FG Köln Urteil v. - 8 K 3825/11 EFG 2017 S. 222 Nr. 3

Private Veräußerungsgeschäfte

Spekulationsgewinnbesteuerung bei selbst genutzter Ferienwohnung

Leitsatz

Eine Eigennutzung i.S.v.§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG ist bei einer als Zweitwohnung genutzten Ferienwohnung nicht gegeben, wenn diese nicht aus beruflichen Gründen - etwa im Wege der doppelten Haushaltführung - vorgehalten und genutzt wird, sondern im Wesentlichen für Erholungsaufenthalte.

Gesetze: EStG § 23 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Satz 1EStG § 23 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Satz 3 Alt 2 EStG § 22 Nr 2

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Gewinn der Klägerin aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG der Besteuerung zu unterwerfen ist.

Die Klägerin hat seit dem ihren Hauptwohnsitz in Köln.

Der am geborene Vater der Klägerin errichtete im Jahr 1966 auf seinem Grundstück A7, Gemeinde M, auf Sylt, ein Einfamilienhaus und meldet auf Sylt für sich, seine Ehefrau und seinen Kindern – die Klägerin und deren Bruder B – einen Wohnsitz an. Das Haus besteht im Erdgeschoss aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Diele, Bad, Garderobe und Windfang (insgesamt 58,75 qm) und im Dachgeschoss aus 2 Zimmern, Flur und Badezimmer (insgesamt 36,58 qm). Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das Verkehrswertgutachten des Sachverständigen G vom (Vertragsakte Bd. II) Bezug genommen. Die Familie nutzte in den Folgejahren das Objekt als Ferienhaus. Der Hauptwohnsitz der Familie befand sich in S, …; dort befand sich bis Anfang der 90er Jahre der Lebensmittelpunkt der Eheleute … (Vater und Mutter der Klägerin). Danach verlagerten sie und ihr Sohn B den Lebensmittelpunkt nach Sylt, behielten aber das Haus in S als Wohnsitz bei. Nach dem Tod der Mutter der Klägerin im Jahr 1996 bezog der Sohn B eine eigene Wohnung auf Sylt. Der Vater der Klägerin wohnte fortan alleine im von ihm errichteten Haus A7 auf Sylt.

Mit notariellem Vertrag vom veräußerte der Vater der Klägerin und ihrem Bruder das von ihm bewohnte Objekt A7 auf Sylt, zu je ½ Miteigentumsanteil; der Kaufpreis betrug 518.000 DM. Mit Nebenkosten betrugen die gesamten Anschaffungskosten 521.580,33 DM. Anschließend vermieteten die Kinder ihrem Vater das Objekt und deklarierten fortan entsprechende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dabei wurden jährliche AfA-Beträge in Höhe von 2.139 DM anerkannt. Das Mietverhältnis mit dem Vater beendeten sie zum . Hierzu befindet sich in den Steuerakten eine Kopie der Anlage Vermietung und Verpachtung zur Feststellungserklärung 2004, in der angegeben wird, das Objekt auf Sylt werde ab dem selbstgenutzt.

Mit notariellem Vertrag vom erwarb die Klägerin von ihrem Bruder seinen ½-Anteil am Objekt A7 auf Sylt, zu einem Kaufpreis in Höhe von 200.000 €.

Mit notariellem Kaufvertrag vom veräußerte die Klägerin das Objekt A7 auf Sylt, an Herrn D zu einem Kaufpreis von 2,5 Mio. €.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr – 2006 – erklärte die Klägerin keinen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf. Der Beklagte bat mit Schreiben vom um Angaben zu insgesamt 7 Grundstücken der Klägerin in S und zum Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Objekts A7 auf Sylt. Die Klägerin trug hierzu mit Schreiben vom – soweit hier von Belang – vor, das Grundstück A7 auf Sylt, sei von ihr privat genutzt worden. Der Verkauf der Grundstücks sei aufgrund des (BStBl I 2000, 1383) steuerfrei.

Im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 2006 vom berücksichtigte der Beklagte zunächst keinen Veräußerungsgewinn sondern im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 113.132 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Nachdem der Beklagte die Vorgänge um die Veräußerung des Objekts A7 auf Sylt, eingehend geprüft hatte (Vermerk vom ), änderte der Beklagte die Einkommensteuer 2006 mit Bescheid vom und setzte die Steuer mit 932.625 € (zuvor: 27.044 €) fest. Dabei berücksichtigte er als sonstige Einkünfte Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 2.170.700 € und führte hierzu im Erläuterungsteil aus:

