Tax-Compliance – auch ein Thema für die Lohnsteuer
Aktuelle Feststellungen aus Lohnsteueraußenprüfungen und Implikationen für ein funktionierendes Tax Compliance System
Der Begriff „Compliance“ ist sicherlich einer der am häufigsten und für viele verschiedene Bereiche des unternehmerischen Handelns benutzten Begriffe der letzten Jahre. Spätestens seit Veröffentlichung des geänderten Anwendungserlasses zu § 153 AO [1] ist das Thema auch im Bereich Steuern angekommen. Markant ist die sich dort findende Aussage, ein wirksam installiertes innerbetriebliches Kontrollsystem im Bereich der Steuern (Tax Compliance) werde als ein Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz oder Leichtfertigkeit gesehen und damit könne auch ein steuerstrafrechtliches Risiko vermieden werden. [2] Damit hat das Thema Tax Compliance für Unternehmen deutlich an Bedeutung gewonnen. Der Schwerpunkt der Überlegungen liegt jedoch i. d. R. bei Ertragsteuern, Umsatzsteuer und Verrechnungspreisen. Das Thema Lohnsteuer und in der Folge Sozialversicherung wird nicht selten vernachlässigt, weil es um vermeintlich geringe Risiken geht. Welche negativen Folgen das haben kann, zeigt sich häufig erst im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen. Dann sind aber bereits Fakten geschaffen und es geht nur noch um Schadensbegrenzung.
Ebbinghaus/Neu, Aufbau von Tax Compliance Management Systemen, NWB VAAAF-86504
Welche Risiken gibt es im Bereich der Lohnsteuer?
Wie entstehen diese Risiken?
Wie können diese Risiken abgemildert werden?
I. Einführung
[i]Seifert, Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG – Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 19.5.2015, StuB 14/2015 S. 537 NWB UAAAE-95786 Hilbert, § 37b EStG: „Regelungskreise“ und Widerrufsmöglichkeit, KSR 12/2016 S. 6 NWB VAAAF-87139 Weber, Aktuelles zur Pauschalierung bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG, BBK 23/2016 S. 1143 NWB EAAAF-87068 Hammerl/Hiller, Anforderungen an ein modernes Tax Compliance Management System, NWB 46/2016 S. 3448 NWB ZAAAF-85574 Eulerich, Risikomanagement, infoCenter NWB EAAAE-15907 Das Steuerrecht bietet verschiedenste Möglichkeiten, den eigenen Arbeitnehmern, aber auch Arbeitnehmern von Lieferanten und Kunden steuerlich begünstigt Dinge zukommen zu lassen oder Dienstleistungen zu gewähren. Um diese Möglichkeiten nutzen zu können, müssen aber i. d. R. klar festgelegte Voraussetzungen erfüllt werden. Die Einhaltung der entsprechenden Regelungen und damit die richtige Versteuerung von Löhnen und Gehältern werden in regelmäßigen Abständen im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen überprüft. Aus unternehmerischer Sicht spielt die Lohnsteueraußenprüfung im Vergleich zu einer Betriebsprüfung meist eine eher untergeordnete Rolle. Häufig haben die Feststellungen im Einzelnen nur eine geringe steuerliche Auswirkung. Je größer jedoch das Unternehmen ist, umso größer ist meist die Zahl der Fälle, auf die eine Feststellung zutrifft. Damit kann es zu erheblichen Nachzahlungen kommen. In Abhängigkeit von der Größenordnung entsteht aufgrund der herabgesetzten steuerstrafrechtlichen Grenzen dann durchaus eine strafrechtliche Relevanz. Dieses birgt sowohl für das Unternehmen als auch für die Geschäftsführer neben einem Imageschaden immer auch ein nennenswertes finanzielles sowie haftungsrechtliches Risiko. Nachfolgend soll anhand häufiger Feststellungen im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen gezeigt werden, wie durch ein internes Kontrollsystem Risiken für Unternehmen und ihre Geschäftsführer vermieden werden können, ohne auf die Nutzung steuerlicher Wahlrechte zugunsten von Mitarbeitern oder Dritten zu verzichten. S. 101
II. Häufige Feststellungen im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen
1. Pauschalversteuerung nach § 37b EStG
1.1 Vorbemerkungen
