Finanzgericht Nürnberg Urteil v. - 1 K 852/15 EFG 2016 S. 1944 Nr. 23

Zur Frage der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht, wenn mangels vorhandener Vergleichsobjekte in der Region keine ortsüblichen Vermietungszeiten festgestellt werden können - hier: Vermietung eines Ferienhauses als abgeschlossene Wohneinheit mit 6 Betten

Leitsatz

1. Grundsätzlich ist Vermieten einer Ferienwohnung einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste vermietet wird.

2. Zur Frage, ob bei Nichtfeststellbarkeit einer regionalen Vermietungsquote für das Vermietungsobjekt zwingend die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen ist und diese trotz fehlender privater Motive zu verneinen ist.

Gesetze: EStG § 10d Abs. 4 Satz 4, EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin in den Jahren 2003, 2004 und 2006 - 2012 hinsichtlich des Vermietungsobjekts Stadt 1, Str. 1, Einnahmeüberschussabsicht hatte.

Die Kläger sind Ehegatten, die für die Streitjahre jeweils zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Sie haben zwei Kinder, die 1984 geborene Tochter D und den 1991 geborenen Sohn H. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als selbständiger Schreinermeister Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die Klägerin ist bei ihm angestellt. Daneben erklärte die Klägerin auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ( Str. 2, Stadt 2; Stadt 1, Str. 1 ; landwirtschaftliche Grundstücke; Büroanteil Wohnhaus, A-Stadt).

Mit notariellem Überlassungsvertrag vom hatte die Klägerin das Alleineigentum an dem u.a. mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück Stadt 1, Str. 1, erworben. Im Rahmen der Übergabe wurde ein Wohnrecht zugunsten des Onkels der Klägerin bestellt. Nach dessen Ableben im Februar 2000 stand das Gebäude zunächst leer. Im Jahr 2002 begann die Klägerin das Gebäude zu sanieren und zu einer Ferienwohnung auszubauen. Das Amt für ländliche Entwicklung J bewilligte hierfür im Rahmen des Bayerischen Dorferneuerungsprogramms einen Zuschuss in Höhe von 11.938 €.

Nachdem die Klägerin den Erstbezug für das Objekt Stadt 1, Str. 1 zunächst ab Ostern 2005 angekündigt hatte, teilte sie im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2005 mit, dass erstmals im Sommer 2006 Feriengäste in der Wohnung gewesen seien.

Im Jahr 2008 traf die BNV-Stelle des Finanzamts, die bzgl. der Veranlagungszeiträume 2002 - 2006 eine Sachverhaltsaufklärung durchführte, nach einer Besichtigung des Objekts Stadt 1, Str. 1 11 u.a. folgende Feststellungen:

1. Das Gebäude wurde in den Jahren 2002 - 2006 mit hohem finanziellem Aufwand generalsaniert.

2. Im Gebäude befand sich eine abgeschlossene Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinn mit folgenden Wohn- und Nutzräumen:


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Erdgeschoss:
Esszimmer, Flur, Küche, Bad mit WC, Nebenräume
Obergeschoss:
3 Schlafzimmer, Bad, WC und Diele
Dachgeschoss:
nicht ausgebaut

3. Es sei beabsichtigt, das Dachgeschoss den Mietern der Ferienwohnung als Wäschetrockenraum und für Betätigungen bei Schlechtwetter (Tischtennis) zur Verfügung zu stellen.

4. Die Ferienwohnung wird durch Anzeigen in den regionalen Ferienhauskatalogen "Z" und "X", sowie durch eine eigene Homepage zur Vermietung an wechselnde Feriengäste angeboten.

5. Die Ferienwohnung ist vollständig möbliert und wird zur Vermietung an Feriengäste bereitgehalten.

6. Die Rechnungen der Fa. Schreinerei A. wurden auf dem Firmenkonto zutreffend verbucht.

7. Die geltend gemachten Herstellungskosten wurden durch geeignete Rechnungen und Belege nachgewiesen.

Die Prüfung endete mit dem Vermerk, die Veranlagung 2006 wegen der noch nicht beurteilbaren Überschusserzielungsabsicht vorläufig vorzunehmen.

