Finanzgericht Düsseldorf Urteil v. - 11 K 2909/09 E EFG 2011 S. 976 Nr. 11

Tarifermäßigte Besteuerung von Aufstockungsbeträgen zum Transferkurzarbeitergeld

Leitsatz

  1. Die nach Insolvenz des bisherigen Arbeitgebers für die Dauer eines Veranlagungszeitraums von einer zur Abwicklung eingeschalteten Transfergesellschaft gezahlten Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld stellen Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen dar, die nach der sog. Fünftelregelung tarifermäßigt zu besteuern sind.

  2. Die Umwandlung des Dienstverhältnisses in ein Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis ohne Arbeitsverpflichtung (Kurzarbeit Null) steht der Annahme einer neuen Rechtsgrundlage nicht entgegen.

Gesetze: EStG § 34 Abs. 1, EStG § 24 Nr. 1a, EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2, SGB III § 216b

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist die tarifermäßigte Besteuerung von Aufstockungsbeträgen zum Transferkurzarbeitergeld.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2007 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war vom bis zum sowie vom bis zum bei der Firma C. AG – Firma C. – und nach einem Betriebsübergang vom 1. Oktober 2005 bis zum bei der Firma A. GmbH & Co. OHG – Firma A. – beschäftigt. Sein Jahresgehalt betrug zuletzt 123.700 EUR.

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma A. am wurde Ende 2006 der mit Firma A. bestehende Arbeitsvertrag des Klägers aufgelöst und eine Vereinbarung zum Wechsel in eine Transfergesellschaft der Firma B. GmbH – Firma B. – geschlossen. Es handelte sich um einen dreiseitigen Vertrag zwischen dem Kläger, Firma A. und Firma B.. Danach wurde in der Zeit vom 1. Januar bis zum ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet und sog. Kurzarbeit Null (§ 216b Drittes Buch SozialgesetzbuchSGB III –) umgesetzt. Zugleich wurden Integrations- und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten. Der Kläger erwarb einen Anspruch auf den Bezug von Transferkurzarbeitergeld (i. H. v. 60 bzw. 67 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum) nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 178, 129 SGB III). Zudem stockte die Firma B. das Transfer-Kurzarbeitergeld auf 84 % des bisherigen Bruttomonatsentgelts auf (Ziffer 2 des Vertrags vom ). Weiterhin sollte eine sog. Überbrückungshilfe gezahlt werden, falls der Arbeitnehmer erst am aus der Firma B. ausschied und zu diesem Zeitpunkt keinen neuen Arbeitsplatz gefunden hatte (Ziffer 6 des Vertrags vom ).

Da der Kläger tatsächlich erst am aus der Firma B. ausschied und bis zu diesem Zeitpunkt keinen neuen Arbeitsplatz gefunden hatte, erhielt er im Jahr 2007 – neben dem monatlich ausgezahlten Transferkurzarbeitergeld und den entsprechenden Aufstockungsbeträgen – eine Überbrückungshilfe i. H. v. 190.333,01 EUR. Ab war er arbeitslos.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 deklarierten die Kläger die Abfindung (190.333,01 EUR), die Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld (49.089 EUR) sowie den geldwerten Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten (12.760 EUR) als Entschädigungen sowie das Kurzarbeitergeld (19.757 EUR) als steuerfreie Einnahme. Die Lohnsteuerbescheinigung des Klägers wies einen Bruttoarbeitslohn von 239.422,01 EUR, Kurzarbeitergeld von 19.757,65 EUR sowie nicht ermäßigt besteuerte steuerpflichtige Entschädigungen und Arbeitslohn für mehrere Jahre von 190.333,01 EUR aus. Der Bruttoarbeitslohn setzte sich aus letzterem Betrag sowie den Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld i. H. v. 49.089 EUR zusammen.