Unternehmen können Sachzuwendungen an Dritte und an Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 37b EStG mit 30 % Einkommensteuer zzgl. Annexsteuern pauschal versteuern. Es muss sich um betrieblich veranlasste Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin geschuldeten Leistung/zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden oder um Geschenke i. S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG handeln, die beim Empfänger dem Grunde nach in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig sind. [3] Sie dürfen je Empfänger und Wirtschaftsjahr insgesamt oder für die einzelne Zuwendung 10.000 € nicht übersteigen. Das Unternehmen kann das Wahlrecht zur Anwendung der Einkommensteuerpauschalierung nach § 37b EStG für die Gruppe der Arbeitnehmer und der Dritten jeweils gesondert ausüben. In diesem Fall ist es für die jeweilige Gruppe zwingend für alle Zuwendungen innerhalb eines Wirtschaftsjahres anzuwenden. Eine Pauschalierung nur bei Empfängern mit persönlichem Einkommensteuersatz über 30 % ist ebenfalls nicht zulässig. Hintergrund der Regelung: Im Wirtschaftsleben soll zur Pflege von Geschäftsbeziehungen oder zur Stärkung des Arbeitsklimas bzw. als Anreiz zur Leistungssteigerungen der Empfänger einen zusätzlichen persönlichen Nutzen haben, ohne dadurch seine steuerliche Belastung zu erhöhen. [4] Gleichzeitig soll aber durch die Vereinfachung das Lohnsteueraufkommen in der Summe nicht deutlich gemindert werden. Die Empfänger der Zuwendungen sind über die Durchführung der Versteuerung zu informieren (§ 37b Abs. 3 Satz 3 EStG).
1.2 Feststellungen im Rahmen von Außenprüfungen
Zuwendungen an Arbeitnehmer oder Dritte, die dem Grunde nach unter die obige Regelung fallen, werden häufig aus Unkenntnis des die Aufwendungen genehmigenden Mitarbeiters über die Verbuchung als auch die Steuerpflicht der Zuwendungen nicht ausschließlich auf gesonderten Konten erfasst, sondern sind in anderen Aufwandsarten enthalten. Zu nennen sind hier beispielsweise Zuwendungen an Besucher von Messen oder die Vergabe von Eintrittskarten für einen gemeinsamen Konzertbesuch eines Vertriebsmitarbeiters und seines Kunden. Neben diesen relativ eindeutigen Zuwendungen gibt es auch noch versteckte Zuwendungen, wie z. B. eine Abendveranstaltung bei einer mehrtägigen Schulung, Freikarten im Rahmen von Sponsoringmaßnahmen oder ein aufwendiges Programm im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung. In diesen Fällen kann sich die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung für die dafür zuständige Person in der Buchhaltung oder Personalabteilung sehr schwierig gestalten.
Nicht selten werden Aufwendungen, die zunächst der Vertriebsmitarbeiter getragen hat, in seiner Reisekostenabrechnung erfasst und als Reisekosten verbucht. Ebenso häufig findet man die Verbuchung als Repräsentations- oder Werbeaufwendungen oder als Aufwendungen für Sponsoring. Im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen werden verstärkt auch andere als die klassischen Konten für Geschenke oder Bewirtung von den Prüfern durchgesehen.
Um die Pauschalierung anwenden zu können, müssen sämtliche Zuwendungen des Wirtschaftsjahres erfasst werden. Sofern es zu entsprechenden Feststellungen kommt und die Pauschalierung erfolgen soll, müssen die noch nicht erfassten Beträge entsprechend nachversteuert werden. Sollte es sich bei dem Empfänger um einen Mitarbeiter handeln, sind auch nachträglich Sozialversicherungsbeiträge zu erfassen. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei der Pauschalierung um ein Wahlrecht handelt. Wenn sich eine Gesellschaft zu Beginn eines Geschäftsjahres bewusst gegen die Pauschalierung entschieden hat, so kann sie durch Feststellung weiterer denkbarer Sachverhalte im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung nicht zur nachträglichen Anwendung der Pauschalierung gezwungen werden. Häufig üben Lohnsteuerprüfer nicht selten bei der Feststellung von entsprechenden Zuwendungen einen gewissen Druck zur nachträglichen Anwendung der Pauschalierung aus. Dieses erfolgt mit dem Hinweis auf den Versand von Kontrollmitteilungen an die Finanzämter der Empfänger. Sofern das Unternehmen in Ermangelung der Durchführung der Pauschalversteuerung richtigerweise dem Empfänger keine Bestätigung über eine Pauschalversteuerung erteilt hat, musste der Empfänger die Zuwendung ohnehin als Einnahme erfassen und versteuern. Das Unternehmen ist in diesem Fall nicht verpflichtet, den Empfänger auf seine diesbezügliche Erfassungspflicht hinzuweisen.
