Gewerbesteuer
Verlust: Unternehmensidentität und Unternehmeridentität als Voraussetzungen für die Feststellung eines Gewerbeverlusts
Leitsatz
1) Die Inanspruchnahme des Verlustabzugs nach § 10a GewStG erfordert Unternehmensidentität und Unternehmeridentität.
2) Bei einer PersG geht bei einem Ausscheiden eines Gesellschafters der Verlustabzug anteilig verloren.
3) Über die Möglichkeit der Ausnutzung eines Verlustvortrags ist im Jahr der Verlustberücksichtigung zu entscheiden.
4) Der Übergang von einem Produktions- und Vertriebsunternehmen zu einem reinen Verpachtungsunternehmen stellt - falls keine Betriebsaufspaltung vorliegt - den Übergang von einer gewerblichen Tätigkeit zu einer anderen dar und lässt die Unternehmensidentität entfallen.
5) Unternehmensidentität ist danach nicht gegeben, wenn ein zunächst angepachtetes Produktions- und Vertriebsunternehmen mit eigenen Wirtschaftsgütern fortgeführt wird, jedoch nicht - wie zuvor - auf eigenem Grundstück, sondern auf einem angepachteten Grundstück.
Gesetze: GewStG § 2 Abs 1, GewStG § 10a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Unternehmensidentität und Unternehmeridentität als Voraussetzungen für die Feststellung eines Gewerbeverlusts gegeben sind.
Die Klägerin gehörte zur B Gruppe mit Sitz in den USA. Die B … Company (UK) Ltd. „B UK”) ist die alleinige Anteilseignerin der B Deutschland GmbH (Klägerin). Die Klägerin war wiederum alleinige Kommanditistin der A B GmbH & Co. KG (A B-KG). Die A Verwaltungs GmbH war die alleinige Komplementärin der A B-KG ohne eine vermögensmäßige Beteiligung. Alleinige Anteilseignerin an der A Verwaltungs GmbH war wiederum die Klägerin. Einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer war und ist Herr W. Herr W ist innerhalb der B Gruppe für die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der vorgenannten Gesellschaften verantwortlich. Sämtliche deutsche Konzerngesellschaften haben ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum Ablauf des 30.06. eines jeden Jahres.
Die Geschäftstätigkeit der A B-KG beinhaltete zum die Produktion von N nach eigenen Entwürfen sowie den Handel mit sonstigen Produkten der B Gruppe. Dabei wurden durchschnittlich 55 Arbeitnehmer beschäftigt und jährliche Umsatzerlöse von ca. 6 bis 7 Mio. € erzielt.
Im Wirtschaftsjahr 2005 bestand der deutsche Teilkonzern der B Gruppe aus einer Vielzahl inländischer operativer Kommanditgesellschaften, welche historisch im Wesentlichen aus dem Hinzuerwerb von Firmen im Zeitraum 1999 bis 2000 durch die B Gruppe resultierten. Im Jahr 2005 fasste die Konzernführung den Plan, die deutschen operativen Kommanditgesellschaften der B Gruppe umzustrukturieren. Ziel war es, die verschiedenen Aktivitäten der einzelnen operativen Gesellschaften soweit als möglich auf eine einzige Gesellschaft, die Klägerin, zu konzentrieren. Gründe hierfür waren ein einheitlicher Marktauftritt gegenüber Kunden, ein einheitliches Reporting sowie die Erzielung von Synenergieeffekten zur Kosteneinsparung. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden sämtliche Geschäftsbetriebe der B Kommanditgesellschaften – mit Ausnahme des Geschäftsbetriebs der A B-KG – im Wege der erweiterten Anwachsung zum auf die Klägerin übertragen. Die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge der insoweit untergegangenen Kommanditgesellschaften wurden steuerlich auf die Klägerin übertragen und in der Folgezeit von dieser genutzt.
Grund für die Ausnahme der A B-KG war, dass diese vor einer Anwachsung auf die Klägerin zunächst ihr Grundvermögen, insbesondere ein Betriebsgrundstück in H, veräußern wollte, auf welchem eine Fabrik für N1 betrieben wurde. Um den doppelten Anfall von Grunderwerbsteuer (einerseits durch die Anwachsung und andererseits durch einen anschließenden Grundstücksverkauf) zu vermeiden, sollte der Geschäftsbetrieb der A B-KG bis zum Verkauf des betreffenden Grundvermögens an die Klägerin verpachtet werden. Nach dem Verkauf des Grundvermögens sollte dann die A B-KG ebenfalls auf die Klägerin anwachsen. Nach Angaben der Klägerin war der Abschluss des Betriebspachtvertrags somit lediglich als „Zwischenlösung” im Rahmen des Gesamtplans der Restrukturierung zwischen der A B-KG und der Klägerin gedacht.
