FG Münster Urteil v. - 9 K 2794/15 K,F EFG 2016 S. 1546 Nr. 18

Verlustrücktrag trotz schädlichen Beteiligungserwerbs

Leitsatz

Die Möglichkeit des Verlustrücktrags aus dem Jahr des schädlichen Beteiligungserwerbs in ein Vorjahr wird durch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG nicht eingeschränkt (gegen , BStBl 2008 I S. 736, Rz. 30).

Gesetze: EStG § 10d Abs 1 Satz 1, KStG § 8c Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

Tatbestand

Zu entscheiden ist über die Möglichkeit des Verlustrücktrags nach einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb i.S. des § 8c Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom (BGBl I 2010, 1768) --KStG 2002 n.F.--.

Die Geschäftsanteile an der Klägerin wurden zunächst von N in Höhe von 500 €, K in Höhe von 12.000 €, I in Höhe von 500 € und H in Höhe von 12.000 € gehalten. H verstarb am … .1.2013. Sein Geschäftsanteil ging auf N als Vorerbin über. Die Gesellschaft wurde mit N als Vorerbin fortgesetzt.

Mit notariellem Vertrag vom (Urkundenrolle Nr. …/2013 des Notars M mit dem Amtssitz in A) trat N ihren eigenen Geschäftsanteil an K und den von ihrem Mann H geerbten Geschäftsanteil an I ab. Diese nahmen die Abtretung an. Eine Gegenleistung für die übertragenen Geschäftsanteile wurde nicht vereinbart.

Im Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom ging der Beklagte (das Finanzamt --FA--) für die Klägerin von einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 40.057 € aus. Hiervon zog es einen Verlust von 19.571 € ab und setzte aufgrund eines zu versteuernden Einkommens von 20.486 € eine Körperschaftsteuer von 3.072 € fest.

Durch die Verlustnutzung verminderte sich der zum festgestellte verbleibende Verlustvortrag auf 0 €; dies stellte das FA am entsprechend fest.

Im Jahre 2013 entstand der Klägerin unstreitig ein bilanzieller Verlust in Höhe von 14.164,22 €. Die Summe der Einkünfte betrug wegen nicht abziehbarer Aufwendungen in Höhe von 2.662 € letztendlich ./. 16.827 €. Die Klägerin beantragte, diesen Verlust in das Jahr 2012 zurückzutragen.

Das FA ging jedoch davon aus, dass zeitanteilig bis zum ein Verlust in Höhe von 14.982 € (325/365 von 16.827 €) entstanden sei. Dieser sei zu 50 % nicht abziehbar; daher könne nur ein Betrag von 9.336 € (= 16.827 € - 7.491 €) zurückgetragen werden.

Das FA erließ hiervon ausgehend am einen Körperschaftsteuerbescheid 2013 und einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den , in dem die Körperschaftsteuer mit 0 € festgesetzt und der verbleibende Verlustvortrag mit 0 € festgestellt wurde.

Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wies das FA in den Besteuerungsgrundlagen des Körperschaftsteuerbescheides Folgendes aus (Werte in €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Summe der Einkünfte
./. 16.827
Nach § 8c KStG nicht zu berücksichtigender Verlust des
laufenden Veranlagungszeitraums
7.491
Einkommen
./. 9.336
Zu versteuerndes Einkommen
./. 9.336

Ebenfalls am erließ das FA auch einen geänderten [Körperschaftsteuer]bescheid 2012, in dem es einen Verlustanteil in Höhe von 9.336 € aus dem Jahre 2013 zurücktrug und das zu versteuernde Einkommen hierdurch auf 11.150 € reduzierte. Die Körperschaftsteuer verminderte sich dadurch auf 1.672 €.

Am legte die Klägerin Einspruch gegen den „Körperschaftsteuerbescheid 2013 vom und Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags vom “ ein. Zur Begründung führte sie bereits im Einspruchsschreiben aus, ein Verlustanteil von 14.937 € (324/365 von 16.827 €) sei in das Jahr 2012 zurückzutragen. Lediglich der ab dem entstandene Verlustanteil in Höhe von 1.890 € sei von der Verlustnutzung ausgeschlossen. Beantragt werde eine Berichtigung des oben angegebenen Bescheides und der Folgebescheide.

Den Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.

Daraufhin hat die Klägerin Klage „wegen des im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheides 2013 vom und des Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den gem. § 8c KStG nicht zu berücksichtigenden Verlustes 2013 in Höhe von 7.491 €“ erhoben. In der Klageschrift hat sie dazu weiter ausgeführt, es ginge ihr darum, den körperschaftsteuerlichen Verlust in Höhe von 16.827 € ungekürzt in Verbindung mit § 10d des Einkommensteuergesetzes 2009 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom (BGBl I 2013, 285) --EStG 2009 n.F.-- in das Jahr 2012 zurückzutragen.

