FG des Saarlandes Urteil v. - 2 K 1198/15 EFG 2018 S. 1130 Nr. 13

Unentgeltliche Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft für einen täglich nach Hause fahrenden Zeitsoldaten der Bundeswehr in der Kaserne als steuerpflichtiger Arbeitslohn

keine Abziehbarkeit des versteuerten geldwerten Vorteils für die vom Arbeitgeber unentgeltlich bereitgestellte, aber vom Soldaten tatsächlich nicht für Übernachtungen genutzte Gemeinschaftsunterkunft als Werbungskosten

Leitsatz

1. Bei der unentgeltlichen Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft in einer Kaserne handelt es sich auch dann um einen geldwerten Vorteil für einen Zeitsoldaten, der zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Form von Sachlohn führt und der mit dem amtlichen Sachbezugswert zu bewerten ist, wenn der grundsätzlich zum Wohnen in der Kaserne verpflichtete Soldat entsprechend den Ausgangsregelungen der Bundeswehr (sog. „Ausgang bis zum Wecken”) die Unterkunft in der Kaserne nicht für Übernachtungen genutzt hat, sondern arbeitstäglich zu seinem privaten Wohnsitz zurückgefahren ist.

2. Hat der Soldat den Werbungskostenabzug für seine täglichen Fahrten von der Privatwohnung zur Kaserne geltend gemacht, darf er darüber hinaus weder den von ihm – für die nicht zu Übernachtungen genutzte Gemeinschaftsunterkunft – versteuerten Sachbezugswert noch die darauf entfallende Lohnsteuer noch den Anrechnungsbetrag gem. § 39 Abs. 2 S. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) als Werbungskosten bei seinen nichtselbstständigen Einkünften abziehen.

Gesetze: EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 8 Abs. 1; EStG § 8 Abs. 2 S. 6; EStG § 9 Abs. 1 S. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5; BBesG § 39 Abs. 2 S. 1 BBesG § 69 Abs. 3 SG § 18

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der versteuerte geldwerte Vorteil für eine vom Arbeitgeber bereitgestellte, aber tatsächlich nicht genutzte Gemeinschaftsunterkunft als allgemeine Werbungskosten abzugsfähig ist.

Der 1987 geborene Kläger war im Streitjahr 2009 Zeitsoldat bei der Bundeswehr am Standort X und erzielte als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG. Die Bundeswehr stellte dem Kläger – ihren eigenen Vorschriften folgend – unentgeltlich eine Gemeinschaftsunterkunft in der Kaserne zur Verfügung, da er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Grundsätzlich bestand für die betreffenden Soldaten die Verpflichtung, in der Gemeinschaftsunterkunft auch zu wohnen. Eine Pflicht zur Übernachtung bestand indessen nicht; die Ausgangsregelungen ließen eine tägliche Rückkehr an den Heimatwohnort zu (sog. „Ausgang bis zum Wecken”). Der Kläger nutzte die Unterkunft in der Stammkaserne nicht für Übernachtungen, sondern fuhr arbeitstäglich zu seinem Wohnsitz in Y zurück. Für die Gestellung der Unterkunft versteuerte die Bundeswehr ausweislich der auszugsweise vorliegenden Gehaltsbescheinigungen (Bl. 19 ff.) einen geldwerten Vorteil nach der Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (Sachbezugsverordnung) in Höhe von monatlich 51 EUR (d.h. 612 EUR für das Jahr 2009).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 1.796,70 EUR (113 Fahrten à 53 km mal 0,30 EUR) geltend. Daneben beantragte er die Anerkennung von Unterkunftskosten am Beschäftigungsort in Höhe des von der Bundeswehr versteuerten Sachbezugswerts von 612 EUR (12 mal 51 EUR). Im Bescheid über Einkommensteuer vom erkannte der Beklagte die Fahrtkosten an, versagte jedoch den Abzug der Unterkunftskosten von 612 EUR als Werbungskosten und setzte die Einkommensteuer auf 1.813 EUR fest (Bl. 9 ff.).

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück (Bl. 5 ff.), nachdem wegen hier nicht streitiger Punkte am ein geänderter Einkommensteuerbescheid ergangen war (Bl. 14 ff.).

Am hat der Kläger Klage erhoben (Bl. 1). Er beantragt sinngemäß (Bl. 4),

unter Änderung des Bescheids über Einkommensteuer für 2009 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 612 EUR festzusetzen.

