Steuerstrafrecht und strafbefreiende Selbstanzeige
- Steuerhinterziehung | Steuerstrafverfahren können durch gemeinnützige Arbeit eingestellt
werden (FinMin)
Steuerstrafverfahren können künftig bei geringer Schuld von den Straf- und Bußgeldstellen der Finanzämter auch eingestellt werden, wenn stattdessen gemeinnützige Arbeit geleistet wird. Bislang war das nur gegen Zahlung einer Geldauflage möglich.
Nachricht v. 01.03.2022
v. Wedelstädt, Steuerhinterziehung, infoCenter;
v. Wedelstädt, Selbstanzeige, infoCenter;
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Bilsdorfer/Kaufmann, Die Folgen einer Selbstanzeige (§ 398a AO) bei einer Steuerhinterziehung im großen Ausmaß, DStR 2022 S. 348;
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Hornig, § 153 AO: Berichtigung unverzüglich? – Eine Übersicht, PStR 2020, 18 f.;
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Roth, Elektronische Daten im Finanzamt: § 150 Abs. 7 Satz 2 AO n.F. als Totengräber der Steuerhinterziehung?, wistra 2018 S. 152;
Wulf, Die neue Rechtsprechung des BGH zum »großen Ausmaß« im Steuerstrafrecht, wistra 2018 S. 57;
Fischer, StGB, 71. Aufl., München 2024;
Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., Köln 2016;
Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2017;
Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., Heidelberg 2020;
Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl., München 2023;
Klein, Kommentar zur AO, 17. Aufl., München 2023;
Rolletschke, Steuerstrafrecht, 5. Aufl., München 2021;
Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., Stuttgart 2015.
A. Problemanalyse
I. Strafbare Steuerhinterziehung
1Das Steuerstrafrecht und damit auch die Steuerhinterziehung stellt entgegen des ersten Eindrucks kein „Sonderstrafrecht“ dar, das losgelöst „nur für sich“ zu betrachten wäre. Das Steuerstrafrecht weist zwar in rechtlicher wie auch praktischer Hinsicht zahlreiche Eigenheiten auf, z. B. gesetzliche Besonderheiten u. a. im Hinblick auf Selbstanzeige und Verjährungsfristen, eine durch das Steuerrecht geprägte Anwendung der Strafnormen, die Beteiligung der Finanzbehörde am Strafverfahren und die (federführende) Beteiligung des BMF bei der Gesetzgebung. Trotzdem wird durch § 369 Abs. 2 AO klargestellt, dass das Steuerstrafrecht in das „normale“ Strafrecht eingebettet ist und die allgemeinen Gesetze des Strafrechts prinzipiell auch im Steuerstrafrecht maßgeblich sind. Da es sich insoweit um eine dynamische Verweisung handelt, gilt folglich auch im Steuerstrafrecht die jeweils aktuelle Fassung der allgemeinen Gesetze des Strafrechts.
2 Der Tatbestand der Steuerhinterziehung schützt das öffentliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen aus jeder einzelnen Steuerart. Folglich handelt es sich bei der Steuerhinterziehung um ein Delikt gegen das Vermögen des Staates und damit der Allgemeinheit. Durch das in der Verletzung der Wahrheitspflicht (siehe Rn. 32) liegende „betrügerische“ Verhalten (zur Tathandlung siehe Rn. 33 ff.) ist die Steuerhinterziehung eine spezielle Form des Betrugs gem. § 263 StGB in Bezug auf steuerliche Ansprüche, ein sog. „Steuerbetrug“.
3 Der Straftatbestand des § 370 AO ist nur erfüllt, wenn der in der Verkürzung von Steuern oder Erlangung von steuerlichen Vorteilen liegende Taterfolg (vgl. Rn. 54 ff.) eingetreten ist. Die Steuerhinterziehung ist unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich ein Erfolgsdelikt. [1] Aus der Qualifizierung als Erfolgsdelikt kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass es sich bei der Steuerhinterziehung in jedem Fall um ein Verletzungsdelikt handelt. Der tatbestandliche Erfolg der „Steuerverkürzung“ kann u. a. auch darin liegen, dass die Steuerfestsetzung verspätet erfolgt. Dadurch wird deutlich, dass die Steuerhinterziehung nicht die wirkliche Verletzung des Steuerfiskus durch den endgültigen Untergang des staatlichen Steueranspruchs zwingend voraussetzt (§ 370 Abs. 4 AO). Folglich handelt es sich bei der Steuerhinterziehung um ein Gefährdungsdelikt. [2] Der tatbestandsmäßige Erfolg des § 370 AO ist somit nicht der (endgültige) Untergang des staatlichen Steueranspruchs, sondern eine nicht ordnungsgemäße Festsetzung. Der Steueranspruch bleibt hingegen bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung [3] bestehen, wobei die konkrete Gefährdung des Steueranspruchs keine Tatbestandsvoraussetzung ist.
4 Der Tatbestand des § 370 AO ist gegliedert in den Grundtatbestand in Absatz 1, die Versuchsstrafbarkeit in Absatz 2, im Hinblick auf die Strafzumessung relevante besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung in Absatz 3 sowie weitere Ergänzungen in den Absätzen 4 bis 7.
5§ 370 AO erfasst ausschließlich die Hinterziehung von Steuern i. S. von § 3 Abs. 1 bis 3 AO und die Erschleichung von Steuervorteilen (Erlass, Stundung usw.), so dass Manipulationen von steuerlichen Nebenleistungen i. S. des § 3 Abs. 4 AO nicht den Tatbestand erfüllen. Insoweit handelt es sich auch nicht um einen strafbaren Betrug (§ 263 StGB). Das Erschleichen von Subventionen, Investitionszulagen oder auch der Corona-Hilfen erfüllt den eigenständigen Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB).
6§ 370 AO ist darüber hinaus – wie sich aus § 1 Abs. 1 AO i. V. mit § 3 AO ergibt – nur anwendbar auf Steuern, die durch Bundes- oder EU-Recht geregelt sind und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Daraus ergibt sich, dass § 370 AO nicht unmittelbar auf Kirchensteuer, Landes- und Gemeindesteuern anwendbar ist. Deshalb verweisen die Landesgesetze zum Schutz der Landes- und Gemeindesteuern in der Regel auf die §§ 369 ff. AO. Im Hinblick auf die Kirchensteuer wurde hingegen in allen Bundesländern auf entsprechende Verweise verzichtet.
§ 370 Abs. 6 AO erweitert darüber hinaus den Anwendungsbereich des § 370 AO auf bestimmte ausländische Steuern, die sonst aufgrund der Formulierung des § 1 Abs. 1 AO nicht von § 370 AO erfasst würden.
Ferner wird durch § 370 Abs. 7 AO die Strafbarkeit nach § 370 AO unabhängig vom Recht des Tatorts auf Straftaten erweitert, die außerhalb des Geltungsbereichs der AO begangen wurden. Insoweit ist es unerheblich, wo der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat und wo der Erfolg eingetreten ist.
7Strukturell ist bei § 370 Abs. 1 AO wie bei anderen Straftatbeständen zu unterscheiden zwischen
Tatbestand = Der Tatbestand ist die gesetzliche Zusammenfassung der Merkmale, die die Voraussetzungen der Strafbarkeit umschreiben. Der Tatbestand wird wiederum gegliedert in den objektiven Tatbestand (= äußere Tatbestandmerkmale, die das äußere Bild der Tat bestimmen; insbesondere Handlung, Erfolg und Kausalität) und den subjektiven Tatbestand (= innere Tatbestandsmerkmale, die der Vorstellungswelt des Täters angehören; insbesondere der Vorsatz).
Rechtswidrigkeit = Der Verwirklichung des Tatbestands ist rechtswidrig, wenn sie der Rechtsordnung widerspricht; Rechtfertigungsgründe können dies ausschließen und das Unrecht der Tat beseitigen.
Schuld: Bei der Schuld handelt es sich um die persönliche Vorwerfbarkeit der Tat.
Die Struktur des § 370 Abs. 1 AO ergibt sich im Einzelnen aus der Arbeitshilfe in Rz. 240 ff.
8-14 Einstweilen frei
II. Strafbefreiende Selbstanzeige
15 Einer der größten Unterschiede zwischen dem allgemeinen Strafrecht und dem Steuerstrafrecht liegt in § 371 AO. Im Gegensatz zum allgemeinen Strafrecht, in dem mit der Vollendung der Tat die Strafe verwirkt ist und eine Strafbefreiung nur in Ausnahmefällen vorgesehen ist, gibt das Steuerstrafrecht dem Täter die Möglichkeit, auch nach Vollendung bzw. Beendigung der Tat Straffreiheit zu erlangen. Er kann sich Straffreiheit „erkaufen“, indem er unrichtige Angaben berichtigt oder vollständige Angaben nachholt und den verursachten Schaden wieder gut macht. Dadurch werden dem Fiskus bisher unbekannte Steuerquellen erschlossen, was den Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch begründet. [4] Darüber hinaus soll die vollständige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit honoriert werden. [5]
16 Die Erstattung einer Selbstanzeige erfordert jedoch keine Freiwilligkeit. [6] Sie kann somit auch aufgrund von Zwangslagen oder der Gefahr der Entdeckung erfolgen. Aus diesem Grunde ist die Regelung des § 371 AO auch moralisch umstritten, was im Rahmen der politischen Diskussion in den Jahren 2011 und 2014 zu der Forderung führte, die Selbstanzeige völlig abzuschaffen.
17 Es handelt sich bei § 371 AO um eine Ausnahmevorschrift, die dementsprechend nicht weit, sondern restriktiv auszulegen ist. [7] Für die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO folgt daraus im Umkehrschluss, dass diese wiederum nicht eng, sondern weit auszulegen sind.
18 Ausgehend vom [8], in dem er überraschend die Möglichkeit der Teilselbstanzeige abschaffte, verschärfte der Gesetzgeber die Anforderungen an eine gültige Selbstanzeige mit der am verkündeten Fassung des § 371 AO. Aufgrund einiger durch die neue Fassung des § 371 AO entstandener Probleme und des politischen Willens, die Abgabe einer Selbstanzeige weiter zu erschweren, kam es bereits zum zu einer erneuten Neuregelung. Auch mit dieser Neuregelung sind allerdings noch zahlreiche Probleme und offene Fragen verbunden.
19 Strafbefreiender Rücktritt
Neben der Möglichkeit, eine Selbstanzeige gem. § 371 AO abzugeben, besteht auch die Möglichkeit des strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB, der allerdings nur im Versuchsstadium möglich ist. [9] Der Rücktritt erfordert objektiv keine Selbstanzeige, subjektiv ist die Straffreiheit jedoch an die einschränkende Voraussetzung der Freiwilligkeit gebunden. Der Täter muss gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB freiwillig die Ausführung der Tat aufgeben oder deren Vollendung verhindern. Im Falle der Verletzung von Steuererklärungspflichten durch die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung führt das bloße Nicht-weiter-Handeln nicht zur Verhinderung der Tatvollendung, so dass Straffreiheit nur gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative StGB durch aktive Berichtigung (= Verhinderung der Vollendung) erlangt werden kann. In Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 371 AO nicht erfüllt sind, weil dem Täter z. B. die Verfahrenseinleitung bekannt gegeben wurde (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO) oder eine Tatentdeckung i. S. des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegt, wird der Rücktritt in der Regel nicht freiwillig sein. [10]
20-30 Einstweilen frei
B. Problemlösungen
I. Steuerhinterziehung
1. Objektiver Tatbestand der Steuerhinterziehung
31 Entsprechend dem Prüfungsschema (vgl. Rn. 241) ist im objektiven Tatbestand zu unterscheiden zwischen der Tathandlung (vgl. Rn. 32 ff.), dem Taterfolg (vgl. Rn. 54 ff.) und der Kausalität zwischen Tathandlung und Taterfolg (vgl. Rn. 82 ff.).
a) Tathandlung
aa) Allgemein
32 Die zu ahndende Tathandlung ist die Verletzung der Wahrheitspflicht bei der Mitwirkung im Besteuerungsverfahren und die Verletzung der Mitwirkungspflicht selbst. Allein aus § 370 AO ergibt sich jedoch nicht, ob ein bestimmtes Verhalten eine strafbare Steuerhinterziehung darstellt oder nicht. Dies liegt daran, dass die §§ 369 ff. AO zwar zahlreiche strafrechtliche Regelungen enthalten, es sich aber insoweit lediglich um „unvollständiges“ Strafrecht handelt. Es ist erst durch die Einbeziehung der allgemeinen Regeln des Strafrechts (vgl. § 369 Abs. 2 AO) und des besonderen Steuerrechts festzustellen, ob jemand eine Steuerstraftat begangen hat.
33 Im Hinblick auf die Tathandlung ist zu unterscheiden zwischen
der Steuerhinterziehung durch aktives Tun, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO und
der Steuerhinterziehung durch Unterlassen, § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Dem von § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO erfassten pflichtwidrigen Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern kommt nur eine ausgesprochen geringe praktische Bedeutung zu. [11] Es handelt sich dabei um eine Sonderform der Erhebung von Steuern, wobei der Steuerpflichtige von der Finanzbehörde z. B. sog. Steuerzeichen in Form von Steuerbanderolen erwirbt und den darauf angegebenen Steuerbetrag bezahlt. Da der derzeit einzige Fall der Entrichtung durch Steuerzeichen § 17 TabStG ist [12], wird die Verwendung von Steuerzeichen und Steuerstemplern im Folgenden nicht weiter behandelt werden.
34 Es ist allerdings zu beachten, dass die Steuerhinterziehung nach der Beschreibung der Tathandlungen des § 370 Abs. 1 AO ein Erklärungsdelikt ist [13]. Die einfache Verletzung der steuerlichen Zahlungspflicht durch Nichtzahlung der Steuer erfüllt nicht den Straftatbestand der Steuerhinterziehung [14], kann aber u. U. nach § 380 AO und §§ 26a Abs. 1, 26c UStG geahndet werden.
bb) Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO)
35 Nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO macht sich strafbar, wer den Finanzbehörden (insbesondere den Finanzämtern, Hauptzollämtern oder Zollfahndungsämtern, vgl. § 6 Abs. 2 AO) oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht.
Als andere Behörden in diesem Sinne kommen z. B. die Kulturbehörde i. S. des § 4 Nr. 20a UStG, die zur Feststellung der Körperbehinderung zuständige Behörde (vgl. § 65 EStDV), die für die Bescheinigung nach § 6b Abs. 9 EStG über die städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen zuständige Behörde sowie – im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB – auch (Finanz)Gerichte in Frage.
36 Angaben
Der Täter muss Angaben machen. Darunter sind alle Handlungen zu verstehen, die auf die Psyche eines anderen derart einwirken bzw. einwirken können, dass in diesem eine unwahre Vorstellung von Tatsachen entsteht bzw. entstehen könnte. [15]
Angaben macht, wer eine Tatsache gegenüber den Behörden bekundet, also die Erklärung für sich selbst oder für einen anderen abgibt. [16] Hierbei ist es unerheblich, ob der Erklärende die Angaben aufgrund einer steuerrechtlichen Verpflichtung, im Rahmen eines Antrags oder aber freiwillig ohne besonderen steuerlichen Grund macht. Die Form der Erklärung ist unerheblich. Folglich liegt eine Steuerhinterziehung z. B. auch vor, wenn ein Sachbearbeiter im Finanzamt erfundene Daten unmittelbar in die Datenverarbeitung eingibt und nicht erst eine (fiktive) Steuererklärung erstellt. [17] Der Tatbestand erfasst neben wörtlichen Erklärungen auch Erklärungen durch schlüssiges Verhalten, denen nach dem objektiven Empfängerhorizont ein bestimmter Erklärungsgehalt zukommt. [18]
37 Tatsachen
Bei den Angaben muss es sich um solche über Tatsachen handeln. Tatsachen sind dem Beweis zugängliche (innere und äußere) Umstände oder Verhältnisse. [19] Dementsprechend ist die Äußerung von Rechtsauffassungen vom Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO nicht erfasst, da es sich insoweit um Wertungen handelt. Falsche oder unvollständige Rechtsausführungen stellen somit keine Steuerhinterziehung dar. In Steuererklärungen werden jedoch in der Regel auf der Basis einer Rechtsauffassung verdichtete Tatsachen dargelegt und nicht nur abstrakte Rechtsauffassungen, so dass aus einer unzutreffenden Rechtsansicht durchaus eine Täuschung über Tatsachen i. S. des § 370 AO folgen kann.
Der Steuerpflichtige geht davon aus, dass ein bestimmter Teil seiner Umsätze nicht steuerpflichtig ist. Aufgrund dieser Ansicht macht er in der USt-Voranmeldung nur Angaben zu den nach seiner Ansicht steuerpflichtigen Umsätzen. Folglich handelt es sich in diesem Fall nicht um eine abstrakte Rechtsauffassung, sondern um auf der Basis einer Rechtsauffassung verdichtete Tatsachen, denn die verdichtet gelieferten Zahlen enthalten die schlüssige Erklärung, dies seien alle steuerpflichtigen Umsätze. Der Steuerpflichtige macht somit unzutreffende Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen.
38 Richtigkeit
Ob die Erklärung vollständig und richtig ist, beurteilt sich nach der Rechtsprechung sowie der in Richtlinien und Erlassen bekannt gegebenen Verwaltungsauffassung. [20] Hat der Steuerpflichtige eine abweichende Auffassung, so ist er nicht zur Offenbarung dieser Rechtsauffassung verpflichtet, wohl aber zur vollständigen und richtigen Darstellung des insoweit relevanten Sachverhalts. [21] Der Steuerpflichtige ist somit nicht gehindert, jede Rechtsauffassung zu vertreten, selbst wenn er weiß, dass die Finanzverwaltung oder die Finanzgerichtsbarkeit dieser Auffassung nicht folgen wird oder sie bei objektiver Betrachtung völlig absurd sein sollte; er muss der Finanzverwaltung nur durch entsprechende Hinweise in der Erklärung Gelegenheit geben, sich hiermit auseinanderzusetzen. Eine Offenbarungspflicht wird nach der Rechtsprechung ferner für solche Sachverhalte angenommen, deren steuerrechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist, sowie wenn die vom Steuerpflichtigen vertretene Auffassung über die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, den Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Verwaltungspraxis abweicht. [22]
Gibt der Steuerpflichtige im vorherigen Beispiel den fraglichen Umsatz ohne weitere Angaben als „steuerfreien Umsatz“ an oder macht er dazu keine Angaben, so macht er sich einer Steuerhinterziehung schuldig, da er die steuerlich relevanten Tatsachen unvollständig erklärt. Will er sich hingegen gesetzeskonform verhalten, so muss er entweder den fraglichen Umsatz in der Voranmeldung als steuerpflichtigen Umsatz angeben und gegen diese (eigene) Steueranmeldung Einspruch einlegen oder den Umsatz in der Rubrik „steuerfreie Umsätze“ angeben und der Finanzverwaltung durch die Einreichung weiterer Unterlagen die von der Ansicht der Verwaltung abweichende Einordnung erkennbar machen.
39Unrichtige Angaben liegen vor, wenn die Tatsachen nicht wahrheitsgemäß erklärt werden. [23]
Scheingeschäfte, um Besteuerungsgrundlagen vorzutäuschen [24],
Angaben, durch die die Existenz eines Unternehmens mit angeblichen Geschäftsvorfällen vollständig vorgetäuscht wird, und dann ohne Bezug zu realen Vorgängen fingierte Steuererklärungen abgegeben werden, um Steuererstattungen zu erlangen. [25]
Unrichtig sind auch unvollständige Angaben, wenn also zu erklärende steuerlich erhebliche Tatsachen ganz oder teilweise nicht benannt werden.
Nichtangabe der abweichenden Adresse eines getrennt lebenden Ehepartners, um die Zusammenveranlagung zur EStG nach § 26 EStG zu erreichen [26],
Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen, der mit der Verringerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit begründet wird, jedoch die gleichzeitige Erhöhung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit unerwähnt lässt. [27]
Da die Verpflichtung zur Abgabe einer vollständigen Steuererklärung besteht (§ 90 Abs. 1 Satz 2 AO) und dies auf der Erklärung auch zu versichern ist (vgl. § 150 Abs. 2 AO), ist jede unvollständige Steuererklärung auch zugleich unrichtig. Der Variante der unvollständigen Angaben kommt dementsprechend vor allem klarstellende Funktion zu.
Für die Abgrenzung zwischen einer unvollständigen Erklärung und der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (vgl. Rn. 42 ff.) ist darauf abzustellen, ob überhaupt eine Erklärung vorlag und diese für den Erfolg kausal wurde. Ist dies der Fall, so ist der Handlungstatbestand anzuwenden, so dass der Unterlassenstatbestand in der Regel auf die Fälle zu beschränken ist, in denen der Erklärungspflichtige keinerlei Angaben macht.
40 Steuerlich erheblich
Steuerlich erhebliche Tatsachen in diesem Sinne sind sinnlich wahrnehmbare Vorgänge, die Tatbestand einer für die Besteuerung maßgeblichen Norm sind und die die Entstehung, Höhe, Fälligkeit oder Durchsetzung der Steuer beeinflussen. [28] Folglich sind neben den in einer Steuererklärung für die Höhe der Steuerfestsetzung relevanten Angaben auch Angaben erfasst, die für eine Stundung oder für das Absehen von einer aussichtsreichen Vollstreckung [29] erheblich sind.
Steuerlich relevante falsche Angabe des inländischen Wohnsitzes [30],
die Wertangabe einer Ware bei der Zollwertanmeldung [31] und
die Unternehmereigenschaft i. S. von § 2 Abs. 1 UStG bei der Geltendmachung der Vorsteuer [32];
innere Tatsachen wie z. B. das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht oder die Absicht, ein begünstigtes Wirtschaftsgut zu beschaffen [33]
nicht hingegen bei falschen Angaben bzgl. der in den Steuererklärungen geforderten Angaben für statistische Zwecke [34] und Nichtangabe von nicht steuerpflichtigen Einkünften. [35]
Auch falsche Angaben zur Erlangung einer Steuernummer sind nicht vom Tatbestand erfasst, da diese Tatsachen nicht steuerlich erheblich sind. [36]
41 Ob dem zuständigen Bearbeiter im Finanzamt die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung bekannt ist, ist nach dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, der im Gegensatz zu § 371 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht auf die Unkenntnis Bezug nimmt, ohne Bedeutung. [37] In der Literatur wird hingegen teilweise angenommen, dass auch im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO die Unkenntnis erforderlich sei, was sich zwar einerseits nicht aus dem Wortlaut ergibt, andererseits jedoch Wertungswidersprüche zu § 371 Abs. 1 Nr. 2 AO verhindert. [38]
cc) Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
42 Lässt der Täter die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis und verkürzt dadurch Steuern oder erlangt für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile, so wird die Verletzung der Wahrheitspflicht durch Unterlassen der gesetzlich geforderten Offenbarung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO geahndet.
43Durch das pflichtwidrige Unterlassen muss die Finanzbehörde nach dem eindeutigen Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Unkenntnis gelassen werden. Dies ist unproblematisch gegeben, wenn der Erklärungspflichtige keinerlei Tatsachen mitteilt und die Finanzbehörde auch aus anderen Quellen keine diesbezüglichen Kenntnisse hat. Fraglich ist jedoch, welche Auswirkung es hat, wenn der Finanzbehörde die pflichtwidrig nicht mitgeteilten Tatsachen aus einer anderen Quelle bekannt sind.
Insoweit wird die Finanzbehörde schon begrifflich nicht in Unkenntnis gelassen, wenn sie bereits über alle wesentlichen für eine nicht zu geringe Steuerfestsetzung maßgeblichen Umstände informiert ist und somit gar nicht in Unkenntnis ist.
Mithin kann – im Gegensatz zur Tatbegehung durch aktives Tun gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO – die Kenntnis des zuständigen Bearbeiters im Finanzamt von der pflichtwidrig nicht mitgeteilten Tatsache im Rahmen der Tatbegehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) von Bedeutung sein und zum Ausschluss der Tatbestandsverwirklichung führen. [39] Dies gewinnt Bedeutung z. B. im Hinblick auf die im Rahmen der elektronischen Lohnsteuerkarte oder der behördeninternen Mitteilungen von (einheitlichen und) gesonderten Feststellungen übermittelten Informationen, so dass § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor allem im Bereich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung anwendbar ist.
44Pflichtwidrig
Der Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen muss „pflichtwidrig“ handeln, so dass nur derjenige diesen Tatbestand erfüllen kann, den konkrete steuerliche Handlungspflichten treffen. Als Tathandlungen sind somit insbesondere zu nennen:
Nichterfüllung einer Aufforderung nach §§ 93 ff. AO, sofern kein Mitwirkungsverweigerungsrecht nach §§ 101 ff. AO besteht,
Nichterfüllung von Erfassungspflichten,
Nichtabgabe von Steuervoranmeldungen,
Nichtabgabe von Steueranmeldungen oder -erklärungen und
Unterlassen von Berichtigungen nach § 153 AO.
Hingegen ergibt sich aus den in § 90 AO geregelten Mitwirkungspflichten keine konkrete, strafrechtlich relevante Pflichtenstellung der Beteiligten.
Praktische Relevanz kommt vor allem folgenden Fällen der Steuerhinterziehung durch Unterlassen zu.
45 Nichtabgabe von Steuererklärungen oder -anmeldungen
Besteht für einen Steuerpflichtigen nach § 149 Satz 1 AO i. V. mit einer Vorschrift eines Einzelsteuergesetzes [40] oder nach § 149 Satz 2 AO aufgrund einer Aufforderung der Finanzbehörde zur Abgabe einer Steuererklärung die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung, so lässt er, wenn er die Erklärung nicht abgibt, die Finanzbehörde pflichtwidrig in Unkenntnis über die Tatsachen, die in der Steuererklärung anzugeben wären. Der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist durch das Unterlassen der Erklärungsabgabe erfüllt. [41] Das gilt auch für die Nichtabgabe von Steueranmeldungen wie z. B. LSt-Anmeldungen, USt-Voranmeldungen und USt-Jahreserklärungen.
46 Im Falle der Nichtabgabe ist die Finanzbehörde befugt, die Steuerfestsetzung im Weg der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 Abs. 1 AO vorzunehmen. [42] Diese geschätzte Steuerfestsetzung lässt nach § 149 Abs. 1 Satz 4 AO die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung unberührt, sodass das Unterlassen der Abgabe weiterhin pflichtwidrig bleibt. [43] Dies ändert sich gem. § 393 Abs. 1 AO grundsätzlich auch nicht durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens.
47 Dieser Fortbestand der steuerlichen Erklärungspflicht gilt strafrechtlich allerdings dann nicht, wenn der Beschuldigte durch die nachträgliche Erfüllung der steuerlichen Pflicht seine vorausgegangene Steuerhinterziehung vollständig oder teilweise offenbaren müsste. [44] Ist also gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren wegen des Verdachts der USt-Hinterziehung durch Abgabe unrichtiger USt-Voranmeldungen eingeleitet worden, so ist die Nichtabgabe der USt-Jahreserklärung für den Zeitraum, in den die betreffenden USt-Voranmeldungen gehören, strafrechtlich nicht pflichtwidrig. [45] Ist gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren wegen des Verdachts der ESt-Hinterziehung durch Nichtabgabe der ESt-Erklärung eingeleitet, so ist die weitere Nichtabgabe für den durch die Einleitung betroffenen Besteuerungszeitraum strafrechtlich nicht pflichtwidrig. [46] Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens rechtfertigt jedoch für die Folgejahre nicht die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen. [47]
48 Verspätete Abgabe von Steuererklärungen
Im Falle einer verspäteten Abgabe einer Steuererklärung oder -anmeldung wird die Finanzbehörde für die Zeit der Verspätung in Unkenntnis der jeweiligen Tatsachen gelassen. Da sie die Tatsachen der Besteuerung nicht zugrunde legen kann, kann es zu einer Verkürzung in Form der nicht rechtzeitigen Festsetzung (vgl. 56 ff.) kommen. [48]
49 Eine Verspätung in diesem Sinne liegt vor, wenn die Abgabe der Steuererklärung nicht innerhalb der gesetzlichen [49] oder der von der Finanzbehörde eingeräumten (§ 149 Abs. 1 Satz 2 AO) Frist erfolgt. Insoweit ist neben einer u. U. gegebenen Fristverlängerung im Einzelfall gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 AO auch die Verlängerung der Erklärungsfrist auf den 31.12. des Folgejahres durch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder für den Fall zu berücksichtigen, dass die Steuererklärung durch einen Angehörigen der steuerberatenen Berufe angefertigt wird. Für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 wurden darüber hinaus im Hinblick auf die Corona-Pandemie die Abgabefristen sowohl für beratene als auch für nicht beratene Steuerpflichtige verlängert.
Ablauffristen für die Steuererklärungsabgabe für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2025 unter Berücksichtigung von § 108 Abs. 3 AO und den im Hinblick auf die Corona-Pandemie vorgenommenen Verlängerungen der Abgabefristen
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Besteuerungszeitraum
| Nicht beratene Steuerpflichtige (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO) | Nicht beratene Land-/Forstwirte (§ 149 Abs. 2 Satz 2 AO) | Beratene Steuerpflichtige (§ 149 Abs. 3 AO)
| Beratene Land-/Forstwirte (§ 149 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AO)
|
---|---|---|---|---|
2020
| ||||
2021 | ||||
2022
| ||||
2023 | ||||
2024 | ||||
2025 |
Wird die Steuererklärungsfrist jedoch rückwirkend erst nach Ablauf der ursprünglichen Abgabefrist erteilt, so ergeben sich lediglich steuerliche, aber keine strafrechtlichen Folgen. Die Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO fällt nicht nachträglich wieder weg [50].
50 Unterlassen der Berichtigung von Steuererklärungen
Strafrechtlich kommt neben der Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung oder -erklärung die größte Bedeutung der Berichtigungspflicht aus § 153 AO zu. Danach ist der Steuerpflichtige verpflichtet, seine fehlerhaften oder unvollständigen Angaben unverzüglich nachträglich zu berichtigen, wenn er nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass die Erklärung fehlerhaft ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung kommen kann oder bereits gekommen ist. In diesem Fall ist er zur unverzüglichen Anzeige und in der Folge zur Richtigstellung verpflichtet. Diese inhaltliche Korrektur muss nicht mit der Anzeige gemeinsam erfolgen und sie ist nach dem Wortlaut des § 153 Abs. 1 AO nicht fristgebunden, muss also nicht unverzüglich erfolgen. [51] Dies gilt gem. § 153 Abs. 1 Satz 2 AO auch für den Erben als Gesamtrechtsnachfolger, [52] gesetzliche Vertreter i. S. des § 34 AO und Vermögensverwalter i. S. des § 35 AO, nicht hingegen für den bevollmächtigten Berater des Steuerpflichtigen. [53]
51„Unverzüglich“ heißt in diesem Zusammenhang „ohne schuldhaftes Zögern“, wobei sich die zur Verfügung stehende Zeitspanne an der Komplexität des jeweiligen Einzelfalls orientiert (Obergrenze: wohl ca. 2 Wochen [54]). Die Handlungspflicht des § 153 AO ergibt sich aus eigenen Fehlern des Steuerpflichtigen im Vorfeld. Es besteht hingegen keine Pflicht, die Finanzbehörden auf deren Fehler und die Möglichkeit einer Berichtigung nach § 129 AO hinzuweisen. Folglich ist die Ausnutzung eines Versehens des Finanzamts nicht strafbar.