Für das Einfamilienhaus in M in auf Sylt wurde ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nach § 23 ESTG in Höhe von 2.170.300 Euro zugrunde gelegt. Anschaffungen (1998 und 2006) und Veräußerung (2006) erfolgten innerhalb von zehn Jahren. Eine Steuerbefreiung nach § 23 ESTG ist nur möglich, wenn das Objekt zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Das Einfamilienhaus war nach Ihren Angaben bis November 2004 vermietet. Der Zeitraum der Vermietung, auch die Vermietung an einen nahen Angehörigen, ist keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, da sie das Objekt jemand anderem zum Gebrauch überlassen haben. Eine Eigennutzung wurde von Ihnen bislang nicht eindeutig nachgewiesen, insbesondere nicht die Eigennutzung ab Dezember 2004. Die von Ihnen vorgelegte Anmeldung aus dem Jahre 1966, mit der Ihr Vater sich und seine Familie – Sie waren zu diesem Zeitpunkt noch Kind – angemeldet hat, ist kein Beweis/Indiz für Ihre Eigennutzung, da seit 1996 Änderungen sowohl in den Eigentumsverhältnissen wie auch in der Gebrauchsüberlassung des Einfamilienhauses eingetreten sind. Belege über die Anmeldung als- Zweitwohnsitz und Zahlung von Zweitwohnungssteuer wurden von Ihnen nicht vorgelegt. Das im Juli 2004 erstellte Gutachten ist ebenfalls kein Indiz für eine Eigennutzung, da zu diesem Zeitpunkt das Objekt noch vermietet war. Die von Ihnen vorgelegten Belege (Tankquittungen/Reisezug) betreffen zum Teil Zeiträume der Vermietung bzw. Zeiträume nach Verkauf. Eine Eigennutzung ab Dezember 2004 wurde mit diesen Belegen nicht nachgewiesen.

Der Veräußerungsgewinn wurde wie folgt ermittelt:


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Veräußerungspreis
2.500.000 €
abzgl. Anschaffungskosten 2006 (2. Miteigentumshälfte)
200.000 €
abzgl. Anschaffungskosten Grundstück (1. Miteigentumshälfte):
521.580 DM abzgl. 106.925 DM Gebäudeanteil × 50% = 207.328 DM umgerechnet
106.000 €
abzgl. Gebäude (1. Miteigentumshälfte):
Anschaffungskosten 106.925 DM abzgl. Afa 1998 1.604 DM (6/12),
AfA 1999 bis 2003 je 2.1359 DM, AfA 2004 1.960 DM (11/12) = 92.666 DM
92.666 DM × 50% Miteigentum = 46.333 DM umgerechnet
23.700 €
Veräußerungsgewinn
2.170.300 €

Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.

Hiergegen legte die Klägerin am Einspruch ein, legte diverse Unterlagen vor und benannte verschiedene Zeugen zum Beleg der erfolgten Eigennutzung ab dem Jahr 2004.

Hierauf stellte der Beklagte ein Auskunftsersuchen an die Gemeinde auf Sylt zur Frage, wer seit dem im Objekt A7 auf Sylt, gemeldet gewesen sei und ob für das Objekt eine Zweitwohnungssteuer entrichtet worden sei. Dazu teilte das Amt … auf Sylt am mit, die Klägerin sei seit dem mit Zweitwohnsitz im Objekt gemeldet. Der Vater sei vom bis dort mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. Für das Objekt sei keine Zweitwohnungssteuer entrichtet worden. Es sei nicht bekannt, ob das Objekt an fremde Dritte vermietet gewesen sei. Die Kurverwaltung M teilte mit, für den Vater sei in den Jahren 2004 und 2005 eine Einwohnerkarte ausgestellt worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte hierzu – soweit hier streitig – aus, die Klägerin habe nicht ausreichend nachgewiesen, dass das Objekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei. Nach Würdigung der objektiven Umstände sei vielmehr davon auszugehen, dass das Einfamilienhaus unverändert bis zur späteren Veräußerung im September 2006 vom Vater der Klägerin zu Wohnzwecken genutzt worden sei. Das Gebäude sei dem Vater somit nach Beendigung des Mietverhältnisses zum November 2004 zunächst von der Eigentümergemeinschaft – bestehend aus der Klägerin und ihrem Bruder – und im weiteren Verlauf nach Erwerb des hälftigen Eigentumsanteils vom Bruder im Juni 2006 (allein) von der Klägerin unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen worden. Dem Vorbringen der Klägerin, es habe keine unentgeltliche Überlassung stattgefunden, könne nicht gefolgt werden. Denn nach Auskunft des Amtes … auf Sylt sei der Vater bis zum mit seinem Hauptwohnsitz in auf Sylt gemeldet gewesen. Er sei folglich erst kurz vor dem Zeitpunkt aus dem Einfamilienhaus gezogen, zu dem der Besitz und die Nutzungen auf den Erwerber übergegangen seien. Weiterer objektiver Nachweise für den ständigen Aufenthalt des Vaters in M sei die Tatsache, dass er in den Jahren 2004 und 2005 eine sog. Einwohnerkarte erhalten habe. § 4 der Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe der Gemeinde M in auf Sylt sehe nämlich vor, dass Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Erhebungsgebiet hätten, auf Antrag eine Strandbenutzungskarte erhielten. Umgekehrt habe die Klägerin für den Zeitraum ab 2004 keine eigenen Einwohnerkarten vorgelegt.

