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Online-Nachricht - Donnerstag, 24.07.2014

Zivilrecht | Verweigerung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis (BGH)

Ist ernstlich zweifelhaft, ob eine Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, kann der Leistungsempfänger die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer (§ 14 UStG) nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat ().

Hintergrund: Ein Unternehmer, der einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, ist grundsätzlich verpflichtet, eine entsprechende Rechnung auszustellen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG). Eine solche Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG), wenn der Umsatz steuerfrei ist (§ 4 Nr. 8 bis 28 UStG).
Sachverhalt: Die auf Zahlung klagende Handelsmaklerin vermittelt Versicherungen und schloss mit dem Beklagten einen Handelsvertretervertrag. In einer Zusatzvereinbarung verpflichtete sie sich, dem Beklagten Adressenmaterial (sog. Leads) gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen, wobei dieser für einen Lead zu einer privaten Krankenvollversicherung 160 € zu zahlen hatte. Nachdem sie dem Beklagten für acht Leads einen Betrag von 1.280 € ohne Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, verweigerte dieser die Zahlung mit der Begründung, er dürfe die Zahlung bis zur Erteilung einer Rechnung gemäß § 14 UStG zurückhalten (Zurückbehaltungsrecht, § 273 Abs. 1 BGB). Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Zurückbehaltungsrecht weiter.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Die Revision hat keinen Erfolg, der Anspruch auf Zahlung ist begründet.

  • Zwar kann der Leistungsempfänger das von ihm geschuldete Entgelt nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Leistende ihm die Rechnung erteilt (­ NWB JAAAE-09392).

  • Bei einer - wie hier - ernstlich zweifelhaften Steuerrechtslage ist es dem Leistenden jedoch nicht zuzumuten, eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis auszustellen, die unter Umständen nach der Beurteilung der Finanzbehörde zu Unrecht einen Steuerausweis enthält.

  • Der Leistende wäre sonst dem Risiko ausgesetzt, dass allein durch einen solchen Steuerausweis eine - ansonsten nicht bestehende - Steuerschuld ausgelöst wird (§ 14c UStG).

  • Die für den Leistenden grundsätzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten (§ 14c UStG) kompensieren die mit diesem Risiko verbundene Belastung nicht hinreichend.

  • Deshalb kann der Leistungsempfänger in solchen Fällen die Erteilung einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer nur verlangen, wenn die zuständige Finanzbehörde den Vorgang bestandskräftig der Umsatzsteuer unterworfen hat ( NWB YAAAA-97505).

  • Einer solchen bestandskräftigen Unterwerfung kommt es im Ergebnis gleich, wenn einer Klage des Leistungsempfängers gegen das für die Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem Leistenden zuständige Finanzamt auf Feststellung, dass der betreffende Umsatz steuerbar und steuerpflichtig ist, durch rechtskräftige Entscheidung stattgegeben wird (NWB PAAAA-96001; BFHE 183, 288, 294).

Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
Hinweis: Die Aufnahme des Urteil-Volltextes in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
VAAAF-11698