52 Unterlassen der Anzeige nach § 153 Abs. 2 AO
§ 153 Abs. 2 AO begründet in Ergänzung zu § 153 Abs. 1 AO eine selbständige Anzeigepflicht, wenn die Voraussetzungen für eine gewährte Steuervergünstigung nachträglich weggefallen sind. [55] Steuervergünstigungen in diesem Sinne sind alle Vorteile, die sich auf die Höhe des Steueranspruchs bzw. auf dessen Geltendmachung oder Einziehung durch die Finanzbehörde auswirken [56], also z. B. die Herabsetzung von Vorauszahlungen, die zinslose Stundung der ErbSt [57] und Steuervergütungen, sodass sich die Anzeigepflicht z. B. auch bei nachträglichem Wegfall des Vorsteuerabzugs [58] ergibt.
53 Voraussetzung der Korrekturpflicht nach § 153 Abs. 2 AO ist allein die tatsächliche Veränderung des für die Gewährung der Steuervergünstigung erheblichen Lebenssachverhalts, nicht hingegen ein fehlerhaftes Verhalten des Steuerpflichtigen. Die Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 2 AO besteht deshalb nicht, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der Vergünstigung von vornherein nicht gegeben waren, also keine Veränderung der Sachverhaltsumstände eingetreten ist. [59]
b) Taterfolg
54 Steuerhinterziehung ist ein Erfolgsdelikt (vgl. Rn. 3). Der Taterfolg der Steuerhinterziehung ist bewirkt, wenn
eine Steuer verkürzt (Rn. 56 ff.) oder
ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt (Rn. 67 ff.) ist.
§ 370 AO enthält damit zwei Erfolgsvarianten die rechtlich gleichwertig nebeneinander stehen. [60]
55 Die Steuerhinterziehung ist vollendet, sobald durch die Tathandlung der erste der in § 370 AO genannten Taterfolge eingetreten ist. Bleibt der Taterfolg trotz Erfüllung der anderen Tatbestandselemente jedoch aus, so liegt eine nach § 370 Abs. 2 AO strafbare versuchte Tat vor (vgl. dazu Rn. 100 ff.).
aa) Steuerverkürzung
56 Steuern sind gem. § 370 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz AO „namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden“. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut der Norm also die zu niedrige Festsetzung; einer eventuellen (Nicht-)Zahlung der Steuerschuld kommt im Hinblick auf die Verwirklichung des Tatbestands des § 370 AO keine Bedeutung zu. [61]
57 Begriff der Steuerverkürzung
Die Steuerverkürzung ist die Differenz zwischen der gesetzlich geschuldeten und der aufgrund der Tathandlung tatsächlich festgesetzten Steuer. [62] Die Steuer ist somit verkürzt, wenn durch die Tathandlung die Festsetzung der „Ist-Steuer“ vollständig, zeitlich oder der Höhe nach gegenüber der nach dem materiellen Steuerrecht richtigen „Soll-Steuer“ zurückbleibt. Eine materiell richtige oder zu hohe Steuerfestsetzung bewirkt hingegen keine Steuerverkürzung i. S. von § 370 AO. [63] Allerdings ist insoweit das Kompensationsverbot (vgl. Rn. 72 ff.) zu berücksichtigen.
57/1Folglich ist das materielle Steuerrecht für die Bestimmung der Soll-Steuer im Rahmen des Steuerstrafrechts von entscheidender Bedeutung, so dass zwingend zu berücksichtigen ist, ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) oder im Wege der Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Unterschiede ergeben sich insbesondere immer wieder in Fällen, in denen mehrere Besteuerungszeiträume betroffen sind, [64] da die Einnahme-Überschuss-Rechnung den steuerlichen Gewinn als den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben definiert und folglich auf die Geldzuflüsse (Zuflussprinzip, § 11 Abs. 1 EStG) und -abflüsse (Abflussprinzip, § 11 Abs. 2 EStG) abstellt. Folglich sind z. B. folgende Posten ausschließlich im Rahmen einer Bilanz i. S. des § 4 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen:
Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen,
Beispiel:Der Stpfl. schickt am eine Rechnung an seinen Mandanten, der diese am bezahlt. Im Rahmen einer Einnahme-Überschuss-Rechnung sind die 1.000 € mit dem Geldzufluss in 02 zu berücksichtigen. Bilanziert der Stpfl. hingegen, so ist die Forderung bereits im Jahr 01 zu buchen und somit wären die 1.000 € auch bereits im Jahr 01 zu versteuern.
Vorräte, Roh-, Betriebs- und Hilfsstoffe,
Beispiel:G betreibt einen Laden für Tierfutter. Sie kauft und bezahlt am Futter für 1.000 €und verkauft es im Januar 02 für 2.000 €. Im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung sind die Betriebsausgaben im Jahr 01 zu berücksichtigen und die Betriebseinnahmen im Jahr 02. Würde die Stpfl. hingegen bilanzieren, so läge im Jahr 01 ein erfolgsneutraler Anschaffungsvorgang vor. Die Anschaffungskosten fänden somit erst im Jahr 02 eine erfolgswirksame Berücksichtigung.
Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. das folgende Beispiel),
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten,
Barentnahmen oder -einlagen.
Bei Bilanzierenden ist die USt erfolgsneutral. Im Gegensatz dazu ist die einbehaltene USt im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung eine Betriebseinnahme, die gezahlte Vorsteuer eine Betriebsausgabe. [65]
Mieter M und der gewerbliche Vermieter V schließen am einen Vertrag über die Vermietung eines Geschäftslokals bis zum Ende des Jahres 06. In dem Vertrag wird vereinbart, dass M jährlich 12.000 € an Miete zu entrichten hat, die drei Monate bis zum Ende des Jahres 01 jedoch mietfrei sind. Darüber hinaus wird vereinbart, dass M die von Januar 02 bis Dezember 06 entstehende Miete von insgesamt 60.000 € bereits im Jahre 01 vollständig zu zahlen hat, was dieser im Oktober 01 auch tut. Im Rahmen einer Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG müßte V den vollen Betrag bereits im Jahr 01 mit dem Zufluss versteuern. Dies gilt hingegen nicht, wenn V bilanziert. Ist dies der Fall, so ist zu berücksichtigen, dass dem V eine Zahlung i. H. v. 60.000 € und damit ein Entgelt für die Zurverfügungstellung der Mieträume zugeflossen ist, dem jedoch die Verpflichtung gegenüber steht, die Mieträume die nächsten fünf Jahre zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend ist gem. § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Folglich steht im Jahre 01 der Einnahme von 60.000 € ein passiver RAP in gleicher Höhe gegenüber. Die Zahlung von 60.000 € im Jahre 01 ist folglich vollständig gewinnneutral, so dass die Nichterklärung im Fall der Bilanzierung keine Steuerhinterziehung darstellt. Vielmehr entsteht im Jahr 02 bei V eine (fiktive) Einnahme in der Weise, dass nach der Vorschrift des § 5 EStG der passive RAP in der Bilanz mit einem Fünftel seines Betrags aufzulösen ist. Folglich verringert sich der Passivposten um 12.000 €, was zu einer Gewinnerhöhung im Jahre 02 um 12.000 € führt. Für die Jahre 03 bis 06 gilt dasselbe. Folglich sind im Fall der Bilanzierung die entsprechenden Beträge auch erst in den Jahren 02 bis 06 zu versteuern.
57/2Wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, aber ungewiss ist, welches Ausmaß die Besteuerungsgrundlagen haben, ist auch im Steuerstrafverfahren die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zulässig. [66] Insoweit richtet sich die Schätzung jedoch nicht nach dem im Besteuerungsverfahren anwendbaren § 162 AO, sondern nach § 261 StPO und den abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätzen. Trotzdem kann auf die im Besteuerungsverfahren anerkannten Schätzungsmethoden zurückgegriffen werden. Geschätzt werden im Strafverfahren regelmäßig die steuerpflichtigen Einkünfte oder Umsätze und – soweit dies z.B. für die Strafzumessung erforderlich ist – die Höhe von Betriebsausgaben oder Werbungskosten.
58 Ebenso ergibt sich eine Steuerverkürzung (noch) nicht aus der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 179 Abs. 1 AO, da durch Feststellungsbescheide keine Steuern festgesetzt werden. Vielmehr sind sie Grundlagenbescheide mit hinsichtlich der festgestellten Besteuerungsgrundlagen bindender Wirkung für den folgenden Steuerbescheid (Folgebescheid), in den sie einfließen (§ 182 Abs. 1 AO). Durch die Nichtabgabe oder unrichtige bzw. unvollständige Abgabe einer Feststellungserklärung tritt also keine Steuerverkürzung [67], wohl aber ein unberechtigter Steuervorteil ein, denn das für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzamt ist zwingend an die Feststellung gebunden und muss sie im Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO umsetzen (vgl. Rn. 70).
59 Steuerverkürzung auf Dauer/auf Zeit
Im Hinblick auf das spätere Strafmaß ist zu unterscheiden zwischen einer Steuerverkürzung auf Dauer und einer solchen auf Zeit.
60 Auf Dauer
Eine Steuerverkürzung auf Dauer liegt vor, wenn die „Ist-Einnahme“ des Fiskus hinter der „Soll-Einnahme“ zurückbleibt und der Täter dies auch auf Dauer erstrebt. Es ist folglich die Differenz zwischen der sich aus dem erklärten Sachverhalt und der sich aus dem tatsächlichen Sachverhalt ergebenden Steuer zu ermitteln.
61 Bei Fälligkeitssteuern tritt die Steuerverkürzung ein, wenn zum gesetzlich bestimmten Zeitpunkt die Steueranmeldung nicht vorliegt oder die Anmeldung zu niedrig ist und einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). [68] Gilt die Steueranmeldung jedoch nach § 168 Satz 2 AO erst mit der Zustimmung der Finanzbehörde als Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, so tritt die Verkürzung auch erst mit der Bekanntgabe der Zustimmung ein [69], die z. B. konkludent in der Überweisung einer Steuererstattung liegen kann.
62 Bei der Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung für Veranlagungssteuern (aktives Tun, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) tritt der Taterfolg mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheids ein, ohne dass es auf den Eintritt der Rechtskraft des Bescheids ankommt. Auch Vorbehalts- oder vorläufige Festsetzungen sind insoweit ausreichend. [70] Sofern hingegen keine Steuererklärung oder Steueranmeldung abgegeben wird, tritt bei abschnittsbezogenen Veranlagungssteuern (z. B. die Einkommensteuer) der Taterfolg in dem Zeitpunkt ein, in dem eine korrekt abgegebene Erklärung des Täters wohl veranlagt worden wäre. Dies ist nach der zutreffenden Rechtsprechung des BGH der Fall, wenn die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Veranlagungsbezirk „im Großen und Ganzen“ abgeschlossen sind. [71] Folglich wird in der Praxis der Zeitpunkt als maßgeblich angesehen, in dem 90–95 % der Veranlagungsarbeiten des betreffenden Zeitraums in dem jeweiligen Veranlagungsbezirk für die jeweilige Steuerart abgeschlossen sind.
A betreibt seit vielen Jahren sehr erfolgreich einen Kiosk in einer U-Bahnstation ohne jemals eine Steuererklärung abgegeben zu haben und ohne jemals dem Finanzamt bekannt geworden zu sein. Für die im Hinblick auf die Abgabe einer Selbstanzeige bzw. den Rücktritt vom Versuch relevante Frage, welche seiner Taten im Versuchsstadium stecken geblieben sind, ist bezüglich des Vollendungszeitpunkts zwischen Einkommen- und Umsatzsteuer zu unterscheiden:
Die Umsatzsteuerhinterziehung durch Unterlassen ist mit dem Verstreichenlassen der gesetzlichen Frist vollendet, da es sich um eine Fälligkeitssteuer handelt. Folglich tritt die Steuerverkürzung mit dem Ablauf des 31.7. [72] des jeweiligen Folgejahres ein (vgl. § 149 Abs. 2 AO). Bei Voranmeldungen ist auf den 10. Tag des Folgemonats abzustellen.
Bei der Einkommensteuer handelt es sich hingegen um eine Veranlagungssteuer. Folglich kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem A veranlagt worden wäre, wenn er eine Steuererklärung fristgemäß eingereicht hätte. Dieser Zeitpunkt ist im Einzelfall für die jeweilige Veranlagungsdienststelle zu ermitteln. Ohne diesen Zeitpunkt genau ermitteln zu können, kann man zur Vereinfachung von einem Zeitraum von 21 Monaten nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ausgehen.
Durch die Rspr. des BGH wurde für im Hinblick auf die konkreten steuerlichen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen einfach gelagerte Sachverhalte klargestellt, dass für den zuständigen Richter auch die Möglichkeit besteht, sich davon zu überzeugen, dass die Veranlagung schneller erfolgt wäre, und somit von einer verkürzten Zeitspanne auszugehen. [73] Der BGH spricht für diese Fälle von einer (fiktiven) Bearbeitungszeit fristgerecht eingereichter Steuererklärungen von längstens einem Jahr.
63Etwas anderes gilt hingegen bei anlassbezogenen Veranlagungssteuern wie z.B. der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Diese Steuern verfügen nicht über einen allgemeinen Veranlagungsschluss, sondern ihre Entstehung ist von einem konkreten Anlass, am Beispiel der Erbschaft- und Schenkungsteuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vom konkreten Zeitpunkt der Schenkung abhängig. Deshalb ist nicht auf den Abschluss der Veranlagungsarbeiten im Großen und Ganzen abzustellen, sondern darauf, wann der jeweilige Steuerpflichtige veranlagt worden wäre, wenn die Erklärung rechtzeitig abgegeben worden wäre. [74] Der Vollendungszeitpunkt ist somit eine vom konkreten Einzelfall abhängige Tatfrage. Zur Beurteilung dieser Frage kann der Tatrichter u.a. auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit des für die Veranlagung zuständigen Finanzamtes abstellen. Zusätzlich kann der Tatrichter auch besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigen, z.B. die über- oder unterdurchschnittliche steuerliche Komplexität des Falls und eine sich daraus ergebende Verkürzung oder Verlängerung der Bearbeitungsdauer im Finanzamt. In der Praxis in aller Regel eintretende Verzögerungen, die sich hingegen aus dem Strafverfahren ergeben, weil die Bearbeitung der jeweiligen Erklärung z.B. zunächst zurückgestellt wird, sind insoweit nicht einzubeziehen. [75]
Auf Zeit
Nach dem Wortlaut des § 370 Abs. 4 Satz 1 erster Halbsatz AO ist die Steuerverkürzung auf Zeit der Verkürzung auf Dauer gleichgestellt. Die Abgrenzung erfolgt ausschließlich nach der Vorstellung des Täters im Zeitpunkt der Tathandlung. Die maßgebliche Frage ist also, ob er nach seiner Vorstellung von der Tat die Steuer auf Dauer oder nur auf Zeit verkürzen wollte. Davon ausgehend ist allerdings auch festzustellen, dass die häufig plakativ getroffene Aussage, dass es sich bei falschen Voranmeldungen immer nur um eine Verkürzung auf Zeit handele, unzutreffend ist. [76] Vielmehr ist auch in diesem Fall maßgeblich, ob der Täter eine korrekte Jahreserklärung abgeben und die Voranmeldungen damit korrigieren wollte (= Steuerverkürzung auf Zeit) oder von Anfang an beabsichtigte, auch keine korrekte Jahreserklärung abzugeben (= Verkürzung auf Dauer).
F betreibt seit Jahren ein kleines Geschäft. Er gibt jedoch jedes Jahr weder USt-Voranmeldungen noch eine Umsatzsteuererklärung ab, weil er den „ganzen Papierkram“ vermeiden möchte und weiß, dass er für jedes Jahr zum Ende des jeweiligen Folgejahres zutreffend oder zu hoch geschätzt wird.
In diesem Fall ist die Steuerhinterziehung jeweils zum 31.7. [77] des Folgejahres vollendet, woran auch die spätere Schätzung nichts ändert. Folglich ist objektiv eine Steuerverkürzung eingetreten. Da F aber mit der Schätzung gerechnet hat, hatte er nur den Vorsatz einer Verkürzung auf Zeit.
64 Bei der Steuerhinterziehung auf Zeit war nach mittlerweile überholter, aber immer noch vertretener Ansicht der für die Strafzumessung relevante Steuerschaden nur ein Verspätungsschaden, der in dem Zinsverlust für den Steuergläubiger bestand. [78] Dieser wurde gem. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO mit 0,5 % pro Monat bemessen. [79]
65 Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BGH [80] ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei der Steuerhinterziehung um ein Gefährdungsdelikt handelt (vgl. Rn. 3). Folglich hat der Täter eine unrichtige Festsetzung bewirkt, die es auch bei einer Steuerverkürzung auf Zeit rechtfertigt, in dieser (vollen) Höhe von einer tatbestandlichen Steuerverkürzung auszugehen. Auf der Ebene der Strafzumessung ist jedoch zu berücksichtigen, ob und ggf. wie der Täter eine Schadenswiedergutmachung – und damit lediglich eine Verkürzung auf Zeit – angestrebt hat sowie die im Zeitpunkt der Tatbegehung bestehende Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich zu einer Wiedergutmachung kommt. [81] Folglich ist es im Fall einer Steuerhinterziehung auf Zeit durchaus denkbar, dass nur ein Schaden in Höhe des Zinsverlustes vorliegt.
66Wie sich am Wortlaut des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO („… namentlich …“) zeigt, handelt es sich insoweit lediglich um eine beispielhafte Aufzählung. Folglich können Steuerverkürzungen auch auf andere Art, insbesondere außerhalb des Festsetzungsverfahrens eintreten.
bb) Erlangung eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils
67 In § 370 Abs. 4 Satz 2 AO sind als Beispiel für Steuervorteile Steuervergütungen genannt. Darüber hinaus ist der Begriff der Steuervergütungen nicht gesetzlich definiert. Es hat sich jedoch in Literatur und Rechtsprechung folgende Definition herauskristallisiert. Ein Steuervorteil ist
Gegenstand jeder wirtschaftlich begünstigenden Verfügung
der Finanzbehörde,
die der Steuerpflichtige außerhalb seiner Steuererklärung erstrebt und
die ihm außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens erteilt wird [82].
68 Steuervorteil erlangt
Der Steuervorteil ist erlangt, wenn er infolge der Tathandlung nach § 370 Abs. 1 AO von der Finanzbehörde dem Tatbeteiligten oder einem Dritten gewährt oder belassen wird. Erforderlich ist zur Gewährung des Steuervorteils eine besondere Maßnahme der Finanzbehörde, in der Regel also ein Verwaltungsakt, bzw. zum Belassen eines Steuervorteils das stillschweigende oder ausdrückliche Abstandnehmen von einer Regelung. [83] Davon sind folglich alle begünstigenden Verwaltungsakte des Erhebungs- und Vollstreckungsverfahrens erfasst, z. B. Steuervergütungen, Steuererstattungen, Steuervergünstigungen, Steuerfreistellungen, Steuererlasse und Steuerermäßigungen. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass ein Verwaltungsakt vorliegt, so dass z. B. auch eine Niederschlagung gem. § 261 AO oder die Einstellung der Vollstreckung nach § 258 AO einen Steuervorteil darstellen können. [84] Im Gegensatz dazu stellen z. B. Verspätungszuschläge, Zinsen oder Säumniszuschläge keinen Steuervorteil i. S. des § 370 Abs. 1 dar, da diese als steuerliche Nebenleistungen i. S. des § 3 Abs. 4 AO nicht von § 370 AO erfasst werden. [85]
69 Nicht gerechtfertigt
Nicht gerechtfertigt ist ein solcher Vorteil, wenn er
dem Steuerpflichtigen bei richtiger Rechtsanwendung nicht zustehen würde, da der Sachverhalt nicht vorliegt, der rechtlich Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbegünstigung ist, [86]
die gesetzlichen Voraussetzungen, die bei Gewährung des auf eine gewisse Dauer wirkenden Vorteils vorlagen, nachträglich entfallen [87] oder
eine finanzbehördliche Ermessensentscheidung durch die Tathandlung beeinflusst wurde [88].
70 Der Steuervorteil ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn er aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können (zum Kompensationsverbot vgl. Rn. 72 ff.).
Erlangung einer Steuervergütung, z. B. Kindergeld oder Vorsteuererstattung [89];
Erlangung eines Grundlagenbescheids i. S. von § 171 Abs. 10 AO, also die Erlangung eines Feststellungsbescheids hinsichtlich von Besteuerungsgrundlagen [90], eines Steuermessbescheids oder eines anderen Verwaltungsakts, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist;
Erlangung eines Erhebungsverzichts, z. B. einer Billigkeitsmaßnahme in Form einer abweichenden Steuerfestsetzung oder eines Erlasses;
Erlangung einer Erhebungsverzögerung, z. B. durch Stundung, durch Zahlungsaufschub oder durch Aussetzung der Vollziehung;
Bildung eines Lohnsteuerabzugsmerkmals in Form eines zu hohen Steuerfreibetrags [91];
Verhinderung oder Beeinträchtigung der Beitreibung [92], z. B. durch Erlangung eines „Vollstreckungsverzichts“ [93], die Erlangung eines einstweiligen Vollstreckungsaufschubs [94] oder die Erlangung einer Niederschlagung nach § 261 AO.
Kein Steuervorteil, sondern allenfalls eine Vorbereitungshandlung für eine spätere Steuerverkürzung ist die Bewilligung von Buchführungs- und Aufzeichnungserleichterungen nach § 148 AO. [95]
71 Steuerverkürzung und ungerechtfertigter Steuervorteil können auch nebeneinander oder nacheinander auftreten, z. B. wenn ein unzutreffender Feststellungsbescheid erlangt wird (ungerechtfertigter Steuervorteil) und in der Folge aufgrund der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids darauf basierend die Steuer zu niedrig festgesetzt wird. [96]
cc) Kompensationsverbot
72 Grundsatz: Keine Kompensation
Eine Besonderheit des Steuerstrafrechts stellt das in § 370 Abs. 4 Satz 3 AO geregelte Kompensationsverbot dar. Danach besteht die Möglichkeit, dass eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegt, obgleich materiell-rechtlich trotz der Tathandlung kein Taterfolg, also keine Verkürzung eingetreten oder der Steuervorteil nicht ungerechtfertigt erlangt worden ist. Nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO liegt nämlich ein strafrechtlich relevanter Verkürzungserfolg auch dann vor, wenn die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder ein Steuervorteil hätte beansprucht werden können. [97] Es wird also der Versuch der Steuerhinterziehung ohne die Strafmilderungsmöglichkeit des § 23 Abs. 2 StGB wie die vollendete Steuerhinterziehung bestraft. [98]
73 Folglich ist im Strafverfahren eine völlig getrennte Wertung von positiven und negativen Faktoren vorzunehmen, die das steuerliche Verfahren so nicht kennt. Im Besteuerungsverfahren können vielmehr nachträglich geltend gemachte Ermäßigungsgründe bedeutsam und nach den Berichtigungsvorschriften der Abgabenordnung (z. B. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO) zu berücksichtigen sein.
74 In der Regel wirkt das Kompensationsverbot schulderhöhend, da es prinzipiell darauf abzielt, den für das Strafverfahren maßgeblichen Steueranspruch des Staates dadurch zu berechnen, dass in die Steuererklärung des Täters lediglich die zutreffenden Angaben anstelle der falschen, die Hinterziehungshandlung darstellenden Angaben eingesetzt werden. Andere, für den Täter günstige Umstände sollen keine Berücksichtigung finden, damit das Strafgericht nicht den gesamten Steuerfall aufrollen muss. [99] § 370 Abs. 4 Satz 3 AO stellt somit nach Ansicht der Rechtsprechung und nach der historischen Entwicklung der Norm eine Regelung zur Verfahrenserleichterung dar. [100]
75 Steuerbeträge oder Steuervorteile, die aufgrund des Kompensationsverbots nicht zu berücksichtigen sind, sind allerdings im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Tatbeteiligten von Bedeutung, da der wirtschaftliche Steuerschaden tatsächlich geringer ist. [101] Aus diesem Grund sowie den zahlreichen Ausnahmen des Kompensationsverbots in der Praxis (Rn. 303 ff.) ist allerdings zweifelhaft, ob es heutzutage tatsächlich noch zu einer Verfahrensvereinfachung führt. [102]
76 Ausnahme: Unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang
Diese strenge (theoretische) Linie hält die Rechtsprechung in der Praxis jedoch nicht durch. Vielmehr gilt in der Rechtspraxis, dass steuermindernde Gesichtspunkte dann zu berücksichtigen sind, wenn sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den hinterzogenen Beträgen stehen, da es sich dann nicht um „andere“ Gründe i. S. des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO handele. [103] Ein entsprechend enger Zusammenhang dürfte immer dann vorliegen, wenn die jeweiligen die Steuer mindernden Gründe nachträglich geltend gemacht werden können, ohne dass die Steuerverkürzung entdeckt worden wäre. Dementsprechend ist zur Feststellung des Hinterziehungsbetrags z. B. nicht einfach von den hinterzogenen Einnahmen auszugehen, sondern bisher steuerlich nicht berücksichtigte, zur Erzielung dieser „Schwarzeinnahmen“ vorgenommene Betriebsausgaben sind in Abzug zu bringen. Dasselbe gilt für in diesem Rahmen nicht gezogene Vorsteuern.
77 Beispiele
Da es sich im Einzelnen nicht um eine systematische Rechtsprechung handelt, können hier nur einige Beispiele aus der Rechtsprechung genannt werden. [104]
78 Ein Kompensationsverbot wird verneint:
bei Betriebseinnahmen im Verhältnis zu den damit zusammenhängenden Betriebsausgaben
bei Schwarzverkäufen, da der steuererhöhende Vorgang (Verkauf) nicht ohne den steuermindernden Vorgang (Ankauf der Sache) denkbar ist; [105]
der Umsatzsteuer im Verhältnis zu der Vorsteuer, sofern ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsätzen besteht, indem z.B. eine Ware zunächst angekauft und dann in der Folge wieder verkauft wird; [106]
bei Betriebseinnahmen oder vorgetäuschte Betriebsausgaben im Verhältnis zu (nachzuholenden) Rückstellungen für die hinterzogenen Umsatz- und Gewerbesteuern;
bzgl. einer nicht geltend gemachten, aber von Amts wegen vorzunehmenden Aufteilung von Einnahmen auf mehrere Jahre;
bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen [107];
bei Betriebseinnahmen im Verhältnis zu dem von Amts wegen vorzunehmenden Verlustvortrag. [108]
Folglich sind in diesen Fällen die genannten Ausgaben bei der Berechnung der Steuerverkürzung zugunsten des Täters zu berücksichtigen.
79Ein Kompensationsverbot wird hingegen bejaht:
im Verhältnis von nicht erklärten Umsätzen zu ebenfalls nicht geltend gemachten Vorsteuern, die zu anderen Umsätzen gehören, da dann kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsätzen besteht; [109]
bei Betriebseinnahmen im Verhältnis zu Betriebsausgaben (z. B. Arbeitslöhne), für die der Empfänger nicht benannt werden kann; [110]
bei Betriebseinnahmen im Verhältnis zu nachzuholenden oder zu erhöhenden Einlagebuchungen.
Folglich sind in diesen Fällen die genannten Ausgaben bei der Berechnung der Steuerverkürzung nicht zugunsten des Täters zu berücksichtigen.
80 Im Hinblick auf die praktischen Auswirkungen des Kompensationsverbots ist allerdings folgendes zu berücksichtigen:
Liegt eine Steuerverkürzung nur aufgrund der Anwendung des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO vor, so ist fraglich, ob dem Beschuldigten insoweit ein Vorsatz nachzuweisen sein wird, da er sich damit verteidigen kann, dass es nach seiner Vorstellung eben nicht zu einer Verkürzung gekommen wäre. Dasselbe gilt natürlich auch bzgl. Teilbeträgen.
Hat der Täter z. B. eine Doppelverkürzung begangen, indem er Getränke einkaufte und weder die Kosten noch den Umsatz steuerlich anmeldete, so liegt es für ihn nahe vorzutragen, dass er zumindest bis zur Höhe des Vorsteueranspruchs keinen Vorsatz der Steuerverkürzung hatte, da er ja wusste, dass er auf einen ihm zustehenden Anspruch in Höhe der Vorsteuer „verzichtet“.
81 Darüber hinaus findet das Kompensationsverbot im Rahmen der Nachzahlungspflicht des § 371 Abs. 3 AO und der Strafzumessung keine Anwendung, da jeweils die (steuerlichen) Auswirkungen der Tat maßgeblich sind. Gem. § 398a Abs. 2 AO ist das Kompensationsverbot hingegen bei der Berechnung des Hinterziehungsbetrags für die Festsetzung des gem. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlenden Zuschlags zu berücksichtigen (vgl. Rn. 209).
Darüber hinaus ist es nach Ansicht der Rspr. im Rahmen der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen, wenn trotz formaler Tatbestandserfüllung das geschützte Rechtsgut z. B. aufgrund der Anwendung des Kompensationsverbots tatsächlich nicht oder geringer beeinträchtigt wird. [111]
c) Kausalität zwischen Tathandlung und Erfolg
82 Der Taterfolg, also die Steuerverkürzung (vgl. Rn. 56ff. ) oder der nicht gerechtfertigt erlangte Steuervorteil (vgl. Rn. 67 ff.), kann dem Täter oder Teilnehmer (vgl. Rn. 246 ff. in Arbeitshilfe 3) strafrechtlich nur zugerechnet werden, wenn er durch die Tathandlung (vgl. Rn. 32 ff.) verursacht worden ist. Die kausale Verknüpfung von Tathandlung und Taterfolg ist Bestandteil des objektiven Tatbestands der Erfolgsdelikte und ergibt sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 AO „und dadurch Steuern verkürzt“.
83 Nach der von der Rechtsprechung vertretenen Äquivalenz- oder Bedingungstheorie ist Ursache jede Bedingung des Erfolgs, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. [112] Da es folglich darauf ankommt, ob der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, liegt Kausalität auch vor, wenn der Erfolg auf andere Weise ebenfalls eingetreten wäre und er durch die Tathandlung z. B. lediglich beschleunigt wurde. [113]
84Darüber hinaus muss nach der h. L. entsprechend den von § 369 Abs. 2 AO in Bezug genommenen allgemeinen Regeln des Strafrechts die objektive Zurechnung gegeben sein, die den Ursachenzusammenhang wertend einschränkt. Danach liegt ein tatbestandsmäßiger Erfolg nur dann vor, wenn das für den Erfolg kausale Handeln eine rechtlich missbilligte („unerlaubte“) Gefahr geschaffen und sich diese Gefahr im Erfolg realisiert hat. [114]
85Die Kausalität wird – trotz des Gesichtspunktes der objektiven Zurechnung – nach Ansicht der Rspr. nicht dadurch ausgeschlossen, dass der entscheidende Amtsträger die Tathandlung als solche erkennt oder gar an ihr mitwirkt, [115] da die Unkenntnis kein Tatbestandsmerkmal i. S. des § 370 Abs. 1 AO ist, denn – im Gegensatz zu § 263 StGB – ist das Erfordernis einer Täuschung und eines darauf basierenden Irrtums in § 370 AO nicht angelegt. Auch ein atypischer Geschehensablauf oder das Dazwischentreten eines Dritten schließen danach die Kausalität nicht aus, wenn die jeweilige Handlung bis zum Erfolgseintritt fortwirkt.
