Verluste
Wegfall der Verlustvorträge im Sinne von § 8c KStG bei Anteilsübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge
Leitsatz
1) Unter § 8c KStG fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen, damit auch Anteilsübergänge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
2) Tz. 4 des (BStBl. I 2008, 736) ist keine Grundlage für einen Anspruch auf Billigkeitserlass nach § 163 AO bei Übertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge, die nicht zu einer vom Zuwendenden angeordneten bzw. gesetzlich festgelegten Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) führen.
Gesetze: GewStG § 10a Satz 10, AO § 163, BGB § 2050, KStG § 8c
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist, ob Verlustvorträge gemäß § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 10a Satz 10 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), jeweils in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung, nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Regelung entfallen sind und – falls dies zu bejahen sein sollte – ob deshalb Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 der Abgabenordnung (AO) geboten sind.
Die Klägerin, eine im Jahr 1972 gegründete GmbH, betreibt einen Großhandel mit …. Das Stammkapital hielten seit dem Jahr 1996 B C (V) zu rd. 66,67 % (34.000 DM) und dessen Sohn D C (S1) zu rd. 33,33 % (17.000 DM). Ein weiterer Sohn (S2) des V war an der Klägerin nicht beteiligt.
Mit notarieller Urkunde vom beschlossen bzw. vereinbarten V und S1 eine Kapitalerhöhung sowie die Teilung und Abtretung eines Geschäftsanteils. Das Stammkapital wurde auf € umgestellt und auf 27.000 € erhöht. Beteiligt daran waren V mit 18.000 € und S1 mit 9.000 €. Nachfolgend wurde der Geschäftsanteil des V in zwei Geschäftsanteile zu 14.895 € und zu 3.105 € aufgeteilt und der Geschäftsanteil i.H.v. 14.895 € von V auf S1 übertragen. Dazu bestimmte § 3 auszugsweise Folgendes:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
„§ 3 |
Übertragung eines Geschäftsanteils von 14.895,00 € |
1. Der Erschienene zu 1. verpflichtet sich, seinen Geschäftsanteil in Höhe von 14.895,00 € im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit Wirkung zum unentgeltlich zu übertragen. Der Erschienene zu 2. nimmt dieses Angebot an.
Diese Zuwendung ist im Rahmen einer Erbauseinandersetzung nicht gemäß §§ 2050, 2052 BGB zur Ausgleichung zu bringen.
Die Zuwendung hat sich der Empfänger zum heutigen Verkehrswert, ohne Berücksichtigung eines Geldwertverlustes, höchstens aber mit dem Wert des übertragenen Grundbesitzes im Zeitpunkt des Todes des Veräußerers auf seinen Pflichtteil am Nachlass des Zuwendenden anrechnen zu lassen.
2. Der Geschäftsanteil von 14.895,00 € wird hiermit mit Wirkung zum an den Erschienenen zu 2. abgetreten, der die Abtretung annimmt.
3. Der auf den Geschäftsanteil entfallende Gewinn aus dem laufenden Geschäftsjahr steht dem Erschienenen zu 1. zu.
4. Die Gesellschaft hat keinen Grundbesitz.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Urkunde vom Bezug genommen.
Die Klägerin reichte ihre Steuererklärungen für das Streitjahr 2008 im Juni 2009 ein. Der Beklagte setzte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst erklärungsgemäß die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 2008 mit 0 € fest und stellte den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den mit 54.831 € sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den mit 87.094 € fest.
Im Jahr 2012 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 2008 bis 2010 durch. Ausweislich Tz. 2.3.1 und Tz. 2.3.3 und der Anlagen 4, 10 und 11 des Bp-Berichts vom wurden – teilweise auf Antrag der Klägerin – gewinnmindernde Teilwertabschreibungen auf Darlehen i.H.v. 477.470,56 € (2007) bzw. 266.767,84 € (2008) vorgenommen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die vortragsfähigen Verluste seien zum gemäß § 8c KStG untergegangen, weil mehr als 50 % der Anteile an der Klägerin von V auf S1 übertragen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers. Mit geänderten Bescheiden vom und stellte er einen verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den i.H.v. 420.329 € und einen vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den i.H.v. 381.763 € fest. Außerdem setzte er in dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom die Körperschaftsteuer 2008 unter Berücksichtigung einer Summe der Einkünfte i.H.v. ./. 349.403 €, abziehbarer Zuwendungen i.H.v. 1.800 € und mit dem Hinweis „Nach § 8c KStG nicht zu berücksichtigender Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums 351.203 €” ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen von 0 € mit 0 € fest. Gestützt auf § 164 Abs. 2 AO erließ er außerdem am einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den , in dem er ausgehend von einem verbleibenden Verlustabzug zum i.H.v. 420.329 € und einem nicht zu berücksichtigenden Verlustabzug nach § 8c KStG i.H.v. 420.329 € zum feststellte, dass ein verbleibender Verlustvortrag nicht bestehe. In dem im Anschluss an die Bp ergangenen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2008 wird der sich nach den Hinzurechnungen und Kürzungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb ergebende Betrag i.H.v. ./. 351.203 € um einen nicht ausgleichsfähigen Gewerbeverlust gem. § 10a Satz 10 GewStG i.V.m. § 8c KStG i.H.v. 351.203 € gekürzt und ausgehend von einem Gewerbeertrag i.H.v. 0 € der Gewerbesteuermessbetrag mit 0 € festgesetzt. Mit Datum vom erließ der Beklagte des Weiteren einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den , in dem er ausgehend von einem festgestellten Gewerbeverlust auf den i.H.v. 381.763 €, einem gem. § 10a Satz 10 GewStG i.V.m. § 8c KStG nicht ausgleichsfähigen Gewerbeverlust aus vorangegangenen Erhebungszeiträumen in derselben Höhe und einem nach den vorgenannten Normen nicht ausgleichsfähigen Gewerbeverlust des laufenden Veranlagungszeitraums i.H.v. 351.203 € feststellte, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust nicht bestehe.