Um eine Nachversteuerung zu vermeiden, sollten feste
Regelungen für die Genehmigung von Zuwendungen aller Art etabliert werden. Es
kann sinnvoll sein, eine beispielhafte Aufzählung von Zuwendungen zu erstellen,
um die Sensibilität der Mitarbeiter für das Vorliegen entsprechender
Sachverhalte zu erhöhen. Daneben ist auch festzulegen, in welcher Form und
durch wen die Information über die Übernahme der Pauschalversteuerung an den
Empfänger herausgegeben werden darf. Es empfiehlt sich in diesem Fall, die
Schriftform zu wählen. Des Weiteren sollte die Zuständigkeit für die Erteilung
entsprechender Bestätigungen eindeutig festgelegt werden. Die Regelungen sind
allen Mitarbeitern, die Aufwendungen genehmigen dürfen, zugänglich zu machen.
Mitarbeiter in der Finanzbuchhaltung sollten dahingehend geschult werden, dass
unterschiedliche Kostenarten z. B. im Rahmen von Reisekostenabrechnungen
gesondert zu buchen sind. Sinnvoll ist es, für Zuwendungen stets separate
Konten zu führen.
S. 102Zur Überprüfung der Überschreitung der
10.000 €-Grenze sollte der Zuwendungsempfänger im Buchungstext erfasst
werden. Alternativ könnte das Unternehmen eine
Geschenkeliste führen, aus der sich am Ende
des Kalenderjahres die Summe der Zuwendungen je Empfänger herausfiltern lässt.
Eine gesonderte Erfassung der Aufwendungen für Dritte und Arbeitnehmer ist aus
zwei Gründen erforderlich: Das Wahlrecht kann wie bereits erläutert für jede
Gruppe gesondert ausgeübt werden. Die Aufwendungen sind im Jahresabschluss
unterschiedlich zu erfassen; bei den Aufwendungen für Dritte handelt es sich um
sonstige betriebliche Aufwendungen, während Zuwendungen für Arbeitnehmer
sonstige soziale Aufwendungen, also Personalaufwand, darstellen. Die
korrekte Erfassung der Zuwendungen sollte im
Rahmen eines Vier-Augen-Prinzips zumindest in Stichproben
kontrolliert werden. Werden diese Überlegungen beachtet,
sollten Falschbuchungen weitgehend ausgeschlossen werden können. Damit dürfte
auch den Erfordernissen eines Tax Compliance Systems in
diesem Bereich entsprochen werden.
1.3 Besonderheiten bei Arbeitnehmern
Die Steuerpauschalierung nach § 37b Abs. 2 EStG führt nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Sachzuwendungen an Arbeitnehmer sind spätestens mit der Lohnabrechnung für Dezember zu erfassen, damit die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß berechnet und fristgerecht abgeführt werden. Entscheidet sich der Arbeitgeber zur Übernahme des Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, stellt dieser Sachverhalt eine weitere steuer- und beitragspflichtige Vorteilsgewährung dar.
Übernimmt der Arbeitgeber im Falle der Steuerpauschalierung nach § 37b EStG den Arbeitnehmeranteil, so kann die Erfassung regelmäßig über eine besondere Lohnart erfolgen, die diesen Vorteil korrekt berücksichtigt.
