Vorsteuerabzug aus Anschaffungskosten für einen Ferrari
Leitsatz
1. Maßgebend für den Umfang der unternehmerischen Nutzung eines Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist die ernsthafte Nutzungsabsicht des Unternehmers im Erwerbszeitpunkt. Die spätere tatsächliche Nutzung ist ein Beweisanzeichen für die Absicht bei Erwerb.
2. Trotz des mit dem Erwerb eines Luxussportwagens (Ferrari) grundsätzlich verbundenen privaten Affektionswertes für den Nutzer und der im Verhältnis zum Umsatz und Gewinn des Unternehmers hohen Anschaffungskosten ist der Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG ausgeschlossen, wenn die Anschaffung entsprechend der Erwartung des Unternehmers nachweislich zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen geführt hat.
Gesetze: UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; UStG § 15 Abs. 1 Satz 2; UStG § 15 Abs. 1a Satz 1; EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob hinsichtlich der Anschaffungskosten für einen Pkw der Marke Ferrari der Vorsteuerabzug zu gewähren ist.
Der Geschäftsgegenstand der Klägerin bestand im Streitjahr 2012 im Wesentlichen in der Entwicklung, der Verwaltung, der Vermittlung, dem Verkauf und dem Betrieb von Projekten zur Erzeugung von Energien aus regenerativen Quellen.
Einziger Geschäftsführer der Klägerin im Streitjahr war Herr A, alleiniger Gesellschafter war Herr Dr. B, der den Geschäftsanteil treuhänderisch für Frau C, die frühere Ehefrau des alleinigen Geschäftsführers der Klägerin, hielt. Frau C war neben dem Geschäftsführer ebenfalls bei der Klägerin angestellt. Zusätzlich beschäftigte die Klägerin im zweiten Halbjahr 2012 einen Mitarbeiter.
Im Betriebsvermögen der Klägerin befanden sich zu Beginn des Streitjahres 2012 folgende Fahrzeuge:
ein Alfa Romeo Spider;
ein VW Tiguan;
ein Renault Wind (ab dem ... 2011 vermietet an die D ...);
ein BMW X 1 und
ein Renault Megane (ab dem ... 2012 vermietet an die D ...).
Am kaufte die Klägerin bei der E GmbH & Co. KG in F einen gebrauchten Pkw (Erstzulassung am ... 2012, Laufleistung 2.290 km) des Typs Ferrari California zum Preis von 153.697,48 € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 29.202,52 €. Die Anschaffungskosten wurden zu 80 % fremdfinanziert. Das Fahrzeug war im Streitjahr von März bis Oktober zugelassen und wurde im November mit einem Überführungskennzeichen benutzt.
Am veräußerte die Klägerin den Ferrari zum Preis von 115.126,05 € zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 21.873,95 € mit einer Laufleistung von 25.850 km an die E GmbH & Co. KG zurück und erwarb am einen Ferrari 458 Spider.
Die Klägerin erklärte in den Umsatzsteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume ab 2011 folgende Umsätze:
2011: 696.337,00 €
2012: 321.023,00 €
2013: 192.246,00 €
2014: 294.634,00 €
2015: 115.624,00 €
Ferner erzielte die Klägerin nach den von ihr beim seinerzeit zuständigen Finanzamt-1 eingereichten Jahresabschlüssen folgende Jahresüberschüsse bzw. -fehlbeträge:
2011: 25.152,00 €
2012: ./. 36.030,00 €
2013: ./. 54.952,05 €
2014: ./. 16.013,00 €
Das Finanzamt-1 führte bei der Klägerin zunächst eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Dezember 2011 bis Mai 2012 durch. Der Prüfer ging von einer mindestens zehnprozentigen unternehmerischen Nutzung des Ferraris aus und beanstandete den von der Klägerin in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Mai 2012 vorgenommenen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten in Höhe von 29.202,52 € nicht. In dem anschließend erlassenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Mai 2012 wurde die Umsatzsteuer dementsprechend auf 32,46 € festgesetzt; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
In einer weiteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Mai und Oktober bis Dezember 2012 stellte der Prüfer fest, dass der Geschäftsführer der Klägerin ab dem eine sog. BahnCard 100 benutzt und für Geschäftsreisen z. T. Klein- und Mittelklassefahrzeuge wie einen Opel Astra und einen Seat Ibiza angemietet hatte. Das für den Ferrari elektronisch erstellte Fahrtenbuch der Marke ..., aus dem sich ein Anteil betrieblicher Nutzung des Fahrzeugs von 94 % ergab, wies nach Auffassung des Prüfers diverse Unstimmigkeiten auf. Nach Ansicht des Prüfers handelte es sich bei den Anschaffungskosten für den Ferrari um nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Folge einer Kürzung des Vorsteuerabzuges im Streitjahr um die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis für den Ferrari (...).
