Einkünfteerzielungsabsicht bei schriftstellerischer Tätigkeit
Leitsatz
1. Positive Einkünfte aus einer schriftstellerischen Tätigkeit lassen sich vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen, so dass sich allein aus der Tatsache einer über mehrere Jahre anhaltenden Verlusterzielung nicht der Schluss auf das Fehlen einer Einkünfteerzielungsabsicht ziehen lässt.
2. Verluste während der Anlaufzeit sind jedoch dann steuerlich unberücksichtigt zu lassen, wenn die schriftstellerische Tätigkeit von vornherein nicht um des Erwerbes willen betrieben wird, weil es dem Verfasser allein darauf ankommt, Erkenntnisse, Ideen oder Auffassungen möglichst weitreichend zu übermitteln.
Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
Tatbestand
Der Kläger, der mit seiner nicht am Verfahren beteiligten Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, begehrt die Berücksichtigung von in den Streitjahren (2011 bis 2016) für Recherchen über seinen Vater entstandene Aufwendungen als negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Der Vater des Klägers war E. K., der unter dem Künstlernamen E. M. vor und nach dem zweiten Weltkrieg als Schauspieler und Filmeditor an mehreren Filmen mitwirkte und auch als Zauberer tätig war. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Aufstellung des Klägers "künstlerische Tätigkeit und Filmografie von E. K.".
Mit Datum vom zeigte der Kläger dem Beklagten an, dass er ab dem eine Autorentätigkeit ausüben wolle. Ausweislich des Aktenvermerks des Beklagten (Blatt 1 der Einkommensteuerakte VZ 2011) wolle der Kläger - evtl. in Zusammenarbeit mit dem Schauspieler G - ein Buch über seinen Vater, der ebenfalls Schauspieler gewesen sei, schreiben.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gaben der Kläger und seine Ehefrau folgende negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit an:
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2011
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5.819 €
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2012
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9.048 €
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2013
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3.395 €
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2015
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2.151 €
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2016
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144 €
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Die Einkommensteuererklärung für 2014 enthielt keine Anlage S, jedoch gaben der Kläger und seine Ehefrau an, dass von den nicht ausgeglichenen negativen Einkünften 2014 ein Gesamtbetrag von 3.664 € nach 2013 zurückgetragen werden solle.
In seinem Ermittlungsvermerk vom (Blatt 33 ff. der Einkommensteuerakte VZ 2011) führte der Ermittlungsbeamte des Beklagten u.a. aus, der Kläger sei von der Idee besessen, ein Buch zu schreiben, und zwar über seinen Vater, E. K., der den Künstlernamen E. M. gehabt habe. Dieser sei Schnittmeister, Schauspieler und Regisseur in den Jahren vor und nach dem zweiten Weltkrieg gewesen. M. habe mit [bekannten Schauspielerinnen der damaligen Zeit] gedreht. Es gebe umfangreiches Bildmaterial und der Kläger sei von der Idee besessen, dies alles in einem Buch zu verewigen. Mittelpunkt des Buches sei aber, was sich jedoch erst zum Ende des Gesprächs herausgestellt habe, nicht der Vater, sondern die Recherche des Klägers über das Leben des Vaters.
Der Kläger sei teilweise auch in Begleitung seines Sohnes mehrmals zur Recherche nach Berlin und nach Hamburg gereist. Die Kosten der Reisen seien ohne nähere Angaben zusammengeheftet. Ein schlüssiges Konzept oder betriebswirtschaftliche Untersuchungen zur Renditeberechnung seien ebenso wenig erfolgt wie Überlegungen zu eventuell zu erzielenden Honoraren. Gleichwohl sei der Kläger von dem Erfolg seines Ansinnens überzeugt. Er habe bereits umfangreiche Kontakte zu ehemaligen Weggefährten seines Vaters geknüpft und sehe sich vom staatlich geförderten Museum für Film und Fernsehen in Berlin unterstützt. Der Kläger wolle aber keine Nachweise über die Ergebnisse seiner Recherche erbringen und beantrage die Anerkennung der geltend gemachten Kosten, zumindest unter Vorbehalt. Vorher werde er aber noch die Belege sortieren und nach den einzelnen Reisezielen geordnet mit nachvollziehbarer Begründung einreichen.