Dementsprechend schloss die A B-KG hinsichtlich des von ihr betriebenen Unternehmens mit Wirkung ab dem einen Betriebspachtvertrag mit der Klägerin ab. Danach wurde das Anlagevermögen der A B-KG an die Klägerin verpachtet. Das Umlaufvermögen der A B-KG wurde zu diesem Stichtag an die Klägerin veräußert und übertragen. Weiterhin gingen zu diesem Stichtag die Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern der A B-KG nach § 613a BGB auf die Klägerin über. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebspachtvertrag Bezug genommen.
Der Betriebspachtvertrag wurde am aufgehoben. Hintergrund hierfür war nach Angaben der Klägerin das Interesse, die Strukturen der Deutschen Gruppe weiter zu vereinfachen, nachdem man zu der Erkenntnis gelangt war, dass sich der Verkauf des Grundvermögens der A B-KG wohl länger als zunächst erwartet hinziehen würde und die Klägerin den bestehenden Betriebspachtvertrag angesichts der beabsichtigten Vereinfachung nicht längerfristig habe fortführen wollen. Im Zuge der Aufhebung des Betriebspachtvertrages sahen die Vertragsparteien von einer Rückübertragung des verpachteten Anlagevermögens des vormals gepachteten Betriebes an die A B-KG ab, sondern vereinbarten vielmehr dessen Übertragung auf die Klägerin, die dafür vereinbarungsgemäß eine Zahlung von 100.000 € an die A B-KG leistete. In dieser Höhe aktivierte die Klägerin einen Kundenstamm der A B-KG. Das in H belegene Betriebsgrundstück mit dem aufstehen Fabrikationsbetrieb vermietete die A B-KG mit Mietvertrag vom fortan an die Klägerin.
Der Beklagte stellte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom den zum vortragsfähigen Gewerbeverlust der A B-KG mit 2.511.698 € fest. Dieser Verlust wurde in 2006 von dem Gewerbeertrag vor Verlustabzug in Höhe von 177.737 € abgezogen, so dass der Gewerbesteuermessbetrag für 2006 auf 0 € festgesetzt wurde.
2008/2009 fand bei der A B-KG durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung K eine Außenprüfung statt, die u.a. auch die Gewerbesteuer 2004 bis 2006 umfasste. In dem Betriebsprüfungsbericht vom vertrat der Prüfer die Ansicht, dass der auf den festgestellte gewerbesteuerliche Verlustvortrag zu versagen sei, da der Gewerbebetrieb der KG im Verlustentstehungsjahr infolge der Betriebsverpachtung nicht identisch sei mit dem Gewerbebetrieb im Verlustverrechnungsjahr.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung. Er hob mit Bescheid vom die frühere Feststellung des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags auf und entschied, dass eine Feststellung nicht durchzuführen sei. Den Gewerbesteuermessbetrag 2006 setzte er mit Bescheid vom auf 5.785 € fest.
Mit Wirkung vom trat die A Verwaltungs GmbH aus der A B-KG aus, die infolgedessen aufgelöst wurde; ihr Vermögen wuchs der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin an (§ 738 BGB; vgl. , BFHE 239, 130, BStBl II 2013, 176, DB 2013, 14). Da sich der beabsichtigte Verkauf des Grundvermögens schwieriger als erwartet erwies, war es der A B-KG bis zur Anwachsung im Jahr 2011 lediglich gelungen, ein Teilgrundstück zu veräußern (notarieller Vertrag vom ).