Im Einkommensteuerbescheid vom 19. Mai 2008 setzte der Beklagte einen Bruttoarbeitslohn von 252.182 EUR an, der sich aus der Abfindung i. H. v. 190.333 EUR, dem geldwerten Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten i. H. v. 12.760 EUR und den Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld i. H. v. 49.089 EUR zusammensetzte. Von dem zu versteuernden Einkommen i. H. v. 238.625 EUR wurden 48.292 EUR nach der Splittingtabelle und 190.333 EUR nach § 34 Abs. 1 EStG versteuert. Das Kurzarbeitergeld i. H. v. 19.757 EUR wurde in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen (Progressionsvorbehalt). Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein und machten geltend, die Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld stellten ebenfalls eine Entschädigung wegen entgangener Einnahmen dar und seien gemäß §§ 34 Abs. 2 Nr. 2, 24 Nr. 1a EStG ermäßigt zu besteuern.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuerfestsetzung 2007 dahingehend abgeändert, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten i. H. v. 12.760 EUR ebenfalls tarifermäßigt besteuert wurde. Von dem zu versteuernden Einkommen i. H. v. 238.625 EUR wurden 35.532 EUR nach der Splittingtabelle und 203.093 EUR nach § 34 Abs. 1 EStG versteuert.

Durch Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld stellten laufenden Arbeitslohn dar und seien daher nicht tarifermäßigt zu besteuern. Würden bei der Entlassung von Arbeitnehmern sog. Beschäftigungsgesellschaften eingeschaltet, sei zu klären, ob das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers zum ehemaligen Arbeitgeber aufgelöst und ein neues Dienstverhältnis zur Beschäftigungsgesellschaft begründet werde oder ob sich die Tätigkeit bei der Beschäftigungsgesellschaft als Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses darstelle. Mit dem Wechsel in die Firma B. sei das Arbeitsverhältnis mit der Firma A. steuerrechtlich nicht aufgelöst und ein neues mit der Firma B. begründet worden. Die Firma B. habe nämlich als eigenständige Transfergesellschaft für die Firma A.-Arbeitnehmer keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt. Sie sei finanziell von Firma C. und Firma A. ausgestattet worden und habe lediglich die Funktion einer Zahlstelle zur Abwicklung des Beschäftigungsverhältnisses für den bisherigen Arbeitgeber eingenommen. Für die Frage, ob Zahlungen des Arbeitgebers Entschädigungen wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses seien, sei der Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses von entscheidender Bedeutung. Mit dem Wirksamwerden der Auflösung des Dienstverhältnisses ende das Recht des Arbeitnehmers auf Entlohnung. Nur Arbeitgeberleistungen, die über die Abgeltung der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche hinausgingen, könnten Entschädigungen wegen der Auflösung des Dienstverhältnisses sein. Im Streitfall sei trotz formalen Wechsels des Arbeitgebers von einer Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses auszugehen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer in der Beschäftigungsgesellschaft keine Arbeitsleistung zu erbringen gehabt habe (, BFH/NV 2007, 1648). Die während der Verweildauer in der Beschäftigungsgesellschaft gezahlten Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld seien daher nicht Bestandteil der Entlassungsentschädigung.

Die Kläger haben am Klage erhoben, mit der sie weiterhin geltend machen, die Zuzahlungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes seien nach § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Nr. 1a EStG ermäßigt zu besteuern. Der BFH stelle im Grundsatz auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab (Urteil vom XI R 17/02, BFHE 203, 490, BStBl II 2004, 264). Mit Abschluss des dreiseitigen Vertrags sei das Beschäftigungsverhältnis mit Firma A. zum wirksam beendet worden. Selbst wenn der Beklagte von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis mit Firma A. ausgehe, stehe dies der ermäßigten Besteuerung nicht entgegen. Nach dem , BFHE 226, 261) reiche es nämlich aus, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht in vollem Umfang aufgebe, solange nur Einnahmen wegfielen und dafür Ersatz geleistet werde. Mit der Firma B. sei auch kein neues Arbeitsverhältnis begründet worden. Diese sei lediglich Zahlstelle gewesen (vgl. Kurzinformation der OFD 047/2008 vom ). Die Firma B. habe als Dienstleister, Stellenvermittler, Berater, Anbieter oder Koordinator für Qualifizierungsmaßnahmen gedient. Der Kläger habe ihr seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung gestellt. Er sei auch nicht zur Teilnahme an Integrations- und Weiterbildungsmaßnahmen verpflichtet gewesen.