Den Erklärungen der Kläger ist für die Jahre 2003 - 2012 hinsichtlich des Objekts u.a. Folgendes zu entnehmen:


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Veranlagungszeitraum
erklärter Verlust
Vermietungs-Einnahmen (ohne VoSt-Erstattungen)
Fremdvermietung (Übernachtungen)
2003
- 1.147,56 €
0 €
2004
- 3.774,82 €
0 €
2005 (kein Streitjahr)
+ 1.438,37 €
0 €
2006
- 5.145,74 €
550 €
10
2007
- 3.728,58 €
820 €
25
2008
- 7.831,67 €
924 €
16
2009
- 8.134,58 €
400 €
8
2010
- 7.715,32 €
1.003 €
26
2011
- 6.201,95 €
1.072 €
30
2012
- 4.839,27 €
1.258 €
83

Ab dem wurde die Wohnung dauerhaft an die Tochter D vermietet.

Das Finanzamt hatte für die Jahre 2003, 2004, 2006 - 2011 die erklärten Verluste zunächst berücksichtigt; allerdings ergingen die Einkommensteuerbescheide jeweils vorläufig. Zur Begründung führte es aus, dass die Vermietungsabsicht sowie die Überschusserzielungsabsicht für das Vermietungsobjekt Stadt 1, Str. 1 11 nicht abschließend hätten beurteilt werden können.

Am erließ das Finanzamt für die streitigen Veranlagungszeiträume bis 2011 geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen es die erklärten und bislang veranlagten Verluste durch die Vermietung des Objekts Stadt 1, Str. 1 11 nicht mehr anerkannte. Die Vorläufigkeitsvermerke wurden insoweit aufgehoben.

Hierzu ergibt sich aus den Akten weiterhin:

1. Für den Veranlagungszeitraum 2004 erhöhte das Finanzamt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Bezugnahme auf eine Aufstellung des BNV-Prüfers um lediglich 3.347 €, obgleich der erklärte und veranlagte Verlust lt. Erklärung 3.775 € betragen hatte.

2. Für den Veranlagungszeitraum 2006 hatten die Kläger in Zusammenhang mit der Vermietung des Objekts Stadt 1, Str. 1 11 in Anlage V einen Verlust in Höhe von 5.154 € erklärt. Dieser Betrag wurde auch dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom und dem Änderungsbescheid vom zugrunde gelegt.

Allerdings resultierte dieser Betrag aus einem "Zahlendreher". Aus zwei Aufstellungen, die der Steuererklärung als Anlage beigefügt worden waren, ergibt sich, dass der Posten "AfA Gebäude" 1.338 € betrug und nicht mit dem in der Anlage V eingetragenen Wert von 1.383 € übereinstimmt. Rechnerisch korrekt wäre mithin der in der Aufstellung "Überschussrechnung 2006 f. Ferienwohnung Stadt 1, Str. 1 " ausgewiesene Verlust 2006 in Höhe von 5.145,74 € gewesen.

3. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2010 verblieb es bei einer Einkommensteuerfestsetzung in Höhe von 0 €; im Ergebnis entfiel jedoch der zuvor berücksichtigte Verlustrücktrag auf 2009.

Im Einkommensteuerbescheid für 2012 vom (Erstbescheid) erfolgte bereits kein Ansatz der erklärten negativen Einkünfte mehr.

Gegen sämtliche o.g. Bescheide vom erhoben die Kläger Einspruch. In allen Streitjahren habe die Klägerin mit Vermietungsabsicht gehandelt.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück; die Zulässigkeit des Einspruchs gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 thematisierte es in der Einspruchsentscheidung nicht. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung berief es sich insbesondere darauf, dass die Kläger entgegen der Rechtsprechung des , BStBl II 2005, 388 und vom IX R 39/07, BStBl II 2009, 138) keine Ermittlung der ortsüblichen Vermietungstage und keine Totalüberschussprognose vorgelegt hätten. Die Renovierung des Gebäudes sei vielmehr dem Umstand geschuldet gewesen, dass es sich um ein seit langer Zeit im Familienbesitz befindliches Anwesen gehandelt habe.