Was am meisten irritiere - so der Ermittlungsbeamte weiter - sei die Aussage des Klägers, er schreibe ja nicht über seinen Vater, sondern über seine Recherche über seinen Vater, daher auch die Einbeziehung des Sohnes, weil der ja auch in dem Buch vorkomme. Ein Buch über den Vater und in diesem Zusammenhang über [bekannte Schauspielerinnen der damaligen Zeit] sowie [einen bekannten Musiker der damaligen Zeit] hätte wohl mehr Erfolg versprochen.
Mit Bescheid vom setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Streitjahr 2014 fest, wobei er keine Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Ansatz brachte und ausführte, der Bescheid sei nach § 165 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig. In den Erläuterungen zu dem Bescheid wurde die Festsetzung der Einkommensteuer ausschließlich hinsichtlich zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehender Gesichtspunkte für vorläufig erklärt. Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch des Klägers und seiner Ehefrau gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 als unbegründet zurück. Eine Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Für die Streitjahre 2011 bis 2013 sowie 2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer zunächst vorläufig hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit fest, weil - so die jeweiligen Erläuterungen zu den Bescheiden - zurzeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne. Mit Bescheiden vom 15. Januar 2018 (2011 und 2012), vom (2013 und 2015) und vom (2016) setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Streitjahre fest, wobei er keine Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Ansatz brachte und ausführte, der Bescheid sei nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO mit Ausnahme der im Abschnitt "Erläuterungen" genannten Punkte endgültig. In den Erläuterungen zu den Bescheiden wurde die Festsetzung der Einkommensteuer ausschließlich hinsichtlich zwischen den Beteiligten nicht in Streit stehender Gesichtspunkte für vorläufig erklärt.
Ihre hiergegen gerichteten Einsprüche begründeten der Kläger und seine Ehefrau nicht.
Mit Einspruchsentscheidungen vom verwarf der Beklagte den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 als unzulässig und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück.
Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom sei unzulässig. Der Kläger und seine Ehefrau bezögen sich in ihrem Einspruchsschreiben auf die Schreiben des Beklagten vom . Dies seien die Einkommensteuerbescheide für 2013 und 2015 gewesen. Ein Bescheid vom liege für 2014 nicht vor. Ein Einspruch sei deshalb nicht möglich. Über den zulässig eingelegten Einspruch vom gegen den zuletzt für 2014 ergangenen Bescheid vom sei durch Einspruchsentscheidung vom bereits bestandskräftig entschieden worden. Ein erneuter Einspruch sei nicht statthaft.
Der Kläger und seine Ehefrau hätten mit ihren Einsprüchen keine konkreten Einwände gegen einzelne Besteuerungsgrundlagen vorgebracht. Es sei jedoch davon auszugehen, dass der Kläger und seine Ehefrau die Beibehaltung einer vorläufigen Steuerfestsetzung begehrten. Denn der Kläger habe immerhin nachdrücklich vorgetragen, wie wichtig ihm die Aufarbeitung der Geschichte seines Vaters sei. Nachdem nach nunmehr über acht Jahren an Recherchen kein Abschluss zu erkennen sei und keine Einkünfteerzielungsabsicht objektiv vorliege, bestehe keine Ungewissheit mehr und die Einkommensteuerbescheide seien für endgültig zu erklären.