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei aufgrund der Insolvenz von Firma A. veranlasst worden. Der Kläger habe dabei unter erheblichem Druck gestanden. Die Aufstockungsbeträge beruhten zudem auf einer neuen Rechtsgrundlage, nämlich dem dreiseitigen Vertrag. Um rückständige Forderungen des Klägers handele es sich nicht; diese seien zur Insolvenztabelle angemeldet und als Insolvenzforderungen festgestellt worden. Die Zahlungen stellten auch keinen laufenden Arbeitslohn dar, da das Arbeitsverhältnis mit Firma A. am beendet gewesen sei. Alle Ersatzleistungen für den Arbeitsplatz- und Einnahmeverlust seien im Hinblick auf ein und dasselbe Schadensereignis als einheitliche Entschädigung zu beurteilen. Die Aufstockung auf das Transferkurzarbeitergeld habe nicht auf dem SGB III beruht. Es handele sich um zusätzlich zum Transferkurzarbeitergeld gezahlte Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Leistungen seien sozial motiviert und beruhten auf einem Interessenausgleich zwischen dem Insolvenzverwalter von Firma A. und dem Betriebsrat. Die Transfermaßnahmen und die entsprechenden Zahlungen seien von der Firma C., dem Bund, den Ländern und teilweise aus der Insolvenzmasse finanziert worden. Eine rechtliche Verpflichtung habe nicht bestanden. Der BFH habe auch monatliche Zahlungen zur Aufstockung von Arbeitslosengeld als Teil einer einheitlich zu beurteilenden Entschädigung angesehen (Urteil vom XI R 11/04, BFH/NV 2005, 1772). Die Entschädigungszahlungen seien ferner zusammengeballt im Jahr 2007 zugeflossen.

Die Entscheidung des , BFH/NV 2007, 1648) sei vorliegend nicht anwendbar. Der ihr zugrundeliegende Sachverhalt unterscheide sich von dem hier zu entscheidenden Fall, da die Zahlung dort noch vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt sei. Die Zahlungen seien wegen Kurzarbeit im Rahmen des fortbestehenden, inhaltlich modifizierten Arbeitsverhältnisses geleistet worden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2007 vom in Gestalt des Änderungsbescheids vom und der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass die Einnahmen aus der Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes nach der sog. Fünftelregelung tarifermäßigt besteuert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom . An der darin zum Ausdruck gekommenen Rechtsaufassung halte er – auf Weisung der Oberfinanzdirektion – OFD – fest.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom in Gestalt des Änderungsbescheids vom und der Einspruchsentscheidung vom ist rechtswidrig und verletzt die Kläger dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO –). Der Beklagte hat die Einnahmen des Klägers aus der Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes zu Unrecht nicht nach der sog. Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) tarifermäßigt besteuert. Es handelt sich um außerordentliche Einkünfte.

Die Anwendung der sog. Fünftelregelung setzt voraus, dass in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG enthalten sind (§ 34 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG sind insbesondere Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG als außerordentliche Einkünfte anzusehen. Dazu gehören wiederum vor allem Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden (§ 24 Nr. 1 a) EStG).

1. Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes sind – neben der Überbrückungsbeihilfe und dem geldwerten Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten – allesamt im Jahr 2007 geleistet worden. Der für die Anwendung des § 34 EStG erforderliche zusammengeballte Zufluss der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum (Schmidt-Drenseck, EStG, 29. Aufl. 2010, § 34 Rn. 12) ist damit gegeben. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

2. Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes stellen – ebenso wie die Überbrückungsbeihilfe sowie der geldwerte Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten – Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen dar.

Der Tatbestand des § 24 Nr. 1 a) EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine Ersatzleistung als Ausgleich für einen Schaden in Gestalt des Verlustes von Einnahmen oder einer Einnahmemöglichkeit erhält, also für eine Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter (, BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516). Der Ersatz muss für unfreiwillige Einnahmeverluste gezahlt werden. Es darf sich nicht um zur laufenden Einkünfteerzielung gehörende Vorgänge handeln, diese müssen vielmehr ungewöhnlich sein. Dementsprechend stellen Leistungen, die als Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines schuldrechtlichen Vertrags erlangt werden, keine Entschädigungen dar. Eine Entschädigung setzt voraus, dass diese auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht, d.h. dass die bisherige Rechtsgrundlage weggefallen ist und eine neue Rechtsgrundlage geschaffen wird (vgl. Schmidt-Drenseck, EStG, 29. Aufl. 2010, § 24 Rn. 6 ff. mit weiteren Nachweisen). In diesem Zusammenhang ist der Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zivilrechtlich beendet wurde, von großer Bedeutung (, BFHE 203, 490, BStBl II 2004, 264). Mit dem Wirksamwerden der Auflösung des Arbeitsverhältnisses endet das Recht auf Entlohnung, so dass darüber hinaus gezahlte Beträge keine Abgeltung bereits erlangter Ansprüche sein können (, BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155).