Gegen die Aufhebung der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2006 machte die Klägerin im Verfahren 10 K 1830/10 als Gesamtrechtsnachfolgerin nach der A B-KG geltend, ihr – der Klägerin – stehe der gewerbesteuerliche Verlustabzug zu, so dass auch der Gewerbesteuermessbetrag für 2006 auf 0 € herabzusetzen sei. Träger des Rechts auf den Verlustvortrag sei nicht der Gewerbebetrieb als solcher, sondern der Unternehmer (d.h. der Mitunternehmer) des Betriebs, und zwar sowohl in einkommen- als auch in gewerbesteuerlicher Hinsicht. Die erforderliche Unternehmeridentität liege unstreitig vor. Auch Unternehmensidentität liege vor, weil der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb mit dem Gewerbebetrieb identisch sei, der im Verlustentstehungsjahr bestanden habe. Im Streitfall habe sich das nach der BFH-Rechtsprechung maßgebliche Gesamtbild der wirtschaftlichen Betätigung infolge der vorübergehenden Verpachtung des Gewerbebetriebs an die Klägerin nicht geändert.
Das FG Köln gab der Klage mit Urteil vom – 10 K 1830/10 teilweise statt und hob den Bescheid vom auf, mit dem der Bescheid vom über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum aufgehoben worden war. Die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts (§ 10a Satz 4 GewStG) erfolge unabhängig davon, ob der Verlustvortrag wegen Wegfalls der Unternehmens- oder der Unternehmeridentität in einem späteren Jahr nicht mehr gewerbesteuermindernd geltend gemacht werden könne. Denn über die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit sei nicht im Jahr der Verlustentstehung, sondern in dem Jahr der Verlustberücksichtigung zu entscheiden (, BFH/NV 2010, 1492, Rz. 15 m.w.N.). Andernfalls würden materielle Fragen mit Fragen der Technik vermengt.
Die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung gegenüber der A B-KG für 2006 hielt das Gericht demgegenüber für rechtmäßig. Der Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahres 2005/2006 in Höhe von 164.200 € (nach Hinzurechnungen und Kürzungen) sei mangels Unternehmensidentität nicht um den Gewerbeverlustvortrag aus den Vorjahren zu mindern. Denn der Übergang von einem Produktions- und Vertriebsunternehmen zu einem reinen Verpachtungsunternehmen stelle den Übergang von einer gewerblichen Tätigkeit zu einer anderen dar (, BStBl II 1968, 688). Zwar bejahe der BFH den inneren Zusammenhang im Verhältnis der aus einer Betriebsaufspaltung hervorgegangenen Besitzgesellschaft zur Betriebskapitalgesellschaft. Im Streitfall liege aber mangels personeller Verflechtung keine Betriebsaufspaltung vor. Denn in der Besitzpersonengesellschaft (A B-KG) sei die Klägerin die beherrschende Person, während bei der Klägerin die B UK alleinige Anteilseignerin sei.
Auf der Grundlage dieses inzwischen rechtskräftigen Urteils ist streitgegenständlich im Verfahren 10 K 1180/13 die Ablehnung des Antrags vom der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A B-KG, den auf den verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlust mit dem gegenüber dem Stichtag vom unveränderten Wert von 2.511.698 € festzustellen, weil dieser Verlust mangels Unternehmensidentität untergegangen sei (Ablehnungsbescheid vom ). Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom ruht dieses Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss 10 K 2481/13.
Im vorliegenden Streitverfahren 10 K 2481/13 ist demgegenüber streitig, ob bereits aufgrund des Abschlusses des Betriebspachtvertrages und dessen Beendigung mit Ablauf des ein Betriebsübergang auf die Klägerin stattgefunden hat, verbunden mit der Frage, ob der zum für die A B-KG festgestellte Gewerbeverlustvortrag zum für die Klägerin festzustellen ist und von ihr bereits zu diesem Zeitpunkt aus eigenem Recht genutzt werden kann. Die Klage ist gerichtet gegen den auf der Grundlage der Betriebsprüfung bei der A B-KG erlassenen Änderungsbescheid vom , mit welchem der vortragsfähige Gewerbeverlust der Klägerin auf den mit 1.129.268 € festgestellt wurde, in der Form des zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheides vom , mit welchem der vortragsfähige Gewerbeverlust für die Klägerin auf 1.058.819 € herabgesetzt wurde. Die Klägerin nimmt an, dass der für die A B-KG zum mit 2.511.698 € festgestellte Gewerbeverlustvortrag infolge Betriebsübergangs mit Ablauf des ebenfalls auf sie übergegangen und deshalb der für sie festgestellte Gewerbeverlustvortrag um diesen Betrag zu erhöhen ist. Der streitgegenständliche Bescheid stellt demgegenüber darauf ab, dass die der Produktion dienenden Betriebsgrundstücke bei der A B-KG verblieben und anschließend an die Klägerin vermietet worden seien, so dass keine Betriebsübertragung vorliege. Denn die Veräußerung eines Gewerbebetriebs im Ganzen erfordere die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang. Zudem müsse die bisherige betriebliche Tätigkeit des Veräußerers enden (Hinweis auf , BStBI II 1996, 527, m.w.N.).