Hiergegen haben die Kläger fristgerecht am Klage erhoben.

Die Klägerin habe mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt. Als die erwarteten Überschüsse ausgeblieben seien, habe sie verstärkt werbende Maßnahmen ergriffen (Werbung in verschiedenen Gastgeberverzeichnissen der Region, mündliche Werbung usw.), in einschlägigen Portalen geworben und eine eigene Homepage erstellt. Offensichtlich sei die Ausrichtung der Wohnung als Familien-Ferienwohnung mit 6 Betten in einem abgeschlossenen Bereich nicht marktgängig gewesen. Nachdem auch eine Vermietung an Montage-Arbeiter keine Trendwende habe herbeiführen können, habe sich die Klägerin entschlossen, die Wohnung dauerhaft zu vermieten.

Ein Rückgriff auf eine "ortsübliche Vermietungszeit" könne nicht erfolgen, da für eine Vermietungseinheit mit 6 Betten, wie sie die Klägerin habe vermarkten wollen, keine regionalen Vergleichsobjekte existierten.

Zu keinem Zeitpunkt sei die Wohnung von der Klägerin privat genutzt worden. Sie habe zunächst auch nicht davon ausgehen können, dass eines ihrer Kinder das Objekt jemals würde nutzen können. Erst ein Zufall in Verbindung mit einem Berufswechsel der Tochter habe diese Möglichkeit eröffnet. Die Wohnung sei nicht auf eine vorübergehende Nutzung ausgerichtet worden. Sie sei für die beabsichtigte Nutzung als Ferienwohnung ausgestaltet gewesen und habe das typische Gepräge einer Ferienwohnung gehabt. Zum Beispiel seien die Schlafzimmer extra im Landhausstil für die Urlauber angefertigt worden.

Nachdem sich die Privatnutzung durch die Tochter abgezeichnet habe, habe diese auf eigene Kosten diverse Umbau- und Erweiterungsbauten (z.B. Freisitz, Garage) vorgenommen. Auch die Einrichtung sei nunmehr zweckmäßig auf dauerhafte Bewohnung ausgerichtet worden.

Die Kläger haben beantragt,

die Änderungsbescheide vom für die Streitjahre 2003 und 2004, 2006 - 2011, den Erstbescheid 2012 vom sowie die Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass die Verluste aus der Vermietung der Ferienwohnung in der erklärten Höhe berücksichtigt werden.

Das Finanzamt hat Klageabweisung, hilfsweise die Zulassung der Revision, beantragt.

Zur Begründung hat es vorgetragen, die erklärten Verluste seien nicht anzuerkennen, da die Kläger den Nachweis einer Überschusserzielungsabsicht nicht geführt hätten. Es lägen vielmehr Indizien vor, die darauf schließen ließen, dass die Renovierung des Anwesens aus rein privaten Motiven erfolgt sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Finanzgerichtsakte, die dem Finanzgericht vorliegenden Akten des Finanzamts und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom verwiesen.

Gründe

Die Kläger haben mit ihrer Klage im Wesentlichen Erfolg; soweit sie sich gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 wenden, ist die Klage allerdings unzulässig.

I. Die Klage ist teilweise unzulässig.

Die Klage der Kläger ist insofern mangels Beschwer unzulässig, als sie sich gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom richtet.

Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist vorliegend hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2010 nicht der Fall.

Unbeschadet der steuerlichen Berücksichtigung der Verluste aus der Vermietung des Objekts Stadt 1, Str. 1 ist die Einkommensteuer für 2010 auf 0 € festzusetzen. Durch den angefochtenen Bescheid sind die Kläger mithin nicht beschwert.

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG, da im Klagefall ein Antrag vorliegt, demzufolge ein Verlust bis zu 11.000 € in das Jahr 2009 zurückgetragen werden soll. Da dieser Betrag - auch nach Klageantrag - nicht überschritten wird, verbleibt zum kein gesondert festzustellender verbleibender Verlustvortrag.

