Analyse und Befundung von Gewebeproben durch Laborarzt als umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen
Leitsatz
Umsätze eines Laborarztes, der Gewebeproben anderer Ärzte und/oder Krankenhäuser analysiert und befundet, sind als Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei. Die Regellösung setzt nicht das Bestehen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient voraus.
Gesetze: UStG § 4 Nr. 14, MwStSystRL Art. 132 Abs. 1
Instanzenzug: ,
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von Laborleistungen, die die Klägerin an externe Ärzte und Kliniken erbringt.
Die Klägerin ist eine aus ... Gesellschaftern bestehende ärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der XX. Sie verfügt über keine vertragsärztliche Zulassung.
Das Labor wird von ... der ... Gesellschafter operativ betrieben. ... sind Fachärzte für ... und verfügen über eine histopathologische Zusatzausbildung. Die Laboruntersuchungen werden aufgrund ärztlicher Anordnung durchgeführt und dienen der Erkennung von Krankheiten. Die Gewebeproben werden bei Eingang von einem der ... verantwortlichen Gesellschafter gesichtet und nach Fragestellung und Dringlichkeit vorsortiert. Anschließend wird das vom Patienten gewonnene Gewebe vom nichtärztlichen Personal aufbereitet. Das vorbereitete Gewebe wird sodann von den Ärzten untersucht und befundet. Der Befund wird sowohl schriftlich als auch als fotografisch dokumentiert und dem Einsendenden mitgeteilt.
In dem Labor der Klägerin werden zum einen Gewebeproben von eigenen (Privat-) Patienten des A untersucht. Hinsichtlich dieser Leistungen besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass insoweit eine unselbstständige Nebenleistung zur Heilbehandlung vorliegt, die von der Umsatzsteuer befreit ist. Zum anderen analysiert und befundet die Klägerin Gewebeproben anderer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Kliniken (sogenannte Fremdhistologien). Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik, abgerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt.
Mit der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2010 meldete die Klägerin Umsatzsteuer in Höhe von ... € an. Sie erklärte darin entsprechend der von ihr vertretenen Rechtsauffassung alle Laborumsätze, auch die aus Fremdhistologien als umsatzsteuerfrei. Ergänzend schlüsselte sie die Einnahmen auf und wies die aus der Fremdhistologie gesondert aus. Ebenfalls bezifferte sie die bei anderer Rechtsauffassung ergänzend zu berücksichtigende Vorsteuer.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2010 abweichend auf ... € fest. Er vertrat die Auffassung, dass die Laborleistungen der Klägerin, die gegenüber anderen Ärzten und Kliniken erbracht würden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (UStG) fielen. Mit Bescheid vom hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Den noch gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Januar 2010 bis Dezember 2010 gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass auch die Umsätze aus Fremdhistologien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei seien. Sie erbringe Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Tätigkeit als Arzt, denn auch Laborleistungen gehörten dazu, auch soweit solche Leistungen von anderen Ärzten verordnet und durch ein externes Labor erbracht würden. Es sei nicht erforderlich, dass die Heilbehandlungsleistung unmittelbar gegenüber dem Patienten erbracht werde. Entgegen der Ansicht des Beklagten erfordere die Steuerbefreiung für Laborleistungen nicht ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Ein solches Verständnis ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus der Systematik. Unabhängig davon, dass ein persönliches Vertrauensverhältnis keine Tatbestandsvoraussetzung sei, werde in den Bereichen der ... und Histopathologie der Laborarzt in das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und behandelnden Arzt mit einbezogen. Denn der Patient vertraue darauf, dass der Arzt vertrauensvolle und fähige Personen als Erfüllungsgehilfen für seine Behandlung einschalte. Zu beachten sei auch, dass die Befundung, die Grundlage für die Diagnose und Behandlung sei, häufig differenzierte Wertungen und Einschätzungen erfordere, die eine enge Kommunikation mit dem behandelnden Arzt beinhalteten und häufig auch Hinweise und Behandlungsempfehlungen des Laborarztes mit umfassen könnten.
