolle über eine Fortschreibung der ursprünglichen Programmierung vorgelegt. Soweit in der Buchführung einzelne Rechnungen bzw. Vermerke einer beauftragten EDV-Firma vorhanden sind, sind diese unsubstantiiert und enthalten hinsichtlich eines Eingriffs in die Programmierung keinerlei aufschlussreiche Informationen. Dass solche Programmierungen seit 2012 bis zum heutigen Tag nicht vorgenommen worden sein sollen, ist wenig glaubhaft. Dies dürfte schon bezogen auf Anpassung der Preise sowie des Produktsortiments in einer gewissen Regelmäßigkeit stattzufinden haben. Den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen des J kommt insoweit kein entscheidender Beweiswert zu. Es ist wenig glaubhaft, dass J sich an die genauen Umstände der Einrichtung der Kassen am bzw. erinnert. Da die Antragstellerin mit ihrem Betrieb nahezu ausschließlich bare Ausgangsumsätze tätigt, berechtigt allein dieser formelle Mangel zu einer Vollschätzung für die Jahre 2012 bis einschließlich 2015.

bb) Jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besteht bei summarischer Prüfung eine Schätzungsbefugnis für die Jahre 2012 bis 2014 zudem wegen des Verstoßes gegen die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jeglicher Geschäftsvorfälle. Denn die Antragstellerin setzte zumindest ab September 2012 in ihrem Betrieb PC-gestützte Kassensysteme ein, welche grundsätzlich auch die Umsätze einzeln aufzeichneten. Einzelaufzeichnungen liegen jedoch lediglich für eine gewisse Zeit in 2013 sowie ab September 2014 vor.

Der BFH hat zwar die Einzelaufzeichnungspflicht für Einzelhandelsgeschäfte dahingehend eingeschränkt, dass die baren Betriebseinnahmen in der Regel nicht einzeln aufgezeichnet zu werden brauchen (vgl. , BStBl III 1966, 371). Ausschlaggebend für den BFH war, dass es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich sei, an die Aufzeichnung der einzelnen zahlreichen baren Kassenvorgänge in Einzelhandelsgeschäften gleiche Anforderungen wie bei anderen Handelsgeschäften zu stellen. Entscheide der Steuerpflichtige sich jedoch für ein modernes PC-Kassensystem, das zum einen sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichne und zum anderen auch eine langfristige Aufbewahrung (Speicherung) der getätigten Einzelaufzeichnungen ermögliche, könne er sich hingegen nicht (mehr) auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen ( BFH/NV 2015, 790). Bei Durchsicht der vorgelegten Unterlagen über die Funktionsweise der Kasse sowie der Auszüge der Anleitung zur Umstellung der Kassen auf GDPdU-konforme Einzeldatenerfassung teilt das Gericht jedenfalls im summarischen Verfahren die Ansicht des Antragsgegners, dass das eingesetzte Kassensystem grundsätzlich jeden einzelnen Umsatz erfasst und zunächst in einem internen Speicher (RAM) ablegt. Zudem verfügt das Kassensystem mit zahlreichen Schnittstellen über die Möglichkeit zur Verbindung mit weiteren EDV-Systemen. Auch kann eine Datensicherung mittels SD-Karte bzw. CF-Karte vorgenommen werden. Die Kasse bietet somit grundsätzlich die Möglichkeit, die Einzelaufzeichnungen dauerhaft zu sichern. Aus dem Vortrag der Antragstellerin, dass eine GDPdU-konforme Einzelerfassung erst herstellerseits im Jahr 2014 möglich war, ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn wie die Antragstellerin durch Einsatz eines zusätzlichen Servers sowie einer weiteren Buchführungssoftware im Jahr 2013, welche später im Rahmen der Durchsuchung sichergestellt wurde, selbst gezeigt hat, waren diese Einzelaufzeichnungen zumindest für einen gewissen Zeitraum bis zur Überschreibung des Speichers im Kassensystem selbst vorhanden, mag dies auch vor Umrüstung der Kasse nicht in GDPdU-konformer Form geschehen sein.

cc) Auch bestehen weitere tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der von der Antragstellerin gemachten Angaben, welche insbesondere eine Schätzungsbefugnis auch für das Jahr 2011 eröffnen.