Die Klägerin legte gegen die vorgenannten Verlustfeststellungsbescheide auf den am Einsprüche ein und machte geltend, die Kürzung der vortragsfähigen Verluste gemäß § 8c KStG bzw. nach § 8c KStG i.V.m. § 10a GewStG sei zu Unrecht erfolgt. Vermögensübertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge würden von den vorgenannten Normen nicht erfasst. Weiter heißt es in dem Einspruchsschreiben: „Der Einspruch richtet sich ferner gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 8c Satz 1 KStG. … Hinweis insoweit auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren … Az. 2 BvL 6/11. … Hinsichtlich des beim Bundesverfassungsgerichts anhängigen Verfahrens erklären wir uns auch mit einem Ruhenlassen dieses Einspruchs einverstanden.”
Der Beklagte wies darauf hin, dass das beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfahren einen Beteiligungserwerb von unter 50 % betreffe, jedoch sei ein Verfahren beim BFH betreffend einen schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 % anhängig (Az. I R 31/11). Er bat um eine Mitteilung der Klägerin, ob diese mit einem Ruhen des Verfahrens unter Bezug auf das angegebene BFH-Verfahren einverstanden sei. Die Klägerin antwortete darauf: „Die weitere gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des § 8c Abs. 1 KStG gerichtete Begründung bezog sich natürlich auf das beim BVerfG unter dem Aktenzeichen I R 31/11 anhängige Verfahren. Insoweit erklären wir auftragsgemäß unser Einverständnis mit dem Ruhen des Verfahrens.”
Mit Datum vom erließ der Beklagte eine Teil-Einspruchsentscheidung. Danach wurde über folgenden Teil der Einsprüche nicht entschieden: „Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des § 8c Abs. 1 KStG, anhängiges Verfahren beim BFH unter Az. I R 31/11”. Im Übrigen, d.h. soweit über die Einsprüche entschieden wurde, wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, das Einspruchsverfahren ruhe, soweit die Klägerin sich auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren I R 31/11 berufen habe. In Bezug auf die Frage der Höhe des Verlustabzugs nach einer Anteilsübertragung in Form einer vorweggenommenen Erbfolge sei der Einspruch jedoch entscheidungsreif. Bei dieser Ausgangslage sei der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich i.S. des § 367 Abs. 2a Satz 1 AO, auch weil dem Steuerpflichtigen ermöglicht werde, seine Interessen ggf. durch Klageerhebung weiter zu verfolgen. § 8c KStG führe im Streitfall zu einem vollständigen Verlustnutzungsverbot, weil zum mehr als 50 % der Anteile übertragen worden seien. Ein schädlicher Beteiligungserwerb i.S. des § 8c KStG liege zwar in den Fällen eines Anteilserwerbs durch Erbfall einschließlich der unentgeltlichen Erbauseinandersetzung und der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge nicht vor. Denn das Bundesministerium der Finanzen (BMF) – nicht der Gesetzgeber – habe die unentgeltliche Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Erfassung durch den § 8c KStG ausgenommen. Hierbei handele es sich um eine allgemeine Billigkeitsregelung ( BStBl I 2008, 736, Rz. 4 S. 2). Dabei mache das BMF deutlich, dass nur dann eine unentgeltliche Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gegeben sei, wenn sie mit dem künftigen Erbanfall vergleichbar sei. Unter einer vorweggenommenen Erbfolge seien somit Vermögensübertragungen unter Lebenden mit Rücksicht auf die künftige Erfolge zu verstehen ( BStBl I 1993, 80, Rz. 1). „Normale” Schenkungen fielen dagegen weiterhin nicht unter § 8c KStG, da der Gesetzgeber lediglich von Anteilsübertragungen spreche und nicht danach differenziere, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich bzw. zwischen nahe stehenden Personen oder fremden Dritten erfolge. Eine vorweggenommene Erbfolge liege nur vor, wenn die zugewendeten Vermögenswerte dem Wert des Erbteils entsprächen und dem künftigen Erben auferlegt werde, dem anderen gesetzlichen Erben bei Erbanfall einen entsprechenden Ausgleich aus dem eigenen Vermögen zukommen zu lassen, d.h. die berechtigte Erberwartung des weiteren gesetzlichen oder vertraglichen Erben dürfe durch getroffene Verfügung nicht geschmälert werden. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) sehe im Urteil vom IVa ZR 185/80 (BGHZ 82, 274), dass die mit Hilfe der Wendung „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge” erfolgte Vermögensübertragung in der Regel auch gleichzeitig als Ausgleichsanordnung zu verstehen sei. Der im Streitfall vertraglich vereinbarte Ausschluss der Anrechnungspflicht gemäß §§ 2050, 2052 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) schließe somit die Annahme einer vorweggenommenen Erbfolge aus. Es bestehe kein systematischer Grund, eine derartige unentgeltliche Übertragung ohne Anrechnungspflicht anders zu behandeln als andere unentgeltliche rechtsgeschäftliche Übertragungen (Schenkungen).
Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend, entsprechend dem fielen Anteilsübertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge nicht unter die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG. Der Begriff der vorweggenommenen Erbfolge werde aber weder in Steuergesetzen noch im BGB näher bestimmt. Zur Auslegung müsse deshalb auf Sinn und Zweck der jeweiligen Norm abgestellt werden. § 8c KStG solle – wie zuvor § 8 Abs. 4 KStG – sog. Mantelkäufe verhindern. Ausdrücklich ausgenommen habe der Gesetzgeber davon aber die Fälle der vorweggenommenen Erbfolge, weil der Übergang eines Betriebes auf die nächste Generation nicht behindert werden solle. Zum Begriff der vorweggenommenen Erbfolge habe der Bundesfinanzhof (BFH) zu § 13 Abs. 2a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) mit Urteil vom II R 52/98 (BFHE 194, 445, BStBl II 2001, 414) entschieden, dass ein Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorliege, wenn er dem Übergang des Betriebsvermögens durch Erbanfall vergleichbar sei. Diese Aussage des BFH sei in anderen Fällen der vorweggenommenen Erbfolge ebenfalls anwendbar. Auch der Große Senat des BFH habe in seiner grundlegenden Entscheidung vom GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) keine abweichende Auslegung des Begriffs der vorweggenommenen Erbfolge verwendet. Im Streitfall gehe es um den Übergang von Betriebsvermögen von V auf S1. Unzweifelhaft bestehe in der Rechtsbeziehung zwischen Vater und Sohn eine gesetzliche Erbfolge. Damit sei schon begrifflich eine lebzeitige Disposition des V eine vorweggenommene Erbfolge. Die Einschränkung, dass die Übertragung im Rahmen eines späteren Erbfalls keine Anrechnung finden solle, sei im Streitfall zwar zivilrechtlich relevant, weil neben dem hier begünstigten S1 ein weiterer erbberechtigter Sohn (S2) vorhanden sei und dieser weder am Betriebsvermögen beteiligt noch daraus Ausgleichszahlungen erhalten solle. Steuerrechtlich stehe die vorgenannte Einschränkung jedoch der Annahme einer vorweggenommenen Erbfolge nicht entgegen.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom u.a. darauf hingewiesen, dass zwischen einer Steuerfestsetzung bzw. der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und einer Billigkeitsmaßnahme gem. § 163 AO zu unterscheiden sei und fraglich erscheine, ob in Tz. 4 des (BStBl I 2008, 736) eine Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO zu sehen sei. Von daher könne aus Sicht der Beteiligten eine Klageerweiterung zu erwägen sein.
