BFH Urteil v. - I R 83/85 BStBl 1989 II S. 650

Leitsatz

1. Auch ein ohne Gegenleistung verliehener Geldpreis kann Betriebseinnahme i. R. eines gewerblichen Betriebs sein (Anschluß an , BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427).

2. Ist der einem Handwerker von einer Förderstiftung verliehene Geldpreis zeitlich und sachlich an die Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit geknüpft, dann ist er auch dann als betrieblich veranlaßt (Betriebseinnahme) anzusehen, wenn er nur bei herausragenden Leistungen in der Meisterprüfung verliehen wird.

Gesetze: EStG § 4 Abs. 1 (a.F., n.F.)EStG § 13

Instanzenzug: Niedersächsisches FG

Gründe

I. Streitig ist die Steuerpflicht eines dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) verliehenen Preises.

Der Kläger betreibt als Pächter einen ...betrieb. Im Streitjahr 1978 erhielt er vom Kuratorium der "Stiftung Y" eine Prämie von 5.000 DM. Die Prämie konnte nach den Förderungsrichtlinien der Stiftung nur selbständigen, in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerkern zuerkannt werden, die in der Meisterprüfung herausragende Noten erreicht hatten. Weitere Voraussetzung war nach den Förderungsrichtlinien, daß der Antrag auf Gewährung der Prämie im Jahr der Eintragung in der Handwerksrolle und im Jahr der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gestellt wurde. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) vertrat im Anschluß an eine Außenprüfung die Auffassung, daß die Prämie zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehöre und erhöhte den Gewinn des Klägers um 5.000 DM. Der Kläger war der Auffassung, daß die Prämie nicht zu den steuerbaren Einkünften gehöre.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt. Es vertrat die Auffassung, daß die dem Kläger zuerkannte Prämie nicht in seinem Gewerbebetrieb erwirtschaftet, sondern für gute Leistungen bei der Meisterprüfung verliehen worden sei. Zwar knüpfe die Bewilligung des Preises an die Eröffnung eines eigenen Gewerbebetriebes. Es sei aber auf die Motivation des Kuratoriums abzustellen, das mit der Prämie nur eine zusätzliche Starthilfe geben wolle. Damit erhalte die Prämie bestenfalls den Charakter einer Einlage.

Das FG ließ die Revision gegen seine Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu. Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und zur Abweisung der Klage.

Die dem Kläger im Streitjahr gewährte Prämie in Höhe von 5 000 DM erhöht als Betriebseinnahme den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb.

a) Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind (, BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183; vom IV R 184/82 , BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427; vom III R 175/85 , Finanz-Rundschau -FR- 1989, 105). Davon zu unterscheiden sind Einnahmen, deren Zufluß nicht durch den Betrieb, sondern durch private Umstände veranlaßt wurde.

Als betrieblich veranlaßt sind dabei nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Betriebseinnahmen können auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält (FR 1989, 105, m.w.N.). Voraussetzung ist allerdings, daß die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist. Es genügt nicht, daß sie lediglich in einem äußeren Zusammenhang dazu steht (Urteile in BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183, und in BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427). Diese Grundsätze gelten auch für Preise, die einem Steuerpflichtigen verliehen werden. Ist die Preisverleihung betriebsbezogen, so führt der Preis zu Betriebseinnahmen i.R. der gewerblichen Einkünfte. Als betriebsbezogen sind dabei Preise anzusehen, die untrennbar mit der betrieblichen Tätigkeit verbunden sind. Hingegen sind privat veranlaßte Preiszuwendungen nicht den gewerblichen Einkünften zuzurechnen (Urteil in BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427).

b) Im Streitfall ist die zugewendete Prämie durch die gewerbliche Tätigkeit des Klägers veranlaßt. Die Prämie ist nach den Förderungsrichtlinien untrennbar mit einer gewerblichen Tätigkeit des Zuwendungsempfängers verbunden. Sie ist sachlich und zeitlich an die Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit und an die Eintragung in die Handwerksrolle geknüpft. Die betriebliche Veranlassung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Prämie auch von herausragenden Leistungen des Klägers in der Meisterprüfung abhängig war. Diese weitere Bedingung löst den betrieblichen Zusammenhang nicht, der sich durch die Abhängigkeit von der Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit ergibt. Ist die Prämiengewährung von mehreren Voraussetzungen abhängig, so genügt bereits die Abhängigkeit von einer betriebsbezogenen Voraussetzung, um die Prämieneinnahme als betrieblich veranlaßt zu qualifizieren.

c) Das FG vertritt die Auffassung, daß eine Besteuerung der Prämie dem Zweck der Prämie nicht gerecht werde. Diese Auffassung geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Besteuert wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht die Prämie, sondern der Gewinn, der durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln ist. Dabei wirkt sich die Prämie zwar auf den Gewinn aus, wenn sie zu den Betriebseinnahmen gezählt wird. Es kommt aber zu keiner oder nur zu einer geringen Besteuerung, wenn insgesamt kein oder nur ein geringer Gewinn erzielt worden ist. Wenn die Prämie somit als Starthilfe benötigt wird, weil der Betrieb zu Beginn der Unternehmenstätigkeit keinen oder nur geringe Gewinne erzielt, so bleibt ihr Charakter wegen der dann eingreifenden niedrigen Besteuerung erhalten. Nur dann wird ein großer Teil der Prämie "weggesteuert", wenn die Prämie zusammen mit anderen erfolgswirksamen Einnahmen zu so hohen Gewinnen führt, daß daraus Steuern entrichtet werden müssen (BFH-Entscheidung vom III R 225/83 , BFHE 151, 373, BStBl II 1988, 324).

Fundstelle(n):
BStBl 1989 II Seite 650
BFH/NV 1989 S. 28 Nr. 7
BFHE S. 462 Nr. 156,
RAAAA-97717