Berufskleidung eines katholischen Geistlichen
Leitsatz
Die Aufwendungen eines katholischen Geistlichen für die Anschaffung eines schwarzen Anzugs sind Werbungskosten.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Nr. 6
Instanzenzug: Niedersächsisches FG
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog im Streitjahr als katholischer Geistlicher Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
In seiner Einkommensteuererklärung machte er die Kosten für die Anschaffung eines schwarzen Anzugs in Höhe von 450 DM als Werbungskosten geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung dieses Aufwands mit der Begründung ab, es handele sich um nichtabziehbare Aufwendungen der privaten Lebensführung.
Nachdem sein Einspruch erfolglos geblieben war, machte der Kläger im Klageverfahren geltend, die Aufwendungen für den schwarzen Anzug seinen Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes - EStG -)&; Denn der schwarze Anzug sei eine typische Berufskleidung. Er, der Kläger, sei dienstlich verpflichtet, im Dienst einen schwarzen Anzug zu tragen.
Das Finanzgericht (FG) sah die Klage als unbegründet an.
Aufwendungen für Kleidung seien grundsätzlich Kosten der Lebensführung, die nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abziehbar seien, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienten. Lediglich Aufwendungen für Berufskleidung seien als Werbungskosten abziehbar. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zwar ausnahmsweise auch der Art nach der bürgerlichen Kleidung zuzurechnende Kleidungsstücke zur typischen Berufskleidung gezählt, wenn die Verwendung dieser Kleidungsstücke zum Zwecke der privaten Lebensführung aufgrund der berufsspezifischen Eigenart so gut wie ausgeschlossen sei (, BFHE 127, 522, BStBl II 1979, 519). Diese "Oberkellner-Entscheidung" des BFH sei aber unzutreffend. Denn auch der schwarze Anzug eines Oberkellners diene in erster Linie dazu, bekleidet zu sein. Der Aufwand dazu gehöre zum privaten Lebensbereich.
Gegen diese Entscheidung des FG richtet sich die Revision, zu deren Begründung der Kläger erkennbar die Verletzung des § 9 EStG rügt. Der schwarze Anzug sei für den Oberkellner, den Leichenbestatter und auch den katholischen Geistlichen die typische Berufskleidung. Ein schwarzer Anzug lasse sich für private bürgerliche Zwecke nur ausnahmsweise verwenden, z. B. bei Beerdigungen und Hochzeiten. Eine weitere bürgerliche Nutzung sei so gut wie ausgeschlossen. Bei anderer typischer Berufskleidung wie etwa beim Arbeitsanzug oder beim Kittel (weiß / grau) sei die Möglichkeit weit mehr gegeben. Fast jede Berufskleidung lasse sich mehr privat nutzen als der schwarze Anzug.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und in Änderung der angefochtenen Entscheidung des FA die Aufwendungen für den schwarzen Anzug in Höhe von 450 DM zum Abzug als Werbungskosten zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der schwarze Anzug sei keine typische, d. h. der Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmte Berufskleidung. Ein schwarzer Anzug falle zweifelsfrei unter den Begriff der bürgerlichen Kleidung, die zu vielen verschiedenen Anlässen getragen werde und somit stets auch die Privatsphäre berühre.
Gründe
Die Revision ist begründet.
Die Vorinstanz hat zu Unrecht die Aufwendungen des Klägers für den schwarzen Anzug nicht als Werbungskosten berücksichtigt.
Aufwendungen für Kleidung sind grundsätzlich Kosten der Lebensführung, die nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abziehbar sind, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen. Ein Abzug solcher Aufwendungen als Werbungskosten kommt nur dann in Betracht, wenn sich der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen läßt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Eine solche Abgrenzbarkeit ist in aller Regel bei Bekleidungsaufwand nicht gegeben (, BFHE 129, 153, BStBl II 1980, 73).
Die Aufwendungen für die Anschaffung bürgerlicher Kleidung können selbst dann nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn feststeht, daß die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung benutzt wird. Denn solche Kleidung würde auch getragen werden, wenn der jeweilige Beruf nicht ausgeübt würde (, BFHE 134, 29, BStBl II 1981, 781 m. w. N.).
Demgegenüber sind Kosten für den Erwerb typischer Berufskleidung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Im Streitfall kann der vom Kläger angeschaffte schwarze Anzug als typische Berufskleidung in diesem Sinne angesehen werden.
Typische Berufskleidung ist gegeben, wenn sie ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufes notwendig ist (BFHE 129, 153, BStBl II 1980, 73; BFHE 127, 522, BStBl II 1979, 519). Typische Berufskleidung setzt nicht voraus, daß ein anderer Gebrauch, nämlich eine Verwendung als sogenannte bürgerliche Kleidung, in jedem Falle ausgeschlossen sein muß, sie also als bürgerliche Kleidung überhaupt nicht getragen werden kann (, BFH/NV 1988, 703; BFHE 129, 153, BStBl II 1980, 73).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der BFH den schwarzen Anzug eines Oberkellners (BFHE 127, 522, BStBl II 1979, 519) und den schwarzen Anzug eines Leichenbestatters (, BFHE 100, 243, BStBl II 1971, 50) als Berufskleidung anerkannt. Wie beim Oberkellner verleiht auch bei einem katholischen Geistlichen die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion dem schwarzen Anzug den Charakter einer typischen Berufskleidung.
Mögen katholische Geistliche in Einzelfällen ihren schwarzen Anzug noch ständig, also auch in der "Freizeit" tragen, so bleibt deren Anzug - ausgehend von der Typisierung in § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG ("Berufskleidung" - ab Veranlagungszeitraum 1990 "typische Berufskleidung" -) - gleichwohl ihre (typische) Berufskleidung.
Danach ist das Urteil des FG, das von einer anderen Rechtsansicht ausgegangen ist, aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 1990 S. 288
BFH/NV 1990 S. 288 Nr. 5
TAAAA-97174