Das Finanzamt-1 erließ daraufhin am einen entsprechend geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Mai 2012.
Hiergegen legte die Klägerin am Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Anschaffung eines Pkw Mercedes-Benz SL 600 als angemessen anzusehen sei. Da dessen Anschaffungskosten die des streitgegenständlichen Ferrari aber überstiegen, sei das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht anwendbar und für eine Vorsteuerkürzung kein Raum. Darüber hinaus diene der Ferrari dazu, potentielle Investoren und Geschäftsfreunde aufzusuchen. Die günstigeren angemieteten und firmeneigenen Fahrzeuge verwende der Geschäftsführer demgegenüber für Besuche bei Landwirten, um Ankaufsverhandlungen über die Grundstücke zu führen.
Am erließ der aufgrund einer Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung nunmehr für die Veranlagung der Klägerin zuständige Beklagte einen Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr, der Gegenstand des Einspruchsverfahrens und in dem der Vorsteuerabzug bzgl. des Ferraris weiterhin nicht berücksichtigt wurde (festgesetzte Umsatzsteuer: ./. 23.543,80 €).
Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Vorsteuerabzug sei nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu versagen, weil der Erwerb des Ferraris nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelte. Die Klägerin habe einen unternehmerischen Nutzungsumfang von mindestens 10 % nicht nachgewiesen. Das von ihr vorgelegte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß und zu verwerfen. So seien überwiegend Fahrten am Wochenende und zu Restaurants, Hotels und Autobahn-Tankstellen aufgezeichnet worden; die aufgesuchten Geschäftspartner seien nicht feststellbar. Schließlich sei das Fahrtenbuch nicht manipulationssicher. Aber selbst bei einer unterstellten Zuordnung des Pkw zum Unternehmensvermögen sei der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht zu gewähren. Die Anschaffung des Ferraris sei in Anbetracht der relativ geringen Unternehmensgröße und der Entwicklung der Umsätze und Gewinne ein unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand gewesen. Die Nähe der Garage, in der der Ferrari untergebracht gewesen sei, zum Wohnort des Geschäftsführers der Klägerin, die überwiegend am Wochenende unternommenen Fahrten und die Zulassungsabmeldung über die Wintermonate stützten die Annahme, dass dessen private Lebenssphäre berührt worden sei. Um den erhofften Werbeeffekt bei Investoren zu erzielen, hätte die Klägerin einen Ferrari jeweils, wie sie es auch bei anderen Fahrzeugen getan hat, bei Bedarf anmieten oder ein hochpreisiges Elektrofahrzeug anschaffen können statt des Ferraris, der mit seinem hohen Verbrauch fossiler Energie das Image der auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien tätigen Klägerin nicht fördere und bei Geschäftsreisen zu Landwirten, auf deren Grund und Boden Windenergieanlagen geplant werden sollten, ohnehin nicht zum Einsatz kommen könne.
Die Klägerin hat am Klage erhoben. Sie trägt vor:
Das vom Geschäftsführer der Klägerin für den Ferrari verwendete elektronische Fahrtenbuch des Typs ... erfülle die Vorgaben der Finanzverwaltung zu Fahrtenbüchern und sei manipulationssicher. Manuelle Änderungen seien nachvollziehbar. Die vom Beklagten gerügten vermeintlichen Unstimmigkeiten in den Angaben im Fahrtenbuch ließen sich sämtlich erklären. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom (...) und vom (...) Bezug genommen.
Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG greife vorliegend nicht ein. Die Entscheidung eines Geschäftsführers zur Anschaffung eines Fahrzeugs sei wirtschaftlich grundsätzlich nicht nachzuprüfen. Nur in besonderen Fällen, in denen die Beziehung zum Privatbereich die betriebliche Beziehung überlagere, seien die Aufwendungen steuerlich nicht anzuerkennen. Vorliegend habe sich der Geschäftsführer durch die Anschaffung des Ferraris eine besondere Förderung des Geschäftszwecks der Gesellschaft versprochen. Herr G habe ihm den Kauf des Ferraris empfohlen und ihn zu zahlreichen Veranstaltungen für Autoenthusiasten eingeladen (Beweis: Zeugnis G). Tatsächlich habe der Geschäftsführer auf diesen Veranstaltungen, die er mit dem Ferrari aufgesucht habe, im Streitjahr den Kontakt zu Herrn H hergestellt, der gemeinsam mit ihr, der Klägerin, Windparkprojekte in Millionenhöhe entwickle, sowie in 2014 Herrn Rechtsanwalt J, Herrn K und L kennengelernt und Geschäftsbeziehungen hergestellt (Beweis: Zeugnis J, K und L). Wegen der Einzelheiten und weiterer Beweisanträge wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom (...) Bezug genommen.
Bei dem streitgegenständlichen Ferrari handele es sich um einen Pkw und nicht um einen Rennwagen. Der Preis sei zwar sicherlich nicht günstig, aber vergleichbar mit den Preisen anderer hochwertiger Fahrzeuge, die grundsätzlich als Betriebsfahrzeuge anerkannt würden. Das Fahrzeug sei, anders als in vielen hierzu entschiedenen Fällen, auch im normalen Ausmaß genutzt worden, nämlich für eine Gesamtstrecke von 7.000 km in einem halben Jahr. In den Wintermonaten sei das Fahrzeug abgemeldet worden, weil es sich bei ihrer, der Klägerin, Tätigkeit um ein Saisongeschäft handele und es in den Wintermonaten weniger zu erledigen gebe.
Der in ihrem, der Klägerin, Betriebsvermögen befindliche BMW X1 sei Frau C zur Verfügung gestellt und nach der 1 %-Regelung lohnversteuert worden. Den VW Tiguan habe der Geschäftsführer für Flächenbesichtigungen verwendet, für die ein Fahrzeug mit Vierradantrieb erforderlich gewesen sei. Auch insoweit sei eine Lohnversteuerung nach der 1 %-Regelung durchgeführt worden. Der Alfa Romeo Spider habe dem Mitarbeiter für Flächenakquisen zur Verfügung gestanden.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für 2012 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass ein zusätzlicher Vorsteuerbetrag in Höhe von 29.202,52 € berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die vom Geschäftsführer der Klägerin in dem elektronischen Fahrtenbuch vorgenommenen Eintragungen und nachträglichen Änderungen vielfach nicht schlüssig seien und einen geschäftlichen Anlass der Fahrten nicht erkennen ließen. Dies gelte etwa für die zahlreichen Fahrten an die Ostsee am Wochenende und die Fahrten mit identischer Start- und Zieladresse. Auch wichen die Privatfahrten laut Zusammenfassung des Fahrtenbuchs von den einzelnen Privatfahrten laut Fahrtenbuch ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom (...) und vom (...) Bezug genommen. Das Fahrtenbuch sei daher nicht geeignet, den Anteil der unternehmerischen Nutzung des Ferraris nachzuweisen. Die häufigen Wochenendfahrten, die Saisonkennzeichen, der Fahrzeugtyp, die vorhandenen weiteren Fahrzeuge im Betriebsvermögen und die Nähe der Garage zum Wohnort des Geschäftsführers sprächen für eine weit überwiegende private Nutzung, sodass der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG zu versagen sei.
