FG Köln Urteil v. - 9 K 267/14 EFG 2017 S. 988 Nr. 12

Kapitalerträge/Besteuerung

Keine Anwendung von § 32d EStG auf mittelbare Beteiligungen

Leitsatz

Eine lediglich mittelbare Beteiligung reicht für die Anwendung von § 32d EStG nicht aus.

Gesetze: EStG § 20 Abs 9, EStG § 32d

Instanzenzug: BFH X R 9/17

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Refinanzierungszinsen nach dem Ausfall der mit den Refinanzierungsdarlehen finanzierten Kredite des Klägers an die A GmbH Betriebsausgaben im Rahmen einer gewerblichen Kreditvergabe oder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen und ob der Ausfall der an die A GmbH ausgereichten Darlehen zu einem entsprechend hohen Verlust führt.

Der Kläger war in den Streitjahren Inhaber des Lehrstuhls für …. Darüber hinaus war er zu 85 % an der B GmbH beteiligt. Bei dieser handelt es sich um eine Holdinggesellschaft, die Beteiligungen an der …., der Q GmbH, der …und der D GmbH (= B-Gruppe) hielt.

Bereits in den Jahren 2001 und 2002 hatte der Kläger der Q GmbH und der B GmbH Darlehen in Höhe von insgesamt rund 650.000 € gewährt. 2012 erhielt er seinerseits Darlehen der D GmbH über 120.000 €.

Ferner war der Kläger vom bis zum unmittelbar zu 24 % an der A GmbH beteiligt. In der Folgezeit war die B GmbH, an der der Kläger 85 % der Anteile hielt, mit 3 Geschäftsanteilen von 6.500 €, 6.250 € und 6.000 € zu 75 % an der A GmbH beteiligt. Die restlichen 25 % hielt die B1 GmbH mit einem Geschäftsanteil von 6.250 €. Mit notariellem Vertrag vom teilten die B GmbH und die B1 GmbH ihre Geschäftsanteile in 25.000 Geschäftsanteile zu jeweils 1 Euro. Im gleichen Vertrag übertrug die B GmbH 12.750 Geschäftsanteile und die B1 GmbH 6.250 Geschäftsanteile an die K GmbH. Bei der B GmbH verblieben Geschäftsanteile von 24 %, so dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt über die B GmbH noch mittelbar zu 20,4 % an der A GmbH beteiligt war (85 % × 24 %).

Die A GmbH übernahm mit ihrer Gründung …. 2006 den Geschäftsbetrieb der F & G GmbH & Co. KG, die seit 1946 eine führende Rolle in der Entwicklungsherstellung von … inne hatte. Zu den Kunden gehörten …. Mit der Geschäftsübernahme wurde das Ziel verfolgt, den Betrieb zu modernisieren und zu optimieren.

In den Jahren 2006 bis 2008 gewährte der Kläger der A GmbH die nachfolgend genannten Darlehen (Beträge in €).


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Betrag
Tilgung
Restvaluta
194.000
194.000
0
50.000
50.000
0
200.000
200.000
0
50.000
38.235
11.765
20.000
0
20.000
40.000
0
40.000
100.000
0
100.000
250.000
0
250.000
150.000
0
150.000
50.000
50.000
0
250.000
250.000
0
150.000
0
150.000
300.000
0
300.000
50.000
0
50.000
133.333
0
133.333
66.667
0
66.667
150.000
0
150.000
25.000
0
25.000
100.000
0
100.000
Summe: 2.329.000
782.235
1.546.765

Der Zinssatz betrug 5 %. Zinsen wurden von der A GmbH in den Streitjahren vereinbarungsgemäß nicht gezahlt.

Die Kreditvergabe refinanzierte der Kläger durch Kredite der L, M, N-Bank und O-Bank. Hierfür fielen folgende Refinanzierungszinsen an.


