Gebäudeabschreibung
Kürzere tatsächliche Nutzungsdauer bei Gebäuden
Leitsatz
1) Die in § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG typisierte (Regel-)Nutzungsdauer eines Gebäudes beginnt unabhängig von dessen Alter bei jedem Eigentümerwechsel erneut, mit der Folge, dass sich Abschreibungszeiträume ergeben können, die über die im Bewertungsrecht unterstellte (bei Mietwohngrundstücken 80jährige) Gesamtnutzungsdauer weit hinausreichen.
2) Ob den AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen ist und wie diese zu bemessen ist, ist eine dem Tatrichter obliegende Entscheidung, die unter Abwägung aller individuellen Umstände des konkret zu beurteilenden Sachverhalts zu treffen ist.
3) Die tatsächliche Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie durch rechtliche Gegebenheiten.
4) Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer. Ist ein Gebäude vor Ablauf seiner technischen Nutzungsdauer aufgrund greifbarer Anhaltspunkte objektiv wirtschaftlich verbraucht, ist diese kürzere Nutzungsdauer zugrunde zu legen.
Gesetze: EStDV § 11c, EStG § 7 Abs 4
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei Vornahme der AfA für das im Jahr 2012 (Streitjahr) erworbene Vermietungsobjekt des Klägers „A-Straße …” in H eine gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG verkürzte Nutzungsdauer von 40 Jahren zugrunde zu legen ist.
Der mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Kläger erzielte im Streitjahr als … Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und – in geringem Umfang – aus Gewerbebetrieb. Daneben war er selbständig (freiberuflich) tätig und erzielte Einkünfte aus der Vermietung diverser Immobilien. Ausweislich einer in den Vertragsakten befindlichen Veräußerungsanzeige erwarb der Kläger mit notariellem Vertrag vom …. September 2012 das in H, Gemarkung B belegene, mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück „A-Straße …” zu einem Kaufpreis von 510.000 € (ohne Erwerbsnebenkosten). Der Übergang von Nutzungen und Lasten erfolgte zum . Im Zeitpunkt des Erwerbs waren alle (sechs) Wohneinheiten des Mehrfamilienhauses vermietet. Dabei bestand eines der Mietverhältnisse bereits seit dem Jahr 2000, die übrigen in den Vertragsakten abgehefteten Mietverträge waren im Laufe des Streitjahres noch von den Voreigentümern abgeschlossen worden. Aus den dort niedergelegten Vereinbarungen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ergeben sich Nettokaltmieten i.H. von 390 € (für eine 47 qm-Wohnung im 2. Obergeschoss), 480 € (für 2 ZKDB im 2. Obergeschoss), 580 € (für eine 72 qm-Wohnung im 1. Obergeschoss) und 820 DM (für 49 qm im 1. Obergeschoss rechts). Den Mietverträgen ist ferner zu entnehmen, dass die Wohnungen jeweils in unrenoviertem Zustand an die Mieter übergeben worden sind. Für zwei Mieteinheiten bestanden nach Angaben des Klägers mündliche Mietverträge.
Im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger für das Vermietungsobjekt „A-Straße …” in H einen Werbungskostenüberschuss i.H. von 219 € geltend. Dabei stellte er den mit 4.955 € bezifferten Mieteinnahmen Werbungskosten i.H. von 5.174 € gegenüber. Hinsichtlich der Berechnung der mit 2.039 € angesetzten AfA verwies er auf eine separate Anlage, in der er ausgehend von Gesamtanschaffungskosten (Kaufpreis zzgl. Erwerbsnebenkosten) i.H. von 554.863, 65 € einen Anteil von 407.547, 28 € (= 73,45 %) dem Erwerb des Gebäudes zuordnete und den Restbetrag von 147.316,37 € (= 26,55 %) der Anschaffung des Grund und Bodens (Fläche: 723 qm). Für die Abschreibung der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten (i.H. von 407.547,28 €) begehrte er gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG die Zugrundelegung einer (nur) 33jährigen Nutzungsdauer mit der Folge, dass sich für das Streitjahr ein Abschreibungsbetrag von 2.058,28 € ergab.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom setzte der Beklagte Einkommensteuer i.H. von 19.233 € gegen den Kläger und seine Ehefrau fest. Dabei wich er u.a. insoweit von den Erklärungsangaben der Eheleute ab, als er – ausgehend von der in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG gesetzlich typisierten Regelnutzungsdauer von 50 Jahren und einer abweichenden Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten – AfA i.H. von lediglich 999 € zum Abzug zuließ. Die Anwendung der 50jährigen Regelnutzungsdauer begründete er mit dem Fehlen „anderer Informationen”, die hätten geprüft werden können. Im Übrigen verwies er auf eine dem Kläger übersandte abweichende „Berechnung der Kaufpreisaufteilung”. Darin vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Gesamtanschaffungskosten für das 1966 erbaute Mietwohngrundstück i.H. von 554.864 € im Verhältnis von 46% (= 255.237 €) zu 54 % (= 299.627 €) auf Grund und Boden bzw. Gebäude aufzuteilen seien. In den vordruckmäßigen Erläuterungen wurde abschließend darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung der typisierten Herstellungskosten hinsichtlich der Gebäudeart, der Standardmerkmale, der laufenden Instandhaltungsmaßnahmen, der Alterswertminderung und möglicher Sonderbauteile jeweils von Durchschnittswerten ausgegangen worden sei. Es handele sich somit um eine „qualifizierte Schätzung”, ein genaues Aufteilungsverhältnis könne nur durch ein ausführliches Sachverständigengutachten ermittelt werden, das jedoch wegen der Vielzahl der Fälle nur ausnahmsweise erstellt werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Vertragsakte abgeheftete „Berechnung zur Aufteilung des Grundstückspreises” vom Bezug genommen.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und rügte sowohl die von seinen Erklärungsabgaben abweichende – im Klageverfahren nicht mehr streitgegenständliche – Aufteilung der Anschaffungskosten für das streitige Vermietungsobjekt als auch die bei Ermittlung der AfA vom Beklagten zugrunde gelegte 50jährige Regelnutzungsdauer. Zur Begründung seiner diesbezüglichen Einwände führte er im Wesentlichen aus:
Seine für das Streitjahr eingereichte Steuererklärung beinhalte den Antrag, entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zu verfahren, wonach in dem angesprochenen Fall bei einer tatsächlichen Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren anstelle der Absetzung nach Satz 1 die tatsächliche Nutzungsdauer für die Absetzung für Abnutzung angesetzt werden könne. Diesen Antrag mit dem Hinweis abzuweisen, es lägen keine weiteren Begründungen vor, sei abwegig und entspreche in keiner Weise den tatsächlichen Gegebenheiten.