Da trotz der Vermietung der Renault-Fahrzeuge dem Geschäftsführer der Klägerin und seiner früheren Ehefrau jeweils ein betriebliches Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe, sei kein betriebswirtschaftlich nachvollziehbarer Grund für die in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Größe des Unternehmens stehende Investition in einen Ferrari erkennbar; das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG greife daher ein. In Bezug auf die von der Klägerin als Zeugen für die Geschäftsförderung durch den Ferrari benannten Personen sei auffällig, dass diese im Fahrtenbuch nicht aufgeführt seien. Im Übrigen lasse sich eine Steigerung des Geschäftserfolgs aus den Gewinnen der Klägerin im Streitjahr und in den Folgejahren nicht ablesen.
Der Senat hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom dem Einzelrichter übertragen.
Auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen vom und vom wird Bezug genommen (...). In der mündlichen Verhandlung am hat das Gericht Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung des Herrn H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Dem Gericht haben Band I der Akten Allgemeines, Band II der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, Band II der Umsatzsteuerakten, ein Band Betriebsprüfungs-Arbeitsakten und Band II der Rechtsbehelfsakten (St.-Nr. ...) vorgelegen.
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Einzelrichterin.
I.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Ferraris zu Unrecht versagt. Die allgemeinen Abzugsvoraussetzungen sind erfüllt (1.). Der Vorsteuerabzug ist auch nicht nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen (2.).
1.
aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
bb) Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung eines Gegenstandes, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Unionsrechtlich beruhte diese Vorschrift im Streitjahr auf der Entscheidung des Rates vom zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), weiterhin eine von Art. 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) abweichende Regelung anzuwenden (2009/791/EG, ABl. 2009 L 283/55). Art. 1 dieser Ratsentscheidung ermächtigte Deutschland, abweichend von Art. 168 Abs. 2 MwStSystRL, die Mehrwertsteuer auf Gegenstände und Dienstleistungen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden, vollständig vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen. Nach Art. 2 der Ratsentscheidung galt dies im Zeitraum vom bis (vgl. , BStBl II 2017, 1209).
Im Streitfall kann offen bleiben, ob die Überlassung des Fahrzeugs an das Personal der Klägerin, nämlich an ihren Geschäftsführer, zum privaten Gebrauch vor dem Hintergrund der Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 bzw. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als nichtunternehmerische Nutzung i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG zu qualifizieren ist (a. A. wohl Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 178 Rz. 144; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rz. 461, 1258). Denn auch dann wäre die Schwelle von 10 % unternehmerischer Nutzung überschritten.
aa) Maßgebend für den Umfang der unternehmerischen Nutzung ist die ernsthafte Nutzungsabsicht des Unternehmers im Erwerbszeitpunkt (Heidner in Bunjes, UStG, 17. Aufl., § 15 Rz. 275; Oelmaier in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rz. 461; Widmann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 15 Rz. 151; Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 178 Rz. 168 ff.; Abschn. 15.2c Abs. 12 Satz 1 Satz 1 UStAE; a. A. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rz. 1262 ff.: tatsächliche Nutzung im ersten Voranmeldungszeitraum entscheidend). Bezüglich der Feststellung der Nutzungsabsicht als innerer Tatsache gelten die allgemeinen Beweisregeln. Die spätere tatsächliche Nutzung ist ein Beweisanzeichen für eine entsprechende Absicht im Erwerbszeitpunkt (Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 178 Rz. 200). Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat der Unternehmer die mindestens zehnprozentige unternehmerische Nutzung in Zweifelsfällen glaubhaft zu machen, z. B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unternehmerischen Fahrten mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern ( Tz. 2, BStBl I 2000, 819). Das Gericht kann aber auch auf alle sonstigen Umstände des Falles zurückgreifen. Es entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO; , juris).