Die Klägerin stellte daraufhin mit Schreiben vom beim Beklagten den Antrag, im Wege einer Billigkeitsmaßnahme gemäß 163 AO von einer Anwendung des § 8c KStG abzusehen. Mit Bescheid vom lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Falls in dem eine Billigkeitsregelung zu sehen sein sollte, rechtfertige dies im Streitfall keine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO, weil kein Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorliege. Eine Übereignung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge setze eine vom Zuwendenden angeordnete bzw. gesetzlich festgelegte Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) voraus. Eine derartige Anrechnungspflicht sei im vorliegenden Fall jedoch gerade (zivilrechtlich zulässig) abbedungen worden. Der Rechtsauffassung des Beklagten stehe auch die vertraglich vereinbarte Pflichtteilsanrechnung nicht entgegen. Pflichtteilsberechtigt seien Abkömmlinge des Erblassers, die durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen seien (§ 2303 BGB). Eine Berücksichtigung der Ausgleichspflicht gem. § 2050 BGB sei somit nicht mit der Anrechnungspflicht gem. § 2315 BGB vereinbar. Vielmehr sei der Pflichtteilsberechtigte schon begrifflich von der Erbfolge kraft Verfügung ausgenommen; die Anrechnungspflicht auf den Pflichtteil gem. § 2315 BGB könne somit auch nicht Gegenstand einer Vermögensübertragung im Rahmen einer „vorweggenommenen Erbfolge” sein.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom im Wege einer Klageänderung (sinngemäß) begehrt, auch über die Verpflichtung des Beklagten zu einer Billigkeitsmaßnahme zu entscheiden bzw. hilfsweise hierüber im Wege einer Sprungklage zu befinden. Dieser Schriftsatz wurde dem Beklagten am zugestellt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom (eingegangen beim Finanzgericht am ) daraufhin mitgeteilt, er sei mit der beantragten Klageänderung (Klageerweiterung) einverstanden.
Der Senat hat den Rechtsstreit am mündlich verhandelt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Ablehnung der Billigkeitsmaßnahme betreffend die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den vom aufgehoben und gleichzeitig den Antrag auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO in Bezug auf die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den erneut abgelehnt. Zu Begründung hat er auf die Begründung des ursprünglichen Ablehnungsbescheides Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den vom in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den i.H.v. 771.532 € festzustellen,
unter Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den vom in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den i.H.v. 732.966 € festzustellen,
hilfsweise zu 1., den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO ohne Anwendung des § 8c KStG festzustellen,
hilfweise zu 2., den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO ohne Anwendung des § 8c KStG festzustellen,
hilfsweise zu 1.-4., die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
Die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und in dem Ablehnungsbescheid.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
I. Die Klage ist sowohl bezüglich der zunächst angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den bzw. über gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den zulässig wie hinsichtlich der Ablehnung des Beklagten, die vorgenannten Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen gem. § 163 AO abweichend festzustellen. Die Klägerin hat den Ablehnungsbescheid betreffend die begehrte Billigkeitsmaßnahme verfahrensfehlerfrei im Wege einer Klageänderung (Klageerweiterung) gemäß § 67 Abs. 1 FGO zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens gemacht (vgl. zur nachträglichen Eventual-Klagehäufung unter Wahrung der Voraussetzungen einer Sprungverpflichtungsklage , BStBl II 1989, 981). Davon geht auch der Beklagte aus.
Den Bescheid betreffend die Aufhebung der Ablehnung der begehrten Billigkeitsmaßnahme hinsichtlich des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den sowie den Bescheid über die erneute Ablehnung der beantragten Billigkeitsmaßnahme konnte der Beklagte zu Protokoll erklären (vgl. , BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123). Der erneute Ablehnungsbescheid vom ist unstreitig gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
1. Der erkennende Senat ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an einer Entscheidung über die einfachgesetzliche Auslegung des § 8c KStG bzw. über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO gehindert.
a) Die Teil-Einspruchsentscheidung war statthaft und sachdienlich. Insbesondere durfte sie in der Form ergehen, dass lediglich die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG von der Entscheidung ausgenommen wurde.
