Berücksichtigung von Spenden und ähnlichen Zuwendungen bei der Aufteilung der abzugsfähigen Vorsteuern
Leitsatz
Sogenannte echte Zuschüsse - Subventionen sind in Deutschland für die Aufteilung der abzugsfähigen Vorsteuern irrelevant
Gesetze: UStG § 15 Abs. 1UStG § 15 Abs. 4 Richtl 77/388 EG Art. 11 Abs. 1 Richtl 77/388 EG Art.17 Abs. 5 Richtl 77/388 EG Art. 19 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Vorsteuerbeträge im Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze oder im Verhältnis der steuerpflichtigen und den übrigen Einnahmen einschließlich Spenden und Zuschüsse aufzuteilen sind, weil die steuerbaren Entgelte im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs erzielt worden sind.
Der Klage liegt im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zu Grunde:
Gegenstand der Klägerin ist gemäß § 2 Absatz 1 des Gesellschaftsvertrages die Entwicklung, Koordination und Durchführung von Ergänzungs- und Aufbaustudiengängen, Weiterbildungsmaßnahmen sowie der Forschung und Entwicklung in Zusammenarbeit mit den staatlichen Hochschulen. Zweck der Gesellschaft sind die Förderung von Wissenschaft sowie die Bildung und Erziehung. Sie ist als ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft anerkannt. Die von der Klägerin vereinnahmten Entgelte sind überwiegend nach § 4 Nr. 21 und 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfrei. Umsatzsteuerpflichtige, dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Entgelte erzielt sie im Wesentlichen durch Auftragsprojekte. Ferner vereinnahmt die Klägerin Spenden und Zuwendungen eines Fördervereins. Nach Abschluss des jeweiligen Geschäftsjahres beschließt die einzige Gesellschafterin der Klägerin, die Förderstiftung, ob ein erwirtschafteter Verlust ganz oder zum Teil ausgeglichen wird. Im Streitjahr hat die Klägerin folgende Einnahmen erzielt:
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Studiengebühren, Stipendien | 46.312,50 DM |
Spenden | 13.239,39 DM |
Zuwendungen des Fördervereins | 269.130,62 DM |
Zuwendungen Professur-Förderung | 40.625,00 DM |
sonstige Erlöse 7 % | 59,72 DM |
erhaltene Anzahlungen 7 % | 23.762,42 DM |
Gesamteinnahmen | 393.129,65 DM |
Die Zuwendung betreffend die Professur-Förderung liegt ein Fördervertrag der Klägerin mit Herrn ... (X) zu Grunde, in der letzterer sich verpflichtete, zwei Professuren für jeweils einen bestimmten Bereich für mehrere Jahre durch Zahlung von jeweils 81.250 DM je Quartal zu fördern. Gemäß § 5 Abs. 2 stand der Vertrag unter der auflösenden Bedingung, dass zwischen X und der Klägerin ein wirksamer Vorvertrag zum Abschluss eines Mietvertrages hinsichtlich der zukünftigen Räumlichkeiten der Klägerin in ... abgeschlossen wird und wirksam besteht und spätestens ein Monat nach Fertigstellung der Räumlichkeiten ein daraus resultierender wirksamer Mietvertrag über die Räumlichkeiten zustande kommt und über die gesamte Laufzeit des Fördervertrages bestehen bleibt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Fördervertrages wird auf die Ablichtung in den Gerichtsakten Bezug genommen.
Die Zuwendung des Fördervereins beruht im Wesentlichen auf einer mit der Auflage zur Weiterleitung an die Klägerin verbundenen Spende über 260.000 DM nebst Zinsen. Den erhaltenen Anzahlungen liegt ein Vertrag mit ... von 2001 zu Grunde, in dem sich die Klägerin zur Entwicklung einer .... verpflichtete. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die Ablichtung der Vereinbarung in den Gerichtsakten Bezug genommen.