Die Klägerin habe auch nicht dezidiert vorgebracht, dass ihr Vater nach Beendigung des Mietverhältnisses zum aus dem Einfamilienhaus in auf Sylt ausgezogen sei. Hierzu seien auch keine Nachweise, etwa in Form von Rechnungen eines Umzugsunternehmens, vorgelegt worden.

Soweit die Klägerin zum Nachweis der Eigennutzung verschiedene Abrechnungen der Versorger über Strom, Wasser und Schmutzwasser vorgelegt habe, sei unstreitig, dass wegen der Überlassung des Einfamilienhauses an den Vater bis zum tatsächlichen Auszug im Jahr 2006 Versorgungsaufwendungen entstanden seien. Die Nachweise seien deswegen für eine Eigennutzung ungeeignet. Ebenso ungeeignet seien die vorgelegten Tankbelege, Belege über die Nutzung des DB Autozuges und Bahnfahrkarten. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin zu den aufgelisteten Zeiten vom bis tatsächlich in auf Sylt aufgehalten habe. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, habe es sich aus seiner – des Beklagten – Sicht um Reisen zum Besuch des Vaters gehandelt, dem das Einfamilienhaus unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen worden sei. Hieraus habe sich auch nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, eine „unschädliche” unentgeltliche Überlassung des Hauses an den Vater ergeben. Denn aufgrund der Größe des Hauses und der Bauart könne eine solche unschädliche unentgeltliche Überlassung nicht stattfinden. Dies würde voraussetzen, dass die Klägerin als Eigentümerin über eine abgeschlossene Wohnung hätte verfügen können, die die Führung eines selbständigen Haushaltes – neben dem Haushalt des Angehörigen – ermöglicht hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Die Klägerin hat am die vorliegende Klage erhoben.

Sie macht geltend, ihr Vater habe sich seit dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1996 im Einfamilienhaus auf Sylt zunehmend nicht mehr wohl gefühlt. Deswegen habe er sich entschieden, ihr und ihrem Bruder das Grundstück zu veräußern. Nach der Veräußerung habe der Vater das Einfamilienhaus auf Grundlage eines Mietvertrages weiter bewohnt. Später seien beim Vater aber gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgetreten, die dessen dauerhaften Aufenthalt auf Sylt unmöglich gemacht hätten. Der Vater habe in den Jahren 1994 und 1998 zwei Schlaganfälle erlitten. Zudem seien später Atmungserkrankungen aufgetreten, die dazu geführt hätten, dass der Vater seine Aufenthalte in M ab dem Jahr 2002 erheblich hatte einschränken müssen. Mit der Beendigung des Mietverhältnisses zum habe der Vater seine persönlichen Gegenstände aus dem Einfamilienhaus auf Sylt entfernt und seinen Lebensmittelpunkt endgültig nach S verlagert. Dabei habe er vergessen, seinen Wohnsitz in M auf Sylt abzumelden. Dies habe er später im Jahre 2006 nachgeholt. Für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes sei kein großer Umzug erforderlich gewesen, weil der Vater in S über einen vollständig eingerichteten Haushalt verfügt habe. Mit dieser Verlagerung seien im Jahr 2004 umfangreiche Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten am … in S sowie der Umbau des 1. Obergeschosses einhergegangen, um dort eine eigene Wohnung für den Vater zu schaffen. Das Objekt … habe der Vater ihr im Jahr 2004 gegen ein lebenslängliches Wohnrecht im 1. Obergeschoss und gegen Pflege übertragen. Seit Beginn des Jahres 2004 habe der Vater sich nur noch gelegentlich in M aufgehalten. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom für die Jahre 2004 bis 2006 tabellarische Auflistungen zur Akte gereicht (Anlagen K7, K 15 und K18 – Leitz-Ordner) aus denen sich die Aufenthalte des Vaters und der Klägerin auf Sylt wie folgt ergeben:


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Jahr
Aufenthaltstage Vater
Aufenthaltstage Klägerin
Davon gemeinsame Aufenthaltstage
2004
27
18
Davon seit dem
4
14
4
2005
94
36
25
2006
40
26
23

Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Aufstellungen und auf den genannten Schriftsatz Bezug genommen.

Hierzu trägt die Klägerin vor, nach Beendigung des Mietverhältnisses mit ihrem Vater habe ihr das Einfamilienhaus auf Sylt jederzeit und vollständig zur Nutzung für eigene Wohnzwecke zu Verfügung gestanden. Das habe auch für die Zeiten gegolten, zu denen sie sich nicht auf Sylt aufgehalten habe. Jeder Besuch anderer Personen – auch die ihres Vaters – hätten mit ihr abgestimmt werden müssen. Ihr Bruder und seine Familie hätten ein eigenes Haus in N auf Sylt gemietet, das sie im Jahr 2010 gekauft hätten. Da sie – die Klägerin – alleinstehend sei, sei sie während ihrer Aufenthalte in M auf Sylt in den Kalenderjahren 2004-2006 teilweise von Freunden und Bekannten begleitet worden, die dies bestätigen könnten.