aa) § 367 Abs. 2a AO ermöglicht eine Entscheidung über „Teile” des Einspruchs. Dies erfordert allerdings keine Teilbarkeit des Verfahrens in dem Sinne, wie § 98 FGO es für Teilurteile fordert (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 AO Rz. 61; im Ergebnis ebenso , BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11 und vom X R 50/09, BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536). Auch muss die die Teil-Einspruchsentscheidung sich nicht zwingend auf einen bestimmten (Teil-)Steuerbetrag beziehen, sondern sie kann eine Entscheidung nur hinsichtlich einzelner Besteuerungsgrundlagen treffen, mit der Folge einer sachverhalts- bzw. rechtsfragenbezogenen Bindungswirkung (, BStBl II 2011, 11; Brockmeyer in Klein, AO, 12. Aufl., § 367 Rz. 21; a.A. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 AO Rz. 66 m.w.N.). Es ist kein Grund erkennbar, an die Bestimmung der Reichweite einer Teileinspruchsentscheidung strengere Anforderungen zu stellen als an einen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO, der ebenfalls eine partielle Änderung eines im Übrigen bestandskräftig gewordenen Bescheides ermöglicht (, BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536). Hiervon ausgehend kann in einer Teil-Einspruchsentscheidung (ebenso wie mittels eines Vorläufigkeitsvermerks gem. § 165 AO) auch allein die Verfassungsmäßigkeit einer Norm von der Entscheidung ausgenommen und im Übrigen über den Einspruch entschieden werden. Statthaft ist die Teil-Einspruchsentscheidung selbst dann, wenn sowohl die einfachgesetzliche Auslegung einer Norm wie deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz (GG) zwischen den Beteiligten streitig sind (evtl. differenzierend Brockmeyer in Klein, AO, 12. Aufl., § 367 Rz. 18, 20). Allerdings stellt sich in derartigen Fällen die Frage, ob der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich ist (vgl. , BFH/NV 2010, 1613 und nachfolgend unter bb).
bb) Die Sachdienlichkeit der Teil-Einspruchsentscheidung ist im Streitfall zu bejahen.
(1) Ob eine Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich ist, kann vom Finanzgericht (FG) grundsätzlich in vollem Umfang selbst geprüft werden (, BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11; vom X R 50/09, BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536 Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 Rz. 61). Ist eine Teileinspruchsentscheidung sachdienlich, entspricht ihr Erlass regelmäßig billigem Ermessen mit der Folge, dass eine weitere Begründung der Ermessensentscheidung nicht erforderlich ist (, BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11). Eine Teil-Einspruchsentscheidung kann ermessensfehlerhaft sein, wenn das FA weder Ermessenserwägungen anstellt, warum die Sache entscheidungsreif ist, noch, warum es sachdienlich ist, das Verfahren nicht nach § 363 AO – insbesondere im Hinblick auf anhängige BFH-Verfahren – ruhen zu lassen (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 367 AO Rz. 63).
Ist bezogen auf eine gesetzliche Norm sowohl deren einfachgesetzliche Auslegung wie deren Vereinbarkeit mit dem GG streitig, kann gleichwohl eine Teil-Einspruchsentscheidung unter Ausklammerung nur der verfassungsrechtlichen Fragen sachdienlich sein, wenn der Einspruchsführer ein eigenständiges Interesse an der gerichtlichen Klärung der einfachgesetzlichen Rechtslage hat und deshalb mit einer Teil-Einspruchsentscheidung ausdrücklich einverstanden ist. Insbesondere kann in derartigen Fällen die Sachdienlichkeit einer Teil-Einspruchsentscheidung nicht generell mit drohenden Überschneidungen bei der Auslegung der Norm verneint werden. Hat die Teil-Einspruchsentscheidung die verfassungsrechtlichen Fragen ausdrücklich von der Entscheidung ausgenommen, ist im Klageverfahren nicht über die Verfassungsmäßigkeit der Norm zu entscheiden und ebenso nicht über die Frage einer verfassungskonformen Auslegung (vgl. zu § 165 AO: , BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11).
(2) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen war die Teil-Einspruchsentscheidung im Streitfall sachdienlich. Der Beklagte konnte die Stellungnahmen der Klägerin im Einspruchsverfahren so verstehen, dass einer Verfahrensruhe nur „insoweit” zugestimmt wird, wie es in den beim BFH oder beim BVerfG anhängigen Verfahren um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm geht. Außerdem hat der Beklagte den Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung gerade damit begründet, dass die Klägerin so die Möglichkeit erhalte, die von ihr einfachgesetzlich vertretene Auslegung des § 8c KStG im Klageverfahren weiter zu verfolgen. Zwar hat der Beklagte die Klägerin vor Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung nicht nochmals explizit dazu angehört. Die Klägerin selbst hat jedoch im Klageverfahren keine Einwendungen gegen den Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung erhoben und auch nicht etwa nur die Aufhebung der Teil-Einspruchsentscheidung begehrt, sondern aus einfachgesetzlichen Gründen eine Änderung des angefochtenen Bescheides.
Der vorgenannten Beurteilung steht der (BFH/NV 2010, 1613) nicht entgegen. Dort ruhte das Einspruchsverfahren betreffend Unterentnahmen wegen eines beim BFH anhängigen Musterverfahrens und das FA nahm im Einspruchsverfahren durch Teil-Einspruchsentscheidung eine Verböserung vor, die auf der Frage dieser Unterentnahmen beruhte. Das FG und ihm folgend der BFH sahen die Teil-Einspruchsentscheidung als nicht sachdienlich an, weil die Antragstellerin kein Interesse daran habe, aus ihrer Sicht nicht entscheidungserhebliche Gesichtspunkte vorab zu entscheiden und bei einer sachgerechten Behandlung des Streitfalls nicht über eine Folgefrage zu entscheiden sei, solange die Vorfrage nicht geklärt sei. Im hier anhängigen Streitfall hat die Klägerin aber – wie dargelegt – im Einspruchsverfahren vorrangig eine Abhilfe aus einfachgesetzlichen Gründen begehrt. Der Klägerin ist auch ein berechtigtes Interesse an der Klärung der einfachgesetzlichen Frage zuzubilligen. Hätte sie mit ihrer einfachgesetzlichen Rechtsauffassung im gerichtlichen Verfahren Erfolg, wäre ihrem Klagebegehren zu entsprechen und es bedürfte keines Zuwartens bis zur einer Entscheidung des BVerfG, die – je nach dem Ausgang des dortigen Verfahrens – den Rechtsstreit möglicherweise gar nicht erledigt.