86Die Kausalität der Tathandlung für den Taterfolg wird bei einer Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Finanzbehörde rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen wäre, trotz Nichtabgabe der Steuererklärung die Steuerfestsetzung vorzunehmen. [116] Die Kausalität wird ferner nicht dadurch ausgeschlossen, dass auch bei pflichtgemäßem steuerlichem Verhalten durch ein späteres Leistungsunvermögen des Tatbeteiligten der Steuerschaden ebenfalls eingetreten wäre. [117]
Liegt keine Kausalität vor, so kann allenfalls eine versuchte Steuerhinterziehung in Form des untauglichen, aber gem. § 370 Abs. 2 AO strafbaren Versuchs gegeben sein (vgl. Rn. 101).
2. Subjektiver Tatbestand der Steuerhinterziehung
87Vorsatz
Der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung erfordert eine vorsätzliche Handlung des Täters, vgl. § 15 StGB. Der Vorsatz wird häufig mit der (ungenauen Kurz-)Formel beschrieben: „Vorsatz ist Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.“ [118] Der Vorsatz umfasst daher das Bewusstsein, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale vorliegen oder eintreten werden und das Wollen der Verwirklichung sämtlicher Tatbestandsmerkmale (vgl. Rn. 245 Arbeitshilfe 2).
88 Bedingter Vorsatz
Im Rahmen der Steuerhinterziehung ist bedingt vorsätzliches Handeln ausreichend. Bedingt vorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands ernsthaft für möglich hält (kognitives Element) und sich mit ihr abfindet (voluntatives Element). Bei der Steuerhinterziehung gehört es somit zum für die Verwirklichung des Tatbestands erforderlichen Vorsatz, dass der Tatbeteiligte den angegriffenen Steueranspruch kennt und ihn trotz dieser Kenntnis verkürzen will bzw. seine Verkürzung billigend in Kauf nimmt. [119] Sowohl das kognitive als auch das voluntative Element muss für sich geprüft werden und – ausgehend von den bekannten Indizien – bejaht werden. [120] Der Tatbeteiligte braucht allerdings nicht die Steuerart [121], die Anspruchsgrundlagen, die Einkunftsart oder den geschuldeten Steuerbetrag zu kennen. Er muss es lediglich für möglich halten, dass der Sachverhalt steuerliche Folgen auslöst und einen Steueranspruch begründet. [122] Es genügt daher für die Annahme einer Steuerhinterziehung, wenn sich der Tatbeteiligte aufgrund dieser sog. „Parallelwertung in der Laiensphäre“ [123] des sozialen Sinngehalts seines Verhaltens bewusst ist. [124]
89 Bei der Parallelwertung in der Laiensphäre ist die Rechtsprechung allerdings recht weitgehend, so dass z. B. die Steuerpflicht von Zinseinkünften und die Berichtigungspflicht nach § 153 AO unwiderleglich als bekannt vorausgesetzt werden. [125]
Es liegt hingegen kein Vorsatz vor bzw. dürfte der Vorsatz nicht nachweisbar sein, wenn der Täter sich z. B. über die zeitliche Zuordnung von Einnahmen (§ 11 Abs. 1 EStG) irrt und sie deshalb nicht im richtigen Jahr angibt.
90 Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit
Der bedingte Vorsatz ist abzugrenzen von der Fahrlässigkeit und der von § 378 AO erfassten Leichtfertigkeit. [126] Bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter zwar die Verwirklichung des Tatbestands für möglich hält, aber auf die Nichtverwirklichung vertraut. In der Praxis werden allerdings die Grenzen des Eventualvorsatzes sehr weit gezogen, so dass Gerichte, die Staatsanwaltschaft und auch die Bußgeld- und Strafsachenstelle in der Regel davon ausgehen, dass die Steuerverkürzung zumindest billigend in Kauf genommen wurde.
91 Liegt ein Fall der Leichtfertigkeit vor, so ist statt § 370 Abs. 1 AO der § 378 AO einschlägig, bei dem es sich nicht um eine Steuerstraftat, sondern um eine Steuerordnungswidrigkeit handelt. Folglich gilt insoweit nicht das Legalitäts-, sondern das Opportunitätsprinzip, so dass die Strafverfolgungsbehörden nicht verpflichtet sind, jede bekannt gewordene Straftat zu verfolgen und ggf. Anklage zu erheben. Ihnen steht, selbst wenn die Verfolgungsvoraussetzungen vorliegen, eine größere Bandbreite an Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sie hat z.B. gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG die Möglichkeit, bereits eingeleitete Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wieder einzustellen. Insoweit zu berücksichtigende Gesichtspunkte können z.B. die Höhe des Verkürzungsbetrages, Personalknappheit oder ein unverhältnismäßiger Ermittlungsaufwand sein.
Zu weiteren grundlegenden Unterschieden zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten vgl. die folgende Übersicht:
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Übersicht über die Unterschiede zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit | ||
---|---|---|
Straftat
| Ordnungswidrigkeit | |
Materielle Unterschiede | 1. Grundsätze von Täterschaft und Teilnahme der §§ 25 ff. StGB gelten, vgl. Rz. 246 ff. | 1. Es gilt der Einheitstäterbegriff des § 14 Abs. 1 OWiG, so dass keine Unterschiede zwischen Täter und Teilnehmer gemacht werden. Aus Vereinfachungsgründen wird jeder, der einen kausalen Beitrag zur Tatbestandsverwirklichung geleistet hat, als (Einheits-)Täter angesehen. Die Differenzierung bzgl. der einzelnen Tatbeiträge erfolgt nur im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung.
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2. Es gibt keine Versuchsstrafbarkeit.
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Verfahrensgrundsätze
| Es gilt das Legalitätsprinzip, vgl. Rz. 91.
| Es gilt das Opportunitätsprinzip, vgl. Rz. 91.
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Zuständigkeit zur Verfolgung | Ermittlungszuständigkeit für Straftaten liegt generell bei Staatsanwaltschaft und Polizei, §§ 152, 160 f., 172 StPO.
In Steuerstrafverfahren liegt die Zuständigkeit i.d.R. bei der Finanzbehörde, u.U. auch bei der Staatsanwaltschaft, §§ 386, 402 f, 406 AO.
Die Entscheidungskompetenz liegt ausschließlich beim Richter, vgl. BVerfGE 22, 49 ff.
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Rechtsfolge
| Geld- oder Freiheitsstrafe i.S.des §§ 38 ff StGB;
Maßregeln der Besserung und Sicherung i.S.des §§ 61 ff. StGB
| Geldbuße i.S.d. §§ 1, 17 OWiG; im Hinblick auf die Höhe der Geldbuße ist zu berücksichtigen, dass der gesetzlich vorgesehene Bußgeldrahmen gem. § 17 Abs. 4 OWiG überschritten werden kann.
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Eintragung der Entscheidung in Register | Eintragung im Bundeszentralregister, §§ 3 ff. BZRG. Eintragung ins Führungsregister, §§ 30 ff BZRG. | Keine Eintragung in Bundeszentralregister und Führungszeugnis; u.U. aber Eintragung in Gewerbezentralregister und Auskunft an Behörden gem. §§ 149 ff. GewO. |
92 Im Hinblick auf den objektiven Tatbestand bestehen zwischen § 370 Abs. 1 AO und § 378 Abs. 1 AO jedoch nur geringe Unterschiede, da § 378 AO insoweit auf § 370 Abs. 1 AO verweist. Als Täter i. S. des § 378 Abs. 1 AO kommt jedoch nur in Frage, wer als Steuerpflichtiger oder bei der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen handelt. Letzteres trifft auf jeden zu, der – u. U. auch als Mitarbeiter des Steuerpflichtigen – mit einer gewissen Selbständigkeit steuerliche Belange Dritter behandelt. Einer geschäftsmäßigen Hilfeleistung oder einer Vollmacht bedarf es dafür nicht.
93-99 Einstweilen frei
II. Versuch der Steuerhinterziehung
1. Voraussetzungen
100 Der Versuch einer Steuerhinterziehung unterscheidet sich von ihrer Vollendung dadurch, dass zwar der subjektive Tatbestand des Delikts bereits erfüllt ist, aber der Erfolg noch nicht eingetreten und somit der objektive Tatbestand noch nicht vollständig gegeben ist. Bleibt die Tat in diesem Stadium stecken, so ist auch dies gem. §§ 22, 23 Abs. 1 StGB i. V. mit § 370 Abs. 2 AO strafbar, der Versuch kann jedoch gem. § 23 Abs. 2 StGB milder bestraft werden als die vollendete Tat. In einem besonders schweren Fall gilt für den Versuch aber auch der erweiterte Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AO.
101 Fehlgeschlagener/untauglicher Versuch
Der Versuch ist somit das begonnene, aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht vollendete Delikt. Die Strafbarkeit besteht sowohl für den „fehlgeschlagenen“ Versuch, wenn die Steuerfestsetzung trotz der Tathandlung richtig erfolgt ist [127] als auch für den „untauglichen“ Versuch, wenn der Taterfolg wegen der Untauglichkeit des Mittels nicht eingetreten ist [128]; vgl. dazu auch Rn. 105.
Hat der Täter seine Einkommensteuererklärung mit falschen Angaben eingereicht, kommt es aber nicht zur Steuerverkürzung, da der Sachbearbeiter – z. B. in der Veranlagung oder der Rechtsbehelfsstelle – den Fehler bemerkt, so liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor. Der Versuch ist in diesem Fall erst mit der Bestandskraft des für den Täter ungünstigen Steuerbescheids fehlgeschlagen. Bis zu diesem Zeitpunkt bilden alle mit dem Ziel der Steuerverkürzung vorgenommenen Handlungen – inkl. derer im Rechtsbehelfs- und im Klageverfahren – eine einheitliche versuchte Steuerhinterziehung. [129]
Ein – ebenfalls strafbarer – untauglicher Versuch liegt hingegen vor, wenn der Täter die Betriebseinnahmen und -ausgaben derart manipuliert, dass sein zu versteuerndes Einkommen 3.800 € beträgt. In der Folge wird die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt. Beträgt sein tatsächlich zu versteuerndes Einkommen jedoch 5.800 €, was ebenfalls zu einer Einkommensteuerfestsetzung in Höhe von 0 € führen würde, so hat der Täter nach seiner Vorstellung zwar alles getan, was zur vollendeten Steuerhinterziehung erforderlich ist, aber objektiv kann der Taterfolg nicht eintreten. Wäre die Vorstellung des Täters jedoch zutreffend gewesen, so hätte es zur Vollendung der Steuerhinterziehung kommen können.
2. Subjektive Tatbestand des Versuchs
102 Vorsatz
Der subjektive Tatbestand des jeweiligen Delikts muss erfüllt sein. Folglich muss der endgültige Tatentschluss (= Vorsatz) vorliegen. Die Vorstellung des Täters von der Tat ist somit maßgeblich.
Da beim Versuch der objektive Tatbestand gerade nicht erfüllt ist, ergibt sich erst aufgrund des Vorsatzes, wie die Handlung des Täters zu verstehen ist. Dies lässt sich z. B. an der unterlassenen Abgabe einer Steuererklärungen zeigen: Wollte der Täter dadurch Steuern verkürzen, so handelt es sich um einen strafbaren Versuch der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO i. V. mit § 23 Abs. 1 StGB. Hat er hingegen die Abgabe schlichtweg vergessen, so handelt es sich um ein strafrechtlich nicht relevantes Verhalten. Dasselbe gilt, wenn der Steuerpflichtige nur lohnversteuerte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat, er weiß, dass die Finanzverwaltung auf elektronischem Wege entsprechende Informationen bekommt und sich sicher ist, dass die Finanzbehörde trotz der unterlassenen Erklärungsabgabe zu einer zutreffenden (oder zu hohen) Festsetzung kommen wird. [130] Auch in diesem Fall liegt kein Vorsatz bzgl. des Erfolgs der Steuerhinterziehung vor.
103 Tatentschluss/Tatgeneigtheit
Der Täter muss die Entscheidung über das ‚Ob' der Tat getroffen haben, da es sich sonst lediglich um eine sog. Tatgeneigtheit handelt, wenn der Täter noch überlegt, ob er versuchen will, Steuern zu hinterziehen, oder nicht. Allein der Tatentschluss, z. B. die Absicht, bestimmte Geschäftsvorfälle nicht der Besteuerung zu unterwerfen, ist aber noch nicht strafrechtlich relevant, da noch ein objektives Element hinzukommen muss. [131]
104 Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung
Der objektive Tatbestand muss gem. § 22 StGB zumindest soweit verwirklicht sein, dass der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat [132]. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass auch insoweit die Vorstellung des Täters maßgeblich ist. Somit reicht es aus, wenn er der Ansicht ist, unmittelbar angesetzt zu haben. Vgl. zum untauglichen Versuch Rn. 101. [133]
105 Wahndelikt
Nicht strafbar ist hingegen ein sog. Wahndelikt. Dies liegt vor, wenn der Tatbeteiligte irrtümlich sein Verhalten (z. B. die Nichtzahlung der Steuer) für strafbar hält. [134] Irrt der Tatbeteiligte hingegen über die steuerrechtliche Rechtslage, hält er also z. B. irrtümlich bestimmte materiell steuerfreie Einkünfte für steuerpflichtig, so begeht er einen strafbaren untauglichen Versuch der Steuerhinterziehung, wenn er die Einkünfte nicht erklärt. [135] Gleiches gilt bei Annahme einer nicht bestehenden gesetzlichen Handlungspflicht. [136]
106 Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens
Der Täter hat i. S. des § 22 StGB unmittelbar zur Tat angesetzt, wenn seine Handlungen bei ungestörtem Fortgang unmittelbar und ohne weitere wesentliche Zwischenakte zur Tatbestandsverwirklichung führen sollen oder sie in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung stehen, das geschützte Rechtsgut somit unmittelbar gefährden. Ein unmittelbares Ansetzen zur Tat liegt somit frühestens mit dem Beginn von Ausführungshandlungen vor, durch die das geschützte Rechtsgut (vgl. Rn. 1) bereits in diesem Zeitpunkt gefährdet ist, ohne dass weitere Geschehensabläufe dazwischengeschaltet sind. [137] Dies ist z. B. gegeben, wenn der Täter die unvollständige Einkommensteuererklärung in den Briefkasten des Finanzamts wirft [138]. Bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; vgl. Rn. 2 ff.) liegt ein unmittelbares Ansetzen z. B. vor, wenn die gesetzliche oder die dem Erklärungspflichtigen gewährte Steuererklärungsfrist abgelaufen ist. [139]
107 Straflose Vorbereitungshandlung
In der Praxis problematisch ist allerdings die Abgrenzung zwischen dem straflosen Vorbereiten der Tat und dem strafbaren unmittelbaren Ansetzen. Typische (straflose) Vorbereitungshandlungen sind
die Einreichung falscher Urkunden bei der Finanzbehörde, um eine Steuernummer zu erhalten [140],
die Absprachen mit Lieferanten oder Kunden über den Austausch unrichtiger Rechnungen,
die Nichtbuchung aufzeichnungspflichtiger Geschäftsvorfälle in der Absicht, diese nicht der Besteuerung zu unterwerfen [141],
die unrichtige Buchung privater Vorgänge als Betriebsausgaben [142],
die unrichtige Buchung von Geschäftsvorfällen [143],
die Einführung gefälschter Belege in die Buchführung [144],
die Erstellung des falschen Zahlenwerks für die Erklärung [145],
das Ausfüllen der unzutreffenden Steuererklärung sowie die Verletzung der Aufbewahrungspflichten gem. § 147 AO für Buchführungsunterlagen [146] und ggf. deren Vernichtung [147] sowie
die Nichteinbehaltung von Steuerabzugsbeträgen.
Ein unmittelbares Ansetzen und die damit zusammenhängende Gefährdung des Rechtsguts sind in diesen Fällen erst gegeben, wenn die entsprechend ausgewerteten Daten der Finanzbehörde zugehen.
108-119 Einstweilen frei
III. Besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
1. Bedeutung
120 Gemäß § 370 Abs. 3 AO gilt für die Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall – unter Ausschluss der Möglichkeit einer Geldstrafe – ein erhöhter Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren („einfache“ Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 AO: bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Rechtstechnisch handelt es sich auch bei den besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung nicht um ein Verbrechen, sondern um ein Vergehen (§ 12 Abs. 1 und 3 StGB). Deshalb kann auch in diesen Fällen das Strafverfahren im Wege eines Strafbefehls oder durch Einstellung (ohne Auflage gem. § 153 AO und § 398 AO oder mit Auflage gem. § 153a StPO) abgeschlossen werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit einer Selbstanzeige gem. § 371 AO (vgl. Rn. 150 ff.).
Zur vom Gesetzgeber gewählten Regelbeispielstechnik und ihren Folgen vgl. Rn. 132.
2. Steuerhinterziehung im großen Ausmaß
121 Großes Ausmaß
Das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO setzt voraus, dass die Verkürzung ein großes Ausmaß erreicht. Die Beurteilung, ob eine solche Verkürzung in großem Ausmaß vorliegt, ist abhängig vom Umfang des erlangten Steuervorteils oder der tatsächlich eingetretenen Steuerverkürzung. Das Ausmaß muss sich deutlich von dem als durchschnittlich häufig vorkommenden Verkürzungsumfang abheben.
122 Differenzierung zwischen Vermögensverlust und -gefährdung
Aufgrund der mit diesem Begriff verbundenen Unsicherheiten hat der 1. Strafsenat des BGH im Urteil vom [148] für die Gleichstellung mit der Rechtsprechung des BGH zum Betrug gesorgt und geht zunächst von einer Wertgrenze bei 50.000 € pro Tat aus. Allerdings sollte diese Wertgrenze nur dann gelten, wenn der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt erlangt hat, «etwa bei Steuererstattungen durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäften oder durch Einschaltung von sog. Serviceunternehmen“. Eine Auszahlung steht der Verrechnung mit anderen Steueransprüchen gleich [149]. Der BGH zog hingegen die Wertgrenze bei 100.000 € pro Tat, wenn sich die Tathandlung darauf beschränkte, dass der Täter die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis ließ und dadurch den Steueranspruch nur gefährdet (vgl. Rn. 3).
123 Einheitliche Grenze
Teilweise wird jedoch vertreten, dass die Rechtsprechung des BGH mittlerweile überholt sei, da der Gesetzgeber durch die Einführung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO und des § 398a AO im Jahr 2011 durch die einheitliche Betragsgrenze von 50.000 € in diesen Vorschriften gezeigt habe, dass eine Differenzierung zwischen Vermögensverlust und Vermögensgefährdung nicht angezeigt sei und vielmehr eine einheitliche Grenze ab 50.000 € gelten solle. [150] Wohl auch aufgrund der an seiner Rechtsprechung bestehenden Kritik und den damit verbundenen Unklarheiten hat der 1. Strafsenat des BGH in seinem Urteil vom seine differenzierende Lösung wieder verworfen. Nach der nun geltenden Rechtsprechung ist ein großes Ausmaß i. S. des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nun bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 € anzunehmen. [151] Dies wird daraus abgeleitet, dass es sich bei der Steuerhinterziehung um eine Gefährdungsdelikt handelt und es somit im Hinblick auf den eingetretenen Schaden im Rahmen des § 370 AO (anders als bei § 263 StGB) ohne Bedeutung sei, ob es sich um einen Verletzungsschaden (in Form einer Auszahlung) oder einen Gefährdungsschaden (in Form einer zu niedrigen Festsetzung) handele. Darüber hinaus wird durch die einheitliche Wertgrenze eine größere Rechtssicherheit erreicht, da es sich um eine eindeutige und für jedermann nachvollziehbare Grenze handelt.
3. Steuerhinterziehung unter Beteiligung eines Amtsträgers
124 § 370 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AO beziehen sich auf die Einschaltung von Amtsträgern. Der Fall, dass der Amtsträger seine Befugnisse oder seine Stellung zum Zweck der Steuerhinterziehung missbraucht, wird von § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO erfasst.
125 Das Spiegelbild dieses besonders schweren Falls auf Seiten des Steuerpflichtigenist § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO: Während der Amtsträger den Tatbestand der Nr. 2 erfüllt, verwirklicht der Steuerpflichtige den der Nr. 3, indem er die Mithilfe des Amtsträgers ausnutzt. Geht der Steuerpflichtige jedoch davon aus, dass der Amtsträger gutgläubig ist, liegt in der Person des Steuerpflichtigen kein besonders schwerer Fall vor, da Nr. 3 ein bewusstes Zusammenwirken voraussetzt.
G ist mit dem Finanzbeamten M befreundet. M erstellt schon seit Jahren für G die Einkommensteuererklärungen und veranlasst deren Bearbeitung. Nach einer Absprache im Jahr 00 gibt M verschiedene Beträge in den Steuererklärungen des G für die Folgejahre zu hoch an, wodurch er zugunsten des G zu hohe Erstattungsbeträge erwirken will. Nach der Erstellung der Erklärungen veranlasst er jeweils den für die Veranlagung zuständigen Kollegen, die Erklärungen ohne weitere Prüfung zu veranlagen, oder veranlagt sie gleich selbst. Die überhöhten Steuererstattungsbeträge in Höhe von insgesamt 150.000 € teilen sich G und M.
M und G sind Mittäter einer gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung. Der Missbrauch seiner amtlichen Stellung indiziert bei M die erhöhte Strafdrohung des § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO. Für G als Nicht-Amtsträger kommt das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Nr. 3 AO in Betracht.
4. Fortgesetzte Steuerhinterziehung unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege
126 Nachgemachte oder verfälschte Belege
Der Begriff der nachgemachten oder verfälschten Belege i. S. des § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO knüpft an den Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) an. [152] Die in dem Beleg enthaltene Erklärung muss folglich von einer anderen Person herrühren, als derjenigen, die sich aus der Urkunde als Aussteller ergibt. Im Gegensatz sind bloß inhaltlich unwahre Belege (z. B. Scheinrechnungen) nicht erfasst, da keine Täuschung über den Aussteller vorliegt, sondern es sich lediglich um eine schriftliche Lüge handelt. [153]
127 Fortgesetzte Begehungsweise
Die fortgesetzte Begehungsweise liegt in der mehrfach wiederholten Verkürzung von Steuern bzw. Erlangung von nicht gerechtfertigten Steuervorteilen durch mehrere aufeinander folgende Verwendungen der nachgemachten oder verfälschten Belege. Eine Verwendung i. S. des § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO setzt allerdings voraus, dass die unechten Belege gegenüber dem Finanzamt benutzt werden. Ihre Einführung in die Buchführung reicht insoweit nicht aus. [154]
Der Steuerpflichtige S fügt in jedem Jahr in seinen vom Spendenempfänger ausgestellten Spendenquittungen dem Betrag jeweils noch eine Null an. Die so eigenmächtig hinsichtlich des Spendenbetrags geänderten Quittungen reicht er mit der jeweiligen Einkommensteuererklärung ein.
Da in diesem Fall der Eindruck erweckt wird, der Spendenempfänger habe als Aussteller eine Erklärung mit der höheren Spendensumme als Inhalt abgegeben, handelt es sich um verfälschte Belege. Diese wurden auch fortgesetzt gegenüber dem Finanzamt gebraucht.
5. Bandenmäßige Umsatzsteuer- oder Verbrauchsteuerhinterziehung
128 Das Regelbeispiel ist beschränkt auf Umsatz- und Verbrauchssteuern und der Taterfolg muss kein großes Ausmaß erreichen. Ferner muss der Täter Mitglied einer Bande sein, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Abs. 1 AO verbunden hat.
129 Bande
Bei einer Bande handelt es sich um den Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere Steuerhinterziehungen zu begehen. [155] Ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht notwendig. Eine Mitwirkung als Bandenmitglied setzt nicht voraus, dass jeder der zusammenwirkenden Mitglieder Täter ist. [156] Es genügt insoweit auch eine untergeordnete Tätigkeit als Gehilfe. Bandenmäßige Steuerhinterziehung erfordert entgegen der älteren höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, dass die Bandenmitglieder bei dieser Tat in irgendeiner Weise zeitlich und örtlich zusammenwirken, ausreichend ist ein – irgendwie geartetes – sachliches Mitwirken der Bandenmitglieder. [157]
130 Fortgesetzte Hinterziehung
Im Rahmen des § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO muss folglich der Zweck der Bande in einer fortgesetzten Steuerhinterziehung liegen, was zu bejahen sein dürfte, wenn die Steuer mindestens zweimal hinterzogen wird oder werden soll. [158]
Dieses Tatbestandsmerkmal ist somit z. B. bei Umsatzsteuerkarussellen erfüllt, da sich mehrere Beteiligte verabreden, künftig mehrfach Steuern zu hinterziehen.
§ 370 Abs. 3 Nr. 5 AO kommt große strafprozessuale Bedeutung zu, da es sich dabei um eine Katalogtat des § 100a StPO handelt, so dass insbesondere zur Bekämpfung von Umsatzsteuerkarussellen die Möglichkeit besteht, eine Telefonüberwachung anzuordnen.
6. Unbenannte besonders schwere Fälle
132 Regelbeispiele
In § 370 Abs. 3 AO hat sich der Gesetzgeber der sog. Regelbeispielstechnik bedient, d. h. er hat Beispiele gebildet, bei deren Vorliegen in der Regel (= widerlegbare Vermutung) ein besonders schwerer Fall vorliegt. Trotz Vorliegen eines solchen Beispiels kann sich aber bei einer Gesamtwürdigung ergeben, dass diese Vermutung im Einzelfall nicht zutrifft und kein besonders schwerer Fall vorliegt. Im Umkehrschluss kann auch ohne Erfüllung eines Regelbeispiels ein besonders schwerer Fall vorliegen. Letzteres ist gegeben, wenn bei Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit die Schwere des Einzelfalls einem Regelbeispiel entspricht, was insbesondere bei nur geringer Abweichung von einem Regelbeispiel gegeben ist. [159]
Wenn der Täter zahlreiche gefälschte Urkunden hergestellt und diese in seine Buchführung eingefügt hat, so dass sie auch Eingang in das Zahlenwerk der Steuererklärung fanden, die gefälschten Urkunden jedoch weder dem Finanzamt eingereicht, noch einem Betriebsprüfer vorgelegt hat, ist § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO nicht erfüllt (vgl. Rn. 126 f.). Da dieser Fall jedoch in seiner Schwere aufgrund des konkreten Tatablaufs einem der ausdrücklich geregelten Regelbeispiele entspricht, kann auch in diesem Fall ein besonders schwerer Fall angenommen werden.
133-149 Einstweilen frei
IV. Strafbefreiende Selbstanzeige
1. Wirksamkeit der Selbstanzeige
150 Damit eine strafbefreiende Selbstanzeige wirksam ist, muss der Täter
eine noch verfolgbare Steuerhinterziehung gem. § 370 AO begangen oder daran teilgenommen haben,
unrichtige oder unvollständige Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten dieser Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre bei der Finanzbehörde berichtigen oder ergänzen oder unterlassene Angaben nachholen,
es dürfen keine Ausschlussgründe i. S. des § 371 Abs. 2 AO eingreifen (vgl. Rn. 175 ff.) und
wenn Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile bereits erlangt sind, muss der Täter die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern sowie die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233 AO sowie die Verzugszinsen nach Artikel 114 des Zollkodex der Union innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nachentrichten (§ 371 Abs. 3 AO; vgl. auch Rn. 214 ff.).
2. Inhalt der Selbstanzeige
a) Wofür kann man eine Selbstanzeige nach § 371 AO abgeben?
151 Die Selbstanzeige ist nach § 371 Abs. 1 AO lediglich für die Steuerhinterziehung gem. § 370 AO eröffnet. [160] Dies schließt allerdings auch die besonders schweren Fälle gem. § 370 Abs. 3 AO ein. Erfüllt die Tat auch einen anderen Tatbestand (z. B. eine Urkundenfälschung, § 267 StGB), so bleibt die Strafbarkeit insoweit bestehen. Der Anzeigenerstatter genießt allerdings bzgl. der nichtsteuerlichen und anlässlich seiner Selbstanzeige bekannt gewordenen Straftat den Schutz der §§ 393, 30 AO. [161] Sofern es dennoch bezüglich der nichtsteuerlichen Straftat zu einem Verfahren kommt, dürfte sich auch insoweit die Selbstanzeige positiv für den Mandanten auswirken.
Vereinzelt wird die Anwendbarkeit des § 371 AO gesetzlich auch auf andere Tatbestände erweitert (z. B. § 8 Abs. 2 WoPG für die Wohnungsbauprämie, § 14 Abs. 3 5. VermBG für die Arbeitnehmersparzulage und § 12 Abs. 1 MOG für die Abgaben zu Marktordnungszwecken). [162] Eine darüber hinausgehende analoge Anwendung z. B. auf die Tatbestände der gewerbs- oder bandenmäßigen Schädigung des USt-Aufkommens (§ 26c UStG) [163] oder die Begünstigung einer Steuerhinterziehung (§ 257 StGB) [164] ist nicht möglich.
b) Welche Angaben muss die Selbstanzeige enthalten?
aa) Allgemein
152 Vollständigkeit und Richtigkeit
Eine Selbstanzeige wirkt gem. § 371 Abs. 1 AO nur dann strafbefreiend, wenn für alle unverjährten Steuerhinterziehungen bezogen auf die jeweilige Steuerart eine vollständige und richtige Selbstanzeige abgegeben wird. Sie muss mindestens alle Steuerstraftaten einer Steuerart umfassen, die der Berichtigende innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre begangen hat, selbst wenn diese Taten im Einzelnen schon verjährt sein sollten. Eine Ausnahme gilt insoweit gem. § 370 Abs. 2a AO für Umsatzsteuervor- und LSt-Anmeldungen (vgl. Rn. 158 ff.).
153 In der Selbstanzeige sind die Angaben in einer Art und Weise zu berichtigen, zu ergänzen oder nachzuholen, die es den Finanzbehörden ohne größere weitere Ermittlungen ermöglicht, die zutreffende Steuer zu ermitteln und festzusetzen. [165] Ferner muss der Täter oder Teilnehmer auch seinen eigenen Tatbeitrag aktiv offen legen. [166] Die Bestätigung eines Außenprüfungsergebnisses oder die Einräumung der Unrichtigkeit gemachter Angaben reichen nicht aus. [167]
bb) Anknüpfungspunkt
154 Verfolgungsverjährung [168]
Anknüpfungspunkt für die Wirksamkeit der Selbstanzeige ist die durch Steuerpflichtigen, Steuerart und Besteuerungszeitraum umschriebene Tat [169]. Wie sich aus dieser Anknüpfung ergibt, ist der Zeitraum der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung gem. §§ 78 ff. StGB maßgeblich, nicht hingegen die steuerrechtliche Festsetzungsverjährung gem. §§ 169 ff. AO. Die sich daraus ergebenden Unterschiede sind unbedingt zu beachten.