Die Abgrenzung zwischen den beiden Befreiungstatbeständen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a und b UStG erfolge nach dem Ort der Leistungserbringung. Leistungen, die nicht in einer der in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG genannten Einrichtungen erbracht würden, sondern in den Praxisräumen des behandelnden Arztes, in den Wohnungen des Patienten oder an einem anderen Ort, seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG steuerfrei, auch soweit es sich dabei um extern erbrachte Laborleistungen handle. Auch aus der entsprechenden Norm der Richtlinie 2006/112 EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSysRL) sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung könne nicht das Kriterium eines persönlichen Vertrauensverhältnisses hergeleitet werden. Soweit der Beklagte sich für seine Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in Sachen Dornier (vom - C-45/01) berufe, verkenne er, dass dort die Formulierung "im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung" lediglich zur Umschreibung von Heilbehandlungsleistungen, die außerhalb von Krankenhäusern erbracht werden, verwendet worden sei. Dass es sich dabei nicht um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal handeln solle, ergebe sich aus der nachfolgenden Rechtsprechung des EuGH, in der das "persönliche Vertrauensverhältnis" nicht mehr zur Abgrenzung der Befreiungstatbestände genutzt werde. Die Abgrenzung erfolge nur noch nach dem Ort der Leistungserbringung. Etwas anderes können auch nicht der vom Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG - 1 BvR 1316/04) entnommen werden. In der Entscheidung des EuGH in Sachen Verigen (vom - C-156/09) werde ausdrücklich festgestellt, dass auch die Bearbeitung von Biopsaten in einem Labor eine Heilbehandlung sei und damit zum Ausdruck gebracht, dass ärztliche Leistungen, die nicht direkt gegenüber einem Patienten erbracht würden, unter die Steuerbefreiungstatbestand fallen könnten. Wenn es auf das von dem Beklagten angeführte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des persönlichen Vertrauensverhältnisses ankäme, hätte der EuGH in diesem Urteil die Steuerbefreiung verneinen müssen. Allein durch die Verweisung auf die Rechtssache Dornier mache der EuGH das persönliche Vertrauensverhältnis nicht implizit zur Voraussetzung auch in diesem Verfahren. Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Rechtsprechung des EuGH ließen insgesamt erkennen, dass es für die Abgrenzung der Steuerbefreiungstatbestände entscheidend nicht auf den Ort der Leistung, sondern auf die berufliche Qualifikation des Leistungserbringers ankomme. Der Bundesfinanzhof (BFH) widerspreche mit seinen zuletzt ergangenen Entscheidungen der Sichtweise des Beklagten. So stelle er in dem Urteil vom (XI R 52/07, BStBl II 2013, 971) ausdrücklich fest, dass ein persönliches Vertrauensverhältnis des Arztes zum Patienten nicht stets Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sei.
Zwar habe der BFH bisher nur zu § 4 Nr. 14 und 16 UStG in der vor 2009 geltenden Fassung entschieden. Diese Rechtsprechung gelte jedoch auch für § 4 Nr. 14 Buchst a und b UStG in der nunmehr geltenden Fassung, denn es werde weiterhin maßgeblich auf die berufliche Qualifikation des Leistungserbringers abgestellt. Soweit in der Gesetzesbegründung das Merkmal des "persönlichen Vertrauensverhältnisses" als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal angeführt werde, könne dies nicht zu einer Auslegung des Gesetzes über den geschriebenen Wortlaut hinaus führen. Maßgeblich sei der objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut und aus dem Sinnzusammenhang der in Rede stehenden Vorschriften ergebe, nicht hingegen die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen. Die in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG genannten Personengruppen könnten alle ihre Leistungen auch ohne direkten Kontakt zum Patienten erbringen, so dass eine erweiternde Auslegung nicht im Wortlaut angelegt sei.
Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sei nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität und seinem Ziel, das Gesundheitssystem zu entlasten, auszulegen. Beides erfordere eine Umsatzsteuerbefreiung der streitgegenständlichen Fremdhistologien. Die Sichtweise des Beklagten verletze den Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer. Denn Ärzte, die Laborleistungen anböten und an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen, könnten ihre Laborleistung umsatzsteuerfrei anbieten, während andere Ärzte, die wie sie, die Klägerin, nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen, dieselben Leistungen zu versteuern hätten. Bei der Gleichartigkeit der Umsätze sei eine unterschiedliche Besteuerung nicht zu rechtfertigen. Ziel der Befreiungsvorschrift sei es, das Gesundheitswesen von der Umsatzsteuer zu entlasten. Diese Zielsetzung erfordere es, die Laborleistungen mit einzubeziehen.