bb) Danach kann das Gericht dahinstehen lassen, ob das vom Geschäftsführer der Klägerin geführte Fahrtenbuch den im Ertragsteuerrecht geltenden Kriterien genügt oder nicht (vgl. hierzu , BFH/NV 2017, 1155). Denn als Beweisanzeichen für die Absicht der Klägerin bei Erwerb des Ferraris, diesen zu mindestens 10 % unternehmerisch zu nutzen, sind die Aufzeichnungen jedenfalls geeignet. Die Höhe der sich aus dem Fahrtenbuch ergebenden Jahresfahrleistung von 7.798 km (Mai bis November 2012) ist in Anbetracht der im Unternehmen der Klägerin insgesamt zurückgelegten Strecke von 23.560 km (Kilometerstand laut Ausgangsrechnung vom in Höhe von 25.850 abzüglich Kilometerstand laut Eingangsrechnung vom in Höhe von 2.290 km) plausibel. Berücksichtigt man die im Fahrtenbuch eingetragenen Fahrten des Geschäftsführers der Klägerin zu dem unstreitig geschäftlichen Termin am mit Frau M in N und am zurück mit insgesamt 682,4 km, so ergibt sich allein hieraus bereits ein unternehmerischer Nutzungsanteil von fast 10 %, sodass die entsprechende Absicht hinreichend belegt ist.
2. Der Vorsteuerabzug ist nicht ausnahmsweise ausgeschlossen.
aa) Nicht abziehbar sind gemäß § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt, entfallen.
bb) Unionsrechtliche Grundlage des § 15 Abs. 1a UStG ist Art. 176 MwStSystRL (bis : Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -Richtlinie 77/388/EWG-). § 15 Abs. 1a UStG steht im Einklang mit dem Unionsrecht, weil die darin getroffene Regelung inhaltlich bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG im deutschen UStG verankert gewesen ist (, BStBl II 2014, 914; , EFG 2018, 159; , EFG 2016, 1833).
cc) Die Abzugsverbote für laufende Aufwendungen gelten auch für die Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten (, BStBl II 2014, 914; , EFG 2018, 159; , EFG 2016, 1833).
dd) Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG gilt für Aufwendungen für Jagd, Fischerei, Segel- und Motorjachten und für ähnliche Zwecke. Als ähnliche Zwecke in diesem Sinne eingestuft wurden Fahrzeuge bisher nur, wenn es sich um Oldtimer (vgl. , BFH/NV 2011, 2097) oder Rennwagen handelte (vgl. , BFH/NV 2009, 579).
ee) Aufwendungen für andere Fahrzeuge werden in der Rechtsprechung ausschließlich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG beurteilt. Danach sind als Betriebsausgaben nicht abziehbar andere als die in den (im Streitfall nicht betroffenen) Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.
aaa) Aufwendungen berühren nach der BFH-Rechtsprechung die Lebensführung i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn sie durch die persönlichen Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst sind, ohne dass deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen ist und ohne dass es einer teilweisen privaten Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts bedarf. Dies gilt auch für die Beschaffung ausschließlich betrieblich genutzter Pkw. Denn auch insoweit kann das Ziel der Vorschrift betroffen sein, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht gewinnmindernd bei der Festsetzung der Einkommensteuer zu berücksichtigen (, BStBl II 2018, 185; vom VIII R 20/12, BStBl II 2014, 679).
bbb) Ob ein unangemessener betrieblicher Aufwand im Sinne der Vorschrift vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BFH danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer - ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen - angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte (, BStBl II 2018, 185; vom I R 20/82, BStBl II 1985, 458).
ccc) Danach sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Neben der Größe des Unternehmens sowie der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen. Schließlich ist auch zu beachten, wie weit die private Lebenssphäre des Steuerpflichtigen berührt wird (, BStBl II 2018, 185; vom VI R 37/15, BStBl II 2017, 526).
ddd) Aufwendungen können umso weniger als unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG qualifiziert werden, je stärker die Berührung mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen hinter der betrieblichen Veranlassung zurücktritt. Die Anschaffung eines teuren und schnellen Wagens ist daher nicht stets "unangemessen" i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn die Benutzung eines repräsentativen Wagens für den Geschäftserfolg keine Bedeutung hat. Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwands nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind (, BStBl II 2018, 185; vom VIII R 20/12, BStBl II 2014, 679).