Weiterhin ist bei Zuwendungen an Arbeitnehmer zu beachten, dass umsatzsteuerlich eine unentgeltliche Wertabgabe zu erfassen bzw. bei der von vornherein geplanten Verwendung der Eingangsleistung für Zuwendungen an das Personal für dessen privaten Bedarf bereits der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Davon ausgenommen sind Aufmerksamkeiten und Leistungen, die im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden.
2. Firmenwagen
2.1 Vorbemerkungen
Die Zurverfügungstellung von Firmenwagen an Mitarbeiter ist unverändert ein beliebtes Modell zur Ausgestaltung von Gehaltsvereinbarungen. Firmenwagen gelten häufig noch als Statussymbol. Zusätzlich ergibt sich für den Mitarbeiter ein Liquiditätsvorteil aufgrund der Vermeidung hoher Anschaffungskosten. Durch die Wahl sog. Full-Service-Leasing-Verträge ist der administrative Aufwand aufseiten des Arbeitgebers sehr überschaubar. Bezüglich der korrekten Versteuerung des geldwerten Vorteils sind jedoch viele Besonderheiten zu beachten. Zu berücksichtigen sind z. B.
die Zugrundelegung des zutreffenden Bruttolistenpreises oder auch
die korrekte Erfassung von Zuzahlungen des Mitarbeiters.
Im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen werden daher regelmäßig Übersichten mit den von Arbeitnehmern auch privat genutzten Firmenfahrzeugen sowie Rechnungen zu den neu angeschafften bzw. Bestätigungen über die Bruttolistenpreise zu geleasten Firmenfahrzeugen angefordert.
2.2 Bruttolistenpreis
Der Berechnung des geldwerten Vorteils aus privater Firmenwagennutzung, der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie der Nutzung für Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung ist der auf volle hundert Euro abgerundete Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung (R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 LStR) zugrunde zu legen. Dieser Ausgangswert kann schon zur ersten Prüfungsfeststellung führen. In der Praxis kommt es vor, dass der Lohnbuchhaltung die Rechnung nicht vorgelegt und der geldwerte Vorteil auf Basis eines genannten Betrags ermittelt wird. Es kann sich z. B. um den Nettopreis vor Abzug von Rabatten oder den tatsächlichen Bruttokaufpreis nach Rabattabzug handeln. In beiden Fällen ist der Ansatz zu niedrig.
Zur Vermeidung solcher Nachversteuerungen sollte in der Lohnbuchhaltung ein System installiert werden, mit dem für jeden überlassenen Firmenwagen das Vorliegen einer schriftlichen Bestätigung des Bruttolistenpreises sichergestellt wird und zwar sowohl im Falle des Fahrzeugleasings als auch beim Fahrzeugkauf vom Händler oder Hersteller. Die Bestätigung sollte als Beleg zum Lohnkonto des nutzenden Arbeitnehmers genommen werden.
2.3 Firmenwagengestellung als umsatzsteuerpflichtige Leistung
Die Gestellung des Firmenwagens vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer stellt aus umsatzsteuerlicher Sicht regelmäßig eine entgeltliche Leistung dar. Aus Vereinfachungsgründen kann der ermittelte geldwerte Vorteil, vor Abzug von Zuzahlungen des Arbeitnehmers, als Bruttobetrag zugrunde gelegt werden, aus dem die Umsatzsteuer mit 19/119 herausgerechnet wird (Abschn. 1.8 Abs. 8 UStAE). Der Arbeitgeber muss die Umsatzsteuer anmelden und abführen. Im Gegensatz zu dem geldwerten Vorteil in Form der 1 %-Regelung ist der geldwerte Vorteil aus der Firmenwagennutzung für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nach § 3 Nr. 16 EStG lohnsteuerfrei. Dennoch liegt ebenso wie für die laufende Nutzung des Firmenwagens für diese Fahrten eine umsatzsteuerpflichtige entgeltliche Leistung vor. In der Praxis wird häufig mangels Verbuchung des steuerfreien geldwerten Vorteils auch keine Umsatzsteuer an das FA abgeführt. S. 103
Zur Vermeidung der Nichtabführung der Umsatzsteuer sollte der geldwerte Vorteil für Familienheimfahrten auf einem gesonderten Konto gebucht werden, um ihn als rechnerische Größe für die korrekte Ermittlung der Umsatzsteuer erfassen zu können.