155 Taten der letzten zehn Jahre
Damit eine Selbstanzeige wirksam ist, muss sie alle unverjährten Steuerhinterziehungen derselben Steuerart vollständig enthalten, wobei eine Ausnahme für Umsatzsteuervor- und LSt-Anmeldungen gilt (vgl. Rn. 158 ff.). Darüber hinaus ist seit dem zu berücksichtigen, dass Sie mindestens alle Steuerstraftaten einer Steuerart umfassen muss, die der Berichtigende innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre begangen hat, selbst wenn diese Taten im Einzelnen strafrechtlich schon verjährt sein sollten. Die Einführung dieser festen fiktiven Frist von zehn Jahren hat keinerlei Auswirkung im Fall von (benannten) schweren Steuerhinterziehungen [170], da in diesen Fällen die strafrechtliche Verjährungsfrist bis zum ohnehin zehn Jahre betrug bzw. ab dem auf fünfzehn Jahre erhöht wurdet (§ 376 Abs. 1 AO). Diese verlängerte Verjährungsfrist von fünfzehn Jahren gilt mithin für alle im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht verjährten Taten i.S.d. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1-6, d.h. alle ab dem beendeten Taten von benannten schweren Steuerhinterziehungen.
Bei der zukünftigen Abgabe von Selbstanzeigen, die im Hinblick auf das Vollständigkeitsgebot einem mehr als zehnjährigen Zeitraum erfassen müssen, ist zu beachten, dass die sich auch § 147 Abs. 3 AO ergebenden Aufbewahrungspflicht nicht ebenfalls auf fünfzehn Jahre verlängert wurde. Dementsprechend wird es ggf. erforderlich sein, im Rahmen der Selbstanzeige (großzügig) zu schätzen.
Liegt hingegen eine einfache Steuerhinterziehung vor, so müssen nun auch in diesem Fall für zehn Jahre rückwirkend die hinterzogenen Steuern nacherklärt werden. Dies ist unabhängig davon, ob für den einzelnen Fall bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Finanzbehörde erhält damit nun im Falle einer einfacher Steuerhinterziehungen deutlich mehr Angaben des Steuerpflichtigen, da bis zum insoweit Angaben zu den letzten fünf strafrechtlich nicht verjährten Jahren ausreichend waren.
156Zur Bestimmung der Taten, die im Hinblick auf den Zehnjahreszeitraum zu erklärt werden müssen, ist nicht etwa nur auf die zehn Besteuerungszeiträume vor dem Jahr abzustellen, in dem die Selbstanzeige abgegeben wird, sondern ausgehend von der Wertung des § 8 StGB ist auf darauf abzustellen, welche Taten in den letzten zehn Jahren vor Abgabe der Selbstanzeige begangen wurden. Vgl. dazu Arbeitshilfe unter Rn. 254.
157 Rechtsfolgen der Unvollständigkeit
Unvollständige Selbstanzeigen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht wirksam sein und daher auch nicht zum „Abschluss von Verfahren“ führen. [171] Sie führen auch nicht für die einzelnen Taten, hinsichtlich derer die isoliert betrachtete Selbstanzeige vollständig ist, zur Straffreiheit. [172]
158 Ausnahme bei USt-Voranmeldungen/LSt-Anmeldungen
Eine wichtige Besonderheit gilt hingegen für die USt-Voranmeldungen, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt, und LSt-Anmeldungen, da § 371 Abs. 2a AO insoweit eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO vorsieht. Danach gilt eine korrigierte oder verspätete USt-Voranmeldung bzw. LSt-Anmeldung als wirksame Teilselbstanzeige.
Es handelt sich um eine Teilselbstanzeige, wenn die in der Selbstanzeige gemachten Angaben nicht vollständig sind. Im Rahmen des § 371 Abs. 2a AO ist die Selbstanzeige im nacherklärten Umfang wirksam und (nur) für die in der Selbstanzeige nicht berücksichtigten Einnahmen tritt keine Straffreiheit ein. Durch die Unvollständigkeit wird die Erklärung aber nicht insgesamt unwirksam. Ob die Erklärung bewusst oder unbewusst unvollständig abgegeben wurde, ist insoweit unerheblich.
Es besteht also die Möglichkeit, die einzelne USt- Voranmeldung oder LSt-Anmeldung wirksam zu korrigieren, ohne weitere falsche Erklärungen mit berichtigen zu müssen.
T hat seit dem in jeder USt-Voranmeldung und den USt-Jahreserklärungen seine Umsätze um 20 % zu gering angegeben und entsprechend die Steuer verkürzt. Am beschließt er spontan, „probeweise“ zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren und gibt die korrigierte USt-Voranmeldung Februar 2018 zutreffend ab.
Würde insoweit das Vollständigkeitsgebot des § 371 Abs. 1 AO gelten, wäre die Selbstanzeige des T für den Zeitraum Februar unwirksam, da nicht die anderen Hinterziehungen der Umsatzsteuer mit korrigiert werden. Durch die Regelung des § 371 Abs. 2a AO ist die (Teil-)Selbstanzeige des T jedoch wirksam.
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, innerhalb der USt-Voranmeldungen- und LSt-Anmeldungen nur teilweise Korrekturen vorzunehmen.
Der T handelt wie im vorherigen Beispiel, will aber nur „schrittweise“ zur Steuerehrlichkeit zurückkehren, so dass er die Umsätze in der korrigierten USt-Voranmeldung auf 90 % der tatsächlichen Umsätze erhöht. Auch in diesem Fall ist aufgrund der Regelung des § 371 Abs. 2a AO die (Teil-)Selbstanzeige des T wirksam, allerdings nur in Höhe der nacherklärten Umsätze.
159 Eine dritte Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot gilt im Hinblick darauf, dass die USt-Jahreserklärung für das Vorjahr nicht auch Berichtigungen für die USt-Voranmeldungen des laufenden Jahres umfassen muss.
T handelt wie im vorherigen Beispiel, er entschließt sich am jedoch „richtig“ zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren und sich insoweit nicht mit Kleinkram aufzuhalten. Folglich korrigiert er die USt-Jahreserklärungen der Jahre 2014-2016, gibt eine zutreffende Erklärung für das Jahr 2017 ab und leistet die entsprechenden Zahlungen. Die USt-Voranmeldung Januar und Februar 2018 will er in der nächsten USt-Jahreserklärung Anfang 2019 korrigieren.
In diesem Fall hat U durch die Abgabe der zwölf unrichtigen USt-Voranmeldungen und der unrichtigen USt-Jahreserklärung in den Jahren 2014 bis 2016 den Tatbestand der Steuerhinterziehung jeweils in 13 Fällen erfüllt. Durch die korrigierte Jahreserklärungen hat U die falschen Angaben in einer Art und Weise berichtigt, die es dem Finanzamt ohne größere weitere Ermittlungen ermöglichte, die zutreffende Steuer zu ermitteln und festzusetzen. Somit tritt Straffreiheit sowohl im Hinblick auf die unrichtigen USt-Jahreserklärungen als auch für die jeweils zwölf USt-Voranmeldungen ein, da sich aus der korrigierten Jahreserklärung auch deren Unrichtigkeit ergibt und es eine übertriebene Förmelei wäre, die Korrektur jeder einzelnen Voranmeldung zu verlangen. [173] Auch aus dem Erfordernis der Vollständigkeit des § 371 Abs. 1 AO ergibt sich nichts anderes, da die Selbstanzeige aufgrund der fehlenden (Mit-)Korrektur der USt-Voranmeldung Januar und Februar 2018 zwar unvollständig ist, dies jedoch aufgrund der Sonderregelung des § 371 Abs. 2a Satz 4 AO nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Selbstanzeige führt, sondern unbeachtlich ist.
160 Begriff der „Steuerart“
Im Hinblick auf die Vollständigkeit der Selbstanzeige stellt der Gesetzgeber – neben der zeitlichen Grenze – auf den nicht näher definierten Begriff der „Steuerart“ ab. [174] Folglich müssen im Bereich der Einkommensteuer in der Selbstanzeige alle Einkunftsarten unabhängig von deren Erhebungsform vollständig erklärt werden. Ob sich der Begriff der „Steuerart“ nur auf dieselbe Steuerart ein und desselben Steuerpflichtigen bezieht, ist umstritten. Orientiert man sich am Wortlaut des § 371 Abs. 1 AO, ist eine Selbstanzeige nur vollständig, wenn der Täter z. B. im Hinblick auf die Einkommensteuer sowohl die Hinterziehung der von ihm selbst geschuldeten Einkommensteuer als auch die Teilnahme an der Einkommensteuerhinterziehung anderer Personen offenbart [175].
161 Die „Selbstanzeigeerklärung“ erfordert im Grundsatz jedoch keinen steuerartenübergreifenden Inhalt. Das Unterlassen der „Anzeige“ von Steuerhinterziehungen einer anderen Steuerart berührt die Wirksamkeit dieser Selbstanzeigeerklärung im Normalfall nicht. Es ist allerdings umstritten, ob sich die Selbstanzeige – zur Wahrung der zur Wirksamkeit erforderlichen Vollständigkeit – auch auf alle in Tateinheit (§ 52 StGB) stehenden Taten beziehen muss. Bejaht man dies, so muss für den Fall, dass der Täter mit einer Handlung zwei Steuern unterschiedlicher Steuerarten verkürzte, eine Selbstanzeige alle unverjährten Hinterziehungen beider Steuerarten umfassen, um vollständig und damit wirksam zu sein. [176]
162 Die Unvollständigkeit der Selbstanzeige führt zu ihrer vollständigen Unwirksamkeit. Ob die Erklärung bewusst oder unbewusst unvollständig abgegeben wurde, ist insoweit unerheblich, so dass auch eine nicht-dolose Teilselbstanzeige zur Unwirksamkeit der gesamten Selbstanzeige führt. [177]
163 Geringfügigkeitsgrenze
Die Abweichung zwischen einer zu geringen Nacherklärung und der höheren späteren tatsächlichen Steuerfestsetzung führt somit in der Regel dazu, dass die Strafbarkeit in vollem Umfang bestehen bleibt. Es besteht allerdings Einigkeit, dass Bagatellabweichungen nicht zur Unwirksamkeit der Selbstanzeige führen sollen. [178] Nach der Rechtsprechung des BGH [179] ist eine unvollständige Selbstanzeige auch dann noch wirksam, wenn es sich um eine geringfügige und nicht bewusst herbeigeführte Abweichung handelt. Eine solche Geringfügigkeit ist gegeben, wenn die Abweichung maximal 5 % vom Verkürzungsbetrag i. S. des § 370 Abs. 4 AO beträgt. [180] Es ist allerdings noch nicht geklärt, ob für die Bestimmung der Höhe dieser Abweichung auf das einzelne Kalenderjahr abzustellen ist, oder ob eine zusammenfassende Berechnung unter Berücksichtigung des gesamten Nacherklärungszeitraums angezeigt ist. [181]
cc) Notwendiger Inhalt
164 In der Selbstanzeige sind die ursprünglich erforderlichen Angaben dergestalt zu berichtigen, zu ergänzen oder nachzuholen, dass es den Finanzbehörden ohne größere weitere Ermittlungen möglich wird, den Sachverhalt vollends festzustellen und die zutreffende Steuer zu ermitteln und festzusetzen. [182] Es sind somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen, die für die zutreffende Besteuerung erforderlich sind. [183] Die rechtliche Beurteilung dieser Tatsachen obliegt hingegen der Finanzbehörde. [184]
165 Inhaltlich muss die Selbstanzeige denselben Anforderungen genügen wie eine Steuererklärung, so dass Zahlenangaben in der Regel erforderlich sind. [185] Hinter den im Rahmen der ursprünglich abzugebenden Steuererklärung vorzunehmenden Mitwirkungshandlungen zurückbleibende Angaben können hingegen nicht zur Straffreiheit führen, da durch sie der Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO nicht kompensiert wird.
Es ist keine wirksame Selbstanzeige, wenn der Täter schreibt „Ich habe im Jahre 2004 geerbt und das nicht erklärt.“, [186] „Ich habe Einnahmen nicht erklärt und bitte um eine Betriebsprüfung.“ [187] oder einfach einen Betrag ohne weitere Erläuterung an die Steuerkasse überweist.
In einfachen Fällen kann ausnahmsweise die schlichte Vorlage von Kontounterlagen, Depotauszügen und Erträgnisbescheinigungen ausreichend sein, wenn sich aus ihnen die nachzuversteuernden Kapitalerträge unmittelbar und eindeutig ergeben.
166 Die Selbstanzeige darf allerdings keine erheblichen neuen Unrichtigkeiten zugunsten des Steuerpflichtigen enthalten, wobei es gleichgültig ist, ob er diese unrichtige oder mangelhafte Berichtigung verschuldet hat. [188] Enthält die Selbstanzeige ausschließlich fiktive und damit unrichtige Angaben zu einem erfundenen Sachverhalt, so kann sich schon allein daraus – selbst wenn die Erklärung zum betragsmäßig zutreffenden steuerlichen Ergebnis führt – die Unwirksamkeit der Selbstanzeige ergeben. [189]
167 Form
Die Selbstanzeige bedarf keiner bestimmten Form. Sie kann schriftlich oder mündlich, per Fax, Telefon oder e-mail abgegeben werden. Sie muss darüber hinaus auch nicht als Selbstanzeige, sondern kann z. B. auch als „nachträgliche Berichtigung“ bezeichnet sein. Für die Praxis ist es ratsam, die Selbstanzeige schriftlich abzugeben und ihren Zugang sicherzustellen, damit später über den Zugang an sich und über seinen Zeitpunkt keine Zweifel bestehen.
Folglich kann auch in der verspäteten Abgabe einer Steuererklärung eine Selbstanzeige liegen.
Der H hat jahrelang den Pachtzins aus der Verpachtung mehrerer Weiden steuerlich nicht erklärt. Als er erfährt, dass sein Pächter P beim Finanzamt arbeitet, entschließt er sich, wieder in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Dementsprechend teilt er dem Finanzamt mit, dass er in den letzten acht Jahren die Weiden an den P verpachtet und den Pachtzins nicht erklärt habe.
In diesem Fall liegt keine wirksame Selbstanzeige vor, da die Ermittlung und Festsetzung der zutreffenden Steuer auf der Grundlage dieser Mitteilung (noch) nicht möglich ist. Vielmehr sind weitere Ermittlungen erforderlich. Somit kann auf der Grundlage dieser Mitteilung des H ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet werden, bei dessen Abschluss allerdings die sog. fehlgeschlagene Selbstanzeige strafmildernd zu berücksichtigen wäre. [190] Hätte der H hingegen die Höhe der erhaltenen Pachtzahlungen angegeben, wären die Anforderungen des § 371 Abs. 1 AO erfüllt gewesen.
Zur Abgabe einer von der Summe der USt-Voranmeldungen abweichenden USt-Jahreserklärung als Selbstanzeige vgl. Rn. 159.
168 Schätzung
In Situationen, in denen die für eine wirksame Selbstanzeige erforderlichen Angaben nicht rechtzeitig gemacht werden können, da z. B. eine Außenprüfung unmittelbar bevorsteht oder erforderliche Unterlagen zur Zeit nicht greifbar sind, ist es notwendig, eine Schätzung durch den Steuerpflichtigen bzw. seinen steuerlichen Berater vorzunehmen. In der folgenden Selbstanzeige sollte für die Finanzverwaltung klargestellt werden, dass es sich um eine Schätzung handelt, die der weiteren Präzisierung bedarf. Im Hinblick auf den zweiten Schritt der weiteren Präzisierung kann schon in der Selbstanzeige die Bitte ausgesprochen werden, eine Frist zur Ermittlung der exakten Zahlen zu gewähren.
Die Schätzung sollte mit einem deutlichen Sicherheitszuschlag erfolgen, damit die Schätzung in keinem Fall zu niedrig ausfällt, denn dies würde zur Unvollständigkeit und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Selbstanzeige führen (vgl. Rn. 157, Rn. 163). Ist die Schätzung zutreffend oder zu hoch, so ist die Ergänzung im Hinblick auf die zutreffenden Werte ohne weiteres möglich, da durch die auf der Schätzung basierende Selbstanzeige vom Steuerpflichtigen eine Anwartschaft auf Straffreiheit erworben wurde. Stellt der Steuerpflichtige später fest, dass die Schätzung, die das Finanzamt auch zum Gegenstand der Steuerbescheide gemacht hat, zu hoch war, so kann er innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch einlegen und die Aussetzung der Vollziehung beantragen.
Unterlässt es der Steuerberater oder Rechtsanwalt, in solchen Fällen einen Einspruch einzulegen, so dass der auf einer zu hohen Schätzung basierende Bescheid bestandskräftig wird, so stellt dies einen schweren, zum Schadenersatz verpflichtenden Beratungsfehler dar.
169 „Gestufte Selbstanzeige“
Die Abgabe einer sog. „gestuften Selbstanzeige“, d. h. einer Selbstanzeige aus mehreren, zeitlich aufeinander folgenden Erklärungen, deren erste nur die Information enthält, dass Steuern hinterzogen wurden, aber Angaben zur Höhe der Hinterziehung zurzeit nicht vorliegen und nachgereicht werden, ist unbedingt zu verhindern. Die erste Erklärung wäre nämlich als Selbstanzeige unvollständig und somit unwirksam und die zweite Erklärung würde in aller Regel nach der Tatentdeckung (vgl. Rn. 201 ff.) eingehen, so dass auch sie nicht zur Straffreiheit führen würde. [191]
Die Abgabe einer sog. „gestuften Selbstanzeige“ durch einen Steuerberater oder Rechtsanwalt stellt einen schweren, zum Schadenersatz verpflichtenden Beratungsfehler dar.
c) Wo ist die Selbstanzeige abzugeben?
170 Zuständigkeit
Die Abgabe der Selbstanzeige muss gem. § 371 Abs. 1 AO „gegenüber der Finanzbehörde“ erfolgen. Es war umstritten, ob damit jede oder nur die sachlich und örtlich zuständige Behörde gemeint ist. [192] Zur Vermeidung von Problemen sollte die Selbstanzeige deshalb immer bei dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt oder ggf. beim zuständigen Betriebsprüfer [193] erfolgen.
171 Zugang
Für die Selbstanzeigeerklärung gelten die allgemeinen Grundsätze für empfangsbedürftige Willenserklärungen. [194] Die Erklärung muss also derart in den Amtsbereich gelangt sein, dass sie im normalen Geschäftsgang zur Kenntnis genommen werden kann. [195] Bei schriftlichen Erklärungen ist der normale Posteingang, d. h. der Einwurf in den Postbriefkasten, ausreichend. Nicht erforderlich ist, dass die Erklärung bei dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträger eingetroffen ist und dieser die Selbstanzeige auch tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. [196] Wegen der besonderen Bedeutung des Zugangszeitpunkts für die Ausschlussgründe ist eine Bestätigung des Eingangs durch die Finanzbehörde jedoch zweckmäßig.
d) Wer muss die Selbstanzeige abgeben?
172 Täter/Teilnehmer/Vertreter
Da es sich bei der Selbstanzeige um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund handelt, erlangt nur der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung Straffreiheit, der eine Selbstanzeige erstattet. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Selbstanzeige durch einen zuvor bevollmächtigten und dazu veranlassten [197] Vertreter abgegeben wird, da sie dem Täter oder Teilnehmer auch in diesem Falle zugerechnet wird. Bei diesem Vertreter kann es sich um jeden Dritten handeln, so dass auch der Steuerberater für seinen Mandanten eine Selbstanzeige abgeben kann.
173 Geschäftsführung ohne Auftrag
Eine Selbstanzeige im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag, d. h. ohne vorherige Bevollmächtigung zu ihrer Abgabe ist hingegen nach h. M. nicht zulässig. Der Auftrag muss vor der Abgabe der Selbstanzeige erteilt sein, die nachträgliche Genehmigung reicht nicht aus. Eine schriftliche Vollmacht ist allerdings nicht erforderlich [198]. Die Stellvertretung bei der Abgabe einer Selbstanzeige ist gemäß der h. M. im Hinblick auf die Fristsetzung zur Nachzahlung gem. § 371 Abs. 3 AO gegenüber dem Finanzamt offen zu legen. Verzichtbar soll dies nur sein, wenn noch keine Steuerverkürzung eingetreten oder keine Steuervorteile erlangt sind oder wenn eine Nachfristsetzung nicht erforderlich ist, da gleichzeitig mit der Selbstanzeige die verkürzten Steuern nachgezahlt werden. [199]
174 Mehrere Beteiligte
Sind an der Tathandlung mehrere Teilnehmer als Mittäter, Gehilfen oder Anstifter (vgl. Rn. 246 ff., Arbeitshilfe 3) beteiligt, so muss jeder nur seinen Tatbeitrag aufdecken und korrigieren, für den er nach § 370 AO bestraft werden könnte. Zur Konkretisierung der „Selbstanzeige“ sind nur die Darstellung des geleisteten Tatbeitrags und der dem Tatteilnehmer bekannten steuerlichen Auswirkungen erforderlich. [200]
3. Negative Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 371 Abs. 2 AO
a) Allgemein
175 Sperrgründe
Die Selbstanzeige ist allerdings – auch wenn sie den dargestellten Anforderungen des § 371 Abs. 1 AO genügt – nicht wirksam, wenn der Steuerpflichtige sie zu einem Zeitpunkt abgibt, in dem sich das Entdeckungsrisiko für ihn bereits konkretisiert hat. Es ist mithin erforderlich zu überprüfen, ob
die Selbstanzeige durch die Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung (vgl. Rn. 177 ff.),
die Einleitung eines Strafverfahrens (vgl. Rn. 184 ff.),
das Erscheinen eines Außen- oder Fahndungsprüfers (vgl. Rn. 188 ff.),
das Erscheinen eines Amtsträgers zu einer steuerlichen Nachschau (vgl. Rn. 198 ff.) oder
die Entdeckung der Tat (vgl. Rn. 201 ff.)
gesperrt ist.
Darüber hinaus sind die am Verkürzungsbetrag bzw. am ungerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 25.000 € ansetzende Regelung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO i. V. mit § 398a AO (vgl. Rn. 206) und die im Fall eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung anwendbare Regelung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO i. V. mit § 398a AO (vgl. Rn. 213) zu berücksichtigen.
176 Aber selbst wenn ein Ausschlussgrund i. S. des § 371 Abs. 2 AO eingreift, kann eine Selbstanzeige im Interesse des Steuerpflichtigen sein: Eine sog. verunglückte Selbstanzeige, die nicht zur Straffreiheit führt, ist erheblich strafmildernd zu berücksichtigen. [201] Daneben besteht auch die Möglichkeit, für eine andere als die gesperrte Steuerart eine Selbstanzeige abzugeben und somit z. B. einer Entdeckung auch dieser Taten im Rahmen einer Fahndungsprüfung zuvor zu kommen.
b) Bekanntgabe Prüfungsanordnung (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO)
177 Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen, soweit dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten i. S. des § 370 Abs. 1 AO oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben worden ist.
178 Umfang
Der Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus der bekannt gegebenen Prüfungsanordnung und sie ist beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung. Folglich ist eine strafbefreiende Selbstanzeige für alle Zeiträume, die nicht von der angekündigten Außenprüfung umfasst sind, grundsätzlich möglich. Insoweit besteht ein erheblicher Unterschied zur bis zum geltenden Fassung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO, da aufgrund dessen Wortlauts und des gesetzlichen Ziels der Unterbindung von Hinterziehungstaktiken die Ausschlusswirkung über den Wortlaut der Prüfungsanordnung hinaus ging und für die in der Prüfungsanordnung benannte Steuerart alle noch nicht verjährten Zeiträume im Hinblick auf eine Selbstanzeige umfasste.
Die Prüfungsanordnung bezieht sich auf die USt 14-16, abgegeben wird eine Selbstanzeige für USt 12-13 sowie 17. Nach der ab dem geltenden Fassung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO ist die Selbstanzeige unproblematisch wirksam, wenn die Hinterziehung der USt erst 12 begann. Nach der vorherigen Gesetzesfassung wäre vielmehr zu fragen gewesen, ob die Selbstanzeige unwirksam ist. Wurde in den Jahren 14-16 keine USt hinterzogen, so wäre die Selbstanzeige vollständig und somit wirksam gewesen. Wurde hingegen auch in diesem Zeitraum USt hinterzogen, so wäre die Selbstanzeige nach der mittlerweile überholten Rechtslage unvollständig und damit in Gänze unwirksam gewesen.
179 Bekanntgabe
Problematisch ist der Begriff der Bekanntgabe. Für die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gilt § 122 Abs. 1 AO. Danach liegt eine wirksame Bekanntgabe vor, wenn der Verwaltungsakt mit dem Willen der Behörde dem richtigen Adressaten in der richtigen Form zugeht. Tatbestandliche Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Bekanntgabe sind somit
der Bekanntgabewille der Behörde,
der Zugang,
der richtige Adressat und
die richtige Form.
Eine Prüfungsanordnung ist zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass diesem die Kenntnisnahme unter normalen Umständen möglich war oder von ihm nach den Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs erwartet werden konnte (vgl. § 130 BGB). Die tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht maßgeblich.
180 Richtiger Adressat
Richtiger Adressat der Prüfungsanordnung ist derjenige, für den die Prüfungsanordnung nach ihrem Inhalt bestimmt oder der von ihr betroffen ist. Die Prüfungsanordnung ist somit dem zur Duldung der Prüfung steuerlich Verpflichteten bekannt zu geben; sie wird also nur wirksam und entfaltet nur dann ihre Ausschlusswirkung, wenn ihr Adressat in diesem Sinne Steuerpflichtiger, d. h. Duldungspflichtiger ist.
Im Hinblick auf den Kreis der genannten Adressaten enthält der ab geltende § 371 Abs. 1 Nr. 1a AO grundlegende Änderungen: Da der bisherige Begriff des „Täters“ durch den Begriff des „an der Tat Beteiligten“ ersetzt wurde, erstreckt sich die persönliche Sperrwirkung nun auch auf Anstifter und Gehilfen.
Dem Täter einer Steuerhinterziehung wird die Prüfungsanordnung nach § 196 AO für eine steuerliche Außenprüfung bekannt gegeben. Ab diesem Zeitpunkt ist nach der aktuellen Fassung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO die Selbstanzeige nicht nur für den Täter der Steuerhinterziehung gesperrt, sondern auch der Anstifter zu der Steuerhinterziehung kann keine Selbstanzeige mehr mit strafbefreiender Wirkung abgeben.
Vertreter i. S. des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO sind die Bekanntgabeadressaten, also die gesetzlichen Vertreter, aber auch die durch besondere Vollmacht gewillkürten Vertreter i. S. des § 80 AO.
181 Durch die zusätzliche Aufnahme des Begriffs des „Begünstigten“ i. S. des § 370 Abs. 1 AO wurde eine Regelungslücke geschlossen, da in der Vergangenheit umstritten war, ob die Sperrwirkung auch für Mitarbeiter eingriff, die zugunsten des Unternehmens eine Steuerhinterziehung begangen hatten und in der Folge aus dem Unternehmen ausgeschieden waren. Nunmehr ist jedoch gesetzlich festgelegt, dass die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a AO auch für den an der Tat Beteiligten, also auch für den Mitarbeiter gilt, der nicht selbst Adressat der Prüfungsanordnung ist. Es ist nicht notwendig, dass der an der Tat Beteiligte von der Prüfungsanordnung Kenntnis erhalten muss. Ziel ist es, dass ein an der Tat Beteiligter nicht vom Auseinanderfallen zwischen Tatbeteiligten und Begünstigten der Steuerhinterziehung profitiert. Die Sperrwirkung wurde deshalb vom Gesetzgeber auch auf (ggf. ausgeschiedene) Mitarbeiter erstreckt. [202]
182 Im Hinblick auf die Bestimmung des persönlichen Umfangs der Ausschlusswirkung ist aufgrund der weiten Formulierung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO (vgl. Rn. 178) die genaue Formulierung der Prüfungsanordnung ohne weitere Bedeutung.
183 Beweislast für den Zugang
Den Zugang der Prüfungsanordnung müssen die Strafverfolgungsbehörden nachweisen, da die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen im Strafrecht keine Anwendung finden kann. Dieser Nachweis wird in der Praxis kaum möglich sein, da Prüfungsanordnungen in der Regel mit einfachem Brief verschickt werden. Bestreitet der Steuerpflichtige den Zugang der Prüfungsanordnung, so ist eine abgegebene Selbstanzeige trotz Absendung der Prüfungsanordnung wirksam. Wird der Zugang einer Prüfungsanordnung nicht bestritten, ist jedoch der Zugangszeitpunkt unklar, so dürfte zugunsten des Steuerpflichtigen die Dreitagesfiktion des § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO anwendbar sein. Behauptet der Steuerpflichtige einen späteren Zugang, so unterliegt dies der Beweiswürdigung des Strafgerichts. Folglich wird er sich in der Regel damit durchsetzen, wenn die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs besteht.
Eine rechtzeitig abgegebene Selbstanzeige hindert nicht die Durchführung einer bereits angesetzten Außenprüfung.
c) Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO)
184 Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO ist die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige ausgeschlossen, wenn nur einem der Tatbeteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bereits bekannt gegeben wurde. Dies kann z. B. durch ein Einleitungsschreiben oder die Übergabe einer Durchsuchungsanordnung geschehen.
185 Umfang der Ausschlusswirkung
Aus der Einleitungsverfügung oder dem Durchsuchungsbeschluss ergibt sich in Form der darin nach Steuerart, Zeitraum und Steuerpflichtigem beschriebenen Tat auch der Umfang der Ausschlusswirkung. [203] Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass – anders als nach der bis ins Jahr 2011 geltenden alten Fassung des § 371 Abs. 2 AO [204] – bezüglich des Umfangs der Sperrwirkung nicht mehr auf die in der Einleitungsverfügung angeführten Besteuerungszeiträume abzustellen ist. Gesperrt sind vielmehr alle strafrechtlich nicht verjährten Zeiträume, die von Hinterziehungen der in der Einleitungsverfügung genannten Steuerart betroffen sind.
Bezieht sich das Einleitungsschreiben z. B. auf Einkünfte aus Kapitalvermögen der Jahre 15 bis 16, wurden aber tatsächlich Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 13 bis 17 nicht erklärt, so sind mithin nicht nur die Jahre 15 und 16 sondern auch die Zeiträume davor und danach gesperrt. Darüber hinaus bezieht sich die Sperrwirkung auf sämtliche Einkünfte i. S. des § 2 EStG. Möglich bleibt eine Selbstanzeige hingegen im Hinblick auf andere Steuerarten wie z. B. Schenkung- oder Umsatzsteuer. Insoweit kann der Beschuldigte noch eine „passende“ Selbstanzeige abgeben und damit einer Entdeckung im Rahmen des Strafverfahrens zuvorkommen.