Mit der Klage begehrt die Klägerin nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom ) die Feststellung, dass der gewerbesteuerliche Verlustvortrag auf sie als einzige Kommanditistin der A B-KG übergegangen sei und sich ihr vortragsfähiger Gewerbeverlust dadurch um 2.511.698 € auf 3.570.517 € erhöht habe. Da kein Wechsel der Mitunternehmer der A B-KG erfolgt sei, liege die erforderliche Unternehmeridentität unstreitig vor. Die Unternehmensidentität sei gegeben, weil die operative Tätigkeit der A B-KG zum endgültig auf die Klägerin übergegangen sei. Damit sei der Gewerbebetrieb der Klägerin ab diesem Zeitpunkt identisch gewesen mit dem bis zum bestehenden Gewerbebetrieb der A B-KG. Der Begriff der Unternehmensidentität dürfe entgegen der Auffassung des Beklagten nicht mit den Voraussetzungen der Betriebsveräußerung gleichgesetzt werden. Die Unternehmensidentität sei vielmehr nach folgenden Kriterien zu prüfen:
Art der Tätigkeit
Kunden- und Lieferantenkreis
Arbeitnehmer
Geschäftsleitung
Betriebsstätten
Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens
Im Streitfall sei der gewerbliche Betrieb der A B-KG „Produktion und Verkauf von N” bis zum durch die folgenden Kriterien gekennzeichnet gewesen:
Produktion und Verkauf von N sowie Handel mit sonstigen Produkten der B Gruppe als Art der Tätigkeit
Vertrieb der Waren als Großhändler über den Groß- oder Einzelhandel mit dem … und außerdem Handelsketten (z.B. …) als Kundenkreis sowie dem Import der N2 von Lieferanten aus China, Bangladesch und Pakistan bzw. hinsichtlich der Marke P aus Tunesien und Bulgarien (Lieferantenkreis) bzw. dem Bezug der Stoffe und Verpackungsmaterialien von Lieferanten aus Europa
Es seien durchschnittlich 50 Arbeitnehmer beschäftigt worden
Die Geschäftsleitung habe bei Herrn W als Geschäftsführer der früheren Komplementär-GmbH gelegen
Die Betriebsstätten hätten sich in S und H befunden
Aktivvermögen zum : Von der Bilanzsumme der A B-KG (rd. 5,4 Mio. €) seien lediglich 4,3 % (rd. 234 T€) auf Grundstücke und Bauten entfallen.
Sämtliche Kriterien hätten sich infolge der Betriebsverpachtung ab dem nicht verändert. Während die Arbeitnehmerzahl vor der Umstrukturierung bei 50 gelegen habe, seien nach der Umstrukturierung 126 Mitarbeiter bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Die Bilanzsumme der Klägerin zum habe rund 25,5 Mio. € betragen; mit Ausnahme der Grundstücke und Bauten sei das Anlagevermögen der A B-KG übernommen worden.
Im Hinblick auf die nach der Rechtsprechung vorzunehmende Gesamtabwägung sei es entgegen der Auffassung des Beklagten irrelevant, dass letztlich das Betriebsgrundstück am Standort H nicht mit zur Klägerin übergegangen und von der A B-KG an die Klägerin verpachtet worden sei, zumal es sich um lediglich rd. 4,3 % des Aktivvermögens gehandelt habe. Damit könne auch die Identität des Aktivvermögens bejaht werden, zumal das Grundstück auch wirtschaftlich nur begrenzt von Bedeutung gewesen sei. Mit der Zusammenführung des Geschäfts zum sei eine Vielzahl von Funktionen in S konzentriert und ein Teil der ursprünglich bei der A B-KG beschäftigten Mitarbeiter nach S versetzt worden. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die A B-KG bereits Ende der 1990er Jahre keine Produktion mehr in Deutschland angesiedelt habe, sei das Gebäude in H auch nicht speziell auf die Bedürfnisse des Geschäftes ausgerichtet gewesen. Daher sei man bestrebt gewesen, das Grundstück zu veräußern, so dass die Identität des maßgeblichen Anlagevermögens nicht infrage gestellt werden könne (Hinweis auf ). In diesem Fall sei der bei beiden Schwesterpersonengesellschaften beteiligte alleinige Kommanditist Träger des Verlustvortrags gewesen. Der Betriebsübergang im Streitfall von der Tochtergesellschaft (A B-KG) auf die Klägerin, die gleichzeitig Trägerin des Rechts betreffend den Verlustvortrag gewesen sei, sei entgegen der Auffassung des Beklagten sogar noch unmittelbarer als zwischen Schwesterpersonengesellschaften. Bei Schwesterpersonengesellschaften müsse eine Verbindung über den gemeinsamen Gesellschafter hergestellt werden, was bei der Mutter-Tochter-Beziehung nicht erforderlich sei, so dass das auch für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblich sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts in Form der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den mit 3.570.517 € festzustellen.
