Hessisches Finanzgericht  Urteil v. - 4 K 179/16

Gemeinnützigkeit bei politischer Ausrichtung eines Vereins – Auslegung des Zwecks des demokratischen Staatswesens – Politische Bildung als Teil der gemeinnützigen Volksbildung

Leitsatz

  1. Die Betätigung einer gemeinnützigen Körperschaft mit politischer Ausrichtung ist dann nicht gemeinnützigkeitsschädlich, wenn sie der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke dient und diesem gemeinnützigen Zweck funktional untergeordnet ist.

  2. Eine gemeinnützigkeitsschädliche Betätigung liegt dagegen vor, wenn die politische Zielrichtung der Betätigung einer gemeinnützigen Körperschaft Selbstzweck ist.

  3. Im Rahmen der Gemeinnützigkeit beschränkt sich die Überprüfung der Finanzbehörden bzw. des Gericht darauf, ob das Tätigwerden der gemeinnützigen Körperschaft grundsätzlich geeignet ist, den in der Satzung genannten gemeinnützigen Zweck zu fördern. Es ist keine Wertbeurteilung darüber zu treffen, ob eine auf die Förderung des gemeinnützigen Zwecks gerichtete und auch ansonsten mit der Rechtsordnung vereinbare Maßnahme zweckmäßig oder billigenswert erscheint.

  4. In der Art und Weise, wie und durch welche Maßnahmen die gemeinnützige Körperschaft ihre Zwecke verfolgt, ist die gemeinnützige Organisation grundsätzlich frei, solange das konkrete Handeln auf die Förderung der Satzungszwecke gerichtet und dazu geeignet ist.

  5. Werden mehrere gemeinnützige Zwecke nebeneinander verfolgt oder überschneiden sich diese, ist dies unschädlich für die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft, sofern alle von der Körperschaft tatsächlich verfolgten Zwecke in der Satzung genannt und als gemeinnützig anerkannt sind.

  6. Eigene Tätigkeiten der Mitglieder einer gemeinnützigen Körperschaft oder von anderen Personen im Namen der Körperschaft erbrachte Tätigkeiten muss sich diese zurechnen lassen, wenn dafür Mittel der Körperschaft verwendet werden oder sie das Vorgehen duldet.

  7. Der gemeinnützige Zweck des demokratischen Staatswesens ist weit auszulegen. Er umfasst das Demokratieprinzip als Grundpfeiler unserer Verfassung, das unter Rückgriff auf die Verfassungsbegriffe nach Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, das Demokratieprinzip, die Gewaltenteilung, den Rechtstaat und das Sozialstaatsprinzip bestimmt wird.

  8. Die Förderung bestimmter Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art (Partikularinteressen) sowie eine auf den kommunalen Bereich beschränkte Förderung sind nicht gemeinnützig.

  9. Die Gerechtigkeit, insbesondere auch in Form der Steuergerechtigkeit ist eine Kernkomponente des Sozialstaatsprinzips und dient zur Sicherung des sozialen Friedens, der Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie ist.

  10. Die Solidarität ist als Kernelement des Sozialstaatsprinzips, das durch den Ausgleichsgedanken der Sozialpflichtigkeit geprägt ist, von dem verfassungsrechtlichen Grundwert des demokratischen Gemeinwesens mitumfasst.

  11. Die Förderung des demokratischen Staatswesens verlangt im Hinblick auf die Auswirkungen der Globalisierung auf unsere exportorientierte Volkswirtschaft kein ausschließlich nationales Verständnis der Solidarität.

  12. Politische Bildung ist Teil des gemeinnützigen Zwecks der Volksbildung. Sie muss sachlich und möglichst umfassend informieren und dabei zur Schaffung und Förderung der politischen Wahrnehmungsfähigkeit und des politischen Verantwortungsbewusstseins führen. Dabei ist nicht nur die Darstellung des Status quo erlaubt, sondern es ist vielmehr geboten, gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen und auch Alternativen aufzuzeigen.

  13. Die Information zur Erreichung des Bildungswegs braucht sich nicht nur auf theoretische Unterweisungen zu stützen, vielmehr kann die Information auch durch einen Aufruf zu konkreten Handlungen ergänzt werden und mit bestimmten Forderungen verknüpft sein.

  14. Grundsätzlich sind alle rechtmäßigen Aktionsformate zulässig, z.B. Demonstrationen, Petitionen, Seminare, öffentliche Veranstaltungen, sofern die Aktionen im Gesamtzusammenhang und mit der Zielrichtung zu dem gemeinnützigen Zweck stehen, in ein umfassendes Informationsangebot eingebettet sind und dazu dienen, sich Gehör zu verschaffen. Dabei müssen die Maßnahmen in erster Linie von einem inhaltlichen Anliegen getragen sein und dazu dienen dem Informationsangebot bzw. dem sonstigen gemeinnützigen Zweck Gehör zu verschaffen.

  15. Die Anknüpfung an tagespolitische Ereignisse ist zulässig, sofern die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist, sondern der Vermittlung der Ziele der Körperschaft dient.

  16. Es ist unschädlich, wenn die gemeinnützige Zweckverfolgung der gemeinnützigen Körperschaft mit den Meinungen und Interessen einer Partei konform läuft, solange nicht insgesamt eine Parteilinie gefördert wird oder wenn der gemeinnützige Zweck als Ziel des Tätigwerdens nicht erkennbar ist.

Gesetze: AO § 52 Abs. 1AO § 52 Abs. 2 Nr. 7AO § 52 Abs. 2 Nr. 24GG Art. 20 AO§ 55 Abs. 1 AO§ 63 Abs. 1 KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in den Jahren 2010 bis 2012 (Streitjahre) die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaft erfüllt hat.

Der Kläger ist ein seit 2003 … im Vereinsregister eingetragener Verein mit den Namen „B e.V.”. …

Der Zweck des Vereins ist nach § 2 der Satzung vom und der Satzung vom

„die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Förderung des Schutzes der Umwelt und des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung. Der Verein fördert die Völkerverständigung und den Frieden.”

§ 2 der Satzung bestimmt insoweit, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge. Diese Zwecke sollen nach § 2 der Satzung durch folgende Maßnahmen verwirklicht werden:

„Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland zu den Themen Nord-Süd Differenz und Entwicklung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Frieden, Völkerverständigung und weltweite Gerechtigkeit; hierzu gehören u.a.:

Veranstaltungen und Mit-Veranstaltung von Konferenzen, Tagungen und sonstige Fach- und Publikumsereignissen zu den vorgenannten Themen,

erstellen und verbreiteten entsprechender Publikationen,

Bildungsarbeit an Schulen und Erstellung von Unterrichtsmaterialen,

Durchführung von Seminaren und Bildungsveranstaltungen, wie zum Beispiel eine Sommerakademie,

Förderung wissenschaftlicher Projekte und Forschung zu den oben genannten Themen unter Mitwirkung eines Wissenschaftsbeirates;

Entwicklungs-, Umwelt- und Friedensbezogene internationale Begegnungen von Jugendlichen und Erwachsenen bei Seminaren, Sommercamps und Themenbezogene Veranstaltungen;

Aufbau eines internationalen Kontakt-Informationsnetzes zur Förderung der in Abs. 1 genannten Ziele im Bereich der Entwicklungspolitik, der Friedensarbeit und des Umweltschutzes im In- und Ausland;

die finanzielle und ideelle Unterstützung konkreter Umwelt-, Entwicklungs- oder Friedensbezogener Projekte im In- und Ausland.”

Die Satzung wurde am teilweise neu gefasst. § 2 der Satzung blieb unverändert. Im Einzelnen wird zu den Satzungen des Vereins auf die Akten verwiesen.

Der Verein wurde zunächst mit Bescheinigung vom vom beklagten Finanzamt (im Folgenden das FA) vorläufig als gemeinnützig anerkannt. Auch bei der Veranlagung des Vereins für die Jahre 2006 bis 2009 ging das FA davon aus, dass der Verein die Voraussetzungen der Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaft erfülle. Es ergingen jedoch keine Freistellungsbescheide.

Vielmehr veranlagte das FA den Verein mit dem vom Verein erklärten Einkünften aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Insoweit berücksichtigte das FA die vom Verein erklärten Ergebnisse des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (2006: Verlust i.H.v. x Euro, 2007: Verlust i.H.v. x Euro, 2008: Gewinn i.H.v. x Euro, 2009: Verlust i.H.v. x Euro). Entsprechend dieser Ergebnisse stellte das FA zum den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer und den vortragsfähigen Gewerbeverlust jeweils auf x Euro gesondert fest.

In den Jahren 2010 bis 2012 führte der Verein zahlreiche – in seinen Geschäftsberichten näher aufgeführte – Aktivitäten durch. Teils wurden die Aktivitäten durch themenspezifische Arbeitsgruppen teils durch (themenübergreifende) … unselbständige Regionalgruppen durchgeführt. Die Regionalgruppen erhielten für die Tätigkeit 30 % der in ihrer Region vereinnahmten Mitgliedsbeträge. Allerdings stammen die Mitgliedsbeiträge im Wesentlichen nicht von echten Mitgliedern des Vereins. Echte Vereinsmitglieder waren vielmehr nur solche Personen, die Mitglied im … sog. B-Rat waren. Zum Inhalt der Geschäftsberichte wird im Einzelnen auf die Akten (Bl. 9 ff. Körperschaftsteuerakten (KSt-Akten) 2010, Bl. 11 KSt-Akten 2011 und Bl. 6 KSt-Akten 2012) verwiesen.

In den Streitjahren beschäftigten sich sowohl die bundesweiten Arbeitsgruppen als auch die zahlreichen Vortragsveranstaltungen sowie die sonstigen Aktivitäten der Regionalgruppen insbesondere mit folgenden Kernthemen:

Finanz- und Wirtschaftskrise / Finanzmärkte besteuern, Reichtum umverteilen

Kampagne zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer: Steuern gegen Armut

Arbeit zur Spekulation mit Lebensmitteln

Seminar- und Workshop-Programm im Rahmen von Blockupy

Regulierung der Finanzmärkte

Finanzmarkttagung Geld

Inszenierung eines Bankentribunals in der Volksbühne

Kampagne zu Geschäftspraktiken von Banken und Aufklärung über einen Wechsel der Hausbank: Krötenwanderung

Vortragsreise zum Arabischen Frühling

Bundesweiter Aktionstag zu Banken

Aktivitäten zur Krise des Euro und der Finanzmärkte und gegen den europaweiten Sozialabbau

Konferenz Wege aus der Krisenfalle

Umverteilung (finanzieller Mittel)

Aufklärung- und Informationsarbeit zur weitergehenden Regulierung der Finanzmärkte

Tagung zur sog. Feministischen Ökonomie

Informationskampagne zu Public Private Partnership

Beteiligung an Aktivitäten der Anti-Atom-Bewegung

Auseinandersetzung mit den Zielen der Atomwirtschaft

unbedingtes Grundeinkommen

Aktivitäten zu Klimaschutz und globaler Klimagerechtigkeit

Beschäftigung mit alternativen Formen des Lebens und Wirtschaften

Dabei fanden in den Streitjahren insbesondere die folgenden sog. Kampagnen statt:

Kampagne Sparpaket

Das Thema” verteilen statt kürzen” befasst sich mit dem gesetzgeberischen „Einsparprogramm der Bundesregierung” und dessen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen. Dabei sprach sich der Verein für die Wiedereinführung der Vermögensteuer, der Besteuerung von Kapitalerträgen als Einkommen, für den Abbau von Steuervorteilen für Kapitalgesellschaften und für die realistische Bewertung von Vermögen für die Erbschaftsteuer und die Austrocknung von Steueroasen aus.