Sie habe das Haus ursprünglich auch nicht verkaufen wollen. Ihr Bruder habe ihr seinen ½-Miteigentumsanteil veräußert, weil er über ein eigenes Haus auf Sylt verfügt habe und angesichts der Tatsache, dass das Objekt A7 auf Sylt, seit November 2004 nicht mehr vermietet gewesen sei und nur noch Kosten verursacht hätte, kein weiteres Interesse an seinem Miteigentumsanteil gehabt habe. Überraschenderweise sei dann im Sommer 2006 der langjährigen Nachbar, Herr VD, an sie herangetreten, um unbedingt das Grundstück für dessen Sohn zu erwerben. Dabei sei ihr ein Kaufpreis angeboten worden, den sie nicht habe ablehnen können.

Aus diesen Umständen ergebe sich, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt seien. Nach dem Gesetzeswortlaut sei die zweite Alternative der Vorschrift bereits dann erfüllt, wenn jeweils an einem Tag im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren eine Eigennutzung stattgefunden habe, während die Nutzung im Übrigen ohne Bedeutung sei. Soweit sie während ihrer Aufenthalte in M Familienangehörigen die unentgeltliche Mitbenutzung des Objekts gestattet habe, stehe dies einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht entgegen. Dasselbe gelte für die Tatsache, dass sie ihren Hauptwohnsitz am Arbeitsort in O unterhalte; denn die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setze nicht voraus, dass der Steuerpflichtige dort seinen Lebensmittelpunkt habe.

Die Klägerin hat neben verschiedenen Unterlagen zum Beleg ihrer Aufenthalte auf Sylt u.a. eine eidesstattliche Versicherung ihres – inzwischen verstorbenen – Vaters vom zur Akte gereicht (Anlage K 19, Bl. 233 d.A.); auf deren Inhalt – insbesondere auf die Ausführungen zu seiner Kündigung des Mietvertrages zum (Bl. 234 d.A.) und zur notwendigen Abstimmung seiner Aufenthalte auf Sylt mit der Klägerin (Bl. 235 d.A.) – wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass keine Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG i.H.v. 2.170.300 € (aus der Veräußerung des Einfamilienhauses A7, Gemeinde M auf Sylt) berücksichtigt bzw. angesetzt werden,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, dem Vorbringen der Klägerin, ihr Vater habe mit dem Ende des Mietvertrages keinen Wohnsitz mehr in M innegehabt, könne nicht gefolgt werden. Nach den vorgelegten Übersichten über den Aufenthalt des Vaters sei festzustellen, dass dieser zumindest auch in den Jahren 2005 und 2006 – und damit nach Beendigung des Mietverhältnisses – den Grundbesitz auf Sylt bis zur Veräußerung durch die Klägerin weiteren genutzt habe. Dabei habe sich der Vater in den Jahren 2005 mit 94 Aufenthaltstagen und im Jahr 2006 mit 40 Aufenthaltstagen in Wesentlich größerem Umfang auf Sylt aufgehalten als im Jahre 2004. Deswegen sei er weiterhin der Auffassung, dass dem Vater nach Beendigung des Mietvertrages der weitere Aufenthalt in dem Gebäude auf Sylt aufgrund einer unentgeltlichen Überlassung gestattet worden sei. Dieser unentgeltlich überlassenen Grundbesitz auf Sylt habe damit auch zu einem Wohnsitz des Vaters auf Sylt im Sinne des §§ 8 AO geführt. Dafür sei maßgeblich, dass der Steuerpflichtige über die Wohnung verfügen könne und sie als Bleibe ständig benutze oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsuche. Nach den vorgelegten Aufstellungen sei dies hier in Bezug auf das Haus auf Sylt der Fall, möge sich der Vater auch überwiegend an seinem Wohnsitz in S aufgehalten haben. Dessen tatsächliche Aufenthalte auf Sylt in den Jahren 2005 und 2006 hätten bei weitem über dem Maß von lediglich von Urlaubsdauer geprägten Aufenthalten gelegen. Auch das subjektive Moment, eine Wohnung dauerhaft als Wohnsitz weiter nutzen zu wollen, habe in der Person des Vaters vorgelegen. Hierauf deute insbesondere der Umstand hin, dass er sich – wie bereits zu Zeiten des bestehenden Mietverhältnisses – weiterhin auf Sylt aufgehalten habe und zwar nicht lediglich anlässlich von Besuchen seiner Tochter – die sich im übrigen in den Jahren 2005 lediglich an 36 Tagen und 2006 lediglich an 26 Tagen, also im wesentlich geringerem Umfang dort aufgehalten habe – sondern um das Gebäude überwiegend zu alleinigen Aufenthalten zu nutzen. Auch habe dem Vater das Haus auf Sylt aufgrund der eingeräumten unentgeltlichen Überlassung nach objektiver Betrachtungsweise weiterhin – auch nach Beendigung des Mietverhältnisses – ohne weitere Einschränkung zur Verfügung gestanden. Es seien keine Umstände erkennbar, die gegen eine tatsächliche Verfügungsmacht des Vaters in Bezug auf die jederzeitige mögliche Nutzung des Gebäudes sprechen. Auch die Tatsache, dass die Kontoauszüge des Vaters weiterhin an die Adresse A7, M, adressiert gewesen seien, sei ein Indiz dafür, dass sich an den Lebensumständen des Vaters auch nach Beendigung des Mietvertrages nichts geändert haben könne. Die Klägerin habe hierzu zwar geltend gemacht, der Postbank sei bereits im Jahre 2004 ein Nachsendeauftrag zur Übermittlung der Post nach S erteilt worden; die Aktenlage deute aber darauf hin, dass der Vater der Postbank die Adressenänderung auf die Anschrift in S erst etwa zum Zeitpunkt der Übergabe des Gebäudes an Herrn D im September/Oktober 2006 mitgeteilt haben dürfte. Denn der vorliegende Postbankauszug Nr. 51 vom weise erstmals die Anschrift in S aus. Der vorhergehende Auszug mit der Nr. 50 habe noch die Anschrift in M enthalten. Dies sei ein weiteres Indiz dafür, dass der Wohnsitz des Vaters auf Sylt erst nach Veräußerung des Anwesens an Herrn D aufgegeben worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze vom (Bl. 177 ff. d.A.) und (Bl. 210 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

