FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 9 K 9306/12 EFG 2018 S. 1765 Nr. 21

Haftungsbescheid nach § 71 AO gegen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater wegen Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung einer GmbH als Mandantin: keine Nichtigkeit wegen Übernahme der Ermittlungsergebnisse einer anderen Behörde

vollendete Steuerhinterziehung bei Umsatzsteuervoranmeldungen

Beihilfe des Beraters im Hinblick auf eine von einem Mitarbeiter erstellte Voranmeldung

Beihilfe durch bewusste und mit unwahren Angaben erreichte Verzögerung einer Anschluss-Umsatzsteuersonderprüfung

keine Bindung an strafrechtliche Beurteilung der Beihilfe

keine Haftung nach § 71 AO für Säumniszuschläge

Leitsatz

1. Der Haftungsbescheid, der gegen einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wegen Beihilfe zu einer vorsätzlich begangenen Umsatzsteuerhinterziehung einer Mandantin ergangen ist, ist nicht unter dem Gesichtspunkt nichtig, dass die Finanzbehörde ihre Entscheidung auf Ermittlungsergebnisse einer anderen Finanzbehörde (z. B. der Steuerfahndung) gestützt hat. Die Ermittlungsergebnisse der anderen Behörde müssen lediglich in sich nachvollziehbar sein und erkennen lassen, worauf sie im Einzelnen beruhen. Keineswegs muss eine Finanzbehörde, die die Ermittlungsergebnisse in einem eigenen Bescheid umsetzen will, eine vorangegangene Ermittlung selbst in allen Einzelheiten wiederholen.

2. Eine Nichtigkeit des Haftungsbescheids lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Existenz des Haftungsbescheids später – sei es auch unter der (unterstellten) Verletzung des Steuergeheimnisses – einem Dritten bekannt gegeben wird.

3. Voraussetzung für eine auf § 71 AO gestützte Haftungsinanspruchnahme des Teilnehmers an einer Steuerstraftat ist die Feststellung, dass eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vorliegt, die tatbestandsmäßig, rechtswidrig und vorsätzlich schuldhaft verwirklicht worden ist. Das Delikt muss vollendet sein; ein bloßer Versuch begründet mangels eines Haftungsschadens keine Haftung nach § 71 AO.

4. Bei sog. Anmeldesteuern wie z. B. Umsatzsteuervoranmeldungen ist eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bereits in dem Zeitpunkt vollendet, in dem die betreffende Umsatzsteuervoranmeldung mit unrichtigen Angaben zu den Besteuerungsgrundlagen beim FA eingereicht wird, es sei denn, dass sich aus der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung ein Anspruch auf Auszahlung von Umsatzsteuer ergibt und deshalb nach dem Gesetz (§ 168 S. 2 AO) die Gleichsetzung der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung mit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erst in dem Zeitpunkt eintritt, in dem das Finanzamt der eingereichten Steueranmeldung ausdrücklich zugestimmt hat.

5. Ein professionell Handelnder wie ein Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer darf wegen der „beruflichen Normalität” seines Handelns auf die Legalität des fremden Tuns seiner Mandanten vertrauen, es sei denn, das von dem Berater erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten ist derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt” (vgl. , und v. , 5 StR 489/02, sowie umfangreiche Nachweise aus der BGH-Rspr. zum Begriff der „Beihilfe” i. S. d. § 27 StGB). Insoweit kommt es bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht maßgeblich darauf an, ob der Steuerberater/Wirtschaftsprüfer die Voranmeldungen eigenhändig erstellt und an das FA abgesandt hat oder ob er lediglich den üblichen Ablauf der Erstellung der Voranmeldungen durch einen ahnungslosen Mitarbeiter hat wissentlich geschehen lassen.

6. Hat ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mit seiner Kanzlei Umsatzsteuervoranmeldungen für eine GmbH erstellt, deren Geschäftsführer durch vorsätzliche Angabe zu hoher Vorsteuerbeträge Umsatzsteuer hinterzogen hat, so hat der Steuerberater vorsätzlich Beihilfe geleistet, wenn er u.a. nach Aufdeckung der Steuerhinterziehung durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung die sofortige Durchführung einer die Folgezeiträume betreffenden Anschlussprüfung durch bewusst wahrheitswidrige Erklärungen gegenüber dem FA verhindert und es damit dem Geschäftsführer der GmbH als dem Haupttäter zugleich ermöglicht hat, die zunächst in der Buchführung erfassten fingierten Eingangsrechnungen eines vermeintlichen Lieferanten durch solche eines anderen Lieferanten zu ersetzen, und wenn er seinen Mitarbeiter angewiesen hat, die diesem von dem Geschäftsführer übergebenen „Austauschrechnungen” des „neuen” Lieferanten in die Buchführung der GmbH zu übernehmen und dabei den Austausch nicht durch eine offene Korrektur, sondern unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 146 Abs. 4 AO so vorzunehmen, dass die ursprünglichen Buchungsunterlagen (Rechnungen des „alten” Lieferanten) später nicht mehr erkennbar waren, und wenn er zu seiner eigenen Entlastung zudem später noch durch nachweislich nachträglich erstellte und rückdatierte Schreiben den Inhalt der Mandantenakte der GmbH bewusst verfälscht hat.

7. Das FG darf im Rahmen seiner eigenen Überzeugungsbildung auch dann von einer Beihilfe des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters zur Steuerhinterziehung ausgehen, wenn die Staatsanwaltschaft das diesbezügliche Strafverfahren eingestellt hat.

8. In § 71 AO sind die haftungsrelevanten Vermögensgegenstände abschließend aufgezählt; Säumniszuschläge gehören unstreitig nicht dazu (vgl. ).

Gesetze: AO § 71, AO § 370 Abs. 1 Nr. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, AO § 191 Abs. 1 S. 1, AO § 125 Abs. 1, AO § 88, AO § 5, AO § 168 S. 1, AO § 168 S. 2, FGO § 102 S. 1, StGB § 27 Abs. 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein vom Beklagten gegenüber dem Kläger erlassener Haftungsbescheid vom in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom betr. rückständige Umsatzsteuervorauszahlungsverpflichtungen einer X GmbH i. L. mit Sitz in Y (künftig: X GmbH) für die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007 nebst Säumniszuschlägen hierzu in Höhe von rund … EUR nichtig oder – hilfsweise – rechtswidrig ist. Der Beklagte stützt sowohl den Haftungsbescheid als auch die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung ausschließlich auf § 71 Abgabenordnung (AO) (Beihilfe des Klägers als steuerlichem Berater der X GmbH zur vollendeten Hinterziehung der o. g. Umsatzsteuervorauszahlungs-mehrbeträge).

Der … Kläger ist … Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. … Aufgrund einer Nebentätigkeitsgenehmigung betreibt der Kläger [neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit]… eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei in E. …

Im Streitzeitraum beschäftigte der Kläger in seiner Kanzlei zwei feste Angestellte, nämlich den Steuerfachangestellten Z sowie Frau H.

Frau H war in der Kanzlei in Teilzeit tätig und betreute lediglich ein einziges Mandat. Sie besaß keine steuerliche Ausbildung …

… Herr Z … begann … seine diesbezügliche Berufstätigkeit in Vollzeit in der Kanzlei des Klägers. Dort bearbeitete Herr Z im Streitzeitraum etwa zwölf bis fünfzehn Dauermandate.

Gegen Ende des Jahres 2006 meldete sich der [im Ausland wohnhafte] … Herr W. über eine Anwältin beim Kläger und teilte ihm mit, eine GmbH zu benötigen. Der Kläger nahm daraufhin Kontakt zu einem mit Vorratsgesellschaften handelnden Unternehmen, der K-AG, auf. Mit Vertrag vom … veräußerten sodann die K-AG und die Mit-Gründungsgesellschafterin S-GmbH – beide hierbei vertreten durch den Kläger – sämtliche Geschäftsanteile an einer am unter der Firma „…” gegründeten, mit dem Mindeststammkapital von 25.000 EUR ausgestatteten Vorratsgesellschaft an Herrn W. Der neue Alleingesellschafter beschloss eine Umfirmierung der Gesellschaft in „X-GmbH” und machte den „Handel von Schrott und Fahrzeugen” zum neuen satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand. Sodann bestellte Herr W. sich selbst – mit Einzelvertretungsbefugnis – sowie den … Herrn C. – diesen nur mit Vertretungsbefugnis im Zusammenwirken mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen – zu neuen Geschäftsführern der X-GmbH. Die beiden Geschäftsführer waren von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Der damals erst 22 Jahre alte C. war seinerzeit arbeitslos und hatte keine beruflichen Erfahrungen im Metallhandel. Er bekam monatlich 500,00 EUR für das Sortieren von Altmetallen und Schrott auf Schrottplätzen in Y. Er erhielt – im Gegensatz zu W. – keine Vollmacht über die Konten der X-GmbH und übte in der Folgezeit auch keine Mitgeschäftsführertätigkeit aus.

W. trug dem Kläger im Anschluss an die Anteilsübertragung an, die steuerliche Beratung der X-GmbH zu übernehmen; der Kläger war einverstanden. Am unterzeichnete Herr W. sodann für die X-GmbH eine umfassende schriftliche Vertretungs-, Empfangs- und Zustellvollmacht „in allen Steuerangelegenheiten vor den hierfür zuständigen Behörden und Gerichten”. Das Mandatsverhältnis umfasste ausweislich der späteren Honorarrechnungen des Klägers neben steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Beratung sowie Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten auch die Buchführung einschließlich des Kontierens der Belege, Rechnungslegung und -versendung, Rechnungsprüfung sowie Sekretariats- und Schreibarbeiten. Für die von ihr erbrachten Leistungen stellte die Kanzlei des Klägers der X-GmbH im Laufe des Jahres 2007 insgesamt … EUR [fünfstelliger EUR-Betrag] in Rechnung …

Die X-GmbH nahm ihren nach außen gerichteten Geschäftsbetrieb am auf. Mit Schreiben vom übersandte der Kläger dem Beklagten die schriftliche Vollmacht seitens der X-GmbH sowie den von Herrn W. ausgefüllten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einer Kapitalgesellschaft. Auf dem Fragebogen befindet sich auch der Kanzleistempel der Steuerkanzlei des Klägers. Als „voraussichtlicher Gesamt-Umsatz” wurde für das Gründungsjahr 2007 der Betrag von 200 000,00 EUR angegeben.

Im März 2007 nahm die X-GmbH die Belieferung verschiedener inländischer Unternehmen mit Altmetallen und Schrotten auf. Die Schrottlieferungen wurden dabei direkt mittels Lkw aus dem Balkangebiet importiert und bei der Zollanmeldung im Transaktionswert sehr stark unterfakturiert. Abnehmer der Lieferungen waren folgende Unternehmen: …

Am beteiligte sich ein Herr D. an einer Gesellschaft in Firma „I-GmbH”. Diese Gesellschaft war im März 2004 von Herrn … und von einer … GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Mitgeschäftsführer der Kläger war, errichtet worden. D. erwarb am den Geschäftsanteil der … GmbH und wurde neben … zum weiteren Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Am darauffolgenden Tag, dem , schrieb die Kanzlei des Klägers … an die I-GmbH und bezog sich dabei auf Rechnungen, die unter den Daten 19. bis von einer …[im Ausland] ansässigen Firma BB an eine Firma L in Y adressiert worden waren und die Herr L seinerseits der I-GmbH vorgelegt hatte. In dem Schreiben weist der Kläger darauf hin, dass diese Rechnungen für die I-GmbH nicht zu gebrauchen seien, da der Rechnungsempfänger nicht stimme. Er (der Kläger) könne nur mutmaßen, dass die Lieferung an die Firma L gegangen sei. Es frage sich, ob die Lieferung bereits verzollt und versteuert sei. Über die Konstellation der Rechnungslegung und der Zahlungsmodalitäten habe er (der Kläger) mit der I- GmbH sprechen wollen; leider habe der Termin nicht stattgefunden. …

Gemäß den späteren tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts (LG) M in einem gegen Herrn A geführte Strafverfahren (Aktenzeichen: …) betrieb und beherrschte W gemeinsam mit D in [mehreren Staaten im Balkangebiet] … Schrottplätze und Metallhandelsunternehmen. Beide verfügten über verschiedene Kontakte nach Deutschland und kamen spätestens Ende 2005 überein, Schrott aus dem Balkangebiet nach Deutschland zu liefern und zur Erhöhung des Gewinns die damit verbundene Umsatzbesteuerung nahezu vollständig zu umgehen. Sie nahmen zu diesem Zweck Kontakt zu dem …A auf, der bereits seit 1994 mit seiner Familie in Deutschland lebte. Die drei Männer initiierten ein Modell des Umsatzsteuerbetrugs, welches sie ab dem Jahr 2007 in die Tat umsetzten (vgl. dazu die Feststellungen auf Seite 3 im rechtskräftigen Strafurteil des LG M vom , …).

Zu diesem „Modell des Umsatzsteuerbetrugs” ist im vorgenannten Urteil des LG M unter anderem Folgendes ausgeführt:

”Dabei war es zunächst erforderlich, die bei direktem Verkauf an deutsche Metallgroßhändler durch die Einfuhrabfertigung gesicherte Umsatzsteuer zu drücken. Dazu benötigte die Bande vorgeschobene deutsche Empfänger, die die Einfuhren in das Gemeinschaftsgebiet mit erheblich niedrigeren Kaufpreisen zur Umsatzbesteuerung anmeldeten. Der dadurch vorerst entstandene Vorteil konnte aber nur realisiert werden, sofern diese Einfuhrempfänger gegenüber dem Endabnehmer nicht als Verkäufer auftraten. Zur Durchbrechung der umsatzsteuerlichen Systematik mussten die Täter vielmehr gesonderte deutsche Firmen gründen, welche den Schrott an die deutschen Metallgroßhändler zum tatsächlichen Preis veräußerten, entsprechende Rechnungen stellten, die Kaufpreise vereinnahmten und überwiegend in das Ausland transferierten. Für diese sogenannten Zahlstellen mussten steuerliche Anmeldungspflichten erfüllt werden, um eine Aufdeckung des Betruges zu vermeiden. Zur Neutralisierung der dadurch entstehenden Umsatzsteuerzahllast organisierte die Bande für diese Firmen fingierte Eingangsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis. Auch die (vorgeblichen) Aussteller dieser Scheinrechnungen erhielten fingierte Eingangsrechnungen für ihre Steueranmeldungen. Nur dieses Zusammenwirken zwischen unterfakturierter Einfuhr und dem im Inland aufgebauten System von Scheinrechnungen garantierte den gewünschten Erfolg der Steuerverkürzung.