(1) Nach Sichtung des vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Videomaterials der Überwachungskameras in den Betriebsräumen der Antragstellerin bestehen evidente Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin ihre Erlöse zu einem erheblichen Teil nicht in ihrer Buchführung erfasst hat. Aus dem Videomaterial geht z. B. für die Tage 15. und eindeutig hervor, dass diverse Mitarbeiter der Antragstellerin vielfach die einmal geöffnete Kassenlade der Registrierkasse nutzen, Geldbeträge in die Kasse zu legen und Wechselgeld auszugeben, ohne den entsprechenden Verkaufsvorgang einzubuchen. Die eingereichten eidesstattlichen Versicherungen sind nicht geeignet, dies zu widerlegen. Vorgelegt wurden lediglich Versicherungen von vier Mitarbeitern, die versichern, ab 2011 bzw. ab 2013, teilweise mit nicht näher bezeichneten Unterbrechungen, bei der Antragstellerin angestellt gewesen zu. Unabhängig von der Glaubhaftigkeit diese Aussagen dürfte es sich nur um einen geringen Teil der Mitarbeiter der Antragstellerin handeln. So sind auf den Videoaufzeichnungen der Kameras allein im Bereich des Imbisses bis zu sieben Verkäufer zu sehen. Hinzu kommen die Mitarbeiter im Kiosk-Bereich. Aufgrund der extensiven Öffnungszeiten von sieben Tagen pro Woche dürfte die Antragstellerin zudem zahlreiche Mitarbeiter in unterschiedlichen Schichten eingesetzt haben. Dass lediglich vier, nicht einmal durchgehend bei der Antragstellerin beschäftigte Mitarbeiter versichern, die verkauften Speisen und Getränke vollständig in die Kasse eingegeben zu haben, vermag das Ergebnis der Sichtung des Videomaterials mithin nicht zu entkräften.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin liefern die Videoaufzeichnungen nicht nur Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Erfassung der Barumsätze im Monat Oktober 2013. Jedenfalls bei summarischer Prüfung und mangels substantiierter Einlassung der Antragstellerin spricht nichts dafür, dass diese Verkaufspraktik nicht bereits 2011 und über den Zeitpunkt der Sicherstellung der Videoaufzeichnungen im Oktober 2013 hinaus bestand.

(2) Bei summarischer Prüfung bestehen zudem aufgrund des Berichts über die steuerlichen Feststellungen sowie des Ermittlungsberichts der Steuerfahndung B auch ohne Vorlage der Rohdaten gewichtige Anhaltspunkte für eine sogenannte Doppelverkürzung bei der Antragstellerin insbesondere in den Jahren 2011 bis 2013.

Das Gericht teilt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Auffassung der Steuerfahndung B sowie des Antragsgegners, dass die im Warenwirtschaftssystem der A vorgenommenen Umbuchungsvorgänge vom Kundenkonto der Antragstellerin auf die Konten Bar- oder Lagerverkauf einzig der Verschleierung des tatsächlichen Einkaufs der Antragstellerin dienten, und diese die ihr nicht mehr zuordenbaren Einkäufe in ihrer Buchführung nicht erfasst hat. Allein die schiere Größenordnung von 34 % erst unter dem Kundenkonto XXX-1 erfassten und später auf Bar- oder Lagerverkauf umgebuchten Umsätze (für den Zeitraum des vollständigen Datensatzes) zeigt, dass es sich dabei nicht nur um versehentlich falsch erfasste Bestellungen der Antragstellerin gehandelt haben kann, sondern dies planmäßig geschehen ist. Da A daraus keinen unmittelbaren Vorteil erlangt, weil sie auch die als Bar- bzw. Lagerverkauf erfassten Umsätze zu versteuern hat, spricht dies jedenfalls bei summarischer Prüfung auch ohne genaue Benennung der handelnden Personen und konkreter Nachweise für die getroffenen Absprachen dafür, dass A der Antragstellerin den Vorteil der Verschleierung ihrer Einkäufe bieten wollte, und die Antragstellerin diesen auch durch Nichterfassung in ihrer Buchführung nutzte. Für Letzteres spricht zudem, dass entgegen ihrer Behauptungen die Antragstellerin ausweislich der sichergestellten schriftlichen Aufzeichnungen bei A auch bar bezahlt hat und zudem gemäß der Videoaufzeichnungen für Oktober 2013 und Lieferscheine aus dem Februar 2013 entgegen ihren Buchführungsunterlagen auch an Samstagen und Sonntagen von A beliefert wurde.