Bei einem Gebäude, das im Jahr 1966 erbaut worden sei, anzunehmen, es habe dieselbe Nutzungsdauer wie ein Neubau, könne nur einem in baulichen Dingen Unbedarften in den Kopf kommen. Vielmehr sei hier ein Schätzverfahren anzuwenden, das den Gesetzen der Logik entsprechen müsse. Dabei sei von den im Bundesanzeiger veröffentlichten „Orientierungswerten für die übliche Gesamtnutzungsdauer bei ordnungsgemäßer Instandhaltung” auszugehen. Diese liege bei Mehrfamilienhäusern zwischen 60 und 80, im Mittel also bei 70 Jahren. Ein 1966 errichtetes Mehrfamilienhaus halte danach planmäßig bis zum Jahr 2036. Dies seien gerechnet ab 2012 (Anschaffungsjahr) noch 24 Jahre. Die in der Einkommensteuererklärung zugrunde gelegte Nutzungsdauer von 33 Jahren sei daher mehr als großzügig bemessen. Ergänzend werde auf einen dem Einspruchsschreiben beigefügten Presseartikel von Cord Cordes, Dr. Christian Reiß und Torben Schaaf zur „Nutzungsdauer von Immobilien” mit dem Untertitel „Eine kritische Betrachtung bisheriger Dogmen” verwiesen, aus dem hervorgehe, dass keines der angesprochenen Gebäude länger als 50 Jahre wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden könne.
Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem, weiterhin unter Nachprüfungsvorbehalt stehendem Teilabhilfebescheid vom verminderte der Beklagte die Einkommensteuer des Klägers und seiner Ehefrau wegen hier nicht streitbefangener Besteuerungsgrundlagen auf 18.078 €. In den Erläuterungen führte er aus:
Die Abschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten erfolge nach typisierten Abschreibungssätzen, die mit 2%, 2,5 %, 3% und 4% einer unterstellten Nutzungsdauer von 50, 40, 33 und 25 Jahren entsprächen. Die Anwendung niedrigerer Abschreibungssätze sei ausgeschlossen, auch wenn die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes länger als die typisierte Nutzungsdauer sein sollte. Der Gesetzgeber habe die Nutzungsdauer aus steuer- und wohnungspolitischen Gründen kurz bemessen. Eine Überschreitung der AfA-Sätze sei zulässig, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes kürzer sei als die typisierte. Aufsätze zur Nutzungsdauer von Immobilien seien zum Nachweis einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ungeeignet. Die im Bundesanzeiger ausgewiesene Basis voraussichtlicher Nutzungsdauer von 70 – 80 Jahren sei insoweit unbeachtlich, als die kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen sei. Dieser Nachweis könne nur durch ein Gutachten erbracht werden.
Daraufhin übersandte der Kläger – unter ausdrücklicher Verwahrung gegen das Bestehen einer diesbezüglichen Nachweispflicht – dem Beklagten eine von dem Büro E & F unter dem verfasste „Stellungnahme zur Aufteilung des Kaufpreises in einen Gebäude- und einen Grundstücksanteil zum Stichtag ” für das Objekt „A Straße …” in H. Darin gelangten die Gutachter (F, von der IHK H öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Bewertung unbebauter und bebauter Grundstücke, sowie E, allgemein beeidigter Sachverständiger für Bauwesen) nach Durchführung einer Ortsbesichtigung und Berücksichtigung ihnen vorgelegter Unterlagen im Anschluss an eine Beschreibung von Grundstück und Gebäude u.a. zu folgenden Feststellungen:
„ Das Wohnhaus weist einen überwiegend altersgemäß normalen baulichen Unterhaltungszustand auf. In Teilbereichen konnte allerdings leichter Instandsetzungsbedarf festgestellt werden. Auf durchgreifende Modernisierungen wurde bislang verzichtet.
Im Einzelnen konnten bei der Ortsbesichtigung folgende Bauschäden oder Baumängel festgestellt werden. Aufgrund des Schadensbildes kann davon ausgegangen werden, dass die Schäden überwiegend auch zum Bewertungsstichtag vor 1 ½ Jahren bestanden.
Im Kellergeschoss bestehen im Sockelbereich tlw. Stockflecken und leichte Feuchtigkeitserscheinungen. Auch im Bereich der Balkone und Kelleraußentreppe bestehen leichte Abdichtungsmängel.
Die Glaseinsätze des Wintergartens weisen leichte Rissbildungen auf.
Die Glasbausteine im Treppenhaus weisen leichte Spannungsrisse auf.
Die Dachspitze ist nicht wärmegedämmt. Es fehlt die nach Energieeinsparverordnung erforderliche Dämmung der obersten Geschossdecke. Die Dacheindeckung weist tlw. Abrieb auf und ist mittelfristig aufgrund des Alters erneuerungsbedürftig.
Die Fassade ist mit Halbsteinen verkleidet. Dabei wurden die Steine weder im Eckbereich verzahnt noch erkennbar Verankerungen an der Giebelwand eingebaut. Die Standsicherheit könnte gefährdet sein. Eine Überprüfung wird empfohlen.
Der Kamin weist Feuchtigkeitsschäden mit Ausblühungen auf.
Die Zufahrt zur Garage weist Absenkungen und Rissbildungen auf.
Die Wertminderung wegen vorhandener Bauschäden und Baumängel wird entsprechend geschätzt auf € 17.000,–
Unter Tz. 3 der Stellungnahme folgen Ausführungen und Berechnungen zur Wertermittlung, untergliedert in Bodenwert (Tz. 3.1), Wert der baulichen Anlagen (Tz. 3.2) und Sachwert (Tz. 3.3), auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Bei der Ermittlung des Werts der baulichen Anlagen (Tz. 3.2) errechneten die Gutachter die „rd. 50%”-ige Alterswertminderung ausgehend von einer Restnutzungsdauer von 40 Jahren und einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren. Im Ergebnis gelangten sie zu einer Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten zwischen Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits im Verhältnis 33% (= 183.105,00 €) zu 67% (= 371.758,65 €).
Unter dem erließ der Beklagte abermals unter Beibehaltung des Nachprüfungsvorbehalts einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid, in dem er die Einkommensteuer des Klägers und seiner Ehefrau (wegen der Auswertung zwischenzeitlich geänderter Feststellungsbescheide betreffend diverse Beteiligungen des Klägers an geschlossenen Immobilienfonds) auf 20.684 € erhöhte. Im Zuge dieser Änderungsfestsetzung folgte der Beklagte der im Gutachten vom vorgenommenen Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten für das Objekt „A-Straße …” und berechnete die AfA ausgehend von einer auf 370.095 € erhöhten Bemessungsgrundlage. Daraus resultierte eine Erhöhung des Werbungskostenabzugs um 235 €. Dem weiteren Begehren des Klägers, den Abschreibungen eine verkürzte Nutzungsdauer zugrunde zu legen, entsprach der Beklagte mit der Begründung nicht, die diesbezüglichen Aussagen im Gutachten vom seien lediglich allgemeiner Natur und nicht auf das konkrete Objekt bezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben des Beklagten vom Bezug genommen.
Unter dem übersandte der Kläger dem Beklagten eine auf den datierende (ergänzende) Stellungnahme des Büros E & F, in dem diese sich zu den Ausführungen des Beklagten im Schreiben vom äußerten. Hierin heißt es auszugsweise:
„ Sowohl nach den Wertermittlungsrichtlinien, WertR 2006, als auch nach den neuen Sachwertrichtlinien wird die durchschnittliche wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer bei ordnungsgemäßer Instandhaltung (ohne Modernisierung) für Mehrfamilienhäuser mit 60 – 80 Jahren bzw. 70 Jahre +/- 10 Jahre angegeben. Gemäß § 23 ImmoWertV ergibt sich die Alterswertminderung im Sachwertverfahren aus dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur – vorgenannten – Gesamtnutzungsdauer. Dabei wird auf eine lineare Abschreibung als Regelabschreibung abgestellt. Die Restnutzungsdauer ist gemäß § 6 Abs. 6 ImmoWertV die Zahl der Jahre, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können. Durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen oder unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten können die Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen.