In einer Anlage zu der Ende November 2002 abgegebenen Umsatzsteuererklärung führte die Klägerin die vorgenannten Einnahmen auf und ermittelte den abzugsfähigen Teil der gesamten Vorsteuern von 68.410,78 DM nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den Gesamteinnahmen (23.822,14 DM dividiert durch 393.129,65 DM = 6,06 %). Der entsprechende Betrag von 4.145,69 DM der insgesamt angefallenen Vorsteuer wurde in der Steuererklärung berücksichtigt, die einen Erstattungsbetrag von 2.478,19 DM auswies. Dieser Erklärung stimmte das FA am zu. Von den insgesamt angefallenen Vorsteuern entfallen 27.534,92 DM auf die Mietkosten. Wegen der Einzelheiten der Zusammensetzung der Vorsteuerbeträge wird auf die Zusammenstellung in den Gerichtsakten Bezug genommen.
Mit Schreiben vom beantragte die Klägerin die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr zu ändern und die Vorsteuern im Verhältnis der steuerpflichtigen und umsatzsteuerfreien Umsätze aufzuteilen. Da 46.312 DM steuerfreie und 23.822,14 DM steuerpflichtige Entgelte erzielt worden seien, seien 33,97 % der Vorsteuern abzugsfähig, mithin 23.239,14 DM. Art. 19 Abs. 2 - 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (6. RLEWG) stelle es den Mitgliedstaaten frei, die Subventionen bei der Vorsteueraufteilung mit zu berücksichtigen. Von dieser Möglichkeit habe der nationale Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht, wie zwischenzeitlich auch der zum Aktenzeichen V R 12/00 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2001, 494) entschieden habe.
Den Änderungsantrag lehnte das FA mit Bescheid vom , auf dessen Begründung Bezug genommen wird, ab. Den gegen diesen Bescheid fristgemäß erhobenen Einspruch wies das FA nach weiterem Schriftwechsel mit der Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück und führte in den Gründen im Wesentlichen aus, nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG könne ein Unternehmer unter anderem die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden seien, als Vorsteuern abziehen. Nach Art. 17 Abs. 2 der 6. RLEWG sei der Vorsteuerabzug gegeben, soweit Gegenstände und Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet würden. Dies setze voraus, dass die mit Vorsteuer belasteten Eingangsleistungen vom Steuerpflichtigen für sein Unternehmen bezogen würden. Insoweit deckten sich die Richtlinie und das nationale Recht.
Nach § 15 Abs. 2 UStG sei die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwende:
steuerfreie Umsätze
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden
unentgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen, die steuerfrei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden.
Aus dieser Regelung, die abschließend sei, könne entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geschlossen werden, dass nichtsteuerbare Entgelte im Gegensatz zu steuerfreien Umsätzen nicht zu einer Vorsteuerkürzung führten. Der Hinweis der Klägerin, dass Art. 19 der 6. RLEWG den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffne, in den Nenner des dort genannten Bruches auch die Subventionen einzubeziehen, die nicht der Umsatzsteuer unterliegen, was zu einer Vorsteuerkürzung führe, sei zutreffend. Ebenso sei richtig, dass Deutschland von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Subventionen und auch die durch diesen gemeinschaftsrechtlichen Begriff erfassten Zuschüsse im Sinne des deutschen Umsatzsteuerrechts beschränkten grundsätzlich nicht den Vorsteuerabzug. Daraus folge jedoch nicht, dass der Klägerin der geltend gemachte höhere Vorsteuerabzug zustehe. Unverzichtbare Voraussetzung für den Vorsteuerabzug sei, dass die Eingangsleistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers verwendet würden. Art. 17 der 6. RLEWG sei so auszulegen, dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigten, bestehen müsse, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt sei und der Umfang dieses Rechtes bestimmt werden könne (vgl. , Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2000, 342). Unternehmer könnten Eingangsleistungen ihrem Unternehmensbereich