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2009
2010
2011
M
6.357
2.026
1.875
O-Bank
7.563
7.563
7.560
N-Bank
2.761
4.993
5.365
Summe
16.681
15.176
14.800

Im Jahr 2008 geriet die A GmbH in Zahlungsschwierigkeiten was dazu führte, dass das Amtsgericht N … 2009 über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren eröffnete. In dem o.g. notariellen Vertrag vom , mit dem die B GmbH 12.500 Anteile an der A GmbH auf den Investor (K GmbH) übertrug, sagte der Kläger der A GmbH für den Fall der Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens das Stehenlassen von Darlehen in Höhe von insgesamt 725.000 € für zwei weitere Jahre zu. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts N … 2009 aufgehoben. Mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts N vom …. August 2010 wurde über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren erneut eröffnet und die Gesellschaft endgültig aufgelöst, wodurch der Kläger auch mit seinen Restforderungen gegen die Gesellschaft ausfiel.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gaben die Kläger die an die A GmbH gewährten Darlehen bei ihren Einkünften aus Kapitalvermögen an. Zinsen erklärten sie i.H.v. 0,00 €, da die Gesellschaft solche nicht gezahlt hatte. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden setzte der Beklagte erklärungsgemäß keine Zinseinnahmen aus den streitigen Darlehen an und berücksichtigte Refinanzierungskosten als Werbungskosten (nur) in folgendem Umfang.


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2009
2010
2011
M
4.433
0
0
O-Bank
7.563
4.619
0
N-Bank
2.761
0
0
Summe
11.996
4.619
0

Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom weist wie der Erstbescheid zur Einkommensteuer 2009 vom eine Steuer i.H.v. 0,00 € aus. Die Einkommensteuererklärung 2009 und die Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleiben Verlustvortrags gingen beim Beklagten am ein.

Zur Begründung der Reduzierung der vom Kläger erklärten Zinsen als Werbungskosten führte der Beklagte aus, durch die Erstellung des Insolvenzplans im ersten Insolvenzverfahren seien die der A GmbH gewährten Kredite mit Ausnahme der Darlehen i.H.v. 725.000 €, die der Kläger in der notariellen Vereinbarung vom stehen gelassen habe, endgültig ausgefallen. Nach Ausfall der Darlehen sei die Einkünfteerzielungsabsicht weggefallen, so dass für diese Darlehen Refinanzierungszinsen als Werbungskosten nur bis zum berücksichtigt werden könnten. Im Anschluss daran sei der verbleibende Teil der Darlehen (821.765 €) mit der Wiedereröffnung des Insolvenzverfahrens am …. August 2010 endgültig ausgefallen, so dass ab diesem Zeitpunkt keine Refinanzierungszinsen mehr berücksichtigt werden könnten. Die Höhe der nach diesen Maßstäben anteilig zu berücksichtigenden Werbungskosten ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte die fristgerecht eingelegten Einsprüche des Klägers gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 (in der Fassung vom ), 2010 (in der Fassung vom ) und 2011 (in der Fassung vom ) als unbegründet zurück. Der Einkommensteuerbescheid 2010 wurde nach Erlass der Einspruchsentscheidung und vor Klageerhebung am erneut nach § 172 der AbgabenordnungAO – geändert.

Hiergegen haben die Kläger am Klage erhoben, mit der sie die Berücksichtigung der geltend gemachten Refinanzierungskosten als Betriebsausgaben im Rahmen einer gewerblichen Darlehensvergabe nach § 15 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG – geltend machen.