Die Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO steht der vorgenannten Beurteilung ebenfalls nicht entgegen, denn nach § 363 Abs. 2 Satz 4 AO ist das Einspruchsverfahren fortzusetzen, wenn der Einspruchsführer dies beantragt oder die Finanzbehörde dies dem Einspruchsführer mitteilt. Im Streitfall hat die Klägerin – wie dargelegt – nur ein Ruhen des Verfahrens in Bezug auf die verfassungsrechtliche Beurteilung begehrt.
b) Im vorliegenden Klageverfahren ist die Anordnung einer Verfahrensruhe (§ 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung – ZPO –) oder eine Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) nicht geboten.
aa) Ein Ruhen des Verfahrens nach § 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO kommt bereits mangels einer entsprechenden Antragstellung durch die Beteiligten nicht in Betracht.
bb) Eine Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits gemäß § 74 FGO wegen des beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 6/11 anhängigen Verfahrens ist zwar nicht bereits allein deshalb ausgeschlossen, weil die Teileinspruchsentscheidung die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG ausgeklammert hat. Im Streitfall erscheint es jedoch sachgerecht, die einfachgesetzliche Auslegung der vorgenannten Norm vorab zu klären.
Nach § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung des Verfahrens u.a. dann anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens ist eine Ermessensentscheidung des Gerichts, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (, BFH/NV 2012, 1826). Eine Aussetzung des Klageverfahrens kann geboten sein, wenn vor dem BVerfG ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, zahlreiche Parallelverfahren vorliegen und keiner der Verfahrensbeteiligten ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat (, BFH/NV 2010, 1652).
Im vorliegenden Verfahren ist zwar – wie dargelegt – nicht über die Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG zu befinden, weil über diese Frage durch die Teil-Einspruchsentscheidung gerade nicht entschieden wurde. Gleichwohl ist die Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG insoweit vorgreiflich, als sich das vorliegende Verfahren erledigen dürfte, falls das BVerfG § 8c KStG als mit dem GG unvereinbar ansehen sollte. Umgekehrt käme es zu einer Verfahrensverzögerung, falls das BVerfG die Regelung in § 8c KStG als verfassungsgemäß ansähe und nachfolgend noch dessen einfachgesetzliche Auslegung geklärt werden müsste. Im Ergebnis sind im Rahmen des gerichtlichen Ermessens wiederum die Erwägungen maßgebend, wie sie auch für die oben angesprochene Sachdienlichkeit der Teil-Einspruchsentscheidung angeführt worden sind, allerdings unter Berücksichtigung des aktuellen Verfahrensstands. In Anlehnung an die Wertungen des § 99 Abs. 2 FGO zu Zwischenentscheidungen und unter Berücksichtigung der Überlegungen im (BFH/NV 2010, 1613), wonach es einem Beteiligten nicht zuzumuten ist, gegen seinen Willen in einen Rechtsstreit über Fragen gedrängt zu werden, auf die es letztlich vielleicht nicht ankommt, ist bei der Ermessensausübung insbesondere den Stellungnahmen der Beteiligten erhebliche Bedeutung beizumessen.
Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen sieht der erkennende Senat es als ermessensgerecht an, das vorliegende Verfahren nicht auszusetzen. Keiner der Beteiligten hat eine derartige Aussetzung des Verfahrens beantragt. Vielmehr haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf gerichtliche Nachfrage erklärt, eine Entscheidung der einfachgesetzlichen Fragen bzw. der Billigkeitsfragen zu § 8c KStG zu wünschen. Außerdem erscheint der Ausgang des Verfahrens vor dem BVerfG offen. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass das BVerfG sich zu den hier in Rede stehenden einfachgesetzlichen Fragen äußern wird, zumal ein vergleichbarer Fall bislang in der Rechtsprechung noch nicht entschieden wurde.
2. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin mit ihren Hauptanträgen eine höhere Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer und des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den begehrt. § 8c KStG ist einfachgesetzlich auch in den Fällen einer sogenannten vorweggenommenen Erbfolge anzuwenden.
a) § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG (ggf. i.V.m. § 10a GewStG) in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung versagt den näher bezeichneten Verlustabzug bei Körperschaften vollständig, „wenn innerhalb von fünf Jahren … mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals … an einer Körperschaft an einen Erwerber … übertragen werden …”.
Ausgehend von dem Gesetzeswortlaut fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen unter § 8c KStG. Damit werden nach dem Wortlaut des § 8c KStG auch Erwerbe im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge von diesem erfasst (vgl. z.B. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8c KStG Rz. 29a; Neumann, GmbHR 2014, 673; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8c Rz. 68 u.a. zur vorweggenommenen Erbfolge: „Die FinVerw sieht in diesen Fällen entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von der Anwendung des § 8c KStG ab”; Gohr in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8c Rz. 73: „Obwohl nicht durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt, sieht die Finanzverwaltung von der Anwendung des § 8c … in den Fällen des Erwerbs durch …. vorweggenommene Erbfolge ab, …”; im Ansatz ebenso Roser in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8c Rz. 36 „Daher fallen auch Schenkungen und vorweggenommene Erbfolgen unter den Anwendungsbereich des § 8c”, der das BMFSchreiben zu vollständig unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge dann als „wohlwollende Ausnahme” bezeichnet, „ohne dass die gesetzliche Grundlage einer solchen Sonderbeurteilung erkennbar ist”, anders derselbe unter Rz. 56; Elicker/Zillmer, BB 2009, 2620; vgl. auch, wenngleich im Erg. a.A., Olbing in Streck, KStG, 8. Aufl., § 8c Rz. 29: „Der Wortlaut des § 8c geht eindeutig zu weit.”). Insoweit gilt nichts anderes als bei der Vorgängerregelung in § 8 Abs. 4 KStG a.F., die Fälle erfasste, „wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden …” (s. zu § 8 Abs. 4 KStG a.F. BStBl I 1999, 455, Tz. 04; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8 Rz. 186 a.E.; juris, Tz. 4; Brendt in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8 Abs. 4 a.F./Anh. § 8c, Rz. 55; a.A. Olbing in Streck, KStG, 8. Aufl., § 8 Rz. 429; Lang in Ernst & Young, KStG, § 8 KStG Rz. 1263.1 unter Hinweis auf die Privilegierung der vorweggenommenen Erbfolge in §§ 13a, 19a ErbStG).