Erst mit Urteil vom I R 51/13 (BFH/NV 2015, 305) hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt, wonach über die Höhe des abziehbaren Verlusts nicht im Jahr der Entstehung des Verlusts, sondern im (ersten) Abzugsjahr, in dem unter Berücksichtigung des Verlustabzugs eine Steuer festgesetzt wird, entschieden wird (vgl. hierzu auch Heinicke in Schmidt, EStG, 35. Aufl. 2016, § 10d Rz 40). Dies ist hier der Veranlagungszeitraum 2009.

II. Im Übrigen hat die Klage weitgehend Erfolg.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin in den Streitjahren in Bezug auf die Vermietung des Ferienhauses Stadt 1, Str. 1 mit Einnahmeüberschussabsicht handelte.

Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (vgl. das , BStBl II 2005, 388 m.w.N.). Etwas anderes gilt nur, wenn nach der tatsächlichen Gestaltung des Sachverhaltes kein üblicher Fall der Dauervermietung vorliegt, z.B. weil sich die Steuerpflichtigen nicht zu einer langfristigen Vermietung entschlossen haben oder die Vermietungstätigkeit nach den bei Beginn ersichtlichen Umständen von vornherein befristet ist.

Diese Grundsätze sind auch beim Vermieten von Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden.

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Klägerin das Objekt Stadt 1, Str. 1 ausschließlich an Feriengäste vermietete und sie hierbei mit Einnahmeüberschussabsicht handelte. Die in Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Verluste sind deshalb steuerlich anzuerkennen.

1. Dem Finanzamt ist darin zu folgen, dass eine Überprüfung der Überschusserzie-lungsabsicht hinsichtlich der beiden Vermietungsarten Ferienwohnung / Dauervermietung (ab 2013) jeweils getrennt zu erfolgen hat.

2. Nach der Verwaltungsauffassung, die das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Rz. 16 seines Schreibens vom IV C 3 - S-2253 - 91/04 (BStBl I 2004, 933) unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung dargelegt hat, ist bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereit gehaltenen Ferienwohnung ohne weitere Prüfung von der Einkunftserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen; diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines fremden Dritten vermietet.

Das Gericht ist anhand der Aktenlage und aufgrund der Einlassungen der Kläger in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass das Objekt Stadt 1, Str. 1 in den Streitjahren von der Klägerin ausschließlich für Zwecke der Vermietung vorgehalten wurde. Insbesondere haben sie glaubhaft gemacht, dass ihr eigengenutztes Wohnhaus, das nur wenige Kilometer vom streitgegenständlichen Objekt entfernt ist, in den Streitjahren nach Größe und Ausstattung ihren familiären Wohnbedürfnissen entsprach und sie auch für die Unterbringung von Gästen nicht des Ferienhauses Stadt 1, Str. 1 bedurften.

3. Wegen der Schwierigkeit für die Tatsacheninstanz festzustellen, ob ein ausschließliches Vermieten der Ferienwohnung angenommen werden kann, hat der BFH in seiner Entscheidung vom (a.a.O.) seine Rechtsprechung dahin fortentwickelt, dass beim Vermieten von Ferienwohnungen die Einnahmeüberschussabsicht immer dann anhand einer Prognose nach den Grundsätzen des (BStBl II 2002, 726) zu überprüfen ist, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen - ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind - erheblich unterschreitet. Nach Auffassung des BFH ist das Vermieten einer Ferienwohnung einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Nur so zeigt sich auch in nachprüfbarer Weise, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt angeboten und alle in Betracht kommenden Interessenten berücksichtigt haben. Je mehr das Vermieten der Ferienwohnung die ortsüblichen Vermietungszeiten unterschreitet, umso mehr gewinnt deshalb die Frage nach den Gründen des Leerstandes an Bedeutung (in Betracht kommen z.B. einerseits Unbenutzbarkeit der Wohnung wegen Instandsetzungsarbeiten oder anderer Vermietungshindernisse; andererseits aber auch Leerstand wegen unzureichender Vermietungsbemühungen, z.B. als Ausdruck der Absicht, die Ferienwohnung letztlich nur als Vermögensanlage und/oder für eine zukünftige Selbstnutzung vorzuhalten).