eee) Eine Unangemessenheit wurde in der Rechtsprechung des BFH angenommen bei einem Betrieb ohne Mitarbeiter für zwei Pkw aus dem höchsten Preissegment (jeweils über 400.000 € Anschaffungskosten) neben einem SUV (, BStBl II 2018, 185) und für einen durch einen Tierarzt geleasten Ferrari Spider mit äußerst geringem Einsatz ausschließlich für Fahrten zu Fortbildungsveranstaltungen und Gerichtsterminen (, BStBl II 2014, 679).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, dass die Anschaffung des Ferraris nicht unangemessen war.
aa) Zwar ist beim Erwerb eines Luxussportwagens grundsätzlich von einem privaten Affektionswert für seinen Nutzer auszugehen (vgl. , BStBl II 2014, 679). Auch wenn der Geschäftsführer der Klägerin nach eigenem Bekunden im privaten Bereich kein vergleichbares Fahrzeug besitzt und in der Vergangenheit besaß, hat er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihm die Teilnahme an den "XX" Vergnügen bereite.
bb) Eine die Anschaffung eines Luxussportwagens nahe liegende Nähe zur Automobilbranche besteht in Bezug auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin nicht.
cc) Auch ist nicht zu verkennen, dass die Anschaffungskosten von 153.697,48 € netto im Verhältnis zu den Umsätzen der Klägerin im Streitjahr und in den Folgejahren sehr hoch waren. Vor dem Hintergrund, dass die Anschaffungskosten unabhängig von der Art der Finanzierung aus dem Geschäftsergebnis aufgebracht werden müssen (vgl. , BStBl II 2018, 185), fällt bei der Abwägung zulasten der Klägerin zudem ins Gewicht, dass sie im Streitjahr und in den Folgejahren bis 2014 Verluste in jeweils fünfstelliger Höhe und in den Jahren danach nach eigenem Bekunden auch nur geringe Gewinne erzielt hat.
dd) Dabei ist andererseits aber zum einen zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin nach ihrem Vortrag bewusst für die Anschaffung eines Ferraris mit einer relativ hohen Wertstabilität entschieden hat. Die Richtigkeit dieser Einschätzung der Klägerin im Erwerbszeitpunkt wird dadurch dokumentiert, dass sie das Fahrzeug zwei Jahre später zu einem um 38.571,43 € geringeren Nettopreis wieder verkauft hat. Aus dem Geschäftsergebnis finanzieren musste sie daher nur diesen Differenzbetrag zuzüglich der Darlehenszinsen.
Zum anderen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sich die Entwicklung von Windenergieprojekten in der Regel über mehrere Jahre hinziehe und das in der Regel sechsstellige Erfolgshonorar erst am Ende gezahlt werde. Erst kurz vor dem Streitjahr habe sie begonnen zu versuchen, selbst im Rahmen der Projektentwicklung tätig zu werden und an den erheblichen Gewinnmargen in diesem Bereich zu partizipieren statt nur, wie bis dahin, geeignete Flächen zu beschaffen. Zudem habe sie im Streitjahr ein Honorar von rund 900.000 € verdient, aber im Ergebnis erfolglos eingeklagt. Diese Umstände sind bei der Einschätzung der Klägerin bzgl. ihrer Liquidität und ihrer finanziellen Situation bei Erwerb des Ferraris zu berücksichtigen.