Zur Begründung führen sie aus, der Beklagte habe bei der Einordnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht berücksichtigt, dass sich das Engagement des Klägers bei der A GmbH nicht auf eine darlehensfinanzierte Kreditvergabe beschränkt habe. Der Kläger sei mit nahezu allen strategischen Entscheidungen der Gesellschaft betraut gewesen und habe über die für die Finanzierung wesentlichen Fragen, wie etwa den Finanzplan und die Bankenvorlagen, endgültig selbst entschieden. Er habe sich um die Unternehmensstrategie, die Budget- und Finanzplanung, die Finanzierung, das Produktionskonzept, Rationalisierungsmaßnahmen sowie Unternehmensexpansion und Standortneugründungen gekümmert. Dabei sei er nicht nur beratend, sondern wie ein Geschäftsführer geschäftsführend für die Gesellschaft tätig geworden. Überdies habe er alle relevanten Bankengespräche geführt. Das Ganze lasse sich aus einem Konzept des Klägers über Sofortmaßnahmen vom und eine Aufstellung des Klägers über seine für die A GmbH geführten Besprechungen verdeutlichen. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlagen 1 und 2 zur Klagebegründung vom beigefügten Unterlagen verwiesen (Bl. 47 ff. der Prozessakte). Dem Kläger sei als zunächst unmittelbarer und später mittelbarer Minderheitsgesellschafter der A GmbH an deren wirtschaftlichem Erfolg gelegen gewesen. Neben Beteiligungserträgen habe der Kläger durch die Darlehensgewährung Einkünfte als Fremdkapitalgeber erzielen wollen, insbesondere da er die Geschäfte der A GmbH unentgeltlich geführt habe.

In der Gesamtschau habe der Kläger durch die Kreditvergabe i.V.m. seiner geschäftsführenden Tätigkeit für die A GmbH daher Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Entgegen der Ansicht des Beklagten habe es sich nicht um eine reine Verwaltung von Vermögen gehandelt. Nach § 14 S. 3 AO liege eine Vermögensverwaltung in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt werde. Das gesetzlich genannte Beispiel der verzinslichen Anlage von Kapitalvermögen solle verdeutlichen, dass die Vermögensverwaltung die Fruchtziehung aus zu erhaltendem Vermögen darstellt. Die Grenze zum Gewerbebetrieb werde überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Fruchtziehung entscheidend in den Vordergrund träten. Dabei seien die spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Wirtschaftsgüter zu beachten. Entsprechend der Rechtsprechung des , EFG 1995, 1019, sei eine gewerbliche Kreditvergabe insbesondere dann zu bejahen, wenn neben die eigentliche Kreditvergabe weitere Leistungen, wie z.B. eine finanzielle oder wirtschaftliche Beratung des Kreditnehmers träten, oder wenn aufgrund der Kurzfristigkeit und der Anzahl der vergebenen Kredite eine unternehmerische Organisation erforderlich sei. Als Abgrenzungskriterien kämen außer der Anzahl und der Laufzeit der Darlehen maßgeblich das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung der Geschäfte, die Refinanzierung der Darlehen, das Ausnutzen eines bestimmten Marktes unter Einsatz von beruflichen Erfahrungen und ein erheblicher Umfang der Geschäfte in Betracht (, BStBl II 2001, 706). Im Streitfall habe der Kläger sich in erster Linie die Organisation der von ihm beherrschten B-Gruppe zu Nutze gemacht. In organisatorischer Hinsicht habe die gewerbliche Kreditvergabe des Klägers darüber hinaus auf seiner herausgehobenen Stellung bei den die Kredite teilweise refinanzierenden L und M beruht. Auch sei die Kreditgewährung an einen ganz bestimmten Markt unter Ausnutzung der beruflichen Erfahrungen des Klägers erfolgt. Der ehemalige Geschäftsbetrieb der F & G GmbH habe dringend einer Verbesserung der das Forschungsgebiet des Klägers betreffenden gesamten Produktionssystematik bedurft. Die übrigen Unternehmen der B-Gruppe seien ebenfalls auf dem Gebiet der … tätig. Auch der erhebliche Umfang der Kreditgewährung sowohl hinsichtlich der Anzahl der Darlehen (19) als auch hinsichtlich der insgesamt gewährten Summe (2.329.000 €) spreche für eine gewerbliche Tätigkeit.