Er trägt vor, die Bereitstellung der Gemeinschaftsunterkunft sei ausschließlich aus betrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Die Bundeswehr wolle damit sicherstellen, dass die Soldaten im Übungs- und Alarmfall kurzfristig zur Verfügung stünden. Ein privates Interesse habe er nicht gehabt. Er habe die Unterkunft lediglich für dienstliche Handlungen wie etwa die Aufbewahrung der dienstlichen Bekleidung und Ausrüstung genutzt. Hierfür und für das Umziehen hätte ein Spind genügt. Der versteuerte Betrag sei ihm aufgezwungen worden, ohne dass er sich diesem habe entziehen können bzw. ohne einen privaten Nutzen hiervon zu haben. Denn er habe die Gemeinschaftsunterkunft nicht freiwillig angemietet und er benötige diese an der regelmäßigen Arbeitsstätte (Stammeinheit) nicht. Der Anrechnungsbetrag zum Grundgehalt gem. § 39 Abs. 2 Satz 1 BBesG sei nicht Bestandteil des steuerpflichtigen Bruttogehalts. Für den Anrechnungsbetrag sei kein Werbungskostenabzug beantragt worden. Der Kürzungsbetrag stünde zwar in einem sachlichen Zusammenhang mit dem geldwerten Vorteil für die Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft. Er sei aber steuerlich getrennt hiervon zu beurteilen. Eine Saldierung mit dem Ergebnis, dass der Kläger nicht belastet sei, dürfe nicht erfolgen. Denn in Höhe der gezahlten Steuern auf den geldwerten Vorteil sei der Kläger belastet. Um die Steuerbeträge sei das Netto des Klägers gemindert. Hätte der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil nicht versteuert, wäre die ausgezahlte Nettobesoldung um die auf den geldwerten Vorteil gezahlten Steuern höher. Es müsse möglich sein, den Nachteil bei der Einkommensteuerfestsetzung wieder auszugleichen, entweder durch Minderung des Bruttoarbeitslohns oder durch Werbungskostenabzug. Auch bei anderen Sachbezügen bestehe die Möglichkeit, im Veranlagungsverfahren eine Korrektur des versteuerten Betrags vorzunehmen, etwa bei der Bereitstellung eines Firmenfahrzeugs. Durch die Führung eines Fahrtenbuchs könne in diesem Fall der geldwerte Vorteil korrigiert und auf die tatsächliche Nutzung reduziert werden. Die Durchführung arbeitstäglicher Fahrten zum Lebensmittelpunkt sei insoweit vergleichbar mit der Führung eines Fahrtenbuchs. Eine doppelte Haushaltsführung habe nicht vorgelegen. Darum gehe es auch vorliegend nicht. Es sei daher auch nicht entscheidungserheblich, ob der Kläger unter seiner Wohnanschrift einen eigenen Hausstand unterhalte oder nicht.

Der Beklagte beantragt (Bl. 35),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass selbst unter der Annahme einer Belastung des Klägers durch die vorgenommene Versteuerung des Sachbezugs nicht gleichzeitig der Abzug der durch die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angefallenen Aufwendungen und die Kosten für eine Zweitwohnung geltend gemacht werden könne. Ein Arbeitnehmer, der an einer dauerhaften Arbeitsstätte tätig sei, am Beschäftigungsort ein Zimmer anmiete und außerdem an seinem Lebensmittelpunkt einen eigenen Hausstand unterhalte, habe nur ein Wahlrecht zwischen den Aufwendungen für sämtliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder den notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung. Mache er – wie vorliegend der Kläger – die Aufwendungen für sämtliche Fahrten geltend, könne er mithin nicht zusätzlich die Aufwendungen für die Wohnung am Beschäftigungsort als Werbungskosten abziehen. Für Soldaten der Bundeswehr habe der BFH entschieden, dass dies auch dann gelte, wenn der Arbeitnehmer an bestimmten Tagen nur deshalb nicht zu seiner (Erst-)Wohnung zurückkehre, weil er sich in Rufbereitschaft zu halten oder mehrere Schichten abzuleisten habe.

Zwar könnten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung abziehbare Werbungskosten in Höhe der Zuwendungen des Arbeitgebers, durch die sich der Arbeitnehmer eigene Aufwendungen erspare und die bei diesem zu steuerpflichtigen Einnahmen führten, vorliegen. Dies gelte aber nur, wenn die Zahlungen durch den Arbeitnehmer zu abziehbaren Werbungskosten geführt hätten. So verhalte es sich vorliegend jedoch nicht. Denn der Kläger hätte auch bei Zahlung einer Miete für die Unterkunft nur das Wahlrecht zugestanden, entweder die Unterkunftskosten sowie wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend zu machen oder die arbeitstäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO, vgl. Bl. 71, 97).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die Verwaltungsakten des Beklagten (vgl. Bl. 49) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte den Werbungskostenabzug für den versteuerten Sachbezug in Höhe von 612 EUR versagt.