Weder die Immobilienwertermittlungsverordnung noch die Sachwertrichtlinie kennen eine anders definierte – technische – Gesamt- oder Restnutzungsdauer.
Regelmäßig ergibt sich die Restnutzungsdauer rein rechnerisch aus dem Alter und der o.g. Gesamtnutzungsdauer. Im vorliegenden Fall wurde das Gebäude 1966 errichtet und ist zum Stichtag 46 Jahre alt. Bei der Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren ergibt sich eine rechnerische Restnutzungsdauer von 34 Jahren. Allerdings wurden vorliegend Modernisierungen durchgeführt, wie z.B. der Einbau von isolierverglasten Fenstern. Entsprechend der Anlage 3 zu den Sachwertrichtlinien verlängert sich die Restnutzungsdauer eines 46 Jahre alten Gebäudes bei einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren im Falle einer kleineren Modernisierung im Rahmen von Instandhaltung auf 37 Jahre, bei einem mittleren Modernisierungsgrad auf 43 Jahre.
Wir sind … von einem kleinen bis mittleren Modernisierungsgrad ausgegangen und haben daher die Restnutzungsdauer auf 40 Jahre geschätzt.
Diese Vorgehensweise entspricht sowohl den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung als auch den Sachwertrichtlinien.
Auch das Bewertungsgesetz kennt die typisierte Gesamtnutzungsdauer, die bei Mietwohnhäusern mit 80 Jahren angegeben wird, und die lineare Abschreibung im Sachwertverfahren.
Inwieweit sich die Vorschriften des Sachwertverfahrens auf die steuerliche Abschreibung übertragen lassen, ist eine Rechtsfrage, die wir nicht beantworten können.”
Hierzu trug der Kläger unter Zitierung einschlägiger Fundstellen in der Kommentarliteratur in seinem Begleitschreiben vom u.a. ergänzend vor:
Die Ausführungen des Beklagten in seinem Schreiben vom erfüllten in keiner Weise die Kriterien, die Literatur und Rechtsprechung herausgearbeitet hätten. Der Beklagte missachte die Realität und scheine die einfachsten Gesetze der Logik nicht zu beherrschen. Wie könne logisch erklärt werden, dass ein Gebäude, das im Jahr 1966 erbaut worden sei, also Ende des Jahres 2011 bereits 45 Jahre abgeschrieben worden sei, die gleiche Nutzungsdauer haben soll wie ein Gebäude, das im Jahr 2012 errichtet wird? Diese Gleichstellung sei für jeden, der ein Minimum an wirtschaftlichem Verstand besitze, barer Unsinn.
Mit einem weiteren (wohl irrtümlich auf den datierten) am beim Beklagten eingegangenen Schreiben, auf das wegen der ergänzenden rechtlichen Argumente Bezug genommen wird, vertrat der Kläger die Auffassung, es sei schon deshalb völlig abwegig, aus dem Kaufpreis und den erzielbaren Mieten einen Rückschluss auf die Nutzungsdauer zu ziehen, weil beabsichtigt sei, in ca. zehn Jahren auf dem baureifen Teil des Geländes eine neue Überbauung in Verbindung mit dem jetzigen Gebäude vorzunehmen.
Im Übrigen widersprach der Kläger unter Hinweis auf das ) der Auffassung des Beklagten, für die Zugrundelegung einer verkürzten Nutzungsdauer treffe den Steuerpflichtigen eine erhöhte Nachweispflicht.
Mit Rechtsbehelfsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Den Vorbehalt der Nachprüfung ließ er weiterhin bestehen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Nach der BFH-Rechtsprechung setze der Ansatz einer vom Regelfall des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG abweichenden kürzeren Nutzungsdauer den Vortrag von Umständen zur technischen Beschaffenheit oder wirtschaftlichen Nutzbarkeit voraus, die für eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende technische oder wirtschaftliche Nutzungsdauer sprechen, wobei eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit insoweit glaubhaft zu machen sei. Allein die Tatsache, dass durch Eigentümerwechsel und dadurch verursachte wiederholte AfA die Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes hundert Jahre überschreite, sei nach der Rechtsprechung des BFH nicht ausreichend, um eine kürzere Nutzungsdauer als fünfzig Jahre anzunehmen.
So würden z.B. unter bestimmten Umständen nachgewiesene erhebliche Gebäudeschäden oder ein feststehender Abbruch des Gebäudes eine Verkürzung der Nutzungsdauer rechtfertigen, nicht hingegen ein nicht mehr zeitgemäßer Wohnstandard (Hinweis auf ). Von dieser Auffassung sei auch das FG Köln in seinem Urteil vom 5 K 625/00 ausgegangen und habe zusätzlich die Frage aufgeworfen, warum – trotz behaupteter Mängel und des Alters der Bausubstanz – so hohe Kaufpreise für die dort in Rede stehenden (100-jährigen) Objekte gezahlt worden seien.
Nach der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des seien Schätzungen des Steuerpflichtigen zwar zu berücksichtigen, sofern ihnen Erwägungen zugrunde lägen, die ein vorsichtig überlegender und vernünftig wirtschaftender Steuerpflichtiger anstellen würde. Letztlich treffe indes den Steuerpflichtigen die Pflicht, eine behauptete kürzere als die Regelnutzungsdauer nachzuweisen; dies könne z.B. durch ein Sachverständigengutachten geschehen, das der „freien Beweiswürdigung” der Finanzbehörde unterliege.
Im Streitfall seien dem Vorbringen des Klägers wie auch der Stellungnahme des Gutachters keine Gründe zu entnehmen, die den Ansatz einer auf 40 Jahre verkürzten Nutzungsdauer rechtfertigten. Es sei weder glaubhaft gemacht worden, dass die Bausubstanz in einem Zustand sei, der eine längere als 40jährige Nutzungsdauer ausschließe, noch sei dargetan, dass das Objekt für einen darüber hinausgehenden Zeitraum nicht mehr kostendeckend vermietet werden könne. Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer könne der AfA nur zugrunde gelegt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv tatsächlich verbraucht sei, d.h. wenn die Möglichkeit einer sinnvollen Nutzung oder Verwertung endgültig verfallen sei (Hinweis auf ). Nach den Feststellungen des Gutachters lägen hier jedoch keine erheblichen Gebäudeschäden vor. Den aufgelisteten Schäden könne durch Modernisierungsaufwand begegnet werden. Der geplante Anbau, der in ca. zehn Jahren durchgeführt werden solle, spreche sogar für eine erheblich längere technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer. Auch der vereinbarte Kaufpreis für das Objekt und die erzielbaren Mieten deuteten in diese Richtung.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage, in der er an seiner im außergerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung festhält. Zur Begründung trägt er ergänzend und vertiefend vor:
Der Beklagte habe die Frage, ob im Streitfall eine verkürzte wirtschaftliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen ist, unter Verstoß gegen § 88 der Abgabenordnung (AO) nicht hinreichend geprüft. Eine verkürzte wirtschaftliche Nutzungsdauer ergebe sich aus nachfolgend dargestellten Überlegungen:
In der Einspruchsentscheidung werde bei der Ermittlung der Nutzungsdauer in keiner Weise differenziert zwischen Gesamtnutzungsdauer und Restnutzungsdauer. Maßgebend sei mit Rücksicht auf das letztlich die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer eines Objekts, die geschätzt werden müsse. Da es für diese Schätzung im Steuerrecht keine hinreichende Rechtsgrundlage gebe, sei die Gesamtnutzungsdauer nach den Wertermittlungsrichtlinien ebenso wie nach den Sachwertrichtlinien für Mehrfamilienhäuser mit 60 bis 80 Jahren anzusetzen. Im konkreten Fall komme es dann auf die Restnutzungsdauer an, die hieraus abgeleitet werde. Ausweislich der ergänzenden Stellungnahme der Gutachter E & F vom sei diese im Streitfall mit 40 Jahren zu schätzen.