Darüber hinaus seien nicht nur die Refinanzierungszinsen, sondern auch der Ausfall der Darlehensvaluta i.H.v. 725.000 € und 821.765 € als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Dieser Verlust sei im Streitjahr 2010 anzusetzen, da die Darlehensforderungen erst mit dem Beschluss des Amtsgerichts N vom …. August 2010, Az.: …, endgültig ausgefallen seien.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuerbescheide 2009 vom , 2010 vom und 2011 vom mit der Maßgabe zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb Betriebsausgaben i.H.v. 16.681 € (2009), 15.176 € (2010) und 14.800 € (2011) sowie weitere Betriebsausgaben i.H.v. 1.564.765 € entsprechend dem Ausfall der Darlehen im Jahr 2010 unter Rückgängigmachung der vom Beklagten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten bereits angesetzten Zinsen berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom und trägt ergänzend vor, in der von den Klägern zitierten Entscheidung des (EFG 1995, 1019) habe sich der (dortige) Kläger zur Vergabe der Darlehen einer GmbH bedient. Gerade diese Rechtsform habe nach Auffassung des Finanzgerichts Köln nach außen den Anschein einer gewerblichen Tätigkeit erweckt. Im Übrigen sei der dortige Kläger zusätzlich Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH gewesen und habe auf einem ganz speziellen Markt Schuldner, deren Grundstücke zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben gewesen seien, als potentielle Kunden angeschrieben. All das habe bei einer Gesamtbetrachtung dem Finanzgericht das Bild einer gewerblichen Betätigung vermittelt.

Hiermit sei der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Die wirtschaftliche Stärkung der A GmbH durch die Ausreichung von Darlehen begründe keine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte gewerbliche Betätigung. Daran ändere auch der Umstand, dass der Kläger alle strategischen Entscheidungen bei der A GmbH getroffen habe, nichts.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist hinsichtlich des Streitjahres 2009 unzulässig und hinsichtlich der Streitjahre 2010 und 2011 unbegründet.

Hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 ist die Klage unzulässig, weil die Kläger durch die Steuerfestsetzung auf 0,– € nicht beschwert sind.

Die Zulässigkeit einer Anfechtungsklage setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO –). Das bedeutet, der Kläger muss substantiiert und schlüssig darlegen (s. , BStBl II 1988, 292; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 40 Rz. 77 f., m.w.N.), der Bescheid beeinträchtige ein ihm zustehendes Recht. Der Kläger muss geltend machen, durch den Bescheid beschwert zu sein.

Ein Bescheid, durch den die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt ist, führt zu keiner Zahlungsverpflichtung und beeinträchtigt nicht das Recht des Steuerpflichtigen, nur die nach dem materiellen Recht geschuldete Steuer zahlen zu müssen.

Der auf 0 € lautende Einkommensteuerbescheid 2009 entfaltet für die Kläger auch keine über seinen steuerfestsetzenden Regelungsgehalt hinausgehende Beschwer. Insbesondere kommt ihm keine Bedeutung für die nach § 10d Abs. 4 S. 1 EStG durchzuführende Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum zu.

Zwar bestimmt § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom , Bundesgesetzblatt I, 1768, dass die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags so zu berücksichtigen sind, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind. Dabei gelten § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO entsprechend. Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von S. 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Durch diese Gesetzesänderung entfaltet auch ein auf 0 € lautender Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahrs eine inhaltliche Bindungswirkung für den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags, die zu einer Beschwer im Sinne des § 350 AO und § 42 FGO führt.

Im Streitfall ist § 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 jedoch nicht einschlägig. Nach § 52 Abs. 25 EStG in der für das Streitjahr 2009 anzuwendenden Fassung gilt § 10d Abs. 4 S. 4 und 5 erstmals für Verluste, für die nach dem (Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010) eine Erklärung zu Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Diese Anwendungsvoraussetzung liegt nicht vor, weil die Kläger die Einkommensteuererklärung 2009 und auch die Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum bereits am und damit vor dem Stichtag der Anwendung der Neuregelung des § 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG abgegeben haben.

Die Klage hinsichtlich der Streitjahre 2010 und 2011 ist unbegründet. Zwar ist der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 rechtswidrig, weil er bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zu Unrecht Zinsaufwendungen aus den streitigen Refinanzierungsdarlehen als Werbungskosten beinhaltet. Da sich diese Rechtswidrigkeit jedoch zu Gunsten der Kläger auswirkt, sind die Kläger hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt, so dass die Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 S. 1 FGO für eine Änderung des Steuerbescheids nicht vorliegen.