Hilfsweise ergäbe sich die Steuerbefreiung unmittelbar aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst b der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (6. EG-Richtlinie), denn sie, die Klägerin, sei als eine ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung gleicher Art wie ein Zentrum für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik anzusehen.
Die Klägerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom und die Einspruchsentscheidung vom in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ... € festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin aus Fremdhistologien umsatzsteuerpflichtig seien und nimmt Bezug auf den Umsatzsteueranwendungserlass Abschnitt 4.14.1 Abs. 1. Die streitigen Laborleistungen seien weder nach dem Steuerbefreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG noch nach dem des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG komme nicht in Betracht, da zwischen dem Laborarzt und dem betroffenen Patienten kein persönliches Vertrauensverhältnis bestehe. Das Merkmal des "persönlichen Vertrauensverhältnisses" ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes, es folge aber aus der Rechtsprechung des EuGH in Sachen Dornier (C-45/01). Darin habe der EuGH die Abgrenzung der beiden Tatbestände des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst b und Buchst. c 6 EG-Richtlinie (jetzt Art. 132 Abs.1 Buchst. b und c MwStSysRL) an Hand eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient vorgenommen. Auch das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom (1 BvR 1316/04) mehrfach für die systematische Abgrenzung das Vorliegen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses betont. Zwar habe der EuGH in den nachfolgenden Entscheidungen dieses Abgrenzungsmerkmal nicht mehr explizit genannt, es sich aber durch die Zitierung der vorangegangenen Entscheidungen zu Eigen gemacht. Entgegen der Auffassung der Klägerin dokumentierten die nachfolgenden Entscheidungen keine Rechtsprechungsänderung. Gegenstand der Rechtssache "Verigen" (vom C-159/09) sei die Auslegung des Begriffs "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" gewesen. Ebenso wenig eigne sich die Entscheidung in der Rechtssache "L. u. P. GmbH" (vom C-106/05) für die Feststellung einer Rechtsprechungsänderung. Das implizite Festhalten an dem Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses werde durch die vorbereitenden Erwägungen des Generalanwaltes Maduro vom (dort Rn. 33) bestätigt.
Auch stehe das ) der vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Das Urteil sei zu der Rechtslage vor dem ergangen, so dass dessen Inhalt nur für den Zeitraum bis Ende 2008 Wirkung entfalten könne. Durch das Jahressteuergesetz 2009 sei § 4 Nr. 14 UStG neu gefasst worden. Dabei sei die vom EuGH aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSysRL abgeleitete Systematik zur Abgrenzung der Befreiungstatbestände berücksichtigt worden. Abgrenzungskriterium sei danach vorwiegend der Ort der Erbringung der Leistung. Nach der Gesetzesbegründung wolle der Gesetzgeber die "Einrichtungen von Laborärzten" nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG befreit wissen. Die historische Auslegung verbiete danach einen Verzicht auf das Vorliegen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses. Ebenso sprächen systematische Erwägungen gegen die Abkehr von dem Erfordernis des persönlichen Vertrauensverhältnisses, denn nunmehr würden Leistungen eines klinischen Chemikers nur noch unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG erfasst.
Die Klägerin nehme nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil, sie erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 bb) UStG. Der nationale Gesetzgeber knüpfe bei der Umsatzsteuerbefreiung an die auf dem Gebiet des Sozialrechts ergangenen Anerkennungsentscheidungen an.
Dem Gericht hat die Rechtsbehelfsakte des Beklagten zu der Steuer-Nr. .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akte Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom und die Einspruchsentscheidung vom sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit für die Umsätze aus Fremdhistologien die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG versagt wurde.
Die Umsätze der Klägerin unterliegen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht der Umsatzsteuer, soweit sie im Streitjahr Laborleistungen für andere Ärzte und Kliniken erbracht hat. Auch insoweit handelt es sich um Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin (1.), die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden (2.). Eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedarf es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht (3.).
Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG in der seit dem geltenden Fassung sind Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, steuerfrei. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten die Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, von der Steuer.
1. Die Klägerin erbringt Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Heilbehandlungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH Tätigkeiten, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Dabei muss das Hauptziel der Leistungen im Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit bestehen ( - Unterpertinger, Umsatzsteuer Rundschau - UR - 2004, 70; Urteil vom - C-45/01 - Christoph-Dornier-Stiftung für klinische Psychologie, UR 2003, 584). Unter den Begriff der Heilbehandlung fallen auch die der vorbeugenden Beobachtung und Untersuchung der Patienten dienenden medizinischen Analysen, die von einem in privatrechtlicher Form organisierten Labor außerhalb einer Heilbehandlungseinrichtung auf Anordnung praktischer Ärzte durchgeführt werden. Denn auch medizinische Analysen können zur Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit beitragen, da sie ebenso wie jede vorbeugend erbrachte ärztliche Leistung darauf abzielen, die Beobachtung und Untersuchung der Patienten zu ermöglichen, noch bevor es erforderlich wird, eine etwaige Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen ( - L. u. P., Slg. 2006, I-5123). Diese Auslegung des Begriffes "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" des EuGH ist zwar zu Art. 13 A Abs. 1 Buchst. c 6. EG-Richtlinie ergangen. Die Norm hat jedoch den gleichen Wortlaut wie Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, so dass die zu der vorherigen Regelung ergangene Rechtsprechung in vollem Umfang zur Auslegung des geltenden Rechts herangezogen werden kann.
Bei der von der Klägerin auf Anordnung von Ärzten oder Kliniken durchgeführten Analyse von Gewebeproben handelt es sich danach um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, denn sie dienen der Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Die histologischen Untersuchungen indizieren nach der unbestrittenen Darstellung der Klägerin unter anderem die Art der Behandlung und dienen damit der Vorbereitung und Unterstützung der Heilbehandlung durch die einsendenden Ärzte und Kliniken. Sie dienen damit insgesamt einem therapeutischen Zweck (vgl. Urteil vom - C-156/09, Verigen Transplantation Service International Slg. 2010, I-11733).
2. Die Heilbehandlungen werden auch im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt. Die histologischen Untersuchungen werden durch ... Gesellschafter der Klägerin vorgenommen, die Fachärzte für ... sind und über eine Zusatzqualifikation als Histopathologe verfügen. Ohne Bedeutung ist dabei der Umstand, dass die Gewebeproben vom Laborpersonal, das nicht aus qualifizierten Ärzten besteht, präpariert werden. Es ist nicht notwendig, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt wird (vgl. , Verigen Transplantation Service International, Slg. 2010, I-11733; Urteil vom - C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123). Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich auch bei einer entsprechenden beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter zu gewähren (vgl. , BFH/NV 2011, 1806). Die entscheidenden Arbeitsschritte der Untersuchung und Befundung werden bei der Klägerin von den ... Fachärzten vorgenommen und lassen schon deshalb keinen Zweifel an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung aufkommen.
3. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfordert im vorliegenden Fall kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.
a) Nach Auffassung des Beklagten, der sich auf Abschnitt 4.14.1. und 4.14.5. Abs. 9 des Umsatzsteueranwendungserlasses sowie das (IV B 9 - S-7170/08/1009, BGBl I 2009, 756) stützt, sind Leistungen von Laborärzten, die nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten beruhen, nicht von der Umsatzsteuer befreit. In Abgrenzung zu den Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z. B. in Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden.
b) Dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG kann das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht entnommen werden. Ebenso wenig ergibt sich diese Voraussetzung aus dem Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, dessen Umsetzung in das nationale Steuerrecht durch § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfolgt ist.