dd) Da die genannten Mängel allein schon für die gesamten Streitjahre eine Schätzungsbefugnis eröffnen, kann dahinstehen, ob bei dem Betrieb der Antragstellerin, dessen Anlagevermögen übersichtlich ist und dessen Warenbestand keinen großen Schwankungen unterliegt, auch die nicht durchgeführten Inventuren in den Jahren 2011 und 2013 bis 2015 zu einer Schätzung berechtigen.

b) Die Schätzung ist bei summarischer Prüfung auch der Höhe nach - mit Ausnahme der im gerichtlichen Verfahren erneut vorgenommenen Kalkulation der Backwaren - nicht zu beanstanden. Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Beträge. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 FGO i. V. m. § 162 AO) der Hinzuschätzung des Antragsgegners einschließlich der Nachkalkulation für Backwaren im gerichtlichen Verfahren.

aa) Die Wahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und des Finanzgerichts, wenn es - wie hier - seine eigene Schätzungsbefugnis aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt. Es ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen (vgl. Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO, § 162 AO Rn. 52 m. w. N.). Die Wahl der Schätzungsmethode richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles (vgl. z. B. , EFG 2008, 8). Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. , BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. , BStBl II 1993, 259).

bb) Daran gemessen bestehen - unter Berücksichtigung der Anpassung der Kalkulation der Backwaren im gerichtlichen Verfahren - keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der vom Betriebsprüfer vorgenommenen Nachkalkulationen des Wareneinsatzes sowie der Berechnung des sich daraus erzielbaren Erlöses (Ausbeutekalkulation).

(1) Insbesondere der Kernbereich der Nachkalkulation, die Berechnung des nicht in der Buchhaltung erfassten Wareneinsatzes an Dönerprodukten, ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Der Prüfer durfte insbesondere für die Zeiträume, in denen vollständige Daten des Warenwirtschaftssystems der A vorliegen, die umgebuchten Wareneinsätze an Dönerfleisch der Kalkulation zugrunde legen. Dies gilt insbesondere für das Jahr 2011, wie es der 28-seitigen Anlage 9 zum Aktenvermerk vom zu entnehmen ist. Soweit darüber hinaus lediglich fragmentarische Auszüge aus dem Warenwirtschaftssystem vorgelegen haben, welche zwar Einblick in das Kundenkonto XXX-1 der Antragstellerin sowie die Konten über Bar- bzw. Lagerverkauf gewähren, jedoch nicht alle Umbuchungsvorgänge zeigen, durfte der Prüfer dennoch der Antragstellerin bestimmte bei A unter Bar- bzw. Lagerverkauf erfasste Dönerprodukte zuordnen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass ausschließlich die Antragstellerin bestimmte Dönerprodukte (insbesondere 50 kg-Spieße sowie Spieße mit der besonderen Würzmischung ..., darüber hinaus bestimmte Kaffeesorten) bezogen hat. Dass nach Ansicht der Antragstellerin auch andere, nicht mehr bestimmbare Kunden diese Waren bar ab Lager erworben haben könnten, verfängt nicht. Denn der Antragstellerin zugerechnet wurden insoweit nur Produkte mit Produktnummern, die nach Auswertung der bei A geführten Kundenkonten ausschließlich von ihr bezogen wurden. Das Gericht teilt insoweit die Ansicht des Antragsgegners, dass es unwahrscheinlich sein dürfte, dass andere Kunden genau diese Waren immer bar erworben und nicht über ihr Kundenkonto bestellt haben.

Den so ermittelten Wert an Dönerfleisch für 2012 für die X-Straße i. H. v. 106.058 kg hat der Prüfer zulässigerweise um 3.000 kg erhöht. Er hat zutreffend darauf verwiesen, dass aufgrund fragmentarischer Unterlagen nicht erklärte Einkäufe bei A nur bis zum festgestellt worden seien, die gleichbleibend gute wirtschaftliche Lage des Betriebs jedoch gegen einen sinkenden Wareneinsatz spreche, mithin von einem weiteren nicht erklärten Einkauf auszugehen sei; zumal sich der angesetzte Wert noch unterhalb des Durchschnitts der Werte für 2011 und 2015 (von der Antragstellerin selbst erklärter Wareneinsatz) halte.