Tatsächlich gingen die Schrottlieferungen per Lkw von der Grenze direkt zu den Endabnehmern, welche die Ladung sortierten und wogen sowie einen tagesaktuellen Kaufpreis bestimmten und an die sogenannten Zahlstellen mitteilten.

Der gesondert Verfolgte D gilt als spiritus rector des Betrugsmodells. Er beherrschte die deutsche Sprache, verfügt über das für die Organisation erforderliche Kapital und die notwendigen Kontakte in die Ausgangsländer. Er finanzierte den Aufbau der erforderlichen Struktur und erhielt den größten Teil der erzielten Gewinne. Der Verurteilte W war die „rechte Hand” des D und als dessen Buchhalter regelmäßig in Deutschland und kontrollierte die Abläufe. Er verfügte über Kenntnisse im Schrotthandel, beherrschte ebenfalls die deutsche Sprache und konnte so die Einfuhren und die Geschäfte in Deutschland steuern und überwachen. Der Angeklagte A akquirierte und betreute die für die Einfuhranmeldungen als vorgeschobene Geschäftsführer und Ersteller von Scheinrechnungen benötigten deutschen Beteiligten, zahlte diesen die vereinbarten monatlichen Vergütungen aus und erstellte erforderliche Scheinrechnungen und -belege.

Auf diese Weise kam es unter Beteiligung des Angeklagten A an der vollendeten Hinterziehung von Umsatzsteuer auf der Ebene der sogenannten Zahlstellen im angegebenen Zeitraum in einer Gesamthöhe von … EUR [siebenstelliger EUR-Betrag].

Die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungen sind gemäß § 1 StDÜV jeweils in elektronischer Form an das zuständige Finanzamt übermittelt worden und mithin nicht unterzeichnet.”

W. mietete für die X-GmbH im Gebäude … in Y. einen Büroraum an. Bei dem Büro handelt es sich um einen 19 qm großen Raum in einem großen Bürokomplex. An dem Gebäude war ein Briefkasten für die X-GmbH angebracht. Herr W. benutzte den Büroraum allerdings in der Folgezeit nicht für tatsächliche Geschäftstätigkeiten. Büroangestellte hatte die X-GmbH zunächst nicht. Die gesamte Korrespondenz der GmbH wurde vielmehr über die Steuerkanzlei des Klägers geführt. So übersandten z. B. die Scheideanstalten als Abnehmer der von der X-GmbH bewirkten Lieferungen ihre Wareneingangsbestätigungen unmittelbar an die Kanzlei des Klägers. Die Kanzlei erstellte auf der Grundlage der bei ihr gefertigten Buchführung die Umsatzsteuervoranmeldungen für die hier streitgegenständlichen Monate März bis November 2007 und übermittelte diese auf elektronischem Wege an den Beklagten. Mit der Buchführung und der Vorbereitung der Voranmeldungen war der Steuerfachangestellte Z betraut. Eine sog. „Dauerfristverlängerung” im Sinne von §§ 48 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDVO) bezüglich der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bestand nicht.

Am reichte die Steuerkanzlei des Klägers beim Beklagten auf elektronischem Weg die ersten Umsatzsteuervoranmeldungen für die X-GmbH ein:


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Zeitraum
Umsätze
Vorsteuern
Vorauszahlungsbetrag
März 2007
… EUR
… EUR
… EUR
April 2007
… EUR
… EUR
… EUR

99 v. H. der von der X-GmbH geltend gemachten Vorsteuerbeträge beruhten auf Material-Eingangsrechnungen einer „Firma L” mit der Geschäftsadresse … in Y. Auf diesen Rechnungen war keine Bankverbindung des vorgenannten Unternehmens angegeben. Auf den meisten dieser Rechnungen befand sich stattdessen die Aufforderung, den Rechnungsbetrag nicht auf ein Bankkonto des vorgenannten Unternehmens in Deutschland, sondern auf das Bankkonto eines ausländischen Unternehmens mit Sitz in …[Ausland] einzuzahlen. Hierzu war die Kontonummer dieses ausländischen Unternehmens angegeben. Entsprechend überwies die X-GmbH die auf den Rechnungen angegebenen Beträge zeitnah überwiegend auf die angegebenen Konten von Unternehmen mit Sitz im Ausland oder zahlte Teilbeträge auch bar aus.

Der Beklagte stellte die Umsatzsteuervorauszahlungs-Zahllast für den Monat März 2007 am zum Soll. Die Vorauszahlung in Höhe von … EUR wurde von der GmbH am entrichtet. Der Umsatzsteuererstattungsbetrag in Höhe von … EUR laut Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat April 2007 wurden vom Beklagten hingegen nicht zum Soll gestellt.

Für die Voranmeldungszeiträume März und April 2007 führte der Beklagte vom 26. Juli bis zum bei der X-GmbH eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch (vgl. Bericht vom ). Die Prüfung fand in den Räumen der Steuerkanzlei des Klägers statt und wurde von einem Mitarbeiter des Beklagten, dem Zeugen B, durchgeführt.

Steuerlicher Berater der X-GmbH während der Prüfung war der Kläger. Dieser war anwesend, als der Zeuge B die Kanzlei am 26. Juli 2007 aufsuchte, um mit den eigentlichen Prüfungshandlungen zu beginnen. Der Kläger sprach mit dem Zeugen B bei dieser Gelegenheit auch persönlich über den Gegenstand der Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Ebenso war der Zeuge Z anwesend und sprach mit dem Prüfer.

Laut einem am von einer Mitarbeiterin des Beklagten, Frau MM, gefertigten Aktenvermerk führte Frau MM an jenem Tag mit dem Zeugen B über die laufende Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der X GmbH ein Gespräch. Hierüber heißt es in dem Vermerk (vgl. Beiakte des Beklagten „Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen, vorletzte Seite):

”Gemäß Umsatzsteuersonderprüfung VE-Sperre gesetzt ! Herr B ist der Auffassung, dass es sich bei der o. g. Firma um Scheinrechnungen handelt. Keine Auszahlung von Guthaben !!!”

Mit Schreiben vom forderte der Zeuge B den Kläger auf, für die X-GmbH sämtliche Einfuhrpapiere und Beförderungsnachweise beizubringen, die das Gelangen der Altmetalle aus … [Ausland] in das Inland nachvollziehbar belegen würden.

Am teilte Herr Z dem Sonderprüfer telefonisch mit, dass Herr W für die X GmbH Unterlagen – unter anderem die Einfuhrpapiere – nachgereicht habe und dass die Prüfung – nach Abstimmung mit dem Kläger – am in der Steuerkanzlei fortgeführt werden könne.

Ebenfalls am übermittelte die Steuerkanzlei dem Beklagten die folgenden weiteren Umsatzsteuervoranmeldungen für die X-GmbH:


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Zeitraum
Umsätze
Vorsteuern
Vorauszahlungsbetrag
Mai 2007
… EUR
… EUR
… EUR
Juni 2007
… EUR
… EUR
… EUR

Sämtliche Vorsteuerbeträge des Monats Mai sowie mehr als 95. v. H. der Vorsteuerbeträge des Monats Juni beruhten auf insgesamt 32 Rechnungen eines Einzelunternehmens namens N mit Geschäftsadresse in P über die Lieferung von Alt-Blei oder verschiedenen Metallen, jeweils in großen Mengen. Auf den Rechnungen war jeweils eine inländische Bankverbindung des Herrn N mit Kontonummer angegeben.

Die vorgenannten Umsatzsteuervorauszahlungs-Zahllasten wurden von der X-GmbH am getilgt. Der Beklagte stellte die vorgenannten Beträge jedoch nicht zum Soll, weil er am bereits Schätzungsbescheide über folgende Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge erlassen hatte, die er vorerst aufrecht erhalten wollte:


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Mai 2007
… EUR
Fälligkeit:
Juni 2007
… EUR
Fälligkeit:

Am veräußerte der Kläger im eigenen Namen sowie als Geschäftsführer einer von ihm als Alleingesellschafter gehaltenen …GmbH” sämtliche Geschäftsanteile an einer zuvor errichteten Vorratsgesellschaft „…”) an einen Herrn T. …T benannte die erworbene Gesellschaft in „O-GmbH” um und änderte den Unternehmensgegenstand in „Handel mit Altmetall und gebrauchten Kraftfahrzeugen”.

Am wurde dem Sonderprüfer (neben den Einfuhrpapieren am ) eine durch die Steuerkanzlei angefertigte Gegenüberstellung der Warenein- und -verkäufe der X-GmbH für den Monat April 2007 übergeben, in der Herr Z den Warenverkäufen einen entsprechenden Einkauf zugeordnet hatte. Außerdem erhielt der Sonderprüfer eine Aufstellung über die sich danach ergebenden Korrekturen in Bezug auf die Eingangsrechnungen hinsichtlich der dort ausgewiesenen Art und Menge der gelieferten Materialien.

Am rief der Sonderprüfer in der Kanzlei des Klägers an; das Gespräch nahm Herr Z entgegen. Der Zeuge B teilte Herrn Z dabei als Ergebnis der Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Monate März und April 2007 mit, dass 99 v. H. der von der X GmbH geltend gemachten Vorsteuerbeträge in einem Gesamtumfang von rund … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] mangels Existenz eines Unternehmens „Fa. L” vom Beklagten nicht anerkannt würden.

Am übermittelte die Steuerkanzlei des Klägers dem Beklagten folgende weitere Umsatzsteuervoranmeldungen der HR GmbH:


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Zeitraum
Umsätze
Vorsteuern
Vorauszahlungsbetrag
Juli 2007
… EUR
… EUR
… EUR
August 2007
… EUR
… EUR
…EUR
September 2007
… EUR
… EUR
… EUR

Von den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen entfielen wiederum jeweils mehr als 90 v. H. auf Material-Eingangsrechnungen des Einzelunternehmens N aus P:

Die betreffenden Umsatzsteuervorauszahlungs-Zahllasten wurden vom Beklagten umgehend zum Soll gestellt und von der X-GmbH am 5. bzw. getilgt.

Am leitete der Zeuge B strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die beiden Geschäftsführer der X-GmbH, W und C, wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate März und April 2007 ein.

Am selben Tag erließ der Beklagte durch den Zeugen B gegenüber der X-GmbH wegen rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate März und April 2007 in Höhe von insgesamt … EUR [sechsstelliger EUR-Bertrag] einen dinglichen Arrest in deren Vermögen nach § 324 AO. Der Bescheid wurde der GmbH am zugestellt. In dem Bescheid heißt es u. a:.

”Arrestansprüche: … Auf die Ausführungen im Prüfungsbericht vom , der in der Anlage beigefügt ist, wird hingewiesen. – Arrestgrund: Die nachstehenden Tatsachen lassen die Besorgnis gerechtfertigt erscheinen, dass die Erzwingung der oben bezeichneten Leistungen ohne die Anordnung des Arrestes vereitelt oder wesentlich erschwert würde: Festgestellte Auslandssachverhalte, der verantwortliche Gesellschafter/Geschäftsführer der X-GmbH, Herr W, hat im Inland keinen Wohnsitz. Es erfolgen Zahlungsflüsse aus dem Vermögen der Arrestschuldnerin auf Auslandskonten ohne nachvollziehbaren wirtschaftlichen Grund.”

Am veräußerte der Kläger im eigenen Namen sowie als Geschäftsführer der …GmbH sämtliche Geschäftsanteile an einer weiteren zuvor errichteten Vorratsgesellschaft „…”) an den zweiten Geschäftsführer der X-GmbH, C. Zu den näheren Umständen dieser Veräußerung nimmt der Senat auf die Bekundungen des C in seiner Vernehmung vom durch die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren … Bezug. C benannte die erworbene Gesellschaft in „… GmbH” um und änderte den Unternehmensgegenstand in „Handel mit Altmetall”.

Mit einem auf den datierten (handschriftlich auf den korrigierten) Schreiben an … (Ausländerbehörde) übersandte der Kläger im Auftrag seines Mandanten D diverse Unterlagen, darunter auch einen Finanzierungs- und Businessplan für die I-GmbH sowie einen vom Kläger erstellten Prüfungsbericht. Dem lag eine Anfrage der Behörde vom im Zusammenhang mit der Bearbeitung eines Visumsantrags des D. zugrunde …

Am wurde der Bericht vom über die Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der X-GmbH an die Steuerkanzlei des Klägers versandt. In dem o. g. Bericht heißt es u.a.:

„17. Vorsteuerabzug

Der … Geschäftsführer der [X-GmbH] mit Wohnsitz [im Ausland] verkauft Schrott und Altmetalle, die von … Firmen mit Sitz … [im Ausland] stammen. Die Warenlieferungen erfolgen per LKW direkt vom … Lieferanten an den Hauptabnehmer der … [X-GmbH], … zur Wiederverwertung. Die Waren werden für die Einfuhr nach Deutschland von den … Lieferanten extrem unterfakturiert (durchschnittlich für 100 EUR pro 1 000 kg) und auf den Namen einer fremden Drittfirma (L in Y) beim deutschen Zoll angemeldet. Die … [X-GmbH] verkauft diese Waren an die Fa. … und erhält von ihr eine Gutschrift über durchschnittlich 5 100 EUR pro 1 000 kg. Im Anschluss an den jeweiligen Verkauf wird dann eine Einkaufsrechnung der o. g. Fa. L erfasst – entweder über den gleichen Betrag von 5 100 EUR pro 1 000 kg oder sogar geringfügig höher (!) oder niedriger. Die Rechnungen der Fa. L sind mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer auf die jeweiligen Nettobeträge erstellt, so dass die verbleibende Umsatzsteuer der … [X-GmbH] gegen 0,00 EUR tendiert.

Auf den Abzug der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer wird wegen der Geringfügigkeit der Beträge aufgrund der erfolgten Unterfakturierung verzichtet; ergiebiger ist die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus den L-Rechnungen. Und die Fa. L meldet erst gar keine Umsätze beim Finanzamt an.

Zahlungen an L erfolgen – wenn überhaupt – ausschließlich in bar. Die größten Beträge werden nämlich von der … [X-GmbH] nicht an L bezahlt, sondern gleich auf Auslandskonten der … Vorlieferanten überwiesen, was nach den vorgelegten Unterlagen keinen Sinn macht, weil doch L – aufgrund der erfolgten Unterfakturierung durch die … Vorlieferanten – nur ganz geringfügige Beträge an diese zu zahlen hat. Die vorgenommene Zahlungsweise ist somit ein weiterer Beleg dafür, dass die Geschäfte tatsächlich anders durchgeführt worden sind.