2.4 Firmenwagenverkauf an Arbeitnehmer
Beim Firmenwagenverkauf an Arbeitnehmer ist Vorsicht geboten. Sofern der Kaufpreis nicht dem Verkehrswert des Gebrauchtwagens im Zeitpunkt des Verkaufs entspricht, entsteht i. H. des Differenzbetrags zwischen dem Verkehrswert und dem tatsächlichen Kaufpreis ein steuer- und beitragspflichtiger geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer. Der Verkehrswert kann z. B. anhand der Schwacke-Liste oder durch Schätzung des Verkaufspreises durch einen Fachhändler ermittelt werden. Im zweiten Fall ist dabei nicht auf den Händlereinkaufspreis, sondern den Händlerverkaufspreis (= Einkaufspreis zzgl. Marge) abzustellen.
Im Falle des Verkaufs von Firmenwagen an Arbeitnehmer sollten immer Nachweise über die Höhe des aktuellen Verkehrswerts zum Lohnkonto genommen werden. Zur Dokumentation des Vorgangs könnte beispielsweise eine vorgefertigte Checkliste dienen, in der die Quelle für die Ermittlung des Verkehrswerts (Schwacke-Liste oder Fachhändlereinschätzung), der Verkehrswert selbst, der Kaufpreis und der geldwerte Vorteil als Differenz der beiden Werte erfasst werden. Es empfiehlt sich, die ausgefüllte Checkliste gem. dem Vier-Augen-Prinzip von einer zweiten Person durchsehen und abzeichnen zu lassen.
3. Rabattfreibetrag im Konzern
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern Waren oder Dienstleistungen, die sie nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer herstellen, vertreiben oder erbringen, vergünstigt anbieten. Unterschreitet der Zahlbetrag des Arbeitnehmers den um 4 % geminderten Endpreis der Ware oder Dienstleistung, den der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet, so erzielt der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses einen Vorteil (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG). Dieser Vorteil bleibt bis zu einem Betrag von 1.080 € (= Freibetrag) pro Jahr steuerfrei (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG). Entscheidendes Kriterium für die Anwendung des Rabattfreibetrags ist, dass es sich um die Angebotspalette des Arbeitgebers handelt. Arbeitgeber ist derjenige bzw. das Unternehmen, mit dem der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Eine Konzernregelung sieht das Gesetz nicht vor.
Innerhalb desselben Konzerns handelt die Gesellschaft A mit Kleidung und die Gesellschaft B mit Möbeln. Erhalten die Arbeitnehmer der Gesellschaft A Rabatte beim Kauf von Möbeln bei der Gesellschaft B, so ist auf diese Vorteile der Rabattfreibetrag nicht anwendbar. Ist das Anstellungsverhältnis ursächlich für einen besonders hohen Rabatt, so muss der Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis des Arbeitnehmers und dem Kaufpreis eines fremden Dritten als geldwerter Vorteil versteuert werden.
Auch in diesen Fällen kann die Nutzung einer Checkliste den Nachweis eines funktionierenden internen Kontrollsystems unterstützen. Aus der Checkliste sollten sich der Lieferant des Produkts, die Angabe, ob dieser der Arbeitgeber ist, der Endkundenpreis (einschließlich Umsatzsteuer), der gewährte Preis sowie der geldwerte Vorteil als Differenz aus beiden Preisen ergeben. Auch hier empfiehlt sich ein Vier-Augen-Prinzip.
Innerhalb eines Konzerns kann es jedoch vorkommen, dass eine Vertriebsgesellschaft Rabatte an Arbeitnehmer anderer Konzerngesellschaften gewährt, deren Produkte sie vertreibt. Das Kriterium der Rabattgewährung durch den Arbeitgeber ist in diesem Fall erfüllt, wenn der Arbeitgeber die Vertriebsgesellschaft beauftragt, seinen Arbeitnehmern eine vom ihm hergestellte Ware auf seine Rechnung vergünstigt abzugeben. Der zusätzlich gewährte Rabatt ist in diesem Fall aber wirtschaftlich durch den Arbeitgeber zu tragen.
