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Online-Nachricht - Montag, 29.01.2018

Mindestlohn | Lohnuntergrenze wirkt trotz Umgehungen positiv gegen Armut (WSI)

Im Jahr 2016 bekamen rund 2,7 Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als den Mindestlohn, obwohl er ihnen zustand. Dies entspricht 9,8 Prozent der Anspruchsberechtigten. Trotz der Umgehungen sind deutliche Lohnsteigerungen messbar. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis des Sozioökonomischen Panels (SOEP).

Hierzu wird u.a. weiter ausgeführt:

  • In Betrieben mit Betriebsrat und Tarifvertrag wird das Mindestlohngesetz weitaus konsequenter eingehalten als in Firmen, in denen beides fehlt. Umgehungen des Mindestlohns kommen in mitbestimmten und tarifgebundenen Betrieben etwa fünf Mal seltener vor.

  • Gesamtwirtschaftlich sind Verstöße gegen den Mindestlohn aber weiterhin ein Problem: 2016 bekamen rund 2,7 Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als den Mindestlohn, obwohl er ihnen zustand. Damit erhielten 9,8 Prozent aller Arbeitnehmer, die Anspruch auf den Mindestlohn hatten, weniger als die damals vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde. Legale Ausnahmen vom Mindestlohn sind dabei bereits herausgerechnet.

  • Nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist die Armut unter Beschäftigten im Niedriglohnbereich (unter 10 Euro Stundenlohn) zurückgegangen, zeigen die Berechnungen des WSI-Arbeitsmarktexperten Dr. Toralf Pusch: 2014 hatten noch 20 Prozent von ihnen ein so geringes Einkommen, dass ein - realisierter oder nicht realisierter - Anspruch auf aufstockende Hartz-IV-Leistungen bestand.

  • Bis 2016 sank die Aufstocker-Quote auf 17 Prozent, weil extrem niedrige Stundenlöhne erhöht wurden. Die Erwerbsarmut könnte aber noch deutlich stärker reduziert werden, wenn sich alle Arbeitgeber auch an das Mindestlohngesetz halten würden, betont der Forscher.

  • Die SOEP-Auswertung zeigt auch, welche Unternehmens-internen Faktoren verhindern können, dass Beschäftigte um den Mindestlohn geprellt werden. So können sich Betriebsräte und Tarifbindung positiv auswirken, macht die Analyse deutlich. In Betrieben mit Arbeitnehmervertretung und Tarifvertrag lag die Quote der Mindestlohn-Umgehungen 2016 bei nur 3,2 Prozent. Fehlte beides, erhielten hingegen 18,6 Prozent der Beschäftigten nicht den Mindestlohn, also mehr als fünfmal so viele. Eine Stärkung von Mitbestimmung und Tarifbindung kann zu faireren Arbeitsbedingungen beitragen, betont Pusch.

Hinweis:

Der Volltext der Meldung sowie weitere Informationen zum Thema sind auf der Homepage der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht.

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
WAAAG-71244