Eine Sperrwirkung auch für andere als die in der Einleitungsverfügung genannten Steuerarten dürfte zu verneinen sein.
186 Form
Die Verfahrenseinleitung bedarf aber keiner bestimmten Form, so dass sie z. B. auch mündlich im Rahmen einer Vernehmung oder Durchsuchung erfolgen kann. Wichtig ist insoweit allerdings, dass es neben der Einleitung auch noch der Bekanntgabe bedarf, so dass z. B. ein interner Vermerk (vgl. § 397 Abs. 2 AO) nicht ausreichend ist.
187 Wirkung
Die Sperrwirkung entsteht gegenüber allen Tatbeteiligten, wenn nur gegenüber einem die Verfahrenseinleitung bekannt gegeben wird. Folglich kann z. B. ein Gehilfe der Steuerhinterziehung keine Selbstanzeige mehr abgeben, wenn die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens dem Täter bekannt gegeben worden ist. [205] Ausreichend ist nach der Gesetzesbegründung der seit dem geltenden Fassung des § 371 AO allein die objektive Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung, so dass die Kenntnis der anderen Beteiligten nicht erforderlich ist. Dies ist jedoch ausgesprochen problematisch, da derjenige, der eine Selbstanzeige abgeben möchte, dann in komplexen Hinterziehungsfällen mit zahlreichen Beteiligten nicht überblicken kann, ob nicht schon einem anderen Beteiligten die Verfahrenseinleitung mitgeteilt wurde und somit die Selbstanzeige nicht strafbefreiend wirkt.
d) Erscheinen eines Außenprüfers (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO)
188 Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen, soweit ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer rechtmäßigen steuerlichen Außenprüfung i. S. der §§ 193 ff. AO vor Ort erschienen ist. Durch den Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO kommt diesem Ausschlussgrund keine große Bedeutung zu, denn er kommt lediglich dann zur Anwendung, wenn der Prüfer vor Ort erscheint ohne dass vorher eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde bzw. die fehlende Bekanntgabe unwiderleglich behauptet wird.
189 Umfang der Ausschlusswirkung
Der Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus der Prüfungsanordnung. Durch die seit dem geltende Fassung des § 371 AO dürfte es entgegen der früheren Rechtsprechung des BGH [206] keine Erweiterung der Ausschlusswirkung auf diejenigen Taten geben, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen.
Nach der mittlerweile wohl überholten Rechtsprechung des BGH war der sachliche Zusammenhang und damit auch die Ausschlusswirkung zu bejahen, wenn die gleiche Steuerart und die identische Einkunftsquelle betroffen waren, die auch Gegenstand der Außenprüfung waren, es sich jedoch um einen abweichenden Besteuerungszeitraum handelte.
190 Auch der persönliche Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus der Prüfungsanordnung, so dass sie sich in der Regel auf den zu prüfenden Steuerpflichtigen bezieht. Das Erscheinen bei „anderen Personen“ i. S. des § 93 Abs. 1 AO, z. B. im Rahmen der Auskunftseinholung, begründet die Ausschlusswirkung nicht. Ist der am Besteuerungsverfahren gem. § 78 AO Beteiligte, gegen den sich die Ermittlungshandlungen richten, keine natürliche Person, sondern ein Rechtssubjekt mit eigener Steuerrechtsfähigkeit [207], so richtet sich die Wirkung des Ausschlussgrunds nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO gegen den oder die für dieses Steuerrechtssubjekt nach § 79 AO handlungspflichtigen gesetzlichen Vertreter (z. B. den Geschäftsführer einer GmbH, § 43 GmbHG). Die Ausschlusswirkung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO gilt aber aufgrund der Beschränkung auf den „sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung“ nur hinsichtlich der Steuern dieses Rechtssubjekts, nicht hinsichtlich der Hinterziehung der persönlichen Steuern des Vertreters.
191 Erscheinen vor Ort
Damit der Prüfer vor Ort erschienen ist, muss er am Ort der beabsichtigten Prüfung eingetroffen oder zumindest in das Blickfeld des Steuerpflichtigen getreten sein. Er muss somit bildlich gesprochen bereits auf der Fußmatte vor der Tür des Betroffenen stehen. Folglich ist der Prüfer z. B. noch nicht zur Prüfung erschienen, wenn ihm am ersten Prüfungstag noch vor dem Betreten des Betriebsgeländes die Selbstanzeige übergeben wird.
192 Prüfungsabsicht
Der Amtsträger der Finanzbehörde muss nicht nur erscheinen, sondern dies muss auch zur steuerlichen Prüfung, d. h. in Prüfungsabsicht erfolgen. Dies ist gegeben, wenn er das Grundstück mit den Betriebs- oder Wohnräumen des Steuerpflichtigen in der ernsthaften Absicht betritt, Prüfungshandlungen vorzunehmen. Nicht ausreichend ist die Absicht der bloßen Ankündigung, der Übermittlung der Prüfungsanordnung, der Anforderung von Prüfungsunterlagen oder der Besichtigung des Betriebs. Maßgeblich ist aber nur das Erscheinen in der Absicht, Prüfungshandlungen vorzunehmen, nicht hingegen der tatsächliche Beginn der Prüfung. Kommt es nach dem Erscheinen in der Absicht, Prüfungshandlungen vorzunehmen, zu keinen weiteren Prüfungshandlungen oder z. B. lediglich zur Anforderung von Prüfungsunterlagen, so ändert dies an der eingetretenen Sperrwirkung nichts. [208]
193 Erweiterung der Prüfungsanordnung
Kommt es im Rahmen einer Betriebsprüfung zu einer Erweiterung der Prüfungsanordnung, so erscheint der Amtsträger der Finanzbehörde hinsichtlich der von der erweiterten Prüfungsanordnung erfassten Steuerarten und Zeiträume erstmals in dem Zeitpunkt zur steuerlichen Prüfung, in dem er, die Erweiterung der Prüfungsanordnung in Schriftform bei sich führend, die Räume des Steuerpflichtigen zum Zweck der Prüfung der dort genannten Steuerarten und Zeiträume betritt.
194 Ort der Prüfung
Findet die Prüfung im Büro des Steuerberaters statt, so kommt es maßgeblich auf das dortige Erscheinen des Prüfers an. Das Erscheinen bei Dritten z. B. zu einer Betriebs- oder Steuerfahndungsprüfung bewirkt hingegen selbst im Falle von Mittäterschaft keine Sperre der Selbstanzeige. Umstritten war der Eintritt der Sperrwirkung, wenn die Prüfung an Amtsstelle stattfindet. Richtigerweise dürfte davon auszugehen sein, dass der Betriebsprüfer die Prüfung an Amtsstelle beginnt, indem er die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen zur Vorbereitung und damit zur Durchführung der Prüfung auswertet. Darin liegt bereits eine Prüfungshandlung, denn das Aktenstudium dient der Prüfung konkreter Verhältnisse des zu prüfenden Betriebs. Allerdings wird eine Prüfung an Amtsstelle nur erfolgen, wenn zuvor auch eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde und der Steuerpflichtige auf dieser Grundlage die Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, so dass diesem Streit im Hinblick auf die bereits nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO eingetretene Sperrwirkung keine Bedeutung mehr zukommt.
Eine rechtzeitig abgegebene Selbstanzeige hindert nicht die Durchführung einer bereits angesetzten Außenprüfung.
e) Erscheinen eines Fahndungsprüfers (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d AO)
195 Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen, soweit ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit, z. B. im Rahmen einer Fahndungsprüfung bereits vor Ort erschienen ist.
196 Umfang der Ausschlusswirkung
Der Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus dem in der Straf- bzw. Fahndungsakte niedergelegten Ermittlungsauftrag bzw. aus den im strafrechtlichen Durchsuchungsbeschluss genannten und für den Steuerpflichtigen daraus erkennbaren Gründen. Es gilt jedoch etwas anderes, wenn der Steuerpflichtige aufgrund anderer Anhaltspunkte erkennen kann, dass der Prüfungsumfang über den im Durchsuchungsbeschluss genannten zeitlichen Umfang hinausgeht, z. B. wenn im Rahmen einer Durchsuchung das Verfahren mündlich auch auf weitere Zeiträume erweitert wird oder wenn die zeitliche Begrenzung im Durchsuchungsbeschluss erkennbar eine Folge der auf fünf Jahre begrenzten Verjährungsfrist bei Steuerstraftaten ist, nicht aber Ausdruck des zeitlichen Beschränkungswillens der Strafverfolgungsbehörden. [209]
Darüber hinaus dürfte sich nach der Rechtsprechung des BGH [210] die Ausschlusswirkung auch auf diejenigen Taten beziehen, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen. Dieser sachliche Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die gleiche Steuerart und die identische Einkunftsquelle, die Gegenstand der Außenprüfung sind, betroffen sind, und es sich lediglich um einen abweichenden Besteuerungszeitraum handelt. Der sachliche Zusammenhang dürfte jedoch auch steuerartübergreifend zu bejahen sein, wenn sich eine Einkunftsquelle z. B. bzgl. Einkommen- und der Gewerbesteuer auswirkt. Der Unterschied zur Regelung bei § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO (vgl. Rn. 189) dürfte sich daraus ergeben, dass eine der Bezugnahme auf den sachlichen und zeitlichen Bezug der Außenprüfung entsprechende Regelung in § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d AO nicht vorhanden ist.
197 Der persönliche Umfang der Ausschlusswirkung ergibt sich aus der Einleitungsverfügung, dem in der Fahndungsakte niedergelegten Ermittlungsauftrag oder dem Durchsuchungsbeschluss.
Im Hinblick auf das Erscheinen vor Ort kann auf die Rn. 191 ff. verwiesen werden.
f) Erscheinen eines Amtsträgers zur Umsatzsteuer-/Lohnsteuer-Nachschau (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1e AO)
198 Durch den mit Wirkung zum eingefügten § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e AO wird klargestellt, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer rechtmäßigen Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG, Lohnsteuer-Nachschau nach § 42g EStG oder sonstigen Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften erschienen ist und sich ausgewiesen hat. Dies entspricht auch der vor der Einführung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1e AO herrschenden Meinung. [211]
199 Ausweis des Amtsträgers
Die Sperrwirkung greift jedoch nur ein, wenn der Amtsträger der Finanzbehörde sich auch als solcher ausgewiesen hat, da andernfalls der betroffene Steuerpflichtige nicht erkennen kann, ob gerade eine Nachschau stattfindet und somit ein Sperrgrund eingreift. Dementsprechend entfällt dieser Sperrgrund sobald die Nachschau beendet ist – z. B. durch das Verlassen des Ladenlokals oder der Geschäftsräume. Findet - z. B. im Rahmen einer Kassennachschau - die Auswertung der jeweiligen Aufzeichnungen jedoch an Amtsstelle statt, so endet die Nachschau auch erst mit dem Ende dieser Auswertungshandlung bzw. der Rückgabe der Aufzeichnungen.
Führte die Nachschau zu Erkenntnissen oder Ergebnissen, die Anlass zu weiteren steuerlichen oder strafprozessualen Maßnahmen bieten, dürfte in der Regel mit dem Beenden der Nachschau unmittelbar oder zumindest in zeitlicher Nähe (z. B. Tatentdeckung, Übergang zur steuerlichen Außenprüfung oder Einleitung eines Strafverfahrens) ein anderer Sperrgrund eingreifen.
200 Problematisch ist allerdings der sachliche Umfang der Sperrwirkung. So könnte man davon ausgehen, dass z. B. eine Umsatzsteuer-Nachschau gem. § 27b UStG ausschließlich Sperrwirkung für die Umsatzsteuer entfaltet. Dafür könnte sprechen, dass der Anwendungsbereich der Umsatzsteuer-Nachschau eindeutig auf die Umsatzsteuer beschränkt ist und der Anlass zur Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau immer im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer stehen muss. Der Zweck der Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau muss somit ausschließlich in der Prüfung umsatzsteuerlicher Sachverhalte bestehen; ertragssteuerliche Prüfungsfelder dürfen nie Anlass einer Umsatzsteuer-Nachschau sein. Der konkrete Anlass für die Durchführung der Nachschau muss dazu führen, dass verwaltungsintern ein Auftrag zur Prüfung des Sachverhalts erteilt wird [212]. Dieser Auftrag entspricht zwar nicht den Anforderungen einer Prüfungsanordnung nach § 196 AO und § 5 BpO, da er wohl auch mündlich durch einen Sachgebietsleiter oder Veranlagungssachbearbeiter gegeben werden kann, er könnte jedoch als ausreichende Beschreibung des Umfangs der sachlichen Sperrwirkung angesehen werden.
Es ist demgegenüber allerdings zu berücksichtigen, dass die im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau festgestellten Verhältnisse gem. § 27b Abs. 4 UStG auch für die Festsetzung und Erhebung anderer Steuern berücksichtigt werden dürfen. Es besteht weitest gehende Einigkeit darüber, dass festgestellte umsatzsteuerliche Sachverhalte auch ertragsteuerlich zu verwerten sind, wenn sich die ertragsteuerliche Auswirkung unmittelbar aus ihnen ergibt. Folglich ist es auch nur folgerichtig, die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e AO für die Dauer einer Nachschau nicht auf einzelne Steuerarten oder die Verbrauchsteuern zu begrenzen, sondern auf alle Steuerarten zu erstrecken. [213]
g) Entdeckung der Tat (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO)
201 Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO tritt Straffreiheit nicht ein, soweit die Tat im Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige bereits entdeckt war und der Erklärende dies wusste oder damit rechnen musste. Dieser Ausschlussgrund wurde im Jahr 2010 durch die Rechtsprechung des BGH [214] erheblich erweitert.
202 Tatentdeckung
Die Tatentdeckung muss objektiv gegeben sein. Dafür muss nach der Rechtsprechung eine Verurteilung aufgrund einer vorläufigen, die zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens schmale Tatsachenbasis berücksichtigenden Tatbewertung wahrscheinlich sein. [215] Folglich muss
das Vorliegen des objektiven Tatbestands wahrgenommen worden sein und
nach kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat nahe liegen. [216]
Die objektiven Anforderungen für die Tatentdeckung liegen somit geringfügig höher als ein Anfangsverdacht.
Das Finanzamt erhält eine Kontrollmitteilung, nach der A im Jahr 16 Provisionseinkünfte in Höhe von 10.000 € erhalten hat. Aus der Steuerakte ergibt sich, dass er Einkünfte in Höhe von 6.000 € erklärt hat. Eine Einnahmen-Überschussrechnung liegt nicht vor. Daraufhin fragt das Finanzamt bei A an, welche Bewandtnis es mit dieser Zahlung habe. Wenige Tage später erstattet A Selbstanzeige.
Es liegt eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige vor, da die Kontrollmitteilung keine Tatentdeckung begründet (nicht einmal einen Anfangsverdacht), da es durchaus plausibel war, dass nach Abzug der Betriebsausgaben lediglich 6.000 € verblieben.
Etwas anderes würde jedoch gelten, wenn dem Finanzamt eine Einnahmen-Überschussrechnung vorgelegen hätte, aus der sich ergibt, dass die Einnahmen laut Kontrollmitteilung verschwiegen wurden, z. B. wenn nur Betriebseinnahmen in Höhe von 2.000 € erklärt werden.
Dem Finanzamt liegt eine Kontrollmitteilung über Provisionseinkünfte in Höhe von 10.000 € vor, aber der Betroffene hat keine Einkünfte erklärt. In diesem Fall liegt ein Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung vor, und auch eine Tatentdeckung dürfte zu bejahen sein. Es ist zwar durchaus denkbar, dass der Betroffene keine Gewinne gemacht hat oder er sich im Irrtum über die Steuerpflicht befand. Trotzdem dürfte in einem solchen Fall nach kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat nahe liegen, so dass aufgrund der Kontrollmitteilung eine Tatentdeckung i. S. des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben sein dürfte.
203 Kenntnis von der Tatentdeckung
Die Kenntnis von der Tatentdeckung hat der Erklärende, wenn er aus ihm bekannten Tatsachen den Schluss gezogen hat oder hätte ziehen können, dass seine Tat entdeckt wurde und somit bei vorläufiger Bewertung seine Verurteilung wahrscheinlicher ist als dass eine Verurteilung unterbleibt. Allerdings sind nach der Rechtsprechung des BGH die Anforderungen an diese subjektive Kenntnis gering. [217]
204 Teilentdeckung der Tat
Für den Fall einer Teilentdeckung der Tat ergibt sich aus dem Wortlaut des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO, dass eine Selbstanzeige umfassend, d. h. für alle Angaben bzgl. des (teil)entdeckten Jahres und der (teil)entdeckten Steuerart ausgeschlossen ist.
205Person des Tatentdeckers
Die Tat kann nicht nur – z. B. in der Person eines Veranlagungssachbearbeiters oder eines Betriebsprüfers – von den Finanzbehörden entdeckt werden. Der Gesetzeswortlaut lässt es vielmehr offen, von wem die Tat entdeckt worden sein muss, so dass regelmäßig jede Person Entdecker i. S. von § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO sein kann, sofern sie nicht Tatbeteiligter ist. [218] Aus Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestands ergibt sich aber die Einschränkung, dass durch den Entdecker eine konkrete Aufdeckungsgefahr begründet werden muss. Es muss damit zu rechnen sein, dass der Entdecker seine Kenntnis an die Finanzbehörde oder Strafverfolgungsbehörden weitergibt, so dass sich das Entdeckungsrisiko bereits konkretisiert hat. [219] Tatentdecker können somit deutsche und ausländische [220] Amtsträger ebenso sein wie Privatpersonen. Handelt es sich um Privatpersonen, so ist allerdings eine Aufdeckungsgefahr zu verneinen, wenn es sich um dem Täter nahestehende Personen, Personen, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (z. B. den Steuerberater) oder um Personen handelt, die den Täter im Hinblick auf die Tat unterstützt haben oder daraus selbst einen Nutzen ziehen.
Teilweise wird vertreten, dass die Möglichkeit zur Selbstanzeige nach Tatentdeckung wieder aufleben kann, wenn
das eingeleitete Verfahren wieder eingestellt wird,
ohne dass ein Verfahren eingeleitet wird, eine Nachricht erfolgt, dass der bestehende Verdacht entkräftet ist oder
innerhalb von sechs Monaten kein Verfahren eingeleitet wurde. [221]
h) Höhe der Verkürzungsbeträge (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO)
206 Eine Selbstanzeige begründet nach § 371 Abs. 2 Satz. 1 Nr. 3 AO auch dann keine Anwartschaft auf Straffreiheit, wenn die nach § 370 Abs. 1 AO verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 25.000 € je Tat übersteigt [222].
207 Addition bei Tateinheit?
Es ist allerdings fraglich, ob bei Vorliegen von Tateinheit die Verkürzungsbeträge zu addieren sind. Dies wird zwar vom BGH aus der Rechtsprechung zum § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO abgeleitet, [223] dürfte jedoch im Hinblick auf den Wortlaut des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO („je Tat“), den Willen des Gesetzgebers und die Gesetzessystematik abzulehnen sein [224].
Der Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO erfasst somit nur die einzelne Tat, bei der die Betragsgrenze von 25.000 € überschritten wird. Ohne Bedeutung sind die rechtlichen Verhältnisse zu den übrigen mit der Selbstanzeigeerklärung zur Selbstanzeige gebrachten oder zu bringenden unverjährten Steuerstraftaten und die hinterzogenen Steuerarten. Übersteigt für diese Tat der Hinterziehungsbetrag die Grenze von 25.000 €, so wird der sich aus dem Hinterziehungsbetrag ergebende Schuldumfang dieser Tat so groß, dass eine Strafaufhebung nach der Vorstellung des Gesetzgebers ausgeschlossen sein soll.
208 Weiteres Verfahren
Für diese Tat bestimmt sich das weitere Verfahren nach der Vorschrift des § 398a AO. Das wegen dieser Tat eingeleitete Steuerstrafverfahren kann danach mit einer Einstellung abgeschlossen werden, wenn die dort genannten Auflagen erfüllt werden. Danach wird von der weiteren Verfolgung der Tat nur abgesehen, wenn der Täter innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist
nicht nur die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern nachzahlt, sondern
auch die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und Zinsen nach § 233a AO,
die Verzugszinsen nach Artikel 114 des Zollkodex der Union sowie
zusätzlich einen nach der Höhe des Hinterziehungsbetrags gestaffelten Geldbetrag zugunsten der Staatskasse.
Da die Höhe des Hinterziehungsbetrags einen wesentlichen Umstand für die Bemessung der Schuld des Straftäters darstellt, orientiert sich die Staffelung des zur Erlangung der Straffreiheit zu zahlenden Geldbetrags an der Höhe des Hinterziehungsbetrags. Danach beträgt der Geldbetrag
10 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 € nicht übersteigt,
15 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000 € übersteigt und 1.000.000 € nicht übersteigt,
20 % der hinterzogenen Steuer, wenn der Hinterziehungsbetrag 1.000.000 € übersteigt.
Der Täter hat im Jahr 16 einmalig Einkommensteuer in Höhe von 250.000 € durch Abgabe einer unvollständigen Einkommensteuererklärung zum [225] hinterzogen. Danach begeht der Steuerpflichtige keine Steuerhinterziehungen mehr. Im Dezember 20 zeigt der Steuerpflichtige die Hinterziehung für das Jahr 16 an. Es ist folglich zur Erlangung der Straffreiheit ein Geldbetrag in Höhe von 15 % auf diesen Gesamtbetrag (= 37.500 €) zu zahlen. Hinzu kommen die hinterzogenen Steuern in Höhe von 250.000 € und Zinsen für dreieinhalb Jahre (halbes Jahr 17, Jahre 18, 19 und 20) in Höhe von ca. 52.500 €, mithin insgesamt ca. 340.000 €. [226]
Wie vor, nur hat der Täter im Jahr 16 einmalig Einkommensteuer in Höhe von 1.200.000 € hinterzogen. Es ist folglich zur Erlangung der Straffreiheit ein Geldbetrag in Höhe von 20 % auf diesen Gesamtbetrag (= 240.000 €) zu zahlen. Hinzu kommen die hinterzogenen Steuern in Höhe von 1.200.000 € und Zinsen für dreieinhalb Jahre in Höhe von ca. 252.000 €, mithin insgesamt ca. 1.692.000 €. [227]
209 Kompensationsverbot
Bei der Berechnung des Hinterziehungsbetrags ist gem. § 398a Abs. 2 AO das Kompensationsverbot (vgl. Rn. 72 ff.) zu berücksichtigen. Wird der Geldbetrag gem. § 398a Abs. 2 AO jedoch nicht gezahlt, so bleibt die Wirksamkeit der Selbstanzeige für die übrigen (selbst-)angezeigten Taten davon unberührt. Umstritten ist allerdings, ob auch im Hinblick auf den Begriff der hinterzogenen Steuer das Kompensationsverbot anwendbar ist. [228]
Der Unternehmer hat eine Steuerhinterziehung begangen, indem er vorsätzlich seine USt-Jahreserklärung nicht bis zum 31.7. abgegeben hat. [229] Die USt beträgt 1.000.001 €, die Vorsteuer 950.000 €, sodass sich eine Zahllast in Höhe von 50.001 € ergibt.
Aufgrund des Eingreifens des Kompensationsverbots ist im Hinblick auf den Hinterziehungsbetrag für die Festlegung der prozentualen Höhe des Zuschlags nach § 398 Abs. 2 AO auf den Nominalbetrag der verkürzten Steuer, mithin auf 1.000.001 € abzustellen. Dieser Prozentsatz ist auf die hinterzogene Steuer anzuwenden, bzgl. der die Anwendbarkeit des Kompensationsverbotes umstritten ist. Wendet man es an, so beträgt der Zuschlag 20 % auf 1.000.001 € (= 200.000,20 €). Findet das Kompensationsverbot hingegen auf den Begriff der hinterzogenen Steuer keine Anwendung, dann beträgt der Zuschlag 20 % auf 50.001 € (= 10.000,20 €).
210 Teilnehmer
§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO i. V. mit § 398a Abs. 1 AO gilt gemäß dem Wortlaut „der an der Tat Beteiligte“ auch für den Teilnehmer, der eine Selbstanzeige für eine Tat mit einem Hinterziehungsumfang von 25.000 € abgibt [230]. Sind mehrere Täter und/oder Teilnehmer nebeneinander vorhanden, so muss jeder von ihnen selbst den zusätzlichen Geldbetrag gem. § 398a Abs. 1 AO an die Staatskasse abführen, um die Rechtsfolge des § 398a AO herbeizuführen [231].
211 Strafprozessuales Verfolgungshindernis
Aus § 398a AO ergibt sich ein strafprozessuales Verfolgungshindernis und nicht wie bei § 371 AO ein persönlicher Strafaufhebungsgrund. Dieses Verfahrenshindernis löst keinen Strafklageverbrauch aus, so dass die Tat wieder verfolgt werden kann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Selbstanzeige unwirksam war, weil z. B. der Hinterziehungsbetrag in Wirklichkeit höher war. [232] Dies wird in der ab dem geltenden Fassung des § 398a Abs. 3 AO auch ausdrücklich klargestellt. Für die Frage, wann eine Selbstanzeige i. S. des § 398a Abs. 3 AO unrichtig oder unvollständig war, kann auf die Rn. 152 bis 169 verwiesen werden.
212 Zuschlag
Werden die nach § 398a AO erforderlichen Leistungen erbracht, hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung abzusehen. Ein Ermessen steht ihr insoweit nicht zu. Wird das Verfahren hingegen trotz Zahlung des Zuschlags nicht eingestellt – z. B. weil der Zuschlag oder die hinterzogene Steuer (vgl. Rn. 214 ff.) nicht vollständig bezahlt wird – oder kommt es zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens, weil die Selbstanzeige unrichtig oder unvollständig war, wird der gezahlte Zuschlag gem. § 398a Abs. 4 Satz 1 AO nicht erstattet. Für den Fall, dass das folgende Verfahren mit einer Verurteilung endet, besteht lediglich die Möglichkeit, dass der gezahlte Zuschlag nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO vom Gericht auf eine Geldstrafe angerechnet wird.
i) Regelbeispiele (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO)
213 Durch § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO in der seit dem geltenden Fassung hat der Gesetzgeber für diejenigen Fälle, die vom Gesetzgeber als Regelbeispiele für das Vorliegen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung bewertet werden (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 5 AO; vgl. Rn. 120 ff.), einen weiteren Sperrgrund geschaffen.
Liegt ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 5 AO vor, so führt aufgrund der besonderen Strafwürdigkeit dieser Fälle eine Selbstanzeige i. S. des § 371 AO nicht mehr zur Strafbefreiung, sondern es ist nur ein Absehen von der Verfolgung nach § 398a AO möglich (vgl. dazu Rn. 211).
4. Nachzahlungspflicht
214 Sofern Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile bereits erlangt sind, tritt Straffreiheit erst ein, wenn der Täter die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern sowie – in der seit dem geltenden Fassung des § 371 Abs. 3 AO – die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und die Zinsen nach § 233a AO sowie – in der seit dem geltenden Fassung – die Verzugszinsen nach Art. 114 des Zollkodex der Union innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nachentrichtet (§ 371 Abs. 3 AO). Der Täter hat somit eine Anwartschaft auf Straffreiheit erworben, so dass der Strafanspruch des Staates noch besteht, aber durch die Nachzahlung von Steuern und Zinsen auflösend bedingt ist [233].
a) Zu seinen Gunsten hinterzogene Steuern
215 Das Tatbestandsmerkmal „zu seinen Gunsten“ stellt auf eine wirtschaftliche Betrachtung, nicht hingegen auf die Steuerschuldnerschaft ab. Folglich hat derjenige Steuern „zu seinen Gunsten“ hinterzogen, der infolge der Steuerhinterziehung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat. Dieses Merkmal kann allerdings problematisch werden, wenn Täter und Steuerschuldner auseinander fallen.
Dies wird deutlich am Beispiel von angestellten Geschäftsführern: Bei ihnen kommt es darauf an, wem die steuerlichen Vorteile bzw. die hinterzogenen Beträge letztendlich zugeflossen sind. [234] Um insoweit eine zu weite Ausuferung zu vermeiden, ist darauf abzustellen, dass unmittelbar aus dem Steuervorteil ein wirtschaftlicher Vorteil erlangt worden sein muss. Hat der Geschäftsführer infolge der Steuerhinterziehung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, so wird er erst durch die Nachzahlung straffrei. Ist der wirtschaftliche Vorteil hingegen der Gesellschaft zugeflossen, so wird der Geschäftsführer ohne Nachzahlung schon durch die Selbstanzeige als solche straffrei. Zur Begründung eines wirtschaftlichen Vorteils (und damit auch einer Nachzahlungsverpflichtung) reicht es nicht aus, wenn der Geschäftsführer z. B. handelt, um seinen Arbeitsplatz für längere Zeit zu sichern. [235]
G ist Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH. Er hinterzieht zugunsten der GmbH betriebliche Steuern. Einige Zeit später gibt er eine Selbstanzeige ab, es kommt allerdings nicht zu einer Nachzahlung. G hat eine Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH begangen. Er hat auch eine Selbstanzeige abgegeben. Eine Sperrwirkung i. S. des § 371 Abs. 2 AO ist nicht ersichtlich. Da die Selbstanzeige des G aber gem. § 371 Abs. 3 AO nur wirksam ist, „wenn er die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern“ nachentrichtet, ist fraglich, ob ihn eine Nachzahlungspflicht trifft.
Nach einer Mindermeinung ist insoweit auf eine rein steuerliche Betrachtung abzustellen, so dass G selbst keinen Steuervorteil erlangt hat und folglich allein durch die Selbstanzeige straffrei geworden wäre. Demgegenüber ist nach absolut herrschender Ansicht auf eine wirtschaftliche Betrachtung abzustellen. Danach hat G die Tat zu seinen Gunsten begangen, da Steuerschuldner und Täter wirtschaftlich identisch sind. Somit ist seine Selbstanzeige ohne Nachzahlung nicht wirksam.
V ist angestellter Geschäftsführer der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindenden F-GmbH. Da er sich gegenüber der Gesellschafterin E der F-GmbH in einem möglichst guten Licht darstellen möchte, behebt er die Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH dadurch, dass er zu niedrige USt-Voranmeldungen abgibt. Als sein Handeln von E entdeckt wird, gibt V eine Selbstanzeige ab. Zu einer Nachzahlung kommt es aber nicht mehr, da über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet wird.
Auch in diesem Fall wurde die Steuer durch den Geschäftsführer zugunsten der Gesellschaft hinterzogen. Auch V hat eine Selbstanzeige abgegeben, die nicht gem. § 371 Abs. 2 AO gesperrt ist. Bei V handelt es sich jedoch um einen angestellten Geschäftsführer, dem die hinterzogenen Beträge letztendlich nicht zugeflossen sind. Es ging ihm lediglich darum, die F zu beeindrucken, oder eventuell daneben auch noch darum, seinen eigenen Arbeitsplatz über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Dies genügt aber nicht, um eine Nachzahlungspflicht zu begründen. Mithin ist G auch ohne eine Nachentrichtung der hinterzogenen Steuern durch die Selbstanzeige straffrei. Seine Haftung für die verkürzten Steuern (vgl. §§ 34, 69, 71 AO) bleibt jedoch bestehen.