4. Verzicht auf die Weiterbelastung von Sozialversicherungsbeiträgen
Werden im Rahmen einer Sozialversicherungsprüfung Beiträge nachgefordert, so haftet gem. § 28e SGB IV der Arbeitgeber dafür und muss den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, bestehend aus dem Arbeitgeber- und dem Arbeitnehmeranteil, an die zuständige Einzugsstelle entrichten. Der Arbeitgeber hat jedoch einen Rückforderungsanspruch gegen den Arbeitnehmer i. H. des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung (§ 28g SGB IV). Dieser Anspruch kann i. d. R. nur durch Abzug vom Nettolohn in den nächsten drei Lohnabrechnungen geltend gemacht werden. Dabei kann der Arbeitgeber den Nettolohn nicht bis auf 0 € kürzen, sondern muss Pfändungsfreigrenzen beachten. Konnte der nachgeforderte Arbeitnehmeranteil nicht vollständig einbehalten werden, so verbleibt der Restbetrag als Aufwand beim Arbeitgeber. Ist der Arbeitnehmer bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, kann der Arbeitgeber die auf ihn entfallenden Arbeitnehmerbeiträge nicht mehr zurückfordern. Ein Rückgriff ist somit selten möglich. Aus diesem Grund verzichten viele Arbeitgeber vollständig auf die Weiterbelastung von Sozialversicherungsbeiträgen aus solchen Sachverhalten. Dabei wird aber häufig Folgendes übersehen: Durch diesen Verzicht auf den Einbehalt vom Nettolohn entsteht erneut ein lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiger Vorteil.
Auf Basis des Berichts über die Sozialversicherungsprüfung könnte eine Tabelle entwickelt werden, in der je Mitarbeiter die nachzuberechnenden Beträge und die weiterbelastbaren Beträge aufgeführt sind. Zusätzlich sollte angegeben werden, ob die Weiterbelastung erfolgt. Erscheint in der Spalte ein Nein, ist in einer weiteren Spalte anzugeben, ob die Erfassung S. 104als geldwerter Vorteil erfolgt ist. Die Tabelle sollte von einer zweiten Person geprüft und abgezeichnet werden.
5. Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge
5.1 Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit von Zuschlägen
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind innerhalb bestimmter Grenzen lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3b EStG bzw. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV). Die Grenzen sind jedoch im Steuer- und im Sozialversicherungsrecht unterschiedlich hoch. Dies wird in der Praxis manchmal übersehen. Es empfiehlt sich zu überprüfen, ob im Lohnabrechnungssystem die entsprechenden Grenzen hinterlegt sind und somit eine automatisierte Ermittlung erfolgen kann.
Des Weiteren ist zu beachten: Die Steuerfreiheit setzt eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers voraus. Aufgrund z. B. tarifrechtlicher Regelungen gibt es häufig die Situation, in der ein Arbeitnehmer auch im Rahmen der Entgeltfortzahlung Anspruch auf die Zuschläge hat. In diesem Fall entfällt die Steuerfreiheit der Zuschläge in vollem Umfang. Um hier eine korrekte Erfassung sicherzustellen, muss ein systemseitiger oder manueller Abgleich zwischen der Zeiterfassung und der Lohnabrechnung erfolgen.
5.2 Exkurs: Zuflussprinzip versus Anspruchsprinzip
Im Lohnsteuerrecht gilt nach § 11 Abs. 1 EStG das Zuflussprinzip. Danach muss der Arbeitnehmer nur den Arbeitslohn versteuern, den er tatsächlich ausbezahlt bekommt. Im Sozialversicherungsrecht gilt hingegen das Anspruchsprinzip. Ist der Anspruch auf das Arbeitsentgelt entstanden, z. B. durch tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung, müssen die Sozialversicherungsbeiträge auf den zu beanspruchenden Lohn („Phantomlohn“) an die zuständige Einzugsstelle entrichtet werden. Auf die tatsächliche Auszahlung des Lohns kommt es hierbei nicht an.