zuordnen, wenn die Leistung im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit stehe und diese fördern solle. Werde eine Leistung sowohl für unternehmerische, als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet, könne der Unternehmer sie insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, mit der Folge, dass er zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei. Die Verwendung dieses Leistungsbezugs für den nichtunternehmerischen Bereich wäre dann jedoch nach § 3 Abs. 1 b bzw. Abs. 9 a UStG zu versteuern. Die Bestimmungsfreiheit des Unternehmers in Bezug auf die Zuordnung eines Leistungsbezugs zum unternehmerischen Bereich finde allerdings dort ihre Grenze, wo der vorgesehenen Verwendung für das Unternehmen nach den Umständen des einzelnen Falles nur eine so unwesentliche Bedeutung zukommen könne, dass die Leistung oder der Gegenstand insgesamt als Teil des unternehmensfremden Bereichs anzusehen sei oder wo der Bezug einer Leistung nach den gesamten Umständen allein für die nichtunternehmerische Nutzung bestimmt sei. Entscheidend sei somit, ob die Klägerin die Eingangsleistungen ganz, teilweise oder gar nicht für ihr Unternehmen oder aber für nichtunternehmerische Zwecke verwendet habe. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasse das Unternehmen die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich sei jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Aus dieser gesetzlichen Definition des Unternehmerbegriffs ergebe sich, dass die Unternehmerstellung grundsätzlich nur durch eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen erlangt und aufrecht erhalten werden könne. Mit dieser Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen sei das Ausführen von Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen Entgelt gemeint, mithin das Erbringen von Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Grundsätzlich sei nur der Unternehmer, der Umsätze ausführe.
Die Klägerin habe sich im Streitjahr nur zu einem geringen Umfang mit Leistungsaustauschcharakter betätigt. Sie verfolge in erster Linie keine eigenwirtschaftliche, sondern ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke zur Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie Bildung und Erziehung. Sämtliche Mittel, die der Klägerin zur Verfügung stünden, seien nur für ihre satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke zu verwenden. Dieser Grundsatz der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit betreffe alle Tätigkeitsbereiche; auch etwaige unternehmerisch erzielte Einnahmen seien dem steuerbegünstigten Wirken zuzuführen. Nach Aktenlage sei davon auszugehen, dass die Zuschussgeber und Spender ihre Zuwendungen ausschließlich zur Förderung dieses steuerbegünstigten Betätigungsfeldes gewährt hätten, um die Klägerin ganz allgemein in die Lage zu versetzen, ihre satzungsgemäße ideelle Tätigkeit umzusetzen. Die Zuwendungen seien kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches. Die satzungsgemäße Tätigkeit der Klägerin sei daher in umsatzsteuerlicher Hinsicht als nicht unternehmerisch zu betrachten. Lediglich neben dieser gemeinnützigen nicht unternehmerischen Tätigkeit seien im Streitjahr in geringem Umfang gewerbliche bzw. berufliche Aktivitäten im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen angefallen, die einen unternehmerischen Teilbereich begründen, zum Beispiel aus Auftragsprojekten, Workshops und nicht umsatzsteuerbefreiten Kursen im Zusammenhang mit einem steuerbegünstigten Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO. Deshalb seien die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sphärentheorie zu beachten, die eine entsprechende Sektorierung von vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen bejahe. Soweit Eingangsleistungen nicht in einen unternehmerischen, sondern in einen nicht unternehmerischen Bereich eingingen, müsse in diesem Verhältnis regelmäßig eine Vorsteuerkürzung erfolgen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des EuGH, der, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, fordere.