Kampagne „H stoppen”

Die Kampagne „H stoppen” betraf die vom Verein kritisierte Übernahme des naturnah und nachhaltig produzierenden Unternehmens U durch den Finanzinvestor H. Der Verein problematisierte die Produktion von Billigkleidung und hielt die Gründung einer Genossenschaft und den Kauf von Anteilen durch die Belegschaft für vorzugswürdig.

Kampagne” Steuerflucht”

Mit der Kampagne „Steuerflucht” verband der Verein die Schließung von Steueroasen und die Kritik am damals geplanten Steuerabkommen mit der Schweiz.

Kampagne „Demokratie statt Stuttgart 21”

Unter dem Schwerpunkt „Demokratie statt Stuttgart 21” setzte sich der Verein kritisch mit der mangelnden Transparenz und fehlenden Bürgerbeteiligung bei privaten Großvorhaben und Erschließung von Flächen auseinander.

Zu den einzelnen Themen fanden Informationsveranstaltungen und Ausstellungen statt. Des Weiteren gab der Verein zu den Themen auch verschiedene Faltblätter, Broschüren und Tagungsbände heraus. Im Einzelnen wird insoweit auf die Akten verwiesen. In seinem Internetauftritt beschrieb sich der Verein als „Bildungsbewegung mit Aktionscharakter”- mit Aktionen solle der notwendige Druck auf Politik und Wirtschaft zur Umsetzung der Alternativen erzeugt werden.

Der Verein legte für die Streitjahre zunächst Steuererklärungen, Geschäftsberichte, Jahresabschlüsse und - auf Aufforderung des Beklagten - Erläuterungen zu den Tätigkeiten vor, zu deren Inhalt im Einzelnen auf die Akten verwiesen wird. Er machte geltend, dass er eine gemeinnützige Körperschaft sei. Ferner gab der Verein an, dass er aus dem Verkauf von Büchern und Materialien, dem Verkauf von Speisen und Getränken bzw. den Einnahmen aus einer Kantine in den Streitjahren Gewinne i.H.v. x € in 2010 bzw. x € in 2012 und im Jahr 2011 einen Verlust i.H.v. x € erzielt habe. Zu den Angaben zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb wird im Einzelnen auf die Akten und auf die in der Sitzungsniederschrift vom wiedergegebenen Äußerungen der Beteiligten verwiesen.

Unter Hinweis auf die in den Geschäftsberichten, dem Internetauftritt und den weiteren Unterlagen genannten Aktivitäten gelangte das Finanzamt zu der Ansicht, dass der Verein in den Streitjahren die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaft nicht erfülle. Das Finanzamt begründete dies zum einen damit, dass die in der Satzung genannten Zwecke „Gemeinwesen”, „Solidarität” und „Demokratie” im Katalog des § 52 Abs. 2 AO nicht genannt seien und zum anderen die tatsächliche Tätigkeit politischer Natur sei und daher nicht der ausschließlichen Erfüllung der steuerbegünstigten Satzungszwecke diene. Das Finanzamt versagte daraufhin dem Kläger die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft und setzte mit Bescheiden vom die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge 2010-2012 jeweils mit 0 € fest. Ferner stellte das Finanzamt den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum auf x €, zum auf x € und zum auf x € sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum auf x €, zum auf x € und zum auf x € gesondert fest. Auf die vorliegend angefochtenen Bescheide wird im Einzelnen verwiesen.

Gegen diese unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheide legte der Kläger Einspruch ein, den das Finanzamt, bis auf einen geringen Abhilfebetrag aufgrund eines unstreitigen Zahlendrehers, durch Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückwies (Bl. 4 ff FG-Akte). In der Einspruchsentscheidung wies das Finanzamt allerdings ausdrücklich darauf hin, dass dem Kläger hinsichtlich der mangelnden formellen Satzungsmäßigkeit Vertrauensschutz zu gewähren sei. Dagegen sei die Gemeinnützigkeit zu versagen, weil die tatsächliche Geschäftsführung des Klägers nicht auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sei. Er habe bereits in seinem Internetauftritt in schädlicher Weise die politische Beeinflussung von Politik und Wirtschaft als wesentliches Ziel benannt. Darüber hinaus würden die finanz- und wirtschaftspolitischen Ziele des

Klägers insbesondere in den Kampagnen „Sparpaket”, „Demokratie statt Stuttgart 21”, „Casino schließen” und „H” deutlich. Anhand der „Umverteilungskampagne” zum Sparprogramm der Bundesregierung hätte er gesellschaftspolitisch Partei ergriffen und prägenden politischen Einfluss versucht. Auch die Breite der Themenstellungen, als Beispiele führte der Beklagte hierfür die Forderungen nach der 30-Stunden-Woche, nach einem bedingungslosen Grundeinkommen oder die Befassung mit feministischer Ökonomie an, zeige die allgemein-politische Betätigung, die die gemeinnützigen Zwecke überlagerten. Der Verein bette seine wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen in das übergeordnete Ideengebäude eines Gesellschaftsmodells ein und überschreite damit die Grenzen des Gemeinnützigkeitsrechts.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Verein weiterhin die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft begehrt.

Der Verein ist der Ansicht, dass seine Satzung den Vorgaben der §§ 51 ff. AO entspreche und er ausschließlich gemeinnützig tätig gewesen sei. Die Förderung des Gemeinwesens und die Förderung der Solidarität gehörten zur Förderung des demokratischen Staatswesens nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO, denn es handele sich bei dem Begriff Gemeinwesen um einen Sammelbegriff, der durch seinen direkten Zusammenhang mit dem Satzungszweck Demokratie einen inhaltlichen Anhaltspunkt erhalte, der eine Zuordnung zum Katalog des § 52 Abs.2 Satz 1 Nr. 24 AO zulasse. Solidarität sei ein integraler verfassungsrechtlicher Grundwert, der zum Sozialstaatsprinzip ebenso gehöre wie zum demokratischen Staatswesen.

Auch stimmten die Satzungszwecke und die tatsächliche Geschäftsführung überein. Der Verein habe insbesondere nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstoßen. Er habe weder allgemeinpolitische Ziele verfolgt noch sei die Tagespolitik Mittelpunkt der Aktivitäten gewesen. Dies zeige sich an den zahlreichen Veranstaltungen im Veranlagungszeitraum. Da die gemeinnützigen Zwecke nach dem Katalog des § 52 Abs. 2 AO überdies überwiegend „politische Zwecke” seien, ergäben sich Grenzen für die Gemeinnützigkeit ohnehin nur aus dem Gesetz selbst. Der Verein verweist hierzu auf § 55 Abs. 1 AO. Schädlich für die Gemeinnützigkeit sei es deshalb nur, wenn die Tätigkeiten der unmittelbaren oder mittelbaren Unterstützung von Parteien dienten oder die gebotene Neutralität verletzt werde. Dies sei nicht der Fall gewesen. Der Verein habe mit den vom Finanzamt genannten Kampagnen keine parteipolitischen Zwecke verfolgt. Die Kampagne „Casino schließen” betreffe zudem nicht den Veranlagungszeitraum. Mit dem Kampagnenthema „Sparpaket” habe der Verein über wirtschaftliche, finanzpolitische und steuerliche Zusammenhänge aufgeklärt, die dem gemeinnützigen Zweck der wirtschaftspolitischen Bildung dienten. Die Kampagne „H stoppen” habe insbesondere dem Zweck der politischen Bildung, des Umweltschutzes und der Völkerverständigung durch exemplarische Aufklärung über Auswirkungen von Beteiligungsfondsgesellschaften z.B. auf umweltschützende Standards des Unternehmens U gedient. Die Kampagne „Steuerflucht” habe der Aufklärung über Steuerflucht ins Ausland vor dem Hintergrund des geplanten Steuerabkommens mit der Schweiz gedient. Es handele sich dabei um den Satzungszweck der politischen Bildung im demokratischen Staatswesen, der durch Unterschriftensammlungen appellierenden Mobilisierungscharakter bei der Öffentlichkeit bewirken sollte.

Im Rahmen der Kampagne „Demokratie statt Stuttgart 21” seien Diskussionen, Demonstrationen, Kongresse veranstaltet worden, die beispielsweise die Folgen der Abholzung des Stadtwaldes auf das Stadtklima und das Grundwasser verdeutlichen sollten. Im Wesentlichen sei es dem Verein bei diesem gesellschaftlich umstrittenen Großbauprojekt um Transparenz und die demokratische Öffentlichkeitsbeteiligung hinsichtlich etlicher „Geheimverträge” gegangen. Dies entspreche den Satzungszwecken demokratisches Staatswesen, politische Bildung und Umweltschutz.

Die Themen „bedingungslose Grundeinkommen”, „Arbeitszeitverkürzung” und „feministische Ökonomie” hätten der Verwirklichung des Satzungszweckes ökonomische Bildung gedient.

Der Verein bestreitet die Weitergabe von finanziellen Mitteln an Aktionsbündnisse. Vielmehr seien die vom Beklagten insoweit genannten Zahlungen für eigene Aktivitäten im Rahmen von Bündnisaktivitäten verwandt worden.

Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung zunächst beantragt,

die Körperschaftsteuerbescheide 2010-2012, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum bis , die Gewerbesteuermessbescheide 2010-2012 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum bis jeweils vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass der Kläger als gemeinnützige Körperschaft anerkannt und deshalb nur mit seinen Einkünften aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb i.H.v. x Euro im Jahr 2010, i.H.v. x Euro im Jahr 2011 und i.H.v. x Euro im Jahr 2012 veranlagt wird;

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Kläger hat das Klagebegehren jedoch zum Schluss der mündlichen Verhandlungen sinngemäß dahingehend geändert,

dass abweichend von den bezifferten Anträgen die Einnahmen und Ausgaben aus dem Verkauf von Büchern und von Broschüren als Teil des Zweckbetriebs und nicht als Teil des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu berücksichtigen sind.

Das beklagte FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA ist weiterhin der Ansicht, dass in den Streitjahren weder die Satzung des Vereins noch die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt hätten.

Zur Vereinbarkeit der Satzung mit den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit meint der Beklagte, dass die Zwecke „Gemeinwesen” und ,,Solidarität” nicht hinreichend bestimmt seien und sich deshalb nicht eindeutig einem in § 52 Abs. 2 AO genannten gemeinnützigen Zweck zuordnen ließen. Dem Verein könne hinsichtlich dieser Satzungsmängel im Ergebnis auch kein Vertrauensschutz gewährt werden. Denn Vertrauensschutz sei nur unter den Voraussetzungen des AEAO zu § 59, Nr. 4 Satz 3 zu gewähren und erfordere deshalb, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht gegen die Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen habe. Daran fehle es. Denn der Verein habe auch mit der tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Satzung und die Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts verstoßen. Insbesondere wurde die Verfolgung politischer Zwecke im Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO nicht erwähnt und gehöre deshalb nicht zu den steuerbegünstigten (gemeinnützigen) Zwecken. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO nenne zwar die ,,allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich der Abgabenordnung” als gemeinnützigen Zweck. Zu diesem Zweck gehörten jedoch nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind. Abgesehen davon schließe auch § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO die Förderung politischer Parteien aus. Denn nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 AO dürfe eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel weder für die unmittelbare noch für die mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden. Schließlich

fehle es im Fall der allgemeinen politischen Tätigkeit und der Einflussnahme auf die staatliche Willensbildung an der unmittelbaren Förderung der Allgemeinheit bzw. des Gemeinwohls im Sinne des § 52 Abs. 1 S. 1 AO, da insoweit erst durch die Einwirkung auf den demokratischen Prozess geklärt bzw. darum gestritten werde, welches Tun und Lassen dem Gemeinwohl dienlich sei. Gemeinnützigen Organisationen sei zwar eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung erlaubt. Hierfür sei jedoch Voraussetzung, dass die politische Tätigkeit sachlich unmittelbar mit den eigenen gemeinnützigen Zwecken zusammenhänge, diese also der Vermittlung der gemeinnützigen Ziele diene. Es müsse ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der politischen Aktivität und den eigenen gemeinnützigen Zwecken bestehen. Wenn eine Körperschaft hingegen einen Zweck verfolge, der überhaupt keinem nach § 52 AO gemeinnützigen Zweck zugeordnet werden könne, und wenn die Körperschaft zu einem Thema auch Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen wolle, übertrete diese Körperschaft die gesetzlichen Grenzen der Gemeinnützigkeit i.S. des Steuerrechts. Gleiches gelte, wenn die politische Tätigkeit und die Einflussnahme auf die politische Willensbildung zum Hauptzweck bzw. zur Hauptaufgabe einer Organisation würden und die Körperschaft die eigentliche gemeinnützige Tätigkeit aus den Augen verliere. Der Beklagte verweist hierzu auf das

I R 1 1/88, BStBl. II 1989, 391.