b) Auch anhand der Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ist nicht ersichtlich, dass die vorweggenommene Erbfolge aus dem Anwendungsbereich des § 8c KStG ausgenommen werden sollte. Angedacht war vielmehr ausweislich der Bundestags-Drucksache 16/5491 (S. 3, 16) nur, im Verwaltungswege eine Verfahrensweise zu Verlusten im Erbfall sowie bei der Erbauseinandersetzung zu regeln, und zwar „entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis (Tz. 4 des , BStBl I S. 455).” Nach dem vorgenannten BMFSchreiben zu § 8 Abs. 4 KStG a.F. wurde die vorweggenommene Erbfolge aber von § 8 Abs. 4 KStG a.F. erfasst; lediglich der Erbfall und die Erbauseinandersetzung sollten unschädlich sein.
c) Die unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge kann auch nicht nach dem Sinn und Zweck des § 8c KStG aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgenommen werden.
aa) Allerdings wird im Schrifttum der Gesetzeswortlaut teilweise als zu weit angesehen und die Auffassung vertreten, die unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge dürfe nicht von § 8c KStG erfasst werden (Olbing in Streck, KStG, 8. Aufl., § 8c Rz. 29). Das BMF will die unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge ebenfalls von § 8c KStG ausnehmen ( BStBl I 2008, 736, Tz. 4 S. 2), dies aber eventuell künftig auf Übertragungen zwischen Angehörigen beschränken (Entwurf eines BMF-Schreibens zu § 8c KStG, zitiert nach Neumann, GmbHR 2014, 673). Allerdings ist unklar, ob das BMF insoweit die Norm interpretieren oder eine Billigkeitsentscheidung treffen wollte (vgl. Neumann, GmbHR 2014, 673). Thonemann (DB 2008, 2156) meint, der Neuregelung des § 8c KStG habe der Gedanke zugrunde gelegen, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändere und die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste unberücksichtigt bleiben sollten, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfielen. Es fehle aber an einem neuen wirtschaftlichen Engagement, wenn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge die nachfolgende Generation bereits zu Lebzeiten des Übertragenden die Anteile erhalte; für eine unterschiedliche Behandlung des Erbfalls und der vorweggenommenen Erbfolge seien keine Gründe ersichtlich. Nach Roser (in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8c Rz. 56) ist die vorweggenommene Erbfolge kein bestimmter Rechtsbegriff, sondern umschreibe nur die Erbfallbezogene Disposition zu Lebzeiten. Die Bindung des Beschenkten hinsichtlich seines Erbrechtes soll allerdings geeignet sein, eine Gleichstellung mit dem Erbfall anzunehmen (Roser in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8c Rz. 56; anders noch Roser, DStR 2008, 1561, 1563: Differenzierung zwischen vorweggenommener Erbfolge und Schenkung sachlich nicht gerechtfertigt).
bb) Nach Auffassung des erkennenden Senats rechtfertigen die vorgenannten Argumente es nicht, die unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge entgegen dem Wortlaut des § 8c KStG von dessen Anwendung auszunehmen und die Norm damit weitergehend einzuschränken als dies im Gesetzgebungsverfahren erwogen wurde (im Ergebnis ebenso Hackemann in Mössner/Seeger, KStG, § 8c Rz. 180; Rätke in Mössner/Seeger, KStG, Loseblattkommentar, 51. Erg.Lfg. 2010, § 8c Rz. 76; f; Möhlenbrock in Rödder/Möhlenbrock, Ubg 2008, 595, Tz. 2.2.3 Fußn. 6).
(1) Zwar mag die Annahme berechtigt sein, eine vorweggenommene Erbfolge bezwecke regelmäßig nicht nur die (missbräuchliche) Übertragung und Ausnutzung zuvor aufgelaufener Verluste. Eine einfachgesetzliche Auslegung des § 8c KStG in der für das Jahr 2008 geltenden Fassung dahingehend, dass dieser nur auf Fälle missbräuchlicher Gestaltungen anzuwenden wäre, ist aus den vom FG Hamburg in seinem Vorlagebeschluss vom 2 K 33/10, EFG 2011, 1460 bezeichneten Gründen jedoch nicht möglich. Auch im Schrifttum wird § 8c KStG in der für das Streitjahr 2008 geltenden Fassung (also ohne die später für Erwerbe nach dem eingefügte Stille-Reserven-Klausel und die spätere Konzernklausel) ganz überwiegend dergestalt ausgelegt, dass dessen Anwendung weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der gesetzgeberischen Intention auf Missbrauchsfälle begrenzt ist bzw. sein sollte (Brandis in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8c KStG Rz. 22; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8c Rz. 16, 43, 46 m.w.N.; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8c Rz. 4; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG Rz. 15 unter Hinweis auf das nach § 10a GewStG für PersGes geltende Erfordernis der Unternehmeridentität; eventuell differenzierend Roser in Gosch, 3. Aufl., § 8c Rz. 2). Vielmehr war vorgesehen, den Verlustausgleich und Verlustvortrag bei Körperschaften nach Maßgabe der näheren Ausgestaltung in § 8c KStG schon dann zu beschränken bzw. zu versagen, falls ein wesentlicher rechtsgeschäftlicher Wechsel der Anteilseigner erfolgte.
(2) Hinreichende Gründe dafür, entgegen dem Gesetzeswortlaut bei rechtsgeschäftlichen Anteilsübertragungen nach der Person des Anteilseigners und seinen Beziehungen zu dem früheren Anteilseigner zu differenzieren bestehen nicht.
Im Gesetzgebungsverfahren sind – wie dargelegt – Fragen der Erbfolge angesprochen worden. Aufgrund der Rechtsprechung zu der Vorgängerregelung in § 8 Abs. 4 KStG a.F. (vgl. , BFHE 203, 135, BStBl II 2004, 616, vom I R 81/02, BFHE 203, 84, BStBl II 2004, 614) war dem Gesetzgeber auch die Problematik von Anteilsübertragungen im Konzern bekannt. Gleichwohl sieht § 8c KStG in der für das Streitjahr 2008 geltenden Fassung keine Ausnahmen für Anteilsübertragungen zwischen einander nahe stehenden Personen vor, d.h. weder für die vorweggenommene Erbfolge noch für Anteilsübertragungen innerhalb eines Konzerns. Außerdem hat der Gesetzgeber in anderem Zusammenhang klar und eindeutig Sonderregelungen für die vorweggenommene Erbfolge getroffen (vgl. z.B. § 13 Abs. 2a Nr. 2 ErbStG i.d.F. und i.d.F. v. ; § 7g Abs. 7 Satz 3 EStG), so dass es nahe liegend gewesen wäre, diese auch im Rahmen des § 8c KStG gesondert zu regeln, falls dies vom Gesetzgeber gewollt gewesen wäre.