Weitere Ermittlungen zum Rechnungsaussteller L haben ergeben, dass es sich bei ihm um einen arbeitslosen Möbelmonteur handelt, der regelmäßig zwangsgeräumt wird. In den letzten 10 Jahren war Herr L nie länger als 12 Monate durchgehend unter einer Anschrift gemeldet. Aus der letzten bekannten Anschrift … in Y ist Herr L am zwangsgeräumt worden. Seitdem ist der Aufenthaltsort des Herrn L unbekannt. Im Übrigen liegt für Herrn L lediglich eine Gewerbeanmeldung über einen Holz- und Bautenschutzbetrieb vor und nicht über ein Metallrecyclingunternehmen. Im Mietwohnhaus in der … Str. in Y wurde Herr L lt. Auskunft der Hausmeisterin bereits seit Herbst 2006 nicht mehr in seiner Wohnung angetroffen, die Räumung durch die Hausverwaltung wegen bestehender Mietrückstände erfolgte am .

Nach den getroffenen Feststellungen ist auszuschließen, dass die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich von der Fa. L bewirkt worden sind. Es ist vielmehr zweifelsfrei nachgewiesen, dass die in den vorgelegten Rechnungen aus März 2007 und April 2007 über insgesamt brutto …EUR [siebenstelliger EUR-Betrag] angegebene Firma L in den genannten Zeiträumen unter der angegebenen Firmenanschrift … in Y nicht existiert hat. Der Vorsteuerabzug … ist daher zu versagen … Die Vorsteuern für März 2007 sind um … EUR zu kürzen, die Vorsteuern für April 2007 sind um … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] zu kürzen.”

Ab wurde Frau U bei der X-GmbH als kaufmännische Angestellte beschäftigt (monatliches Bruttogehalt: … EUR). Ab diesem Zeitpunkt nutzte die X-GmbH tatsächlich einen Raum für ihre Geschäftstätigkeit, der sich im Gebäude … in Y. befand. Eine förmliche Ummeldung ihrer Geschäftsanschrift gegenüber dem Beklagten von bisher „…” nach „…” nahm die GmbH aber nicht vor.

Unter dem Datum „” sandte die Steuerkanzlei des Klägers folgendes Schreiben an N …:

”Betr.: Ihre Umsatzsteuervoranmeldungen Zeitraum 01.05.-

Sehr geehrter Herr N,

im Auftrag unserer Mandantin, der X-GmbH, möchten wir Sie bitten, uns kurzfristig zum Zwecke des Nachweises über die ordnungsgemäße Anmeldung der im o. g. Zeitraum getätigten Umsätze aus den Geschäften mit unserer Mandantin Kopien Ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen an Ihr zuständiges Finanzamt zu übersenden.

Fügen Sie bitte eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung Ihres Finanzamtes bei.

Mit freundlichen Grüßen

[Name des Klägers]

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater”

Am rief die Steuerberaterin G aus P. in der Kanzlei des Klägers an, nachdem N sie aufgesucht, mit seiner steuerlichen Beratung beauftragt und ihr das vorgenannte Anschreiben vom gezeigt hatte. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Frau G dieses Gespräch mit dem Kläger persönlich oder mit einem anderen Gesprächspartner führte. Frau G fragte ihren Gesprächspartner, wofür die erbetenen Informationen benötigt würden, und berief sich diesbezüglich auf ihre Pflicht zur Mandatsverschwiegenheit.

Am übermittelte die Steuerkanzlei des Klägers dem Beklagten folgende weitere Umsatzsteuervoranmeldung der X-GmbH:


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Zeitraum
Umsätze
Vorsteuern
Vorauszahlungsbetrag
Oktober 2007
… EUR
… EUR
… EUR

Von den geltend gemachten Vorsteuerbeträgen entfielen … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] (= 99,7 v. H.) auf Rechnungen des Einzelunternehmens N.

Die sich aus der Umsatzsteuervoranmeldung ergebende Zahllast wurde vom Beklagten umgehend zum Soll gestellt, von der X-GmbH aber nicht mehr getilgt.

Mit Bescheiden vom setzte der Beklagte – den Ermittlungsergebnissen des Sonderprüfers folgend – die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate März und April 2007 entsprechend geändert fest:


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März 2007:
… EUR
Nachzahlungsbetrag:
… EUR
April 2007:
… EUR
Nachzahlungsbetrag:
… EUR

Die vorgenannten Nachzahlungsbeträge konnten vom Beklagten durch Pfändungsmaßnahmen von den Geschäftskonten der X-GmbH bei der … AG sowie der … AG vollständig beigetrieben werden.

Mit einem an den Kläger als Verfahrensbevollmächtigten adressierten Bescheid vom ordnete der Beklagte gegenüber der X-GmbH eine Anschluss-Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Mai bis September 2007 an. Die Prüfung sollte wiederum durch den Prüfer B erfolgen und voraussichtlich am beginnen.

Die Prüfungsanordnung ging am in der Kanzlei des Klägers ein. Mit Schreiben vom – von Herrn Z „auf Diktat” des Klägers gefertigt – bat die Kanzlei darum, den Beginn der Anschlussprüfung um zwei Wochen zu verschieben: Die notwendigen Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen (Kasse, Bank, Warenein- und -ausgang, Kontenblätter, Summen- und Saldenlisten sowie Buchungsjournale) könnten urlaubsbedingt nicht vorbereitet und in der angeforderten Form (auf Datenträger) nicht zur Verfügung gestellt werden. Mit weiteren Schreiben vom 14. und vom teilte die Kanzlei des Klägers mit, die vollständigen Buchhaltungsunterlagen deshalb nicht fristgerecht zur Verfügung stellen zu können, weil der sich zur damaligen Zeit … [im Ausland] aufhaltende Mitgeschäftsführer W fehlende Unterlagen bislang nicht eingereicht habe. Der Kläger habe ferner erfahren, dass die X-GmbH inzwischen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt habe. Das Schreiben vom trägt das Diktatzeichen „…” und ist von Herrn Z „i.A.” (= „im Auftrag”) unterzeichnet. Das Schreiben vom 19. Dezember trägt ebenfalls das Diktatzeichen „…” und ist vom Kläger persönlich unterzeichnet.

Mit Schreiben vom erhob die X-GmbH, vertreten durch den Kläger, gegen den Bescheid vom über die Anordnung des dinglichen Arrests Einspruch, ohne diesen näher zu begründen. Der Beklagte verwarf den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom wegen Verfristung als unzulässig.

Am errichtete der Kläger, zugleich handelnd für die …GmbH, zwei weitere Vorratsgesellschaften, die „… GmbH” sowie die „… GmbH”.

Im Dezember 2007 erschien Herr W in der Kanzlei des Klägers. Er übergab dem Mitarbeiter Herrn Z einen Stapel Rechnungen und teilte mit, hierbei handele es sich um die Eingangsrechnungen der X-GmbH für die Monate Mai bis Oktober 2007. Die bislang vorliegenden und der Buchführung sowie den Umsatzsteuer-Voranmeldungen zugrunde gelegten Eingangsrechnungen des N beruhten auf einem Versehen; diese müssten durch die nun übergebenen Eingangsrechnungen ersetzt werden. Die neuen Rechnungen wiesen sämtlich eine Fa. Q in Y als Aussteller auf. Auf den Rechnungen war keine Bankverbindung des Unternehmens angegeben. Stattdessen enthielten die Rechnungen den Hinweis „Zahlungsanweisung siehe Anhang”. Auf separaten Beiblättern zu den Rechnungen finden sich z. B. folgende Angaben:

”Zahlungsanweisung zur Rechnung Nr. 1707200707 [über brutto … EUR = sechsstelliger EUR-Betrag]

1. Empfänger: ausländische Gesellschaft namens BB

Bank: ausländisches Kreditinstitut

IBAN: …

SWIFT: …

Betrag: … EUR

2. Empfänger …

Bar: … EUR [fünfstelliger EUR-Betrag]”

Am ging beim Amtsgericht Y ein Antrag der X-GmbH auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen ein (Az.: …). Mit Beschluss des vorgenannten wurde Rechtsanwalt TT aus Y zum Gutachter im Insolvenzantragsverfahren bestellt.

Am 3., 4., 10. und notierte Herr Z auf seinem täglich zu führenden Stundennachweis insgesamt 21 Stunden für „X-GmbH Buchg. ER (Mai – Sept. neu)” bzw. „X-GmbH Bf Mai/Juni”, „X-GmbH Bf Juli/Aug.” sowie „X-GmbH Bf Sept.”.

Der Beklagte setzte am die angeordnete Anschlussprüfung über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Mai bis September 2007 wieder vom Geschäftsplan ab, weil sich aus den festgestellten Gesamtumständen bei der X-GmbH (u.a. aus der Mitteilung des Klägers über das Fehlen von Unterlagen sowie der Insolvenzanmeldung) ergebe, dass die Prüfung auf absehbare Zeit nicht durchgeführt werden könne.

Mit Bescheiden vom 23., 24. und setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbeträge für die Monate Mai bis Oktober 2007 wie folgt geändert fest, wobei er den Vorsteuerabzug mangels Nachweises der Abzugsberechtigung versagte (Fälligkeit der Nachzahlungsforderungen: ):


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Mai 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von EUR [sechsstelliger EUR-Betrag])
Juni 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von … EUR[sechsstelliger EUR-Betrag])
Juli 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag])
August 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von … EUR[sechsstelliger EUR-Betrag])
September 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von … EUR[sechsstelliger EUR-Betrag])
Oktober 2007:
… EUR
(Bescheid vom ; Nachzahlungsforderung in Höhe von … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag])

Am ordnete das Amtsgericht die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der X-GmbH durch Rechtsanwalt TT an und bestimmte, dass Verfügungen der GmbH über ihr Vermögen nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien. In seinem „Ermittlungsbericht” vom hielt TT u. a. fest, dass noch vorhandenen Aktiva im Wert von … EUR Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe von … EUR gegenüberstehen würden. Die Verbindlichkeiten bestanden im Wesentlichen aus fälligen Steuern in Höhe von … EUR. Lieferanten- oder Bankverbindlichkeiten seien nicht vorhanden. Mit Beschluss des vorgenannten wurde die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung aufgehoben und der Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen.

Am übermittelte die Steuerkanzlei des Klägers dem Beklagten folgende weitere Umsatzsteuervoranmeldung der X-GmbH:


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Zeitraum
Umsatz
Vorsteuern
Vorauszahlungsbetrag
November 2007
… EUR [sechsstelliger EUR-Betrag]
… EUR
… EUR

Der Beklagte folgte den Angaben in der Umsatzsteuervoranmeldung nicht und setzte die Umsatzsteuervorauszahlung November 2007 statt dessen mit Bescheid vom auf … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] fest … Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).

Die X-GmbH, vertreten durch die Herren W und C als Liquidatoren, erhob gegen die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide betreffend die Monate März bis einschließlich November 2007 Einspruch und am Klage beim FG Berlin-Brandenburg (Az.: …). Prozessbevollmächtigter der X-GmbH war der Kläger. In seinen Schriftsätzen vom 22. Juli, vom 17. September und vom an das FG machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die GmbH insbesondere hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen des Einzelunternehmers L gutgläubig und der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen daher rechtmäßig gewesen sei. Das Klageverfahren gilt beim FG seit dem als statistisch erledigt, weil der Kläger dem FG mit Schreiben vom die Niederlegung des Mandates anzeigte und das Klageverfahren von der Klägerseite anschließend über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr hinweg nicht mehr betrieben wurde.

Am veräußerten der Kläger und die …GmbH die Vorratsgesellschaften „… GmbH” und „… GmbH”. Die „…” wurde an einen Herrn …verkauft, der die Gesellschaft in „WW-GmbH” umbenannte und als neuen Gegenstand des Unternehmens den „Handel mit Schrott” angab. Die Veräußerung der „…” erfolgte an Herrn … Dieser benannte die Gesellschaft in „R-GmbH” um und änderte den Unternehmensgegenstand ebenfalls in den „Handel mit Schrott”. Bei Herrn … handelte es sich um den Bruder der damaligen Lebensgefährtin und späteren Ehefrau des A. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des LG M vom …betr. A … sowie auf den Fahndungsbericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes M vom … Bezug.

Der Kläger übernahm – zumindest zeitweilig (vgl. die Einzelheiten auf Seite 9 des o. g. Fahndungsberichts vom ) – neben der steuerlichen Beratung der X-GmbH auch die steuerliche Beratung der R-GmbH und der WW-GmbH.

Am wurden die Kanzleiräume des Klägers in E aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts M vom 30. April 2009 im Rahmen des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens … der Staatsanwaltschaft M betr. W und andere durchsucht und diverse Unterlagen beschlagnahmt (siehe Fahndungsbericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M vom ).

In der dabei sichergestellten Buchführung der X-GmbH betreffend die Monate Mai bis Oktober 2007 befanden sich zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Material-Eingangsrechnungen der Fa. Q in Y.

Im Zeitraum 18. bis fertigte der Kläger insgesamt 19 in die Jahre 2007 und 2008 rückdatierte Dokumente. Im Einzelnen handelte es sich dabei unter anderem um ein auf den rückdatiertes Anschreiben an die X-GmbH mit dem Inhalt, dass Akten und eine Archiv CD zur Entlastung der Kanzlei an die X-GmbH zurückgegeben würden, ferner um ein auf den rückdatiertes „Übergabeprotokoll”, dem zufolge der Kläger drei Belegordner für Mai bis September 2007 an Herrn W zurückgegeben habe. Weitere Dokumente enthalten eine Bitte der Kanzlei an die X-GmbH um Rückgabe von Akten wegen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (rückdatiert auf den 3., 10. und ). Die rückdatierten Dokumente fügte der Kläger in seine zum Mandat der GmbH geführten Akten ein. Wegen der Einzelheiten der aufgefundenen rückdatierten Dokumente nimmt der Senat auf die Seiten 24 bis 27 des Fahndungsberichts der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M vom … Bezug.