3.1. Im Streitfall ist ein Vergleich mit einer ortsüblichen Vermietungsquote nicht zielführend, denn unstrittig gibt es keine Vergleichsobjekte. Die Vermietungstage des Objekts Stadt 1, Str. 1 stehen fest, jedoch kann aus objektiven Gründen niemand, auch nicht das Finanzamt, eine diesen gegenüberzustellende Zahl üblicher Vermietungstage für ein solches Objekt, feststellen.

Bei dem von der Klägerin vermieteten Objekt handelte es sich um ein Ferienhaus, das im Rahmen eines einheitlichen Mietverhältnisses von bis zu sechs Personen genutzt werden konnte. Eine gesonderte Vermietung einzelner Wohneinheiten an verschiedene Mietparteien schied aufgrund der baulichen Gestaltung des Objekts aus. Dieses Vermietungsmodell hatte in der Ferienregion Fichtelgebirge ein Alleinstellungsmerkmal mit der Folge, dass kein Vergleichsobjekt ersichtlich ist. Dementsprechend konnte für die Streitjahre nach objektiven Gesichtspunkten auch keine ortsübliche Vermietungszeit ermittelt und von den Klägern dargelegt werden.

Als Quote könnte daher nur die durch die Kläger selbst ermittelte Anzahl für ihr eigenes Objekt zugrunde gelegt werden.

Jedenfalls handelt das Finanzamt nach Überzeugung des Gerichts unredlich, wenn es von den Klägern unter Verweis auf die Feststellungslast die Vorlage von Vergleichsdaten verlangt, die diese - auch nach Bekunden des Finanzamts - aus objektiven Gründen gar nicht erbringen können. So hat auch das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass kein Datenmaterial für die Region existiert, das Aufschluss über übliche Vermietungszeiten eines Ferienhauses, das in Bezug auf die Bettenzahl mit dem klagegegenständlichen Objekt vergleichbar wäre, geben könnte. Die neuere Rechtsprechung des BFH ist nicht dahin gehend zu verstehen, dass sie im Rahmen einer Beweislastumkehr vom Steuerpflichtigen verlangt, unmöglich zu erbringende Nachweise vorzulegen.

3.2. Nach der Überzeugung des Gerichts mangelte es der Klägerin nicht an Vermietungsabsicht. Der mögliche Rückschluss aus einer Quotenunterschreitung ist im Streitfall widerlegt, da die Klägerin glaubhaft gemacht hat, dass sie alles, was für sie zumutbar und möglich war, für die Vermietung unternommen hat.

Obgleich sich relativ schnell nach Fertigstellung des Vermietungsobjekts im Jahr 2006 zeigte, dass die von der Klägerin erhofften Einnahmen ausblieben, war es nicht so, dass die Konzeption von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Bereits die tatsächlichen Belegungszahlen verdeutlichen, dass durchaus eine - wenn auch zu geringe - Nachfrage für das von der Klägerin gebotene Vermietungsmodell bestand. Erst rückblickend ist festzustellen, dass das Objekt für diese Region nicht marktgängig und der Ausbau zum Ferienhaus letztendlich eine Fehlinvestition war.

4. Lässt man die Beweggründe des BFH für die Vergleichsbetrachtung anhand einer ortsüblichen Quote außer Betracht und stellt lediglich auf den formulierten Rechtssatz ab, ist die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen; diese ist im Streitfall im Ergebnis jedoch zu bejahen.

4.1. Die von der Klägerin beabsichtigte Vermietung des Objekts Stadt 1, Str. 1 als Ferienhaus hätte objektiv betrachtet nicht zur Erzielung eines Totalüberschusses geführt.

Die jährlichen Vermietungsumsätze erhöhten sich auf bis zu ca. 1.300 € im Jahr 2012. Dieser Betrag konnte jedoch noch nicht einmal die jährliche Gebäudeabschreibung in Höhe von 2,5% (2.461 € im Jahr 2012) kompensieren. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine erhebliche Umsatzsteigerung in den Folgejahren hätten schließen lassen.