Der Beklagte beantragt jeweils,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält unter Bezugnahme auf das daran fest, dass der Verlustvortrag wegen des Wegfalls der Unternehmensidentität insgesamt am weggefallen sei und deshalb weder für die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der A B-KG noch originär für die Klägerin festgestellt werden könne. Ein einmal untergegangener Verlust könne nicht auf einen anderen Rechtsträger – die Klägerin – übergehen. Der Verlust sei vielmehr endgültig weggefallen und stehe auch für Feststellungszwecke nicht mehr zur Verfügung.
Aber selbst wenn der Verlustvortrag fortbestanden hätte, so wäre dieser nicht auf die Klägerin übergegangen. Denn alleine die Fortführung des operativen Betriebs der A B-KG sowie der Erwerb des Anlagevermögens zum (ohne die Grundstücke) rechtfertigten nicht den Übergang des Verlustvortrags auf einen anderen Rechtsträger, ohne dass dies durch eine Rechtsnorm angeordnet sei. Andernfalls müsste auch außerhalb verbundener Unternehmen in Fällen der Betriebsverpachtung bzw. bei Erwerb eines wesentlichen Unternehmensanteils der Verlust mit übergehen. Verlustvorträge hingen jedoch nicht an Wirtschaftsgütern, sondern an den jeweiligen Rechtsträgern. Zwar sei die Klägerin alleinige Kommanditistin der A B-KG gewesen und somit nach der Rechtsprechung des BFH als Mitunternehmerin Trägerin des Verlustvortrags, diese Rechtsprechung ziele aber vor allem auf die Frage der Unternehmeridentität ab und nicht auf die Frage der Unternehmensidentität.
Ein Fall der Verschmelzung von Personengesellschaften wie im Fall des liege im Streitfall nicht vor. Vielmehr habe eine „Tochtergesellschaft” in der Form der Personengesellschaft, nämlich die A B-KG, an ihre Muttergesellschaft, die Klägerin, Wirtschaftsgüter veräußert und ein Betriebsgrundstück verpachtet. Demgegenüber sei im Falle der Schwesterpersonengesellschaften aus Sicht des BFH maßgeblich gewesen, dass hinter beiden dieselbe natürliche Person gestanden habe und somit Unternehmeridentität bestanden habe. Dies sei im Streitfall gerade nicht so gewesen, wie das FG Köln in seinem Urteil vom – 10 K 1830/10 bereits ausgeführt habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der für die A B-KG zum mit 2.511.698 € festgestellte Gewerbeverlustvortrag konnte mangels Unternehmensidentität zwischen dem gewerblichen Betrieb der A B-KG, die den Verlust erlitten hatte, und dem der Klägerin weder zum noch zum auf die Klägerin übergehen.
1. Nach § 10a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung – GewStG – wird der Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für vorangegangene Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind; nach Satz 6 der Vorschrift ist der zum Ende des Erhebungszeitraums verbleibende Gewerbeverlust gesondert festzustellen.
2. Die Inanspruchnahme des Verlustabzugs erfordert Unternehmensidentität und Unternehmeridentität. Letzteres bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein (, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.II.1., , BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, DB 2008, 2290, vom – IV R 3/09, BFHE 239, 130, BStBl II 2013, 176, DB 2013, 14, vom – IV R 34/10, BFHE 245, 253, DB 2014, 1526).