1.

Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vergl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO –).

Zu Recht hat der Beklagte in diesem Bescheid Einkünfte der Klägerin aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 2.170.700 € als sonstige Einkünfte der Besteuerung zugrundegelegt.

Gemäß § 22 Nr. 2 des im Streitjahr geltenden EinkommensteuergesetzesEStG – sind sonstige Einkünfte solche aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der letztgenannten Vorschrift sind – soweit hier einschlägig – private Veräußerungsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind Wirtschaftsgüter ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

a.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage liegen die Voraussetzungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Bezug auf den hälftigen Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Objekt A7 auf Sylt, den sie von ihrem Vater erworben hatte, vor. Dazu gilt, dass für jedes einzelne Wirtschaftsgut die Voraussetzungen des § 23 EStG gesondert zu prüfen sind, und zwar in der Person des veräußernden Eigentümers (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 35. Auflage, § 23 Rz 15 m.w.N).

aa.

Die Klägerin hat diesen Miteigentumsanteil am angeschafft und innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist, nämlich am wieder veräußert. Zwar betrug zum Zeitpunkt des Erwerbs dieses Miteigentumsanteils die Spekulationsfrist noch 2 Jahre. Erst mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom (StEntlG, BGBl I 1999, 304) wurde die Veräußerungsfrist auf zehn Jahre verlängert. Nach § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG galt die neue Frist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 1999, bezog aber – rückwirkend – auch bereits erworbene Grundstücke ein, sofern der Vertrag über die Veräußerung erst im Jahr 1999 oder später geschlossen wurde. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verlängerung der Spekulationsfrist im Grundsatz nicht beanstandet, sie jedoch insoweit als verfassungswidrig angesehen, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG am entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verkündung steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können (, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BStBl II 2011, 76; vergl. auch Schreiben des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom VV BB FinMin 2011-03-04 34 – S 2256 – 5/01). Ausgehend hiervon unterliegt das private Veräußerungsgeschäft der Klägerin betreffend dem vom Vater erworbenen Miteigentumsanteil vollständig der Besteuerung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, weil mit dessen Erwerb am auch unter Berücksichtigung der seinerzeitigen Spekulationsfrist von 2 Jahren bis zum kein – auch kein anteilig entstandener – Spekulationsgewinn hätte steuerfrei realisiert werden können. Das beansprucht die Klägerin für sich auch nicht; der Senat sieht deswegen zu dieser Frage von weiteren Ausführungen ab.

bb.

Die Klägerin kann für den vom Vater erworbenen Miteigentumsanteil auch nicht die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG für sich in Anspruch nehmen.

(1)

Die Voraussetzungen der 1. Alternative dieser Vorschrift (Nutzung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung) liegen nicht vor. „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” ist nach der vom Senat für zutreffend erachteten Rechtsprechung des BFH bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG so zu verstehen wie in § 10e EStG und in § 4 Eigenheimzulagegesetz. Danach dient ein Wirtschaftsgut eigenen Wohnzwecken, wenn es vom Steuerpflichtigen selbst tatsächlich und auf Dauer angelegt bewohnt wird. Dem entspricht der Zweck der gesetzlichen Freistellung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels) zu vermeiden (, BStBl II 2011, 868 mit Hinweis auf BT-Drucks. 14/265, S. 181 zu Nr. 27, § 23; vom IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936). Der Begriff der Selbstnutzung liegt vor, wenn eine hinreichend ausgestattete Wohnung vorhanden ist, die dem Eigentümer jederzeit zur selbständigen Nutzung zur Verfügung steht (, BFH/NV 2006, 936).