Entscheidend sei zwar nicht die einzelne Aktionsform. Die jeweilige Handlungsform müsse aber der Realisierung eines steuerbegünstigten Satzungszwecks dienen und sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten. Denn politische Parteien und kommunale Wählervereinigungen seien gesondert nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit. Bei diesen unterliege – im Vergleich zu gemeinnützigen Körperschaften – der steuerliche Abzug beim Spender (vgl. § 10b Abs. 2, § 34g EStG) deutlichen Einschränkungen. Diese Einschränkungen sollen die Chancengleichheit unter den politischen Vereinigungen wahren und eine erhöhte steuerliche Begünstigung kapitalstarker und häufig von Einzelinteressen geleiteter Spender verhindern. Insbesondere dann, wenn eine Vereinigung

bestrebt sei, in allen Bereichen an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, politische Macht auszuüben und unmittelbar das gesamte staatliche Geschehen zu beeinflussen, sei hinsichtlich der Chancengleichheit der beteiligten Akteure ein strenger Maßstab anzulegen. Der Beklagte verweist hierzu auf das , BVerfGE 52, 63, BStBl. II 1979, 612. Deshalb werde der engere Rahmen der gemeinnützigen Tätigkeit überschritten, wenn sich zivilgesellschaftliche Organisationen hauptsächlich im Bereich politischer Zweckverfolgung engagierten und uneingeschränkt Einfluss auf politische Meinungsbildung und staatliche Willensbildung nähmen. Ansonsten hätten entsprechende Körperschaften wegen der besseren steuerlichen Abzugsfähigkeit der Spenden einen Finanzierungvorteil gegenüber Parteien und Wählervereinigungen, ohne dass sich ihre Vertreter einer demokratischen Wahl stellen müssten.

Dazu komme, dass nach §§ 59, 63 Abs. 1 AO die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der Satzungszwecke gerichtet sein müsse. Dabei sei es nicht ausreichend, irgendwelche vermeintlich dem Allgemeinwohl dienenden oder subjektiv als gemeinnützig empfundenen Zwecke zu verfolgen. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht, da seine tatsächliche Geschäftsführung nicht auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung von steuerbegünstigten Zwecken gerichtet sei. Das FA meint weiterhin, dass die in den Jahren 2010/2011 durch den Verein – insbesondere in Form von Unterschriftensammlung, Demonstrationen, Aufrufe, Konzeptentwicklung für Genossenschaftsmodell – initiierte Kampagne gegen die Übernahme des Ökotextilienhändlers U durch den Finanzinvestor H keinen gesetzlich anerkannten steuerbegünstigten Zweck erfüllt habe. Ziel der Kampagne sei die Unterstützung eines ideell nahestehenden gewerblichen Unternehmens und die Sicherung dessen Fortbestand gewesen. Ferner hätten sich die B-Arbeitsgruppe ,,Solidarische Ökonomie” und das „Netzwerk Solidarische Ökonomie” zuvor bereits seit Jahren gegen die Geschäftsmodelle von Private-Equity-Fonds engagiert und an Modellen gearbeitet, wie Beschäftigte, Kunden und Lieferanten ein von Insolvenz oder einer Übernahme bedrohtes Unternehmen in eigener Regie weiterführen können. Der Kläger habe im Fall der Firma U eine Gelegenheit gesehen, ihre wirtschaftspolitischen Überlegungen praktisch anzuwenden. Selbst wenn man in der Herstellung von Ökotextilien einen Beitrag zum Umweltschutz erkennen wollte, würde eine Förderung dieses steuerbegünstigten Zwecks an der Nichterfüllung des Kriteriums der Unmittelbarkeit (§ 57 AO) scheitern. Denn nicht der Verein, sondern U produziere die Textilien und verwende Kaufpreisanteile für Umweltschutzwecke.

Mit den wirtschafts- und finanzpolitischen Kampagnen „Sparpaket”, „Finanztransaktionssteuer” und „Umverteilen” sei ebenfalls weder eine unmittelbare und allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO noch der Volksbildung bzw. politischen Bildung im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO verbunden gewesen. Die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins habe sich nicht (wie nach Ansicht des FA aber erforderlich) auf objektive und neutrale Auseinandersetzung mit den demokratischen Grundprinzipien beschränkt. Es habe auch nicht die Wissensmehrung der Mitglieder bzw. Teilnehmer im Mittelpunkt gestanden. Der Verein habe sich vielmehr mit einer Vielzahl weiterer Organisationen, u.a. diversen Gewerkschaften, in einer Kampagne zusammengeschlossen, die unter dem Schlagwort ,,Umverteilen von oben nach unten” konkrete wirtschafts- und steuerpolitische Forderungen gestellt hätten. Es seien politische Korrekturen gefordert worden, um der ,,im Kapitalismus systemisch verankerten” und immer größer werdenden Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen zu begegnen”. Der Beklagte verweist insoweit auf die Stellungnahme der Projektgruppe „Umverteilen - Für eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe”. Die politische Dimension der Kampagne werde durch die Forderung des Klägers unterstrichen, der permanenten Umverteilung von unten nach oben mit ,,kräftigen Erhöhungen” des Spitzensteuersatzes der Körperschaft- und Einkommensteuer, der Erbschaftsteuer, der Wiedereinführung der Vermögensteuer (auch auf Betriebsvermögen) und der Einführung einer Bürgerversicherung entgegenzuwirken.

Ähnlich wie bei der Finanztransaktionssteuer habe der Verein mit den dadurch entstehenden Steuereinnahmen konkrete politische Verwendungsvorstellungen verbunden, obwohl die Haushaltskompetenz allein bei den Parlamenten liege. Die Mittel sollten in den öffentlichen Bereich umgelenkt werden, um in Bildung, soziale Sicherungssysteme und die Infrastruktur zu investieren sowie um Maßnahmen gegen die Armut in Deutschland und weltweit zu ergreifen. Weiterhin solle an die Stelle von Standortkonkurrenz ,,eine koordinierte Lohn- und Sozialpolitik zwischen den Staaten” treten. Hierzu verweist der Beklagte auf den sogenannten Flyer ,,Vermögensabgabe statt Verarmungsprogramm!” Die Umverteilungskampagne habe letztlich Partei in einer gesellschaftspolitischen Debatte ergriffen und versucht, durch eine die gesamte Kampagne prägende Einflussnahme auf die staatliche Willensbildung konkrete finanz- und wirtschaftspolitische Ziele durchzusetzen.

Auch sonst seien viele politische Ziele des Vereins in Form von Kampagnen erfolgt. Dabei habe sich der Verein zwecks Stärkung des von der jeweiligen Kampagne ausgehenden politischen Drucks mit anderen steuerbegünstigten und nicht steuerbegünstigten Körperschaften, politischen Gruppierungen, Gewerkschaften und Parteien zu einem Bündnis verbunden. Die Bildungsarbeit sei deshalb in die jeweilige Kampagne eingebettet gewesen und habe der Mobilisierung der eigenen Mitglieder und der Stärkung der Basisunterstützung für das mit der Kampagne verfolgte Ziel gedient.

Die als gemeinnützig anzuerkennende Förderung der Bildung sei letztlich durch die nicht als gemeinnützig anzuerkennende politische Betätigung überlagert worden und für die Einwirkung auf die staatliche Willensbildung instrumentalisiert worden. Dies werde beispielsweise durch die Kampagne zur Implementierung der Finanztransaktionssteuer deutlich. Der Umstand, dass der Verein zur Funktionsweise der Finanzmärkte Bildungsveranstaltungen durchgeführt habe, könne angesichts der mehr als zehn Jahre dauernde Kampagne zur Einführung dieser Steuer in Deutschland und Europa nicht mehr als überwiegende Bildungsmaßnahme bezeichnet werden. Die politischen Aktivitäten zur gesetzlichen Verankerung dieser Steuer hätten sich verselbständigt. Losgelöst von konkreten Bildungsmaßnahmen sei diese steuerpolitische Forderung Bestandteil der wirtschafts- und finanzpolitischen Vorstellungen und Forderungen des Vereins geworden. Im Vordergrund hätten die Umsetzung verteilungspolitischer Ziele hinsichtlich des mit dieser Steuer zu erzielenden Aufkommens, insbesondere die Erhöhung der Handlungsspielräume der Parlamente und die Lösung der „Probleme der Welt” gestanden. Hierzu verweist der Beklagte auf den Flyer zur Finanztransaktionssteuer.

Die Arbeitsgruppe „Genug für Alle” habe mit ihrem Arbeitsschwerpunkt

„Bedingungsloses Grundeinkommen” ebenfalls keinen gemeinnützigen Zweck verfolgt. Zur Bestimmung des Inhalts und der Reichweite des aus dem Sozialstaatsprinzip abgeleiteten Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abzustellen. Nach dem , 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175 sei jeder Mensch zunächst selbst für die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz verantwortlich. Hingegen komme der staatlichen Unterstützung lediglich eine subsidiäre Bedeutung zu. Konträr zur verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips verlange der Verein einen Rechtsanspruch auf ein Grundeinkommen, welches ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne die Verpflichtung, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, an alle hier lebenden Menschen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, gezahlt werden solle.

Schädlich ist nach Ansicht des FA ferner, dass der Verein sich mindestens seit 2011 auch mit dem Thema Arbeitszeitverkürzung beschäftigt habe. In der Terminologie des Klägers sei die neoliberale Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik für Betriebsschließungen, Lohnsenkungen und Personalabbau verantwortlich. Mit der Forderung einer 30-Stunden-Woche für Europa bei vollem Lohn- und Personalausgleich verfolge der Kläger ebenfalls ein wirtschaftspolitisches Ziel. Dies lasse sich weder einem Satzungsweck noch einem gemeinnützigen Zweck zuordnen. Die Kampagne zur Arbeitszeitverkürzung widerlege die Behauptung des Vereins, dass er keine politischen Zwecke verfolge. Auf seiner Homepage erkläre der Verein die Arbeitszeitverkürzung zu einer ,,Machtfrage” in einem „gesamtgesellschaftlichen Projekt”. Auch insoweit befasse sich der Verein im Rahmen seiner Aktivitäten weder umfassend mit dem Sozialstaatsprinzip im Sinne des Grundgesetzes, noch habe er dieses – wie nach Ansicht des Beklagten aber erforderlich – objektiv und neutral gewürdigt. Da auch keine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgt sei, sei die Geschäftstätigkeit des Vereins nicht geeignet, das demokratische Staatswesen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO zu fördern. Letztlich bette der Verein seine Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen in ein übergeordnetes Ideengebäude eines Gesellschaftsmodells ein und überschreite damit zwangsläufig die Grenzen des Gemeinnützigkeitsrechts. Der Einwand, der Flyer über die Einführung eines Grundeinkommens sei allein von der Arbeitsgruppe ,,Genug für Alle” getragen, sei unbeachtlich, da diese Arbeitsgruppe Teil der Gesamtorganisation des Klägers gewesen sei. Die Arbeitsgruppe habe zudem das Logo, die Homepage und die sonstige Infrastruktur des Vereins genutzt und sei außerdem von dem Verein budgetiert gewesen.