Ganz sicher sei dem Kläger die Recherche zum Leben und Wirken seines Vaters persönlich sehr wichtig. Es lägen allerdings keine objektiven Anhaltspunkte dafür vor, dass sie um des Erwerbs willen durchgeführt worden seien. Wirtschaftliche Gründe für die Recherchen seien nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Bisher sei kein Betriebskonzept mit einem dazugehörigen Arbeitstitel für ein Buch erstellt worden. Der Kläger habe keine Verlage angesprochen. Ein Termin für eine Veröffentlichung des Buches auch mit eigener Kostentragung stehe noch nicht fest. Ganz im Gegenteil sei ein Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Rechercheergebnisse noch völlig ungewiss.
Es habe von Anfang an keine Aussicht bestanden, dass mit der schriftstellerischen Arbeit ein positives Gesamtergebnis zu erzielen gewesen wäre. Bisher seien 19.557 € Verluste allein in den Jahren 2011 bis 2016 erklärt worden, die sich überwiegend aus Fahrtkosten zusammensetzten. Es sei nicht annähernd erkennbar, wie diese Verluste jemals ausgeglichen werden könnten und dann noch ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne.
Die schriftstellerische Tätigkeit, die sich auch nach mehr als acht Jahren weiterhin in der Recherchephase befinde, sei von vornherein nicht um des Erwerbs willen betrieben worden. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass es ihm bei dieser Tätigkeit überhaupt um einen materiellen Nutzen gehe und auch von Anfang an gegangen sei. Ein angestrebter nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg aus der Herausgabe eines einzigen Buchs sei weder vorgetragen noch nach Aktenlage erkennbar.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, es bestehe eine Zusammenarbeit mit der Cinemathek in Berlin und mit verschiedenen Zauberern. Der Zauberer U. G. mit seinem Museum "Zauberarchiv" sei an einer Zusammenarbeit sehr interessiert, das Leben seines Vaters als Zauberer, Filmschaffender und Fluchthelfer in sein Museum aufzunehmen. Er, der Kläger, müsse die Geschichte seines Vaters ohne eine Ausbildung zum Journalisten investigativ ausarbeiten, was eine langwierige, genaue und umfassende Recherche vor einer Veröffentlichung des Buches voraussetze. Gedanklich könne er, der Kläger, ein mehrteiliges Buch - auch im E-Buch-Format - erarbeiten. Er sei nicht abgeneigt, das Leben seines Vaters dem Fernsehsender "3 Sat" als Projekt vorzulegen. Dieses Projekt müsse er weiter ausarbeiten. Nachweislich hätten mehrere Zeitungen Interesse an seinen Recherchen gezeigt.
Ein schlüssiges Betriebskonzept könne erst erstellt werden, wenn alle Informationen vorlägen, und könne nach einer Absicherung und Eintragung in einer Rolle beim Amtsgericht durch einen Notar ihren Lauf nehmen. Vorher sei es reiner Selbstmord, wenn er, der Kläger, das Buch drucken ließe. Jedermann könne den Inhalt beliebig verwenden, weil das Urheberrecht durch diese "Aktion" geschützt sei. Somit stehe er mit dem Notar Dr. B aus A in Verbindung. Es sei zu fragen, wozu er, der Kläger, einen Notar brauche, wenn er das Buch nicht schreiben wolle. Die Rechte müssten gesichert sein und erst recht nach den neuen "EU Datenricht-Linien".
Aus diesem Grund bitte er, der Kläger, die Bescheide vorerst offen zu lassen. Wann er Gewinne erzielen könne, könne er nicht genau sagen, aber die Absicht auf Einnahmen sei gegeben und nachgewiesen.
Leider sei auch der Nachlass seines Vaters im Moment nicht zu finden. Er, der Kläger, müsse weitere Anfragen an Behörden in Berlin stellen, um mögliche Copyright-Rechte und eventuelle Erbansprüche geltend machen zu können, die wiederum bei einem möglichen Verlauf einen finanziellen Erlös erzielen könnten.