Die Klägerin habe nicht belegt, dass die dem geltend gemachten Vorsteuerabzug zu Grunde liegenden Eingangsleistungen ganz oder teilweise eindeutig ihrem unternehmerischen Bereich zuzuordnen seien. Würden Eingangsleistungen einer Verwendung sowohl der unternehmerischen als auch der nichtunternehmerischen Sphäre zugeführt (gemischte Verwendung), müsse gemäß § 15 Abs. 4 UStG die Aufteilung für Zwecke des teilweisen Vorsteuerabzugs im Wege der Schätzung erfolgen. Die im vorliegenden Fall vorgenommene Aufteilung im Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zur Summe der den Vorsteuerabzug ausschließenden steuerfreien Umsätze zuzüglich der im nichtunternehmerischen Bereich vereinnahmten nicht steuerbaren Zuwendungen (Spenden und Zuschüsse) sei nach Aktenlage nicht zu beanstanden. Sie entspreche der vom Gesetz geforderten "wirtschaftlichen Zuordnung". Die Klägerin selbst habe auch zunächst die entsprechende Zuordnung vorgenommen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung ausgeführt worden ist, bei teilweise steuerfreien und teilweise steuerpflichtigen Umsätzen seien die abzugsfähigen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Dem habe die Klägerin Rechnung getragen und beantragt, die angefallenen Vorsteuerbeträge entsprechend dem Verhältnis der steuerpflichtigen und der steuerfreien Umsätzen aufzuteilen. Das Gesetz sehe nicht vor, dass bei der zu erfolgenden Aufteilung auch nicht steuerbare Einnahmen einzubeziehen seien. Das FA versuche eine entsprechende Folge dadurch herbeizuführen, dass es argumentiere, die Klägerin habe einen nichtunternehmerischen Bereich, auf den auch ein Teil der Vorsteuern entfallen würde. Wesentlicher Unternehmensgegenstand der Klägerin sei die Durchführung von Ergänzungs- und Aufbaustudiengängen. Dabei handele es sich um Leistungen, die an die Studenten erbracht würden. Die Auffassung des FA, dass diese Leistungen keinen Leistungsaustauschcharakter hätten, gehe fehl. Auch bei staatlichen Hochschulen liege eine Leistung der Hochschule an die Studenten vor, die regelmäßig lediglich deshalb nicht steuerbar sei, weil die staatlichen Hochschulen Hoheitsbetriebe von juristischen Personen des öffentlichen Rechts seien. Dies treffe auf die Klägerin gerade nicht zu.
Auch die erhaltenen Spenden begründeten an sich keinen nicht unternehmerischen Bereich, sondern sie dienten der allgemeinen Finanzierung des Unternehmens mit seinem steuerfreien und steuerpflichtigen, aber insgesamt unternehmerischen Bereich. Auch die Tatsache, dass das Unternehmen gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 52 ff AO verfolge, ändere daran nichts. Bildung sei gemeinnützig, aber trotzdem Teil des Unternehmens, da Leistungen gegen Entgelt (Studiengebühren, Stipendien) erbracht würden. Daraus folge, dass die Klägerin keinen nicht unternehmerischen Bereich habe:
Die Studiengebühren beruhten auf Leistungen der Klägerin gegenüber den Studenten
Die Auftragsprojekte, Workshops und Kurse beruhten ebenfalls auf einem Leistungsaustausch
Vereinnahmte Spenden und Zuschüsse stellten keinen eigenen Unternehmensbereich dar, sondern dienten dem eigentlichen Unternehmensgegenstand "Bildung".