Soweit der Beklagte behaupte, das streitige Objekt weise keine baulichen Mängel auf, stünden dem die Ausführungen der Gutachter auf Seite 5 der Stellungnahme vom entgegen.
Der Beklagte habe seine weitere Behauptung, der Kaufpreis für die Immobilie lasse darauf schließen, dass die Nutzungsdauer noch mindestens 50 Jahre betrage, bislang nicht begründet. Investitionsrechnungsverfahren gäben indes keinen Hinweis auf eine feste Relation zwischen Kaufpreis und Lebensdauer einer Immobilie. Nach Abdeckung aller Kosten mit Ausnahme der AfA betrage der liquide Überschuss aus der streitigen Immobilie im Veranlagungszeitraum 2013 20.341 €. Ausgehend von einem Gesamtkaufpreis von 554.863,65 € wäre das gesamte Objekt nach 27,3 Jahren verdient. Unterstelle man, dass das Gebäude danach abbruchreif sei, hätte der Investor immer noch ein gutes Geschäft gemacht, weil ihm ja der Grund und Boden zur erneuten Bebauung oder Veräußerung bleibe. Bei einer angenommenen Nutzungsdauer von 40 Jahren mache er in jedem Fall ein deutlich positives Geschäft, da ihm dann neben dem Wert für Grund und Boden noch mindestens 260.000 € weiterer Netto-Mietertrag zufließen würden.
Aus der Kommentierung von Kulosa in Schmidt (EStG, § 7 Rz. 156) zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer für betriebliche Abschreibungen ergebe sich, dass zwar normale übliche Instandhaltungsaufwendungen entstehen dürften, nicht jedoch eine Komplettsanierung. Würde man die Nutzungsdauer für ein 46 Jahre altes Wirtschaftsgut – „überbordend” – mit 50 Jahren ansetzen, ergäben sich überhöhte Anforderungen an den zu tragenden Reparaturaufwand. Dies aber habe der Gesetzgeber nicht gewollt. Die Auffassung der Finanzverwaltung, namentlich zu den Nachweisanforderungen für die Nutzungsdauer, führe letztlich zu einer Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die gewerblich tätig seien, und solchen, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
Soweit der Beklagte im Klageverfahren die Möglichkeit anspreche, wegen der Nutzungsdauer des streitigen Objekts ein Sachverständigengutachten einzuholen, sei dies mit der Beibringung der Stellungnahmen von E & F vom 23. Mai und bereits geschehen. Abgesehen davon, dass die kürzere Nutzungsdauer der Immobilie durch Vorlage dieser Stellungnahmen bereits hinreichend glaubhaft gemacht worden sei, lasse sich die Forderung des Beklagten, der Kläger müsse unter Angabe der besonderen Umstände die kürzere Nutzungsdauer der Immobilie glaubhaft machen, aus dem von ihm zitierten , BStBl II 1972, 176) so nicht herleiten. Der Beklagte deute die vorgenannte BFH-Rechtsprechung in einer Weise um, die nur als intellektuell unredlich bezeichnet werden könne.
Die Auffassung des Beklagten, dass der geplante Anbau den Wert des Gebäudes erhöhen würde, sei überhaupt nicht nachvollziehbar. Das Gegenteil sei der Fall. Wenn eine derartige Erweiterung erfolge, hätte dies nicht nur einen monatelangen Mietausfall zur Folge, sondern auch das vorhandene Gebäude müsste komplett saniert werden mit der Folge, dass ein wirtschaftlich neues Gebäude entstünde, für das sich die Frage der Abschreibungsdauer neu stellen würde. Für die vorhandene Bausubstanz indiziere dies lediglich die Annahme, dass das Gebäude wirtschaftlich nur noch nach weiteren Investitionen sinnvoll genutzt werden könne.
Schließlich begründe der Beklagte mit keinem Wort, warum ein Gutachten zur Bewertung des Gebäudes, bei dem von einer bestimmten Nutzungsdauer ausgegangen worden sei, nicht auch für Zwecke der steuerlichen Abschreibung herangezogen werden könne. Ebenfalls ungeklärt bleibe, warum die Nutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung eine andere sein solle als die, die plausibel auch für steuerliche Zwecke zugrunde gelegt werden müsse.
Der erkennende Senat werde um einen Hinweis gebeten, ob nach seiner Auffassung ein weiteres Sachverständigengutachten zur Nutzungsdauer des streitigen Objekts eingeholt werden müsse und wer dafür die Kosten zu tragen habe.
Im Übrigen trete er – der Kläger – Beweis für die Tatsache an, dass eine wirtschaftlich sinnvolle und auch technisch planbare Nutzungsdauer für das in Rede stehende Gebäude 40 Jahre betrage, durch Vernehmung des Herrn E als Zeuge (Beweisantritt: Bl. 28 der Gerichtsakte).
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom unter Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom in der Weise zu ändern, dass der Ermittlung der AfA für das Objekt „A-Straße …” gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG eine auf 40 Jahre verkürzte Nutzungsdauer zugrunde gelegt wird,
hilfsweise im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er zunächst vollinhaltlich Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor:
Da es sich bei der verkürzten Nutzungsdauer i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG um eine steuermindernde Tatsache handele, obliege dem Kläger die Darlegungs- und Nachweispflicht. Er müsse daher unter Angabe der besonderen Umstände die kürzere Nutzungsdauer der erworbenen Immobilie glaubhaft machen (Hinweis auf , BStBl II 1972,176).
Der Kläger habe in seiner Klageschrift weder eine kürzere technische Nutzungsdauer, z.B. durch Darlegung des materiellen Verschleißes der Rohbauelemente, nachgewiesen noch habe er eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer dargetan. Sein Vorbringen erschöpfe sich vielmehr größtenteils in allgemeinen kritischen Betrachtungen, die seine Auffassung stützen sollten, dass ein Haus älteren Baujahres AfA-technisch nicht mit einem Neubau gleichzusetzen sei.
Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer könne insbesondere durch ein Sachverständigengutachten erbracht werden. Ein solches liege in Bezug auf die mögliche Restnutzungsdauer nicht vor. Das Gutachten vom betreffe die Ermittlung des Gebäudesowie des Bodenwerts. Die dortige Ermittlung der Restnutzungsdauer sei nach den Grundsätzen der Immobilienwertverordnung und der Sachwertrichtlinie erfolgt und sei nicht auf die steuerliche Abschreibung übertragbar. Die in Wertgutachten angesetzten Restnutzungsdauern seien in der Regel als Grundlage für den steuerlich relevanten Abschreibungszeitraum nicht geeignet, da sie in keiner Weise in Zusammenhang mit der gesetzlichen Typisierung der AfA-Regelung zu bringen seien. Die Definition der wirtschaftlichen Nutzungsdauer i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG sei nicht identisch mit der Nutzungsdauer i.S. der Immobilienwertverordnung und der Sachwertrichtlinie. Beide Arten von Nutzungsdauer hätten einen völlig anderen Hintergrund und unterschiedliche Anwendungsgebiete.