Am fertigte der Kläger außerdem eine auf diesen Tag datierte Aktennotiz zum Ablauf der Mandatsbeziehung mit der X-GmbH, auf deren Inhalt der Senat ebenfalls Bezug nimmt … Darin führt der Kläger unter anderem aus (Wiedergabe einschließlich Syntax- und Schreibfehlern):

”Wir hatten weder einen Einfluss was auf die Rechnung geschrieben wurde, noch haben wir uns direkt mit einem Zulieferer in Kontakt gesetzt. Wir wissen, dass Lieferscheine an die Firma N gegangen sind, soll wohl ein Importeur gewesen sein. Die Rechnungen selber kamen aber von der Firma Q, die so W, die Waren von der Firma N bezogen haben soll.(…)

Herr W holte bei uns die Belege 05-09/07 am bei uns ab, Quittung liegt in der Steuerakte. Bei Eintreffen der USt-Sonderprüfungsfeststellung, wurde die Akten von W zurückgefordert, leider aber trotz mehrmaliger Mahnung (siehe Akten) nicht übergeben. (…)”

Am leitete die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes M ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Beihilfe zu Umsatzsteuerhinterziehungen zugunsten der X-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Mai bis einschließlich November 2007 ein. Dieselbe Behörde verfasste am einen schriftlichen „Bericht” über die Ergebnisse ihrer den Kläger sowie die Herren W und C betreffende Ermittlungen. Die Behörde ermittelte zum Einleitungszeitpunkt des Ermittlungsverfahrens betr. den Kläger bereits außerdem gegen die Herren A und D wegen mehrfacher Hinterziehung von Umsatzsteuer bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen.

Mit Schreiben vom gab das Finanzamt M die Federführung für die Ermittlungen betr. den Kläger an die Staatsanwaltschaft M ab …, weil diese Behörde bereits parallel gegen die Herren A, W und D in derselben Sache ermittelte.

Im „Fahndungsbericht” des vorgenannten Finanzamtes vom betreffend die drei vorgenannten Personen heißt es u. a. (S. 9 ff.):

„II. Umsatzsteuerbetrugsmodell

… Im Bild 2 ist dargestellt, wie die Wechselwirkung der Umsatz- und Vorsteuer (Versteurung) von der Tätergruppe gewollt unterbrochen worden ist. Über einen abgekürzten Zahlungsweg werden die hier angenommenen netto 4,– Euro pro Kilo in das Ausland überwiesen. Durch den vorgeschobenen „Importeur” (Zollanmelder) wird ein unterfakturierter Betrag als Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer angemeldet und abgeführt.

Der Zollanmelder und die Scheinrechnungskette wird von der Tätergruppe zur gewollten Unterbrechung der umsatzsteuerlichen Systematik eingebaut, um Umsatzsteuer in großem Ausmaß zu verkürzen und sich daraus eine fortlaufende Einnahmequelle zu schaffen.

Entgegen der in Bild 1 dargestellten Versteuerung ist im Bild 2 zu erkennen, dass die geschaffene Struktur in ihrer Gesamtheit betrachtet, beispielhaft Einnahmen i. H. v. 4,76 EUR pro Kilogramm erzielt und einen Aufwand i. H. v. 4,02 EUR pro Kilogramm trägt. Insgesamt wird somit ein Überschuss i. H. v. 0,74 EUR pro Kilogramm erzielt. Diesen Überschuss vereinnahmt die Tätergruppe über die eingesetzten Strohmanngesellschaften X-GmbH und O-GmbH tatsächlich von den Metallgroßhändlern/Endabnehmern.

Für die Unterbrechung der umsatzsteuerlichen Systematik hat sich die Bande folgender Möglichkeiten bedient:

  1. Die Tätergruppe hat mit L, N und VV jeweils mittel- bzw. vermögenslose Personen als Zollanmelder eingesetzt, die Metallimporte unterfakturiert ins Inland eingeführt bzw. beim Zoll angemeldet haben.

  2. Die Tätergruppe hat zur Erstellung der fingierten Liefer- und Rechnungskette mit L, N und Q. mittel- bzw. vermögenslose Personen eingesetzt, unter deren Namen (Scheinunternehmen) Ausgangsrechnungen über Metallverkäufe zu annähernd regulären Preisen gefertigt wurden und die keine Umsatzsteuervoranmeldungen bei den Finanzbehörden abgegeben haben.

  3. Zur Verlängerung der fingierten Liefer- und Rechnungskette nutzte die Bande „Rechnungskollagen” unter dem Namen des steuerlich geführten Q (ohne dessen Wissen). Somit wird ein ungerechtfertigter Vorsteuerabzug in der Scheinlieferkette ermöglicht und gleichzeitig ein Ausfall der Umsatzversteuerung beim vermeintlichen Rechnungsaussteller bewirkt.

Bei diesen gewählten Möglichkeiten hat die Bande grundsätzlich darauf geachtet, dass eine Scheinlieferkette so konstruiert wurde, dass die steuerliche Zuständigkeit für die einzelnen Steuersubjekte (Strohmanngesellschaften/Scheinunternehmen) regelmäßig bei unterschiedlichen Finanzämtern im Bundesgebiet liegt.”

Zum schied Herr Z aufgrund eigener ordentlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses … aus der Kanzlei des Klägers aus.

Aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts M vom im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger … durchsuchten Beamte der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M am erneut die Kanzleiräume des Klägers und diesmal zusätzlich die Räume auf seinem Wohngrundstück in EE. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen wurden u. a. in den Kanzleiräumen des Klägers befindliche Computer beschlagnahmt und die vorhandenen Daten vom Landeskriminalamt ZZ ausgewertet.

Herr W wurde nach einer 28 Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung mit umfangreicher Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmungen durch Urteil des LG M (2. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer) vom im Wesentlichen im Hinblick auf den hier streitgegenständlichen Lebenssachverhalt (unter Einschluss des Vorwurfs der Hinterziehung von drei weiteren Umsatzsteuervorauszahlungsbeträgen betreffend die O-GmbH) wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt (Az.: …). Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten wurde durch mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die … erlittene Freiheitsentziehung auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde (Az.: …).

Das LG M hat aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung folgende tatsächliche Feststellungen getroffen (vgl. Seiten 48 bis 50 der Urteilsabschrift):

”Bei N handelt es sich um einen damals 20jährigen arbeitslosen jungen Mann, der am ein Gewerbe mit Geschäftssitz „…” in P angemeldet hatte. Dieses Gewerbe wurde von Amts wegen am rückwirkend zum abgemeldet. …

Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen N und für die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei N nicht um einen Unternehmer handelt, sprechen auch die Bekundungen der Zeugin G. Die Zeugin G ist Inhaberin eines Steuerberaterbüros in P. Sie bekundete, dass im Sommer 2007 N mit einer Plastiktüte mit Aus- und Eingangsrechnungen in ihrer Kanzlei erschienen sei und sie als Steuerberaterin für seine Firma beauftragt habe. Dabei seien auch Ausgangsrechnungen an die X-GmbH gewesen, sowie Eingangsrechnungen eines V, die sie jedoch nicht gebucht habe, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Sie beschrieb den damals 20jährigen N als einen „kleinen Jungen ohne jegliche Erfahrung”.

(…)

d. Für die Glaubhaftigkeit der Angaben des N spricht auch, dass die oben aufgeführten Empfangsbestätigungen der X-GmbH an N in P an das Fax mit der Nummer … gesendet worden sind. Hierbei handelt es sich um die Faxnummer der damaligen Lebensgefährtin und heutigen Ehefrau des A, … die damals und auch heute noch in M lebt.

(…)

”6. Die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei den Rechnungen der Fa. Q um Scheinrechnungen handelt, denen kein Geschäftsvorfall zugrunde liegt, beruht auf den Bekundungen des Zeugen Q. Der im Jahr 2007 neunzehnjährige Q bekundete, dass er weder den Angeklagten W noch die X-GmbH kenne. Er sei im Jahr 2007 ohne Arbeit gewesen und habe sich dann auf Anraten eines Bekannten als Schrotthändler in Y selbständig gemacht. Er habe aber tatsächlich keine Waren geliefert. Tatsächlich habe er monatlich 100,00 EUR von einem RR bekommen. Er habe dann lediglich Rechnungen für RR unterschrieben. … Er habe keine Vorstellung gehabt, was dann damit passiere. …

7. Die Überzeugung der Kammer, dass in den jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen die genannten Beträge eingeflossen sind, beruht auf den eingeführten Scheinrechnungen und Empfangsbestätigungen. Gegen die Überzeugung der Kammer spricht auch nicht, dass in den bei [Kläger] aufgefundenen Konten der X-GmbH nur Rechnungen der Fa. Q und keine Buchungen für Rechnungen des N vorhanden sind. Die Kammer ist der Überzeugung, dass bei [Kläger] die Rechnungen des N gegen Rechnungen der Fa. Q ausgetauscht wurden. Dafür spricht, dass für Mai, Juni, Juli, August, September und Oktober 2007 sowohl Rechnungen des N als auch des Q an die X-GmbH existieren.

Diese Überzeugung der Kammer wird gestützt durch Bekundungen der Zeugin G, der Steuerberaterin des N, die ein Telefonat Anfang November 2007 mit [Kläger] schilderte, in dem [der Kläger] darum bat, dass sie ihm die Umsatzsteuervoranmeldungen des N für Mai und Juni 2007 übersende, da die X-GmbH eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung erwarte. Diese Bekundungen sind auch glaubhaft und werden durch das Schreiben … [des Klägers] vom an N bestätigt, in dem er den N um Kopien seiner Umsatzsteuervoranmeldungen bat.”

Mit Verfügung vom übernahm die Staatsanwaltschaft E von der Staatsanwaltschaft M das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und führte es unter dem Aktenzeichen … fort. Mit Verfügung vom stellte die Staatsanwaltschaft E dieses Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Sicherheit tatverdächtig sei, sich wegen Beihilfe zu den Steuerhinterziehungstaten des Herrn W schuldig gemacht zu haben. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Einstellungsverfügung … Bezug.

Ein außerdem gegen N eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung führte zu dessen rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten durch das Amtsgericht P (Az.: …; Urteil vom ).

Im Mai 2016 erhob die Staatsanwaltschaft bei dem LG M auch gegenüber A bei der Großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des LG M Anklage wegen bandenmäßiger Umsatzsteuerhinterziehung in insgesamt 18 Fällen. Nach Durchführung von vier Verhandlungstagen sowie einem umfassenden Geständnis des Angeklagten verurteilte die 2. Große Strafkammer des LG M als Wirtschaftsstrafkammer A mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom wegen gemeinschaftlich begangener Umsatzsteuerhinterziehung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Az.: …). Diese 15 Fälle betrafen zum einen die Umsatzsteuervoranmeldungsmonate März bis Oktober 2007 bei der X-GmbH, aber auch Umsatzsteuervoranmeldungsmonate im Folgejahr 2008, u. a. bei der I-GmbH und bei der R-GmbH.

Mit Schreiben vom teilte der Beklagte dem Kläger mit, das geprüft werde, ob und in welchem Umfang der Kläger als Haftungsschuldner gemäß § 71 AO für die zu Beginn des Haftungszeitraums vom bis zum schon rückständig gewesenen Steuern sowie für die im vorgenannten Haftungszeitraum neu entstandenen, fällig gewordenen und noch immer rückständigen Steuern und Abgaben zur Haftung herangezogen werden könne. Als Anlagen waren dem Schreiben eine Aufstellung der haftungsrelevanten Abgabenverbindlichkeiten, ein Merkblatt, ein „Berechnungsbogen zur Ermittlung der Haftungssumme” sowie eine Kopie des Steuerfahndungsberichts vom beigefügt.

Der Kläger erwiderte mittels Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 25. und vom und führte aus, dass er weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand einer Haftung nach § 71 AO erfüllt habe. Es sei offenkundig, dass er von seiner Mandantin betrogen und missbraucht worden sei, da er von dieser noch nicht einmal das angefallene Steuerberatungshonorar erhalten habe.

Mit Datum vom erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen ausschließlich auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheid wegen rückständiger Abgabenverbindlichkeiten der X-GmbH. Die Haftungssumme in Höhe von insgesamt … EUR [siebenstelliger EUR-Betrag] setzt sich wie folgt zusammen (vgl. Anlage zum Haftungsbescheid):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Steuerart
Fälligkeit
Fiktive Fälligkeit
Steuerbetrag
Säumniszuschläge
USt-VZ 05/07
… EUR
… EUR
USt-VZ 05/07
… EUR
USt-VZ 06/07
… EUR
… EUR
USt-VZ 06/07
… EUR
USt-VZ 07/07
… EUR
USt-VZ 08/07
04.02.3008
… EUR
USt-VZ 09/07
… EUR
USt-VZ 10/07
… EUR
USt-VZ 10/07
… EUR
USt-VZ 11/07
… EUR
Gesamt:
… EUR

Die Säumniszuschläge wurden dabei für die Zeit bis zur Einreichung des Insolvenzantrags berechnet.

Zur Begründung der Haftungsinanspruchnahme des Klägers führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass dieser sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand einer Haftung nach § 71 AO verwirklicht habe, indem er Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai bis einschließlich November 2007 zugunsten der GmbH geleistet habe. Die X-GmbH habe dabei als Strohmanngesellschaft in einem von den Herren W, A und D in Deutschland aufgebauten umfangreichen Firmenkonstrukt zur Erstellung von Scheinrechnungen für Zwecke des banden- und gewerbsmäßigen Umsatzsteuerbetrugs fungiert. Durch die Einbuchung von Scheinrechnungen des N als Wareneingang mit Vorsteuerabzug, die Erstellung der korrespondierenden Umsatzsteuervoranmeldungen Mai bis einschließlich November 2007, die spätere Ersetzung dieser Scheinrechnungen durch die Scheinrechnungen des Q sowie die entsprechende Anpassung der Buchführung seien ihm, dem Beklagten, gegenüber über steuerlich relevante Sachverhalte unrichtige Angaben gemacht worden (Hinweis auf § 370 Ab. 1 Nr. 1 AO) und sei er, der Beklagte, pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen worden (Hinweis auf § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dadurch sei bewirkt worden, dass Vorsteuern der GmbH unberechtigt in Abzug gebracht und so die Umsatzsteuerzahllasten zu Gunsten der GmbH verkürzt worden seien.