c) Auch handelt es sich dabei nicht um ein Kriterium, das systematisch zur Abgrenzung von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG zu § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG heranzuziehen ist.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Kriterium für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Befreiungstatbestände in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSystRL (wortgleich Art. 13 A Abs. 1 Buchst. b und c der 6. EG-Richtlinie) weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung. Zwar hat der EuGH in der Rechtsache Dornier (C-45/01 mit Hinweis auf das Urteil vom - C-353/85 - Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1988, 817, Rz. 33) noch ausgeführt, dass solche Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. der EG-Richtlinie zu befreien seien, die aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung wie der eines Schutzes der menschlichen Gesundheit bestehen, während Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie auf Leistungen anwendbar sei, die außerhalb von Krankenhäusern im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem erbracht würden. Das Kriterium des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem wird in späteren Entscheidungen des EuGH zur Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände aber nicht mehr herangezogen. Vielmehr wird allein auf den Ort der Leistungserbringung abgestellt (vgl. Urteil vom - C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123, Rz. 22; Urteil vom - C-156/09, Verigen Transplantation Service International, Slg. 2010, I-11733; Urteil vom - C-91/12 - PFC Clinic AB, UR 2013, 335, Rz. 24), nämlich außerhalb von Krankenhäusern, "sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort". Der EuGH nimmt in den neueren Entscheidungen wiederum Bezug auf seine Urteile in den Rechtssachen Kommission/Vereinigtes Königreich (C-353/85) und Dornier (C-45/01). Daraus folgt nach Auffassung des erkennenden Senats, dass der EuGH die nunmehr vorgenommene Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände als Fortführung seiner Rechtsprechung ansieht und auf den Ort der Leistungserbringung als das maßgebliche Abgrenzungskriterium abstellt. Es ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht erkennbar, dass dem Kriterium des "persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Behandelndem" eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (oder Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie) zukommt und der EuGH dieses Merkmal durch die Bezugnahme auf die vorangegangene Rechtsprechung implizit Relevanz als Abgrenzungskriterium beimisst. In dem Fall hätte der EuGH in den Rechtssachen Verigen (C-156/09) und L. u. P. (C-106/05), in denen ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen den Patienten und den die Leistung erbringenden Laboren gerade nicht bestand, anders entscheiden bzw. ergänzend darauf eingehen müssen, weshalb die Leistungen dennoch unter die Regelung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst c 6. EG-Richtlinie fallen. Es ist dem Beklagten zuzugestehen, dass sich die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Verigen zwar im Schwerpunkt darauf beziehen, ob die Laborleistungen des Herauslösens von Gelenkknorpelzellen und ihrer anschließenden Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken unter den Begriff der "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" im Sinne von Art. 13 Teil A Buchst. c der 6. der EG-Richtlinie fallen. Käme es für die Steuerbefreiung nach dieser Regelung aber auf das zusätzliche Merkmal des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Behandelndem und Patient an, hätte er diesen Aspekt als eine der Anwendbarkeit dieses Befreiungstatbestands entgegenstehende Voraussetzung thematisieren müssen.
d) Auch der Zweck des Befreiungstatbestandes erfordert nicht das Vorliegen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses.
Der EuGH stellt in den genannten Entscheidung ausdrücklich darauf ab, dass die Steuerbefreiungstatbestände grundsätzlich eng auszulegen sind, aber dies nicht dazu führen darf, dass der Befreiungsregelung dadurch ihre Wirkung genommen wird (vgl. Rs. Verigen C-156/09). Zweck des Befreiungstatbestands des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL (oder Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie) und damit des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ist es, die Kosten von Heilbehandlungen zu senken (vgl. Rs. Dornier C-45/01; Rs. L. u. P. C-106/05). Diesem Zweck wird mit einer Auslegung, die Laborleistungen der hier vorliegenden Art in die Befreiungsregelung einbezieht, gerade Rechnung getragen. Zudem stehe nach der Rechtsprechung des EuGH eine Auslegung nicht mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Einklang, wenn gleichartige und deshalb in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt würden (vgl. Rs. Verigen C-156/09 und Rs. L. u. P. C-106/05). Das wäre aber der Fall, wenn die Steuerbefreiung für die erforderlichen Laborleistungen davon abhängig gemacht wird, ob sie im Rahmen der Behandlung in der Praxis oder dem Krankenhaus oder einer anderen Einrichtung wie einer Laborgemeinschaft erbracht werden.
e) Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht erforderlich. In dem Urteil vom (XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806), das im Anschluss an das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Verigen (C-156/09) ergangen ist, stellt der BFH fest, dass ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht ausnahmslos Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist. Diese Rechtsprechung wird vom BFH in einer Entscheidung über infektionshygienische Leistungen eines Arztes fortgeführt (, BFH/NV 2011, 2214).