4.2. Private Motive für die Renovierung und den Ausbau des Objekts Stadt 1, Str. 1 sind jedoch nicht feststellbar.

4.2.1. Bei den von den Klägern getragenen Aufwendungen zur Umgestaltung des Objekts Stadt 1, Str. 1 in ein Ferienhaus spielte das privat veranlasste Motiv, die Einkommensteuer zu mindern, keine nennenswerte Rolle. Die Kläger erwirtschafteten in den Streitjahren ein zu versteuerndes Einkommen, das angesichts des Steuersatzes, dem die Kläger in den Streitjahren unterlagen, die Anwendung eines Steuersparmodells nicht rechtfertigte. Die von ihnen im Zusammenhang mit dem Umbau des Objekts aufgewendeten Kosten stellten für die Kläger - trotz des gewährten Investitionszuschusses - vielmehr eine hohe finanzielle Belastung dar, die durch die zu erwartenden steuerlichen Vorteile nicht annähernd kompensiert werden konnten.

Die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger lassen auch nicht darauf schließen, dass sie die Umbaumaßnahmen zu dem Zweck vorgenommen haben, ihr Geld anzulegen bzw. auf eine erhebliche Wertsteigerung des sanierten Objekts zu spekulieren.

4.2.2. Dem Finanzamt ist nicht zu folgen, wenn es die Gründe für die Renovierungs- und Ausbaukosten im Wesentlichen darin sieht, dass es sich bei dem Objekt Stadt 1, Str. 1 um ein Anwesen handelte, das sich schon lange im Familienbesitz der Klägerin befand.

Gegen die Annahme des Finanzamts spricht, dass eine reine Erhaltung des Gebäudes auch in einem kostengünstigeren Umfang zu bewerkstelligen gewesen wäre.

Es ist den Klägern nicht vorzuwerfen, dass sie eine Weiternutzung des Objekts unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betreiben wollten.

4.2.3. Die Kläger verfolgten mit der Renovierung und dem Ausbau nicht das Ziel, das Objekt für eine spätere Nutzung durch eines ihrer Kinder vorzubereiten.

4.2.3.1. Sowohl bei Beginn der Umbaumaßnahmen im Jahr 2002 als auch im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit im Jahr 2006 befand sich die Tochter D im Studium der Betriebswirtschaft an der Fachhochschule. Es ist glaubhaft und entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn die Kläger darlegen, dass sie es als nicht sicher ansahen, dass ihre Tochter nach absolviertem Studium in ihre wirtschaftlich als eher strukturschwach einzuschätzende Heimatregion zurückkehren würde.

Damit ist nicht davon auszugehen, dass die Umbaumaßnahmen im Hinblick auf eine spätere Nutzung durch die Tochter D vorgenommen wurden.

4.2.3.2. Der Sohn der Kläger, H, vollendete im Streitjahr 2002 das 11. Lebensjahr, im Jahr 2006 das 15.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Kläger die Umbaumaßnahmen im Hinblick auf eine Nutzung durch ihren Sohn H vorgenommen haben. Bereits der berufliche Werdegang der Tochter hatte den Klägern veranschaulicht, dass es äußerst fraglich sein würde, ob ihr Sohn H nach Abschluss der Schule in seinem Heimatbereich verbleiben würde.

4.2.4. Die Kläger nutzten im Streitzeitraum das Objekt Stadt 1, Str. 1 nicht zu eigenen Wohnzwecken.

Sie wohnen nur wenige Kilometer von dem Objekt entfernt und verfügten im eigenen Wohnhaus über einen hinreichend großen Wohnbereich, so dass sie auf die Nutzung des Objekts nicht angewiesen waren. Umstände, die dem entgegenstehen würden, hat das Finanzamt nicht benannt und haben sich auch nicht in der mündlichen Verhandlung ergeben.