Auch für eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 2011 fehlt es an den Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 S. 1 FGO, weil der Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger aus diesen Gründen nicht in ihren Rechten verletzt.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger aus den ausgereichten Darlehen an die A GmbH keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat, bzw. erzielen konnte.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG). Gewerbebetrieb ist eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist, dass die jeweilige Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, 427, BStBl II 1984, 751, 762, BB-Beilage 21 zu Heft 32/1984). Die Absicht, gewerbliche Gewinne zu erzielen, muss durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als unternehmerisch gewertet wird (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 106, 84, BStBl II 1972, 700, unter II. 2., BB 1972, 1082; , BStBl II, 2001, 706). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil die Darlehensvergabe an die A GmbH den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten hat.

Ob eine Betätigung noch Vermögensverwaltung darstellt oder bereits die Grenze zum Gewerbebetrieb überschreitet, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung zu entscheiden (BFH, GrS, BStBl II 1984, 751). Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat für den Bereich des gewerblichen Wertpapierhandels beispielhaft das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines bestimmten Marktes oder andere bei einer privaten Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen als Indizien für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs angesehen (, BStBl II 1991, 631 m.w.N.). In Zweifelsfällen kommt es darauf an, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. –, EFG 2003, 848).

Nach der Verkehrsanschauung war die Darlehensvergabe des Klägers an die A GmbH weder dem Bild einer Vermögensverwaltung fremd noch entsprach sie dem Bild eines bankähnlichen Gewerbebetriebs. Entgegen der Auffassung der Kläger bedurfte die Darlehensvergabe an die A GmbH keiner besonderen geschäftlichen Organisation oder einer besonderen Organisationsstruktur, die die Tätigkeit des Klägers als bankähnlich erscheinen lassen könnte. Die Darlehensvergabe konnte vielmehr »von zu Hause aus« ohne nennenswerten Aufwand und ohne jegliche Werbung erfolgen. Hinzu kommt, dass der Kläger sich bei der Darlehensvergabe nicht an einen bestimmten Markt gewandt hat und ein bankähnlicher Schriftverkehr mit der Darlehensnehmerin nicht erforderlich war. Nach der Verkehrsanschauung hat sich der Kläger nicht bankähnlich verhalten.

Zu Unrecht berufen sich die Kläger für die Annahme einer gewerblichen Betätigung auf die Entscheidung des , EFG 1995, 1019. Die Besonderheit dieses Rechtsstreites war, dass der dortige Kläger über eine GmbH Vollstreckungsschuldner, deren Grundbesitz im Amtsblatt zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben war, gezielt anschrieb, um ihnen ein kurzfristiges Darlehen zu vermitteln, mit dem die bereits bestehenden Verbindlichkeiten abgelöst und damit die Zwangsversteigerung abgewendet werden konnte. Der wirtschaftliche Gedanke war, die Schuldner in die Lage zu versetzen, ihren Grundbesitz sodann freihändig zu veräußern, einen höheren Verkaufserlös als im Zwangsversteigerungsverfahren zu erzielen und hieraus die kurzfristigen Darlehen zurückzuzahlen. Bei diesem Rechtsstreit handelte es sich mithin um einen Sonderfall, bei dem der damalige Kläger öffentlich auf einem speziellen, einem normalen Anleger fremden Markt agierte, um bei sehr hohem Risiko kurzfristig eine Spitzenverzinsung des eingesetzten Kapitals zu erreichen. Mit diesem Sonderfall hat der vorliegende Rechtsstreit nichts gemein.

Es liegt auch kein Fall einer Betriebsaufspaltung vor, die die Vermögensverwaltung zu einer gewerblichen Betätigung umqualifizieren könnte.

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn eine Einzelperson, eine Gemeinschaft oder eine Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen überlässt (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmern als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinn beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Unabhängig von der Frage, ob in den Streitjahren 2010 und 2011 aufgrund der Tatsache, dass der Kläger lediglich noch zu 20,4 % mittelbar an der A GmbH beteiligt war, eine personelle Verflechtung zu bejahen ist, handelt es sich bei einem Darlehen nicht um eine wesentliche Betriebsgrundlage (Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rz. 816 mit weiteren Nachweisen).