In Anwendung dieser Grundsätze sind die dem Kläger im Streitjahr 2007 zugeflossenen Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes als Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen zu qualifizieren.

a) Der Schaden des Klägers als unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer Entschädigung besteht in dem unfreiwilligen Verlust seiner Einnahmemöglichkeit durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Firma A. zum . Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses – wie in Ziffer 1.1 des Vertrags vom ausgeführt – von Firma A. veranlasst und gewollt war. Dies ist gerichtsbekannt und kommt zudem in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von Firma A. am zum Ausdruck. Die Mitwirkung des Klägers an der Vereinbarung vom 29. Dezember 2006 stellt sich als unschädlich dar. Der Anwendung des § 24 Nr. 1 a) EStG steht nicht entgegen, wenn der Steuerpflichtige insofern an der Entstehung des Schadens in Gestalt des Einnahmeausfalls mitwirkt, als er Vereinbarungen über eine Ausgleichsleistung und deren Höhe trifft, sofern er dabei – wie hier – unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handelt, sich also in einer nicht von ihm, sondern vom Leistenden herbeigeführten Zwangslage befindet (, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; vom VI R 91/77, BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155).

b) Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes stellen Ersatzleistungen für den unfreiwilligen Einnahmeverlust durch Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Dies ergibt sich bereits aus der Vorbemerkung zum Vertrag vom , wonach der zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat in Kamp-Lintfort geschlossene Interessenausgleich sowie die Vereinbarung zu § 216b SGB III (Transfermaßnahmen) Grundlage der in dem dreiseitigen Vertrag getroffenen Regelungen ist. Das gilt auch für die Aufstockungsbeträge. Dem Entschädigungscharakter der Aufstockungsbeträge steht nicht entgegen, dass es sich um monatlich wiederkehrende Zahlungen gehandelt hat. Ähnlich wie monatliche Zuzahlungen zur Aufstockung des Arbeitslosengeldes (, BFH/NV 1772) verfolgen auch die Aufstockungen zum Kurzarbeitergeld den Zweck, dem Kläger Ersatz im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG für den durch den Verlust seines Arbeitsplatzes bedingten Einnahmeverlust zu leisten. Darüber hinaus ist unschädlich, dass die Zahlungen zumindest formal von dritter Seite – nämlich von der Firma B. – geleistet worden sind (vgl. , BFHE 100, 504, BStBl II 1971, 138). Zudem besteht zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Firma A. und den Aufstockungszahlungen das erforderliche Kausalitätsverhältnis.

c) Schließlich beruhen die Aufstockungszahlungen auf einer neuen Rechts- bzw. Billigkeitsgrundlage.

aa) (Neue) Rechtsgrundlage für die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes ist der dreiseitige Vertrag vom . Die Zahlungen beruhen nicht auf dem Arbeitsvertrag des Klägers mit Firma A.. Dieser ist nämlich zum aufgehoben worden. Darauf wird in der Vorbemerkung zur Vereinbarung vom ausdrücklich hingewiesen. Dem ist für Zwecke des Steuerrechts zu folgen. Bei der Beurteilung, ob eine neue Rechtsgrundlage vorliegt, ist auf die arbeitsrechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Unter dem Begriff der Auflösung des Dienstverhältnisses kann nur eine nach bürgerlichem Recht wirksame Auflösung verstanden werden, da sich aus dem Steuerrecht, insbesondere aus steuersystematischen Gründen, keine abweichende Beurteilung ergibt (, BFHE 126, 399, BStBl II 1979, 155, zu § 3 Nr. 9 EStG a.F.).

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Beklagten, wonach das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit Firma A. steuerrechtlich mit der Firma B. fortgesetzt worden sei. Der Beklagte stellt dabei maßgeblich darauf ab, dass die Firma B. keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, sondern nur als Zahlstelle aufgetreten ist, und zudem ihre finanzielle Ausstattung von Firma A. bzw. Firma C. erhalten hat. Diese Begründung erscheint nicht tragfähig. Zwar ist im Anwendungsbereich des § 24 Nr. 1 a) EStG die Annahme einer Fortsetzung des bisherigen Dienstverhältnisses denkbar, wenn das alte und das neue Dienstverhältnis derart miteinander verknüpft sind, dass das bestehende Dienstverhältnis mit einem neuen Arbeitgeber, aber im Übrigen in Bezug auf den Arbeitsbereich, die Entlohnung und unter Wahrung des sozialen Besitzstands im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird, wie z.B. im Fall der Umsetzung innerhalb eines Konzerns (vgl. , BFH/NV 2000, 1195; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Geserich, EStG, § 24 Rn. 35a, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Im Gegensatz zu dieser Fallgruppe ist das Dienstverhältnis des Klägers mit Firma A. in materieller Hinsicht aber gerade nicht fortgesetzt worden. Im Hinblick auf die vom Beklagten angeführten Gesichtspunkte ist es vielmehr in ein bloßes „Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis” mit der Firma B. umgewandelt worden. Dies steht der Annahme einer neuen Rechtsgrundlage nicht entgegen.