216 Hat der Täter die Steuern nicht zu eigenen Gunsten hinterzogen, so wird er allein durch die Abgabe der Selbstanzeige i. S. des § 371 Abs. 1 AO straffrei. Dasselbe gilt bei versuchter Steuerhinterziehung, da in diesem Fall noch keine Steuerverkürzung i. S. des § 371 Abs. 4 Satz 1 AO eingetreten ist bzw. noch kein Steuervorteil i. S. des § 371 Abs. 4 Satz 2 AO erlangt wurde. Darüber hinaus sind gem. § 371 Abs. 3 Satz 2 AO im Fall von Umsatzsteuervor- und Lohnsteueranmeldungen lediglich die hinterzogenen Steuerbeträge nachzuentrichten, nicht hingegen die Zinsen. Diese Ausnahme gilt allerdings nicht für Jahreserklärungen. [236]
b) Nachzahlungsfrist
217 Damit die Nachzahlungsfrist angemessen ist, sollte sie nicht unter einem Monat liegen und wird in der Regel sechs Monate nicht überschreiten. [237] Es handelt sich insoweit um eine strafrechtliche Frist und nicht um eine solche des Besteuerungsverfahrens. Sie hat mit dem Leistungsgebot im Steuerbescheid nichts zu tun, so dass sich z. B. die Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 AO nicht auf sie auswirkt. Zuständig für die Setzung der Nachfrist ist somit auch die BuStra bzw. die Staatsanwaltschaft oder, wenn das Verfahren bereits bei Gericht anhängig ist, auch das Gericht, aber in keinem Fall das Veranlagungsfinanzamt. [238]
218 Ist die Frist zu kurz bemessen, so verlängert sie sich nicht automatisch auf eine angemessene Länge, sondern sie gilt als nicht gesetzt. [239] Folglich besteht dann trotz nicht fristgerechter Zahlung immer noch eine Option auf Straffreiheit durch Nachzahlung.
c) Teilzahlung
219 Erfolgt die Nachzahlung nur teilweise, so ist fraglich, welche Folge sich daraus ergibt. Im Jahr 2011 hat der Gesetzgeber in § 371 Abs. 3 AO das Wort „soweit“ durch das Wort „wenn“ ersetzt. Es ist jedoch fraglich, ob sich daraus die gleiche Folge wie in § 371 Abs. 1 AO ergibt, dass eine Selbstanzeige nur wirksam ist, wenn sie vollständig ist, so dass auch nur eine vollständige Nachzahlung zur Straffreiheit führen würde.
Es wird eine strafbefreiende Selbstanzeige für die Jahre 12-16 abgegeben. Die vorhandenen Mittel erlauben jedoch nur eine Nachzahlung für die Jahre 12-14. Fraglich ist, ob die unterbleibende Zahlung für die Jahre 15-16 auch den Selbstanzeigen für die Jahre 12-14 die Wirksamkeit nimmt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass in § 371 Abs. 3 AO von den „an der Tat Beteiligten“ die Rede ist. Durch diesen Bezug auf den Begriff der Tat, der auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum abstellt, ist nach der hier vertretenen Ansicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den alten Rechtszustand nicht ändern wollte. Zahlt der Anzeigende somit für jedes der Jahre jeweils anteilig 70 %, so macht dies die Selbstanzeigen für alle Jahre unwirksam. Entrichtet er hingegen für die die Jahre 12-14 die hinterzogene Steuer vollständig nach, erlangt er für diese Jahre Straffreiheit. [240]
220 Handelt es sich um eine sog. fehlgeschlagene Selbstanzeige, weil z. B. die Nachzahlung nicht innerhalb der gesetzten Frist oder nicht vollständig erfolgt, so wirkt sie nicht strafbefreiend, ist jedoch bei der Strafzumessung zugunsten des (Selbst-)Anzeigenerstatters zu berücksichtigen. [241]
Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat zwar keine Auswirkung auf die Nachzahlungsfrist (vgl. Rz. 218), er sollte aber im Hinblick auf die Vollständigkeit der Nachzahlung unbedingt unterlassen werden.
d) Drittanzeige
221 Drittanzeige vs. Selbstanzeige
Die in der Praxis nur selten berücksichtigte Drittanzeige des § 371 Abs. 4 AO ist zu unterscheiden von der Selbstanzeige: Es entsteht ein Strafverfolgungshindernis bei einem Dritten und nicht ein Strafaufhebungsgrund beim Anzeigenerstatter. [242] Der Sinn dieser Vorschrift liegt darin, dass ein Anzeigenerstatter nicht dadurch von einer Nachmeldung abgehalten werden soll, dass er andere Personen dadurch der Strafverfolgung aussetzen würde. [243]
222 Berichtigung nach § 153 AO
Eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO muss durch den Täter oder einen von ihm beauftragten Vertreter abgegeben werden. Da es sich bei ihr um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund handelt, wirkt sie gegenüber Dritten grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt gem. § 371 Abs. 4 AO jedoch, wenn eine Berichtigung nach § 153 AO vorgenommen wird. Die in § 153 AO normierte Berichtigungspflicht besteht für bestimmte Personen, die nachträglich erkennen, dass bereits abgegebene Erklärungen unvollständig oder unrichtig waren. Die Nacherklärung nach § 153 AO führt dann gem. § 371 Abs. 4 AO auch zu einem Strafverfolgungshindernis zugunsten anderer Personen, die ihrerseits pflichtwidrig die Berichtigung unterlassen haben. [244]
G1 hat im Rahmen der Geschäftsführung einer GmbH eine Steuerhinterziehung begangen. Ihm folgt G2 nach, der diese Tat erkennt, ohne etwas zu unternehmen. Wenig später übernimmt G3 die Geschäftsführung und erkennt - während einer die Vorfälle betreffenden Außenprüfung - die Fehler von G1. Er erstattet die in § 153 AO vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß.
In diesem Fall war G3 als Organ der GmbH (§ 35 GmbHG) gem. § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO verpflichtet, die Steuererklärung zu berichtigen. Dies hat er getan. Selbst wenn er insoweit im Namen von G1 und G2 gehandelt haben sollte, kann dies jedoch für diese nicht zu einer strafbefreienden Selbstanzeige führen, da diese wegen der laufenden Außenprüfung gesperrt ist (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO).
G2 hatte mit dem Unterlassen der entsprechenden Berichtigung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) begangen. Die Berichtigungserklärung von G3 wirkt gem. § 371 Abs. 4 AO zugunsten des G2, wenn diesem oder seinem Vertreter nicht schon die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Es besteht ein Verfahrenshindernis.
Umstritten ist jedoch, ob die Berichtigungserklärung des G3 auch dem G1 zugutekommt. Dies hängt davon ab, wie die Formulierung „die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen…hat“, zu verstehen ist. Teilweise wird die Auffassung vertreten, damit sei das Unterlassen einer Berichtigungserklärung i. S. des § 153 AO gemeint. Dementsprechend käme § 371 Abs. 4 AO nur demjenigen zugute, der eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen unter Verletzung des § 153 AO begangen hat, [245] so dass G1 noch verfolgt werden könnte.
Eine andere Ansicht geht hingegen davon aus, dass „Erklärung“ i. S. des § 371 Abs. 4 AO (auch) die ursprüngliche Steuererklärung ist. [246] Insoweit hat aber auch G1 unrichtige Angaben gemacht. Auch in seiner Person bestünde somit ein Verfahrenshindernis.
Eine Nachzahlungspflicht (§ 371 Abs. 4 i. V. mit § 371 Abs. 3 AO) besteht für G1 und G2 in keinem Fall. Die Haftung nach § 71 AO bleibt für G1 und G2 hingegen unberührt.
e) Steuerliche Folgen und Belastungen durch die Selbstanzeige
223 Korrektur der Steuerbescheide
Aus einer Selbstanzeige nach § 371 AO ergeben sich steuerrechtlich keine Vorteile für den Erklärenden. Sie führt vielmehr zu einer Korrektur der Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO oder nach § 164 Abs. 2 AO. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen neuer Tatsachen dürfte allerdings dann ausscheiden, wenn der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht genügte und das Finanzamt die jeweiligen Tatsachen schon früher bei der Bearbeitung hätte erkennen müssen. Dies ist zu bejahen, wenn das Finanzamt z. B. trotz erkennbarer Unklarheiten, Unwahrheiten oder Unvollständigkeiten auf eine weitere Aufklärung verzichtet hat oder es bestimmten Tatsachen nicht nachgegangen ist, weil es sie für unbeachtlich hielt.
224 Festsetzungsfrist [247]
Im Hinblick auf die Festsetzungsfrist ist § 169 Abs. 2 Satz 2 AO anwendbar und es tritt eine Ablaufhemmung ein (§ 171 Abs. 5 Satz 2 AO). Folglich verlängert sich die regelmäßige (steuerliche) Festsetzungsfrist von vier Jahren im Fall einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) auf zehn Jahre. Somit ist auch für Zeiträume eine Änderung zulässig, die strafrechtlich bereits verjährt sind. Dies gilt auch, wenn die zu ändernden Steuerbescheide aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind (vgl. § 173 Abs. 2 AO). Darüber hinaus ist insbesondere die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 6 AO in der ab dem geltenden Fassung für die in der Norm bezeichneten Steuern auf Kapitalerträge zu berücksichtigen. Danach wird für alle nach dem beginnenden Festsetzungsfristen der Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, in dem der Steuerpflichtige diese Erträge erklärt oder diese Erträge der Finanzbehörde bekannt geworden sind, spätestens jedoch nach zehn Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
225 Die Selbstanzeige ändert nichts daran, dass die hinterzogenen Steuern nach § 235 AO mit 0,5 % pro Monat zu verzinsen sind. Unabhängig von der Selbstanzeige bleiben auch die Haftung des Täters einer bzw. des Teilnehmers an einer Steuerhinterziehung für die hinterzogenen Steuern nach § 71 AO und die Verpflichtung zur Zahlung von Säumniszuschlägen gem. § 240 AO bestehen [248].
226-239 Einstweilen frei
C. Know-How
I. Steuerstrafrecht
1. Prüfungsreihenfolge im Steuerstrafrecht
a) Deliktsaufbau
240 Die Grundstruktur jedes Straftatbestands ergibt sich aus der folgenden Grafik:
Aus dieser Struktur folgt wiederum der Deliktsaufbau und dementsprechend auch die Prüfungsreihenfolge.
b) Ausführliche Prüfungsschemata
aa) Vollendete Straftat
241 Die Prüfung einer vollendeten Steuerhinterziehung erfolgt nach folgendem Schema:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
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bb) Versuchte Straftat
242 Ist hingegen der tatbestandliche Erfolg nicht eingetreten oder hat der diesen durch seine tatbestandliche Handlung nicht kausal herbeigeführt, so kann eine versuchte Straftat vorliegen. Die Prüfung erfolgt nach folgendem Schema:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
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c) Kompakte Prüfungsschemata
243 Daraus ergeben sich die folgenden kompakten Prüfungsschemata:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vollendete Steuerhinterziehung nach
§ 370 Abs. 1 Nr. 1
AO
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Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vollendete Steuerhinterziehung nach
§ 370 Abs. 1 Nr. 2
AO
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Tabelle in neuem Fenster öffnen
Versuchte
Steuerhinterziehung
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d) Prüfungsschemata bei mittelbarer Täterschaft, Anstiftung, Beihilfe
aa) Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft
244 Der Prüfung des mittelbaren Täters (= Hintermannes) muss die Prüfung des Tatnächsten (= Vordermann) vorausgehen. Nur in dem Fall, dass der Vordermann einen „Defekt“ hat (z. B. fehlender Vorsatz oder fehlende Schuldfähigkeit) kommt die Prüfung der mittelbaren Täterschaft in Frage.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
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Tabelle in neuem Fenster öffnen
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cc) Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Tabelle in neuem Fenster öffnen
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2. Vorsatz und Fahrlässigkeit
245 Der Vorsatz wird häufig mit der (Kurz-)Formel beschrieben
Vorsatz ist Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.
Der Vorsatz umfasst daher das Bewusstsein, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale vorliegen oder eintreten werden und das Wollen sämtlicher Tatbestandsmerkmale.
In dieser Definition kommt jedoch nicht zum Ausdruck, dass Wissen und Wollen jeweils abstufbare Begriffe sind. Bei Wissen geht die Skala von Gewissheit über die Wahrscheinlichkeit bis zur Ungewissheit. Beim Wollen sind Abstufungen vom Wünschen über das In-Kauf-Nehmen bis zum Nichtwollen möglich. Diesen Abweichungen entsprechend werden drei verschiedene Vorsatzstufen unterschieden, die wiederum von der Fahrlässigkeit abzugrenzen sind:
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Vorsatz- bzw.
Fahrlässigkeitsform | Definition | Gedanke des Täters | Beispiel |
Direkter Vorsatz 1. Grades | Dem Täter kommt es auf diesen Erfolg an, den er als (Zwischen-)Ziel
anstrebt. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob er mit dem Erfolgseintritt
sicher oder nur möglicherweise rechnet. | „Das will ich!“ | Der
Täter hat eine Scheinfirma, um ungerechtfertigte Vorsteuererstattungen zu
erlangen. Es ist insoweit unerheblich, ob der Täter sicher oder nur
möglicherweise mit Vorsteuererstattungen rechnet, da er die Erstattung als Ziel
anstrebt. |
Direkter Vorsatz 2.
Grades | Der Täter weiß, dass er alle
Tatbestandsmerkmale sicher erfüllen wird, die Steuerhinterziehung ist aber
nicht sein eigentliches Ziel. Somit weiß er oder nimmt als sicher an, dass sein
Verhalten als Nebenfolge auch einen (Steuer-)Strafbestand erfüllt. Es ist
insoweit aber gleichgültig, ob der Täter dem Erfolg positiv oder ablehnend
gegenüber steht | „So mache ich
es!“ | M trägt sich mit dem Gedanken an
Scheidung. Vorsorglich legt er Geld auf einem seiner Frau F unbekannten Konto
in der Schweiz an. Damit F auch nichts davon erfährt, gibt er seine
Kapitalerträge in der Steuererklärung nicht an, obwohl er weiß, dass dies
erforderlich wäre. Da er die Steuerverkürzung als sicher voraussieht, handelt
er im Hinblick auf die Steuerhinterziehung mit direktem Vorsatz 2.
Grades. |
Eventualvorsatz | Der Täter sieht die Möglichkeit des Erfolges voraus und
nimmt ihn für den Fall seines Eintritts billigend in Kauf. Nach der
Rechtsprechung des BGH kann eine Billigung in diesem Sinne schon gegeben sein,
wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und trotzdem handelt,
selbst wenn ihm der Erfolgseintritt unerwünscht ist. [250] Man könnte den Täter somit als wissend-gleichgültig
beschreiben. | „Na wenn
schon!“ | Der Täter hat ausländische
Einkünfte. Er gibt sie steuerlich nicht an, obwohl er sich nicht sicher ist,
dass sie tatsächlich steuerfrei sind. Folglich rechnet er damit, dass es
möglicherweise zu einer Steuerverkürzung kommt, handelt aber trotzdem indem er
die entsprechenden Angaben unterlässt. |
Bewusste Fahrlässigkeit | Der Täter
sieht die Möglichkeit des Erfolgseintritts voraus, vertraut aber darauf, dass
er nicht eintritt. | „Es wird schon gut
gehen!“ | |
Unbewusste Fahrlässigkeit | Der Täter
sieht den Erfolg nicht voraus. | Der Täter denkt
nicht an den Erfolg. |
Bei der Fahrlässigkeit handelt es sich im Gegensatz zum Vorsatz um eine Sorgfaltswidrigkeit: Der Täter hat die im Verkehr und nach seinen persönlichen Fähigkeiten erforderliche und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen. Bei der in § 378 AO geforderten Leichtfertigkeit handelt es sich um ein besonders hohes Maß der Fahrlässigkeit.
3. Täterschaft und Teilnahme im (Steuer-)Strafrecht
a) Einführung
246 Begeht nur eine Person ein Delikt, so ist sie der alleinige Täter und nur sie ist strafrechtlich verantwortlich. Sind jedoch mehrere Personen beteiligt, so ist ihr jeweiliger Tatbeitrag nach seinem Gewicht bei der Deliktsbegehung zu beurteilen. Gemäß § 369 Abs. 2 AO gilt insoweit für Vorsatzdelikte die differenzierte Beteiligungslehre des Strafgesetzbuches. Danach sind unter dem Oberbegriff des „Beteiligten“ nach der Legaldefinition des § 28 Abs. 2 StGB Täterschaft und Teilnahme erfasst, die allerdings voneinander zu trennen sind. Innerhalb der Täterschaft sind die Formen der Alleintäterschaft (§ 25 Abs. 1 erste Alternative StGB), der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 zweite Alternative StGB) und der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) zu unterscheiden; im Rahmen der Teilnahme ist zwischen Anstiftung (§ 26 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) zu differenzieren. Besondere Schwierigkeiten können die Abgrenzung zwischen mittelbarere Täterschaft und Anstiftung sowie zwischen Mittäterschaft und Beihilfe mit sich bringen.
Die Beteiligungslehre gilt aber – wie das gesamte Strafrecht – nur für natürliche Personen, da es auf deren Handlungen abstellt. Juristische Personen sind im strafrechtlichen Sinn hingegen nicht handlungsfähig. Folglich können Sie auch nicht Beschuldigte in einem Strafverfahren sein und mit Kriminalstrafe belegt werden. [251] Die steuerrechtliche Abgrenzung, nach der juristische Personen z. B. auch Steuersubjekte sein können, hat im Steuerstrafrecht keine Bedeutung.
Als vereinfachtes Prüfungsschema bietet sich das Folgende an:
Erläuterungen zu diesem Prüfschema ergeben sich aus der folgenden Darstellung.
b) Täterschaft, § 25 StGB
247 Nach der Rechtsprechung des BGH ist Täter, wer den tatbestandsmäßigen Geschehensablauf beherrscht und die Tat als eigene will.
Wesentliche Anhaltspunkte, die für das Vorliegen von Täterschaft im Gegensatz zur Teilnahme sprechen, können sein
das eigene Interesse am Taterfolg,
der Umfang der Tatbeteiligung und
die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft.
aa) Alleintäterschaft (§ 25 Abs. 1 erste Alternative StGB)
Alleintäter ist, wer selbst sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt. Folglich kann jeder Täter i. S. des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sein, der gegenüber der Behörde über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Täter i. S. des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann hingegen nur derjenige sein, den eine Pflicht zum Handeln trifft (vgl. Rn. 43 ff.). Da es sich bei § 370 AO nicht um ein eigennütziges Delikt handelt, ist es gleichgültig, ob der Täter den Erfolg zum eigenen Vorteil oder zugunsten eines Dritten herbeigeführt hat.
Ein Steuerberater begeht täterschaftlich eine Steuerhinterziehung, wenn er für seinen Mandanten wissentlich falsche Angaben gegenüber den Behörden macht und dadurch eine Steuerverkürzung bewirkt.
bb) Mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 zweite Alternative StGB)
Mittelbarer Täter ist, wer die Tat durch einen anderen begeht. Der Täter benutzt somit einen anderen Menschen, den sog. Tatmittler, als Werkzeug. Tatherrschaft und Täterwillen hat lediglich der Hintermann. [252] Der Tatmittler handelt hingegen entweder nicht tatbestandsmäßig, nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft.
K und G sind Gesellschafter der KG-OHG. K tätigt ohne Wissen des G Geschäfte, für die er keine Rechnungen erteilt, und die er auch nicht bucht. Deshalb fertigt G eine zu niedrige USt-Voranmeldung der OHG und reicht sie ein. Da G ohne Vorsatz handelte ist K mittelbarer Täter einer USt-Hinterziehung zugunsten der OHG.
Problematisch werden Fälle der mittelbaren Täterschaft jedoch, wenn es sich um Unterlassungstaten handelt, denn eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen kann nur derjenige begehen, den eine Handlungspflicht trifft. [253] Alle Personen, die nicht Träger der Pflicht sind, können nur Teilnehmer an der Steuerhinterziehung sein. [254]
cc) Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB)
Begehen mehrere eine Tat gemeinschaftlich, so liegt ein Fall der Mittäterschaft vor. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung ist gegeben bei bewusstem und gewolltem Zusammenwirken der Täter auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplanes [255]. Mittäter ist somit, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. [256] Jeder (Mit-)Täter muss dabei Tatherrschaft und Täterwillen haben, worin auch der Unterschied zur Beihilfe liegt, da im Falle der Beihilfe der Täter eine fremde – und nicht die eigene – Tat fördern will. Darüber hinaus muss jeder Mittäter auch einen objektiven Tatbeitrag im Ausführungs- oder Vorbereitungsstadium erbringen. Sind diese Voraussetzungen der Mittäterschaft erfüllt, so werden den jeweiligen Mittätern gemäß § 25 Abs. 2 StGB die Tatbeiträge der anderen Mittäter zugerechnet.
Die Eheleute M und F kommen überein, ihre gemeinsamen Kapitaleinkünfte in der Steuererklärung nicht anzugeben. Sie unterschreiben beide die unzutreffende Erklärung und werden deshalb zu niedrig veranlagt. Die Eheleute M und F haben sich als Mittäter einer gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung schuldig gemacht.
A und B sind geschäftsführende Komplementäre einer KG. Sie vereinbaren mit dem Kommanditisten C, keine USt-Anmeldungen abzugeben, was auch geschieht. A und B sind Mittäter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen. C trifft hingegen keine Erklärungspflicht, so dass er nicht Täter durch Unterlassen sein kann. Folglich kann er auch nicht Mittäter sein, allenfalls Anstifter oder Gehilfe.
c) Teilnahme
248 Anstiftung und Beihilfe als Formen der Teilnahme sind davon abhängig, dass eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat vorliegt (sog. Akzessorietät der Teilnahme). Folglich muss zumindest ein Täter eine vorsätzliche und rechtswidrige Steuerhinterziehung begangen haben, zu der der Teilnehmer entweder angestiftet oder Hilfe geleistet hat.
Teilnehmer kann jede Person sein, insbesondere solche Personen, die bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Ermangelung einer Pflichtenstellung nicht Täter sein können (siehe Rn. 247).
aa) Anstiftung (§ 26 StGB )
Anstiftung ist das vorsätzliche Wecken des Tatentschlusses zu einer bestimmten rechtswidrigen Haupttat. Der Anstifter muss den Haupttäter zu seiner Tat bestimmt haben und den sog. doppelten Anstiftervorsatz aufweisen, d. h., erstens er muss den Tatentschluss des Haupttäters bewusst und gewollt wecken und zweitens muss der Vorsatz des Anstifters auf die Vollendung der Haupttat des Angestifteten gerichtet sein. Im Falle der Anstiftung entspricht die Strafe des Anstifters der des Täters. Die Anstiftung wird folglich als ebenso schwerwiegend wie die Haupttat angesehen, da es ohne die Anstiftung die Straftat nicht gegeben hätte. Sie ist deshalb auch gegenüber der Beihilfe die schwerwiegendere Teilnahmeform.
Probleme bei der Anstiftung kann es allerdings in der Abgrenzung zur mittelbaren Täterschaft geben. Mittelbarer Täter i. S. des § 25 Abs. 1 zweite Alternative StGB ist nämlich, wer die Tat durch einen anderen begeht. Der Täter benutzt somit einen anderen Menschen, den sog. Tatmittler, als Werkzeug. Tatherrschaft und Täterwillen hat jedoch lediglich der Hintermann. Der Tatmittler handelt hingegen entweder nicht tatbestandsmäßig, nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft.
Ein Notar rät den Vertragsparteien, den Grundstückskaufpreis niedriger als tatsächlich vereinbart zu beurkunden, um GrESt zu sparen [257].
bb) Beihilfe (§ 27 StGB )
Im Gegensatz zur Anstiftung ist die Beihilfe das vorsätzliche Hilfeleisten zu der rechtswidrigen Tat eines anderen. Der Gehilfe fördert eine fremde Tat ohne eigenen Täterwillen entweder physisch (z. B. durch das Ausfüllen der unzutreffenden Steuererklärung) oder psychisch (z. B. durch das Bestärken eines bereits vorhandenen Tatentschlusses). Er muss den sog. doppelten Gehilfenvorsatz aufweisen. Dies ist der Fall, wenn der Helfer die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch seinen Tatbeitrag das Vorhaben des Täters zu fördern [258]. Unerheblich ist, ob der Tatbeteiligte den Taterfolg wünscht oder lieber vermeiden möchte oder gar ausdrücklich missbilligt [259]. Einzelheiten der Tat braucht der Gehilfe nicht zu kennen, es genügt, wenn er die wesentlichen Merkmale der vom Täter verwirklichten Handlung erkennt [260].
Die Steuerhinterziehung, zu der Hilfe geleistet wird, muss zumindest das Versuchsstadium erreicht haben [261]. Die Hilfe selbst kann bereits bei der noch straflosen Vorbereitung der Steuerhinterziehung geleistet werden [262]. Die Beihilfe wird dann strafbar, wenn die Hilfeleistung noch fortwirkt, sobald die Steuerhinterziehung das Versuchsstadium erreicht [263].
Der Gehilfe muss vorsätzlich einen Tatbeitrag leisten, der gem. § 27 StGB die fremde Steuerhinterziehung objektiv ermöglicht, fördert oder erleichtert, ohne dass er für den Taterfolg selbst ursächlich sein muss [264]
Manipulierte Buchführungsarbeiten (z. B. in Form der Buchung des Warenausgangs auf Wunsch des Abnehmers auf einen erfundenen Namen [265]); Rückdatierung von Verträgen, wenn das Vertragsdatum steuerbegründend wirkt [266]; Abgabe einer falschen Drittschuldnererklärung [267]; Fälschung steuerlich relevanter Belege; Fertigung einer unrichtigen Steuererklärung; Erstellung von Scheinrechnungen zum unberechtigten Vorsteuerabzug [268]; Mitwirkung bei einem Umsatzgeschäft in Kenntnis einer geplanten nachfolgenden USt-Hinterziehung, wenn der Gehilfe weiß, dass das ganze Unternehmen ausschließlich dazu dient, einen Gewinn durch Steuerhinterziehung zu erzielen [269]; Hinnahme von Scheinrechnungen, die der Verschleierung von Schmiergeldern an Dritte dienen, sofern dies dem Gehilfen bekannt ist [270].
Die Strafe für den Gehilfen ist aus dem Strafrahmen der Haupttat zu entnehmen, aber gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB zwingend zu mildern.
Im Rahmen der Beihilfe kann es zu Problemen bei der Abgrenzung gegenüber der Mittäterschaft kommen. Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB liegt vor, wenn mehrere eine Tat gemeinschaftlich begehen. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung ist gegeben bei bewusstem und gewolltem Zusammenwirken der Täter auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplanes. Jeder (Mit-)Täter muss dabei Tatherrschaft und Täterwillen haben, worin auch der Unterschied zur Beihilfe liegt, da im Falle der Beihilfe der Täter eine fremde – und nicht die eigene – Tat fördern will.
Problematisch sind die Fälle der – auf den ersten Blick – neutralen Handlungen. Ob eine äußerlich neutrale Alltagshandlung als strafbare Beihilfe anzusehen ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen [271], nach denen es darauf ankommt, ob sich der Handelnde die „Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt.“ Sofern der Hilfeleistende somit weiß, dass die Handlung des Haupttäters ausschließlich darauf gerichtet ist, eine Steuerhinterziehung zu begehen, so handelt der Hilfeleistende mit dem Willen zur Beihilfe. Aufgrund der darin liegenden Solidarisierung mit dem (Haupt-)Täter ist das Verhalten des Hilfeleistenden nicht mehr als sozialadäquat anzusehen.
Weiß der Hilfeleistende hingegen nicht, dass der (Haupt-)Täter die ihm geleistete Hilfe zur Begehung einer Steuerstraftat verwenden wird, und hält er die Verwendung für eine Steuerhinterziehung lediglich für möglich, so ist sein regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfe anzusehen. Ausnahmsweise liegt jedoch die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters hingegen doch vor, wenn das erkannte Risiko der möglichen Steuerhinterziehung des Haupttäters zu hoch ist.
Der Bauunternehmer U bietet dem Bauherrn H an, bestimmte Tiefbauarbeiten für ihn durchzuführen und verbindet dies mit der Frage, ob der H eine Rechnung brauche. H verneint, erteilt dem U den Auftrag und bezahlt in der Folge bar. Der U wiederum berücksichtigt in der Folge diese Einnahme nicht bei seiner Steuererklärung. In diesem Fall ist fraglich, ob der H eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung des U geleistet hat. Prinzipiell handelt es sich bei dem Abschluss eines Vertrages mit einem Bauunternehmer um eine neutrale Handlung. Ob dennoch eine strafbare Beihilfe anzunehmen ist, dürfte sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls richten: Wie sicher konnte sich der H sein, dass der U bzgl. dieses Geschäfts eine Steuerhinterziehung begehen würde. Hat er z.B. schon angekündigt, dass man die „Märchensteuer“ wegfallen lassen werde, so dass H weniger zahlen müsse? Oder wurde über die Preisgestaltung im Zusammenhang mit der Rechnung nicht gesprochen? Darüber hinaus ist z.B. auch von Bedeutung, ob dem H die Verpflichtung des U zur Erteilung von Rechnungen (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG) bzw. seine eigene Verpflichtung zur Aufbewahrung gem. § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG bekannt ist.
4. Schätzungen
a) Voraussetzungen einer Schätzung
249Ungewissheit bzgl. des Ausmaßes der Besteuerungsgrundlagen, so dass deren Berechnung bzw. konkrete Ermittlung nicht mehr möglich ist. Dies ist insb. der Fall bei Verletzung von Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten (§162 Abs. 2 AO), so dass keine ausreichenden Unterlagen vorhanden sind. Schatzungen werden in der Praxis insbesondere auf formelle Mangel der Buchführung gestützt.
b) Übereinstimmungen von Besteuerungs- und Strafverfahren
Ziel der Schätzung: Ansatz der Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben
Schätzung ist das äußerste Mittel, um die Besteuerungsgrundlagen möglichst zutreffend festzustellen. Sachverhaltsermittlung und -feststellung gehen vor, sofern mit ihnen kein unzumutbarer Aufwand verbunden ist.
Die Wahl der jeweiligen Schätzungsmethode obliegt dem Gericht. Ihm steht ein Beurteilungsspielraum zu, welche Methode der Wirklichkeit am nächsten kommt.