In der mündlichen Verhandlung wurde für die Klägerin ergänzend ausgeführt, ihrer steuerlichen Beraterin sei die Rechtsauffassung des FA zur Frage der Vorsteueraufteilung aus anderen Verfahren bekannt gewesen. Aus Gründen der Vorsicht habe sie daher zunächst die Vorsteuer entsprechend den gesamten Einnahmen und der steuerpflichtigen Umsätze aufgeteilt, obwohl sie stets der Auffassung gewesen sei, maßgeblich sei das Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze. Falls sich ihre Auffassung jedoch in einer späteren Außenprüfung als unzutreffend erwiesen hätte, seien nicht übersehbare Finanzprobleme zu befürchten gewesen. Zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin habe der ...bereich floriert und die Entwicklungsmöglichkeiten der Klägerin seien falsch eingeschätzt worden, was auch daraus ersichtlich sei, dass sie zwischenzeitlich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen habe beantragen müssen. Die Gesellschaft und ihr Konzept seien im Streitjahr noch im Aufbau gewesen. Eigene Forschungstätigkeit habe sie praktisch nicht wahrgenommen.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte FA unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom betreffend die beantragte Änderung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom zu verpflichten, den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr zu ändern und dabei abzugsfähige Vorsteuern in Höhe von 23.238,94 DM zu berücksichtigen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt es Bezug auf die Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. In der mündlichen Verhandlung führte die Vertreterin des FA ergänzend aus, das FA halte an seiner Auffassung fest, die Aufwendungen mit den Vorsteuern stünden auch mit dem ideellen Bereich der Klägerin im Zusammenhang, der neben dem Zweckbetrieb bestanden habe. Eine Körperschaft, die ausschließlich einen Zweckbetrieb unterhalte, sei nicht gemeinnützig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der beigezogenen Akten ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Gründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
Der den Änderungsantrag der Klägerin ablehnende Bescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin somit in ihren Rechten. Das beklagte Finanzamt wird verpflichtet, den Umsatzsteuerbescheid der Klägerin für das Jahr 2001 zu ändern und dabei abzugsfähige Vorsteuern in Höhe von 22.323,47 DM zum Abzug zuzulassen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuern abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Mit ihren Studiengängen und Weiterbildungsmaßnahmen sowie den Auftragsprojekten erzielt die Klägerin steuerbare Umsätze. Die im Zusammenhang mit den Studiengängen und Weiterbildungsmaßnahmen stehenden Umsätze sind nach § 4 Nr. 21 und 22 UStG umsatzsteuerfrei, die für die Auftragsprojekte hingegen steuerpflichtig. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Somit erzielt die Klägerin mit ihrer Tätigkeit sowohl steuerpflichtige, als auch steuerfreie Umsätze.
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist; § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.
Da die Auslegung des Begriffs der "wirtschaftlichen Zuordnung" nicht eindeutig ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der erkennende Senat folgt, die erforderliche Auslegung anhand der Vorgaben des gemeinschaftsrechtlichen Mehrwertsteuersystems vorzunehmen (vgl. BFH Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2002, 833 f.). Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (6. RLEWG) enthält für diese Frage folgende Regelungen:
Art 17 Abs. 5
Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Art. 19 Abs. 1
Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabschnitt 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;
im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedsstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a genannt sind.
Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.
Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a lautet:
Die Besteuerungsgrundlage ist bei Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter den Buchstaben b), c) und d) genannt sind, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.
Art. 19 der Richtlinie betrifft somit Subventionen, die nicht mit dem Preis der Umsätze zusammenhängen, da die mit dem Preis der Umsätze zusammenhängenden Subventionen bereits nach Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie bei der Besteuerungsgrundlage erfasst werden. Herkömmlich wird im nationalen Recht zwischen sogenannten echten und unechten Zuschüssen unterschieden. Der Senat versteht die Richtlinie dahingehend, dass Art. 11 die unechten und Art. 19 die echten Zuschüsse erfasst. Zahlungen, die ein Unternehmer zur Förderung einer im allgemeinen Interesse liegenden Tätigkeit ohne Bindung an bestimmte Umsätze erhält, sind kein Entgelt. Die bloße technische Anknüpfung von Förderungsmaßnahmen an eine Leistung des Zahlungsempfängers führt nicht dazu, die Förderung zum (zusätzlichen) Entgelt für die Leistung zu machen, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Abnehmer (Leistungsempfänger), sondern die Subvention des leistenden Zahlungsempfängers ist (Klenk, in Sölch/Ringleb, § 1 Rz. 50 m. w. N.). Nach Auffassung des Senats sollten mit den Zuwendungen, die die Klägerin im Streitjahr erhalten hat, nicht die Gebühren der Studenten und Lehrgangsteilnehmer subventioniert werden, sondern die Verluste der Klägerin ausgeglichen werden, so dass von einem echten Zuschuss auszugehen ist, dem kein Leistungsaustausch zu Grunde liegt. Nach der Richtlinie sind die abzugsfähigen Vorsteuern grundsätzlich nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze aufzuteilen. Echte Zuschüsse sind dabei unberücksichtigt zu lassen, weil Deutschland von der in Art. 19 der Richtlinie eingeräumten Möglichkeit, dabei auch die Subventionen zu berücksichtigen, keinen Gebrauch gemacht hat.