Ausgehend hiervon ist festzustellen, dass die Klägerin – zusammen mit ihrem Bruder – das Objekt A7 auf Sylt nach dem Erwerb zunächst an den Vater vermietet hatte. Aufgrund dieser Vermietung stand die Nutzung des Objekts dem Vater zu, so dass das Einfamilienhaus der Klägerin nicht während des (gesamten) Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung jederzeit zur selbständigen Nutzung zur Verfügung stand.

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch den Vater als Angehörigen der Klägerin auf der Grundlage des Mietvertrages kann auch nicht der Klägerin zugerechnet werden. Denn eine solche Zurechnung kommt grundsätzlich nur in Fällen in Betracht, in denen der Eigentümer seine Wohnung nicht selbst bewohnt, sondern einem Kind i.S. des § 32 Abs. 1 bis 5 überlässt (vergl. dazu Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Urteil vom 8 K 2166/14, juris). So liegt der Fall hier ersichtlich nicht.

(2)

Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegen hier auch in seiner 2. Alternative (Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren) nicht vor.

Dabei geht der Senat im Tatsächlichen davon aus, dass der Mietvertrag mit dem Vater entsprechend dem Vortrag der Klägerin zum beendet worden war. Zwar hat die Klägerin hierzu keine schriftliche Kündigung präsentieren können. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat der Senat dennoch die Überzeugung gewonnen, dass der Vortrag der Klägerin insoweit zutreffend ist. Denn der Vater hat die Kündigung in seiner eidesstattlichen Versicherung vom bestätigt. Zudem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom Kontoauszüge vorgelegt, aus denen sich zur Überzeugung des Senats ergibt, dass die Mietzahlungen des Vaters im November 2004 endeten. Damit steht in Einklang, dass die Klägerin mit ihrem Bruder in der Feststellungserklärung 2004 die Beendigung zum nachvollzogen hat. Auch der Beklagte stellt die Beendigung des Mietverhältnisses zu diesem Zeitpunkt nicht in Abrede.

Desweiteren geht der Senat im Tatsächlichen davon aus, dass die Angaben der Klägerin zu ihren Aufenthalten in dem Objekt A7 auf Sylt, in den Jahren 2004 bis 2006 zutreffend sind. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den von der Klägerin vorgelegten tabellarischen Aufstellungen laut den Anlagen K7, K 15 und K 18. Denn die Klägerin hat darin ihre Aufenthalte und die ihres Vaters substantiiert dargelegt. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sein könnten. Das gilt auch für die – für ihren Rechtsstandpunkt notwendigen – 14 Aufenthaltstage der Klägerin auf Sylt im Dezember 2004. Denn insbesondere der 9-tägige Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage bis zum Jahresende – teilweise zusammen mit ihrem Vater und offenbar auch mit der Familie des Bruders – erscheint ohne Weiteres schlüssig. Der Beklagte hat entsprechend in der mündlichen Verhandlung vom klargestellt, dass er die Aufenthalte laut tabellarischer Aufstellung nicht bestreite.

(a)

Ausgehend von dem im Dezember 2004 beendeten Mietvertrag und den Aufenthalten der Klägerin auf Sylt in den Jahren 2004, 2005 und 2006 ist zunächst zu erwägen, ob die Voraussetzungen § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 2. Alternative bereits deshalb nicht vorliegen, weil die Klägerin das Haus auf Sylt jedenfalls im Jahr 2004 nicht ganzjährig, sondern allenfalls seit Dezember 2004 eigengenutzt haben kann. Denn es wird teilweise vertreten, dass eine nur geringfügige Nutzung des Objekts in einem Jahr ausnahmeschädlich sei (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 35. Auflage, § 23 Rz.18: Nutzung in den beiden der Veräußerung vorangegangenen vollen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken; ebenso , juris: Danach ist eine Eigennutzung i.S. der 2. Alternative bereits objektiv unmöglich, wenn ein im Jahr 2001 veräußertes Objekt erst im März 1999 erworben und eigengenutzt wurde; a.A.: Glenk in Blümich, EStG, § 23 Rz 58; Wernsmann in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2014, § 23 Rz B 56; IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383, Rz. 25).

(b)

Diese Frage kann indes offenbleiben. Denn nach Auffassung des Senats kommt eine Eigennutzung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 2. Alternative bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei dem Objekt auf Sylt um eine Zweitwohnung der Klägerin handelte, die sie nicht aus beruflichen Gründen vorhielt, sondern nach ihrem eigenen Bekunden im Wesentlichen für Ferienaufenthalte genutzt hatte.