Mittel zur Tilgung der streitgegenständlichen Abgabenrückstände hätten im sog. Haftungszeitraum (10. Juni bis ) im Umfang von mindestens 85 v. H. der rückständigen Abgabenverbindlichkeiten zur Verfügung gestanden. Er, der Beklagte, sei zu dieser Schätzung der sog. Tilgungsquote befugt, weil der Kläger und die weiteren Haftungsschuldner C und W trotz ihrer Verpflichtung zur Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts keine Angaben zu den finanziellen Verhältnissen der X-GmbH im o. g. Haftungszeitraum gemacht hätten. Die Gesellschaft habe im Haftungszeitraum Umsätze in Höhe von netto insgesamt … EUR [achtstelliger EUR-Betrag] zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von … EUR erzielt. Da im anschließenden Insolvenzverfahren keine offenen Forderungen angegeben worden seien, sei davon auszugehen, dass auch entsprechende finanzielle Mittel vereinnahmt und Verbindlichkeiten entsprechend getilgt worden seien. Nach den Feststellungen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters seien andere Gläubiger der GmbH mit ihren Forderungen nur in Höhe von … EUR [fünfstelliger EUR-Betrag] ausgefallen. Zur Vermeidung von Unsicherheiten sei ein Abschlag in Höhe von 5 v. H. von der so ermittelten Tilgungsquote vorzunehmen, so dass diese nur mit 80 v. H. in Ansatz gebracht werde.

Der Haftungsschaden sei daher wie folgt zu ermitteln:

Weiter heißt es in dem streitgegenständlichen Haftungsbescheid, der an die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers adressiert war, u. a.: …

Der Beklagte erließ in dem vorliegenden Zusammenhang folgende weitere Haftungsbescheide:

  • am gegenüber C in Höhe von … EUR gemäß § 69 AO; Herr C legte hiergegen fristgerecht Einspruch ein. Der Einspruch wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen. Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben.

  • am gegenüber W in Höhe von … EUR gemäß § 69 AO; W erhob hiergegen fristgerecht Einspruch. Der Einspruch wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen. Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben.

  • am gegenüber A in Höhe von …EUR gemäß § 71 AO wegen Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung; A erhob hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage zum FG Berlin-Brandenburg, die bei diesem Gericht noch anhängig ist …

Gegen den an ihn gerichteten Haftungsbescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Haftungsbescheid keine ausreichenden Beweise eines angeblich strafbaren Verhaltens enthalte.

Noch während des laufenden Einspruchsverfahrens hat der Kläger Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Haftungsbescheids vom erhoben (Az.: 9 K 9306/12).

Mit Einspruchsentscheidung vom reduzierte der Beklagte die Haftungssumme auf … EUR und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Reduzierung beruhte auf dem Verzicht auf die Geltendmachung eines Haftungsanspruchs bezüglich der rückständigen Umsatzsteuervorauszahlung November 2007.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger habe aktiv Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen betr. die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2017 durch die Geschäftsführer der X-GmbH geleistet, indem er seinen Mitarbeiter Z angewiesen habe, als Scheinrechnungen zu qualifizierende Eingangsrechnungen des N für die Monate Mai bis Oktober 2007 sowie ebenfalls als Scheinrechnungen zu qualifizierende Eingangsrechnungen des Q als Wareneingang mit Vorsteuer zu buchen. Auf der Grundlage dieser Buchungen seien die Umsatzsteuervoranmeldungen der X-GmbH für die Monate Mai bis November 2007 erstellt und diese elektronisch an ihn, den Beklagten, übermittelt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Der zunächst zusätzlich geltend gemachte Haftungsanspruch für den Monat November 2007 werde dagegen nicht mehr geltend gemacht, weil es insoweit mangels Zustimmung durch ihn, den Beklagten, zur entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung der GmbH i. S. von § 168 Satz 2 AO nicht zur Vollendung der geplanten Steuerhinterziehung gekommen sei.

Außer dem Kläger seien auch die damaligen Geschäftsführer der GmbH, W und C, sowie A wegen derselben Abgabenrückstände als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden. Eine Haftungsinanspruchnahme des Zeugen Z sei von ihm, dem Beklagten, geprüft worden. Liege eine vorsätzlich begangene Steuerstraftat vor, sei das Entschließungsermessen der Finanzbehörde nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) insoweit vorgeprägt als die Haftungsschuld gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sei und es einer besonderen Begründung der Ermessensausübung nicht bedürfe (Hinweis auf , Bundessteuerblatt – BStBl – II 2009, 478). Dies gelte auch für Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Hinweis auf , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2005, 293).

Nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom hat der Kläger fristgerecht Anfechtungsklage gegen den Ausgangs-Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhoben (Az.: 9 K 9142/13). Mit Beschluss vom hat der Senat die beiden Klageverfahren gemäß § 73 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO – zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Unter dem Datum erstellte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M einen Fahndungsbericht über die im Zeitraum bis durchgeführten Recherchen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren betreffend den Kläger. Der Senat nimmt wegen der Einzelheiten, insbesondere den zeitlichen Ablauf des Geschehens betreffend (Seiten 10 bis 28), auf diesen Bericht Bezug.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, der Haftungsbescheid sei nichtig; er weise sowohl in formeller als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht besonders schwere Fehler auf. Der Bescheid sei erkennbar willkürlich und ignoriere die „wesentlichen” Wertungen der vorhandenen Rechtsordnung. Zentrale Maxime für den Erlass eines Verwaltungsakts nach §§ 71, 191 AO müsse sein, dass das Finanzamt dem Untersuchungs-, Ermittlungs- und Sachaufklärungsprinzip subjektiv und objektiv zureichend Genüge tue. Dies sei vorliegend nicht ansatzweise der Fall, weil der Beklagte im Haftungsbescheid nur Behauptungen eines anderen Finanzamtes ungeprüft übernommen habe. Jedem objektiven Dritten müsse sich hiernach der Eindruck aufdrängen, dass der Bescheid entscheidend auf einem „klassischen Vorurteil” und „reiner objektiver Willkür” beruhe und mit der Konsequenz einer Verleumdung seiner, des Klägers, Person aufwarte. Deshalb sei der Bescheid in sich widersprüchlich, entscheidungsunreif und damit nichtig. Ein Haftungsbescheid, der durch die Begehung von Straftatbeständen, Dienstvergehen, Verfassungsbrüchen und Verletzung einfach-gesetzlicher Vorschriften oder Verwaltungsanweisungen erlassen werde, erfülle den Tatbestand des § 125 Abs. 1 AO.

Der Haftungsbescheid sei überdies aus vielen Gründen auch rechtswidrig. Dies ergebe sich u. a. daraus, dass der Beklagte nicht ansatzweise ein plausibles Motiv für seine, des Klägers, angebliche Mitwirkung an den Straftaten dargelegt habe, die die Verantwortlichen der HR GmbH begangen hätten…

Ein weiterer Grund für die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids bestehe darin, dass der Beklage entgegen den Vorschriften des Anwendungserlasses zur AO (AEAO) vor der Bekanntgabe des Bescheids das Vorliegen einer Steuerstraftat nicht „im Einvernehmen mit der Straf- und Bußgeldsachenstelle” geprüft habe. Ob man vorliegend von einer wirksamen „Nachholung” des erforderlichen Einvernehmens im Rahmen des Einspruchsverfahrens i. S. von § 126 Abs. 1 Nr. 5 AO ausgehen könne, sei höchst fraglich.

Ferner sei nach der Rechtsprechung des BFH (Hinweis auf , Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 1994, 149) vor dem Erlass eines auf § 71 AO gestützten Haftungsbescheids eine persönliche Anhörung seiner Person erforderlich gewesen, die im vorliegenden Fall unstreitig unterblieben sei.

Im Übrigen fehle in den beiden von ihm angegriffenen Verwaltungsakten „eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit getroffene Feststellung über das Vorliegen einer Beihilfetat” in seiner, des Klägers, Person. Das bedeute insoweit: die Tatbestandsmomente Gehilfeneigenschaft, Motivlage, professionelle Adäquanz, deliktischer Sinnbezug außerhalb der professionellen Adäquanz, Taterfolg, Kausalität, bedingter Vorsatz u. a. m. seien vom Finanzamt auf die konkreten Handlungen der als „Gehilfe” in Betracht kommenden Person zu beziehen. Dabei sei zu guter Letzt auch noch der Grundsatz „in dubio pro reo” für jedes einzelne steuerstrafrechtliche Tatbestandsmoment zu beachten. Es reiche nicht aus, dass irgendwelche Vorgänge „in einem Steuerbüro” stattgefunden hätten, ohne dass daraus ein individualisierter steuerstrafrechtlicher Vorwurf abgeleitet werden könne unabhängig davon, dass auch die Feststellungen des LG M lediglich übliche Vorgänge in einem Steuerbüro betroffen hätten.

Der Beklagte habe im Haftungsbescheid und in der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung strafrechtlich unzutreffend angenommen, dass er, der Kläger, seinen Tatbeitrag allein geleistet habe, „indem er seinen Mitarbeiter Z. als Scheinrechnungen zu qualifizierende Eingangsrechnungen … als Wareneingang mit Vorsteuer gebucht und auf der Grundlage dieser Buchungen die Umsatzsteuervoranmeldungen … erstellt und an den … [Beklagten] übermittelt habe”. Damit habe – offenbar nur – er, der Kläger, „zumindest Beihilfe geleistet”. Dieser strafrechtliche Ansatz lasse greifbar rechtsfehlerhaft das unstreitige Prinzip außer Acht, dass jedem Täter und Teilnehmer einer Straftat grundsätzlich nur der Sachverhalt angelastet werden dürfe, den er selbst verwirklicht habe (§ 29 StrafgesetzbuchStGB –).

Die Mitwirkung bei der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen gehöre bei einem Steuerberater zu den berufstypischen, rechtlich neutralen Handlungen, die anerkanntermaßen nicht ausreichen würden, um Beihilfe zur Steuerhinterziehung anzunehmen. Vielmehr müsse nach der neueren Rechtsprechung des BFH der subjektive Tatbestand des Vorsatzes zweifelsfrei außer Frage stehen. Dafür sei erforderlich, dass der Betroffene nachweisbar von der Steuerhinterziehung des Haupttäters gewusst habe und sie zu fördern gewillt gewesen sei. Dass er eine Straftat nur für möglich gehalten habe, reiche nicht aus (Hinweis auf , wistra 1999, 459).

Der dem Beklagten obliegende Nachweis für ein vorsätzliches Handeln setze zunächst eine klare Abgrenzung zwischen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit voraus. Dies gelte insbesondere, wenn es – wie vorliegend – um einen angeblichen Indizienbeweis gehe. Weder aus dem Haftungsbescheid noch aus der Einspruchsentscheidung ergebe sich zureichend, ob der Beklagte von einer zutreffenden Unterscheidung dieser Schuldformen ausgegangen sei. Jedenfalls habe er die Anforderungen an das Vorliegen von Vorsatz verkannt.

Unstreitig habe ein etwaiger Austausch der dem geltend gemachten Vorsteuerabzug zugrunde liegenden Rechnungen erst nach Einreichung der meisten Umsatzsteuervoranmeldungen stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt seien die streitgegenständlichen Umsatzsteuerhinterziehungen in der Person des Täters W aber bereits vollendet gewesen. Der Austausch der Buchführungsunterlagen habe nicht zur Einreichung berichtigter Umsatzsteuervoranmeldungen geführt. Selbst wenn man aufgrund eines etwaigen Austausches der Buchführungsunterlagen auf ein nunmehr eingetretenes Unrechtsbewusstsein bei ihm, dem Kläger, und beim Mitarbeiter Z schließen wollte, folge hieraus mitnichten, dass er und Z schon zu einem früheren Zeitpunkt bösgläubig gewesen seien. Auch in diesem Zusammenhang habe der Beklagte den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend untersucht, sondern sich einfach mit den Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle zufrieden gegeben.

Was den objektiven Tatbestand der Umsatzsteuerhinterziehung angehe, stehe bislang nur fest, dass die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen in seiner, des Klägers, Kanzlei anhand der von W beigebrachten Rechnungen erstellt und auf elektronischem Weg an den Beklagten versendet worden seien. Diese Fertigung und Versendung habe dem Zeugen Z oblegen. Dass und inwieweit er, der Kläger, in diesen Abgabe- und Erklärungsvorgang eingeschaltet gewesen sei, sei vom Beklagten bislang nicht festgestellt worden.

Aus der Abwicklung des Mandatsverhältnisses wie aus der für ihn, den Kläger, Normalität und Üblichkeit verheißenden Äußerungen und schriftlichen Mitteilungen des Umsatzsteuer-Sonderprüfers während der gesamten Prüfung seien aus seiner, des Klägers, Sicht keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen gewesen, dass es sich bei den Rechnungen des Herrn L um Scheinrechnungen gehandelt habe. Dies gelte auch für den Inhalt des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom . Ebenso hätten die anschließenden Ereignisse anlässlich des Schreibens des Zeugen Z an den Lieferanten N vom , insbesondere der diesbezügliche telefonische Kontakt der Zeugin G mit seiner Kanzlei am keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im vorliegenden Fall „Scheinrechnungen” des Unternehmens N vorliegen könnten.

Auch aus der Tatsache des Austausches der Scheinrechnungen Ende Dezember 2007 ergebe sich nichts anderes. Nach der glaubwürdigen Aussage des Zeugen W am sei dieser Austausch von W selbst veranlasst worden und der Zeuge Z sei unter Angabe eines plausiblen Grundes durch W dazu bewegt worden, die Buchführung der GmbH diesbezüglich zu korrigieren. Dies habe der Zeuge Z dann auch ab dem durchgeführt.

Da es für das Vorliegen eines eventuellen Gehilfenvorsatzes nur auf das Wissen und Wollen im Zeitpunkt der Einreichung der betreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen beim Beklagten ankomme, seien die vom Zeugen Z durchgeführten Maßnahmen Anfang des Jahres 2008 nicht strafbar gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – sei es mit der Vorsteuerabzugsregelung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht vereinbar, einem Steuerpflichtigen, der weder gewusst habe noch habe wissen können, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen gewesen sei oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgegangen oder nachgefolgt sei, Umsatzsteuer hinterzogen worden sei, durch die Versagung des Vorsteuerabzugs mit einer Sanktion zu belegen (Hinweis auf Urteil vom C-80/11 und C-142/11, C-142/1). Es sei grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Umsatzsteuerhinterziehungen aufzudecken und gegen den Steuerpflichtigen, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehungen begangen habe, Sanktionen zu verhängen. Für die Versagung des Vorsteuerabzugs trage letztlich das Finanzamt die Feststellungslast. Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer sei damit entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht verpflichtet, einen echten „Negativbeweis” dahin gehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden und/oder die Leistung gehabt habe (Hinweis auf , Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 2014, 543).