Schließlich sei auch die im Jahr 2012 durch die Arbeitsgruppe „Gender” veranstaltete Tagung zum Thema ,,Feministische Ökonomie als Perspektive in der Wirtschaftskrise” keinem steuerbegünstigten Zweck zuzuordnen. Die Tagung habe beinhaltet, die Diskussion alternativer Wirtschaftsmodelle durch Ansätze einer feministischen Ökonomie zu bereichern. Weder die wirtschaftspolitische Zielsetzung der Tagung noch die geschlechterspezifischen Diskussionsansätze hätten einen der Satzungszwecke des Vereins verwirklicht.

Die einzelnen Kampagnen hätten sich zudem in den einzelnen Regionalgruppen widergespiegelt. Dass die jeweilige Kampagne nicht unmittelbar einen steuerbegünstigten Zweck gefördert habe, gelte deshalb auch für die entsprechenden Aktivitäten der Regionalgruppen. Abgesehen davon hätten die Regionalgruppen auch mit einigen der eigenständigen Aktivitäten keine steuerbegünstigten Satzungszwecke verfolgt. So habe eine Demonstration in Hamburg gegen Wohnungsleerstand der Kritik an der Wohnungsbaupolitik der Hansestadt gedient. Gleiches gelte für die Veranstaltung der B-Regionalgruppe Böblingen zu „KiTa-Streichungen, Schulschließungen in Sindelfingen”. Die Diskussionsveranstaltung der Regionalgruppe Darmstadt zum Thema „Die Lobby der Pharmaindustrie” lasse sich ebenfalls keinem gemeinnützigen Satzungszweck zuordnen. Die regelmäßigen öffentlichen Plenen der Regionalgruppe Aalen, welche „Diskussionen zu aktuellen politischen Entscheidungen in der BRD und Europa” ermöglichten, befassten sich auch mit allgemeinen politischen Themen außerhalb der Satzungszwecke. Gleiches gelte für den Arbeitskreis „Soziales Innenpolitik Wirtschaft” der Regionalgruppe Köln.

Im Ergebnis meint das FA, dass zwar einzelne Kampagnen bzw. Aktivitäten teilweise die Grundprinzipien des demokratischen Staatswesens berührt hätten. Der Schwerpunkt der Kampagnen und Aktivitäten habe jedoch nicht – wie nach Ansicht des FA aber erforderlich – auf der objektiven und neutralen Auseinandersetzung mit den demokratischen Grundprinzipien gelegen. Im Fokus der zu beanstandenden Geschäftstätigkeit hätten vielmehr die Formulierung (gesellschafts) politischer Forderungen und die Umsetzung der zugrundeliegenden wirtschafts-, finanz- und arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen gestanden.

Die Verwendung von Mitteln für die nicht gemeinnützigen Aktivitäten beinhalte zugleich eine Mittelverwendung. Eine weitere Mittelfehlverwendung liegt nach Ansicht des FA darin, dass der Verein eigene Mittel an sogenannte Aktions- oder Projektbündnisse (Umverteilen, Sparpaket, Steuerflucht/Steuerabkommen Schweiz, Demokratie und Stuttgart 21) zur weiteren Verwendung weitergeleitet oder Bündniskosten teilweise übernommen habe. Diese Mittelweitergabe sei gemessen an den Voraussetzungen der § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO unzulässig gewesen und stehe bereits für sich der Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Klägers entgegen.

Das FA meint schließlich, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Anwendung finde. § 56 AO lasse keinen Raum für eine Gewichtung des nicht gemeinnützigen Zwecks. Es verweist insoweit auf das 13 K 521193, EFG 1998, 1665. Diene eine Körperschaft gleichzeitig begünstigten und nichtbegünstigten Zwecken, sei zudem nach dem , BFHE 127, 360, BStBl. II 1979,496 auf Grund des Ausschließlichkeitsgrundsatzes die Steuerbefreiung für die gesamte Tätigkeit der Körperschaft zu versagen.

Im Einzelnen wird zu den Äußerungen der Beteiligten auf ihre Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift vom verwiesen.

Dem Gericht lagen die 3 Bände Körperschaftsteuerakten, 3 Bände Gewerbesteuerakten, 3 Bände Umsatzsteuerakten, 3 Bilanzhefte, 1 Sonderband Rechtsbehelfe, 1 Sonderband „Rechnungshof, Internetrecherchen, Urteile/Erlasse”, 1 Sonderband „Satzungen etc.”, 1 Sonderband „OFD” und 1 Sonderband „Rechtsbehelfe § 60a AO Satzung” sowie 7 Leitzordner mit Unterlagen zu den Aktivitäten des Klägers vor. Diese waren Gegenstand des Verfahrens und der Beratung.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Das FA hat dem Kläger zu Unrecht die Befreiung von der Körperschaftsteuer § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) versagt und (negative) steuerpflichtige Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb angesetzt. Denn der Kläger erfüllt in den Streitjahren die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Unter Berücksichtigung der Geringfügigkeitsschwelle des § 64 Abs. 3 AO unterliegen die Einkünfte aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht der Steuerpflicht.

1. Mit dem Begehren des Klägers, als gemeinnützig anerkannt zu werden, ist die Klage zulässig, obwohl die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags auf 0 Euro lautet und die Klage die Herabsetzung der zum bis festgestellten Verlustvorträge beinhaltet (vgl. zuletzt , BFH/NV 2016, 1754).

Im Hinblick auf die zum Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Änderung des Klagebegehrens (Zuordnung des Buch- und Broschürenhandels zum Zweckbetrieb) legt das Gericht die Klage zudem dahin aus, dass der Kläger – wie vom Gericht letztlich auch tenoriert – die vollständige Steuerbefreiung bzw. Nichtsteuerbarkeit seiner Tätigkeiten begehrt, d.h. in den Jahren 2010 bis 2012 nicht als steuerpflichtige Körperschaft veranlagt wird. Eine strenge Bindung an die noch zu Beginn der mündlichen Verhandlung protokollierten Anträge besteht insoweit nicht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

2. Das so verstandene Klagebegehren ist in vollem Umfang begründet. Der Kläger ist in den Streitjahren als gemeinnützig anzuerkennen, so dass ihm aufgrund dessen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG die Steuerbefreiung zu gewähren ist. Mangels steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sind die entgegenstehenden Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbescheide für 2010 bis 2012 deshalb unter Hinweis auf die in den Streitjahren gegebenen Gemeinnützigkeit gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO aufzuheben, während die Verlustvorträge zum bis gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO auf die zum festgestellten und in dieser Höhe mangels steuerpflichtigen Einkommens bzw. mangels steuerpflichtigen Gewerbeertrags unverändert vortragsfähigen Beträge zu ändern sind.

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG sind von der Körperschaftssteuer bzw. der Gewerbesteuer solche Körperschaften befreit, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke erfüllen. Eine Körperschaft verfolgt nach § 52 Abs. 1 gemeinnützige Zwecke, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit insbesondere auf materiellem, geistigem und sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, einen der in § 52 Abs. 2 AO aufgezählten Zwecke zu fördern. Als Förderung der Allgemeinheit sind danach u.a. die Förderung von Wissenschaft und Forschung (Nr. 1), die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe (Nr. 7), die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder sowie des Umweltschutzes (Nr. 8), die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens (Nr. 13) sowie die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich der Abgabenordnung (Nr. 24) anzusehen.

Gemeinnützig ist ein Verein jedoch nur dann, wenn er diese Zwecke nach seiner Satzung (§ 59 AO) und seiner tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) uneigennützig (selbstlos) (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) verfolgt.

b) Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (§ 60 Abs. 1 S. 1 AO, sog. formelle Satzungsmäßigkeit). Der Ausschließlichkeitsgrundsatz erfordert, dass alle in der Satzung genannten Zwecke von der Norm erfasst werden. Dabei ist es steuerlich unschädlich, wenn aufgrund der Satzung mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgt werden.

Diese Voraussetzungen der formellen Satzungsmäßigkeit liegen im Streitfall vor. Die Satzung des Klägers erfüllt in allen am und später geltenden Fassungen die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft. Insbesondere sind sämtliche in der Satzung genannten Zwecke förderungswürdig im Sinne des § 52 Abs. 2 S. 1 AO. Auch ist die Art ihrer Verwirklichung in der Satzung hinreichend bestimmt bezeichnet.

aa) Die in der Satzung vorgesehene Förderung der Wissenschaft und Forschung ist in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO als förderungswürdiger Zweck ebenso wie die Förderung der Bildung in § 52 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 AO, des Umweltschutzes in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 AO und der Völkerverständigung in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 13 AO ausdrücklich benannt. Soweit die in der Satzung ebenfalls genannten Zwecke der Förderung des Gemeinwesens, des Friedens und der Solidarität nicht ausdrücklich in dem Katalog der gemeinnützigen Zwecke des § 52 AO erscheinen, sind diese Zwecke gleichwohl als gemeinnützig anzusehen und werden von den gesetzlich normierten gemeinnützigen Zwecken mit umfasst.

bb) So beinhaltet die in Nr. 13 genannte Förderung des Völkerverständigungsgedankens nach der Rechtsprechung des , BStBl. II 1989, 391), der sich der Senat anschließt, die Förderung des Friedens.

cc)

aaa) Die in der Satzung vorgesehene Förderung des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität werden von der in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 24, 1. HS AO genannten Förderung des demokratischen Staatswesens mit umfasst. Aus dem konkreten Zusammenhang der Satzungszwecke im § 2 ergibt sich, dass mit Gemeinwesen der Zweck des demokratischen Gemeinwesens, mithin des Staatswesens als ein Oberbegriff gemeint ist. Bei der Gesetzesänderung von 2007, in der Gemeinwesen durch Staatswesen ersetzt wurde, handelt es sich lediglich um eine redaktionelle Änderung des Gesetzes, da diesen Begriffen staatsrechtlich und gesellschaftspolitisch synonyme Bedeutung zukommt (Leisner-Egensperger, Kommentar zur AO, Stand 4/15, § 52 Rz. 247). Der Zweck des demokratischen Staatswesens ist dabei nach der Rechtsprechung und Literatur weit auszulegen. Eine allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens ist gegeben, wenn sich eine Körperschaft mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral würdigt (, BStBl. II 2000, 200). Die Inhalte des demokratischen Staatswesens sind dabei aus den Grundprinzipien des Grundgesetzes abzuleiten (vgl. Jachmann in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 52 AO Rz. 119). Dies sind nach Art. 20 Abs. 1 und 2 GG unter anderem das Demokratieprinzip, die Gewaltenteilung, der Rechtsstaat und das Sozialstaatsprinzip sowie die auf den Freiheits- und Gleichheitsrechten der Art. 2 ff. GG beruhende freiheitliche Grundordnung (vgl.: Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 52 AO Rz. 53). Als tragende Säule unseres Staates erfasst das Demokratieprinzip eine freiheitliche, gewaltenteilende, rechtsstaatliche und sozialstaatliche Komponente. Während die Förderung der Demokratie in der Vorschrift („…demokratisches…”) selbst genannt ist, ist die Solidarität als Kernelement des Sozialstaatsprinzips, das durch den Ausgleichsgedanken der Sozialpflichtigkeit geprägt ist, von diesem verfassungsrechtlichen Grundwert mitumfasst. Das Grundgesetz sieht gerade eine Solidarität der (finanziell) Starken mit den (finanziell) Schwachen zur Stärkung des Gemeinwesens vor (Solidarität) und verengt das Sozialstaatsprinzip – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht auf einklagbare grundgesetzliche Ansprüche zur Sicherung des Existenzminimums. Vielmehr erhebt das Grundgesetz mit der Verpflichtung aller öffentlichen Gewalt auf das Sozialstaatsprinzip die Ausrichtung auf soziale Gerechtigkeit zu einem leitenden Prinzip aller staatlichen Maßnahmen (vergleiche Sondervotum zum , BVerfGE 138, 136, mit weiteren Nachweisen). Mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nimmt die Verfassung den Gesetzgeber in die Pflicht, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen.