Auch die Nachkalkulation für 2013 begegnet bei summarischer Prüfung keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß den fragmentarischen Unterlagen haben im Zeitraum Januar bis Oktober 2013 zwar nur vier Umbuchungen vom Kundenkonto der Antragstellerin bei A auf die Konten Bar- bzw. Lagerverkauf stattgefunden. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin folgt daraus jedoch weder die Untauglichkeit der vom Prüfer gewählten Schätzungsmethode für das Jahr 2013 noch für die Jahre 2011 und 2012. Denn sowohl auf Grundlage des gesichteten Videomaterials, der sichergestellten Bestelllisten und den Darstellungen im strafrechtlichen Ermittlungsbericht ergibt sich, dass die Antragstellerin auch an den Wochenenden beliefert wurde und A diese Bestellungen als Bar- bzw. Lagerverkauf verbuchte. Soweit die Antragstellerin auf die bei ihr befindlichen Kühltruhen verweist, wonach aufgrund ihrer Lagerkapazitäten keine Belieferung am Wochenende erforderlich gewesen sei, ist dies unglaubhaft und unsubstantiiert. Allein die Tatsache, dass Kühleinrichtungen bei der Antragstellerin vorhanden sind, beweist keine Lagerhaltung gerade für das Wochenende. Bereits aus lebensmittelrechtlichen Gründen ist sie gehalten, ihre täglichen Lieferungen bis zum tatsächlichen Einsatz entsprechend zu kühlen. Dass beispielsweise Vorsorge für das Wochenende durch entsprechend große Lieferungen am Freitag getroffen wurde, hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch durch geeignete Unterlagen belegt. In einem ersten Schritt war der Prüfer somit berechtigt, einen Wareneinsatz für die Wochenenden hinzuzuschätzen. Bei den angesetzten 420 kg hat er sich dabei zugunsten der Antragstellerin am unteren Rahmen der sichergestellten Bestelllisten orientiert.

Auch die weitere Nachkalkulation für 2013 auf Grundlage von Vergleichswerten aus den Vor- und Folgejahren sowohl bezogen auf die Monate November bis Dezember als auch bezüglich des gesamten Jahreseinkaufs begegnet keinen Bedenken. Aufgrund der nur fragmentarisch vorliegenden Daten des Warenbezugsystems der A war es dem Prüfer auch nicht verwehrt, sich an den Monats- bzw. Jahresvergleichswerten insbesondere der Jahre 2011 und 2015 zu halten. Denn für 2011 liegt aufgrund der für sieben Monate vollständig vorliegenden Protokolldateien weiterer fragmentarischer Daten eine sehr gesicherte Schätzungsgrundlage vor. Für 2015 handelt es sich zudem ausschließlich um den vom der Antragstellerin selbst erklärten Wareneinsatz. Der für 2013 für die X-Straße geschätzte Wert von 108.729 kg liegt dabei hinter den Werten für 2011 und 2015 (111.962 kg bzw. 121.710 kg).

Auch die Nachkalkulation des Wareneinsatzes für 2014 unterliegt keinen Bedenken. Insbesondere ist der vom Prüfer angestellte Vergleich des Wareneinsatzes mit Vor- und Folgejahren zulässig. Der Prüfer hat diesen Vergleich entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zur Begründung einer Schätzungsbefugnis, sondern lediglich zur Ermittlung der Höhe der Schätzung herangezogen. Denn bereits aufgrund der nicht vorliegenden Organisationsunterlagen für die Registrierkassen sowie der durch Videoaufnahmen nachgewiesenen erheblichen Nichterfassung von Bareinnahmen, welche aufgrund fehlender Anhaltspunkte für eine einschneidende betriebliche Umstellung seitens der Antragstellerin auch Ausstrahlungswirkung für 2014 entfaltet, war eine Schätzungsbefugnis ergeben. Steht hingegen fest, dass die Buchführung aus formellen und materiellen Gründen unrichtig ist und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit der Buchführung eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist (, BStBl II 2015, 743). Vor diesem Hintergrund begegnet die ermittelte Menge von 111.136 kg keinen Bedenken.