Ein Arbeitnehmer erkrankt und kann die Spätschicht nicht antreten. Der Arbeitgeber zahlt ihm für diesen Arbeitstag nur seinen Grundlohn, obwohl er rechtlich einen Anspruch auf Auszahlung des Zuschlags hätte. Ob der Arbeitgeber den Zuschlag nun aus Unkenntnis der arbeitsrechtlichen Grundlagen oder bewusst nicht auszahlt, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Aus lohnsteuerlicher Sicht wäre der Zuschlag mangels tatsächlicher Erbringung der Arbeitsleistung lohnsteuerpflichtig. Da der Arbeitgeber den Zuschlag nicht auszahlt, liegt beim Arbeitnehmer kein Lohnzufluss vor und der Betrag muss nicht versteuert werden. Aufgrund des sozialversicherungsrechtlichen Anspruchsprinzips ist das Arbeitsentgelt jedoch vollumfänglich zu verbeitragen. Der Arbeitgeber müsste den Gesamtsozialversicherungsbeitrag auf den Phantomlohn berechnen und an die zuständige Einzugsstelle entrichten. Hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils besteht gegen den Arbeitnehmer ein Erstattungsanspruch.
III. Auswirkungen auf die Sozialversicherung
1. Auswertung des Lohnsteueraußenprüfungsberichts
Die Redewendung „Wer A sagt, muss auch B sagen“ ist auch auf das Lohnsteuerrecht übertragbar. Denn wer Lohnsteuer sagt, muss in diesem Fall auch an etwaige Auswirkungen auf die Sozialversicherung achten. Der Bescheid zur Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung enthält regelmäßig den Hinweis darauf, Prüfberichte und Bescheide der Lohnsteueraußenprüfung unmittelbar nach Eingang sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. Die Beiträge sind bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Monats, der der Bestandskraft der Entscheidung der Finanzverwaltung folgt, an die zuständige Einzugsstelle zu entrichten.
Der Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer sowie Annexsteuern datiert vom . Er gilt am als bekanntgegeben und wird mit Ablauf des bestandskräftig. Die Sozialversicherungsbeiträge, die sich als Folgewirkungen der Feststellung der Lohnsteueraußenprüfung ergeben, sind bis zum an die zuständige Einzugsstelle zu überweisen.
Die Notwendigkeit der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung von Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung wird in der Praxis häufig übersehen, weil der Hinweis auf die Verpflichtung weder im Prüfbericht der Lohnsteueraußenprüfung noch in den ergehenden Haftungsbescheiden enthalten ist. Sie ist aber umso wichtiger, als durch die fehlende Auswertung im Falle eigentlich zu leistender Sozialversicherungsbeiträge Säumniszuschläge von immerhin 1 % pro angefangenem Monat entstehen.
Es sollte betriebsintern ein Verfahren installiert werden, wonach unmittelbar nach Eingang von Lohnsteuerprüfungsberichten eine sozialversicherungsrechtliche Auswertung erfolgt. Die Durchführung der Auswertung sollte zu Kontrollzwecken von einer zweiten Person abgezeichnet werden.
2. Neue beitragsrechtliche Behandlung steuerfreier und pauschal besteuerter Entgeltbestandteile
Steuerfreie und bestimmte pauschal besteuerte Entgeltbestandteile, z. B. mit 25 % Lohnsteuer besteuerte Einnahmen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG, waren stets sozialversicherungsfrei, da sie gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV nicht dem Arbeitslohn hinzuzurechnen waren. Die Möglichkeit der Pauschalversteuerung war danach ausreichend und es kam nicht auf die tatsächliche Vornahme an. S. 105
Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom [5], das am in Kraft getreten ist, wurde § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV geändert. Danach sind bestimmte Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV nur dann noch sozialversicherungsfrei, wenn sie mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert wurden. Diese Gesetzesänderung stellt für bestimmte Fälle lediglich eine gesetzliche Klarstellung der Rechtslage, aber für die drei nachfolgend genannten Fälle eine Neuregelung dar.
Es handelt sich um
pauschal besteuerbare sonstige Bezüge nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind,
Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG und
um zusätzlich gewährte Beträge nach § 40b EStG (in der bis zum geltenden Fassung).