Vor diesem Hintergrund gelte darüber hinaus: Der Beklagte trage die Feststellungs- und Beweislast für das Vorliegen einer vollendeten Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch ihn, den Kläger. Obwohl auch im finanzgerichtlichen Verfahren der strafrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo” zu beachten sei, sei das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals einer Haftungsinanspruchnahme nach § 71 AO nicht nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, sondern nach den Vorschriften der AO und der FGO zu prüfen. Deshalb sei für die Feststellung des Vorliegens einer Steuerhinterziehung ein Grad von Gewissheit erforderlich, der auch für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Beweislast trage, gelte (Hinweis auf Beschluss des Großen Senats des ).

Bisher habe der Beklagte die Richtigkeit seines, des Klägers, entscheidungserheblichen Vorbringens, den Inhalt der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft E sowie der Aussagen der Zeugen W und U [nur gegenüber der Steuerfahndungsstelle] nicht bestritten, geschweige denn substantiiert widerlegt. Vielmehr habe er sich die sachverhaltlichen Ermittlungen der Steuerfahndung vollinhaltlich zu Eigen gemacht. Die Richtigkeit der dortigen Ermittlungsergebnisse sei jedoch von der Staatsanwaltschaft E substantiiert widerlegt worden.

Es stelle sich mithin die Frage, ob eine aufwändige Beweisaufnahme überhaupt erforderlich sei. Nur in strittigen Sachverhaltsfällen müsse das FG der Frage nachgehen bzw. aufklären, ob die Feststellungen den Tatsachen entsprechen würden (Hinweis auf ). Zwar handele es sich vorliegend nicht um Feststellungen in einem Strafurteil, sondern um Inhalte einer staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 StPO. Letztere könne jedoch mindestens den gleichen Wert für sich beanspruchen wie ein Freispruch in einem Strafverfahren.

Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze seiner drei Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

  1. den Haftungsbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben;

  2. hilfsweise, den Haftungsbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom in der Höhe um den Betrag zu ermäßigen, der sich aus der Anrechnung weiterer Vorsteuerbeträge und Einfuhrumsatzsteuern und nach geänderter Rechtsprechung anzuerkennender Eingangsrechnungen ergibt;

  3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass der streitgegenständliche Haftungsbescheid seiner Ansicht nach nicht nichtig sei, weil weder der Tatbestand des § 125 Abs. 1 AO noch derjenige des § 125 Abs. 2 AO erfüllt sei. Von einer willkürlichen Inanspruchnahme des Klägers könne keine Rede sein.

Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt vor dem Erlass der Einspruchsentscheidung eine mündliche Anhörung durch ihn, den Beklagten, beantragt. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei seiner Vernehmung als Zeuge im Rahmen des Strafprozesses gegen Herrn W vor dem LG M von seinem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe.

Er, der Beklagte, habe in seiner Einspruchsentscheidung schlüssig dargelegt, ab welchem Zeitpunkt der Kläger spätestens vorsätzlich Umsatzsteuervoranmeldungen aufgrund von Scheinrechnungen habe anfertigen und an den Beklagten habe verschicken lassen. Nachweislich sei dies ab dem Zeitpunkt geschehen, ab dem der Kläger vom Zeugen B ausdrücklich auf Ungereimtheiten im Warenverkehr der GmbH und in Bezug auf den Vorlieferanten L informiert worden sei und der Kläger zudem den Betrug hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuern anhand den ihm vorliegenden Einfuhrpapiere erkannt habe, mithin ab dem Voranmeldungszeitraum Mai 2007. Dazu, dass und weshalb der Kläger zu diesem Zeitpunkt anhand der tatsächlichen Gegebenheiten das Risiko strafbaren Verhaltens in der Person des Herrn W nicht als derart hoch eingeschätzt habe, dass er von der Fortführung des Mandats abgesehen habe, habe der Kläger bislang nichts dargetan.

Wegen des weiteren Vorbringens des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze im Rahmen des hiesigen Klageverfahrens Bezug genommen.

Der erkennende Senat hat den Kläger als Prozessbeteiligten im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlungen persönlich angehört. Wegen des Inhalts der mündlichen Äußerungen des Klägers wird auf die Sitzungsprotokolle vom 17. und vom Bezug genommen. Außerdem hat der Senat folgende Personen als Zeugen vernommen: … Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:

A.

B.

Die Klage ist nur in sehr geringem Umfang begründet. Der angefochtene Haftungsbescheid ist nicht nichtig (dazu nachstehend unter I.). Er ist lediglich insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in seinen Rechten, als der Beklagte den Kläger darin auch für von der GmbH verwirkte Säumniszuschläge in Anspruch nimmt. Im Übrigen ist der Haftungsbescheid dem Grunde wie auch der Höhe nach rechtmäßig (dazu nachstehend unter II.). Der Hilfsantrag ist demgemäß zur Gänze unbegründet.

I. Der Haftungsbescheid vom ist nicht nichtig.

Ein Verwaltungsakt ist nach der Generalklausel des § 125 Abs. 1 AO nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ohne Rücksicht auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist ein Verwaltungsakt ferner nichtig, wenn er einen der Tatbestände des in § 125 Abs. 2 AO normierten Positivkatalogs erfüllt. Dies ist etwa der Fall, wenn den Verwaltungsakt aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann oder wenn er gegen die guten Sitten verstößt.

Im Streitfall erfüllt der streitgegenständliche Haftungsbescheid keinen der in § 125 Abs. 2 AO genannten Tatbestände. Der schriftlich ergangene Haftungsbescheid lässt die erlassende Behörde erkennen (§ 119 Abs. 2 und 3, § 191 Abs. 1 Sätze 1 und 3 AO). Er kann in tatsächlicher Hinsicht befolgt werden, verlangt nicht die Begehung einer rechtswidrigen Tat und ist auch nicht sittenwidrig.

Der Haftungsbescheid leidet auch nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO. Soweit der Kläger hierzu darauf verweist, der Bescheid ignoriere die wesentlichen Wertungen der geltenden Rechtsordnung, vermag der Senat dem nicht zu folgen. So ist es nach der Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden, wenn eine Finanzbehörde ihre Entscheidungen auf Ermittlungsergebnisse einer anderen Finanzbehörde (z.B. der Steuerfahndung) stützt, soweit diese in sich nachvollziehbar sind und erkennen lassen, worauf sie im Einzelnen beruhen; dies ist hier – ungeachtet der Frage, ob man die Schlussfolgerungen teilt oder ablehnt – der Fall. Keineswegs muss eine Finanzbehörde, die die Ermittlungsergebnisse in einem eigenen Bescheid umsetzen will, eine vorangegangene Ermittlung selbst in allen Einzelheiten wiederholen. Von „reiner objektiver Willkür” kann insoweit keine Rede sein, ebenso wie in der Übernahme und Verwertung von Ermittlungsergebnissen anderer Behörden keine „Verleumdung” der Person des Klägers liegt.

Die gleichfalls gerügte „Widersprüchlichkeit” des Bescheides begründet der Kläger nicht näher; derartige Widersprüche vermag der Senat nicht zu erkennen. Ebenso vermag eine bloße Aneinanderreihung von Schlagworten wie „Straftatbeständen, Dienstvergehen und Verfassungsbrüchen”, auf denen der Haftungsbescheid beruhen soll, eine nachvollziehbare Darlegung eines vermeintlichen schwerwiegenden Fehlers nicht zu ersetzen.

Einschätzungen der damaligen Amtsleiterin des Beklagten aus dem November und Dezember 2010, wonach zum damaligen Ermittlungsstand „erhebliche Bedenken hinsichtlich des Tatbeitrages” des Klägers bestanden haben mögen, führen nicht zur Nichtigkeit eines mehr als ein Jahr später gleichwohl erlassenen Haftungsbescheides. Maßgeblich für die Frage, ob der Beklagte vom Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen überzeugt war (oder diese – wie der Kläger suggerieren will – bewusst außer Acht ließ, um dem Adressaten des Bescheids rechtswidrig einen Schaden zuzufügen), ist allein der Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung über den Erlass des Bescheides. Anhaltspunkte dafür, dass die beim Beklagten zuständigen Mitarbeiter beim Erlass des Haftungsbescheids bewusst davon ausgegangen wären, die Haftungsvoraussetzungen lägen tatsächlich überhaupt nicht vor, hat der Senat nicht.

Soweit der Beklagte sodann die Einwendungen des Klägers gegen den Haftungsbescheid im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zum Anlass für weitere Ermittlungs- und Prüfungsmaßnahmen genommen und die Aussetzung der Vollziehung gewährt hat (Mitteilung vom , Haftungsakte, Bd. I, Bl. 151), führt dies nicht nachträglich zu einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler des ausgesetzten Haftungsbescheids. …

Ein Bescheid leidet auch nicht deshalb an einem besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler, weil seine Existenz später – sei es auch unter der (unterstellten) Verletzung des Steuergeheimnisses – einem Dritten bekannt gegeben wird.

Der Haftungsbescheid ist darüber hinaus inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO). Aus ihm ergibt sich, wer als Haftungsschuldner in Anspruch genommen wird, dass die Inanspruchnahme als Haftungs- und nicht als Steuerschuldner erfolgt, welche Steuern und Steuerzeiträume im Einzelnen von der Haftung umfasst sind und wie hoch der zu zahlende Gesamtbetrag ist (vgl. dazu allgemein: , BFH/NV 2009, 1964; FG Münster, rkr. Beschluss vom – 1 V 102/15 L, EFG 2016, 261, jeweils m. w. N.).

Vor dem Erlass des Haftungsbescheids ist dem Kläger mit Schreiben des Beklagten vom auch Gelegenheit gegeben worden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. § 91 Abs. 1 AO).

II. Der Haftungsbescheid ist, soweit es nicht die Haftung für Säumniszuschläge betrifft (dazu nachstehend unter 3. d)), auch nicht rechtswidrig.

1. Gemäß § 71 AO haftet, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, für die verkürzten Steuern. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig (vgl. , BFH/NV 2017, 593 m. w. N.). Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob in der Person oder den Personen, die es zur Haftung heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht voll überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamtes an, ob und wen es als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 Abs. 1 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar. Prüfungsmaßstab hierfür ist allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung).

2. Im Streitfall liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 71 AO vor. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und bei Würdigung aller vorgetragenen und sonst erkennbaren Umstände des Falles davon überzeugt, dass der Kläger Beihilfe zu einer vorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung in Bezug auf die Umsatzsteuervorauszahlungen der X-GmbH für die Monate Mai bis Oktober 2007 geleistet hat.

a) Der Geschäftsführer der X-GmbH, W, hat eine vorsätzliche Steuerhinterziehung zugunsten der X-GmbH begangen.

aa) Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme des Teilnehmers an einer Steuerstraftat ist zunächst die Feststellung, dass eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vorliegt. Die Steuerhinterziehung muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und vorsätzlich schuldhaft verwirklicht worden sein (vgl. nur , BFH/NV 2013, 337 m. w. N.). Das Delikt muss vollendet sein; ein bloßer Versuch begründet mangels eines Haftungsschadens keine Haftung nach § 71 AO (, BStBl. II 1995, 198; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, § 71 AO Rz. 13).

Nach mittlerweile ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei sog. Anmeldesteuern wie z. B. Umsatzsteuervoranmeldungen eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bereits in dem Zeitpunkt vollendet, in dem die betreffende Umsatzsteuervoranmeldung mit unrichtigen Angaben zu den Besteuerungsgrundlagen beim Finanzamt eingereicht wird. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß § 168 Satz 1 AO eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (vgl. dazu AEAO zu § 168 Nr. 1 Satz 1; BGH; Urteil vom – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463; BFH; Urteil vom – VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657; Jäger, in: Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rz. 106). Etwas anderes gilt lediglich in dem Fall, dass sich aus der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung ein Anspruch auf Auszahlung von Umsatzsteuer ergibt und deshalb nach dem Gesetz (§ 168 Satz 2 AO) die Gleichsetzung der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung mit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erst in dem Zeitpunkt eintritt, in dem das Finanzamt der eingereichten Steueranmeldung ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. dazu BGH in wistra 2013, 463 Rz. 67 ff. m. w. N.).

bb) Wie das Landgericht M in seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom (Az.: …) nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme an insgesamt 28 Verhandlungstagen überzeugend ausgeführt hat, waren die von der X-GmbH eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen in krassem Umfang hinsichtlich der geltend gemachten Vorsteuerbeträge unrichtig: Wären von der X-GmbH inhaltlich zutreffende Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden, wären für die streitgegenständlichen Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007 zusätzliche Umsatzsteuervorauszahlungen in Höhe von rund … EUR [siebenstelliger EUR-Betrag] zu entrichten gewesen (vgl. die Aufstellung auf Seite 1 im angefochtenen Haftungsbescheid). Ebenso hat das Landgericht festgestellt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH, Herr W, die Unrichtigkeit der Voranmeldungen kannte und mithin vorsätzlich handelte. Das Landgericht M hat deshalb Herrn W im Hinblick auf den streitgegenständlichen Sachverhalt zu Recht wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), nämlich Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007 mit unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Senat macht sich die tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen dieses in das hiesige Verfahren eingeführten Strafurteils zu Eigen. Dies ist – auch soweit es um ein Strafurteil gegen einen am finanzgerichtlichen Verfahren nicht beteiligten Dritten geht – dann zulässig, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt haben (, BFH/NV 1999, 1103; Beschluss vom – VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215; Urteil vom – X R 8/05, BStBl. II 2007, 594).

Die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des LG M im vorgenannten Strafverfahren gegen den Haupttäter W wird vom Kläger, soweit es nicht um dessen eigenen Tatbeitrag geht, nicht in Zweifel gezogen.

Die Feststellungen des Landgerichts M werden darüber hinaus bestätigt durch die gerichtlichen Feststellungen im Rahmen des ebenfalls rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts P vom im Strafverfahren gegen den Rechnungsaussteller N, der in der Hauptverhandlung ein umfassendes und glaubhaftes Geständnis abgelegt hat (Az.: …). Danach hat N für die Ausstellung von Scheinrechnungen zur Verwendung durch die Herren D, W und A unregelmäßige Geldbeträge in einer Gesamthöhe von mindestens 5 000,00 EUR erhalten.