Die Klägerin meint, § 8c KStG 2002 n.F. sei eine in die Zukunft gerichtete Gesetzesbestimmung, die verhindern solle, dass der Anteilserwerber den steuerlichen Vorteil aus den Verlusten ziehe, die vor seinem wirtschaftlichen Engagement eingetreten seien. Deshalb bleibe ein Verlustrücktrag auch dann zulässig, wenn ein Anteilserwerb stattgefunden habe, denn der Anteilserwerber profitiere hiervon nicht.

Diese Auslegung entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Verhindert werden solle allein die ungerechtfertigte Nutzung und der Handel mit Verlustvorträgen; allerdings sei die bisherige Regelung kompliziert und gestaltungsanfällig gewesen, so dass § 8c KStG 2002 n.F. in der geltenden Fassung den vollständigen oder teilweisen Wegfall des Verlustvortrags allein davon abhängig mache, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke einwirken könne (Hinweis auf Bundestagsdrucksache --BTDrucks-- 16/4811). Der Wegfall des Verlustrücktrags sei hiervon ausgehend nicht gewollt gewesen.

In seinem Urteil vom I R 14/11 mache der Bundesfinanzhof (BFH) deutlich, dass ein Verlust bis zum schädlichen Anteilserwerb gerade nicht für das neue Engement, sondern noch für das alte Engagement genutzt werden dürfe. Dieser Gedanke sei auf den vorliegenden Fall zu übertragen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid zum sei aufgrund des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG 2009 n.F. als Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Verlustrücktrag in das Jahr 2012 anzusehen. Unabhängig davon habe sie aber bereits bei der Einspruchseinlegung bzw. Klageerhebung ihr Rechtsbehelfsbegehren (Verlustrücktrag in das Jahr 2012) eindeutig bezeichnet.

Die Klägerin beantragt,

die Klage abzuweisen,

Zur Begründung macht das FA geltend, die Klage sei unzulässig. Über einen Verlustrücktrag sei in dem Bescheid betreffend das Rücktragsjahr zu entscheiden, mithin im Streitfall im Körperschaftsteuerbescheid 2012. Diesen habe die Klägerin aber nach dem eindeutigen Wortlaut der eingelegten Rechtsbehelfe nicht angefochten. Da die Klägerin bei der Einspruchseinlegung und Klageerhebung rechtskundig vertreten gewesen sei, komme eine vom Wortlaut abweichende Auslegung der Rechtsbehelfe nicht in Betracht. Außerdem fehle es hinsichtlich des Jahres 2012 an der Durchführung eines Einspruchsverfahrens. Eine objektive Klageänderung i.S. des § 67 FGO sei nicht zulässig.

Unabhängig von der Zulässigkeitsfrage wäre die Klage nach Auffassung des FA auch unbegründet. Der bis zur schädlichen Anteilsübertragung entstandene Verlust dürfe nur anteilig, nämlich in Höhe von 50 % zurückgetragen werden. Der nach der schädlichen Anteilsübertragung erwirtschaftete Verlust könne demgegenüber vollständig zurückgetragen werden. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom (IV C 7-S 2745-a/08/10001, BStBl I 2008, 736 Rz. 30).

Soweit sich die Klägerin auf den Sinn und Zweck des § 8c KStG 2002 n.F. berufe, könnten diese Erwägungen nicht so weit reichen, dass sie in die Regelungstechnik einer anderen Vorschrift, nämlich des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 n.F. eingriffen. Das Abzugsverbot erfasse nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte i.S. des § 10d Abs. 2 EStG 2009 n.F. Die Kürzung erfolge insoweit vor dem Gesamtbetrag der Einkünfte. Nur die danach verbleibenden negativen Einkünfte seien nach § 10d Abs. 1 EStG 2009 n.F. einem Verlustrücktrag zugänglich. Der von der Klägerin beantragte vollständige Verlustrücktrag mache entgegen der Gesetzessystematik den Verlust bis zur schädlichen Anteilsübertragung nutzbar. Diese Sichtweise entspreche weder dem Gesetzeswortlaut noch lasse sie sich auf eine teleologische Auslegung stützen.

Die Grundsätze des BFH aus dem Urteil vom I R 14/11 zur unterjährigen Verrechnung von Gewinnen mit Verlustvorträgen aus dem Vorjahr seien hier nicht einschlägig. Für den hier vorliegenden Fall sei § 8c KStG 2002 n.F. eindeutig. Im Gegensatz zu der BFH-Entscheidung müsste im vorliegenden Fall § 10d Abs. 1 EStG 2009 n.F. dergestalt teleologisch erweitert werden, dass gegen den Wortlaut der Norm auch unterjährige Teiljahresverluste rücktragsfähig wären. Dafür gebe es allerdings keinen sachlichen Grund.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand am mit den Beteiligten erörtert. Zwischen den Beteiligten ist im Erörterungstermin Einvernehmen darüber erzielt worden, dass bis zum Zeitpunkt der schädlichen Anteilsübertragung im Jahre 2013 ein Verlust in Höhe von 14.982 € erzielt worden ist. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Erörterungstermins wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Der erkennende Senat hat den Rechtsstreit am mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den angefochten hat. Im Übrigen ist die Klage als Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 und 2013 auszulegen und insoweit zulässig und begründet.