bbb) Soweit das Finanzamt der Solidarität in der Satzung des Klägers nur ein internationales Verständnis beimisst, ist diese einengende Auslegung zwar möglich, nach dem Wortlaut aber weder zwingend noch geboten. Vielmehr verlangt die Förderung des demokratischen Staatswesens im Hinblick auf die Auswirkungen der Globalisierung auf unsere exportorientierte Volkswirtschaft gerade kein ausschließlich nationales Verständnis der Solidarität. Darüber hinaus wäre ein internationales Solidaritätsverständnis von dem Zweck der Völkerverständigung mitumfasst. Einer trennungsscharfen Abgrenzung zwischen Demokratie und Völkerverständigung bedarf es insoweit nicht.

dd) Dem Bestimmtheitsprinzip der in der Satzung genannten Zwecke ist durch eine nähere Konkretisierung des vorgesehenen Tätigkeitsbereichs des Klägers auf Schwerpunktethemen sowie durch die Benennung der Maßnahmen, mit denen er seine satzungsmäßigen Zwecke zu erfüllen beabsichtigt, hinreichend Rechnung getragen worden. So soll z.B. aufgeklärt werden über die ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung auf das demokratische Gemeinwesen, über die Nord-Süd-Differenz und Entwicklung, über Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie Frieden, Völkerverständigung und weltweite Gerechtigkeit. Mit der Benennung von Konferenzen, Tagungen, Erstellen und Verbreiten von Publikationen, der Durchführung von Seminaren und Bildungsveranstaltungen sowie dem Aufbau eines internationalen Konfliktnetzes zur Förderung der satzungsmäßigen Zwecke usw. bezeichnet der Kläger konkrete Handlungsabsichten. Im Hinblick auf die Förderung der Wissenschaft und Forschung sollen wissenschaftliche Projekte und Forschung zu den in § 2 der Satzung genannten Themen unter Mitwirkung des Wissenschaftsbeirats gefördert werden und in Bezug auf die Bildung sind in der Satzung die Themen, über die der Kläger durch „Aufklärung” die Kenntnis der interessierten Bevölkerung mehren will, ausdrücklich genannt. Die in der Satzung genannte Aufklärung zu weltweiten Verteilungsfragen, z.B. zum Nord-Süd-Gefälle, die darauf gerichtet ist, durch eine gerechte Verteilung den Frieden zu fördern, erfüllt durch die in der Satzung vorgesehenen Begegnungen bei Seminaren, Sommercamps und themenbezogenen Veranstaltungen die Voraussetzungen für die satzungsmäßige Bestimmtheit zur Förderung des Friedens und der Völkerverständigung.

ee) Da demzufolge vorliegend sämtliche in der Satzung des Klägers genannten Zwecke förderungswürdig im Sinne des § 52 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1. AO sind und auch die Art der Verwirklichung durch die Bezeichnung der Themenbereiche und Handlungsformen in der Satzung hinreichend bestimmt sind, ist die formelle Satzungsmäßigkeit gegeben. Verstöße gegen § 60 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 51 ff. AO und gegen die Mustersatzung nach Anl. 1 zu § 60 AO sind nicht ersichtlich.

Nur ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass der Kläger, aufgrund des Umstandes, dass das Finanzamt für die Streitjahre hinsichtlich der Vereinbarkeit der Satzung mit den §§ 51 ff. AO, Vertrauensschutz genießt, da ihm die Satzungsregelungen bereits vor den Streitjahren bekannt und zur Überprüfung vorgelegt worden waren. Auch hat es in der Einspruchsentscheidung die Versagung der Gemeinnützigkeit ausdrücklich nur auf die tatsächliche Geschäftsführung gestützt, worin eine nach § 182 Abs. 1 AO bindende gesonderte Feststellung der Vereinbarkeit der Satzung mit den §§ 51 ff. AO aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) gesehen werden könnte.

c) Der Kläger hat aber nicht nur nach seiner Satzung sondern auch tatsächlich ausschließlich und unmittelbar seine (gemeinnützigen) Zwecke verwirklicht und war demzufolge aufgrund seiner tatsächlichen Geschäftsführung in den Streitjahren als gemeinnützig anzuerkennen.

aa) Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. Dabei verlangt die für die tatsächliche Geschäftsführung zu beachtende „Ausschließlichkeit” (§ 56 AO), dass die Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. Bei Tätigkeiten, die eine politische Auswirkung haben, ist nach der Rechtsprechung eine Körperschaft dann nicht ausschließlich gemeinnützig tätig, wenn die politische Zielrichtung der Körperschaft Selbstzweck ist (bzw. über die Zeit wird) und den gemeinnützigen Zwecken nicht (mehr) funktional untergeordnet ist (vgl. , BStBl. II 1984, 844). Ein politischer Verein, der eine weit überwiegend politische Zielsetzung und deren Verwirklichung verfolgt, ist nach allgemeiner Meinung nicht gemeinnützig. Dagegen ist eine Betätigung, die politisch ausgerichtet ist, dann nicht gemeinnützigkeitsschädlich, wenn sie der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke dient, diesem gemeinnützigen Hauptzweck funktional untergeordnet ist und die Zweckverfolgung zwangsläufig mit einer politischen Zielrichtung verbunden ist (vgl. BFH, a.a.O., S. 847 f.). Insoweit gilt für das Tätigwerden das Finalitätsgebot. Das Gericht überprüft dabei, ob das Tätigwerden grundsätzlich geeignet ist, den in der Satzung genannten gemeinnützigen Zweck zu fördern.

Hingegen steht es weder dem Beklagten noch dem Gericht zu, darüber eine Wertbeurteilung zu treffen und darüber zu befinden, ob eine auf die Förderung des gemeinnützigen Zwecks gerichtete und auch ansonsten mit der Rechtsordnung vereinbare Maßnahme zweckmäßig oder billigenswert erscheint. Dabei ist es unschädlich, wenn die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks zwangsläufig mit gewissen politischen Zielsetzungen verbunden ist.

bb)

aaa) Bei der Art und Weise, wie und durch welche Maßnahme die Zwecke verfolgt werden dürfen, ist die gemeinnützige Organisation grundsätzlich frei. So braucht sie die Information zur Erreichung des Bildungszwecks nicht nur auf theoretische Unterweisungen zu stützen, sondern die Information kann auch durch einen Aufruf zu konkreten Handlungen ergänzt werden und mit bestimmten Forderungen verknüpft sein (, BStBl. II 2000, 200). Grundsätzlich sind dabei alle Aktionsformate zulässig, z.B. Demonstrationen, Petitionen, Seminare, öffentliche Veranstaltungen, sofern die Aktionen im Gesamtzusammenhang und mit der Zielrichtung zu dem gemeinnützigen Zweck stehen. Die Anknüpfung an tagespolitische Ereignisse ist sowohl bei Tätigkeiten zur Förderung des Zwecks des demokratischen Staatswesens als auch bei der Volksbildung oft nicht zu vermeiden. Entscheidend ist nur, dass die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist oder wird, sondern der Vermittlung der Ziele der Körperschaft dient (, BStBl. II 1989, 391). Mit derselben Zielrichtung sind ebenso spektakuläre Aktionen zulässig, um in der informations- und medienüberfluteten Gesellschaft Aufmerksamkeit für die Sache zu bekommen und damit z.B. den Bildungszweck überhaupt erfüllen zu können. Dabei ist die Reduzierung einer umfangreichen Argumentation auf wenige Aussagen oft notwendig.

bbb) Die jeweiligen Maßnahmen und Aktionen sind aber nur dann zu tolerieren, wenn sie eingebettet sind in ein umfassendes Informationsangebot und dazu dienen, sich Gehör zu verschaffen. Ansonsten müssen die Maßnahmen aber von einem inhaltlichen Anliegen getragen sein und in erster Linie dazu dienen, dem Informationsangebot bzw. dem sonstigen gemeinnützigen Zweck Gehör zu verschaffen ( a.a.O., S. 202). Des Weiteren darf es sich nicht um rechtswidrige Maßnahmen handeln (z.B. Gewalt, sonstige Gesetzesverletzungen) und es muss bei der Art der Berichterstattung das Sachlichkeitsgebot eingehalten werden. Wenn es sich um sachliche Informationen handelt, ist dagegen auch eine zum Teil drastische Sprechweise zu tolerieren, um sich Gehör zu verschaffen. Es dürfen aber weder Einzelinteressen gefördert noch sonstige Lobbyarbeit geleistet werden. Eine parteipolitisch motivierte Einflussnahme ist unzulässig. Allerdings bedeutet überparteilich nicht, dass im jeweiligen Einzelfall die Meinungen und Interessen nicht konform laufen dürfen mit denen einer Partei. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Aktion mit politischer Auswirkung sich regelmäßig gegen eine politische Richtung/Partei richtet und der Meinung der Gegenpartei, oft der Opposition, entspricht. Die Übereinstimmung mit einer Parteimeinung ist allerdings dann nicht mehr zulässig, wenn insgesamt eine Parteilinie gefördert wird oder wenn der gemeinnützige Zweck als Ziel des Tätigwerdens nicht erkennbar ist. Maßgebend ist dabei jeweils auf den Anlass oder die Motivation der Körperschaft bei der Aktion abzustellen.

ccc) Soweit mehrere gemeinnützige Zwecke nebeneinander verfolgt sind oder diese sich überschneiden, ist dies für die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft unschädlich, sofern die von ihr tatsächlich verfolgten Zwecke in der Satzung genannt und als gemeinnützig anerkannt sind (, BStBl. II 1979, 496). Von der Körperschaft getrennte (eigene) Tätigkeiten der Mitglieder oder anderer Personen muss sie sich diese nur dann zurechnen lassen, wenn dafür Mittel der Körperschaft verwendet werden.

Die gerichtliche Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft der Satzung entspricht, erfolgt gemäß § 96 Abs. 1 S. 1 FGO aufgrund der dem Gericht durch Vorlage der Akten und der gegebenenfalls eigenen Ermittlungen zum Schluss der mündlichen Verhandlung bekannten Umstände und der sich daraus zur Überzeugung des Gericht ergebenden Tatsachen. Zu den berücksichtigenden Umständen gehört auch die Selbstdarstellung der Körperschaft im Internet, soweit sich daraus Rückschlüsse auf die tatsächliche Geschäftsführung ergeben (vgl. , BFH/NV 2011, 952).

