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IWB Nr. 21 vom Seite 780

Tagungsbericht: Aktuelle Entwicklungen bei Verrechnungspreisen

Daniela Steierberg, LL.M., Dipl. Kffr., Steuerberaterin, Fachberater für Internationales Steuerrecht ist Associate Partner bei Rödl & Partner am Standort Hamburg

[i]Treffen der IFA-Sektion Nord am 7. 10. 2014 in HamburgDie IFA-Sektion Nord veranstaltete am auf dem Handelskammer Innovation Campus in Hamburg eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Aktuelle Entwicklungen bei Verrechnungspreisen“. Prof. Dr. Kaminski referierte über aktuelle Tendenzen auf nationaler Ebene sowie Entwicklungen in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, gab einen Überblick über die Tendenzen auf OECD-Ebene und verglich diese mit der Handhabung von Verrechnungspreisen unter dem UN-Musterabkommen.

I. Strengere Verwaltungspraxis in Deutschland

[i]Verstärkte Überprüfung bei VerrechnungspreisenAuf nationaler Ebene ist, wie Prof. Dr. Kaminski ausführte, ein restriktiverer Umgang in Bezug auf Verrechnungspreise wahrnehmbar. Im Bereich der Koordination zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen sei keine Flexibilisierung zu erkennen. Weiterhin seien verbindliche Auskünfte im Verrechnungspreisbereich eine Rarität. Aber auch die Initiative für eine zeitnahe Betriebsprüfung scheint zum Erliegen gekommen zu sein. Ebenso ist ungewiss, ob das erwartete BMF-Schreiben zur Anwendung von Datenbankstudien und zur Einschränkung von Bandbreiten noch erscheinen wird. Es wird erwartet, dass die verbreiterte Datenlage durch die Einführung der E-Bilanz die Diskussionen um die Vergleichsmarge befeuert. Darüber hinaus sei eine Verschärfung der Betriebsprüfung sowie zusätzlich eingeleiteter Steuerstrafverfahren zu beobachten.

II. Gerichtsentscheidungen zugunsten der Steuerpflichtigen

[i]Formaliaverstoß kein ausreichender Grund zur KorrekturIm Gegensatz hierzu hat sich die Rechtsprechung in jüngster Zeit zugunsten des Steuerpflichtigen entwickelt. So hat der BFH die Entscheidung des NWB QAAAE-00454) bestätigt, dass der Verstoß gegen Formerfordernisse der Finanzverwaltung für sich allein nicht ausreichend ist, um eine Gewinnkorrektur zu begründen ( NWB GAAAE-25888) .

[i]Verstoß gegen EuroparechtEine solche Auffassung der Finanzverwaltung verstoße, wie Prof. Dr. Kaminski ausführte, im Übrigen auch gegen die Rechtsprechung des EuGH (vgl. NWB MAAAD-38538). Hiernach muss es dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die Angemessenheit des Verrechnungspreises darzulegen. Vor dem Hintergrund dieses Urteils stellt die Fiktion der umfassenden Kenntnis, wie sie in § 1 Abs. 1 Satz 2 AStG vorausgesetzt wird, gleichfalls einen Verstoß gegen die EuGH-Rechtsprechung dar. Gleiches gilt für den Median und das Transferpaket.

[i]Keine Anpassung bei eigenkapitalersetzenden DarlehenNach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts ist bei eigenkapitalersetzenden Darlehen eine Einkommenskorrektur ausgeschlossen, da diese gesellschaftsvertraglichen Charakter haben. Gleiches müsse für Finanzplandarlehen gelten ( NWB FAAAE-27358). Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 88/12 anhängig und kommt als Vorlage an den EuGH in Frage.