Das für die Gewerbesteuer über die Unternehmeridentität hinausgehende Erfordernis der Unternehmensidentität folgt aus dem in § 2 Abs. 1 GewStG verankerten Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer und bedeutet, dass der im Anrechnungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der im Jahr der Entstehung des Verlustes bestanden hat. Unterhält ein Unternehmer gleichzeitig mehrere sachlich selbständige Gewerbebetriebe, unterliegt jeder dieser Gewerbebetriebe für sich der Gewerbesteuer; entsprechendes gilt, wenn ein und derselbe Unternehmer nacheinander mehrere sachlich selbständige Gewerbebetriebe unterhält; die bisherige sachliche Steuerpflicht endet und eine neue Steuerpflicht beginnt (, BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, DB 2008, 2290, vom – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252).
3. Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unternehmerische Initiative ausüben können, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).
a) Für die Gewerbesteuer folgt daraus, dass nicht die Mitunternehmerschaft, sondern die jeweiligen Mitunternehmer sachlich gewerbesteuerpflichtig sind. Als Mitunternehmer einer gewerblichen Personengesellschaft erzielen sie auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindung nicht nur – strukturell gleich einem Einzelunternehmer – in eigener Person gewerbliche Einkünfte, sondern sind auch gewerbesteuerrechtlich Träger des Verlustabzugs und deshalb sachlich gewerbesteuerpflichtig (, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter C.III.6.a und b und C.III.9.; , BFHE 245, 253, DB 2014, 1526). Diese zunächst von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mitunternehmerbezogenen Verlustverrechnung hat der Gesetzgeber mit den durch das Jahressteuergesetz 2007 vom (BGBl I 2006, 2878) in § 10a GewStG eingefügten Sätzen 4 und 5 bestätigt.
Dementsprechend geht beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt, weil die Inanspruchnahme des Verlustabzugs die ununterbrochene Unternehmeridentität voraussetzt (, BFHE 245, 253, DB 2014, 1526 für die atypisch stille Gesellschaft sowie , BFHE 239, 130, BStBl II 2013, 176, DB 2013, 14 für sog. doppelstöckige Personengesellschaften: Schädlichkeit auch kurzfristiger Unterbrechungen der Unternehmeridentität). Dies bedeutet umgekehrt für den verbleibenden Mitunternehmer, dass dieser den anteilig auf ihn entfallenden Teil des Verlustabzugs behält und dieser für ihn – unter der zusätzlichen Voraussetzung der Unternehmensidentität – verwertbar bleibt, ebenso wie in Fällen der Einbringung vortragsfähige Gewerbeverluste bei fortbestehender Unternehmensidentität mit dem Teil des Gewerbeertrags verrechnet werden können, der auf den einbringenden Mitunternehmer entfällt (vgl. , BFHE 245, 253, DB 2014, 1526).
b) Daraus hat der erkennende Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom – 10 K 1830/10 (EFG 2012, 1291) geschlossen, dass die Verlustfeststellung zunächst unabhängig davon zu erfolgen hat, ob der Gewerbetreibende den Verlustvortrag wegen Wegfalls der Unternehmensidentität in einem späteren Jahr nicht mehr gewerbesteuermindernd geltend machen kann. Denn über die Möglichkeit der Ausnutzung eines Verlustvortrags ist nicht im Jahr der Verlustentstehung, sondern in dem Jahr der eventuellen Verlustberücksichtigung zu entscheiden (vgl. , BFH/NV 2010, 1492). Daran hält der erkennende Senat fest.
4. Die Unternehmeridentität hinsichtlich der Klägerin ist vorliegend unstreitig. Sie war in den Jahren 2005 und 2006 und ebenso bis zur Gesamtrechtsnachfolge im Jahr 2011 die alleinige Kommanditistin der bis dahin fortbestehenden A B-KG; die Komplementärin, die A Verwaltungs GmbH; hielt keine vermögensmäßige Beteiligung an der A B-KG (vgl. , BFH/NV 2010, 1492).
5. Entscheidend für die Unternehmensidentität ist das Gesamtbild der Betätigung, welches sich aus den wesentlichen Merkmalen des Gewerbebetriebs ergibt.