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen steht im Streitfall zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger ausschließlich und unmittelbar die in seiner Satzung bestimmten Zwecke verfolgt und auch nur dafür Mittel verwendet hat. Der Kläger hat sich während des Veranlagungszeitraums – wenngleich mit unterschiedlicher Intensität – ausgiebig den verschiedenen Satzungszwecken gewidmet, wobei die Förderung insbesondere den Förderzweck des demokratischen Staatswesens sowie den Zweck der Volksbildung betraf. Einer scharfen Trennung der Förderzwecke bedarf es dabei nicht, es reicht aus, wenn die Fördermaßnahmen mehreren Zwecken dienen.

aaa) Wie bereits bei der formellen Satzungsmäßigkeit erwähnt, ist der Zweck des demokratischen Staatswesens nach der Rechtsprechung und der Literatur weit auszulegen (vgl. Felix/Streck, Inhalte und Tragweite der Reform, DStZ 1984, 79 ff.). Das damit zum Ausdruck kommende Demokratieprinzip als Grundpfeiler unserer Verfassung kann nur unter Rückgriff auf die Verfassungsbegriffe aus dem Grundgesetz bestimmt werden (vgl. Jachmann in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 52 AO Rz. 119). Dies sind nach Art. 20 Abs. 1 und 2 GG das Demokratieprinzip, die Gewaltenteilung, der Rechtsstaat und das Sozialstaatprinzip sowie die auf den Freiheits- und Gleichheitsrechten der Art. 2 ff. GG beruhende freiheitliche Grundordnung sind (vergleiche: Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 52 AO Rz. 53). Ausgenommen sind die Förderung bestimmter Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art (Partikularinteressen) sowie eine auf den kommunalen Bereich beschränkte Förderung. So ist eine Initiative zur Sicherung der allgemeinen freiheitlich sozialen Wirtschaftspolitik als darunter fallender gemeinnütziger Zweck anzusehen, nicht jedoch die Wahrnehmung spezieller wirtschaftspolitischer oder steuerpolitischer Interessen bestimmter Berufs- und Bevölkerungsgruppen. Soweit § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 24 AO die Förderung des demokratischen Staatswesens auf den „Geltungsbereich dieses Gesetzes” beschränkt, bedeutet dies, dass Ausgangspunkt die Prinzipien des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland sein müssen. Dies schließt im Fall der stark exportorientierten Volkswirtschaft Deutschlands Aufklärung zu internationalen Verteilungsfragen und zur Globalisierung nicht aus, die durch grenzüberschreitende arbeitsteilige Produktionsprozesse, Direktinvestitionen und Ungleichverteilung von Ressourcen unmittelbare Auswirkungen auf das innerstaatliche Sozialstaatsprinzip haben.

bbb) Die Gerechtigkeit, insbesondere auch in Form der Steuergerechtigkeit ist dabei eine Kernkomponente des Sozialstaatsprinzips und dient zur Sicherung des sozialen Friedens, der Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie ist. Der , BStBl. II 2001, 552, zutreffend ausgeführt, dass die Besteuerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sich aus einem Zusammenwirken des Demokratieprinzips, der Freiheitsrechte, der Gleichheitsrechte und des Sozialstaatsgedankens ergibt und zugleich eine sozial ausgewogene Verteilungsgerechtigkeit fordert. Dabei dient die Steuergerechtigkeit der Förderung des Gemeinwesens und unterliegt in ihrem Grundsatz einem parteiübergreifenden Konsens. Differenzen bestehen nur in der Art und Weise der Verwirklichung. Demzufolge muss es zulässig sein, Alternativen aufzuzeigen und auch zu fordern, wenn damit eine umfassende Information und die Schaffung einer geeigneten Entscheidungsbasis gebunden sind.

ccc) Ebenso ist die Solidarität wesentliche Säule der sozialen Komponente

des demokratischen Rechtsstaats und Garant für den sozialen Frieden sowie Stabilitätsfaktor unserer Demokratie. Es ist daher im Sinne des Gemeinwohls, Missstände aufzuzeigen und praktische Lösungen für deren Beseitigung darzustellen.

ddd) Mit dem Demokratieprinzip korrespondiert der Zweck der Volksbildung. Unter Volksbildung fallen dabei insbesondere auch die politische Bildung und die weltanschauliche Bildung (Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl., zu § 52 Seite 72), die sich auch der Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 Abs. 2 Nr. 24 AO) zuordnen lässt (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar zu § 52 AO Rn. 27; Hüttemann, Gemeinnützigkeit- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rn. 3.144). Dies hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung ausdrücklich bestätigt ( a.a.O., S. 202), indem er ausführte, dass die Gemeinnützigkeit der politischen Bildung vor dem Hintergrund der allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens zu sehen ist. Die für eine Demokratie notwendige Ausgewogenheit der demokratischen Willensbildung setzt zwingend eine entsprechende Bildung und Kenntnisse von den bestehenden Zusammenhängen voraus. Politische Bildung muss dabei sachlich und möglichst umfassend informieren und dabei zur Schaffung und Förderung der politischen Wahrnehmungsfähigkeit und des politischen Verantwortungsbewusstseins führen ( a.a.O., S. 202). Dabei ist nicht nur die Darstellung des status quo erlaubt, sondern vielmehr ist es geboten, gesellschaftspolitische Themen aufzugreifen und auch Alternativen darzustellen. Hier taucht zwangsläufig wieder die politische Komponente auf. Auch besteht Bildung nicht nur in theoretischer Unterweisung, sondern kann auch durch den Aufruf zu konkreten Handlungen ergänzt werden ( a.a.O., S. 202).

dd)

aaa) Misst man die Maßnahmen und Aktionen des Klägers an den aufgezeigten Maßstäben, ergibt sich die vom Gesetz geforderte unmittelbare und ausschließliche Förderung der genannten Satzungszwecke. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Kläger dabei nicht über das für die Förderung der Satzungszwecke zulässige Maß hinausgegangen. Insbesondere hat der Kläger bzw. seine Organe keine politische Tätigkeit als Selbstzweck verfolgt. Vielmehr waren die vom Beklagten herausgestellten Maßnahmen und Aktionen des Klägers in ein vielfältiges Informations- und Bildungsangebot des Klägers über fiskalische und wirtschaftliche Zusammenhänge eingebettet. So sind, wie sich aus den Akten ergibt, in den Streitjahren mehr als 600 begleitende Aktionen, Seminare, Vorträge, Informationsveranstaltungen und Streitgespräche zu sämtlichen in § 2 der Satzung genannten Themen durchgeführt worden. Insbesondere hat der Kläger Bildungsveranstaltungen zu den Themen der Demokratie, des Friedens und der Ökonomie durchgeführt (Körperschaftsteuerakte 2010 Bd. 2 Bl. 77 ff.).

bbb) Nach seinem Selbstverständnis betrachtet sich der Kläger als Teil einer „globalisierungskritischen und basisdemokratischen Bewegung, als Bildungsbewegung mit Aktionscharakter und Expertise” mit dem Grundsatz „ideologischen Pluralismus” (Körperschaftsteuerakten 2011 Bl. 161). Dies ist so lange nicht zu beanstanden, als ein Bezug zwischen den Satzungszwecken und -zielen sowie Tätigkeiten besteht. Dies ist vorliegend gegeben; da das konkrete Handeln des Klägers darauf gerichtet und auch geeignet ist, zur Förderung der Satzungszwecke beizutragen.

Die Betätigung gemeinnütziger Organisationen muss dabei auch die politische Ebene tangieren können, ansonsten droht ein faktisches Leerlaufen ihres Engagements innerhalb unserer Zivilgesellschaft (Weitemeyer/Kamp, Zulässigkeit politischer Betätigung durch Gemeinnützige, ZRP 2015,72 ff.). Die politische Tätigkeit darf nur nicht Selbstzweck der politischen Agitation sein. Selbst wenn sich der Kläger vorliegend in seinem Internetauftritt als im politischen Bereich tätiger Verein präsentiert, ist dies nicht gemeinnützigkeitsschädlich. Damit wird nur die politische Dimension seines Handelns herausgestellt. Dass es dem Kläger in 1. Linie um die Förderung gemeinnütziger Zwecke geht, ergibt sich dagegen aus seiner Selbstdarstellung im Internet als „Bildungsbewegung mit Aktionscharakter und Expertise”. Die durch den Aktionscharakter ins Spiel kommende politische Komponente bezieht sich dabei auf den bildenden Teil. Gefördert werden soll die politische Bildung, dabei kann die aktiv bildende Befürwortung von bürgerrechtlichem Verantwortungsbewusstsein auch durch Berücksichtigung der wirtschaftspolitischen Dimensionen von „Verantwortung” gemeinnützig sein (vgl. Leisner-Egensperger in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur AO/FGO, § 52 AO Rn. 152,248). Dass es bei der Tätigkeit des Klägers in diesem Bereich mehr Übereinstimmungen zwischen den Forderungen des Klägers und der Parteipolitik der jeweiligen Opposition als mit der Regierungslinie gibt, liegt dabei in der Natur der Sache. Da staatliche Planungen als solches nicht unangreifbar sind, erwächst daraus die Gefahr dass gemeinnützige Belange nicht hinreichend beachtet werden. In dieser Hinsicht dient die Tätigkeit des Klägers der objektiven Meinungsbildung mit dem Ziel, die für die Allgemeinheit beste Lösung herbeizuführen.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts sprechen die thematischen Schwerpunktaktionen im Veranlagungszeitraum nicht gegen die Gemeinnützigkeit des Klägers. Mit diesen Themen hat sich der Kläger im Rahmen der Förderung der politischen Bildung und des demokratischen Staatswesens vielmehr kritisch an einem gesellschaftlichen Diskurs beteiligt, der nicht von politischen Mehrheiten getragen war, der aber die in der Gesellschaft vorhandenen Interessenkonflikte aufgreift.

(1) Mit der Kampagne „Sparpaket/Finanztransaktionensteuer/Umverteilen” (Körperschaftsteuerakten 2010 Bd. II, Bl. 32, 41) wandte sich der Kläger gegen das aktuelle Gesetzesvorhaben der Bundesregierung – sog. Sparpaket. Darin ging es insgesamt darum, durch Ausgabenkürzungen zur Haushaltskonsolidierung des Bundeshaushaltes beizutragen. Die im Einzelnen vorgesehenen Mittelkürzungen bei den Einzeletats wurden im Haushaltsbegleit- und HaushaltsG 2011 konkretisiert. Der Kläger analysierte die Bestandteile des Vorhabens nach dessen Verteilungswirkung auf alle gesellschaftlichen Gruppen. Er veröffentlichte wissenschaftlich aufbereitetes Material dazu auch in Buchform (Materialordner, S. 225). Wegen der seines Erachtens „sozialen Schieflage” des Regierungsprogramms und vor dem aktuellen Hintergrund umfangreicher staatlicher Stützungsmaßnahmen während der Bankenkrise entwickelte er im Programm „Verteilen statt kürzen” (Materialordner S. 229, 230) Gegenvorstellungen, die die soziale Ungleichheit verringern, Armutsrisiken und gesamtgesellschaftliche Kosten minimieren und dadurch die gesellschaftliche Polarisierung verhindern sollte. Das sind Maßnahmen, die neben dem Bildungszweck auch an dem Sozialstaatsprinzip als Teil des demokratischen Staatswesens anknüpfen. Mit konkreten steuerpolitischen Forderungen zur Einnahmeverbesserung des Gesamtstaats vermittelte er für die Allgemeinheit alternative Lösungsansätze zur Einlastung des Staatshaushalts. So verlangte er beispielsweise eine Vermögensteuer, die Reform der Erbschaftsteuer und die „Austrocknung von Steueroasen” (Materialordner, S. 231). Er hat aber zugleich einen Beitrag an die wirtschaftlich interessierte Öffentlichkeit zu grundlegenden fiskalischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen der nach seiner Ansicht anzustrebenden Lösungen geleistet. Die Kritik an dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung war danach in eine Analyse der Verteilungswirkung eingebettet und wissenschaftlich u.a. in Buchform, aufgearbeitet (Materialordner, Bl. 225). Das Bestreben, die soziale Balance durch Aufklärung zu einschlägigen wirtschafts- und finanzpolitischen Themen zu verbessern, ist dabei ein die Allgemeinheit förderndes Anliegen. Dies gilt gerade auch dann, wenn kein Konsens über die Ausgestaltung des sozialen Gemeinwesens besteht. Damit hat der Kläger sich zwar auch zur aktuellen Tagespolitik geäußert. Durch Herausgreifen aktueller tagespolitischer Ereignisse hat der Kläger die genannten Themenbereiche nachvollziehbar, d.h. „greifbar” für die interessierte Allgemeinheit gemacht. Ein sachlich geeigneter Bezug zu den Satzungszwecken der politischen Bildung und der allgemeinen Förderung des demokratischen

Staatswesens unter der besonderen satzungsmäßig vorgegebenen Beachtung der gesellschaftlichen Auswirkungen ist dabei jedoch nicht nur gegeben, sondern auch beabsichtigt. Dabei kommen zur Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke des Klägers grundsätzlich verschiedene Ausdruckmittel in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Aktionsformate wie Veranstaltungen mit Politikern, Demonstrationen und aktives Lobbying nicht zu beanstanden (, BStBl. II 1984, 844; vom , I R 11/88, BStBl. II 1989, 391; vom , XI R 63/98, BStBl. II 2000, 200). Davon gedeckt sind als weiteres Format auch Online-Unterschriftenaktionen und Sticker, jedenfalls dann, wenn sie – wie vorliegend – in ein umfangreiches Angebot von Informationsschriften und Diskussionsveranstaltungen eingebettet sind.