Die Schätzungsgrundlagen müssen nachvollziehbar und schlüssig begründet sein.
c) Unterschiede zwischen Besteuerungs- und Strafverfahren
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Besteuerungsverfahren | Strafverfahren | |
Rechtsgrundlage | ||
Mitwirkungspflicht | Besteht im Besteuerungsverfahren und kann bis zu einer Umkehr der Beweislast führen, vgl. § 162 Abs. 3 AO. | Statt dessen gilt im Strafverfahren der nemo-tenetur-Grundsatz, nach dem niemand gezwungen sein darf, sich im Strafprozess zu belasten. Folglich dürfen sich aus dem Schweigen keine Nachteile ergeben. |
Schätzungsgegenstand | Teilweise wird vertreten, dass nicht nur die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden dürfen, sondern auch das Vorliegen des Besteuerungstatbestandes im Schätzwege festgestellt werden kann. | Es muss feststehen, dass der Besteuerungstatbestand erfüllt wurde, so dass lediglich Ungewissheit bzgl. der Besteuerungsgrundlagen besteht. |
Schätzungsrahmen | Bei Verletzung der Mitwirkungspflicht des Stpfl. ist die Ausnutzung der Bandbreite zu Ungunsten des Steuerpflichtigen denkbar bzw. ggf. auch zwingend, aber keine „Strafschätzung“. | Es gilt „in dubio pro reo“, so dass Schätzungen zwar zulässig sind, aber verbleibende Zweifel des Gerichts zugunsten des Steuerpflichtigen wirken. |
Diese Punkte können zu unterschiedlichen Ergebnissen der Schätzungen im Besteuerungs- und im Steuerstrafverfahren führen. Dies basiert auch darauf, dass weder dem Besteuerungsverfahren eine Bindungswirkung für das Strafverfahren noch dem Strafverfahren eine Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren zukommt. Schätzungen können aber im Einzelfall aus dem einen in das andere Verfahren übernommen werden, wenn sie mit den in beiden Verfahren geltenden Grundsätzen vereinbar sind, was aber eine entsprechende Darlegung im Urteil erforderlich macht.
5. Konkurrenzen
250Ist in einem strafrechtlichen Fall nicht nur ein Tatbestand erfüllt, sondern hat der Täter mehrere Tatbestände verwirklicht, so ist deren Verhältnis zueinander zu klären.
Zur Lösung dieses Problems gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder verdrängt ein Tatbestand den anderen, so dass tatsächlich nur noch einer anwendbar ist (sog. Gesetzeskonkurrenz oder unechte Konkurrenz), oder beide Tatbestände bestehen nebeneinander, und ihr Zusammentreffen wird erst bei der Rechtsfolgenbemessung berücksichtigt (vgl. §§ 52-54 StGB; sog. echte Konkurrenzen).
a) Gesetzeskonkurrenz
Es gibt drei Fälle der Gesetzeskonkurrenz, denen allerdings im Steuerstrafrecht keine große Bedeutung zukommt:
Erstens die sog. Spezialität, bei der eine Norm alle Merkmale einer anderen Norm enthält und zusätzlich weitere, speziellere Merkmale. In diesem Fall wird die andere, weniger spezielle Norm verdrängt.
Der zweite Fall der Gesetzeskonkurrenz ist die sog. Subsidiarität. Sie liegt vor, wenn eine Norm ausdrücklich oder stillschweigend nur unter der Voraussetzung anwendbar ist, dass nicht schon eine andere Norm eingreift. Ausdrücklich subsidiär ist z. B. § 372 AO gegenüber bestimmten, allgemein umschriebenen Vorschriften (vgl. § 372 Abs. 2 AO). Stillschweigende Subsidiarität besteht z. B. zwischen Versuch und Vollendung. Folglich wird ein Täter – obwohl in jeder vollendeten Tat auch der vorherige Versuch der Tat enthalten ist – nur wegen der vollendeten Tat belangt.
Konsumtion als dritte Art der Gesetzeskonkurrenz ist gegeben, wenn ein Delikt typischerweise vor, während oder nach einem anderen Delikt begangen wird.
Beispiel:§ 202 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Verletzung des Briefgeheimnisses durch Öffnen eines verschlossenen Schriftstücks) konsumiert § 303 StGB (Sachbeschädigung an dem Verschluss des Schriftstücks, z. B. am Briefumschlag).
Der Unterschied zur Spezialität liegt darin, dass bei der Konsumtion nicht auf den abstrakten Inhalt der Normen, sondern auf das regelmäßige Zusammentreffen im Einzelfall abgestellt wird.
b) Echte Konkurrenz
Bei echter Konkurrenz bleiben beide Tatbestände nebeneinander bestehen, ohne dass der eine den anderen verdrängt. Die §§ 52-54 StGB regeln die sich aus den verwirklichten Tatbeständen ergebende Rechtsfolge. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen der sog. Idealkonkurrenz (§ 52 StGB; sog. Tateinheit) und der sog. Realkonkurrenz (§§ 53 f. StGB; sog. Tatmehrheit). Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Formen richtet sich danach, ob „dieselbe Handlung“ i. S. des § 52 Abs. 1 StGB mehrere Gesetzesverstöße beinhaltet oder „mehrere Straftaten“ (vgl. § 53 Abs. 1 StGB) vorliegen.
aa) Idealkonkurrenz, § 52 StGB
Die Bemessung der konkret zu verhängenden Rechtsfolge richtet sich in Fällen der Idealkonkurrenz nach dem sog. Einschlussprinzip. Danach wird die Strafe dem Gesetz entnommen, das die schwerste Strafe androht. Sie darf jedoch gemäß § 52 Abs. 2 StGB nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen. Grafisch lässt sich dies wie folgt darstellen:
Idealkonkurrenz liegt vor, wenn dieselbe Handlung mehrere verschiedene Tatbestände (sog. ungleichartige Idealkonkurrenz) oder denselben Tatbestand mehrfach verwirklicht (sog. gleichartige Idealkonkurrenz). Es können drei Formen der Idealkonkurrenz unterschieden werden, bei denen jeweils „dieselbe Handlung“ i. S. des § 52 Abs. 1 StGB vorliegt:
Die natürliche Handlung, bei der ein Handlungsentschluss in einer Willensbetätigung realisiert wird und dadurch derselbe Tatbestand mehrmals oder verschiedene Tatbestände erfüllt werden. Dies liegt z. B. vor, wenn sich die in einer Handlung gemachten steuerlich erheblichen Angaben gleichzeitig auf mehrere Steuerarten auswirken wie etwa beim Solidaritätszuschlag bezüglich der Einkommen- oder Körperschaftsteuer, da insoweit die Erklärung und Festsetzung jeweils zusammen mit den vorgenannten Hauptsteuern erfolgt. [272]
Eine sog. tatbestandliche Handlungseinheit liegt hingegen vor, wenn mehrere natürliche Handlungen durch die Wirkung eines Tatbestandes oder durch mehrere Tatbestände zu ‚derselben Handlung‘ im Rechtssinne verbunden werden.
Dies ist z. B. der Fall bei mehraktigen Delikten, bei denen mehrere natürliche Handlungen bei der Tatbestandserfüllung zusammenkommen; Bsp.: Herstellen und Gebrauchen einer gefälschten Urkunde bei § 267 Abs. 1 StGB.
Um „dieselbe Handlung“ i. S. des § 52 Abs. 1 StGB handelt es sich auch in den Fällen der sog. natürlichen Handlungseinheit, wenn auf Grund eines einheitlichen Tatentschlusses derselbe Tatbestand in rascher Folge wiederholt wird; Bsp.: Der Täter fälscht durch mehrere Einzelakte unmittelbar hintereinander mehrere Steuerzeichen.
bb) Realkonkurrenz, §§ 53, 54 StGB
Bei der Realkonkurrenz gilt für die Festsetzung der konkret zu verhängenden Strafe weitgehend das Verschärfungsprinzip, nach dem für jeden verwirklichten Tatbestand vom Richter gesondert eine Rechtsfolge festgesetzt und dann die schwerwiegendste konkret verwirkte Strafe für die anderen Tatbestände angemessen verschärft wird. Die gebildete Gesamtstrafe darf aber gemäß § 54 Abs. 2 StGB nicht die Höhe der Summe aller Einzelstrafen erreichen. [273] Grafisch lässt sich dies wie folgt darstellen:
Bei der Realkonkurrenz kommen somit die Rechtsfolgen aller verwirklichten Tatbestände zum Tragen. Sie ist gegeben, wenn weder Gesetzes- noch Idealkonkurrenz vorliegen.
c) Auswirkungen im Bereich des Steuerstrafrechts
Die Abgabe jeder einzelnen unrichtigen Steuererklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) ist grundsätzlich als selbständige Tat i. S. von § 53 StGB zu werten. Von Realkonkurrenz ist also auszugehen, wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen. Selbst wenn mehrere Steuererklärungen über verschiedene Steuerarten und unterschiedliche Veranlagungszeiträume (und verschiedene Steuerpflichtige) in einem äußeren Vorgang zusammenfallen (z. B. gemeinsame Übersendung mehrerer falscher Steuererklärungen in einem Umschlag), reicht dies nicht für die Annahme von Idealkonkurrenz aus. [274]
Tateinheit ist hingegen z. B. ausnahmsweise anzunehmen, wenn die Hinterziehung zweier Steuern durch eine Erklärung bewirkt wird, wie dies z.B. bei der Einkommensteuer und dem Solidaritätszuschlag der Fall ist. Eine weitere Ausnahme liegt vor im Hinblick auf einen mittelbaren Täter, der an der unmittelbaren Ausführung der Tat nicht beteiligt ist, das Werkzeug im Vorfeld der Tat einmalig täuscht und das Werkzeug darauf basierend dann in der Folge mehrere falsche Steuererklärungen abgibt. [275]
Auch bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist im Grundsatz bzgl. jeder Steuerart, jedes Besteuerungszeitraums und jedem Steuerpflichtigen von selbständigen Taten i. S. von § 53 StGB auszugehen. Allein ein einheitlicher Tatentschluss, seinen steuerlichen Pflichten für mehrere Steuerarten und mehrere Besteuerungszeiträume künftig nicht nachzukommen, begründet noch keine Tateinheit zwischen den einzelnen Steuerhinterziehungen durch Unterlassen. Ebenso ist die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 6 Satz 2 AO, § 370 Abs. 7 AO durch das pflichtwidriges Unterlassen der Abgabe einer USt- Erklärung bei der ausländischen EU-Finanzbehörde eine selbständige prozessuale Tat gegenüber einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO durch Falschabgabe einer USt-Erklärung bei einer inländischen Finanzbehörde. [276]
Umstritten ist die rechtliche Beurteilung des Verhältnisses von Umsatzsteuervoranmeldungen zu einer unrichtigen oder unterlassenen Umsatzsteuerjahreserklärung. Nach Ansicht des BGH hat die unrichtige oder unterlassene Jahreserklärung gegenüber den vorangegangenen monatlichen Voranmeldungen selbständigen Unrechtsgehalt, so dass der BGH Realkonkurrenz annimmt. [277] Dies hat zur Folge, dass die unrichtigen Voranmeldungen und die unrichtige oder unterlassene Jahreserklärung als selbständige Taten nebeneinander stehen. Nach Ansicht des BGH handelt es sich insoweit um Gesetzeskonkurrenz in Form der mitbestraften Vortat. [278]
6. Auswertung von Kontrollmitteilungen durch die Finanzverwaltung
251Das nachfolgende Schaubild zeigt den Ablauf der Auswertung von Kontrollmitteilungen durch die Finanzverwaltung.
7. Weitere Arbeitshilfen
252Weitere in der Datenbank enthaltene Arbeitshilfen:
Steuerhinterziehung: Übersicht der strafrechtlichen Verjährungstatbestände, NWB LAAAE-77058
Steuerberatervergütung: Vereinbarung zu § 4 StBVV, NWB SAAAE-41805
II. Selbstanzeige
1. Arbeitshilfen in der Datenbank
253 Zur Selbstanzeige sind folgende Arbeitshilfen in der Datenbank vorhanden:
Selbstanzeige gem. § 371 AO – Checkliste, NWB SAAAE-46633
Selbstanzeige - Schreibvorlage, NWB BAAAB-05338
Hinweise an Mandanten für das Selbstanzeigeverfahren, NWB LAAAE-52184
Selbstanzeige in Österreich und Deutschland – Eine Gegenüberstellung, NWB BAAAE-67898
2. Bestimmung des 10-Jahreszeitraumes des § 371 Abs. 1 AO
254Um die zeitliche Vollständigkeit einer Selbstanzeige sicherzustellen verlangt § 371 Abs. 1 AO ein zweistufiges Vorgehen:
a) Noch nicht verjährte Steuerstraftaten
Der Steuerpflichtige muss Angaben zu allen im Zeitpunkt der Nacherklärung strafrechtlich noch nicht verjährten Steuerstraftaten einer Steuerart machen. Es ist in diesem ersten Schritt somit auf die strafrechtliche Verjährung der einzelnen Taten abzustellen. Die Verjährung beträgt bei „normalen“ Steuerhinterziehungen gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre, bei einer Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1-6 AO), hingegen gem. § 376 Abs. 1 AO für alle bis zum beendeten und damit am verjährten Taten zehn Jahre bzw. für ab dem beendete Taten fünfzehn Jahre. Maßgeblich für die Berechnung der Verjährung ist die Beendigung der Tat, so dass die Berechnung – im Gegensatz zur steuerlichen Festsetzungsverjährung – taggenau erfolgt.
Der steuerlich nicht beratende Steuerpflichtige hat bis 2023 seine Einkommensteuererklärung jeweils pünktlich eingereicht. In jedem Jahr hat er Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen in Höhe von jeweils 10.000 € nicht erklärt. Für die Abgabe einer Selbstanzeige am ist zu ermitteln, welche Zeiträume einzubeziehen sind.
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Steuerjahr | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 |
Abgabe | ||||||
Bekanntgabe |
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Steuerjahr | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Abgabe | ||||||
Bekanntgabe |
Der erste unrichtige Einkommensteuerbescheid 2018 wurde am bekannt gegeben. Die strafrechtliche Verjährung läuft somit erst mit Ablauf des ab. Die Hinterziehung der Einkommensteuer 2017 ist hingegen bereits am verjährt. Folglich sind die Einkommensteuerhinterziehungen 2018 bis 2022 im Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige noch nicht verjährt und gem. § 371 Abs. 1 AO anzugeben.
Würde es sich um besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung handeln – was vorliegend insb. aufgrund des Hinterziehungsbetrags von „nur“ 10.000 € nicht der Fall ist – wäre die für nach dem beendete Taten durch § 376 Abs. 1 AO auf 15 Jahre verlängerte Verjährungsfrist zu beachten. Dies gilt z.B. auch für ein einzelnes Jahr, wenn nur in diesem Jahr die Grenze zum besonders schweren Fall überschritten wird. Folglich wäre dieses eine Jahr mitzuberichtigen, damit die Selbstanzeige vollständig ist.
b) Fiktive Frist von zehn Kalenderjahren
Durch das Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom [279] fordert der Gesetzgeber erstmals eine über den Umfang des strafbaren Verhaltens (deutlich) hinausgehende Korrektur.
Der Gesetzgeber hat neben der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung [280] aufgrund der divergierenden steuerlichen Verjährungsfristen einen Mindesterklärungszeitraum von zehn Jahren eingefügt, wobei nach dem Wortlaut auf abgeschlossene vollständige Kalenderjahre und nicht auf eine stichtagsbezogene Betrachtung abzustellen ist. Folglich ist dieser Zeitraum unabhängig von der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung und auch von der steuerlichen Festsetzungsverjährung.
Es kann hingegen nicht übersehen werden, dass der maßgebliche Gesetzeswortlaut – „alle Steuerstraftaten einer Steuerart … innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre“ – dafür spricht, dass alle Steuerstraftaten einer Steuerart mitgeteilt werden müssen, die innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre begangen wurden (vgl. auch § 8 StGB), die dem Jahr der Abgabe der Selbstanzeige voraus gingen.
Ausgehend von obigem Beispiel ergibt sich daraus für den zweiten Prüfungsschritt Folgendes: In der Selbstanzeige sind zu allen Einkommensteuerhinterziehungen Angaben zu machen, die in den letzten zehn Kalenderjahren vor Abgabe der Selbstanzeige begangen wurden, so dass auf die Abgabe der jeweils falschen Steuererklärung abzustellen ist. Im obigen Beispiel sind mithin alle Taten offenzulegen, die in den zehn Kalenderjahren (2014 bis 2023) vor dem Jahr der Abgabe der Selbstanzeige (2024) begangen wurden. Mithin sind zu den Einkommensteuerhinterziehungen bzgl. der Besteuerungszeiträume 2013 (begangen am ) bis 2021 Angaben zu machen, damit die Selbstanzeige vollständig ist.
Da gem. § 371 Abs. 1 Satz 2 AO die Angaben „zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen“ muss, ist in jedem Fall zu beachten, dass die Verjährung im Steuerstrafrecht gem. § 78a StGB und im Steuerrecht gem. § 170 AO unterschiedlich zu laufen beginnen. Fälle, in denen die strafrechtliche Verjährungsfrist den Zeitraum von zehn Jahren überschreitet, dürften in der Praxis zwar selten vorkommen, aber eine insoweit ungenaue Berechnung kann zur Unwirksamkeit der gesamten Selbstanzeige führen, wenn ein Besteuerungszeitraum nicht oder nicht vollständig erfasst wird. In diesem Zusammenhang sind u.a. auch die Besonderheiten im Zusammenhang mit der Hinterziehung von Erbschaftsteuer und der hinausgeschobene Verjährungsbeginn für ausländische Kapitalerträge gem. § 170 Abs. 6 AO in der ab dem geltenden Form zu berücksichtigen.
III. Auswirkungen einer fehlgeschlagenen Selbstanzeige i. S. des § 371 Abs. 1 AO im Rahmen der Strafzumessung
255
1. Einleitung
Wurde eine Steuerhinterziehung begangen und ist diese Tat noch verfolgbar, so hat der Täter die Möglichkeit eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben und eine Bestrafung dadurch zu vermeiden. Durch diese Regelung des § 371 AO hat neben dem Steuerpflichtigen auch der Steuerfiskus einen erheblichen Vorteil, da ihm bisher unbekannte Steuerquellen erschlossen werden. Darüber hinaus soll die vollständige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit honoriert werden.
Die Selbstanzeige ist jedoch unwirksam, wenn sie z. B. unvollständig ist, im Zeitpunkt der Selbstanzeige ein Ausschlussgrund i. S. des § 371 Abs. 2 AO eingreift oder die Nachzahlung nach § 371 Abs. 3 AO nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht geleistet wird. Die (erhoffte) strafbefreiende Wirkung bleibt somit aus. Trotz der hohen praktischen Bedeutung dieser Frage ist jedoch nicht geregelt, welche Wirkung einer fehlgeschlagenen Selbstanzeige zukommt. [281]
Diese Arbeitshilfe soll eine systematische Orientierung und Argumente für die praktische Arbeit liefern, wenn auch nicht übersehen werden darf, dass sich Gerichte gerne mit der pauschalen Feststellung, Strafzumessung sei „Bauchsache“, einer dezidierten Begründung des gefundenen Ergebnisses entziehen.
2. Systematischer Ansatz
Generell ist das Strafmaß gem. § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB an der Schuld des Täters zu orientieren, so dass es insoweit auf die Umstände des Einzelfalls, die Schwere der Tat, die Person des Täters und den Umfang der Selbstanzeige maßgebliche Bedeutung ankommt. Daneben ergibt sich die Auswirkung einer fehlgeschlagenen Selbstanzeige auch aus dem Sinn und Zweck des § 371 AO: Einerseits sollen aus fiskalischen Gründen bisher unbekannte Steuerquellen erschlossen werden und andererseits soll dem Steuerhinterzieher ein Anreiz gegeben werden, vollständig zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Daraus ergeben sich Grundlinien der Behandlung unwirksamer Selbstanzeigen, bei denen zu berücksichtigen ist, inwieweit
die Selbstanzeige Ausdruck des Willens zur vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit oder der rechtsfeindlichen Gesinnung des Täters ist und
durch die Selbstanzeige dem Fiskus bisher unbekannte Steuerquellen erschlossen werden.
Zusammenfassend wird man sagen können, dass die Strafmilderung im Falle einer unwirksamen Selbstanzeige umso großzügiger ausfallen muss, je knapper die Selbstanzeige gescheitert ist.
3. Fehler der Selbstanzeige, die nicht zu deren Unwirksamkeit führen
In folgenden Fällen würde einer Selbstanzeige zwar nach dem Wortlaut des § 371 AO keine strafbefreiende Wirkung zukommen, gleichwohl wird sie in der Praxis als wirksam angesehen:
Undolose Teilselbstanzeige mit Abweichung von max. 5 %:
Die Selbstanzeige wirkt in vollem Umfang strafbefreiend.Unvollständige Angaben durch den Selbstanzeigenden, der allerdings objektiv keine Möglichkeit hat, die fehlenden Informationen zu bekommen:
Da der Selbstanzeigende alle ihm möglichen Angaben gemacht hat, Strafbefreiung in vollem UmfangNur teilweise Nachzahlung mit Leistungsbestimmung:
Die Selbstanzeige wirkt für die Zeiträume, für die entsprechend der Leistungsbestimmung vollständig nachgezahlt wurde, strafbefreiend (str.)
4. Fehlgeschlagene Selbstanzeigen, die zu einer bedeutenden Strafmilderung führen
Eine bedeutende Strafmilderung – bis hin zur Einstellung des Verfahrens nach § 398 AO, §§ 153 ff. StPO – kommt in Frage, wenn der Wille zur vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit und die Erschließung von dem Fiskus bisher unbekannten Steuerquellen deutlich im Vordergrund stehen.
Undolose Teilselbstanzeige mit Abweichung von mehr als 5 %: Bedeutende Strafmilderung; je dichter an 5-%-Abweichung desto höher.
Dolose Teilselbstanzeige, die der Täter durch nachfolgende Selbstanzeige richtig stellt.
Die Selbstanzeige ist zwar – ggf. nur bzgl. einzelner Zeiträume oder aufgrund der Anwendung des Kompensationsverbotes – unvollständig, bei steuerzeitraumübergreifender Betrachtung ist jedoch kein Schaden entstanden.
Ausschlussgrund greift für Täter im Zeitpunkt der Selbstanzeige nicht vorherseh- und erkennbar ein.
Nachzahlung verspätet, aber vollständig: Bedeutende Strafmilderung; je kürzere Verspätung desto höher.
5. Fehlgeschlagene Selbstanzeigen, die keiner oder nur geringen Strafmilderung führen
In den folgenden Fällen scheidet eine bedeutende Strafmilderung aus, da bei der Abgabe der Selbstanzeige nicht der Wille zur vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit und / oder die Erschließung von dem Fiskus bisher unbekannten Steuerquellen im Vordergrund stehen.
Dolose Teilberichtigung: Keine oder im Hinblick auf die Schadenswiedergutmachung durch Nachzahlung allenfalls geringe Strafmilderung wg. rechtsfeindlicher Gesinnung des Täters.
Abweichung von max. 5 % wurde bewusst herbeigeführt: Auch in diesem Fall steht nicht die vollständige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit im Vordergrund, sondern der Täter nutzt die Selbstanzeige als Teil seiner Hinterziehungsstrategie.
Selbstanzeige enthält in großem Umfang fiktive/unrichtige Angaben: Die vollständige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit steht nicht im Vordergrund.
Ausschlussgrund greift für den Täter erkennbar ein: Eine bedeutende Strafmilderung würde der Wertung des Gesetzgebers widersprechen.
IV. Vollendung einer Hinterziehung von Schenkungssteuer durch Unterlassen
256
Da für die Schenkungsteuer – anders als bei anderen Veranlagungssteuern – in Ermangelung eines kontinuierlichen abschnittsbezogenen Veranlagungsverfahrens kein allgemeiner Veranlagungsschluss besteht, ist im Hinblick auf den Beendigungszeitpunkt und die damit i. d. R: zusammenfallende Tatvollendung darauf abzustellen, wann eine korrekt abgegebene Erklärung des Täters wohl veranlagt worden wäre. Der Beendigungs- bzw. Vollendungszeitpunkt für die Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen ist somit wie folgt zu bestimmen: [282]
Eine Schenkung ist gem. § 30 Abs. 1 ErbStG binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis von der jeweiligen Schenkung beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen.
Dauer der Bearbeitung in der zuständigen Dienststelle bis nach dem Eingang der Anzeige des Steuerpflichtigen die Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung gem. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ergeht.
Die vom Finanzamt in vergleichbaren Fällen üblicherweise gesetzte angemessene Frist zur Erstellung und Abgabe der Schenkungsteuererklärung. Hilfsweise könnte auch davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige vom Finanzamt gem. § 31 Abs. 1 und 7 ErbStG aufgefordert werden könnte, binnen einer Frist von einem Monat eine Steuererklärung mit von ihm selbst berechneter Schenkungsteuer abzugeben.
Nach der Abgabe der Erklärung ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer in der zuständigen Dienststelle zu berücksichtigen. Diese kann aus dem Controlling des Finanzamtes entnommen oder – falls kein entsprechendes Controlling vorhanden ist – anhand von Zeugenvernehmungen ermittelt werden.
Daneben ist auf den einzelnen Stufen das konkrete Fristverlängerungsverhalten des jeweiligen Finanzamtes zu berücksichtigen.
Wie sich aus dieser Aufstellung ergibt, handelt es sich insoweit um eine vom konkreten Einzelfall abhängige Tatfrage. Folglich kann der Tatrichter auch besondere Umstände des Einzelfalls berücksichtigen, z. B. die über- oder unterdurchschnittliche steuerliche Komplexität des Falls und eine sich daraus ergebende Verkürzung oder Verlängerung der Bearbeitungsdauer im Finanzamt. In der Praxis in aller Regel eintretende Verzögerungen, die sich hingegen aus dem Strafverfahren ergeben, weil die Bearbeitung der jeweiligen Erklärung z. B. zunächst zurückgestellt wird, sind insoweit jedoch nicht einzubeziehen.
Die Beendigung bzw. Vollendung kann aber in keinem Fall nach weniger als vier Monaten eintreten. Der BFH hat in einem Fall zwölf Monate als zutreffend angesehen. Abhängig vom Einzelfall kann der Zeitraum jedoch auch kürzer oder länger ausfallen.
V. Übersicht zur Verjährung
257
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Verjährung | |
---|---|
Steuerliche Verjährung | Strafrechtliche Verjährung |
Beginn der Festsetzungsverjährung: zum 31.12. (Ablauf des Kalenderjahres)
| Beginn der Strafverfolgungsverjährung: • § 78a StGB: mit strafrechtl. Beendung/Vollendung
|
Ablaufhemmungen, § 171 AO, insb.
| Unterbrechungen, § 78c StGB, insb.
|
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v. Wedelstädt, Steuerhinterziehung, infoCenter
v. Wedelstädt, Selbstanzeige, infoCenter
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Grundlagen
VAAAE-82580
1Z. B. 3StR 413/83, NStZ 1984 S. 414; Peter, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 70; Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 47.
2Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 27; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 370 Rz. 7a
3Zur strafrechtlichen und steuerlichen Verjährung vgl. die Übersicht in Rz. 257
4, BGHSt 12 S. 100, 101; , NJW 1974 S. 2293; vgl. aber auch , BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091, wonach allein fiskalische Interessen an der Entrichtung hinterzogener Steuern die Privilegierung durch § 371 AO nicht rechtfertigen können. Hinzukommen muss vielmehr die (vollständige) Rückkehr zur Steuerehrlichkeit; diese soll honoriert werden.
5, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091.
6Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 4; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 18.
7, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 2; a. A. , MDR 1985 S. 519.
8, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091.
9, BGHSt 37 S. 340; vgl. zum Rücktritt vom Versuch Jäger, in Klein, § 371 Rz. 5 f.; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 415 ff.; die Anwendbarkeit des § 24 StGB verneinend hingegen Rolletschke, ZWH 2013 S. 186.
10Vgl. umfassend Webel, PStR 2014 S. 263 ff. sowie PStR 2014 S. 292 ff.
11Dazu , wistra 2019 S. 503 ff.
12Von der in §§ 13, 22 RennwLottG vorgesehenen Möglichkeit der Besteuerung von Lotterien, Wetten und Ausspielungen durch Stempelzeichen wurde bisher kein Gebrauch gemacht.
14, BFH/NV Beilage 2006 S. 378, NWB GAAAC-07205; siehe auch Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 50.
15Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 181.
16, wistra 1995 S. 345.
17, BStBl 2006 II S. 356, NWB BAAAB-73116.
18 bzgl. der Benutzung des „grünen Ausgangs“ im Flughafen beim Mitführen abgabenpflichtiger Waren; Schmitz/Wulf, in MüKo StR, Band 7, § 370 Rn. 217 f. mit weiteren Beispielen.
19Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 187.
20, wistra 2000 S. 217; in der Literatur wird hingegen teilweise ausschließlich von der Rechtsprechung ausgegangen und die Verwaltungsauffassung insoweit als unbeachtlich angesehen.
21, wistra 2000 S. 137.
22, wistra 2000 S. 137; , wistra 2000 S. 217 m. w. N.; siehe auch , NWB AAAAC-62294, nv; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 44; enger Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 192 m. w. N., der eine strafbare Steuerhinterziehung nur annimmt, wenn den Angaben Rechtsauffassungen zugrunde liegen, die nach allgemeiner, auch laienhafter Rechtsauffassung völlig unvertretbar erscheinen.
23Peters, in HHSp, AO, § 370 Rz. 123.
24Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht,§ 370 AO Rz. 207.
25, BGHSt 36 S. 100; , BGHSt 40 S. 109; , HFR 1998 S. 589; , wistra 1994 S. 194; , BStBl 2006 II S. 356, NWB BAAAB-73116.
26, EFG 1997 S. 414.
27Vgl. , wistra 1987 S. 263.
28Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 200.
29, wistra 1992 S. 300; , wistra 1998 S. 180 für unzutreffende Angaben zum Gesamtvermögen.
30, NWB XAAAA-63033, nv.
31, NWB XAAAA-67492, nv.
33Vgl. § 7g Abs. 3 EStG; dazu StbSt (R) 1/15, wistra 2017 S. 31.
34Vgl. § 150 Abs. 5 AO.
35Vgl. für veruntreute Beträge , HFR 1989 S. 217; für Umsätze aus illegalem Glücksspiel , wistra 1998 S. 344. Zu beachten sind jedoch die Ausführungen zu auf der Basis von Rechtsansichten verdichteten Tatsachenangaben, vgl. Rn. 37.
36, wistra 2003 S. 20; Jäger, in Klein, § 370 Rz. 43.
37Ebenso , wistra 2013 S. 107.
38Vgl. Rn. 43; Schmitz/Wulf, in MüKo-StGB, § 370 Rz. 257 ff.
39Ebenso III - 1 RVs 253/16, AO-StB 2017 S. 209; OLG Oldenburg v. , wistra 2019, 79; , NZWiSt 2022 S. 323; a. A. (aber mittlerweile aufgehoben durch OLG Oldenburg a.a.O.) LG Aurich v. - 12 Ns 310 Js 8712/15, wistra 2018 S. 179 ff. mit Anm. Webel unter Bezugnahme auf , wistra 2011 S. 186 sowie 4 St RR 8/02, wistra 2002 S. 393.
40Z. B. §§ 56 ff. EStDV, § 25 Abs. 3, § 41a EStG, § 18 Abs. 1 und 3 UStG, § 33 Abs. 1 KStG, § 25 Abs. 1 GewStDV.