Die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Landgerichts M im Strafverfahren gegen den Haupttäter W wird ferner bestätigt durch die gerichtlichen Feststellungen im Rahmen des ebenfalls rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Halle vom im Strafverfahren betr. den Mittäter A (Az.: …). Dieser hat im Rahmen der dortigen Hauptverhandlung ebenfalls ein vollumfängliches Geständnis abgelegt … Die dortigen Feststellungen zum Sachverhalt sind vom Kläger ebenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt worden.

b) Zu der sechsfachen vorsätzlichen und gemeinschaftlich begangenen Steuerhinterziehung durch aktives Tun betreffend die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume Mai bis einschließlich Oktober 2007 durch die Haupttäter W und A hat der Kläger nach der Überzeugung des erkennenden Senats strafbare Beihilfe geleistet.

aa) Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 StGB). Als Hilfeleistung im Sinne von § 27 StGB ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern (sog. doppelter Gehilfenvorsatz). Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (, NStZ 2011, 399 m. w. N.). Er muss auch die quantitative Dimension des vom Haupttäter verwirklichten Unrechts nicht im Detail kennen, z. B. die Höhe der letztlich hinterzogenen Steuern (, wistra 2016, 31 m. w. N.). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß. Unter dieser Voraussetzung ist der Vorsatz selbst dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem Haupttäter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (, BStBl II 2001, 80 sowie vom 1 StR 465/14, Neue Zeitschrift für Strafrecht – NStZ – 2016, 292, Krumm, in: Tipke/Kruse, AO-FGO, 16. Aufl., § 370 AO Rz. 175, jeweils m. w. N.).

Beihilfe kann nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, dem der Senat folgt, auch noch in dem Zeitraum zwischen der Vollendung der Haupttat und deren Beendigung geleistet werden (vgl. , NStZ 2013, 463, dort insbesondere zur Abgrenzung der Beihilfe von Anschlussdelikten nach §§ 257 ff. StGB; Beschluss vom – 1 StR 521/14, wistra 2016, 74, unter II. 1. B) aa) der Gründe). Dies gilt auch für die Beihilfe zu Steuerstraftaten im Sinne der §§ 369 ff. AO, wenn durch die Beihilfetat die Beendigung der Haupttat gefördert werden soll (vgl. etwa , wistra 2000, 425).

Beendet ist eine Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungsbeträgen frühestens in dem Zeitpunkt, in dem eine die unrichtigen Angaben aus den Voranmeldungen wiederholende Umsatzsteuerjahreserklärung beim Finanzamt eingereicht wird (vgl. , Neue Juristische Wochenschrift [NJW] 1989, 2140 f.; Urteil vom – 3 StR 55/89, wistra 1989, 264; Beschluss vom – 3 StR 243/90, wistra 1991, 216; anders bei Steuerhinterziehung durch Unterlassen: Vollendung und Beendigung mit Verstreichenlassen der Abgabefrist für die Jahreserklärung, vgl. , wistra 2017, 234). Kommt es zur Abgabe der die falschen Angaben wiederholenden Umsatzsteuerjahreserklärung nicht mehr, weil die Tat zuvor vom Finanzamt entdeckt wird, so tritt die Beendigung der Steuerstraftat im Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Täters von der Entdeckung der Tat ein (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom – RReg 4 St 204/90 –, wistra 1991, 313).

Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes des Teilnehmers bestehen Besonderheiten, soweit die Beihilfehandlung zugleich die Merkmale „berufstypischen Verhaltens” erfüllt, wie dies z. B. bei der Mitwirkung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe an der Erstellung von Steueranmeldungen oder Steuererklärungen der Fall ist. Hier hält die höchstrichterliche Rechtsprechung eine „bewertende Betrachtung im Einzelfall” für geboten, für die folgende Grundsätze gelten: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als vorsätzliche Hilfeleistung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den Alltagscharakter; der BGH spricht von einer Solidarisierung mit dem Täter. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Bedingter Vorsatz kann hier deshalb – jedenfalls für den Regelfall – nicht weiterführen, weil der professionell Handelnde wegen der „beruflichen Normalität” seines Handelns auf die Legalität des fremden Tuns vertrauen darf (, StV 2014, 474; Krumm, a.a.O., § 370 AO Rz. 176). Die gilt allerdings dann nicht, wenn das von dem Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch ist, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt” (, aaO und vom – 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996; Krumm, a.a.O., § 370 AO Rz. 176, jeweils m. w. N.).

bb) Der Kläger hat zur Hinterziehung der Umsatzsteuer der X-GmbH für den Monat Oktober 2007 nach der Überzeugung des Senats vorsätzlich Beihilfe geleistet, indem er die Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung am veranlasste, in welcher Vorsteuer unter Berücksichtigung von Eingangsrechnungen des N geltend gemacht wurde (nachfolgend unter [1]). Hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Monate Mai bis September 2007 hat der Kläger nach der Überzeugung des Senats dadurch Beihilfe geleistet, dass er im November und Dezember 2007 die Durchführung einer diese Zeiträume betreffenden Anschlussprüfung durch bewusst wahrheitswidrige Erklärungen gegenüber dem Beklagten verhindert und es damit dem Haupttäter W zugleich ermöglicht hat, die zunächst in der Buchführung erfassten Eingangsrechnungen des vermeintlichen Lieferanten N durch solche der Fa. Q zu ersetzen (nachfolgend unter [2]). Ferner hat der Kläger Beihilfe hinsichtlich der Umsatzsteuerhinterziehung für den gesamten Zeitraum Mai bis Oktober 2007 dadurch geleistet, dass er seinen Mitarbeiter, den Zeugen Z, angewiesen hat, die diesem von Herrn W übergebenen „Austauschrechnungen” der Fa. Q in die Buchführung der GmbH zu übernehmen und dabei den Austausch nicht durch eine offene Korrektur, sondern unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 146 Abs. 4 AO so vorzunehmen, dass die ursprünglichen Buchungsunterlagen (Rechnungen N) später nicht mehr erkennbar waren (nachfolgend unter [3]). Alle drei Beihilfehandlungen des Klägers geschahen vorsätzlich (nachfolgend unter [4]).

(1) Die Kanzlei des Klägers hat am die Umsatzsteuer-Voranmeldung für die X-GmbH für Oktober 2007 beim Beklagten abgegeben. Hierin waren Vorsteuern aus Eingangsrechnungen des N in Höhe von … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] enthalten. Nach der Überzeugung des Senats hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Einreichung der Voranmeldung bereits ein derart hohes Risiko eines strafbaren Verhaltens des Geschäftsführers W der X-GmbH in Bezug auf diese Eingangsrechnungen und die hieraus geltend gemachte Vorsteuer erkannt, dass sich der Kläger mit der Einreichung der Voranmeldung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ” (dazu unter [4.]). Für die Hilfeleistung des Klägers in Gestalt der Einreichung der Voranmeldung kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der Kläger die Voranmeldung eigenhändig erstellt und an den Beklagten abgesandt hat oder ob – was der Senat für wahrscheinlicher hält – der Kläger lediglich den üblichen Ablauf der Erstellung der Voranmeldung durch seinen – ahnungslosen – Mitarbeiter Z hat wissentlich geschehen lassen.

(2) Dem Kläger lag seit dem die vom Beklagten am erlassene Anordnung einer Anschlussprüfung hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen der X-GmbH für Mai bis September 2007 vor. Diese Anordnung konnte vor dem Hintergrund der kurz zuvor abgeschlossenen Sonderprüfung für März und April 2007 nur so verstanden werden, dass ermittelt werden sollte, ob die X-GmbH auch über den zunächst geprüften Zeitraum März/April 2007 hinaus die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen geltend gemacht hatte, denen keine Lieferungen des Rechnungsausstellers zugrunde lagen.

In dieser Situation diktierte der Kläger seinem Mitarbeiter Z am ein an den Beklagten gerichtetes Schreiben, in welchem er darum bat, den Beginn der Prüfung hinauszuschieben. Als Begründung gab er an, er befinde sich bis zum im Urlaub und es sei ihm deshalb nicht möglich, die vom Prüfer angeforderten Unterlagen vorzubereiten und zu übergeben. Auffällig an diesem Schreiben ist, dass der angegebene Grund für das Hinausschieben der Prüfung im Gegensatz zu dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung durchgehend betonten Umstand steht, dass (angeblich) er, der Kläger, sich mit Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im allgemeinen und auch im besonderen Fall der X-GmbH nicht näher befasst haben will, weil dies „ein alltäglicher Vorgang” sei, den sein Mitarbeiter Z „ohne weiteres selbst betreuen konnte” (Sitzungsprotokoll vom , S. 13, …). Dies gelte jedenfalls für das Zusammenstellen der Unterlagen der X-GmbH (Sitzungsprotokoll vom , S. 12 …).

Auffällig an diesem Schreiben vom ist ferner, dass der Kläger sich darin nicht etwa darauf bezieht, die vom Prüfer angeforderten Unterlagen seien bereits an den Mandanten zurückgegeben worden und müssten erst von dort angefordert werden. Mit diesem Umstand begründet der Kläger (erst) in den beiden späteren Schreiben vom 14. und , dass die Prüfung immer noch nicht beginnen könne.

Nach der Überzeugung des Senats war der maßgebliche Grund für das Hinausschieben der Prüfung indes nur vorgeschoben. Tatsächlich befanden sich die Buchungsunterlagen – insbesondere die Eingangs- und Ausgangsrechnungen der X-GmbH – durchgehend in der Kanzlei des Klägers und hätten dort für die Prüfung zur Verfügung gestanden.

Unglaubhaft ist die Darstellung des Klägers darüber hinaus vor dem Hintergrund, dass er während seiner gesamten Befragung durch das Gericht immer wieder darauf hingewiesen hat, mit der Buchführung für die X-GmbH nicht das Geringste zu tun gehabt zu haben; nur die Rückgabe von Unterlagen an den Mandanten (nach Darstellung des Klägers ein typischer, routinemäßiger Vorgang) will der Kläger dann selbst bewerkstelligt haben. Dies passt nicht zusammen.

Insbesondere aber stützt der Senat seine Überzeugung, dass die angeblich fehlenden Belege lediglich ein vorgeschobener Grund für das Hinauszögern des Prüfungsbeginns waren, darauf, dass der Kläger die schriftliche Dokumentation der angeblichen Herausgabe der Buchführungsunterlagen an Herrn W. sowie der angeblichen nachfolgenden Bitten um Rückgabe der Unterlagen an die Kanzlei sämtlich erst Jahre später gefertigt und rückdatiert hat. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger diese Dokumente persönlich im Zeitraum 18. bis , rund zwei Monate nach der ersten Durchsuchung seiner Kanzleiräume durch die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M im Rahmen von Ermittlungsmaßnahmen gegen Herrn W, erstellt hat. Bei dieser nachträglichen Anfertigung des „Übergabeprotokolls” und der „Anschreiben” an den Mandanten ging es dem Kläger nicht etwa darum, tatsächlich existierende Dokumente aus den Monaten November und Dezember 2007 „nachzuzeichnen”, weil diese z.B. nicht mehr auffindbar waren und der Kläger sich insoweit in Beweisnot gesehen hätte. Vielmehr folgt aus dem Umstand, dass die Steuerfahnder die gesamte Korrespondenz der Kanzlei des Klägers mit der GmbH bzw. Herrn W in dem fraglichen Zeitraum lückenlos ausgewertet haben, zwingend, dass im November und Dezember 2007 tatsächlich kein entsprechendes Übergabeprotokoll und keine entsprechenden Anschreiben erstellt worden sind; anderenfalls wären sie bei der Auswertung aufgefunden worden. Letztlich hat auch der Kläger bestätigt, dass im November/Dezember 2007 weder ein „Übergabeprotokoll” mit Herrn W gefertigt, noch schriftliche Anfragen um die Rückgabe der Unterlagen an Herr W gerichtet worden waren.

Das nachträgliche Verfälschen des Inhalts laufender Mandantenakten durch einen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer stellt für sich genommen bereits einen äußerst bemerkenswerten, mit den für den Kläger geltenden Standes- und Berufsregeln schlechterdings unvereinbaren Vorgang dar. Die Erklärungen des Klägers zu seinen Beweggründen für das nachträgliche Manipulieren des Akteninhalts überzeugen den Senat nicht. Zunächst hat der Kläger angegeben, sein Verhalten sei durch den „erheblichen psychischen Druck” der vorangegangenen Durchsuchungsmaßnahmen bei ihm zu erklären (Sitzungsprotokoll vom , S. 16, …). Später räumt der Kläger ein, die Durchsuchung habe bereits zwei Monate vor der Aktenmanipulation stattgefunden und sich auch gar nicht gegen ihn, sondern gegen Herrn W gerichtet. Die Anfertigung der Dokumente habe lediglich seiner Absicherung dagegen dienen sollen, dass Herr W über den Standort der Dokumente unrichtige Aussagen treffe und ihn dadurch belaste (Sitzungsprotokoll vom , S. 2, …). Zunächst ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb unrichtige Angaben über den Standort der Dokumente den Kläger hätten belasten sollen, wenn doch der Kläger seinerzeit hinsichtlich der Eingangsrechnungen vollkommen gutgläubig gewesen sein will. Die Darstellung des Klägers überzeugt aber auch deshalb nicht, weil der Kläger zeitgleich mit den rückdatierten Dokumenten am auch eine zutreffend datierte „Aktennotiz zur X-GmbH” angefertigt hat (Faksimile-Wiedergabe im Fahndungsbericht vom , S. 28). In dieser Notiz gibt der Kläger wider besseres Wissen unzutreffend an, dass zwar Lieferbestätigungen für die GmbH an „die Firma N” (gemeint ist: an N) gegangen seien, die Rechnungen selber aber von der Firma Q gekommen seien. Hierdurch verschweigt der Kläger, dass die den Umsatzsteuervoranmeldungen zugrunde gelegten Eingangsrechnungen sehr wohl von N stammten und erst nachträglich durch solche des Herrn Q ersetzt wurden. Aus Sicht des Senats widerspricht es sich, wenn der Kläger die für November/Dezember 2007 geführten laufenden Akten nachträglich manipuliert, um sich „gutgläubig” gegen Falschaussagen des Herrn W zu wappnen, gleichzeitig aber einen bewusst falschen Sachzusammenhang in Bezug auf die Eingangsrechnungen in einer Aktennotiz festhält, die erkennbar zur Vorlage für den Fall weiterer Ermittlungsmaßnahmen gedacht war.

(3) Der Senat ist des Weiteren davon überzeugt, dass der Kläger seinen Mitarbeiter, den Zeugen Z, Ende Dezember 2007 angewiesen hat, die in der Buchführung der X-GmbH als Eingangsrechnungen erfassten Rechnungen des N gegen Rechnungen des Q auszutauschen und hierbei so vorzugehen, dass der nachträgliche Austausch später nicht mehr erkennbar war. Dieser Anweisung hat der Zeuge Z Folge geleistet und die entsprechenden Rechnungsaustäusche – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in den Tagen ab dem in der Buchführung der X-GmbH vorgenommen.