I. Die gegen die Verlustfeststellung auf den erhobene Klage ist unzulässig, da die Klägerin insoweit nicht im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO beschwert ist.

Das FA hat den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den vorgenannten Stichtag gemäß § 10d EStG 2009 n.F., der über § 8 Abs. 1 KStG auch im Körperschaftsteuerrecht Anwendung findet, mit 0 € festgestellt. Eine anderweitige Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags begehrt zu Recht auch die Klägerin nicht. Denn der Gesamtbetrag der Einkünfte 2012 beträgt nach dem aktuellen Körperschaftsteuerbescheid 2012 40.057 €, und nach dem Verbrauch des zum festgestellten vortragsfähigen Verlustes in Höhe von 19.571 € verbleiben noch 20.486 €. Auch im Falle eines Obsiegens der Klägerin und eines hieraus folgenden Rücktrags des vollständigen Verlusts des Jahres 2013 in Höhe von 16.827 € in das Jahr 2012 wäre deshalb kein vortragsfähiger Verlust zum festzustellen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt den in dem Bescheid über den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den benannten Besteuerungsgrundlagen (u.a. die Bezifferung des Verlustrücktrags auf das Einkommen 2012 mit 9.336 €) keine Bindungswirkung für den Körperschaftsteuerbescheid 2012 hinsichtlich des dort zu berücksichtigen Verlustrücktrags zu. Festgestellt wird nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG 2009 allein der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag. Allein für die Verlustnutzung in zukünftigen Veranlagungszeiträumen entfaltet die Feststellung damit Bindungswirkung; sie ist Grundlagenbescheid für den Verlustvortrag in der nachfolgenden Steuerfestsetzung und über § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 für die nachfolgende Verlustfeststellung (statt aller Schmidt/Heinicke, EStG, 35. Aufl. 2016, § 10d Rz. 41). Eine Feststellung des rücktragsfähigen Verlusts sieht das Gesetz demgegenüber nicht vor. Vielmehr bestimmt § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG 2009 n.F., dass nur ein Saldobetrag festgestellt wird, der um die nach § 10d Abs. 1 EStG 2009 n.F. genannten Beträge --und damit auch um den Verlustrücktrag-- gemindert worden ist. Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind (§ 10d Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 EStG 2009 n.F.). Materiell --wenn auch nicht formal-- gewinnen hierdurch die Steuerfestsetzungen für die Zeiträume vor dem Verlustfeststellungsstichtag --hier die Körperschaftsteuerfestsetzungen für die Veranlagungszeiträume 2012 und 2013-- gegenüber dem Verlustfeststellungsbescheid --hier auf den -- den Charakter eines Grundlagenbescheides für den Verlustfeststellungsbescheid (vgl. , BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829; Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG -- 2016, 356 mit Anm. Arndt --Nichtzulassungsbeschwerde anhängig unter dem Az. IX B 121/15--; , EFG 2016, 662 mit Anm. Wüllenkemper; Pfirrmann in Kirchhof, EStG, 15. Aufl. 2016, § 10d Rz. 23), der demnach materiell gleichsam Folgebescheid der vorgenannten Steuerfestsetzungen ist.

II. Im Übrigen richtet sich die Klage gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2012 und 2013 und ist insoweit zulässig.

1. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2013 beschwert i.S. des § 40 Abs. 2 FGO; auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klage liegen in Bezug auf diesen Bescheid unstreitig vor.

Bei dem Körperschaftsteuerbescheid 2013 handelt es sich zwar um einen Nullbescheid, dem nach allgemeinen Grundsätzen die Belastungseignung fehlt. Im vorliegenden Fall gilt jedoch ausnahmsweise Abweichendes, weil aufgrund der unter I. dargestellten Wirkungsweise des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG 2009 i.d.F des JStG 2010 die Besteuerungsgrundlagen der Steuerfestsetzung Bindungswirkung für die Verlustfeststellung haben (ebenso Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf in EFG 2016, 662 mit Anm. Wüllenkemper; , EFG 2016, 1091 mit Anm. Weinschütz).