Der Auffassung des FA, die Klägerin habe die Eingangsleistungen zu einem wesentlichen Teil nicht für ihre unternehmerische Tätigkeit, sondern für den Bereich ihrer ideellen Tätigkeit bezogen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Klägerin ist unstreitig Unternehmerin im Sinne des UStG. Auch gemeinnützige Unternehmen beziehen die Eingangsleistungen grundsätzlich für ihr Unternehmen, wie bereits daraus ersichtlich wird, dass ihre Ausgangsumsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Dass die Klägerin Eingangsleistungen für Zwecke bezogen hat, die außerhalb ihres Unternehmenszwecks laut Gesellschaftsvertrag liegen, ist für den Senat nicht ersichtlich und wird vom FA auch nur behauptet, nicht jedoch substantiiert vorgetragen. Es fehlen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerin gegenüber ihrem Gesellschafter Leistungen erbracht hat. Sie hat die Förderstiftung zwar bei deren Bemühen, die Bildung zu fördern, unterstützt, die Leistungen kamen jedoch nicht dem Gesellschafter, sondern den Lehrgangsteilnehmern und den Auftraggebern für die Auftragsprojekte zugute.
Von den insgesamt angefallenen Vorsteuern können die anteiligen Mietaufwendungen für den Hörsaal den steuerfreien Umsätzen direkt zugerechnet werden, da mit ihm ausschließlich steuerfreie Umsätze erzielt wurden. Auf ihn entfallen unstreitig 10 % der Vorsteuern betreffend die Mietaufwendungen. Die übrigen mit Vorsteuern belasteten Eingangsleistungen können nicht direkt den steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zugeordnet werden und sind daher nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG für den Vorsteuerabzug aufzuteilen. Bei richtlinienkonformer Auslegung ist als "sachgerecht" im Sinne des § 15 Abs. 4 UStG ein Aufteilungsverfahren anzuerkennen, das nach einer einheitlichem Methode die beiden Nutzungsteile eines gemischt verwendeten Gegenstandes oder Dienstleistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet (vgl. BFH BStBl II 2002, 833, 834). Einen entsprechenden Aufteilungsmaßstab hat die Klägerin gewählt. Er stellt eine sachgerechte Schätzung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG dar, was bereits daraus ersichtlich wird, dass die 6. RLEWG diesen Aufteilungsschlüssel ausdrücklich vorsieht. Ob § 15 Abs. 4 Satz 3 in der ab dem Jahr 2004 gültigen Fassung, nach dem eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur zulässig ist, wenn keine andere Zurechnung möglich ist, dem gewählten Aufteilungsmaßstab entgegensteht und ob die entsprechende Regelung mit der 6. RLEWG vereinbar ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, da die entsprechende Regelung im Streitjahr noch nicht galt.
Die zum Abzug zuzulassenden abziehbaren Vorsteuern errechnen sich somit wie folgt:
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Vorsteuerbeträge insgesamt | 68.410,78 DM |
davon entfallen auf steuerfreie Mietaufwendungen | ./. 2.753,49 DM |
verbleiben aufzuteilende Vorsteuern von | 65.657,29 DM |
davon abziehbar (vgl. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 6. RLEWG) 34 % | 22.323,47 DM |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 in Verbindung mit § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den § 151Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war wegen der schwierigen Rechtslage gemäß § 139 Abs. 3 FGO für notwendig zu erklären.
Die Revision gegen das Urteil war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Der Senat misst der Frage, ob Spenden und ähnliche Zuwendungen bei der Aufteilung der abzugsfähigen Vorsteuern zu berücksichtigen sind, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bei. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, die Entscheidung im vorliegenden Fall habe weitreichende Bedeutung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EFG 2006 S. 1867 Nr. 23
KÖSDI 2007 S. 15391 Nr. 1
TAAAC-18069