Mit Herrn F. K. vom "…-Verlag" habe er Anfang des Jahres 2019 über das schon in Arbeit befindliche Buch mit all den seit 1993 begonnenen Recherchen und weiteren Anfragen zu Personen, Zeitzeugen, Botschaften usw. sprechen können. Dessen Meinung zu dem Buch sei wörtlich gewesen: "Das ist eine authentische nachvollziehbare und interessante Sache mit meinem Vater. Aus diesem Grund könnte es eine Chance bekommen. Natürlich kann man nicht zu 100% den Erfolg aussprechen, aber an der Sache dranbleiben würde er schon." So seien er, der Kläger, und Herr K. vorerst verblieben. Eine weitere Anfrage zu den Kosten für das Buch sei in Bearbeitung. Das Bundesarchiv in Berlin sei an seiner Ausarbeitung interessiert. Zudem habe Kontakt mit Frau W. vom dtv-Verlag bestanden, der das Buch [über den bekannten Musiker der damaligen Zeit] herausgegeben habe.
Sollte er, der Kläger, durch den Druck des Fotos zum Auftritt mit [einer bekannten Schauspielerin der damaligen Zeit] die ersten Einnahmen haben, würden wohl Steuern anfallen, die er gerne mit seinen Ausgaben verrechnen würde. Eine kleine Anfrage habe er diesbezüglich bei einer hiesigen Druckerei in U gemacht. Ein weiterer Termin sei angedacht. Zusätzlich habe er schon mit einem Fotografen über dieses Projekt gesprochen, der schon viele Fotos von seinem Vater bearbeitet und entwickelt habe. Angedacht sei, dass von dem Plakatfoto Abzüge in Postkarten-Größe gedruckt würden und im Kulturkaufhaus D platziert würden. Für jede verkaufte Fotokarte erhalte er, der Kläger, einen gewissen Betrag. Alles müsse noch schriftlich festgelegt werden. Die Zusammenarbeit mit dem Kaufhaus würde er als ein Kommissionsgeschäft auslegen.
Sollte er seine Projekte umsetzen können und würden finanzielle Mittel fließen, müsste er diese versteuern. Es wäre ungerecht, wenn er die Ausgaben nicht dagegen rechnen könne. Diese Vorausgaben blieben überschaubar.
Seine Verluste "zum Autor/Digitales und örtliches Museum" beliefen sich nicht - wie von dem Beklagten angegeben - auf 19.957 € in den Jahren 2011 bis 2013 und 2015 und 2016, sondern stellten sich wie folgt dar:
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2011
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4.960,00 €
|
2012
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4.033,54 €
|
2013
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831,92 €
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2014
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3.664,21 €
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2015
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2.288,54 €
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2016
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143,92 €
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Summe
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10.962,16 €
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Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf die Schreiben vom (Blatt 11 f. der Gerichtsakte), vom (Blatt 70 ff. der Gerichtsakte) und vom (Blatt 119 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom , 2013 vom , 2014 vom , 2015 vom und 2016 vom sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. Oktober 2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Realisation der Projekte des Klägers sei weiterhin völlig ungewiss und nur jeweils eine potentielle Möglichkeit. Der Kläger nenne als mögliche Projekte, aus denen Erträge fließen könnten, mit seiner Klage erstmals den Druck von Fotos des Auftritts von [einer bekannten Schauspielerin der damaligen Zeit] sowie den Verkauf von Film- und Drehbüchern, woran er Rechte nach Einsicht in den Nachlass seines Vaters zu erhalten hoffe. Zu einer objektiv bestehenden Gewinnerzielungsabsicht aus der Autorentätigkeit äußere sich der Kläger nicht konkret und lege auch keine Nachweise vor.