Die Neuregelung für diese drei Fälle gilt für die Entgeltabrechnungszeiträume, die nach dem begonnen haben.
Stellt der Arbeitgeber erst im Nachhinein fest, dass eine Einnahme steuerfrei gewesen wäre oder hätte pauschal besteuert werden können, so bleibt dieses Arbeitsentgelt grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Kann der Arbeitgeber die bisherige steuerrechtliche Beurteilung noch ändern, so greift diese Änderung auch für die Sozialversicherung. Eine Änderung kann somit bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung erfolgen, demnach längstens bis zum 28.2. des Folgejahres (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG).
Im März 2017 findet eine Lohnsteueraußenprüfung für das Jahr 2016 statt. Der Prüfer stellt fest, dass die Kosten für das Sommerfest im Jahr 2016 nicht nur 100 €, sondern 150 € pro Teilnehmer betrugen. Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG bleiben nur 110 € pro Teilnehmer steuer- und beitragsfrei. Der Differenzbetrag von 40 € pro Person kann gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal besteuert werden. Da die Steuerpauschalierung nicht durch den Arbeitgeber bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung 2016, also bis spätestens , durchgeführt wurde, sind 40 € pro Teilnehmer dem Arbeitsentgelt zuzurechnen und entsprechend zu verbeitragen.
IV. Zusammenfassung
Anhand der oben getroffenen Auswahl von Sachverhalten wurde dargelegt, dass sich für Unternehmen und Geschäftsführer durchaus auch im Bereich der Lohnsteuer nennenswerte Risiken bei einer fehlerhaften Behandlung von Sachverhalten ergeben, sei es durch deren fehlende oder unvollständige Erfassung oder durch uneinheitliche Ausübung von Wahlrechten. Die Implementierung eines Compliance-Systems für Lohnsteuerzwecke kann Unternehmen helfen, Fehler und dadurch auch Feststellungen im Rahmen von Außenprüfungen zu reduzieren. Eine vollständige Vermeidung von Fehlern ist sicherlich kaum möglich. Allerdings ist bei Existenz eines Compliance-Systems, welches auch tatsächlich gelebt wird, im Falle einer erforderlichen Nacherklärung grundsätzlich ein Indiz zugunsten des Stpfl. zu sehen, welches gegen ein vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln seinerseits spricht.
Nennenswerte Risiken ergeben sich bei einer fehlerhaften Behandlung von Sachverhalten im Bereich der Lohnsteuer. Damit kann es bei unrichtiger Erfassung in Abhängigkeit von der Größenordnung zu erheblichen Nachzahlungen kommen bzw. entsteht durchaus eine strafrechtliche Relevanz. Dieses birgt sowohl für das Unternehmen als auch für die Geschäftsführer neben einem Imageschaden immer auch ein nennenswertes finanzielles sowie haftungsrechtliches Risiko.
Risiken im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung sind Feststellungen durch fehlende oder unvollständige Erfassung oder uneinheitliche Ausübung von Wahlrechten. Häufig ist die richtige Versteuerung von Löhnen und Gehältern im Fall der Lohnsteuerpauschalierung fehlerbehaftet.
Die Implementierung eines Compliance-Systems für Lohnsteuerzwecke kann Unternehmen helfen, Fehler und dadurch auch Feststellungen im Rahmen von Außenprüfungen zu reduzieren. Eine vollständige Vermeidung von Fehlern ist sicherlich kaum möglich. Die Existenz eines Compliance-Systems wird im Falle einer erforderlichen Nacherklärung grundsätzlich als Indiz gegen ein vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln und somit zugunsten des Stpfl. angesehen.
Fundstelle(n):
StuB 3/2017 Seite 100
TAAAG-36441
1Vgl. NWB XAAAF-74527, BStBl 2016 I S. 490.
3Vgl. NWB HAAAE-91065, BStBl 2015 I S. 468, Rz. 3; vgl. dazu Seifert, StuB 2015 S. 537 NWB UAAAE-95786.
4Vgl. Loschelder, in: Schmidt, EStG, 35. Aufl., München 2016, § 37b Rz. 1.
5Vgl. BGBl 2015 I S. 583, 597.