I. 1. Nach § 8 Abs. 1 EStG sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen. Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen, Tantiemen und anderen Bezügen auch andere Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist es gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht oder nicht (vgl. , BStBl II 1996, 545). Zu diesen Einnahmen zählen auch Sachbezüge, wie sie in § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG im Klammerzusatz als Regelbeispiel aufgeführt sind „Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge”). Zugeflossen ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Einnahme dann, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat (vgl. , BStBl II 2006, 832 m.w.N.). Maßgeblich für den Zufluss ist bei Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung die tatsächliche Möglichkeit der Nutzung (, BStBl II 2004, 1076; vom I R 32/92, BStBl II 1993, 399).

Demgemäß ist Arbeitslohn jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (, BFH/NV 2006, 425). Entscheidend für die Bejahung eines derartigen geldwerten Vorteiles durch den verbilligten oder unentgeltlichen Sachbezug ist, dass ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil im Sinne einer objektiven Bereicherung bejahen würde (vgl. , BFH/NV 2010, 1436 m.w.N.). Auch eine aufgezwungene Bereicherung kann Arbeitslohn sein, wenn es dem Arbeitnehmer freisteht, von dem aufgezwungenen Vorteil Gebrauch zu machen oder nicht (, BStBl II 1983, 39). Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht (, BStBl II 2010, 700).

2. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Aufwendungen sind Ausgaben, die in Geld oder Geldeswert bestehen und durch ihr Abfließen beim Steuerpflichtigen eine Vermögensminderung bewirken (Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 9 Rz. 12 m.w.N.). Der Werbungskostenabzug setzt eine Belastung mit Aufwendungen voraus (, BFH/NV 2011, 976; vom VI R 24/09, BStBl II 2011, 288 m.w.N.). Keine Aufwendungen und damit keine Werbungskosten liegen vor, wenn Einnahmen dadurch entgehen, dass auf sie verzichtet wird (, BStBl II 1981, 160).

Führen Zuwendungen des Arbeitgebers, durch die sich der Arbeitnehmer eigene Aufwendungen erspart, beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigen Einnahmen, können in Höhe der Zuwendungen abziehbare Werbungskosten vorliegen, wenn die Zahlungen durch den Arbeitnehmer zu abziehbaren Werbungskosten geführt hätten (, BFH/NV 2011, 976).

II. Nach dieser Maßgabe hat der Beklagte den Werbungskostenabzug zu Recht versagt.

1. Bei der Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft handelt es sich um einen geldwerten Vorteil, der zu Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Sachlohn führt und der zutreffend mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet wurde.

Es handelt sich bei der Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft um einen Vorteil mit Entlohnungscharakter und nicht lediglich um einen Vorteil, der sich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist. Gegen das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse der Bundeswehr an der Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft spricht bereits, dass es die Ausgangsregel „Ausgang bis zum Wecken” gab. Der Kläger konnte sich dem Vorteil „Unterkunftsgestellung” durch Inanspruchnahme dieser Ausgangsregel entziehen, ohne Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Die allgemeine Vorteilhaftigkeit der Unterkunftsgestellung für die Bundeswehr, die darin begründet ist, dass die Soldaten jederzeit in der Kaserne und damit einsatzbereit sind, reicht für die Annahme eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses nicht aus. Für das Vorliegen von Arbeitslohn spricht vielmehr entscheidend, dass der Kläger durch die Gestellung der Gemeinschaftsunterkunft eigene Aufwendungen für eine Unterkunft am Dienstort erspart hat. Die Gestellung der Unterkunft erfolgt nur deshalb, weil der Zeitsoldat der Bundeswehr seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Sie steht nur einem bestimmten Personenkreis zur Verfügung, nämlich den Soldaten, die aufgrund dienstlicher Anordnung verpflichtet sind, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Die Gestellung der Unterkunft ist damit unmittelbar Ausfluss des besonderen Dienstverhältnisses zwischen Bundeswehr und Soldat.