Die lange Zeitdauer der seit 1993 begonnenen Recherchen und die vielfältigen Anfragen und Kontaktaufnahmen zeugten ganz sicher von der von dem Kläger beschriebenen Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit seiner Nachforschungen. Ein marktgerechtes Verhalten liege darin allerdings nicht, auch nicht in den vielen sonstigen Gesprächen über das Buch des Klägers. Die angedachte Herausgabe des Buchs, so wichtig dies persönlich für den Kläger sei, stelle nach objektiver Beurteilung keine Einkunftsquelle i.S. des Einkommensteuerrechts dar.
Da kein schlüssiges Betriebskonzept zu Beginn der Tätigkeit erstellt worden sei, könne die Frage, ob die Tätigkeit ausschließlich aus privaten Gründen aufgenommen worden sei, anhand der Frage beurteilt werden, ob die Tätigkeit geeignet sei, einen Totalgewinn abzuwerfen. Hierbei sei auf das zu verweisen. Allein die erklärten Verluste der Jahre 2011 bis 2013 sowie 2015 und 2016 beliefen sich auf 19.958 €. Wie diese Verluste ausgeglichen und dann zu einem Totalgewinn führen könnten, sei nicht annähernd erläutert oder erkennbar. Auch die jetzt angeführten sonstigen Projekte seien nicht geeignet, diese Verluste auszugleichen. Es sei nach dem bisher Beschriebenen auch nicht davon auszugehen, dass hier steuerpflichtige Erträge überhaupt zu erzielen seien. Auch soweit sich der Kläger in nächster Zukunft mit dem Förderverein "KZ Gedenkstätte H" oder mit dem Museum "Zauberarchiv" zusammenarbeiten wolle, eröffne sich dadurch ebenfalls keine Einkunftsquelle.
Gründe
1.
Die Ehefrau des Klägers, der ausweislich der am eingegangenen Klageschrift ausschließlich im eigenen Namen, nicht aber als Bevollmächtigter seiner Ehefrau Klage erhoben hat, war nicht nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beizuladen. Sind Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, so ist die Beiladung der Ehefrau zu einem vom Ehemann betriebenen Klageverfahren auch dann nicht notwendig, wenn die Ehefrau zwar eigene Einkünfte hat, diese aber - wie im Streitfall - unstreitig und Interessengegensätze unter den Eheleuten nicht erkennbar sind (, BFHE 101, 358, BStBl II 1971, 331).
2.
Die Klage hat keinen Erfolg.
a)
Soweit das Streitjahr 2014 betroffen ist, kann offenbleiben, ob - wovon der Beklagte ausgeht - die Einkommensteuer für 2014 durch Bescheid vom , zu dem sich lediglich eine auf den 6. April 2016 datierende Proberechnung bei den Akten befindet, letztmalig festgesetzt wurde, oder ob der Bescheid vom durch den bei den Akten befindlichen Bescheid vom unter Berufung auf § 165 Abs. 2 AO - aus zwischen den Beteiligten nicht streitigen Gründen - geändert wurde. In beiden Fällen steht die Bestandskraft einer materiellen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 entgegen.
aa)
Nach Erlass der zu dem Bescheid vom ergangenen Einspruchsentscheidung vom wurde nicht innerhalb der mit Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf beginnenden Monatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO Klage erhoben.
bb)
Selbst wenn man entgegen dem Vorbringen des Beklagten davon ausgeht, dass der Bescheid vom durch den bei den Akten befindlichen Bescheid vom unter Berufung auf § 165 Abs. 2 AO geändert wurde, ist - ungeachtet der Frage, ob der Kläger nach § 42 FGO gehindert ist, den Bescheid vom 10. Oktober 2018 mit dem Begehr anzufechten, negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Ansatz zu bringen - von einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung für das Streitjahr 2014 auszugehen.
Nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
Im Streitfall wurde der Bescheid - was gerichtsbekannt ist - i.R. des automatisierten Verfahrens des Beklagten an dem Tag, auf den er datiert ist, d.h. am (Mittwoch), zur Post aufgegeben und gilt - da der Kläger einen späteren Zugang nicht behauptet - als am bekannt gegeben. Die Einspruchsfrist endete demnach gemäß § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs am . Der Einspruch gegen die "Bescheide 2013/2014 2015/2016" ging jedoch erst am bei dem Beklagten ein.
b)
Die Einkommensteuerbescheide für 2011 und 2012 vom 15. Januar 2018, für 2013 und 2015 vom und für 2016 vom sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Bescheide zu Recht nach § 165 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 AO geändert, wonach eine vorläufige Festsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig erklären ist, wenn die Ungewissheit beseitigt ist und hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit für endgültig erklärt. Die von dem Kläger geltend gemachten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind nicht im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung in Ansatz zu bringen.
aa)
Bei Einkünften aus schriftstellerischer Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist - wie bei allen Einkunftsarten - Voraussetzung für die Berücksichtigung positiver als auch negativer Einkünfte das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515).
(1)
Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns. Totalgewinn in diesem Sinne ist das Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung oder Aufgabe oder Liquidation (grundlegend: Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). An der Gewinnerzielungsabsicht fehlt es dann, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (z.B. , BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874). Es handelt sich um eine innere Tatsache, die - wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge - nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden kann (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515; vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874). Es muss deshalb im Einzelfall anhand objektiver Umstände auf das Vorliegen oder Fehlen dieser Absicht geschlossen werden (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515). Maßgebender Beurteilungszeitpunkt ist dabei das Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums (vgl. , BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289), wobei Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
(2)
Bei Schriftstellern ist zudem zu berücksichtigen, dass sich - ähnlich wie bei Künstlern - positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen lassen. Der materielle Erfolg eines Schriftstellers stellt sich in der Regel erst ein, wenn seine Werke auf eine entsprechende Resonanz in der Öffentlichkeit gestoßen sind. Deshalb lässt sich allein aus der Tatsache einer über mehrere Jahre anhaltenden Verlusterzielung nicht der Schluss ziehen, es fehle an einer Gewinnerzielungsabsicht. Wird allerdings nach einer gewissen - nicht zu kurz bemessenen - Anlaufzeit festgestellt, dass die Erzeugnisse eines Schriftstellers trotz entsprechender Bemühungen zu keinen Gewinnen führen und dass unter den gegebenen Umständen keine Aussicht besteht, ein positives Gesamtergebnis aus der schriftstellerischen Arbeit zu erzielen, so muss aus der weiteren Fortsetzung der verlustbringenden Tätigkeit der Schluss gezogen werden, dass der Schriftsteller fortan nicht mehr zur Gewinnerzielung, sondern nur noch aus persönlichen Gründen tätig ist. Die im Zusammenhang hiermit erzielten Verluste dürfen das Einkommen nicht mindern (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515). Im Ergebnis kann damit einer schriftstellerischen Tätigkeit während der Anlaufzeit die steuerliche Anerkennung und damit die Berücksichtigung von Anlaufverlusten grundsätzlich nicht versagt werden (vgl. , BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515; , BFH/NV 2013,1090).
(3)
Verluste während der Anlaufzeit sind jedoch dann nicht steuerrechtlich anzuerkennen, wenn auf Grund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass er, so wie er vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellte (z.B. , BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392; vom X R 33/04, BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874; BFH-Beschlüsse vom IV B 137/10, BFH/NV 2012, 732; vom X B 106/12, BFH/NV 2013, 1090). Dann handelt es sich um sog. strukturelle Verluste, welche die Anerkennung von Anlaufverlusten ausschließen (, BFH/NV 2001, 1381).
