BBEV Nr. 5 vom Seite 199

Nutzung von Verlustvorträgen gem. § 23 EStG

Vermeidung der Abgeltungsteuer

von Oliver Schultze, Pinneberg *

Derzeit werden von allen Banken und Vermögensverwaltern massiv Produkte beworben, mit denen sich die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen nach § 23 EStG a. F. auch ab 2009 konservieren lässt. Viele Anleger verfügen aber noch über umfangreiche Verlustvorträge i. S. des § 23 EStG. Der folgende Beitrag zeigt auf, wie diese Altverluste steueroptimiert genutzt werden können.

I. Aktuelle Rechtslage und Übergangsregelung

Bisher waren Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. des § 23 EStG nicht mit anderen Einkünften, sondern nur mit gleichartigen Gewinnen verrechenbar. Im Rahmen des § 10d EStG konnten innerhalb des Jahres nicht ausgeglichene Verluste ein Jahr zurück und unbegrenzt vorgetragen werden. Mit Einführung der Abgeltungsteuer wird die bisher geltende Jahresfrist des § 23 EStG aufgehoben, und die Veräußerungsgewinne gelten zukünftig als Kapitaleinkünfte (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.). Gleichzeitig wurde eine Verrechnung von Verlusten aus Wertpapierveräußerungen mit anderen Kapitaleinkünften (v. a. Zinsen und Dividenden, § 20 Abs. 1 EStG) zugelassen (Ausnahme: Verluste aus Aktiengeschäften, die nur mit Gewinnen aus Aktiengeschäften verrechnet werden dürfen). Hierbei wird jedoch unterschieden zwischen Altverlusten, die bis Ende 2008 entstehen, und Verlusten nach der Neuregelung. Die Möglichkeit der Verrechnung mit Zinsen und Dividenden gilt nur für Neuverluste. Für Altverluste ist lediglich eine Verrechnung mit Veräußerungsgewinnen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG n. F. vorgesehen. Diese Verrechnung ist zudem zeitlich beschränkt und letztmalig für das Jahr 2013 zugelassen.

II. „Kontrollierte” Nutzung der Verlustvorträge

Da für die Altverluste nur eine Verrechnung mit Gewinnen aus Wertpapierveräußerungen, nicht aber mit laufenden Kapitalerträgen vorgesehen ist, stellt sich bei Verlustvorträgen die Frage, wie entsprechende Veräußerungsgewinne bis 2013 generiert werden können.

Gewinne aus Aktien- und Investmentfondsveräußerun­gen sind hierfür nur bedingt geeignet: Zum einen zeigt die aktuelle Börsenentwicklung, dass diese nur schwer prognostizierbar sind, zum anderen müsste dafür die Steuerfreiheit aufgegeben werden, was bei Aktienanlagen besonders ins Gewicht fällt. Bei traditionellen Rentenanlagen sind Kursgewinne zwar aufgrund des festen Rückzahlungskurses prognostizierbar, aber regelmäßig auch entsprechend gering und für eine Nutzung der Altverluste nur bedingt geeignet.

Zu den Veräußerungsgewinnen, die mit Altverlusten verrechnet werden können, zählt gem. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG n. F. aber auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen aller Art. Hierunter fallen zukünftig neben Finanzinnovationen alle Schuldverschreibungen, neben Anleihen aller Art also auch Zertifikate. Folglich werden auch Gewinne aus der Veräußerung von Zerobonds und Discount-Zertifikaten von § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG n. F. erfasst. Da bei diesen Anlagen der Veräußerungsgewinn im Wesentlichen zinsähnlichen Charakter hat, lässt sich bei der jetzt noch möglichen Restlaufzeit von ca. 5,5 Jahren ein – gemessen am eingesetzten Kapital – ansehnlicher risikoarmer Kursgewinn i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG realisieren, der mit den Altverlusten verrechnet werden kann.

Der Kauf eines Zerobonds mit Fälligkeit Ende 2013 dürfte bei einem Zinsniveau von ca. 4 % für fünf- bis sechsjährige Laufzeiten zu einem Kurs von ca. 80 % möglich sein. Bezogen auf das eingesetzte Kapital ergibt dies einen Veräußerungsgewinn von ca. 25 %. Je nach Bonität des Emittenten lassen sich aber auch – allerdings risikobehaftet – deutlich höhere Veräußerungsgewinne erzielen. Ähnliche Kursgewinne lassen sich zudem z. B. mit DAX-Discount-Zertifikaten (Basis maximal 4.000 Punkte) bei gleichzeitig kürzeren Laufzeiten erzielen. Da bereits in der Vergangenheit teilweise strittig war, ob das Halten einer Finanzinnovation bis zur Fälligkeit unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a. F. oder unter § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG a. F. fällt, sollten die Anlagen jeweils kurz vor Fälligkeit verkauft werden. In diesen Fällen dürfte unzweifelhaft ein Fall des § 20 Abs. 2 EStG und damit ein Veräußerungsgewinn vorliegen.

Fazit

Anleger, die noch über ungenutzte Verlustvorträge verfügen und nicht nur in Aktien sondern auch in festverzinsliche Anlagen investieren, sollten ihre Anlagen jetzt in Zerobonds und Discount-Zertifikate umschichten.

Fundstelle(n):
BBEV 5/2008 Seite 199
NWB VAAAC-77895