Auch die Ausbeutekalkulation hinsichtlich der Dönerprodukte ist in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar. Der Prüfer hat einen Abschlag für Garverluste, Schwund und Eigenverbrauch von 38 % abgezogen. Damit hat er sich an der oberen und für die Antragstellerin günstigen Grenze eines Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart gehalten (vgl. LG Stuttgart 13 Kls 142 Js 104750/05 vom , juris; , wistra 2011, 28). Anhand von Kasseneinzeldaten ermittelte er zudem anhand der Verkaufspreise für die unterschiedlichen Dönerprodukte (z. B. Döner-Teller, Döner-Brot, Reis-Döner, Pommes-Döner klein und groß) einen gewichteten durchschnittlichen Verkaufspreis pro Dönerprodukt. Unter Ansatz einer Portionsgröße von 180 g gelangte er zum entsprechenden Ausgangsumsatz. Sowohl die Grundannahmen als auch die Kalkulation als solche sind tragfähig. Insbesondere die Annahme von Fleischportionen à 180 g scheint äußerst maßvoll. Unter Berücksichtigung von Schwund bedeutet dies eine Ausbeute pro Kilogramm Fleisch von nicht einmal 3,5 Portionen. Bei vielen Produkten wie Döner-Brot, Reis-Döner sowie Pommes-Döner klein scheint fraglich, ob bei aufgeschnittenem Fleisch, welches ein gewisses Volumen aufweist, diese Portionsgrößen tatsächlich erreicht wurden.

(2) Auch die Nachkalkulation hinsichtlich der verkauften halben bzw. ganzen Hähnchen ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist der Prüfer bei der Nachkalkulation vom Wareneinsatz entsprechend der in der Buchhaltung vorgefundenen Eingangsrechnungen ausgegangen. Eine Doppelverkürzung hat er gerade nicht angenommen. Auch der Ansatz von 15 % Schwund erscheint ausreichend. Soweit die Antragstellerin einen Schwund von mindestens 20 bis 30 % zum Ansatz bringen möchte, ist dem im summarischen Verfahren nicht zu folgen. Zwar mag es sein, dass bei Produkteinführung im Jahr 2014 hinsichtlich der vorzuhaltenden Menge noch keinerlei Erfahrungswerte bestanden. Die stark ansteigenden Einkaufszahlen (z. B. Oktober 2014: 340; November 2014: 980; Januar 2015: 1550; März 2015: 2020) sprechen jedoch für eine rasch steigende Nachfrage. Selbst für den Fall, dass übrig gebliebene Hähnchen nicht auch zu Hähnchendöner verarbeitet worden sein sollten, scheint der Schwund mit 15 % angemessen berücksichtigt. Auch aus Schwundlisten ergibt sich nichts anderes. In den Kalendern, in denen die vermeintlich entsorgten Produkte aufgeführt sind, finden sich keine Aufzeichnungen zu Hähnchen.

(3) Auch die Nachkalkulation der sonstigen Speisen (Salat, Falafel, Pommes, Lahmacun) ist nicht zu beanstanden. Insbesondere aufgrund der Ermittlung der Steuerfahndung B bei A ist von einem nicht in der Buchhaltung erfassten Wareneinkauf auszugehen. Die Berücksichtigung durch Erhöhung der Erlöse von ... € auf ... € bewegt sich in moderatem Rahmen. Soweit hinsichtlich der durchschnittlichen gewichteten Verkaufspreise auf Kasseneinzeldaten lediglich zweier Tagen abgestellt wurde, begegnet dies jedenfalls bei summarischer Prüfung ebenso keinen Bedenken, wie den unterstellten Erlössteigerungen in den Jahren 2013 bis 2015 insbesondere auch durch Preiserhöhungen. Orientiert hat sich der Prüfer dabei zulässigerweise an den Preissteigerungen der Dönerprodukte.

(4) Bei summarischer Prüfung ist auch die Hinzuschätzungen bei Kaffee, den übrigen Getränken, Tabak und Presseartikeln nicht zu beanstanden.

Auch insoweit war die Hinzuschätzung des Wareneinsatzes bei Kaffee und den übrigen Getränken anhand der im Warenwirtschaftssystem der A enthaltenen Umbuchungen zu berücksichtigen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung folgt das Gericht dem Vortrag des Antragsgegners, dass Produkte mit einer bestimmten Artikelnummer nur von der Antragstellerin nachgefragt wurden, so dass auch bezogen auf die nur fragmentarisch vorliegenden Umbuchungsnachweise die unter dem Konto XXX-2 erfassten Lagerverkäufe dieser Produkte der Antragstellerin zuzurechnen sind. Ferner hat ein durch die Steuerfahndung B durchgeführter Abgleich mit dem Kundenkonto der Antragstellerin bei der Firma E ergeben, dass insoweit nicht alle bezogenen Waren in der Buchhaltung der Antragstellerin erfasst sind. Soweit die Antragstellerin vorträgt, ein vom Steuerberater vorgenommener Abgleich mit ihrer Buchhaltung habe ergeben, dass der Einkauf vollständig erfasst worden sei, ist dies nicht anhand präsenter Beweismittel nachgewiesen.