Eine vom Gesetzeswortlaut abweichende einschränkende Auslegung des § 8c KStG für Anteilsübertragungen mittels vorweggenommener Erbfolge lässt sich auch nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, der Begünstigte sei quasi der Nachfolger des Übertragenden und ein Wegfall des Verlustabzugs sei deshalb sachwidrig. Denn bei einem Einzelunternehmen oder einer Personenhandelsgesellschaft geht der Verlustabzug sowohl im Erbfall wie bei rechtsgeschäftlichen Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter. Nach dem Beschluss des Großen Senats des (BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608) kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen. Auch bei der gewerbesteuerlichen Frage der Unternehmeridentität führt eine vorweggenommene Erbfolge (ebenso wie ein Erbfall) zum Verlust des Verlustvortrags (vgl. , BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, zum Erbfall; vom VIII B 70/96, BFH/NV 1997, 897 zum Erbfall; vom IV R 59/07, BFH/NV 2010, 1492 zum Erbfall und zur vorweggenommenen Erbfolge; Drüen in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rz. 65, 72). Zwar sind ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft nicht ohne weiteres mit einer Kapitalgesellschaft vergleichbar, weil der Verlustabzug bei einer Kapitalgesellschaft möglicherweise wegen der Trennungstheorie und einer eigenen Identität der Kapitalgesellschaft unabhängig von einem Anteilseignerwechsel erhalten bleiben muss. Letzteres ist jedoch Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung der Norm (vgl. , EFG 2011, 1460), über die hier nicht zu entscheiden ist (vgl. zum Prüfungsumfang bereits unter II.1.a.bb.(1)). Falls der Gesetzgeber aber bei einer Kapitalgesellschaft den Verlustabzug vom Gesellschafterbestand abhängig machen durfte, ist nicht ersichtlich, weshalb die Kapitalgesellschaft bezüglich der Verlustvorträge im Erbfall oder bei einer vorweggenommenen Erbfolge günstiger gestellt werden müsste als eine natürliche Person (vgl. zur Besserstellung der Kapitalgesellschaft Roser in Gosch, KStG, 3. Aufl., § 8c Rz. 36).
Im Streitfall bedarf es auch keiner Entscheidung, ob ein Erbfall und die mit ihm eng verbundene Erbauseinandersetzung keinen schädlichen Anteilseignerwechsel i.S. des § 8c KStG zur Folge haben. Eine Gleichbehandlung von Erbfall und vorweggenommener Erbfolge ist nicht zwingend. Zum einen ist die vorweggenommene Erbfolge – anders als der Erbfall – rechtsgeschäftlicher Natur. Zum anderen ist der Begriff der vorweggenommenen Erbfolge nicht eindeutig definiert, wirft damit Abgrenzungsfragen zur ebenfalls unentgeltlichen Anteilsübertragung im Wege der Schenkung auf und eröffnet damit weitere – vom Gesetzgeber möglicherweise unerwünschte – Gestaltungsmöglichkeiten.
Im Ergebnis ist deshalb bei der Auslegung des § 8c KStG entscheidend auf den Gesetzeswortlaut abzustellen, wonach eine Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommene Erbfolge als rechtsgeschäftliche Übertragung zu einem schädlichen Anteilseigerwechsel führt bzw. führen kann. Für eine gegenteilige Auslegung liegen keine hinreichenden Gründe vor; vielmehr wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen – sofern gewollt – die vorweggenommene Erbfolge ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des § 8c KStG auszunehmen.
3. Die auf Billigkeitsmaßnahmen gerichteten Hilfsanträge der Klägerin haben ebenfalls keinen Erfolg. Der Beklagte hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den gemäß § 163 AO aus Billigkeitsgründen ohne Anwendung des § 8c KStG festzustellen.
a) Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Norm gilt über § 181 Abs. 1 AO auch für Feststellungsbescheide (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rz. 3). Nach § 184 Abs. 2 Satz 1 AO i.d.F. vom schließt die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift (u.a.) der obersten Bundesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind. Diese Regelung gilt auch für nach dem getroffene Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO, die – wie hier – Besteuerungszeiträume betreffen, die vor dem abgelaufen sind (Art. 97 § 10c des Einführungsgesetzes zur AO i.d.F. vom ).
b) Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO, weil es an einer Unbilligkeit im Einzelfall fehlt.
aa) Falls – wie hier vom erkennenden Senat angenommen – Anteilserwerbe im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge unter § 8c KStG fallen, könnte in Tz. 4 des (BStBl I 2008, 736) zwar möglicherweise keine norminterpretierende Verwaltungsanweisung, sondern eine allgemeine Richtlinie für Billigkeitsmaßnahmen i.S. des § 163 AO zu sehen sein (so Möhlenbrock in Rödder/Möhlenbrock, Ubg 2008, 595, Tz. 2.2.3. Fußn. 6; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 8c KStG Rz. 29a; wohl auch Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8c KStG Rz. 27 „Vorweggenommene Erbfolge”). Auf diese Verwaltungsregelung kann die Klägerin sich jedoch nicht stützen. Als Richtlinie für eine Billigkeitsmaßnahme würde das BMF-Schreiben gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen.
Der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss und sie nicht anderen Normgebern überlassen darf. Im Steuerrecht, dessen Steuerbelastungsentscheidungen weitgehend vom Willen des Gesetzgebers zu Belastungsgegenstand und Tarif abhängen, ist dabei von einem strengen Gesetzesvorbehalt auszugehen (vgl. , BVerfGE 137, 350; , BFHE 249, 299, BStBl II 2015, 696). Hiervon ausgehend ist es der Finanzverwaltung nicht erlaubt, Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO für solche Fallgestaltungen zu treffen, in denen die Besteuerung der Gesetzeslage entspricht und in denen es an sachlichen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Härten fehlt. Vielmehr können Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, allenfalls durch eine Gesetzeskorrektur behoben werden (, DStR 2015, 2237).