Ob eine Zweitwohnung ein für eine Eigennutzung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 2. Alternative taugliches Objekt ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vorliege, wenn ein Objekt vom Steuerpflichtigen nur zeitweise bewohnt werde, in der übrigen Zeit ihm jedoch als Wohnung zur Verfügung stehe, z.B. eine Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung oder eine nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung. Auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien- oder Wochenendhäuser komme es nicht an ( IV C 3 – S 2256 – 263/00, BStBl I 2000, 1383, Rz. 22). Dem haben sich Teile der Literatur angeschlossen (Glenk in Blümich, EStG, § 23 Rz 53; im Ergebnis ebenso: Wernsmann in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2014, § 23 Rz B 46). Teilweise wird vertreten, nach dem Gesetzeswortlaut sei auch die Veräußerung einer nur zeitweise, auch kurzfristig genutzten Zweitwohnung begünstigt, was indes dem Sinn und Zweck der Ausnahme, nämlich die Freistellung zwingender Wohnungswechsel, kaum entspreche und bedenkliche Schlupflöcher biete; in diesem Zusammenhang wird vertreten, das Merkmal „ausschließlich” auf beide Alternativen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzuwenden (Weber-Grellet in Schmidt, 35. Auflage, § 23 Rz. 18). In der Rechtsprechung ist die Frage, ob es dem Zweck des Gesetzes widerspräche, wenn die Veräußerung einer vom Steuerpflichtigen nur zeitweise, auch kurzfristig eigengenutzten Zweitwohnung freigestellt würde, ausdrücklich offengelassen worden (, BFH/NV 2006, 936, ebenso FG-Münster, Urteil vom 1 K 3749/05 E, juris).

Der Senat hält es mit dem Gesetzeszweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht für vereinbar, auch solche Zweitwohnungen zu begünstigen, die nicht aus beruflichen Gründen – etwa im Wege der doppelten Haushaltführung – vorgehalten und zeitweise, ggf. auch nur kurzfristig genutzt werden, sondern im Wesentlichen für Erholungsaufenthalte vorgesehen sind.

Dabei lässt sich der Senat zunächst von der Überlegung leiten, dass es sich bei § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG um eine Ausnahme von der Belastungsgrundsatzentscheidung des Gesetzgebers handelt, private Veräußerungsgeschäfte der Besteuerung zu unterwerfen. Der Ausnahmetatbestand muss daher, um gleichheitswidrige Ergebnisse zu vermeiden, streng anhand des normativen Lenkungs- und Förderzwecks legitimiert werden (, BStBl II 2011, 868). Der Gesetzgeber hat zur Begründung des Ausnahmetatbestands ausgeführt, zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes (z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels) unterlägen Gewinne aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum nicht der Besteuerung, soweit das Wohneigentum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder aber im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei. Die erste Alternative ermögliche, von der Spekulationssteuer abzusehen, wenn das Wirtschaftsgut, z.B. wegen Arbeitsplatzwechsels, verhältnismäßig kurzfristig veräußert werde (BT-Drs. 14/265, S. 181 zu Nr. 27, letzter Absatz). Normzweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seinen beiden Varianten ist mithin die Förderung der beruflichen Mobilität; die Steuerbegünstigung soll einen Umzug insbesondere infolge eines Arbeitsplatzwechsels nicht erschweren (vergl. dazu , BStBl II 2011, 868, Rz. 15 f. bei juris). Kann dieser Normzweck bei einer nur zeitweise, auch nur kurzfristigen Zweitwohnung, die aus beruflichem Anlass – etwa im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung – vorgehalten wird, als erfüllt angesehen werden, weil die fehlende steuerliche Begünstigung dann ein Hindernis für die berufliche Mobilität darstellen kann, ist dies bei einer zu Erholungszwecken vorgehaltenen Zweitwohnung nicht ersichtlich. Der vorliegende Fall verdeutlicht dies. Denn die Klägerin hatte im hier streiterheblichen Zeitraum ihren Hauptwohnsitz in O und arbeitete auch dort. Das Haus auf Sylt nutzte sie nach eigenem Bekunden vornehmlich für Ferienaufenthalte. Einen beruflichen Bezug für das Vorhalten des Hauses hat die Klägerin nicht geltend gemacht; er ist auch anderweitig nicht ersichtlich. Der Verkauf erfolgte deswegen außerhalb jeglichen Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin und steht deswegen in keiner Form mit dem vom Gesetzgeber gewollten Förderziel in Einklang. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senats, die Steuerbefreiung zu versagen.