Der Senat übersieht nicht, dass nach der derzeitigen Bescheidlage unabhängig von dem tatsächlich nutzbaren Verlust stets ein vortragsfähiger Verlust zum in Höhe von 0 € festzustellen ist (vgl. dazu bereits unter I.). Ungeachtet der weiterhin denkbaren Möglichkeit einer Veränderung der Besteuerungsgrundlagen 2012 ist eine Beschwer gegeben, weil nach den allgemeinen Grundsätzen zur Beschwer durch einen Feststellungsbescheid die zu niedrige Verlustfeststellung ohne Berücksichtigung der konkreten steuerlichen Auswirkungen ausreichend ist (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz. 65, m.w.N.). Wenn der Körperschaftsteuerbescheid auch formal betrachtet kein Feststellungsbescheid ist, müssen diese Grundsätze für ihn doch entsprechend gelten, weil der in seinen Besteuerungsgrundlagen ausgewiesene nutzbare Verlust Bindungswirkung für die Verlustfeststellung zum hat und er in der Sache einem Feststellungsbescheid gleichsteht.

2. Die Klage richtet sich des Weiteren gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 und ist auch insoweit zulässig.

a) Im Wege der Auslegung ist davon auszugehen, dass sich sowohl der eingelegte Einspruch als auch die erhobene Klage von vornherein nicht nur gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013, sondern auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 richteten.

aa) Entgegen der Auffassung des FA ist die vorgenannte Auslegung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil Einspruch und Klage durch den steuerlichen Berater der Klägerin eingelegt bzw. erhoben worden sind. Vielmehr sind Verfahrenserklärungen in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen, und zwar auch, wenn sie von rechtskundigen Personen abgegeben werden (, BFH/NV 1987, 359; , BFH/NV 1993, 2). Voraussetzung hierfür ist allein, dass die Erklärung auslegungsbedürftig ist. Hieran fehlt es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat (BFH-Urteil in BFH/NV 1987, 359). Ist dies nicht der Fall, ist der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes zu nehmen; der Rechtsweg darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (, BFHE 127, 135, BStBl II 1979, 374). Im Zweifel ist das als gewollt anzunehmen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (, BFH/NV 2001, 589; , BFH/NV 2005, 2029; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, § 96 FGO Rz. 12).

bb) Nach diesen Grundsätzen war im vorliegenden Fall eine Auslegung geboten, weil es sowohl der abgegebenen Erklärung im Einspruchsverfahren als auch der nachfolgenden Klageschrift an der hinreichenden Klarheit fehlt. Zwar hat die Klägerin ausdrücklich den Körperschaftsteuerbescheid 2013 und die Verlustfeststellung auf den angefochten; sie hat jeweils im gleichen Schreiben aber ebenfalls ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, es gehe ihr um einen Verlustrücktrag in das Jahr 2012. Diese Erklärung ist in sich scheinbar widersprüchlich. Eine Anfechtung allein des Körperschaftsteuerbescheides 2013 und des Verlustfeststellungsbescheids auf den war angesichts des benannten Rechtsschutzbegehrens nicht zielführend, weil --wie bereits dargelegt (vgl. unter I., II.)-- über die Höhe eines begehrten Verlustrücktrags allein in dem Bescheid betreffend das Verlustrücktragsjahr (d.h. hier im Körperschaftsteuerbescheid 2012) entschieden wird.

cc) Angesichts des hinreichend deutlich gewordenen Rechtsschutzbegehrens geht der Senat davon aus, dass die Klägerin auch den Körperschaftsteuerbescheid 2012 angefochten hat, um den nutzbaren Verlust in dieses Jahr zurücktragen lassen zu können.

Hierbei übersieht er nicht, dass die Klägerin nach dem Hinweis des Berichterstatters im Erörterungstermin, anzugreifende Steuerfestsetzung sei der Körperschaftsteuerbescheid 2012, durch Schreiben vom mitgeteilt hat, die Verlustfeststellung auf den habe als Grundlagenbescheid für den Körperschaftsteuerbescheid zwingend angefochten werden müssen; der Körperschaftsteuerbescheid 2012 sei Folgebescheid zur Verlustfeststellung auf den und könne deshalb nicht angefochten werden. Das vorgenannte Schreiben kann keine Aussagekraft zum Gegenstand des Einspruchs- und Klageverfahrens haben. Es stellt eine unmittelbare Reaktion auf ein Schreiben des FA vom dar, in dem dieses sich gegen die Auffassung des Berichterstatters im Erörterungstermin vom gestellt hat, die Erklärungen der Klägerin seien auslegungsfähig. Das FA hat die Auffassung vertreten, ein Vorverfahren sei hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids 2012 nicht durchgeführt worden. Erst nach Hinweis auf diesen zuvor weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren problematisierten Punkt hat die Klägerin durch Schreiben vom versucht darzulegen, warum ihre Klage gleichwohl nicht unzulässig sei und in der Sache entschieden werden müsse.