a) Maßgebliche Kriterien sind danach insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden-und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, Organisation und Finanzierung sowie Umfang und Zusammensetzung des Aktivvermögens. Geht ein Unternehmer von einer gewerblichen Tätigkeit zu einer anderen über, so kommt es für die Beantwortung der Frage, ob der frühere Gewerbebetrieb als Steuerobjekt fortbesteht und damit Unternehmensidentität besteht, auf den wirtschaftlichen Zusammenhang der neuen mit der früheren Tätigkeit an. Die neue Tätigkeit stellt dann keine Betriebseinstellung des alten Betriebs und Gründung eines neuen Betriebs dar, wenn die Tätigkeiten wirtschaftlich, finanziell oder organisatorisch innerlich zusammenhängen (, BFH/NV 2013, 252; für eine atypisch stille Gesellschaft , BFHE 245, 253, DB 2014, 1526; ferner , BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, DB 2008, 2290 für Teilbetriebe und fehlende (Teil-) Unternehmensidentität, mit der Folge, dass auf den Teilbetrieb entfallende Verluste nicht für eine Kürzung von Gewerbeerträgen in späteren Erhebungszeiträumen zur Verfügung stehen).
b) Die fortgesetzte Nutzung der sachlichen Mittel erfordert danach, dass die zur Erwirtschaftung des Ertrags eingesetzten Betriebsmittel im Wesentlichen dieselben bleiben und das Übereinstimmung hinsichtlich Umfang und der Zusammensetzung des eingesetzten Aktivvermögens besteht (, BFHE 223, 245, BStBl II 2012, 145, DB 2008, 2290, vom – X R 36/10, BFH/NV 2013, 252).
c) Im Streitfall hatte die A B-KG den Fertigungsbetrieb in H bis Mitte 2005 auf eigenem Grundstück und mit eigenem Anlagevermögen betrieben, während die Klägerin den Fertigungsbetrieb in H nach Abschluss des Betriebspachtvertrags ab dem auf gepachtetem Grundstück mit gepachtetem Anlagevermögen betrieben hat. Dementsprechend hat der erkennende Senat mit Urteil vom – 10 K 1830/10 eine Unternehmensidentität zwischen dem Betrieb der A B-KG und dem der Klägerin ab dem verneint, weil der Übergang von einem Produktions- und Vertriebsunternehmen zu einem reinen Verpachtungsunternehmen den Übergang von einer gewerblichen Tätigkeit zu einer anderen darstellt und kein Fall der Betriebsaufspaltung vorlag, für den der innere Zusammenhang im Verhältnis der aus einer Betriebsaufspaltung hervorgegangenen Besitzgesellschaft zur Betriebskapitalgesellschaft gleichwohl bejaht wird (, BFHE 93, 91, BStBl II 1968, 688, DB 1968, 1739). Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil vom – 10 K 1830/10 Bezug genommen.
Nach Beendigung des Betriebspachtungsvertrages hat die Klägerin das zuvor angepachtete Produktions- und Vertriebsunternehmen ab dem mit eigenen Wirtschaftsgütern, aber anders als die A B-KG bis zum nicht auf eigenem, sondern auf einem von der A B-KG in H angepachteten Grundstück fortgeführt. Zwischen dem Betrieb des von der Klägerin angepachteten Produktions- und Vertriebsunternehmens in der Zeit vom bis zum und dem Betrieb eines Produktionsund Vertriebsunternehmens mit eigenen Wirtschaftsgütern ab dem bestand danach ebenso wenig Unternehmensidentität wie zwischen dem von der A B-KG bis zum auf eigenem Grundstück betriebenen Produktions- und Vertriebsunternehmen und demjenigen, welches die Klägerin ab dem auf angepachtetem Grundstück betrieben hat. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie annimmt, dass es mit Ablauf des gewerbesteuerlich zu einem Betriebsübergang auf sie gekommen ist.
d) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus dem (BFH/NV 2003, 81, HFR 2003, 261). Die zugrunde liegenden Fälle sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil das veräußernde Unternehmen in dem vom BFH entschiedenen Fall abgewickelt worden ist, während die übertragende Mitunternehmerschaft im Streitfall noch bis zur Anwachsung bei der Klägerin im Jahr 2011 fortbestand. Es ist keine Grundlage dafür ersichtlich, den Gewerbeverlustvortrag einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft, die auch noch das Betriebsgrundstück zurückbehält, nicht bei ihr selbst, sondern bei einem ihrer Mitunternehmer festzustellen; ein Übergang des Gewerbeverlustvortrags auf die Klägerin ist daher erst nach der Gesamtrechtsnachfolge im Jahr 2011 denkbar.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu.
Fundstelle(n):
BB 2016 S. 598 Nr. 10
EFG 2016 S. 667 Nr. 8
GmbH-StB 2016 S. 210 Nr. 7
StB 2016 S. 83 Nr. 4
SAAAF-68711