Nach Rücksprache mit der Bausachverständigen des Beklagten könne auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gleichwohl verzichtet werden. Das Sachverständigenbüro E & F nehme in dem vorliegenden Gutachten ausreichend zum Bauzustand des Gebäudes Stellung und zeige keine besonderen Umstände auf, die eine kürzere Nutzungsdauer für Zwecke der steuerlichen Abschreibung glaubhaft machen könnten. Wegen der Einzelheiten werde auf die baufachliche Stellungnahme der Bausachverständigen vom Bezug genommen. Darin habe diese u.a. darauf hingewiesen, dass der Kläger im Rahmen seiner Argumentation zwei unterschiedliche Ausgangswerte miteinander vermische, nämlich zum Einen die ertragsteuerlich relevante Restnutzungsdauer, die mit jedem Eigentumswechsel wiederum 50 Jahre betrage (eigentümerbezogene AfA), und zum Anderen die (geschätzte) wirtschaftliche Restnutzungsdauer, die für eine Wertermittlung unabdingbar sei und rein auf das zu bewertende Gebäude abhebe (gebäudebezogene Restnutzungsdauer). Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer könne den AfA nur zugrunde gelegt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht sei. Dabei reiche der Hinweis auf nicht mehr zeitgemäße Wohnstandards nicht aus. Bei Wohngebäuden sei daher – anders als bei Gewerbeimmobilien – eine die technische Nutzungsdauer unterschreitende wirtschaftliche Nutzungsdauer fast auszuschließen.
Die Gutachter E & F kämen zu dem Ergebnis, dass die Immobilie über einen Ausstattungsstandard verfüge, der heutigen Wohnansprüchen weitgehend gerecht werde. Auch die Mieterträge lägen innerhalb der Spannbreite des Her Mietspiegels oder sogar darüber. Insofern sei zweifelhaft, dass die Immobilie vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht sei.
Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben über die Frage, in welchem baulichen Zustand sich das Objekt „A-Straße …” in H zum Zeitpunkt der Besichtigung befand, durch Vernehmung des Herrn E als sachverständigen Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). Insbesondere hat der Beklagte den gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG als Werbungskosten des Klägers bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) geltend gemachten Absetzungen für Abnutzung (AfA) des im Streitjahr erworbenen Vermietungsobjekts „A-Straße …” in H zu Recht die in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG normierte Regelnutzungsdauer von 50 Jahren und mithin einen Abschreibungssatz von 2 v.H. jährlich zugrunde gelegt. Dass die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG abweichend hiervon mit lediglich 40 Jahren zu bemessen ist, ergibt sich weder schlüssig aus dem Vorbringen des Klägers und den hierzu eingereichten schriftlichen Stellungnahmen der von ihm beauftragten Gutachter F und E vom 23. Mai und noch aus dessen ergänzenden Ausführungen im Rahmen seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge.
a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Bei Gebäuden, die – wie das im Jahr 1966 errichtete Objekt „A-Straße …” des Klägers – nach dem fertiggestellt worden sind und nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, sind nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG als AfA jährlich 2 v.H. bis zur vollen Absetzung abzuziehen.
Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes jedoch in diesen Fällen weniger als 50 Jahre, so können gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG anstelle der Absetzungen nach Satz 1 dieser Vorschrift die der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden AfA vorgenommen werden. Als Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG definiert § 11c Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) den Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, wobei dieser Zeitraum bei Gebäuden, die der Steuerpflichtige – wie hier der Kläger – nach dem angeschafft hat, mit dem Zeitpunkt der Anschaffung beginnt (§ 11c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStDV).
Diese Bestimmung von Begriff und Beginn der Nutzungsdauer, die sich nicht auf das Objekt schlechthin, d.h. seine Gesamtnutzungsdauer ab Fertigstellung, bezieht, sondern auf den jeweiligen Eigentümer und damit auf die Restnutzungsdauer „in seiner Hand” abstellt, sieht der BFH als zutreffende, da sich im Rahmen des Wortlauts haltende und durch die Gesetzesbegründung (in Bundestagsdrucksache IV/2008 S. 10) gedeckte Auslegung des Gesetzes an (so erstmals grundlegend , BStBl II 1972, 176, sowie , BStBl II 1998, 59, vgl. hierzu auch Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 7 Anm.425, und Blum/Weiss BB 2007, 2093, 2094). Die aus der Anknüpfung an den Eigentumswechsel resultierende Folge, dass auch eine Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes von weit mehr als 100 Jahren erreicht werden kann, hält der BFH im Hinblick auf das Fehlen einer „zwingend obersten Grenze” des Abschreibungszeitraums für unerheblich (BFH in BStBl II 1972, 176, vgl. auch Nolde, a.a.O., Anm. 425).
Vor dem Hintergrund dieser auch im Schrifttum allgemein geteilten Rechtsprechung vermag der Einwand des Klägers, die Annahme, ein Neubau habe dieselbe Nutzungsdauer wie ein bereits 1966 errichtetes Gebäude, könne nur einem in baulichen Dingen Unbedarften kommen, jedenfalls in Bezug auf die Auslegung und Anwendung des § 7 Abs. 4 EStG nicht zu überzeugen. Denn nach der gesetzlichen Typisierungsregel in § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG beginnt der Abschreibungszeitraum grundsätzlich unabhängig vom Alter des Gebäudes mit jedem Eigentümerwechsel neu. Dem Alter des Gebäudes kommt lediglich insoweit AfA-technische Bedeutung zu, als § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG für Gebäude, die vor dem fertiggestellt worden sind, mit 2,5 v.H. (= 40 Jahre) einen höheren Abschreibungssatz (und damit eine kürzere typisierte Nutzungsdauer) normiert als für Gebäude, die erst nach dem genannten Zeitpunkt errichtet worden sind. Die vom BFH gesehene und in Kauf genommene Folge der gesetzlichen Typisierung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG, dass die Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes bei mehrfacher Veräußerung durchaus „über 100 Jahre ansteigen” kann, verdeutlicht zugleich, dass weder die im Bundesanzeiger veröffentlichten „Orientierungswerte für die übliche Gesamtnutzungsdauer bei ordnungsgemäßer Instandhaltung”, wonach bei Mehrfamilienhäusern zwischen 60 und 80 Jahren zugrunde zu legen sind, noch die in bewertungsrechtlichen Vorschriften, wie etwa in Anlage 22 zum Bewertungsgesetz (zu § 185 Abs. 3 Satz 3, § 190 Abs. 2 Satz 2) für Mietwohngrundstücke mit 80 Jahren bezifferte „wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer” für die ertragsteuerrechtliche Bestimmung der Abschreibungszeiträume maßgeblich sind.
b) Von der Tatsache, dass die mit der Anschaffung des streitigen Vermietungsobjekts durch den Kläger am (erneut) beginnende Nutzungsdauer des Gebäudes – abweichend von der gesetzlichen Typisierung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG – tatsächlich nur 40 Jahre beträgt, hat der erkennende Senat sich auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen des als sachverständiger Zeuge vernommenen Gutachters E nicht mit dem gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO erforderlichen Grad an Gewissheit überzeugen können.