Dass das vorgenannte Schreiben allein im Hinblick auf die Ausführungen des FA vom zu erklären ist, geht für den Senat auch daraus hervor, dass die Klägerin die rechtsschutzgewährende Auslegung des Berichterstatters im Erörterungstermin hingenommen und unter dem Eindruck der rechtlichen Ausführungen des Berichterstatters sogar auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat. Hätte die Klägerin die Auffassung des Berichterstatters über den Gegenstand des Einspruchs- und Klageverfahrens damals schon nicht geteilt, wäre --insbesondere angesichts der absehbaren Revisionszulassung-- zu erwarten gewesen, dass sie auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet hätte.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ferner ausdrücklich einen Antrag auch in Bezug auf den Körperschaftsteuerbescheid 2012 gestellt und damit nochmals klargestellt, dass es ihr --wie von vornherein ersichtlich-- letztlich um den vollständigen Verlustrücktrag aus dem Jahr 2013 in das Jahr 2012 ging und sie alle Bescheide anfechten will und wollte, die diesem Begehren entgegenstehen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin weiterhin dem Verlustfeststellungsbescheid zum eine nach Auffassung des Senats unzutreffende Bedeutung für den Verlustrücktrag in das Jahr 2012 beimisst, ändert an dem vorgenannten Klageziel bzw. Klagegegenstand und der darauf gestützten Auslegung des Einspruchs und der Klage nichts. Denn die Verpflichtung des FA und des Finanzgerichts zu einer rechtsschutzgewährenden Auslegung des Einspruchsscheibens und der Klageschrift ergibt sich in erhöhtem Maße bei einer unübersichtlichen und komplexen verfahrensrechtlichen Lage (vgl. zu diesem Gesichtspunkt allgemein , BFH/NV 2005, 2029), wie sie hier durch die Neufassung des § 10d Abs. 4 EStG 2009 n.F. entstanden ist (vgl. auch Wüllenkemper, EFG 2016, 664, 665).

aa) Im Streitfall liegt auch bezüglich des Körperschaftsteuerbescheides 2012 ein erfolglos gebliebenes Vorverfahren i.S. des § 44 Abs. 1 FGO vor. Das FA hat über den gegen die Körperschaftsteuerfestsetzung 2012 eingelegten Einspruch sachlich durch die Einspruchsentscheidung vom mitentschieden.

Entscheidend für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist das objektiv Erklärte, nicht das von der Behörde subjektiv Gewollte und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte (, BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480; vom VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96; Klein/Ratschow, AO, 13. Aufl. 2016, § 119 Rz. 8, m.w.N.). Bei der Auslegung ist nicht allein auf den Tenor des Bescheids abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung (, BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754, und vom III R 67/07, BFHE 228, 42, BStBl II 2010, 476).

Der Einspruchsentscheidung vom ist im vorliegenden Fall der objektive Erklärungsgehalt zu entnehmen, dass das FA auf das erkennbare Rechtsschutzbegehren der Klägerin hin auch einen Verlustrücktrag in das Jahr 2012 und damit eine Korrektur des Körperschaftsteuerbescheids 2012 nicht zulassen wollte. Ausdrücklich hat sich das FA in seiner Begründung auf das , BStBl I 2008, 736 Rz. 30 bezogen, wonach ein Verlustrücktrag nach einem schädlichen Beteiligungswechsel nicht möglich sei. Ebenso setzt sich die Einspruchsentscheidung mit dem , BFHE 236, 82, BStBl II 2012, 360, auseinander. Es finde laut geltender Verwaltungsauffassung keine Anwendung bei unterjährig erzielten Verlusten, die in das Vorjahr zurückgetragen werden sollten und sei folglich auf den Streitfall nicht übertragbar. Bei dem rein rechnerisch ermittelten Teilverlust handele es sich nicht um einen Verlustrücktrag i.S. des § 10d Abs. 1 EStG 2009 n.F.

bb) Im Übrigen wäre die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 selbst dann zulässig, wenn man der vorgenannten Auslegung der Einspruchsentscheidung durch den erkennenden Senat nicht folgen wollte. Denn nach § 46 Abs. 1 FGO ist eine Klage als Untätigkeitsklage auch ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden wird.

III. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch begründet. Die geänderten Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Recht geht die Klägerin davon aus, dass in dem Körperschaftsteuerbescheid 2013 ein „nach § 8c KStG nicht zu berücksichtigender Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums“ nicht auszuweisen oder mit 0 € zugrunde zu legen ist und dementsprechend das „Einkommen“ bzw. „zu versteuernde Einkommen“ mit ./. 16.827 € zu beziffern ist. Im Körperschaftsteuerbescheid 2012 ist nicht nur ein Verlustrücktrag von 9.336 €, sondern vielmehr von 16.827 € zu berücksichtigen.

1. Ein Verlust in Höhe von 16.827 € ist unstreitig im Jahre 2013 entstanden. Weitere Ausführungen sind insoweit entbehrlich.