Die Refinanzierungszinsen stellen in den Streitjahren 2010 und 2011 auch keine Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen dar. Dem steht § 20 Abs. 9 S. 1 2. HS EStG, der den Abzug tatsächlich entstandener Werbungskosten ausschließt, entgegen. § 32d Abs. 2 S. 2 EStG, der die Anwendung des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG ausschließt, findet im Streitfall keine Anwendung, weil es sich bei den Erträgen aus den der A GmbH gewährten Darlehen nicht um Kapitalerträge im Sinne des § 32d Abs. 2 S. 1a) oder 1b) EStG handelt.

Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG gilt § 20 Abs. 9 EStG dann nicht, wenn die Kapitalerträge von einer Gesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an dieser Gesellschaft beteiligt ist. Das war beim Kläger nicht der Fall. Denn eine lediglich mittelbare Beteiligung an der Darlehensschuldnerin reicht für die Anwendung der vorgenannten Vorschrift nicht aus (so auch , EFG 2015, 1711, Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH: VIII R 27/15).

Der erkennende Senat kann sich der gegenteiligen Auffassung, die unter anderem das IV C 1-1 2252/10/10013 vertritt, nicht anschließen. Gegen diese Rechtsauffassung spricht die Tatsache, dass derjenige, der an einer anderen Gesellschaft »lediglich« eine mittelbare Beteiligung hält, an dieser Gesellschaft tatsächlich überhaupt nicht beteiligt ist. Die Berücksichtigung einer mittelbaren Beteiligung würde zu einer Vermehrung der Beteiligungsverhältnisse führen. Sind an einer Kapitalgesellschaft beispielsweise zehn Gesellschaften zu jeweils 10 % beteiligt und halten an diesen unmittelbaren Beteiligungsgesellschaften jeweils zehn Personen Anteile i.H.v. 10 % würden die Beteiligungsverhältnisse im Sinne des § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG von 10 auf 100 vermehrt. Dass der Gesetzgeber eine solche Vermehrung in § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG berücksichtigt haben wollte, lässt sich nicht erkennen. Eine »Nichtbeteiligung« kann einer gesetzlich geforderten Beteiligung nach Auffassung des Senats nur dann gleichgestellt werden, wenn es hierfür eine gesetzliche Vorschrift gibt – wie das bei § 17 EStG beispielsweise der Fall ist –, oder es der Normzweck im Ausnahmefall zwingend gebietet. Weder besteht eine gesetzliche Regelung, im Rahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 1b S. 1 EStG mittelbare Beteiligungen unmittelbaren Beteiligungen gleichzustellen, noch kann der Senat erkennen, dass der Normzweck dieser Vorschrift eine solche Ausnahme zwingend geböte.

Es handelt sich auch nicht um ein Darlehensverhältnis im Sinne des § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG. Nach dieser Vorschrift ist die Werbungskostenschranke des § 20 Abs. 9 EStG auch dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner und der Gläubiger einander nahestehende Personen sind. Unter dem Begriff »Nahestehend« fallen alle natürlichen und juristischen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Nach dem in der Gesetzesbegründung zu § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1a EStG zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers soll ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegen, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige im Stande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehungen begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erzielen der Einkünfte des anderen hat (Bundestag-Drucksache 16/4841, 61; siehe auch , EFG 2015, 1711).

Im Streitfall konnte der Kläger keinen beherrschenden Einfluss auf die A GmbH ausüben, weil er in den Streitjahren »lediglich« mittelbar zu 20,4 % an dieser Gesellschaft beteiligt war. Eine Beherrschung setzt voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt (, BStBl II 2014, 995). Eine solche Annahme ist im Streitfall nicht gerechtfertigt. Auch wenn der Kläger die Geschäfte der GmbH seinem Vortrag entsprechend eigenverantwortlich wie ein Geschäftsführer leitete und er im Bereich der Geschäftsführung eine starke, über die reine Gesellschafterstellung hinausgehende Position inne hatte, ist nicht erkennbar, dass es ihm möglich gewesen wäre, entgegen dem Willen der Mehrheitsgesellschafterin (K GmbH) Entscheidungen in der GmbH durchzusetzen.