aa) Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Annahme einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer voraus, dass die Frage im Rahmen der den Finanzbehörden obliegenden wie auch der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§§ 88 AO, 76 FGO) soweit wie möglich geprüft wird (BFH in BStBl II 1972, 176, m.w.N.). Dabei ist gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG festzustellen, welche tatsächliche Nutzungsdauer dem im Streitfall betroffenen Gebäude voraussichtlich (vgl. § 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV) zukommt. Die – zu schätzende – Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie die rechtlichen Gegebenheiten, die die Nutzungsdauer eines Gegenstands beeinflussen können. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer ist als die technische Nutzungsdauer, kann sich der Steuerpflichtige hierauf berufen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. , BFH/NV 2008, 1310, vom X R 54/01, BFH/NV 2004, 474, und vom X R 78/94, BStBl II 1998, 59, jeweils m.w.N., vgl. auch Pfirrmann in Kirchhof, EStG, 15. Auflage 2016, § 7 Rz. 89, m.w.N.). Eine mit wirtschaftlicher Abnutzung begründete kürzere Nutzungsdauer kann den AfA jedoch nur zugrunde gelegt werden, wenn das Wirtschaftsgut vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist, d.h. wenn die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist (BFH-Urteil in BStBl II 1998, 59, und BFH in BFH/NV 2008, 1310, sowie , BStBl II 1989, 604, vgl. auch Pfirrmann, a.a.O., § 7 Rz. 89, m.w.N.). Hierfür, d.h. für die Annahme einer die technische Nutzungsdauer unterschreitenden wirtschaftlichen Nutzungsdauer, verlangt der BFH das Vorliegen „greifbarer Anhaltspunkte” (BFH in BStBl II 1972, 176, m.w.N.). Vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass bei der – prognostischen – Bestimmung der tatsächlichen Nutzungsdauer auch ungewisse künftige Ereignisse zu beurteilen sind, kann im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG keine Gewissheit über die kürzere Nutzungsdauer, sondern nur eine an der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit orientierte Schätzung gefordert werden, bei der alle – vom Steuerpflichtigen darzulegenden (vgl. hierzu , BFH/NV 2013, 1267) – technischen und wirtschaftlichen Umstände des betreffenden Objekts Berücksichtigung finden (vgl. hierzu BFH in BStBl II 1972, 176, , EFG 1994, 96, Brandis in Blümich, EStG, § 7 Rz. 520, speziell zur Schätzung vgl. auch , EFG 2001, 675 ff, und Blum/Weiss BB 2007, 2093, 2096, m.w.N.). Ob die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG spricht, ist eine Frage der tatsächlichen Würdigung im Einzelfall, deren Beurteilung dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (BFH in BStBl II 1972, 176, und BFH in BFH/NV 2008, 1310, m.w.N.).
bb) Ausgangspunkt der danach erforderlichen Schätzung in technischer Hinsicht ist die Nutzungsdauer des Rohbaus als Hauptbestandteil des Gebäudes; dieser gibt dem Gebäude das Gepräge (Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 521). Für die Annahme einer kürzeren technischen Nutzungsdauer genügt es daher regelmäßig nicht, dass lediglich einzelne unselbständige Teile des Gebäudes zur Erneuerung oder Ersetzung anstehen, weil deren Austausch nur zu sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand führen würde. Erforderlich ist vielmehr, dass durch technischen Verschleiß der tragenden Teile, d.h. insbesondere des Rohbaus, das Gebäude in seiner Gesamtheit in seiner Nutzungsfähigkeit beeinträchtigt wäre (, bestätigt durch ).
cc) Derartige Beeinträchtigungen ergeben sich weder aus den im außergerichtlichen Vorverfahren vom Kläger eingereichten schriftlichen Stellungnahmen der F und E vom 23. Mai und noch aus den ergänzenden Ausführungen des im Rahmen der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Zeuge vernommenen E.
(1) Nach der Einschätzung auf Blatt 5 der Stellungnahme vom wies das Wohnhaus „A-Straße …” zum Zeitpunkt seiner Besichtigung einen „überwiegend altersgemäß normalen baulichen Unterhaltungszustand” auf. Hierzu stellt das Gutachten in Fußnote 6 ausdrücklich klar, dass die Beurteilung des Bauzustands entsprechend der derzeitigen (= im Besichtigungszeitpunkt stattfindenden) Nutzung und Einrichtung nach dem optischen Eindruck erfolge und dass dabei die Einhaltung der einschlägigen technischen Vorschriften und Normen zum Zeitpunkt der Herstellung unterstellt werde. Diesen Eindruck hat der sachverständige Zeuge auf Befragen des Gerichts nochmals ausdrücklich bestätigt und – noch weitergehend – bekundet, das streitbefangene Gebäude habe sich nach seinen im Jahr 2014 getroffenen Feststellungen „in einem altersgemäß guten Zustand” befunden. Soweit er in seiner Stellungnahme vom einzelne „Bauschäden oder Baumängel” aufgelistet habe, von deren Vorhandensein auch schon zum Beurteilungsstichtag ausgegangen werden könne, habe es sich – so seine klarstellenden Ausführungen im Rahmen der Zeugeneinvernahme – um Mängel gehandelt, die im Grundsatz keine Auswirkungen auf die voraussichtliche Nutzungsdauer hätten. Dies erscheint glaubhaft vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich nach den Ausführungen auf Blatt 5 der Stellungnahme vom überwiegend um als „leicht” bezeichnete Beeinträchtigungen handelt, die zudem – wie etwa die Glaseinsätze des Wintergartens, der Kamin, die Dacheindeckung, Glasbausteine im Treppenhaus, Absenkungen in der Garagenzufahrt und Feuchtigkeitsschäden im Keller und an den Balkonen – keine tragenden Gebäudeteile betreffen. Soweit der sachverständige Zeuge seine vorbeschriebene grundsätzliche Einschätzung insoweit modifiziert, als er den festgestellten Mängeln an der Fassade, namentlich dem Fehlen einer geschossweisen Abfangung der als Verkleidung verwandten Halbsteine (Klinkerriemchen) und der damit einhergehenden Gefahr, dass die Fassade einstürzen könnte, Auswirkungen auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes beimisst, hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seiner Beurteilung der im Rahmen der Sach- und Ertragswertermittlung maßgebliche Begriff der Restnutzungsdauer zugrunde liegt. Außerdem hat er auf Befragen des Gerichts bekundet, dass sich der Mangel der Fassade auf die Standfestigkeit des Gebäudes insgesamt voraussichtlich nicht auswirken werde. Hierzu hat er ergänzend bekräftigt, dass „die tragenden Teile des Gebäudes” keine erheblichen Mängel aufwiesen; zumindest hätten keine konkreten Hinweise auf derartige Mängel vorgelegen. Da sämtliche in der schriftlichen Stellungnahme vom dokumentierten Bauschäden und -mängel nach der glaubhaften Schilderung des sachverständigen Zeugen Bestandteile betreffen, die für die Standfestigkeit des Gebäudes (Rohbaus) nicht essentiell sind und außerdem durch Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen behoben werden können, liegen keine – wie der BFH es (in BStBl II 1972, 176) nennt – „greifbaren Anhaltspunkte” für die Annahme eines technischen Verschleißes und mithin einer kürzeren technischen Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG vor.