2. Dieser Verlust kann --ungeachtet des § 8c KStG 2002 n.F.-- nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom (BGBl I 2008, 2794) i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 n.F. in das Jahr 2012 zurückgetragen werden. Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind hiernach bis zum einem Betrag von 1.000.000 € vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor anderen Abzugsbeträge abzuziehen (Verlustrücktrag). Der im Jahr 2013 deutlich geringere Verlust von 16.827 € kann hiervon ausgehend vollständig nach 2012 zurückgetragen werden.

3. § 8c Abs. 1 KStG 2002 n.F. steht dem im vorliegenden Fall nicht entgegen.

a) Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Person übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar. Unabhängig hiervon sind bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Person übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Als ein Erwerber i.S. der Sätze 1 und 2 gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen.

b) Im Streitfall liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb im Jahre 2013 vor, indem 50 % der Anteile von N auf K und I übertragen worden sind. K und I haben 50 % der Anteile als eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen i.S. des § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 n.F. erworben. Gemeinsam beherrschen die Eheleute K und I, die vor der Anteilsübertragung zusammen bereits 50 % der Anteile hielten, die Klägerin nunmehr als einzige Gesellschafter.

c) Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Verlust auch hinsichtlich des Verlustrücktrags teilweise nicht mehr genutzt werden kann.

aa) Soweit der Verlust nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstanden ist (1.890 €), gilt dies schon deshalb, weil nach dem Wortlaut der Norm allenfalls die Nutzung des bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verlusts verhindert werden soll; eine Verlustnutzung und damit auch ein Verlustrücktrag des nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verlusts soll demgegenüber nicht ausgeschlossen werden (im Ergebnis ebenso Dötsch/Leibner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 8c KStG Rz. 224, 226; Frotscher in Frotscher/Drüen, § 8c KStG Rz. 80b; Gosch/Roser, 3. Aufl. 2015, § 8c Rz. 28a; Meiisel/Bokeloh, Betriebs-Berater 2008, 808, 814; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8c Rz. 178). § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG bestimmt ausdrücklich, dass „die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar“ sein sollen. Grammatikalisch verhält er sich damit ausdrücklich nicht zu Verlustanteilen, die nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftet werden. Dies ist angesichts des Gesetzeszwecks, auszuschließen, dass Verluste, die in der Zeit des wirtschaftlichen Engagements des alten Gesellschafters entstanden sind, durch den neuen Gesellschafter genutzt werden (zum Telos , BFHE 236, 82, BStBl II 2012, 360; Frotscher, a.a.O., Rz. 4; Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, § 8c Rz. 7; Neumann, a.a.O., Rz. 12), folgerichtig.

bb) Soweit die Klägerin den 2013 entstandenen Verlust i.Ü. vollständig --und damit den wirtschaftlich auch vor der Anteilsübertragung verursachten Verlustteil-- in das Jahr 2012 zurücktragen will, wird dies durch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F. nicht ausgeschlossen.

Zwar sieht § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 n.F. vor, dass die nicht genutzten Verluste nicht mehr abziehbar sind. Ausgehend von ihrem Wortlaut sagt die Vorschrift daher nichts darüber aus, ob ein Verlustabzug im Wege des Rücktrags und/oder des Vortrags nicht mehr möglich sein soll (auf den unergiebigen Wortlaut hinweisend auch Dötsch/Leibner, a.a.O., Rz. 226). Dies mag auf den ersten Blick für das BMF sprechen, das auch den Verlustrücktrag für ausgeschlossen hält (, BStBl I 2008, 736 Rz. 30).

Bei Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 8c Abs. 1 KStG 2002 n.F. ist dies allerdings nicht überzeugend. Verhindern will die Regelung lediglich, dass früher entstandene Verluste durch einen Beteiligungserwerb wirtschaftlich übertragen und durch personell veränderte Gesellschaften genutzt werden können; ein Verlustrücktrag wird hiervon ausgehend durch die Norm insgesamt nicht berührt (in diesem Sinne Blümich/Brandis, § 8c KStG Rz. 58; Brendt in Erle/Sauter, 3. Aufl. 2010, § 8c Rz. 60; Frotscher, a.a.O., Rz. 80a; Gosch/Roser, a.a.O., Rz. 91, 96; Hackemann in Mössner/Seeger, 2. Aufl. 2015, § 8c Rz. 475; Lang, Deutsche Steuer-Zeitung 2007, 652, 657; Neyer, Deutsches Steuerrecht 2010, 1600, 1602; Streck/Olbing, KStG, 8. Aufl. 2014, § 8c Rz. 71; Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rz. 32; a.A. für den unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb Dötsch/Leibner, a.a.O., Rz. 227; Neumann, a.a.O., Rz. 178; van Lishaut, Finanz-Rundschau --FR-- 2008, 789, 799). Denn durch den Verlustrücktrag nutzen lediglich diejenigen Anteilseigner den Verlustanteil, die ihn während ihres wirtschaftlichen Engagements wirtschaftlich getragen haben.