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist diese Rechtsprechung, die zu § 4 Nr. 14 UStG alte Fassung (a. F.) ergangen ist, auf § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG in der seit dem geltenden Fassung übertragbar. Mit § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG wurde die bisherige Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a. F. unter Übernahme der Terminologie des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL fortgeführt (BT-Drs. 16/10189 S. 74; Hölzer in Rau/Dürrwächter, UStG § 4 Nr. 14 Rn. 26, 28). § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a. F. diente der Umsetzung des Art. 13 Teil A Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, die wortgleich in Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL übertragen wurde. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist damit im Grundsatz für die Auslegung von § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a. F. wie auch von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG heranzuziehen, auch wenn § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a. F. noch eine andere Systematik zugrunde lag und nicht in jeder Hinsicht den europarechtlichen Vorgaben entsprach (vgl. , BStBl II 2008, 31 Rn. 42). Bei der Auslegung des nationalen Rechts knüpft der BFH jedoch an die zugrunde liegenden europäischen Regelungen an.
f) Die historische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. In der Gesetzesbegründung wird zum Ausdruck gebracht, dass durch die Neufassung des § 4 Nr. 14 UStG durch das Jahressteuergesetz 2009 Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSysRL umgesetzt werden soll (BT-Drs. 16/10189 S. 74; BR-Drs. 545/08 S. 116). Soweit im Weiteren die Rechtsprechung des EuGH zu den einzelnen Merkmalen des Befreiungstatbestandes wiedergegeben wird, ist es fraglich, ob der Gesetzgeber tatsächlich einen gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck bringen wollte, dass das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses für die Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände maßgeblich sein soll. In der Gesetzesbegründung wird zunächst ausgeführt, dass Kriterium für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der beiden Befreiungstatbestände in Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MwStSysRL weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung sei. Sodann legt er unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Dornier (C-45/01) dar, dass solche Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSysRL von der Mehrwertsteuer zu befreien seien, die "außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z. B. in den Praxisräumen oder einem anderen Ort erbracht werden" (BT-Drs. 16/10189 S. 74; BR-Drs. 545/08 S. 116). Der Gesetzgeber bringt damit jedenfalls zum Ausdruck, dass er - wie auch bei den Begriffen der "ärztlichen Heilbehandlung" und "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" - an die Auslegung durch den EuGH anknüpfen will. Ein Wille des Gesetzgebers, dass darüber hinaus zur Abgrenzung der beiden Befreiungstatbestände das Merkmal eines persönlichen Vertrauensverhältnisses Voraussetzung für die Befreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sein soll, hat im Gesetzeswortlaut jedenfalls keinen Niederschlag gefunden. Maßgebend für die Auslegung sind aber nicht die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen; entscheidend ist vielmehr der im Gesetz zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (, BVerfGE 79, 106, Rn. 66; BFH-Entscheidungen vom II R 4/03, BStBl II 2005, 426; vom X R 18/03, BStBl II 2004, 1047, unter II.2.d aa). Dieser bietet weder nach seinem Wortlaut noch nach der Systematik oder dem Zweck der Regelung einen Ansatz für eine Auslegung dahingehend, dass ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Behandelndem bestehen muss.
g) Ist danach das Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht grundsätzlich Voraussetzung für die Befreiung von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, kann es dahinstehen, ob die Laborärzte der Klägerin auf Grund der Besonderheiten der von ihnen erbrachten Leistungen von einem solchen Vertrauensverhältnis mit umfasst sind.
Die von der Klägerin getätigten Laborumsätze sind danach auch von der Umsatzsteuer befreit, soweit die Leistungen für andere Ärzte oder Kliniken erbracht werden. Der Höhe nach sind die Umsätze und die zu berücksichtigende Vorsteuer zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Umsatzsteuer für 2010 ist danach wie von der Klägerin erklärt festzusetzen.
4. Der Beklagte hat nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 409 Nr. 5
RAAAG-69232