(2) Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Tatsache, dass der Kläger für das in Rede stehende Mietwohngrundstück immerhin einen Kaufpreis i.H. von 510.000 € gezahlt hat, wovon nach der (inzwischen unstreitigen) Schätzung der Gutachter F und E ein Anteil von 67 v.H. auf den Gebäudewert entfällt. Auch wenn sich – wie der Kläger meint – eine feste Relation zwischen Kaufpreis und Nutzungsdauer nicht sicher feststellen lässt, kommt der Höhe des Kaufpreises zumindest indizielle Bedeutung insofern zu, als unter Zugrundelegung wirtschaftlicher Erwägungen kein Käufer bereit wäre, für eine nur noch kurze Zeit nutzbare „Schrottimmobilie” einen weit über den Bodenwert hinausgehenden Kaufpreis zu zahlen. Soweit etwaige Baumängel und -schäden den Wert des Gebäudes mindern, schlägt sich diese Wertminderung in der Regel bei der Bemessung des Kaufpreises nieder (vgl. hierzu , EFG 1990, 166, und Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 522). Dass das streitige Gebäude weitere – weder in den schriftlichen Stellungnahmen vom 23. Mai und genannte noch von dem sachverständigen Zeugen bei seiner Einvernahme erwähnte – Mängel an tragenden Teilen aufweist, deren Vorliegen sich auch nicht kaufpreismindernd ausgewirkt hat, ist weder ersichtlich noch wird dies vom Kläger behauptet.
dd) Der erkennende Senat hat sich nach Anhörung des sachverständigen Zeugen auch nicht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO davon überzeugen können, dass dem Gebäude „A-Straße …” aus wirtschaftlichen Gründen eine nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG auf 40 Jahre verkürzte Nutzungsdauer beizumessen ist.
(1) Zwar konnte der sachverständige Zeuge nicht ausschließen, dass aufgrund der mangelhaften Fassadenverkleidung Feuchtigkeitsschäden am Gebäude entstehen können, die sich dann auch auf dessen Vermietbarkeit auswirken könnten. Aufgrund dieser Aussage hält der Senat es für möglich, dass für den Fall eines Einsturzes der Fassade und der Notwendigkeit ihrer Erneuerung, zumindest vorübergehend, d.h. für die Dauer der Instandsetzungsarbeiten, Mieteinbußen eintreten könnten. Diese vage Einschätzung einer möglichen weiteren Entwicklung rechtfertigt indes keinen Ansatz einer von der Regeltypisierung des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG abweichenden Nutzungsdauer. Abgesehen davon, dass lediglich temporäre Einschränkungen der Nutzbarkeit noch nicht die Annahme eines „wirtschaftlichen Vollverschleißes” begründen, verlangt auch die Schätzung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer eine an der größtmöglichen Wahrscheinlichkeit orientierte tatsächliche Würdigung aller Einzelfallumstände. Unbestimmte Zukunftsaussichten genügen dabei nicht, um eine von der technischen Nutzungsdauer abweichende wirtschaftliche Nutzungsdauer anzunehmen (, EFG 1992, 438, unter Hinweis auf , RStBl 1936, 414, und IV 114/76U, BStBl III 1957, 301).
(2) Gegen die Annahme einer aus wirtschaftlichen Gründen auf 40 Jahre verkürzten Nutzungsdauer spricht schließlich auch, dass nach Angaben des Klägers im Erwerbszeitpunkt alle sechs Wohneinheiten des Mietwohngrundstücks vermietet waren und der vereinbarte Mietzins, soweit er sich (für vier Wohnungen) aus den aktenkundigen Mietverträgen ergibt, gemessen am örtlichen Mietspiegel für H als durchaus marktgerecht anzusehen ist. Dass seit der Anschaffung des Objekts Leerstände eingetreten sind, hat der Kläger weder vorgetragen noch ergeben sich dahingehende Anhaltspunkte aus dem Inhalt der Akten. Auch ein zukünftig zu erwartender Rückgang der Mieten zeichnet sich nach Aktenlage nicht ab. Aus der schriftlichen Stellungnahme der Gutachter F und E vom 23. Mai 2014 geht vielmehr hervor, dass der Ausstattungsstandard heutigen Wohnansprüchen weitgehend gerecht wird. Dieser Befund deutet, unabhängig davon, dass selbst ein nicht zeitgemäßer Wohnstandard für die Annahme einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht ausreichen würde (vgl. hierzu Hessisches FG in EFG 1992, 438, und Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 522, m.w.N.), nicht auf eine negative Renditeprognose hin (zur Bedeutung der erzielbaren Mieten vgl. z.B. BFH in BFH/NV 2004, 474, und Hessisches FG in EFG 1992, 438).
ee) Soweit der Kläger zur Bekräftigung seiner abweichenden Auffassung wiederholt das (EFG 2001, 675) zitiert, vermag dies die Beurteilung im Streitfall nicht im Sinne der Klage zu ändern.
(1) Dabei kann der Senat offenlassen, ob und inwieweit er den allgemeinen Aussagen des 8. Senats des FG Köln zur Schätzungsprärogative des Steuerpflichtigen hinsichtlich der tatsächlichen Nutzungsdauer i.S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG und zu den Anforderungen an seine diesbezügliche Nachweispflicht folgen könnte. Denn die Klageabweisung beruht im Streitfall nicht etwa darauf, dass der Kläger seiner Verpflichtung nicht nachgekommen wäre, die für die Beurteilung der Nutzungsdauer erheblichen tatsächlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen. Das Gericht kommt lediglich – unter ausdrücklicher Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen des als sachverständiger Zeuge vernommenen Privatgutachters zum baulichen Zustand des Wohnhauses – zu einer abweichenden Beurteilung der Nutzungsdauer. Soweit der 8. Senat in der vom Kläger herangezogenen Referenzentscheidung dem im dortigen Verfahren vorgelegten Parteigutachten auch hinsichtlich der vom Gutachter prognostizierten (kürzeren) Nutzungsdauer gefolgt ist, hat dies als Einzelfallentscheidung keinerlei Einfluss auf die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts. Dieser ist mit dem Streitfall in wesentlichen Punkten nicht vergleichbar. So ergeben sich rechtserhebliche Unterschiede bereits insofern, als das Gebäude im Verfahren 8 K 6294/95 tatsächlich zehn Jahre nach dem Erwerb abgerissen worden ist und es sich um ein Gebäude handelte, das als Labor-, Lager- und Bürogebäude eines Steinzeugunternehmens errichtet worden und deshalb Beanspruchungen ausgesetzt gewesen war, die sich denen eines Produktionsbetrieb annäherten.