Dass und warum der Gesetzgeber darüber hinaus auch die Verlustnutzung (mittels eines Verlustvor- oder –rücktrags) durch eine Kapitalgesellschaft für solche Zeiträume hätte einschränken wollen, in denen unverändert im Wesentlichen dieselben Anteilseigner an der Kapitalgesellschaft beteiligt waren wie im Zeitraum der Verlustentstehung, geht weder aus dem Tatbestand des § 8c KStG 2002 n.F. noch aus den Gesetzesmaterialien hervor. Ungeachtet der ohnehin bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift (hierzu , EFG 2011, 1460 --Az. des Bundesverfassungsgerichts: 2 BvL 6/11--; Senatsbeschluss vom 9 V 35/11 K, EFG 2011, 165; Blümich/Brandis, § 8c KStG Rz. 22 f.; Gosch/Roser, a.a.O., Rz. 26 ff.; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 11 Rz. 58; gegen eine Verfassungswidrigkeit allerdings Urteil des Sächsischen , EFG 2011, 1457 --Az. des BFH: I R 31/11--), könnte der Senat keine sachliche Rechtfertigung für eine Versagung der Verlustnutzung auch in diesem Fall erkennen. Der bloße Vereinfachungszweck, mit dem § 8c KStG 2002 n.F. gerechtfertigt wird (BTDrucks. 16/4841, 75), kann dies jedenfalls nicht sein, zumal der Eingriff für die Steuerpflichtigen durchaus schwerwiegend ist und die vom FA angenommene Differenzierung keine Vereinfachung bedeutet. Ist nämlich während des Jahres, in dem der Anteilseignerwechsel fällt, vor und nach dem Anteilseignerwechsel ein (Teil-)Verlust entstanden (wie hier im Streitfall), bedürfte es nach der Auffassung des FA einer Aufteilung des Gesamtverlustes in entsprechende Teilverluste, während nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats der gesamte Verlust ohne jede weitere Differenzierung zurückgetragen werden kann. Ist vor dem Anteilseignerwechsel hingegen ein unterjähriger Verlust entstanden und nach dem Anteilseignerwechsel ein unterjähriger Gewinn, muss entsprechend differenziert werden, weil § 8c KStG in diesem Fall unstreitig eine Verrechnung des unterjährigen Verlustes mit dem unterjährigen Gewinn ausschließt. Muss aber der unterjährige Verlust ohnehin ermittelt werden, vermag allein der Vereinfachungsgedanke die Versagung eines Rücktrags dieses unterjährigen Verlustes nicht zu rechtfertigen. Ist vor dem Anteilseignerwechsel ein unterjähriger Gewinn entstanden und nach dem Anteilseignerwechsel ein unterjähriger Verlust, bedarf es wegen dieses unterjährigen Verlustes keiner Aufteilung des Jahresergebnisses; eine solche kann nur aus anderweitigen Gründen erforderlich sein, weil sich die Frage stellt, ob ein Verlustvortrag aus den Vorjahren mit dem unterjährigen Gewinn verrechnet werden kann (vgl. dazu nachfolgend).

Der Senat geht davon aus, dass seine Auslegung auch durch die Rechtsprechung des BFH getragen ist, nach der ein bis zum schädlichen Beteiligungswechsel erwirtschafteter Gewinn mit dem vortragsfähigen Verlust zum vorangegangenen Feststellungszeitpunkt verrechnet werden darf (BFH-Urteil in BFHE 236, 82, BStBl II 2012, 360). Der Rechtsprechung des BFH liegt erkennbar die Differenzierung zwischen dem alten und dem neuen wirtschaftlichen Engagement zugrunde, deren Zäsur durch den schädlichen Beteiligungserwerb erfolgen soll. Eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten innerhalb der Phase des alten wirtschaftlichen Engagements hält auch der BFH angesichts des von ihm als entscheidend hervorgehobenen Telos für möglich (wie hier deutet die BFH-Rechtsprechung auch Gohr, a.a.O., Rz. 229).