Es ist auch nicht die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger bei der Vereinbarung der Bedingungen für eine Geschäftsbeziehung mit der A GmbH einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehungen begründeten Einfluss hätte ausüben können. Zumindest ist nicht erkennbar, aufgrund welcher rechtlichen oder faktischen Machtstellung dies der Fall hätte sein können.

Schließlich ist nicht erkennbar, dass der Kläger ein eigenes wirtschaftliches Interesse im Sinne des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1a EStG an den Einkünften der GmbH gehabt hätte. Bei dieser Frage ist entscheidend, dass es sich um ein wirtschaftliches Interesse handeln muss, das über das wirtschaftliche Interesse eines Kapitalanlegers und Anteilseigners hinausgeht. Ansonsten läge das eigene wirtschaftliche Interesse im Sinn dieser Vorschrift immer vor, selbst bei einem Minderheitsgesellschafter, der der Gesellschaft ein Darlehen zur Verfügung gestellt hat. Eine solche Annahme stünde dem Grundgedanken, dass die nahestehenden Personen in einem Beherrschungsverhältnis zueinander stehen müssen, entgegen. Solche Interessen sind für das Gericht nicht erkennbar.

Zutreffend hat der Beklagte auch den Ausfall der Darlehen als solche weder bei den Betriebsausgaben aus gewerblicher Tätigkeit noch bei den Werbungskosten aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

Eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben bei den gewerblichen Einkünften kommt nicht in Betracht, weil es sich – wie oben bereits ausgeführt – nicht um eine gewerbliche Darlehensvergabe handelte.

Der Ausfall der Darlehensforderungen ist auch nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Nach der zu § 20 EStG in der vor dem Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 geltenden Fassung ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung steht ein Verlust des Darlehenskapitals nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften nach § 20 EStG. An dieser Wertung hat sich durch die Einführung des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG nichts geändert.

Nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Abs. 1 Nr. 7. Gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 EStG gilt als Veräußerung im Sinne des S. 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Der Ausfall einer Darlehensforderung erfüllt keins der vorgenannten Tatbestandsmerkmale. Insbesondere handelt es sich bei einem Forderungsausfall nicht um eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG (so auch VV DEU BMF 2012 – 10-09 IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953, Rz. 60). Das Gericht mag sich der gegenteiligen Auffassung, der Ausfall einer Kapitalforderung müsse nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes im Wege einer erweiternden Auslegung einer Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 4 S. 1 EStG gleichgestellt werden nicht anschließen (vgl. zu dieser Rechtsauffassung Blümich/Ratschow, EStG, § 20, Rn. 247H mit weiteren Nachweisen; Beckerath in Kirchhof, § 20 EStG, Rz. 144). Eine solche über den klaren und eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Auslegung bedürfte einer planwidrigen und auslegungsbedürftigen Regelungslücke, die der Senat nicht sieht. Aus § 20 Abs. 4 S. 1, 2. HS EStG, wonach Währungsschwankungen bei der Ermittlung des Gewinns zu berücksichtigen sind, ergibt sich, dass dem Gesetzgeber das Problem von Wertveränderungen des Kapitals bewusst war (so , DSTRE 2016, 523 mit weiteren Nachweisen). Vor diesem Hintergrund scheidet auch eine verfassungskonforme analoge Anwendung des § 20 Abs. 7 EStG auf den Ausfall einer Darlehensforderung aus. (vgl. , EFG 2014, 136).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen des bereits anhängigen Revisionsverfahrens VIII R 27/15 hinsichtlich der Frage, ob eine mittelbare Beteiligung im Rahmen des § 32 d EStG anzuerkennen ist, und wegen des unter dem Az. VIII R 13/15 anhängigen Revisionsverfahrens hinsichtlich des Totalausfalls einer privaten Darlehensforderung zuzulassen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
EFG 2017 S. 988 Nr. 12
ErbStB 2017 S. 275 Nr. 9
GmbH-StB 2017 S. 325 Nr. 10
SAAAG-48393