[i]Zum Entgelt für die Firmierung der Tochtergesellschaft s. Rasch, Verrechnungspreise direkt digital 7/2014 S. 2 NWB DAAAE-69179Dem FG Münster lag ein Sachverhalt vor, in dem der deutsche Steuerpflichtige seiner polnischen Tochtergesellschaft im Gesellschaftsvertrag die Nutzung des geschützten Konzernnamens gestattet hatte. Nach Auffassung des FG Münster ist die Firmierung der Tochtergesellschaft mit dem Konzernamen zu vergüten ( NWB NAAAE-61491). Überraschenderweise wurde keine der üblichen Preisermittlungsmethoden herangezogen. Das FG Münster ermittelte den Verrechnungspreis als Schadensersatzleistung für die Nutzung des geschützten S. 781Namens. Die Revision ist unter dem Aktenzeichen I R 22/14 beim BFH anhängig und wird zeigen, ob für die bisher nicht entgeltfähige Namensüberlassung dem Grunde nach und ggf. in welcher Höhe ein Verrechnungspreis vereinbart werden muss.

III. BEPS-Initiative der OECD und UN-Musterabkommen

[i]Zahlreiche Einflüsse der BEPS-Initiative auf die Behandlung von VerrechnungspreisenProf. Dr. Kaminski stellte dar, dass ein Drittel der Aktionspunkte der BEPS-Initiative einen Bezug zu Verrechnungspreisen aufweisen. So stehen neben Finanztransaktionen und ihrem Einfluss auf die Gewinnermittlung (action 4) die Gestaltung von Leistungsbeziehungen zur Vermeidung einer Betriebsstätte (action 7) aber auch die Aufteilung von Wertschöpfungsketten bei Geschäftsbeziehungen, die ausschließlich oder zumeist im Konzern vorkommen (action 10), die Überarbeitung der Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation bzw. deren Vorlage (action 13) sowie Streitbeilegungsmechanismen im Rahmen der Anpassung von Verrechnungspreisen (action 14) auf dem Prüfstand.

[i]Doppelbesteuerung durch Unterschiede zum UN-MusterabkommenEine Doppelbesteuerung im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen kann nicht nur durch eine Anpassung der Höhe nach entstehen, sondern auch durch ein unterschiedliches Verständnis bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen dem Grunde nach. So sind nach dem Verständnis des UN-Musterabkommens, dem zumeist Entwicklungs- und Schwellenländer folgen, Entgelte u. a. auch für local marketing intangibles (d. h. für getragene Markterschließungskosten) oder für local specific advantages (d. h. allgemeine Standortvorteile) zu zahlen. Aber auch unterschiedliche Charakterisierungen der lokalen Gesellschaften unter Funktionsgesichtspunkten oder schlicht die eingeschränkte Vergleichbarkeit vorhandener Daten führen in der Praxis oft zur Doppelbesteuerung.

IV. Ausblick

[i]Weitere Verschärfungen sind wahrscheinlichAuf nationaler Ebene scheint die Finanzverwaltung abgabenorientiert Verrechnungspreise und ihre Dokumentation verstärkt anzugreifen, so dass zu vermuten steht, dass im Windschatten von BEPS weitere Verschärfungen eingeführt werden. Problematisch hierbei ist, dass die international vereinbarten Aktionspunkte sehr stark unter dem Gesichtspunkt der Missbrauchsvermeidung ausgestaltet sind, die praktische Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen jedoch vernachlässigt wurde.

Die anschließende Diskussion zeigte, dass nicht nur die Maßnahmen im Rahmen von BEPS, z. B. das Country-by-Country Reporting unter Wettbewerbsfähigkeitsgesichtspunkten, höchst kritisch gesehen werden, sondern ebenso das über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Verständnis der deutschen Finanzverwaltung vom Begriff der „Geschäftsbeziehung“ i. S. des § 1 Abs. 4 AStG.

Die IFA-Sektion Nord-Veranstaltungsreihe wird im Februar 2015 voraussichtlich mit einem Vortrag zum überarbeiteten BMF-Schreiben zu Personengesellschaften im DBA-Recht fortgesetzt.

Fundstelle(n):
IWB 21 / 2014 Seite 780 - 781
TAAAE-78626