41, BStBl 2002 II S. 259, 262, NWB PAAAA-89178; , NWB DAAAB-66061.
42Vgl. z. B. wistra 2014 S. 276 (Rn. 19); wistra 2010 S. 148 (Rn. 12, 15); wistra 2007 S. 345; wistra 1999 S. 426; vgl. auch Rn. 249.
43, wistra 1982 S. 156.
44, wistra 1996 S. 239; , wistra 1999 S. 385.
45, NWB KAAAC-07529; Meyer, DStR 2001 S. 461, 465.
46, wistra 1999 S. 385.
47, NWB KAAAC-07461; , NWB JAAAC-07337; a. A. noch , wistra 1996 S. 239.
48, BGHSt 37 S. 340.
49§ 149 Abs. 2 AO i. V. mit z. B. §§ 56 ff. EStDV, § 25 Abs. 3, § 41a EStG, § 18 Abs. 1 und 3 UStG, § 33 Abs. 1 KStG, § 25 Abs. 1 GewStDV.
50Vgl. , wistra 2017 S. 234 ff. mit Anm. Webel.
51A. A. AEAO zu § 153 AO, Nr. 5.1, wo davon ausgegangen wird, dass sowohl Anzeige als auch Berichtigung unverzüglich erfolgen müssen.
52Zu beachten ist insoweit, dass die Erben im Fall der unterlassenen Korrektur zwar eine Steuerhinterziehung begehen, für die eine selbständige strafrechtliche Verjährung läuft, aber die von einem Erben durch eine unterlassene Berichtigung gemäß § 153 Abs. 1 AO begangene Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu einer weiteren Verlängerung der Festsetzungsfrist führt, wenn diese sich schon aufgrund einer Steuerhinterziehung des Erblassers nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängert hatte (, BStBl 2023 II S. 210).
53, wistra 1996 S. 184, NWB UAAAA-96919, nv; Joecks, INF 1997 S. 21.
54, NJW-RR 1990 S. 523; Palandt/Heinrichs, BGB , § 121, Rn. 3; vgl. zu einer Zusammenfassung der vertretenen Zeiträume Hornig, PStR 2020, 18 f.
55, wistra 1986 S. 219.
56, BStBl 1963 III S. 309, 310, NWB VAAAB-51397.
57§ 25 ErbStG; , NWB BAAAC-59713.
58, EFG 1992 S. 706.
59, NWB PAAAB-32461, nv.
60Heuel/Hilgers-Klautzsch/Peters/Ransiek/Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 372.
61Vgl. Rn. 34; ebenso Peters, in HHSp, AO , § 370 AO Rz. 14, 72.
62, StRK AO 1977 § 370 R. 2; , NStZ 1986 S. 79; , StRK AO § 370 R. 74 m. w. N.; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 34; Peters, in HHSp, AO , § 370 AO Rz. 240, 278; Jäger, in Klein, AO, § 370 AO Rz. 94; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 391 ff.: Gefährdung der rechtzeitigen und vollständigen Verwirklichung des Steueranspruchs.
63 4 St RR 126/2000, wistra 2001 S. 194.
64Vgl. z.B. , wistra 2024 S. 128; Wulf, Stbg 2024 S. 68 ff.
65Vgl. dazu , wistra 2024 S. 127.
66, NZWiSt 2021 S. 275 Rz. 26; , BFH/NV 2023 S. 367 Rz. 9; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 96; vgl. auch Rn. 249.
67, wistra 1984 S. 142; unklar Peters, in HHSp, AO , § 370 AO Rz. 278.
68, NJW 1953 S. 1841.
69, wistra 2007 S. 116, NWB VAAAC-31257; , wistra 2014 S. 486; , wistra 2015 S. 188 (Rn. 29); , BFH/NV 2021 S. 431; , wistra 2023 S. 286.
70§ 370 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz AO; vgl. auch , wistra 1989 S. 188; , wistra 1984 S. 182.
71, BStBl 1956 I S. 441; , wistra 2002 S. 64, NWB PAAAA-89178; , NStZ 2011 S. 294.
72Für Besteuerungszeiträume, die nach dem begannen, und Besteuerungszeitpunkte, die nach dem lagen. Darüber hinaus sind für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 die im Hinblick auf die Corona-Pandemie gegebenen Verlängerungen der Abgabefrist zu berücksichtigen, vgl. Rn. 49, 258. Für Besteuerungszeiträume, die vor dem begannen, und Besteuerungszeitpunkte, die vor dem lagen, galt nach § 149 Abs. 2 AO a. F. noch eine Abgabefrist von fünf Monaten, so dass für Taten, die diese Zeiträume/Zeitpunkte betreffen, auf den 31.5. des Folgejahres abzustellen ist.
73, wistra 2012 S. 484.
74Dazu , BStBl 2020 II S. 247; vgl. auch , wistra 2011 S. 428.
75Zur Berechnung des Vollendungszeitpunktes bei der Schenkungssteuer vgl. Arbeitshilfe in Rn. 266.
76Vgl. Webel, PStR 2008 S. 109; ebenso , wistra 2005 S. 66, NWB EAAAC-06935; , wistra 2000 S. 63, NWB DAAAA-96686; in jeder falschen USt-Voranmeldung sieht hingegen noch eine Hinterziehung auf Zeit Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 111.
77Für Besteuerungszeiträume, die nach dem beginnen, und Besteuerungszeitpunkte, die nach dem liegen. Darüber hinaus sind für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 die im Hinblick auf die Corona-Pandemie gegebenen Verlängerungen der Abgabefrist zu berücksichtigen, vgl. Rn. 49. Für Besteuerungszeiträume, die vor dem begannen, und Besteuerungszeitpunkte, die vor dem lagen, galt nach § 149 Abs. 2 AO a. F. noch eine Abgabefrist von fünf Monaten, so dass für Taten, die diese Zeiträume/Zeitpunkte betreffen, auf den 31.5. des Folgejahres abzustellen ist.
78Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 223.
79 RReg 4 St 204/90, wistra 1991 S. 313; , wistra 1998 S. 146.
80, wistra 2009 S. 355; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 111; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 370 Rz. 226.
81, wistra 2009 S. 355, Rn. 44.
82Vgl. Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 154 ff.; vgl. auch Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 370 Rz. 103, wonach ein Steuervorteil – abgesehen von der Steuerverkürzung – jede günstigere Gestaltung des Steuerrechtsverhältnisses ist, die sich auf die Realisierung des einzelnen Steueranspruchs auswirkt. Dies kann z. B. in der Form geschehen, dass die Finanzbehörde den Anspruch nicht, nicht rechtzeitig oder nicht in voller Höhe geltend machen kann oder die Verwirklichung des Anspruchs gefährdet ist.
83Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 450.
84, wistra 2012 S. 482; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 121.
85, wistra 1998 S. 180; vgl. auch Rn. 5.
86Hellmann, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 362.
87Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 441.
88, BGHSt 25 S. 190, 202; vgl. Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 125.
89, wistra 2003 S. 20; , BStBl 1997 II S. 157, NWB PAAAA-95752.
90, wistra 2009 S. 114, NWB GAAAD-02212; , wistra 2023 S. 340; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 122; Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 80 ff.; Jope, DStZ 2009 S. 247; Hardtke/Leip, NStZ 1996 S. 217, 219; a. A. , wistra 1989 S. 184; Beckemper, NStZ 2002 S. 518, 520; a. A. Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 353 f.
91Jäger, in Klein, AO, § 370 AO Rz. 124.
92, HFR 1981 S. 430; , wistra 1986 S. 26; , wistra 1992 S. 300; , wistra 1998 S. 180; Kretzschmar, DStR 1982 S. 550 m. w. N.; Bansemer, wistra 1994 S. 327.
93, wistra 1998 S. 180.
94§ 258 AO; vgl. z. B. , ZfZ 1989 S. 155.
95Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 360; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 436; a.A. , wistra 1996 S. 184 (186).
96Vgl. , BGHSt 53 S. 99, NWB GAAAD-02212.
97, wistra 1988 S. 356.
98Meine, wistra 1982 S. 129.
99, BStBl 1961 I S. 495, 497.
100Grundlegend , BGHSt 7 S. 396.
101Siehe Rn. 80; vgl. z. B. , wistra 1985 S. 225; , wistra 1988 S. 109; -93/87 III, wistra 1988 S. 118; RReg 4 St 162/89, wistra 1990 S. 112; , NWB JAAAC-07337; , NWB TAAAC-07351.
102Vgl. Menke, wistra 2005 S. 125, 127.
103, wistra 1990 S. 59.
104Vgl. umfassend Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 117 ff.; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 370 Rz. 309.
105, BStBl 1986 II S. 120.
106, wistra 2019 S. 109 bzgl. Ankauf und späterem Verkauf eines nicht verbrauchbaren Wirtschaftsgutes.
107, wistra 1984 S. 229; dies soll aber nicht gelten für die unterlassene Abgabe einer Vorsteuererklärung, , wistra 1991 S. 107, str.; vgl. auch Simon/Vogelberg, S. 75 f.
108, NStZ 2011 S. 294, NWB BAAAD-59694; RReg 4 St 20/82, wistra 1982 S. 199; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 138; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 370 Rz. 315; a. A. noch , wistra 1984 S. 183.
109, wistra 2019 S. 109.
110Vgl. HansOLG v. - 2 Rev 40/17, juris, Rn. 30.
111 , ZWH 2017 S. 133, Rn. 7; , NStZ 2004 S. 579.
112Vgl. Fischer, StGB, vor § 13 Rz. 21.
113A. A. Schmitz/Wulf, in MüKo-StGB, § 370 Rz. 273 ff.
114Von BGH (NStZ 2011 S. 283, 284) auch für das Steuerstrafrecht im Ansatz aufgegriffen.
115, wistra 2013 S. 107; , wistra 2011 S. 186, NWB KAAAD-61605; , NStZ 2007 S. 635, NWB YAAAC-52057; , wistra 2000 S. 63, NWB DAAAA-96686; , wistra 1990 S. 58; nach der Lehre von der objektiven Zurechnung dürfte in diesen Fällen eine versuchte Steuerhinterziehung vorliegen, da sich im Erfolg (= der unzutreffenden Steuerfestsetzung) nicht das vom Täter gesetzte Risiko, sondern der Entschluss der Finanzverwaltung auswirkt.
116A. A. , wistra 1994 S. 153.
117, wistra 1993 S. 66.
118, BGHSt 36 S. 1, 9 f.; Fischer, StGB, § 15 Rz. 3.
119, juris; , wistra 1989 S. 263.
120Zu einem Sonderfall, in dem der BGH aufgrund eines familiären Vertrauensverhältnisses den bedingten Vorsatz verneinte vgl. , juris.
121A. A. Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 464.
122, wistra 2011 S. 465, NWB MAAAD-93868; , wistra 1998 S. 225; , BStBl 1997 II S. 157, NWB PAAAA-95752; , EFG 2000 S. 1169, NWB GAAAB-09846; Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 503.
123, BFH/NV 1996 S. 731, NWB WAAAB-37988; , BStBl 1992 II S. 565, NWB YAAAA-94135.
124, wistra 2000 S. 137; , wistra 2000 S. 217; , EFG 2005 S. 1660, NWB YAAAB-62195.
125Bzgl. Steuerpflicht von Zinserträgen: , nv; , nv; ; bzgl. Steuerpflicht von Vermietungseinkünften , nv; bzgl. des Bestehens der Korrekturpflicht gem. § 153 Abs. 2 AO , wistra 1986 S. 219.
126Zur Leichtfertigkeit vgl. , wistra 2020 S. 154 ff.
127, HFR 1992 S. 567.
128, wistra 1988 S. 185; , BGHSt 30 S. 363; , BGHSt 3 S. 248; Fischer, StGB, § 22 Rz. 40.
129, BGHSt 38 S. 37; Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 198.
130Vgl. III - 1 RVs 253/16, AO-StB 2017 S. 209.
131, wistra 1995 S. 345.
132Fischer, StGB, § 22 Rz. 9 ff.
133, BGHSt 30 S. 363; , BGHSt 3 S. 248; Fischer, StGB, § 22 Rz. 39 ff.
134Reiß, wistra 1986 S. 193; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 682 ff.
135, wistra 1997 S. 62; Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 490 m. w. N.; a. A. , wistra 1989 S. 73; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 685.
136-1/81, NStZ 1982 S. 73.
137, wistra 1994 S. 268; Mösbauer, DStZ 1997 S. 577.
138, wistra 2003 S. 20, NWB VAAAC-07615.
139, HFR 1992 S. 311.
140, wistra 2003 S. 20, NWB VAAAC-07615.
141, HFR 1997 S. 610.
142OLG Schleswig v. - 2 Ss 413/85, wistra 1987 S. 34.
143, wistra 1986 S. 189; , HFR 1984 S. 439, NWB LAAAE-68725.
144, HFR 1984 S. 20; , wistra 1995 S. 345; , BFH/NV Beilage 2006 S. 90, NWB TAAAC-07351.
145, HFR 1995 S. 227.
146, EFG 2000 S. 105.
147Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 511; a. A. Meine, GA 1978 S. 321.
148, BFH/NV 2009 S. 536, NWB WAAAD-03102; bestätigt z. B. durch , NStZ 2011 S. 643, NWB YAAAD-85965; BGH v - 1 StR 81/11, wistra 2011 S. 396, NWB DAAAD-88525; , NWB TAAAD-99871; , wistra 2012 S. 191, NWB RAAAE-02240; ebenso Jäger, in Klein, AO, § 370 Rz. 280.
149, wistra 2012 S. 191, NWB RAAAE-02240.
150Rolletschke/Roth, wistra 2012 S. 218. Seit dem gilt allerdings durch die Neufassung der § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 398a AO insoweit eine einheitliche Betragsgrenze von 25.000 €.
151, BGHSt 61 S. 28.
152Der BGH scheint der Meinung zuzuneigen, dass auch technische Aufzeichnungen, deren Fälschung von § 268 StGB erfasst wird, von § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO erfasst werden, , Rn. 32.
153, wistra 1990 S. 26.
154, wistra 1989 S. 228; , Rn. 33 ff.
155, wistra 2001 S. 298, NWB YAAAB-96475 m. w. N.; , wistra 2002 S. 21, NWB MAAAC-08775; , wistra 2002 S. 57, NWB XAAAC-07315.
156, wistra 2023 S. 421.
157, wistra 2001 S. 298, NWB YAAAB-96475; Ellbogen, wistra 2002 S. 8 m. w. N.
158, wistra 1998 S. 265.
159, wistra 1989 S. 190.
160Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 20; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 44.
161Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 42.
162Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 24; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 47.
163Vgl. Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz. 369 ff.
164Vgl. Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz. 444 ff.
165, wistra 2004 S. 309, NWB HAAAC-07475.
166, wistra 2009 S. 189, NWB MAAAD-03101, , wistra 2003 S. 385, NWB TAAAC-07390.
167Etwas anderes gilt allerdings nach h. M. für die bußgeldbefreiende Selbstanzeige des § 378 Abs. 3 AO.
168 Zur strafrechtlichen und steuerlichen Verjährung vgl. die Übersicht in Rz. 157
169BT-Drucks. 17/5067 (neu) S. 21, 24.
171BT-Drucks. 17/5067 (neu) S. 21.
172Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 65; zu den konkreten Auswirkungen vgl. die Arbeitshilfe in Rn. 255.
173Vgl. , wistra 1999 S. 27.
174Vgl. BT-Drucks. 17/5067 (neu) S. 24.
175Ebenso Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 44; Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz. 525; a. A. aus rein pragmatischen Erwägungen Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011 S. 281, 283.
176Ebenso Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. Rz. 42, 51.
177Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 65; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 112; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 371 Rz. 50e; zum Umfang der Strafmilderung vgl. auch die Arbeitshilfe unter Rn. 255.
178BT-Drucks. 17/5067 (neu) S. 21; vor der Änderung des § 371 Abs. 1 AO wurden von der Rechtsprechung Fehlberechungen bis zu ca. 6 % akzeptiert (OLG Frankfurt v. - 1 Ss 854/61, NJW 1962 S. 974; , DB 1980 S. 57), teilweise wurden sogar bis zu 10 % als tolerabel angesehen (Klos, NJW 1996 S. 2496; Schauf, in Kohlmann, § 371 Rz. 224).
179, wistra 2011 S. 428, NWB MAAAD-91363; vgl. auch , wistra 1999 S. 27; , BB 1978 S. 698.
180Dem BGH zustimmend Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 70 f.; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 107, 124; Heuel, AO-StB 2011 S. 356.
181So Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 107a mit erheblichen Zweifeln an dieser Ansicht; Schwartz, PStR 11 S. 122; Spatscheck/Höll, Stbg 2011 S. 561, 563; Heuel/Beyer, StBW 2011 S. 315, 316. Für eine Betrachtung für jede einzelne Tat hingegen Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 73; Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz. 530.
182, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091; , wistra 2004 S. 309; , BGHSt 3 S. 373, 376.
183Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 50; Schmitz, DStR 2001 S. 1821 m. w. N.
184, wistra 1990 S. 72; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 50.
185, BGHSt 12 S. 100; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 371 Rz. 89.
186Vgl. , wistra 1993 S. 274.
187Vgl. zu weiteren Beispielen Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 52.
188, wistra 2019 S. 341 ff.; , BB 1978 S. 698; , NJW 1974 S. 2293; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 68.
189, wistra 2009 S. 189, NWB MAAAD-03101.
190Vgl. dazu die Arbeitshilfe in Rn. 255.
191Vgl. dazu umfassend Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz. 539 ff.
192Die h. M. geht davon aus, dass jede Finanzbehörde i. S. des § 6 AO richtiger Adressat einer Selbstanzeige ist, vgl. Jäger, in Klein, AO , § 371 Rz. 60; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 120; Beckemper, in HHSp, AO , § 371 Rz. 52; a. A. noch RG v. - I 612/26, RGSt 61 S. 115, 119; , DStZ/B 1951 S. 212; OLG Frankfurt/M. v. - 2 Ss 755/53, DStZ/B 1954 S. 58, die auf die im Einzelfall örtlich und sachlich zuständige Finanzbehörde abstellen.
193Vgl. insoweit aber zum Eingreifen von Ausschlussgründen Rn. 177 ff., 188 ff.
194Wie hier Jäger, in Klein, AO , § 371 Rz. 95. Im Gegensatz dazu geht Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 120 von der Wirksamkeit mit der „Entäußerung“ durch den „Selbstanzeigenden“ aus. Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO, Rz. 285 will bei nachweisbarer Aufgabe der Selbstanzeige zur Post den Zugang bei der Behörde und damit der Eintritt der Wirksamkeit zu dem Zeitpunkt fingieren, der dem normalen Postlauf entspricht.
195, DB 1981 S. 777, 778.
196, EFG 2007 S. 330; Jäger, in Klein, AO, § 371 AO Rz. 95.
197, BGHSt 3 S. 373; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 100.
198Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 100; Schmitz, DStR 2001, 1821.
199, wistra 2004 S. 309, NWB HAAAC-07475; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 100.
200, wistra 1986 S. 116 m. abl. Anm. Bublitz, wistra 1986 S. 117, 118; Beckemper, in HHSp, AO /FGO, § 371 AO Rz. 79; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 71.
201Zum Umfang der Strafmilderung bei einer verunglückten Selbstanzeige vgl. Webel, PStR 2014 S. 70 ff. sowie die Arbeitshilfe in Rn. 255.
202BT-Drucks. 18/3018 S. 11.
203Jäger, in Klein, AO, § 371 AO Rz. 127; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 286 ff.
204Gegenüber der alten Fassung („b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist oder“) hat der Gesetzgeber den Terminus „wegen der Tat“ gestrichen, so dass es jetzt ausreicht, wenn wegen irgendeiner der unverjährten Steuerstraftaten die Verfahrenseinleitung erfolgt ist.
205Dies gilt gem. BT-Drucks. 18/3018 S. 11 trotz des unklaren Wortlauts „dem Beteiligten“, der auch dafür sprechen könnte, dass die Bekanntgabe gegenüber dem jeweiligen Beteiligten erfolgen muss, bei dem die Sperrwirkung eintreten soll.
206Vgl. , BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091, wo die steuerartübergreifende Ausschlusswirkung für den Fall einer Steuerfahndungsprüfung ausdrücklich bejaht wird.
207§ 78 AO Rn. 24; § 33 AO Rn.15.
208, BStBl 2008 II S. 7, NWB FAAAC-63876.
209Zur vergleichbaren Problematik bei § 7 StraBEG , EFG 2006 S. 1401, NWB AAAAB-91749 m. w. N.; bestätigt durch , BStBl 2008 II S. 344, NWB HAAAC-72648; vgl. zur parallelen Problematik bei § 371 AO auch Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 240, 244 m. w. N.
210Vgl. , BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091, wo die steuerartübergreifende Ausschlusswirkung für den Fall einer Steuerfahndungsprüfung ausdrücklich bejaht wird. Das Urteil geht allerdings von einer mittlerweile überholten Fassung des § 371 AO aus.
211Auch bei einer USt- oder LSt-Nachschau handelt es sich um eine steuerliche Prüfung i. S. des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AO gem. Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 142 ff.; Wessing, in Flore/Tsambikakis, § 371 Rz. 114; so jetzt auch Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 237; a. A. Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 243
212Kemper, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 27b Rz. 17; Leipold, in Sölch/Ringleb, UStG, § 27b UStG Rz. 10.
213Webel, StBP 2015 S. 309 ff.
214, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091.
215Vgl. , BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091; zur alten Rechtsprechung vgl. , wistra 1993 S. 227.
216Vgl. zur alten Rechtsprechung, nach der aufgrund des wahrgenommenen Sachverhalts auch auf das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsmerkmale geschlossen worden sein musste, OLG Celle v. - 1 Ss 367/83, wistra 1984 S. 116.
217, BGHSt 55 S. 180, NWB MAAAD-44091; zum Kennenmüssen i. S. des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO OLG Schleswig v. - 2 Ss 63/15, wistra 2016 S. 119 sowie , wistra 2016 S. 116.
218, wistra 1988 S. 308; , wistra 1988 S. 151; , wistra 1987 S. 293.
219Vgl. , wistra 1987 S. 295; , wistra 1988 S. 309.
220 , juris.
221Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 364: Analogie zu § 171 Abs. 4 Satz 3 AO; vgl. dazu aber ablehnend Webel, NZWiSt 2016 S. 337 ff.
222In der bis zum geltenden Fassung des § 371 AO lag die Betragsgrenze bei 50.000 €. Die Höhe dieser höheren Grenze orientierte sich an der Rechtsprechung des BGH zum Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO (Steuerverkürzung in großem Ausmaß), vgl. , BGHSt 53 S. 71.
223, NJW 2012 S. 1015, NWB RAAAE-02240; ebenso Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 186; Hechtner, DStZ 2011 S. 265, 271.
224Ebenso Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 344; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 371 Rz. 287; Wessing, in Flore/Tsambikakis, § 371 Rz. 140; Hunsmann, NJW 2011 S. 1482.
225Für Besteuerungszeiträume, die vor dem begannen, und Besteuerungszeitpunkte, die vor dem lagen, galt nach § 149 Abs. 2 AO a.F. noch eine Abgabefrist von fünf Monaten, so dass auf den 31.5. des für Taten, die diese Zeiträume/Zeitpunkte betreffen, jeweiligen auf den 31.5. des Folgejahres abzustellen ist. Der aktuelle § 149 Abs. 2 AO sieht mittlerweile eine Abgabefrist von sieben Monaten vor, so dass für Besteuerungszeiträume/Besteuerungszeiträume nach dem auf den 31.7. abzustellen ist.
226Nach der bis zum geltenden Fassung des § 398a AO wäre lediglich ein Geldbetrag in Höhe von 5 % zu zahlen gewesen (= 12.500 €) und die Zahlung von Zinsen wäre für die Erlangung der Straffreiheit nicht erforderlich gewesen, so dass danach insgesamt 262.500 € zu zahlen gewesen wären.
227Nach der bis zum geltenden Fassung des § 398a AO wäre lediglich ein Geldbetrag in Höhe von 5 % zu zahlen gewesen (= 60.000 €) und die Zahlung von Zinsen wäre für die Erlangung der Straffreiheit nicht erforderlich gewesen, so dass danach insgesamt 1.260.000 € zu zahlen gewesen wären.
228Verneinend Nr. 82 Abs. 4 Satz 3 und 4 AStBV (St) 2023; bejahend hingegen , wistra 2017 S. 284 ff. mit ablehnender Anmerkung Webel.
229Für Besteuerungszeiträume, die nach dem beginnen, und Besteuerungszeitpunkte, die nach dem liegen. Für Besteuerungszeiträume, die vor dem begannen, und Besteuerungszeitpunkte, die vor dem lagen, galt nach § 149 Abs. 2 AO a. F. noch eine Abgabefrist von fünf Monaten, so dass für Taten, die diese Zeiträume/Zeitpunkte betreffen, auf den 31.5. des Folgejahres abzustellen ist.
230Zur umstrittenen bis zum geltenden Rechtslage ebenso Roth, NZWiSt 2012 S. 23; a. A. Heuel/Beyer, StBW 2011 S. 315, 321; Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011 S. 281, 287; Hunsmann, NJW 2011 S. 1482, 1487.
231Jäger, in Klein, AO, § 398a Rz. 63; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 398a Rz. 141, 153; Roth, NZWiSt 2012 S. 23; a. A. Schauf, in: Kohlmann, § 398a Rz. 11; Wulf/Kamps, DB 2011 S. 1711.
232Jäger, in Klein, AO, § 398a Rz 53; Quedenfeld, in Flore/Tsambikakis, § 398a Rz. 57 f.; Beckemper/Schmitz/Wegner/Wulf, wistra 2011 S. 281, 285.
233, BGHSt 7 S. 336.
234, BGHSt 29 S. 37.
235, wistra 1987 S. 343.
236BT-Drucks. 18/3018 S. 13.
237, wistra 1983 S. 269; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 226.
238 (50) 187/86 Ns, wistra 1988 S. 317; , wistra 2007 S. 159, NWB FAAAC-81310; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 163.
239 105 Js (Wi) 17301/83-10 KLs, wistra 1986 S. 79; Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 228; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 160.
240Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rz. 404; Joecks, SAM 2011 S. 128, 131; Rolletschke/Roth, Stbg 2011 S. 200, 204; a. A. Schauf, in Kohlmann, § 371 Rz. 404 f.; Wessing, in Flore/Tsambikakis, § 371 Rz. 152.
241Vgl. dazu die Arbeitshilfe in Rn. 255.
242Jäger, in Klein, AO, § 371 Rz. 241; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 401; Schauf, in Kohlmann, § 371 Rz. 836.
243Begr. zu § 354 EAO 1974, BT-Drucks. VI/1982 S. 195.
244, wistra 1996 S. 190.
245, wistra 1996 S. 190; Marschall, BB 1998 S. 2559; Jarke, wistra 1999 S. 286; Jäger, in Klein, AO, § 371 AO Rz. 242; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 525, 532 ff.; Schauf, in Kohlmann, 26. Lfg. 10/98, § 371 AO Rz. 856; Webel, in Schwarz/Pahlke, AO, § 371 Rz. 464 ff.
246Samson, wistra 1990 S. 245, 249; ihm folgend 84b Ds 860 Js 22051/97, wistra 1998 S. 316; 42 Qs 84b Ds 860 Js 22501/97, wistra 1998 S. 317; Füllsack, wistra 1997 S. 285; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 410.
247Zur strafrechtlichen und steuerlichen Verjährung vgl. die Übersicht in Rz. 257
248 RReg 4 St 241/80, NStZ 1981 S. 147.
249Vgl. Rn. 245, Arbeitshilfe 2.
250, BGHSt 7 S. 363, 369; , NStZ 1997 S. 434.
251Etwas anderes gilt im Ordnungswidrigkeitenverfahren, vgl. Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, Rz 1330.
252Die Rechtsfigur des sog. Täters hinter dem Täter, bei der der Handelnde jedoch alle Voraussetzungen des Delikts vollständig selbst erfüllt, er jedoch aufgrund mafiöser Strukturen oder organisierter Machtapparate vom Hintermann kontrolliert wird, so dass ein Fall der mittelbaren Täterschaft vorliegt, spielt im Steuerstrafrecht keine Rolle.
253, BStBl 1997 II S. 157, NWB PAAAA-95752; VTa, Z, EU, EFG 2006 S. 1211, NWB VAAAB-72227; Peters, in HHSp, AO, § 370 AO Rz. 138; Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 239, 246; Ransiek, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 87.
254, BFH/NV 1986 S. 10, NWB FAAAB-29175, nv; , wistra 1987 S. 147; 4 St RR 29/2001, wistra 2001 S. 317; , BFH/NV Beilage 2004 S. 163, NWB DAAAC-07433.
255, BFH/NV 1987 S. 560, NWB ZAAAB-30346; , HFR 1992 S. 202; , BFH/NV Beilage 2004 S. 163, NWB DAAAC-07433.
256, wistra 2015 S. 188 (Fn. 35).
257Grötsch, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 512.
258, wistra 2000 S. 340, NWB IAAAA-96975 m. w. N..
259, wistra 2000 S. 340, NWB IAAAA-96975; , HFR 2005 S. 293, NWB WAAAB-41467, nv.
260, wistra 2000 S. 382; , BGHSt 42 S. 135.
261, wistra 1986 S. 26.
262, wistra 1986 S. 26; LG Wuppertal v. - 26 Kls 28 Js 472/98-29/98 VI, wistra 1999 S. 473.
263, HFR 1993 S. 333.
264, wistra 2000 S. 340 NWB IAAAA-96975 m. w. N.; , BFH/NV Beilage 2004 S. 89, NWB TAAAC-07390; , HFR 2005 S. 293, NWB WAAAB-41467, nv.
265, E, EFG 1994 S. 863.
266, HFR 1979 S. 445 für den Gesellschafterbeitritt zu einer Abschreibungsgesellschaft.
267, wistra 1986 S. 26.
268, BFH/NV 2002 S. 891, NWB RAAAA-68709, nv.
269, wistra 1988 S. 261.
270, EFG 2002 S. 513, NWB UAAAB-08732.
271, BFH/NV Beilage 2004 S. 89.
272, wistra 2019 S. 103, Rz. 22.
273Ausnahme: § 53 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz StGB.
274Vgl. jetzt , wistra 2019 S. 103.
275Vgl. , wistra 2019 S. 106, Rz. 16 f. bzgl. einer Täuschung des Spediteurs über den Inhalt eines Containers, der dann in der Folge bei Grenzübertritten (unwissend) falsche Erklärungen abgab.
276, NZWiSt 2021 S. 275.
277Vgl. , HFR 1996 S. 364.
278, wistra 2018 S. 43 ff.; in der Sache zutreffender wohl eher Grommes, NZWiSt 2017 S. 201, 202, die davon ausgeht, dass die falsche Jahreserklärung eine mitbestrafte Nachtat zu den falschen Voranmeldungen sei.
279BGBl 2014 I S. 2415.
280Zur strafrechtlichen und steuerlichen Verjährung vgl. die Übersicht in Rz. 257
281Vgl. dazu , NStZ-RR 2019 S. 81 Rz. 10; , juris, Rz. 4.
282, BStBl 2020 II S. 247; vgl. auch , wistra 2011 S. 428.