(4)
Schließlich können Verluste während der Anlaufzeit auch dann nicht steuerlich berücksichtigt werden, wenn die schriftstellerische Tätigkeit von vornherein nicht um des Erwerbes willen betrieben wird (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515; , BFH/NV 2006, 2059). Oft geht es den Verfassern allein darum, Erkenntnisse, Ideen oder Auffassungen möglichst weitreichend zu übermitteln. Treffen die Verfasser in solchen Fällen mit Verlagen vertragliche Vereinbarungen über das Erscheinen ihrer Werke, so besteht der für sie maßgebende vertragliche Vorteil allein darin, dass ihre Darlegungen überhaupt veröffentlicht werden. Nicht selten entschließt sich ein Verfasser sogar, noch einen Zuschuss zu leisten, um das Erscheinen seines Werkes zu ermöglichen. In diesen Fällen ist eine Gewinnerzielungsabsicht im steuerrechtlichen Sinn von Anfang an nicht vorhanden (, BFHE 144, 49, BStBl II 1985, 515). Nicht ausreichend für die Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht ist hingegen, dass die Tätigkeit aus Passion betrieben wird (vgl. z.B. , BFH/NV 1994, 93).
bb)
Gemessen daran fehlt es in den Streitjahren an einer Gewinnerzielungsabsicht.
(1)
Es ist nicht davon auszugehen, dass die von dem Kläger betriebene schriftstellerische Tätigkeit von vornherein geeignet war, nachhaltige Gewinne zu erzielen.
Zwar macht der Kläger geltend, "gedanklich" könne er ein mehrteiliges Buch - auch im E-Buch-Format - erarbeiten. Auch hat der Senat angesichts der vorgelegten Nachweise keine Zweifel daran, dass der Kläger die Nachforschungen über das Leben und berufliche Wirken seines Vaters ernsthaft betreibt. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass der Kläger die Recherchen zu seinem Vater nach eigenen Angaben bereits seit dem Jahr 1993 - und damit zu Beginn des Streitjahrs 2011 seit über 17 Jahren - betreibt und dass es sich bei dem einzigen von dem Kläger vorgelegten und - wenn überhaupt - literarisch verwertbaren Schriftstück um einen auf den datierenden erweiterten Lebenslauf und eine Auflistung der beruflichen Tätigkeiten des Vaters des Klägers (vgl. Blatt 24 ff. der Gerichtsakte) handelt, ist jedoch - selbst bei Anlegung großzügiger Maßstäbe und bei Berücksichtigung der von dem Kläger geltend gemachten Schwierigkeiten bei der Recherche - offenkundig, dass die Erkenntnisse des Klägers nicht in ein wirtschaftlich verwertbares Buch münden werden. Auch ist nach den Angaben des Klägers ausschließlich die Herausgabe eines einzigen Buchs beabsichtigt, das zudem einen dokumentarischen, nicht aber einen belletristischen Inhalt haben soll. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der - [in den 1950er-Jahren] geborene - Kläger beabsichtigt, sich mit dem Buch über seinen Vater als Autor einen ersten Leserkreis - und damit einen Absatzmarkt für weitere Bücher mit anderem Inhalt - zu erschließen.
Auch ist völlig unklar, welche Form der wirtschaftlichen Verwertung eines möglichen Manuskripts der Kläger anstrebt. Diesbezüglich macht der Kläger lediglich geltend, dass er mit dem "…-Verlag" Anfang des Jahres 2019 - und damit über 25 Jahre nach Beginn der Recherchen - über das schon in Arbeit befindliche Buch mit all den seit 1993 begonnenen Recherchen und weiteren Anfragen zu Personen, Zeitzeugen, Botschaften usw. habe sprechen können und eine Anfrage zu den Kosten für das Buch in Bearbeitung sei. Einen Verlagsvertrag oder eine Kalkulation, aus denen sich Kosten und Erlöse ergeben, hat der Kläger nicht vorgelegt. Ebenso unklar bleibt, inwiefern das Bundesarchiv, das nach den Angaben des Klägers an dessen Ausarbeitung interessiert sei, dieses wirtschaftlich honorieren wird. Gleiches gilt für den vom Kläger behaupteten Kontakt zu dem dtv-Verlag.