Die Ferienwohnung weist auch das Gepräge einer zur kurzfristigen Vermietung gedachten Wohnung auf. Die Zimmereinrichtung und -aufteilung sind für eine dauerhafte Nutzung als nicht zweckmäßig anzusehen. Auf die in der Sonderakte des Finanzamts (Bl. 4 - 9) befindlichen Bilder wird verwiesen.

4.3. Die Kläger haben auf die mit der Vermietung erzielten Verluste auch reagiert.

Sie haben alles in ihrer Macht stehende unternommen, um eine möglichst effektive Vermietung des Objekts zu erreichen. So haben sie das Ferienhaus in zwei Portalen der Fremdenverkehrsregion Fichtelgebirge offeriert und eine eigene Internetseite gestaltet. Als sich daraufhin keine befriedigende Resonanz eingestellt hatte, haben sie das Vermietungsmodell in der Weise erweitert, dass sie es auch an Montage-Arbeiter als Übernachtungsgelegenheit überließen. Damit erreichten sie durchaus eine in der Tendenz stark ansteigende Anzahl von Übernachtungen, wenngleich das Ziel, Überschüsse aus der kurzfristigen Vermietung des Objekts zu ziehen, nicht erreicht wurde. Jedoch haben sie hierdurch - wie auch durch die nachfolgende Dauervermietung an die Tochter - gezeigt, dass sie großes Interesse an einer rentablen Auslastung ihres Ferienhauses hatten, die erlittenen Verluste nicht längerfristig erdulden wollten und auf den Nachfragemangel im Rahmen ihrer Möglichkeiten zeitnah reagierten.

4.4. Bezüglich der Ausbauphase (2002 - 2005) kann die Frage, ob die Klägerin mit Einnahmeüberschussabsicht handelte, lediglich durch einen Rückschluss der Verhältnisse der Folgejahre gezogen werden.

Da die Klägerin in den Streitjahren 2006-2012 hinsichtlich der Vermietung des Objekts Stadt 1, Str. 1 als Ferienhaus mit Überschusserzielungsabsicht handelte, sind auch die insofern in den Jahren 2003 und 2004 erzielten Verluste steuerlich anzuerkennen.

5. Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer

5.1. Für die Streitjahre 2003, 2004 sowie 2007 - 2011 ist die festzusetzende Einkommensteuer bzw. der zu berücksichtigende negative Gesamtbetrag der Einkünfte (Veranlagungszeitraum 2010) den letztgültigen vor dem ergangenen Einkommensteuerbescheiden zu entnehmen.

5.2. Ermittlung der festgesetzten Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006:


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zu versteuerndes Einkommen (zvE) lt. FA
54.647 €
anerkannte Verluste V+V (ohne Zahlendreher)
./. 5.146€
zvE lt. Urteil
49.501€
ESt lt. Splittingtarif
8.551€
Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 EStG
./. 508€
ESt mit Progressionsvorbehalt lt. Splittingtarif / ESt lt. Urteil
8.043€

5.3. Ermittlung der festgesetzten Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2012:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
zvE lt. FA
58.272€
anerkannte Verluste V+V
./. 4.839€
zvE lt. Urteil
53.433€
ESt mit Progressionsvorbehalt lt. Splittingtarif / ESt lt. Urteil
9.654€

Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen, da es im Klageverfahren weitgehend unterlegen ist (§ 136 Abs. 1 FGO). Von einer Kostenquotelung wurde gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 AO abgesehen, da das Finanzamt nur in geringem Umfang obsiegt hat. Soweit die Klageerhebung unzulässig war, ist zu berücksichtigen, dass die Verluste aus dem Objekt Stadt 1, Str. 1 dem Grunde nach auch für das Streitjahr 2010 anzuerkennen sind und im Rahmen des Verlustrücktrags Auswirkungen auf die Einkommensteuerveranlagung 2009 haben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten der Kläger sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da keine gefestigte Rechtsprechung dazu vorliegt, ob bei Nichtfeststellbarkeit einer regionalen Vermietungsquote für das Vermietungsobjekt zwingend die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen ist und diese trotz fehlender privater Motive zu verneinen ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EFG 2016 S. 1944 Nr. 23
GStB 2017 S. 273 Nr. 8
UAAAF-84556