bb) Die Zahlungen waren nicht Gegenstand der laufenden Einkünfteerzielung des Klägers. Dies folgt im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers für die Firma Firma A. schon daraus, dass im Jahr 2007 gar kein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und Firma A. mehr bestanden hat und auch kein rückständiger Arbeitslohn abgegolten werden sollte. Offene Gehaltsforderungen des Klägers gegenüber Firma A. sind zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden.

Aber auch im Hinblick auf das formale Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur Firma B. lagen keine Zahlungen im Rahmen der laufenden Einkünfteerzielung vor. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Kläger nicht in eine Beschäftigungsgesellschaft überführt worden, sondern in eine Transfergesellschaft. Die Transfergesellschaft als arbeitsmarktpolitisches Instrument verfolgt den Zweck, konkret von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern eines Betriebes im Rahmen einer auf maximal ein Jahr befristeten Beschäftigung neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln; sie ist keine Beschäftigungsgesellschaft (vgl. Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, Stichwort „Transfergesellschaft”, www.wikipedia.de,). Dementsprechend wurde zwischen dem Kläger und der Transfergesellschaft zwar ein neues befristetes Arbeitsverhältnis begründet, dabei allerdings Kurzarbeit Null vereinbart (§ 216b SGB III). Der Kläger hat lediglich einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erlangt, mangels Arbeitsleistung aber keinen Anspruch auf laufenden Arbeitslohn. Die Zahlungen zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes gehören damit ebenso wenig zum laufenden Arbeitslohn wie das Kurzarbeitergeld selbst. Zudem hat die Firma B. die entsprechenden Zahlungen wirtschaftlich gar nicht getragen. Die Gesellschaft hat lediglich als Abwicklungs- bzw. Zahlstelle fungiert.

cc) Schließlich steht der Qualifikation der streitigen Zahlungen als Entschädigungen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht der , BFH/NV 2007, 1648) entgegen, wonach monatliche Zuzahlungen des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld auch im Fall der Kündigung auf einen in der Zukunft liegenden Stichtag keine Abfindungen im Sinne des § 3 Nr. 9 EStG a.F. darstellen. Im Streitfall hat der BFH maßgeblich darauf abgestellt, dass das Arbeitsverhältnis – ohne gänzliche Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung – nur modifiziert worden ist (Kurzarbeit, Arbeit bei unvorhersehbaren Arbeitsspitzen), aber keine Auflösung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden hat. Vorliegend ist im Hinblick auf die Beschäftigung des Klägers für Firma A. aber gerade von einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Der Kläger ist seitens Firma A. nicht nur von der Arbeit freigestellt worden. Was das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma B. angeht, so bestand im Hinblick auf die umgesetzte Kurzarbeit Null von vornherein keine Arbeitsverpflichtung.

Zudem hat der , BFHE 226, 261) entschieden, dass eine Entschädigung nicht voraussetzt, dass das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis in vollem Umfang beendet wird. Zahle der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine (Teil-)Abfindung, weil dieser seine Wochenarbeitszeit aufgrund eines Vertrags zur Änderung des Arbeitsvertrags unbefristet reduziere, so könne darin eine begünstigt zu besteuernde Entschädigung liegen. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Selbst wenn man daher mit dem Beklagten davon ausginge, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Firma A. über den fortbestanden hat, stünde dies der Annahme einer Entschädigung nicht per se entgegen. Die Zahlung der Aufstockungsbeträge sollte nämlich die Aufhebung der Arbeitsverpflichtung des Klägers („Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf null”) kompensieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Übertragung der Ermittlung des festzusetzenden Steuerbetrags auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Revisionsgründe des § 115 Abs. 2 FGO einschlägig ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BB 2011 S. 406 Nr. 7
EFG 2011 S. 976 Nr. 11
VAAAD-61970