ee) Grund für die Anschaffung des Ferraris durch die Klägerin war nach ihrem Vortrag die damit verbundene Möglichkeit, an den durch Herrn G veranstalteten "Netzwerktreffen", den sog. XX, teilzunehmen, um dort Verbindungen zu potentiellen Geschäftspartnern aufzubauen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, unter den regelmäßig 20 bis 30 Teilnehmern geeignete Kooperationspartner auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien kennen zu lernen, als relativ gering erscheinen mag, hat die tatsächliche Entwicklung der Einschätzung des Geschäftsführers der Klägerin recht gegeben. Wie der Zeuge H in der Beweisaufnahme bekundet hat, hat er den Geschäftsführer der Klägerin auf einer dieser Veranstaltungen kennengelernt, an der der Geschäftsführer mit dem streitgegenständlichen Ferrari teilgenommen hat. Der Zeuge hat weiter ausgesagt, dass er den Geschäftsführer seinem Mitgesellschafter in der O GmbH, Herrn P, vorgestellt habe und die Klägerin von der O GmbH mit der Entwicklung mehrerer Windparkprojekte beauftragt worden sei, die noch nicht abgeschlossen seien. Daneben habe er den Geschäftsführer der Klägerin mit dem Eigentümer einer Recyclinghofanlage in der Nähe von R zwecks Planung einer Solaranlage in Kontakt gebracht. Im Gegenzug habe der Geschäftsführer der Klägerin ihm den Kontakt zur Firma S in T vermittelt.
Auch wenn der Zeuge zugab, dass zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Klägerin mittlerweile ein privater Kontakt bestehe und sie zuweilen gemeinsam in den Urlaub führen, hält das Gericht seine Aussage für glaubhaft und geht nicht davon aus, dass der Zeuge aus Gefälligkeit die Unwahrheit gesagt hätte. So hat er die private Beziehung freimütig und von sich aus angesprochen. Auch hat er erklärt, zu den Einzelheiten der Projekte keine Auskunft geben zu können, weil Herr P damit befasst sei, statt sich die Kenntnisse vor der Vernehmung zu beschaffen und als eigene zu präsentieren.
ff) Unabhängig davon, dass die Klägerin das Projekt in R letztlich nicht akquirieren konnte und bei den weiteren Projekten mit der O GmbH, Herrn U und der Firma S in T derzeit nicht absehbar ist, ob, wann und in welcher Höhe sie zu einem finanziellen Erfolg für die Klägerin führen werden, steht bereits jetzt und ohne die Vernehmung der weiteren von der Klägerin angebotenen Zeugen zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass die Anschaffung des Ferraris entsprechend der Erwartung der Klägerin zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen für sie geführt hat.
gg) Nachvollziehbar ist der Vortrag der Klägerin, dass ihr Geschäftsführer für Besuche potentieller Investoren ein weiteres, repräsentatives Fahrzeug benötigt habe. Von den im Streitjahr im Betriebsvermögen der Klägerin befindlichen Fahrzeugen stand ihm ansonsten nur der VW Tiguan zur Verfügung, den er für die Besuche bei den Landwirten zur Verhandlung von Pacht- oder Kaufverträgen verwendete. Zwar hätte die Klägerin ein repräsentatives Fahrzeug etwa der Marken Mercedes-Benz oder BMW möglicherweise zu einem etwas niedrigeren Preis erwerben können (das FG Berlin-Brandenburg sah einen Preis von 100.000 € als angemessen an, vgl. Urteil vom 7 K 7234/15, EFG 2018, 159). Die Klägerin weist jedoch zutreffend darauf hin, dass ihr Geschäftsführer mit einem derartigen Fahrzeug nicht an den XX hätte teilnehmen können und der eigentliche Zweck der Anschaffung damit verfehlt worden wäre. Zutreffend ist auch die Einschätzung der Klägerin, dass der Wertverlust in den ersten beiden Jahren bei diesen Fahrzeugen absolut gesehen jedenfalls vergleichbar hoch gewesen wäre wie bei dem Ferrari, sodass die Anschaffung im Ergebnis nicht mit einer relevanten Kostenersparnis verbunden gewesen wäre.
hh) Insgesamt tritt die Berührung mit der Lebensführung des Geschäftsführers der Klägerin somit hinter der betrieblichen Veranlassung für die Anschaffung des Fahrzeugs zurück.
II.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708, 711 der Zivilprozessordnung.
3. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 3/2019 S. 107
EFG 2019 S. 135 Nr. 2
UStB 2019 S. 35 Nr. 2
UAAAH-03925