Dass der Kläger seinen vom Gemeinnützigkeitsrecht festgelegten „Bildungsauftrag” nicht nachgekommen sei, dafür liegen dem Gericht jedenfalls keine Erkenntnisse vor. Information und Aufklärung bei der politischen Bildung erfordern nicht bloß Analyse des (gesellschaftlichen) Ist-Zustandes. Sie können auch Anregungen für die Bürgerinnen und Bürger zur Abwendung tatsächlicher oder vermeintlicher schädlicher Entwicklungen der Gesellschaft bedeuten. Denn in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH zum gemeinnützigen Zweck des Umweltschutzes und politischer Betätigung ist staatliches Handeln nicht immer unangreifbar (, BStBl. II 1979, 482). Das ist auch vorliegend nicht der Fall. Aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen ergibt sich, dass der Kläger mit durchaus aufklärerischer emanzipatorischer Zielsetzung Konferenzen, Tagungen, Seminare, Workshops, Vorträge veranstaltet und Bildungsmaterialien zur Verfügung gestellt hat. Damit hat er den Satzungszwecken Genüge getan. Dass der Kläger mit dem Ziel größerer allgemeiner Aufmerksamkeit seiner kritischen Sicht auf das Regierungsvorhaben Demonstrationen und symbolische Bankenbesetzungen arrangierte und sich mit einem Online Appell an die Bundeskanzlerin und einen Bundesminister wandte, ist angesichts des gesellschaftlich umstrittenen Regierungsvorhabens zulässig und macht den Kläger noch nicht zu einem politischen Verein. Staatliche Ausgabenkürzungen wirken sich unter bestimmten Bedingungen – sowie beispielsweise auch Notenbankpolitiken – erheblich auf die Lebensverhältnisse der Menschen aus. Sie können zur Einkommens- und Vermögensverteilung beitragen, die vorhandene Situation verfestigen oder auflockern. Nachdem auch in der Wissenschaft und Forschung, beim IWF und den Experten der Deutschen Bundesbank eine zunehmende Verteilungsungleichheit der Nettovermögensverteilung in Deutschland konstatiert wird, stellte der Kläger dem demokratischen Diskussionsprozess und den unterschiedlichen Interessen (nur) seine Sicht zur Verfügung, um durch sachliche Auseinandersetzung zu einer „besten Lösung” zu kommen (vgl. a.a.O., S. 482). Dies ist vom Zweck der Volksbildung gedeckt.

(2) Eine andere Sicht ergibt sich auch nicht aus der Kampagne „H stoppen” für die Veranlagungszeiträume 2011 bis Anfang 2012. Das finanziell bedrohte Unternehmen „U” vertrieb nach besonderen Umweltstandards hergestellte Kleidung und sollte damals von einem Finanzinvestor, nämlich H, übernommen werden. Das Kampagnenziel bestand ausweislich der vorliegenden Unterlagen letztlich darin, Themen der ökologischen Nachhaltigkeit – hier umweltfreundliche Textilproduktion – mit Themen der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, Industriegenossenschaften als Alternative zur Übernahme von ökologisch orientierten Unternehmen durch Finanzinvestoren, zu verbinden (vgl. Materialordner I, B. 34, 35). Der Kläger hat exemplarisch anhand des finanziell bedrohten Unternehmens „U” ein alternatives Übernahmemodell in Form einer Genossenschaft dargestellt und insbesondere auch die von den Beschäftigten angeforderte Aufklärung über die generelle Funktionsweise von Investmentfonds und deren konkrete Auswirkungen für die Ökologie im speziellen Fall des Investitionsfonds „H” geliefert (Materialordner Bl. 37). Damit hat der Kläger insoweit selbst und unmittelbar eine Verbindung von ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit hergestellt (Materialordner I, Bl. 36) und neben dem Bildungszweck den Umweltschutz gefördert.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger selbst natur-/umweltnah produziert; vielmehr genügt es durch geeignete Handlungen, hier das Aufzeigen eines alternativen Gesellschaftsmodells, zur Erhaltung der nachhaltigen Produktion beizutragen. Indem der Kläger mit einer modellhaften Konzeptentwicklung zur Weiterführung des Unternehmens in einer anderen Gesellschaftsform - Beteiligung der Beschäftigten in einer Genossenschaft – sowohl eine rechtliche als auch eine wirtschaftlich tragbare Alternative zu der gesellschaftlich umstrittenen Beteiligung ausländischer Investmentgesellschaften entwickelte und diese im Zusammenwirken mit anderen Akteuren und in der Öffentlichkeit darstellte, hat er jedenfalls zur Verwirklichung des Satzungszwecks der ökonomischen Bildung beigetragen. Soweit die Aktivitäten des Klägers auch eine Unterschriftensammlung einschlossen, ist dies ebenso wenig zu beanstanden wie die Aufforderungen an „die Politik”, Beteiligungsgesellschaften wie Investmentfonds nicht mehr steuerlich zu begünstigen. Denn die Information zur Erreichung des Bildungszwecks kann auch durch einen Aufruf zu konkreten Handlungen ergänzt werden und mit bestimmten Forderungen verknüpft sein (, BStBl. II 2000, 200), auch dient sie zur Erhaltung der Nachhaltigkeit ökologischer Produktionsmethoden.

(3)

(a) Des Weiteren verfolgte der Kläger auch mit dem Themenschwerpunkt „Steuerflucht bekämpfen” und „kein Freibrief für Steuerbürger” im Veranlagungszeitraum 2012 (Körperschaftsteuerakte 2012 Bd. IV, B. 49) steuerbegünstigte Zwecke im Rahmen seiner politischen Bildung und der Förderung des demokratischen Staatswesens. Die Aufklärung über Steuerflucht in Steueroasen und die finanziellen Schäden für die öffentlichen Finanzen sowie die politischen Forderungen, für den Verzicht auf ein Steuerabkommen der Bundesregierung mit der Schweiz und eine beabsichtigte Steueramnestie (Körperschaftsteuer 2011, Bd. III, Bl. 71) dienen der Steuergerechtigkeit, die Teil des Sozialstaatsprinzips und notwendig für eine funktionierende Demokratie ist.

Es handelt sich weder um eine einseitige Agitation noch um die Geltendmachung von Partikularinteressen, da es dem Kläger erkennbar nicht darum ging, zu Gunsten bestimmter Personen oder sozialen Gruppen einen Vorteil zu erreichen. Im Vordergrund stand vielmehr, dass der Staat bestehende – durch Steuerflucht aber unbezahlt gebliebene – Steueransprüche durchsetzt und damit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zur Förderung des Sozialstaats genügt. Zwar erhob der Kläger seine politischen Forderungen zum Thema Steuerflucht insbesondere während der „kritischen Phase” des von der Bundesregierung geplanten Steuerabkommens mit der Schweiz. Dabei ging es dem Kläger aber zum einen um das Aufzeigen der unfairen Verteilungswirkungen sowie zum anderen um die Information über negative Folgen von Schattenfinanzplätzen und schlechter Steuermoral für die Staatshaushalte und für die Stabilität der Finanzmärkte. Dass der Kläger es für erforderlich erachtete, seine Analyse und Lösungsansätze zu dem Thema an aktuelle Ereignisse, wie dem umstrittenen Steuerabkommen mit der Schweiz aufzuhängen, um von einer breiteren Öffentlichkeit bemerkt zu werden, ist angesichts der Einbettung in ein hinreichend umfangreiches Informationsangebot nicht zu beanstanden. Gesellschafts- und sozialpolitische Prozesse und Fragen können und dürfen – wie oben bereits ausgeführt – gerade auch am praktischen Beispiel dargestellt werden.

(b) Dass der Kläger das Thema Steuergerechtigkeit und Finanztransaktionssteuer schon als einen der Entstehungsgründe des Vereins beschreibt und über einen längeren Zeitraum intensiv verfolgt, gefährdet für sich genommen nicht die Gemeinnützigkeit. Es ist dem Kläger grundsätzlich überlassen, wie lange und mit welchen Gegenständen (i.S.d. Gemeinnützigkeitsrechts) er sich befassen will ( a.a.O.). Entscheidend ist allein, dass die gemeinnützigen Zwecke der Satzung erfüllt werden. Inhaltlich bewegt sich der Kläger auch hier innerhalb seiner thematischen Spezialisierung auf wirtschaftliche Fragestellungen, insbesondere in der staatsbürgerlich-politischen Ökonomiebildung. Er stellt Aufklärungsmaterial zur Verfügung, bietet Alternativen an, veranstaltet Seminare und Ausstellungen. Damit ist sein Anliegen von der Satzung getragen. Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass das Anliegen nicht von objektiv und sachlich fundierten Auffassungen getragen wird, wobei diese Auffassungen nicht Mehrheitsmeinung in der Öffentlichkeit sein müssen (Hüttemann, a.a.O., S. 821).

(4)

(a) Auch die Befassung mit den Themen „30-Stunden-Woche” und die Kampagne „Demokratie statt Stuttgart 21”, die zwar beide Anhaltspunkte auf politische Zielsetzungen des Klägers enthalten und regionalbezogen stattfinden, sind Teil konkreter, förderungswürdiger Bestrebungen im Bereich der politischen Bildung, des demokratischen Staatswesens und des Umweltschutzes. Dabei nahm der Kläger Stuttgart 21 zum Anlass für einen sog. „Demokratie-Kongress”, in dem er am Beispiel der Privatisierung der Deutschen Bahn zu den als negativ erachteten Umwelt- und Verkehrsfolgen durch den geplanten Bahnhofs- und Innenstadtumbau auf etwaigen politischen Klüngel bei der Vergabe von großen öffentlichen Erschließungs- und Bauaufträgen aufgrund fehlender Verfahrenstransparenz hinwies. Der Kläger informierte zudem über die Privatisierung öffentlichen Grundvermögens, nicht veröffentlichter Erschließungs- und Bauverträge sowie Umwelt- und städtebaulicher Auswirkungen durch das beispielhafte Bauprojekt der Deutschen Bahn. Dass der Kläger im Rahmen der Forderung nach Transparenz auch drastische Ausdrucksmittel wählte, ist angesichts der politischen und wirtschaftlichen Sachlage zumindest vertretbar. Denn diese Wortwahl war letztlich auch Mittel zur Erreichung des förderungswürdigen Zwecks, sogenannte „Geheimverträge” im Zusammenhang mit Stuttgart 21 offenzulegen und damit die Maßnahme der demokratischen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterwerfen. Damit war der Kläger nach Überzeugung des Gerichts noch im Rahmen seiner Satzungszwecke tätig.