§ 8c KStG in der im Streitjahr 2008 gültigen Fassung ist nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt (vgl. unter II.2.c.bb.(2)). In Bezug auf Anteilsübertragungen im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge lässt sich eine sachliche Unbilligkeit der Anwendung dieser Norm deshalb nicht auf einen fehlenden Rechtsmissbrauch stützen.
Eine sachliche Unbilligkeit kann auch nicht mit der besonderen Nähe des Anteilserwerbers zum früheren Anteilseigner begründet werden. Denn wie unter II.2. c) bb) (1) dargelegt, rechtfertigt ein derartiges Näheverhältnis bei der Übertragung von Einzelunternehmen oder von Anteilen an Personenhandelsgesellschaften ebenfalls keine Nutzung von Verlustvorträgen, die beim Übertragenden entstanden sind. Eine „Privilegierung” von Körperschaften unter Hinweis auf ein Näheverhältnis zwischen dem übertragenden und dem erwerbenden Anteilseigner erscheint deshalb zumindest nicht geboten, und dementsprechend stellt eine Anwendung des § 8c KStG trotz eines derartigen Näheverhältnisses keine sachliche Unbilligkeit dar.
Ist aber fallgruppenbezogen keine sachliche Unbilligkeit zu erkennen und ergibt die einfachgesetzliche Gesetzesauslegung, dass – wie hier – eine gesonderte Regelung durch den Gesetzgeber zu erwarten gewesen wäre, wenn er eine Anwendung des § 8c KStG für Anteilsübertragungen im Wege der vorweggenommen Erbfolge hätte ausschließen wollen, so kann diese Gesetzesauslegung nicht im Wege von Billigkeitsmaßnahmen unterlaufen werden.
c) Im Übrigen würde die Klage möglicherweise selbst dann keinen Erfolg haben, wenn – entgegen der Auffassung des Senats – Billigkeitsmaßnahmen in Form einer Nichtanwendung des § 8c KStG in den Fällen einer Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge grundsätzlich zulässig sein sollten. Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es aus den vorstehend unter a), b) dargelegten Gründen jedoch nicht mehr.
Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO steht im Ermessen der Finanzbehörde (§ 163 AO i.V.m. § 5 AO; vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rz. 8). Versagt die Finanzbehörde die begehrte Billigkeitsmaßnahme, ist dagegen die Verpflichtungsklage gegeben; das Finanzgericht kann die Versagung der Billigkeitsmaßnahme nur in dem von § 102 FGO vorgegebenen Rahmen überprüfen (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 163 AO Rz. 30). Ermessensrichtlinien der Verwaltung (wie etwa BMF-Schreiben zu Billigkeitsmaßnahmen), die mit dem Vorbehalt des Gesetzes in Einklang stehen, können zwar unter Umständen zu einer sogenannten Selbstbindung der Verwaltung führen, doch dürfen derartige Ermessensrichtlinien von den Gerichten nicht ausgelegt werden. Insoweit kommt es vielmehr nur darauf an, wie die Finanzverwaltung die Ermessensrichtlinie verstanden hat oder wissen wollte, und wie sie danach verfahren ist (vgl. BFH-Entscheidungen vom I R 68/98, BFH/NV 2000, 891; vom I R 98/05, BFHE 217, 430, BStBl II 2008, 186; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rz. 93).
Der Beklagte versteht (wohl) in Übereinstimmung mit Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8c KStG Rz. 31 unter einem Erwerb im Wege einer „unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge” i.S. des (BStBl I 2008, 736) nur solche Übertragungen, die zu einer vom Zuwendenden angeordneten bzw. gesetzlich festgelegten Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft (§ 2050 BGB) führen. Zwar mag der Begriff der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge objektiv auch anders interpretiert werden können (vgl. Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom , BStBl I 1994, 905, Tz. 3.1 zu § 13 Abs. 2a Nr. 2 ErbStG, wonach bei Zuwendungen in den Steuerklassen I und II von einer vorweggenommenen Erbfolge ausgegangen werden könne; s. aber auch , BFHE 194, 445, BStBl II 2001, 414, wonach eine vorweggenommene Erbfolge i.S.d. § 13 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 ErbStG nur vorliegen soll, wenn er dem Übergang von Betriebsvermögen durch Erbanfall vergleichbar ist, wobei dort aber wesentlich ein endgültiger Vermögensübergang verlangt wurde). Gleichwohl erscheint die vom Beklagten unter Auslegung des (BStBl I 2008, 736) vertretene enge Definition des Begriffs der vorweggenommenen Erbfolge nicht sachwidrig, sondern geeignet, die vorweggenommene Erbfolge von der allgemeinen Schenkung abzugrenzen. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen und dem Senat ist nicht bekannt, dass das BMF die (etwaige) vorgenannte Ermessensrichtlinie anders als der Beklagte verstanden wissen wollte oder dass die Finanzverwaltung in anderen Fällen stets bzw. überwiegend anders als im Streitfall verfahren wäre. Falls die Auslegung des durch den Beklagten dem eigenen Verständnis des BMF entspricht, könnte die Klägerin aus dem keinen Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme herleiten, weil mit der Anteilsübertragung ausdrücklich Ausgleichsansprüche gem. §§ 2050, 2052 BGB ausgeschlossen wurden. Vielmehr hätte der Beklagte die von der Klägerin begehrte Billigkeitsmaßnahme ermessensfehlerfrei abgelehnt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 1, 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, weil die vorliegende Entscheidung von Tz. 4 des (BStBl I 2008, 736) abweicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2016 S. 995 Nr. 17
DStR 2016 S. 8 Nr. 15
DStRE 2016 S. 480 Nr. 8
EFG 2016 S. 412 Nr. 5
ErbBstg 2016 S. 126 Nr. 5
GStB 2016 S. 201 Nr. 6
KÖSDI 2016 S. 19753 Nr. 4
NWB-EV 2016 S. 84 Nr. 3
Ubg 2016 S. 297 Nr. 5
TAAAF-49599