2. Dem Werbungskostenabzug steht vorliegend entgegen, dass der Kläger nicht mit Kosten belastet war. Denn die Gemeinschaftsunterkunft stand ihm unentgeltlich zur Verfügung (vgl. § 69 Abs. 3 BBesG). Die Sachbezüge sind von der Bundeswehr versteuert worden. Dies belegen die vom Kläger vorgelegten Gehaltsbescheinigungen (vgl. Bl. 19 ff.). Der darin aufgelistete Gehaltsbestandteil „Geldwerter Vorteil GU – Verpflichtung” in Höhe von 51 EUR hat die steuerpflichtigen Bruttobezüge des Klägers erhöht. Trotz Versteuerung hat der Kläger mehr erlangt, als er durch die Versteuerung „aufgewendet” hat. Die auf den Bruttobetrag entfallenden Lohnsteuerbeträge sind nicht als allgemeine Werbungskosten abzugsfähig.

Auch bei dem Anrechnungsbetrag gem. § 39 Abs. 2 Satz 1 BBesG handelt es sich nicht um Aufwendungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass im Ergebnis durch die Anrechnung des § 39 Abs. 2 Satz 1 BBesG keine Minderung des Arbeitslohns vorliegt, da der entfallende Barlohn durch eine Sachzuwendung ersetzt wurde. Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 39 Abs. 2 Satz 1 BBesG ist, dass der Dienstherr Bundeswehr dem Soldaten durch Unterbringung und Verpflegung in einer Gemeinschaftsunterkunft Lebenskosten in nicht unerheblichem Maß durch Erbringen von Sachleistungen abnimmt (Möller, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 66./67. Update 7/17, § 39 Grundlage des Familienzuschlages, Rn. 16). Die Verpflichtung zum Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft beruht auf § 18 SG i.V.m. VwV zu § 69 Abs. 3 BBesG. Wohnt ein Soldat – wie vorliegend – nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, kann ihm hieraus kein Besoldungsvorteil erwachsen. Vielmehr ist er so zu behandeln, als wenn er in der Gemeinschaftsunterkunft wohnte. Es kommt daher bei § 39 Abs. 2 Satz 1 BBesG nicht – wie der Wortlaut zunächst vermuten lässt – auf das tatsächliche Wohnen, sondern auf die Verpflichtung an (Möller, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 66./67. Update 7/17, § 39 Grundlage des Familienzuschlages, Rn. 18).

Der Kläger irrt, wenn er meint, bei anderen Sachbezügen wie etwa der Gestellung von betrieblichen Fahrzeugen für private Zwecke, werde der geldwerte Vorteil im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung „korrigiert”. Der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG zwei nebeneinander stehende Bewertungsregeln geschaffen. Der Nutzungsvorteil als solcher wird hiervon nicht berührt; der Steuerpflichtige kann lediglich wählen, wie dieser Nutzungsvorteil zu bewerten ist. Bei diesem Wahlrecht kann der Steuerpflichtige auch die Überlegung einbeziehen, welche Bewertungsmethode (Ein-Prozent-Regelung oder Fahrtenbuchregelung) für ihn günstiger ist. Für den Sachbezug „Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft” ist ein solches Bewertungswahlrecht nicht gegeben, sondern es sind nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG die amtlichen Sachbezugswerte maßgebend.

2. Im Übrigen wäre der Kläger, hätte er Unterkunftskosten getragen, nicht zum Werbungskostenabzug berechtigt gewesen. Denn auch für den Fall, dass er auf eigene Kosten eine Zweitwohnung angemietet hätte, hätte er diese Aufwendungen nur geltend machen können, wenn er unter Verzicht auf die Geltendmachung der Fahrtkosten für sämtliche Arbeitstage stattdessen Unterkunftskosten und wöchentliche Familienheimfahrten geltend gemacht hätte. Der Kläger hat sein Wahlrecht dahingehend ausgeübt, die Fahrtkosten für die arbeitstäglichen Fahrten geltend zu machen. Daher wären auch Aufwendungen für eine vom Kläger angemietete Wohnung nicht als Werbungskosten abziehbar gewesen und hätten somit nicht zu Werbungskosten geführt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung nach § 90 Abs. 2 FGO entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt hatten.

Der Senat lässt die Revision im Hinblick auf das (EFG 1992, 17) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob die Gestellung einer Gemeinschaftsunterkunft ein geldwerter Vorteil ist, der zu Arbeitslohn führt (§ 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 2. Alt. FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 1130 Nr. 13
NWB-Eilnachricht Nr. 33/2018 S. 2377
WAAAG-84694