Die weiter durchgeführte Ausbeutekalkulation anhand gewisser Portionsgrößen für Kaffee (10 g bzw. 7 g) bzw. anhand eines RGAS für die übrigen Getränke i. H. v. 100 % ist nicht zu beanstanden. Dies gilt ebenfalls für den zum Ansatz gebrachten Schwund in Höhe von lediglich 2 % mit Ausnahme des Ayran mit Schwundquoten von bis zu 30 %. Dies scheint vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die Antragstellerin Getränke lediglich in Flaschen abgegeben hat und es insoweit zu keinen Schankverlusten, sondern allenfalls zu Bruch kommen kann.

Presseartikel und Tabak wurden zulässigerweise anhand des erklärten Wareneinsatzes mit ermittelten RGAS geschätzt.

(5) Auch die Nachkalkulation bei den Backwaren ist unter Berücksichtigung der Nachkalkulation im gerichtlichen Verfahren nicht zu beanstanden. Aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndung B konnte der Prüfer auf die Unterlagen des Warenwirtschaftssystems der A und insbesondere die vom Kundenkonto der Antragstellerin auf die Konten Bar- bzw. Lagerverkauf umgebuchten Vorgänge abstellen und entsprechende Hinzuschätzungen vornehmen. Bei der Ausbeutekalkulation scheint der Ansatz von Schwund lediglich i. H. v. 5 % angemessen und ausreichend. So betrug die entsorgte Menge an Backwaren nach eigenen Aufzeichnungen der Antragstellerin für 2016 lediglich 3,3 %. Die erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachte substantiierte Einlassung der Antragstellerin, dass Brötchen ausschließlich mit Belag veräußert worden seien, der zwischen ... € und ... € koste, hat der Antragsgegner im Rahmen einer Nachkalkulation aufgegriffen. Unter Ansatz der Preise für den Belag und 80 Scheiben Wurst bzw. 70 Scheiben Käse pro Kilogramm gelangte er dabei zu einem Preis pro Belag von durchschnittlich ... €, welchen er zugunsten der Antragstellerin auf ... € aufrundete. Unter Berücksichtigung dieses geänderten Wareneinsatzes gelangte er zudem zu einem RGAS i. H. v. 126 % statt vormals 143 %, mithin zu entsprechend verminderten Erlösen. Jedenfalls im summarischen Verfahren macht sich das Gericht diese Schätzung, die methodisch folgerichtig ist und hinsichtlich ihrer Grundannahmen wirtschaftlich vernünftig erscheint, zu eigen.

Der Gewinn war um die entsprechenden Beträge zu vermindern, was zur AdV der angegriffenen Bescheide in folgender Höhe führt:

...

3. Eine weitergehende AdV wegen unbilliger Härte ist nicht geboten. Nachteile, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wiedergutzumachen wären, oder die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz durch die Vollziehung hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan. Detaillierte Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die Möglichkeit der Erlangung von Krediten u. ä. liegen nicht vor.

4. Entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, wonach die AdV regelmäßig auf die Dauer des jeweiligen Verfahrensabschnitts der Hauptsache beschränkt ist (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 8. Auflage, § 69 Rn. 231), hält es das Gericht auch im vorliegenden Verfahren für ermessensgerecht, die AdV auf den Abschluss des Einspruchsverfahrens zu beschränken. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung hat das Gericht ebenfalls abgesehen. Bei verständiger Würdigung des Antrags des Antragsgegners wird diese nur für den Fall begehrt, dass das Gericht die AdV über den bereits vom Antragsgegner selbst zugestandenen Betrag hinaus gewährt hätte.

5. Der Antragstellerin sind gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil sie nur zu einem geringen Anteil obsiegt hat. Die Schätzung des Antragsgegners führte zu Mehrsteuern von insgesamt ... €. Der auszusetzende Betrag beträgt ... €, mithin 4,63 % und ist insoweit noch als gering anzusehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 2/2019 S. 54
EFG 2018 S. 1862 Nr. 22
PStR 2018 S. 307 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 8/2019 S. 334
WAAAG-96773