Hierbei kann sich der Kläger nicht darauf zurückziehen, ein schlüssiges Betriebskonzept könne erst nach Vorliegen aller Informationen und der "Eintragung in eine Rolle des Amtsgerichts" erstellt werden. Zum einen ist - anders als der Kläger, der davon ausgeht, dass es vorher "reiner Selbstmord" sei, das Buch drucken zu lassen, meint - für die Darlegung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten weder erforderlich, dass das Manuskript druckfertig erstellt wurde, noch, dass ein Vertrag mit einem Verlag über die Veröffentlichung des Buches geschlossen wurde.
Auch die Zusammenarbeit mit den Zauberern W und G und deren Museen geht über einen vagen e-mail-Kontakt nicht hinaus. So wurde dem Kläger von Herrn W lediglich geantwortet: "Es wäre toll, wenn Sie ein Buch über ihren Vater veröffentlichen … vielleicht ist hier sogar eine Zusammenarbeit möglich…" (vgl. undatierte e-mail, Blatt 55 der Gerichtsakte).
Unbeachtlich ist hierbei, dass der Kläger nunmehr ausweislich seines Vorbringens im gerichtlichen Verfahren beabsichtigt, Abzüge eines Plakatfotos in Postkarten-Größe sowie den Nachlass seines Vaters wirtschaftlich zu verwerten. Ungeachtet der Frage, ob diese Tätigkeiten - woran der Senat angesichts der geringen Verkaufspreise und der geringen Nachfrage für Fotodrucke, dem ausschließlichen Vertrieb in einem "Kulturkaufhaus" sowie der fehlenden Darlegung des Klägers zu dem möglichen Inhalt, einem hierauf bestehenden Rechtsanspruch sowie einer möglichen wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Nachlasses seines bereits [in den 1960er-Jahren] verstorbenen Vaters erhebliche Zweifel hat - geeignet sind, nachhaltige Gewinne zu erzielen, hat der Kläger bereits nicht dargelegt, dass diese Tätigkeiten bereits in den Streitjahren beabsichtigt waren und die Aufwendungen für die Recherche im Hinblick auf die hieraus zu erzielenden Einkünfte vorgenommen wurden. Gleiches gilt für die von dem Kläger beabsichtigte - wohl dokumentarische - Verfilmung des Lebens seines Vaters.
(2)
Die Recherchen für das beabsichtigte Buch wurden von dem Kläger aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt. Dem Kläger geht es ausschließlich darum, seine Erkenntnisse einem möglichst weitreichenden Leserkreis zugänglich zu machen, nicht aber darum, sein literarisches Werk unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu verwerten.
Das beabsichtigte Buch soll von dem Vater des Klägers - und nicht etwa von Dritten Personen - handeln; die Darstellung der Familiengeschichte des Klägers steht im Vordergrund. Auch dienten die von ihm in den Streitjahren vorgenommenen Recherchen des Klägers primär der Befriedigung seines eigenen Interesses an dem Leben seines Vaters. So gab der Kläger gegenüber [einer Zeitung] in einem Artikel über eine mögliche Hilfeleistung seines Vaters bei der Flucht eines Kindes aus der Deutschen Demokratischen Republik an: "Ich würde so gerne erfahren, was aus dem kleinen B von damals geworden ist. Vielleicht meldet er sich, wenn er das liest?". In einem weiteren von dem Kläger vorgelegten Zeitungsartikel (Blatt 35 der Gerichtsakte) wird ausgeführt: "[Der Kläger] erinnert sich gern an seine Kindheit in […]. ‚Mein Vater ist sehr liebevoll mit mir umgegangen', erzählt er. […] Was über all die Jahre geblieben ist: sein Wunsch, das Leben seines Vaters zu rekonstruieren."
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstelle(n):
DStR 2020 S. 6 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 1/2020 S. 11
QAAAH-37865