Gegen die Auslegung des erkennenden Senats wird vom FA und teilweise im Schrifttum allerdings eingewandt, dass die aus der BFH-Rechtsprechung folgende Zäsur zwischen dem neuen und alten wirtschaftlichen Engagement eine „Schattenermittlung“ des Gesamtbetrags der Einkünfte erforderlich mache, gemäß § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 n.F. ein unterjährig ermittelter (noch nicht entstandener) Teiljahresverlust einem Rücktrag jedoch nicht zugänglich sei (in diesem Sinne Dötsch/Leibner, a.a.O.; Neumann, a.a.O., Rz. 178; van Lishaut, FR 2008, 789, 799). Dies ist insoweit zutreffend als sich allein ausgehend vom Wortlaut bzw. der Regelungstechnik des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 n.F. und dem dort verwendeten Terminus der „negativen Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden“, argumentieren ließe, dass der steuerliche Verlust erst am Ende des Wirtschaftsjahres --und damit in Konstellationen wie im vorliegenden Fall erst nach dem schädlichen Beteiligungswechsel-- entstehe und deshalb ein unterjähriger Teilverlust per se nicht rücktragsfähig sei. Von diesem Ausgangspunkt kommend müsste jedoch der wirtschaftlich vor dem schädlichen Beteiligungswechsel verursachte Verlust erst recht zurückgetragen werden können, weil der Verlust steuerrechtlich insgesamt erst nach dem schädlichen Beteiligungswechsel entstanden ist und der nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandene Verlust unstreitig zurückgetragen werden kann (hierzu III.3.c aa). Dabei bliebe aber zu Unrecht unberücksichtigt, dass § 8c KStG 2002 n.F. die einheitliche Behandlung des während eines Wirtschaftsjahres erzielten Einkünfte gerade durchbricht, eine Zäsur im Zeitpunkt des Anteilseigners bezogen auf die „nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte“ vorschreibt, damit auf zeitlich abgegrenzte „Teileinkünfte“ abstellt und insoweit als speziellere Norm dem § 10d EStG 2009 n.F. vorgeht bzw. diesen modifiziert.

Im Übrigen ist nach der hier vertretenen Auffassung in den Fällen einer unterjährigen Verlustsituation sowohl vor als auch nach dem Anteilseignerwechsel –wie im Streitfall-- die Ermittlung von Teilverlusten gerade nicht zwingend notwendig. Ist – wie dargelegt – nach dem Sinn und Zweck des § 8c KStG 2002 n.F. keine Einschränkung des Verlustrücktrags für die bis zum Anteilseignerwechsel entstandene Teilverluste geboten, so kann nach § 10d Abs. 1 EStG der gesamte Verlust des Verlustentstehungsjahres zurückgetragen werden, und zwar unabhängig davon, ob man darin einen Rücktrag beider Teilverluste oder einen Rücktrag des (nicht nach § 8c KStG 2002 n.F. gekürzten) Gesamtverlustes des Wirtschaftsjahres sieht. Letzterem stünde der Wortlaut des § 10d EStG nicht entgegen. Die Gegenauffassung, die einen Rücktrag von Teilverlusten unter Hinweis auf den Wortlaut des § 10d EStG ablehnt, andererseits einen Rücktrag des nach dem Anteilseignerwechsel eingetretenen Verlustes zulassen will (namentlich Neumann, a.a.O.), ist vielmehr nur dann nachvollziehbar, wenn sie in einem ersten Schritt eine Kürzung nach § 8c KStG 2002 n.F. als geboten ansieht und nachfolgend nur den nach § 8c KStG 2002 n.F. gekürzten Gesamtverlust als nach dem Wortlaut des § 10d EStG 2009 n.F. rücktragsfähig ansieht. Letztlich kommt es damit aber auch nach der Gegenauffassung auf die Auslegung des § 8c KStG 2002 n.F. an und es wäre nicht überzeugend, wenn in formaler Anknüpfung an den Wortlaut des § 10d EStG 2009 n.F. ein bis zum Anteilseignerwechsel entstandener Teilverlust nur rücktragsfähig wäre, wenn dem Anteilseignerwechsel ein unterjährigen Verlust nachfolgt, nicht aber, wenn dem Anteilseignerwechsel ein Gewinn nachfolgt. Im Ergebnis leitet der Senat deshalb aus dem Sinn und Zweck des § 8c KStG die Notwendigkeit einer gesonderten Rücktragsmöglichkeit des bis zum Anteilseignerwechsel entstandenen Teilverlustes ab.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

V. Die Berechnung der festgesetzten Körperschaftsteuer 2012 wird dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen. Die für das Verlustentstehungsjahr 2013 zugrunde zu legenden Besteuerungsgrundlagen ergeben sich bereits unmittelbar aus der vorliegenden Entscheidung unter III.

VI. Die Revision war zuzulassen, da das Urteil von den Grundsätzen des , BStBl I 2008, 736, abweicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
Nr. 10/2016 S. 491
DB 2016 S. 11 Nr. 36
DStR 2017 S. 8 Nr. 39
DStRE 2018 S. 15 Nr. 1
EFG 2016 S. 1546 Nr. 18
GStB 2016 S. 432 Nr. 12
GmbH-StB 2017 S. 23 Nr. 1
GmbHR 2016 S. 1103 Nr. 20
KÖSDI 2016 S. 20033 Nr. 11
NWB-EV 2016 S. 333 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 40/2016 S. 2996
ZIP 2016 S. 70 Nr. 36
TAAAF-81772