(2) Übereinstimmung zwischen dem Urteilsfall 8 K 6294/95 des 8. Senats des FG Köln und dem hier zu beurteilenden Sachverhalt besteht allerdings insofern, als sowohl in der vorliegenden Stellungnahme vom als auch offenkundig in dem Parteigutachten, das dem 8. Senat des FG Köln vorlag, die Restnutzungsdauer nach der im Sach- und Ertragswertverfahren für Zwecke der Stichtagsbewertung maßgeblichen Methodik ermittelt wurde. Danach wird die Restnutzungsdauer eines Gebäudes grundsätzlich – rein mathematisch – aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die bei ordnungsgemäßer Instandhaltung (ohne Modernisierung) für Mehrfamilienhäuser pauschal mit 60 – 80 Jahren angesetzt wird, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag (hier: 46 Jahre) errechnet (zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts für Zwecke der Bewertung vgl. auch § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG, zur Ermittlung des Gebäudesachwerts § 190 Abs. 4 Satz 2 BewG in der ab 2016 geltenden Fassung). Demgemäß ergibt sich die – auch für Zwecke der Kaufpreisaufteilung zwischen Grund/Boden und Gebäude zu berücksichtigende Alterswertminderung im – hier angewandten – Sachwertverfahren gemäß § 23 ImmoWertV aus dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer. Im Streitfall haben die Gutachter F und E in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom die rein mathematisch ermittelte Restnutzungsdauer von 34 Jahren (=80 Jahre Gesamtnutzungsdauer abzgl. 46 Jahre Gebäudealter) im Hinblick auf bereits vorgenommene Modernisierungsmaßnahmen, namentlich den Einbau isolierverglaster Fenster, im Schätzwege auf 40 Jahre erhöht. Hierzu haben sie klarstellend darauf hingewiesen, dass diese Vorgehensweise den Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung und den Sachwertrichtlinien entspricht. Dass sowohl den schriftlichen Ausführungen der Gutachter als auch den ergänzenden Bekundungen des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung der im Sach- und Ertragswertverfahren maßgebliche Begriff der „Restnutzungsdauer” zugrunde liegt, hat der sachverständige Zeuge auf Befragen nochmals ausdrücklich bestätigt.
ff) Die Unterschiede zwischen der (Rest-) Nutzungsdauer i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG einerseits und der für Zwecke der Sach- oder Ertragswertfeststellung zu ermittelnden Restnutzungsdauer andererseits in Bezug auf Anwendungsbereich und Zielsetzung stehen einer Übernahme der in der schriftlichen Stellungnahme vom auf 40 Jahre geschätzten und durch den sachverständigen Zeugen E nochmals bestätigten Restnutzungsdauer des Gebäudes als Abschreibungszeitraum „tatsächliche Nutzungsdauer”) gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG entgegen.
(1) Die in § 7 EStG geregelten Vorschriften über Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung dienen nach der sog. „Aufwandsverteilungsthese” dem Zweck, die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Anschaffung oder Herstellung eines zur Einkünfteerzielung verwendeten Wirtschaftsguts über einen bestimmten Zeitraum zu verteilen (vgl. statt aller Schmidt/Kulosa, EStG, 35. Auflage 2016, § 7 Rz. 1, und Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 30, jeweils m.w.N.). Gleichzeitig soll durch die periodengerechte Aufwandsverteilung der Wertverzehr dieses Wirtschaftsguts berücksichtigt werden (sog. „Wertverzehrtheorie”, vgl. hierzu Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 32, m.w.N.). Zur Erreichung dieser Ziele ist es notwendig, den Zeitraum festzulegen, innerhalb dessen der Aufwand zu verteilen ist (Abschreibungszeitraum). Die Bestimmung eines Zeitraums als einem erst zukünftigen und auf gewisse Dauer angelegten Kriterium erfordert eine Prognoseentscheidung, bei der neben dem gegenwärtigen Gebäudezustand als Ausgangspunkt auch die wahrscheinliche künftige Entwicklung einzubeziehen ist. Die Betrachtung ist insofern „dynamisch.”
(2) Demgegenüber dienen die §§ 185, 190 BewG ebenso wie die Vorschriften der Immobilienwertermittlungsverordnung (und der Sachwertrichtlinien) dazu, den Sach- bzw. Ertragswert eines Gebäudes auf einen bestimmten Stichtag (hier: den Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes, §§ 11c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStDV, 7 Abs. 1 Satz 4 EStG) zu ermitteln. Die Feststellung des Werts folgt dabei einer punktuellen (stichtagsbezogenen) und damit statischen Betrachtung. Zwar sehen die einschlägigen Bestimmungen für die Wertfeststellung ebenfalls die Ermittlung einer Restnutzungsdauer vor (vgl. z.B. § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG). Diese ist aber nicht das eigentliche Ziel, sondern lediglich eine Rechengröße „Unterschiedsbetrag”, vgl. z.B. § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG) zur Ermittlung der Alterswertminderung und der daran anknüpfenden punktuellen Feststellung des Gebäudewerts.
(3)
Nach alledem hat der Beklagte den AfA für das Vermietungsobjekt „A-Straße …” zu Recht die gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG typisierte Regelnutzungsdauer von 50 Jahren und mithin einen Abschreibungssatz von 2 v.H. jährlich zugrunde gelegt.
c) Dabei ist er zutreffend davon ausgegangen, dass für das Streitjahr lediglich 2/12 des jährlichen Abschreibungsbetrags anzusetzen sind. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG. Danach vermindert sich im Jahr der Anschaffung des Wirtschaftsguts für dieses Jahr der Absetzungsbetrag um jeweils 1/12 für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung vorangeht. Die Anschaffung eines Wirtschaftsguts ist grundsätzlich mit seiner Lieferung vollzogen (§ 9a EStDV). Geliefert ist ein Gegenstand, wenn der Erwerber zumindest das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 AO) erlangt hat, wenn er also nach dem Willen der Vertragsparteien über das Wirtschaftsgut wirtschaftlich verfügen kann. Das ist regelmäßig der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten (i.S. des § 446 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auf den Erwerber übergegangen sind (vgl. z.B. , BStBl II 1999, 589, und vom X R 49/01, BStBl II 2003, 751, sowie Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 61). Bei einem Gebäude kommt es daher weder auf den Zeitpunkt des notariellen Kaufvertragsabschlusses noch auf den der Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch an (vgl. hierzu , BFH/NV 1999, 1659, und Brandis, a.a.O., § 7 Rz. 61 und 147, m.w.N.). Im Streitfall haben die Vertragsparteien den notariellen Kaufvertrag zwar bereits am abgeschlossen, hierin jedoch vereinbart, dass Nutzungen und Lasten (erst) zum auf den Kläger übergehen sollten. Da dem Monat der Anschaffung des Gebäudes (November) somit insgesamt zehn Monate vorangegangen sind, war der Absetzungsbetrag um 10/12 zu kürzen.
d) Anhaltspunkte für eine unzutreffende Berechnung des Absetzungsbetrags sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch aus dem Inhalt der Akten ersichtlich. Dies gilt insbesondere für die AfA-Bemessungsgrundlage. Insoweit hat der Beklagte bereits vor Klageerhebung dem Begehren des Klägers abgeholfen, indem er den auf das Gebäude entfallenden Kaufpreisanteil – der Stellungnahme von F folgend – mit 67 v.H. der Gesamtanschaffungskosten (= 371.758, 65 €) angesetzt hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war nicht zuzulassen, weil im Streitfall keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend bezeichneten Zulassungsgründe vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Frage, ob den AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG die (kürzere) tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen und wie diese zu bemessen ist, ist eine dem Tatrichter im jeweiligen Einzelfall obliegende Entscheidung, die unter Abwägung aller individuellen Umstände des konkret zu beurteilenden Sachverhalts zu treffen ist. Im Übrigen ist bereits durch das in Literatur und Rechtsprechung einhellig akzeptierte (BStBl II 1972, 176) eindeutig geklärt, dass die in § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG typisierte (Regel-) Nutzungsdauer eines Gebäudes grundsätzlich unabhängig von dessen Alter im Erwerbszeitpunkt bei jedem Eigentumswechsel erneut beginnt mit der Folge, dass sich Abschreibungszeiträume ergeben können, die über die im Bewertungsrecht unterstellte (bei Mietwohngrundstücken 80jährige) Gesamtnutzungsdauer weit hinausreichen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 19/2017 S. 897
RAAAG-53550