Dass der vom Gesetzgeber durch die Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gewollte Zweck durch das Vorhalten einer Zweitwohnung der vorliegenden Art zur jederzeitigen Nutzung verfehlt wird, wird auch in der Literatur nicht verkannt (vergl. insbesondere Wernsmann in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2014, § 23 Rz B 46: Danach ist die Steuerbefreiung von Ferienwohnungen schwer mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar, weil ein „Umziehenmüssen” aus beruflichen Gründen in der Regel keine Rolle spielen dürfte). Soweit hierzu vertreten wird, eine einschränkende Auslegung der Vorschrift komme allerdings nicht in Betracht, weil dies steuerbegründend wirken würde und deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt widerspräche (Wernsmann in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2014, § 23 Rz B 46), teilt der Senat diese Auffassung nicht. Hierzu ist nämlich festzustellen, dass der Gesetzgeber in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG den Begriff „eigene Wohnzwecke” nicht näher bestimmt hat (zutreffend insoweit Glenk in Blümich, EStG, Rz 51). Ist dieses Merkmal daher der Auslegung zugänglich und insbesondere zur Frage, ob – wie im Streitfall – zeitlich geringfügige Aufenthalte in einer für Erholungszwecke vorgehaltenen Zweitwohnung noch das Merkmal „eigene Wohnzwecke” erfüllen, auslegungsbedürftig, sieht der Senat keine methodischen Bedenken, eine einschränkende Auslegung anhand des Gesetzeszwecks vorzunehmen. Denn § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist eine Ausnahmevorschrift, die den Grundsatz durchbricht, die durch den Spekulationsgewinn gestiegene Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und deswegen das entsprechende private Veräußerungsgeschäft der Besteuerung zu unterwerfen. Eine einschränkende Auslegung einer Ausnahmevorschrift ist methodisch generell unbedenklich (vergl. etwa , BFH/NV 2006, 1274 zur einschränkenden Auslegung einer Ausnahmevorschrift, die das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht).

Im Übrigen fordert der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips im Bereich des Abgabenwesens zwar, dass steuerbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast – in gewissem Umfang – vorausberechnen kann. Steuerrechtsregelungen genügen dem Bestimmtheitsgebot, wenn der Gesetzgeber die wesentlichen Bestimmungen über die Steuer oder Abgabe mit hinreichender Genauigkeit trifft; er braucht aber nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge oft nicht in der Lage. Zweifelsfälle haben Verwaltung und Gerichte mit den anerkannten Methoden bei der Gesetzesauslegung zu klären. Bedient sich das Fachgericht dabei herkömmlicher Auslegungsmethoden, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Liegt eine auslegungsbedürftige Regelung vor, kann auch bei einem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine Gesetzeslücke vorliegen, die dann von den Fachgerichten in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise zu schließen ist. Zur Lückenfüllung kommen dabei insbesondere die Analogie sowie eine teleologische Extension oder Reduktion in Betracht. Auch eine für den Steuerpflichtigen ungünstige teleologische Auslegung oder Analogie ist daher grundsätzlich möglich. Die Grenze der Auslegung findet sich darin, dass sie nicht der vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche Regelung nur rechtspolitisch im Sinne der Korrektur eines rechtspolitischen Fehlers als verbesserungswürdig anzusehen ist, reicht nicht (vergl. zum Ganzen: Bay. Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom Vf.30-VI-13, juris zu einem Ausnahmetatbestand zur Zweitwohnungssteuer der Stadt Freisingen, m.w.N. auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BFH).

Ausgehend von diesem Maßstab vermag der Senat nicht zu erkennen, weshalb eine einschränkende Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anhand des Normzwecks zu Lasten der Klägerin – wie oben ausgeführt – aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht in Betracht kommen soll. Insbesondere korrigiert der Senat mit der hier vorgenommenen Auslegung keinen rechtpolitischen Fehler.

b.

Die Voraussetzungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegen auch in Bezug auf den hälftigen Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Objekt A7 auf Sylt, den sie von ihrem Bruder erworben hatte, nicht vor.

Nachdem dieser Miteigentumsanteil sich lediglich ca. 3 Monate im Eigentum der Klägerin befunden hatte, kommt eine Steuerbefreiung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 2. Alternative wegen den dort vorgesehenen Eigennutzungszeiten nicht in Betracht. Ist deswegen eine Steuerbefreiung lediglich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 1. Alternative denkbar, scheitert eine solche daran, dass auch insoweit eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorausgesetzt wird. Diese liegt nach den obigen Ausführungen nicht vor. Der Senat muss sich deshalb nicht mit der Frage auseinandersetzen, welche weitere Einschränkungen sich dadurch ergeben, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner 1. Alternative zusätzlich eine „ausschließliche” Eigennutzung voraussetzt (vergl. dazu etwa Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 35. Auflage, § 23 Rz 18, der mit der Anwendung des Ausschließlichkeitskriteriums auf beide Alternativen die unbedeutend eigengenutzte Zweitwohnung von der Steuerbefreiung ausschließen will; zur Bedeutung des Ausschließlichkeitsmerkmals im Übrigen: Wernsmann in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand: April 2014, § 23 Rz B 50 f.).

c.

Der Beklagte hat den Spekulationsgewinn auch der Höhe nach zutreffend ermittelt. Die Klägerin hat zu der Höhe keine Einwendungen geltend gemacht. Der Senat vermag bei der gebotenen Überprüfung insoweit auch keine fehlerhafte Rechtsanwendung festzustellen. Von weiteren Ausführungen hierzu wird deshalb abgesehen.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 6 Nr. 2
EFG 2017 S. 222 Nr. 3
KSR direkt 2017 S. 12 Nr. 7
NWB-EV 2017 S. 43 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 7/2017 S. 483
UAAAF-90673