(b) Nichts anderes gilt für das Thema „30-Stunden-Woche”. Der Kläger und sein Arbeitskreis „ArbeitFairTeilen” hat sich insoweit durch Organisation und Referenten an Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen (Materialordner I, Bl. 38-63) beteiligt. Mit dem Plädoyer des Arbeitskreises nach einer 30-Stunden-Woche für alle bei vollem Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen (siehe Faltblatt „Das reicht! 30-Stunden-Woche für alle”; Materialordner I, Bl. 64) forderte der Kläger deshalb nicht nur zur Verkürzung der Arbeitszeit auf. Vielmehr ging es dem Kläger gerade darum, im Rahmen des Bildungsauftrags dieses Arbeitszeitmodell –Verteilung der vorhandenen Arbeit auf mehrere Beschäftigte und die dafür sprechenden Gründe, z.B. mehr Zeit für ehrenamtliche Tätigkeit – als Alternative zur bisherigen Normalarbeitszeit vorzustellen. Die damit einhergehende Unterstützung entsprechender Gewerkschaftsforderungen ist unschädlich. Denn der Kläger hat angesichts der Offenlegung der Argumentation gerade keine einseitige oder unkritische Agitation betrieben.

(5)

(a) Ferner führen auch die vom Beklagten angeführten „allgemeinen politischen Themen”: „Bedingungsloses Grundeinkommen und feministische Ökonomie” nicht zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Die Information über diese Themen anhand von Broschüren, Filmen, Diskussionsveranstaltungen und Vorträgen (Materialband I, Bl. 84) sind vom Bildungszweck des Klägers mitumfasst und dienen der Förderung des sozialen Gemeinwesens. Dabei besteht ein sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden Themen. Der Kläger versteht unter bedingungslosem Grundeinkommen, dass jeder Einwohner als Teil der Daseinsvorsorge ein voraussetzungsloses Einkommen einer bestimmten Höhe erhalten soll (Materialband, Bedingungsloses Grundeinkommen,

Bl. 1 ff., 25 ff.) und erhofft sich dadurch zur sozialen Problemlösung, z.B. gesellschaftlicher Verarmung, Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderarmut sowie sozialer Ausgrenzung beizutragen und damit auch zu einer Neubewertung des Arbeitsbegriffs, z.B. Entlohnung unbezahlter häuslicher Arbeit, zu gelangen.

(b) Auch die feministische Ökonomie als Teilbereich der Wirtschaftswissenschaften befasst sich mit den Gesellschaftsverhältnissen unter dem besonderen Blickwinkel der Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis, insbesondere bei Lohnungleichheiten und unbezahlter Arbeit. Der Kläger hat sich im Veranlagungszeitraum 2010 und 2011 in unterschiedlicher Form mit dem vorherrschenden Wirtschaftssystem eher fremden Thematik befasst. Neben Broschüren (Materialband Bl. 84), Filmen und Vorträgen, Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen hatte er auch kirchliche Organisationen und Kritiker mit einbezogen und somit über die Themen aufgeklärt und zur ökonomischen Bildung beigetragen. Dass er mit seiner Meinung zur gesellschaftlichen Teilhabe provokant am Beispiel des bedingungslosen Grundeinkommens auch Kontroversen auf sich zog, ist dabei unbeachtlich.

(c) Die vom Beklagten angeführte Kampagne „Casino schließen” betrifft einen zurückliegenden Veranlagungszeitraum, der hier nicht Gegenstand der Prüfung ist.

eee) Auch in den Regionalgruppen und mit der Beteiligung an sog. Bündnissen hat der Kläger satzungsgemäß und förderungswürdig gehandelt.

(1) Satzungswidrige Aktivitäten der Regionalgruppen wären schädlich, da die Regionalgruppen einen Teil der dem Kläger zur Verfügung gestellten Mitgliedsbeiträge zur eigenen Verwendung erhalten, womit insoweit eine satzungswidrige Mittelverwendung vorläge. Dadurch, dass die Regionalgruppen keine eigenständigen Vereinigungen sind, sind der Kläger und seine Organe für alle nach außen wirkenden Tätigkeiten der Regionalgruppen (mit-) verantwortlich ist.

(2) Indes sind für das Gericht keine satzungswidrigen Aktivitäten der Regionalgruppen ersichtlich. Soweit sich die bereits dargelegten sog. Kampagnen in den Regionalgruppen widerspiegelten, ist dies angesichts der satzungsgemäßen Zielrichtung und deren Einbettung in das Informationsangebots des Klägers nicht zu beanstanden. Aber auch die vom Beklagten als schädlich angesehen Einzelaktivitäten der Regionalgruppen sind satzungsgemäß.

(a) Die Demonstration in Hamburg mit der Bezeichnung „Leerstand zu Wohnraum” war ausweislich der Akten (Bl. 185 des Ordners „2010 Gruppenaktivitäten A-K”) Teil eines Informationsangebot zum – augenscheinlich – hohen Bestand an leerstehenden Büroflächen und der dennoch fortschreitenden Schaffung weiteren Büroraums bei gleichzeitig steigenden Mieten für Wohnraum. Der Kläger hat damit insoweit wirtschaftliche Zusammenhänge dargestellt und damit die wohnungspolitische Bildung gefördert. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in den Ballungsgebieten ist dabei notwendig zur Erhaltung des sozialen Friedens im Rahmen des Sozialstaatsprinzips. Die Bezugnahme auf die konkrete Situation in Hamburg ist schon deshalb keine Befassung mit kommunalpolitischen Fragestellungen, weil in der Freien und Hansestadt Hamburg wegen der Verfassung als Stadtstaat die Landesebene betroffen ist. Darüber hinaus war der Leerstand des sog. Astraturms aber nur der konkrete Anlass, um beispielhaft auf den nach Ansicht des Klägers bestehenden Zusammenhang zwischen der Knappheit von Wohnraum einerseits und dem Leerstand bzw. der Neuschaffung von Gewerbeimmobilien anderseits hinzuweisen.

(b) Ausgehend davon sind auch die Veranstaltungen der B-Regionalgruppen in Böblingen zu „Kita-Streichungen, Schulschließungen in Sindelfingen” und in Darmstadt zu „Lobby der Pharmaindustrie” sowie die regelmäßige „Diskussion zu aktuellen politischen Entscheidungen in der BRD und Europa” in Aalen und des Kölner Arbeitskreises „Soziale Innenpolitik Wirtschaft” nicht zu beanstanden. Nach den hierzu vorliegenden Unterlagen handelte es sich ebenfalls um Informationsangebote im Rahmen der steuerbegünstigten Satzungszwecke. So betraf die Tätigkeit in Sindelfingen nicht nur die dortige Situation. Vielmehr war ein externer (ortsfremder) Referent eingeladen, zu dem Thema „Schulbänke statt Bad Banks” vorzutragen (siehe im Einzelnen Bl. 54 Ordner „2010 Gruppenaktivitäten A-K”). Dies zeigt hinreichend, dass Gegenstand der Veranstaltung die Information darüber war, welche Zwecke von den politischen Entscheidungsträgern als finanzierungswürdig angesehen werden (hier finanzschwache Banken) und welche Folgen diese Entscheidung an anderer Stelle haben kann. In Darmstadt handelt es sich um eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Lobby der Pharma-Industrie – national und international” durch eine Vertreterin von Transparency International Deutschland e.V. (siehe im Einzelnen Bl. 102 Ordner „2010 Gruppenaktivitäten A-K”). Dem Beklagten ist zuzugeben, dass insoweit eher Randbereiche der in der Satzung genannten Bereiche betroffen sind. Die Organisation Transparency International beschäftigt sich aber gerichtsbekannt weltweit mit Fragen der teils illegalen teils legalen Beeinflussung von Entscheidungsträgern. Wegen der weltweiten Aktivitäten vieler großer Pharmaunternehmen besteht deshalb ein hinreichender Bezug zur satzungsgemäßen Förderung von Bildung durch Informationen zur Fragen der Globalisierung. Abgesehen davon betreffen die insoweit vom Kläger aufgegriffenen Themen – illegale Korruption und legaler Lobbyismus – Grundfragen des demokratischen Staatswesens und der politischen Bildung. Dies gilt auch für die für Öffentlichkeit zugängliche Diskussionen über aktuelle politischen Fragen in Aalen (vgl. Bl. 2 Ordner „2010 Gruppenaktivitäten A-K”) und den Kölner Arbeitskreis zu „Soziales-Innenpolitik-Wirtschaft”, zumal derartige interne Treffen, die weder finanziell noch anderweitig eine Außenwirkung haben, die satzungsgemäße Geschäftsführung ohnehin nicht in Frage stellen können. Eine insoweit unkritische und einseitige Agitation ist nicht ersichtlich. Vielmehr bestand insoweit gerade ein Diskussionsforum.

(c) Auch aus den übrigen Unterlagen ist für das Gericht kein Verstoß gegen § 63 AO ersichtlich. Das Gericht verkennt auch insoweit nicht, dass zahlreiche Aktivitäten politiknah waren. Die umfangreichen Bücher, Broschüren und sonstigen Informationsmaterialen lassen aber darauf schließen, dass die Aktivitäten jeweils von einem der satzungsgemäßen Zwecke, z.B. Bildung, getragen waren.

Nichts anderes gilt für die Teilnahme an sog. Bündnissen. Insbesondere ist angesichts der zahlreichen gemeinsamen mit den anderen Organisation durchgeführten Vortrags- und sonstigen Informationsveranstaltungen lebensnah und deshalb glaubhaft, dass die Klägerin im Rahmen der Bündnisse ausschließlich eigene Aufwendungen getragen hat, so dass auch kein Verstoß gegen § 58 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nr. 2 AO ersichtlich ist.

d) Der somit hinsichtlich des ideellen Bereichs und für Zweckbetriebe steuerbefreite Kläger war in den Streitjahren auch nicht mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuerpflichtig. Dies folgt daraus, dass der Kläger mit dem Verkauf von Büchern und Broschüren einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO unterhalten hat, die Einnahmen für Verpflegung nicht zu einem Geschäftsbetrieb gehörende durchlaufende Posten waren und die übrigen Aktivitäten auf Grund der Geringfügigkeitsschwelle des § 64 Abs. 3 AO ebenfalls nicht im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu erfassen sind.

aa) Der Verkauf von Büchern und Broschüren war Teil der satzungsgemäßen Förderung der Bildung, weil es sich hierbei nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten um den „Vertrieb” des eigenen Informationsangebots des Klägers handelte. Es bestand insoweit ein nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehender nicht steuerpflichtiger Zweckbetrieb (§ 65 AO), der unmittelbar die Förderung der satzungsgemäßen Zwecke bezweckte.

bb) Auch die übrigen Einnahmen des Klägers gehörten nicht zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

aaa) Dass die Mitarbeiter und teils auch die Mitglieder über den Kläger ein als Mensa bzw. Cafeteria bezeichnete Verpflegung bezogen, war ebenfalls kein wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 Satz 1 AO). Die vorliegende vollständige Kostendeckung lässt darauf schließen, dass die Tätigkeit des Klägers nicht in einer selbständigen Verpflegungsleistung, sondern lediglich in der Verauslagung der jeweils durch die Verpflegung entstandenen externen Kosten bestand.

bbb) Da die übrigen (Brutto-)Einnahmen in allen Streitjahren weniger als 35.000 Euro betrugen, können diese nach § 64 Abs. 3 AO ebenfalls keinen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen

e) Mangels zu versteuerndem Einkommen und mangels gewerbesteuerpflichtigem Gewerbebetrieb waren somit die Festsetzung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträgen für die Streitjahre aufzuheben und nur noch die zum bestandskräftig festgestellten Verlustvorträge unverändert zum bis fortzuführen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 711, 708 Nr. 10 der Zivilprozessordnung.

5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da das Gericht im Wesentlichen auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalls abzustellen hatte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2016 S. 8 Nr. 47
DStR 2017 S. 8 Nr. 32
DStRE 2017 S. 1128 Nr. 18
ErbStB 2017 S. 270 Nr. 9
KSR direkt 2016 S. 12 Nr. 12
SAAAG-46653