(c) Der Rechnungsaustausch hatte nicht nur juristische Relevanz im Hinblick auf die bereits eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen der GmbH für die Monate Mai bis einschließlich Oktober 2007, sondern auch im Hinblick auf die spätere Jahresveranlagung der GmbH zur Umsatzsteuer 2007, zu der es wegen der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse durch das Amtsgericht Y gemäß Beschluss vom in der Folgezeit nicht mehr kam. Erst mit der Abgabe dieser Jahreserklärung wäre die Hinterziehung der Umsatzsteuer für Mai bis Oktober 2007 indes in strafrechtlicher Hinsicht als beendet anzusehen (vgl. , NJW 1989, 2140 und vom – 3 StR 55/89, wistra 1989, 264).

Irgendein buchhalterisch legitimer Grund für den Austausch der Wareneingangsrechnungen in der Buchführung der X-GmbH ist weder vom Kläger dargelegt worden noch für den Senat sonst ersichtlich. Die Maßnahme diente vielmehr dem Zweck – und war objektiv auch dazu geeignet –, bei dem Prüfer im Rahmen der bereits angekündigten Umsatzsteuer-Sonderprüfung den (objektiv unzutreffenden) Eindruck zu erzeugen, die X-GmbH habe Eingangsleistungen von dem Unternehmer Q bezogen und aus dessen ihr vorliegenden Eingangsrechnungen zu Recht einen Vorsteuerabzug in Höhe von rund … EUR [siebenstelliger EUR-Betrag] geltend gemacht. Das vorangegangene mehrfache Hinauszögern des Prüfungsbeginns mit dem wissentlich unzutreffenden Hinweis auf fehlende Buchführungsunterlagen diente in diesem Zusammenhang dazu, dem Haupttäter W die Möglichkeit zu geben, zunächst die Rechnungen Q zu erstellen und für den Austausch in der Kanzlei des Klägers einzureichen.

Weder das wahrheitswidrige Hinauszögern des Prüfungsbeginns noch der nachträgliche Austausch von Buchführungsunterlagen nach Absendung der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen an das zuständige Finanzamt stellen sich als „berufstypisches Verhalten” eines Steuerberaters im Sinne der o. g. BGH-Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht dar. Der Kläger hat durch diese Maßnahmen ebenso wie durch die Einreichung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2007 objektiv Beihilfe zu den Steuerstraftaten der Haupttäter W und A geleistet.

(4) Der Kläger hat die vorgenannten Beihilfehandlungen auch mit dem nach der BGH-Rechtsprechung maßgeblichen „doppelten Gehilfenvorsatz” vorgenommen. Zum einen geschahen die Handlungen des Klägers als solche vorsätzlich. Der Senat ist zum anderen davon überzeugt, dass der Kläger am oder unmittelbar nach dem in der Geltendmachung von Vorsteuer für „Eingangslieferungen” des N in den zurückliegenden Monaten zumindest ein solch hohes Risiko eines strafbaren Verhaltens des für die X-GmbH handelnden Herrn W erkannt hatte, dass er (der Kläger) sich mit seinen vorstehend geschilderten Hilfeleistungen „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters hat angelegen sein lassen”.

Die Überzeugung des Senats von dieser Risikokenntnis des Klägers gründet sich auf eine Gesamtwürdigung des Geschehensablaufs unter Einbeziehung der Schilderungen des Klägers, aber auch der dieser Schilderung widerstreitenden erkennbaren Umstände.

Obwohl der Kläger bei seinem Telefonat mit dem Finanzamt keine Auskunft über das Erklärungsverhalten des L erhalten hatte und obwohl die X-GmbH bereits in den ersten beiden Monaten ihrer wirtschaftlichen Existenz erhebliche Eingangslieferungen – und zwar ausschließlich solche des Herrn L – erklärt hatte, aus denen sodann in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen die Vorsteuer in Höhe von rund … EUR geltend gemacht wurde, will der Kläger sich die Rechnungen des Herrn L an die X-GmbH nicht näher angesehen (sondern deren Inhalt erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Kenntnis genommen) haben. Dem widerspricht die Aussage des Zeugen B über das Eingangsgespräch, welches er am bei Beginn der Umsatzsteuer-Sonderprüfung in der Kanzlei des Klägers geführt habe. Dabei habe er (B) den Kläger sogleich auf bestimmte Auffälligkeiten der vorgelegten Rechnungen L hingewiesen, beispielsweise auf deren unprofessionelle Gestaltung (falsche Zeilenumbrüche bei Angabe der Steuernummer), auf die Zahlungsmodalitäten (…). Der Kläger habe darauf nur geantwortet, der Prüfer möge nicht so misstrauisch sein; die Steuernummer des L sei gültig (Sitzungsprotokoll vom , S. 7, …).

Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger den Inhalt des Prüfungsberichts wenn nicht schon am Tag des Eingangs (), so doch jedenfalls unverzüglich danach zur Kenntnis genommen hat. Gerade vor dem Hintergrund der zuvor vom Prüfer telefonisch bekanntgegebenen alarmierenden Prüfungsfeststellungen und des am verfügten dinglichen Arrests, von welchem der Kläger nach eigenen Angaben durch den Besuch des „verzweifelten” Herrn W in seiner Kanzlei Kenntnis erhalten hatte, hält der Senat die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung zur Schau getragene Gleichgültigkeit, ob er den Bericht zwei Tage oder vielleicht auch erst zwei Wochen nach Eingang gelesen habe, für vorgespiegelt.

Der erkennende Senat ist außerdem davon überzeugt, dass ein gutgläubig und sorgfältig handelnder Steuerberater den Inhalt des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom entweder zum Anlass genommen hätte, das Mandat betreffend die GmbH unverzüglich zu beenden, oder aber zumindest jegliche weiteren Maßnahmen zugunsten der X-GmbH bis zum Abschluss einer umfassenden Prüfung aller Tatsachengrundlagen einzustellen, um eine eigene Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Umsatzsteuerhinterziehung auszuschließen.

Der Kläger hat hingegen in der Folgezeit eine genau entgegengesetzte Haltung gegenüber dem Haupttäter W und gegenüber dem Beklagten eingenommen: Er hat namens und im Auftrag der X-GmbH gegen die Nacherhebungsbescheide betr. Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge März und April 2007 Einsprüche eingelegt und – nach Zurückweisung der Einsprüche durch Einspruchsentscheidung des Beklagten – später deswegen Klage zum FG erhoben, mit der Begründung, die GmbH, vertreten durch Herrn W, sei eine „gutgläubige Unternehmerin” gewesen und genieße deshalb nach der EuGH-Rechtsprechung Vertrauensschutz hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen des Herrn L (Az.: … des FG Berlin-Brandenburg). Erst nachdem die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes M am ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn selbst eingeleitet und am bereits zum zweiten Mal seine Kanzleiräume durchsucht und umfangreiches Beweismaterial zu den verschiedenen vom Kläger in steuerlicher Hinsicht betreuten Unternehmen beschlagnahmt hatte, mit Hilfe derer die Bande D/W/A Umsatzsteuerhinterziehungen begangen hat, hat der Kläger das GmbH-Mandat mit Schriftsatz an das niedergelegt. Allein schon dieser Geschehensablauf zeigt, dass der Kläger der Einhaltung von (sogar strafbewehrten) Gesetzen damals keinerlei Bedeutung beigemessen hat.

Denn wenn die Behauptungen des Zeugen B in dessen Prüfungsbericht vom zutreffen sollten, dass L als arbeitsloser Möbelpacker in den Monaten März und April 2007 keine einzige Warenlieferung an die X-GmbH vorgenommen hatte (und es bestanden damals keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge B einem Tatsachenirrtum unterlag), konnte dies dem gesetzlichen Vertreter der GmbH, Herrn W, der sich unstreitig intensiv und ohne Unterbrechung persönlich als damals deren einziger Angestellter um die Geschäfte der X-GmbH gekümmert hatte, nicht verborgen geblieben sein. Daraus ergab sich zwangsläufig, dass Herr W durch die Einreichung auf Rechnungen des Herrn L basierender Umsatzsteuervoranmeldungen der X-GmbH für März und April 2007 mit Vorsteuerabzugsbeträgen in Höhe von mehr als … EUR [sechsstelliger EUR-Betrag] zweifache Umsatzsteuerhinterziehungen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in besonders schweren Fällen (Umsatzsteuerschaden pro Voranmeldungszeitraum in Höhe von mehr als 50 000,00 EUR, vgl. zu dieser Betragsgrenze allgemein: , Deutsches Steuerrecht – DStR – 2016, 914 m. w. N.) begangen haben musste. Einen „Gutglaubensschutz” zugunsten von Mitgliedern einer Bande von Umsatzsteuerhinterziehern gibt es in der Rechtsprechung nicht und befürwortet auch de lege ferenda schlichtweg niemand (vgl. dazu den Überblick bei Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz. 416 und 55 mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH und des BFH). Dies musste dem Kläger bereits im November 2007 nach Lektüre des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts vom … klar gewesen sein…

Die vorgenannten Umstände lassen aus Sicht des Senats in ihrer Gesamtheit keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er sowohl von dem Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung als auch von dem Anruf der Steuerberaterin G in der Kanzlei Kenntnis erhalten hatte, mithin am oder zumindest kurz nach dem , das greifbare hohe Risiko der Unrichtigkeit der Eingangsrechnungen des N sowie der damit verbundenen Umsatzsteuerhinterziehung durch Herrn W erkannt hatte. Indem der Kläger gleichwohl am die Voranmeldung für den Monat Oktober 2007 beim Beklagten einreichte oder einreichen ließ, handelte er hinsichtlich der darin liegenden weiteren Steuerhinterziehung mit dem erforderlichen „doppelten Gehilfenvorsatz”.

Durch die von Herrn W beschriebene Kontaktaufnahme des Klägers mit ihm wegen der Problematik der „N-Rechnungen” nach dem Telefonat der Kanzlei mit der Steuerberaterin G erklärt sich auch das vorstehend unter (2) und (3) festgestellte – ansonsten rational nicht nachvollziehbare – Verhalten des Klägers, nämlich die nachfolgende mehrfache Verzögerung des Beginns der Anschlussprüfung unter falscher Begründung sowie die Veranlassung des Austauschs der Rechnungen N gegen die Rechnungen Q unter Verstoß gegen § 146 Abs. 4 AO durch Herrn Z. Grundlage hierfür war offenkundig eine Abstimmung mit Herrn W, dass der Beginn der Anschlussprüfung zunächst hinausgezögert werden sollte, bis die Prüfungsunterlagen um die Eingangsrechnungen des N bereinigt und durch unverfängliche Eingangsrechnungen ersetzt werden könnten. Das Befolgen einer solchen Abrede durch den Kläger schließt aber nach Lage der Dinge dessen fortbestehende Gutgläubigkeit an die Redlichkeit des Herrn W aus. Vielmehr lässt das nachfolgende Verhalten des Klägers zugleich auf dessen Wissen schließen, dass auch den Eingangsrechnungen N ebenso wie zuvor diejenigen des L tatsächlich keine Lieferung von Altmetallen zugrunde gelegen hatten. Zumindest setzt es voraus, dass sich der Kläger dieser offenkundigen Erkenntnis bewusst verschloss, was zu einem bedingten Vorsatz des Klägers führt.

Für die Beurteilung, ob der Kläger bei seiner Veranlassung des Rechnungsaustausches N/Q im November und Dezember 2007 vorsätzlich handelte, kommt dem vom Kläger mehrfach hervorgehobenen Umstand, dass er nicht gewusst habe, dass es sich auch bei den Rechnungen des Herrn Q um Scheinrechnungen handelte, und dass es doch letztlich nicht sinnvoll sei, Scheinrechnungen des angeblichen Lieferanten X gegen Scheinrechnungen des Lieferanten Y auszutauschen, nach Auffassung des Senats keine maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist, dass der Kläger Herrn W Gelegenheit gab, die aus beider Sicht im Hinblick auf die anstehende Anschlussprüfung „riskanten” Rechnungen des N gegen solche eines Dritten auszutauschen. Herr W hätte diesen Austausch nicht vorgenommen, wenn er sich hiervon bei der Anschlussprüfung nicht einen Vorteil (Verringerung oder Beseitigung des Aufdeckungsrisiko) versprochen hätte. Dies war dem Kläger offenkundig bewusst, und dies ist für die Annahme zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns ausreichend.

(6) Der Beweggrund (das Motiv) für ein strafrechtlich relevantes Verhalten gehört zwar seinerseits nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des betreffenden Straftatbestandes; sein Vorliegen oder Fehlen kann aber bei der Einschätzung des objektiven wie auch des subjektiven Tatbestandes als Beurteilungskriterium herangezogen werden. Entgegen den Behauptungen des Klägers fehlt es im Streitfall nach der Überzeugung des Senats nicht an einem Motiv für seine Beihilfe an der Steuerhinterziehung seiner Mandantin. Zum einen hatte die Kanzlei des Klägers gegen die X-GmbH Honorarforderungen in Höhe mehrerer Zehntausend Euro, da die Mandantin – wie der Kläger selbst betont – von den gestellten Honorarrechnungen über rund …EUR [fünfstelliger EUR-Betrag] lediglich einen geringen Teilbetrag gezahlt hatte. Das Honorarvolumen … stellt angesichts der Größe der klägerischen Kanzlei keinen unbedeutenden Anteil am gesamten Honoraraufkommen dar. Zum anderen hatte der Kontakt des Klägers zu Herrn W der Kanzlei des Klägers zum damaligen Zeitpunkt bereits zu „Anschlussgeschäften” in Form der Veräußerung weiterer Vorratsgesellschaften sowie weiteren Steuerberatungsmandaten verholfen. Diese erfolgversprechende Ausweitung der Geschäftsbeziehung musste der Kläger in der damaligen Situation als gefährdet ansehen.

(7) Die abweichende rechtliche Bewertung des vorliegenden Lebenssachverhaltes durch die Staatsanwaltschaft Potsdam (Einstellungsverfügung vom ) ist für das erkennende Gericht nicht bindend. Das Finanzamt und ggf. das Finanzgericht haben selbständig zu ermitteln und zu entscheiden, ob eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorliegt, unabhängig davon, ob und mit welchem Ergebnis ein Strafverfahren durchgeführt worden ist (vgl. dazu , BFH/NV 2001, 639; VIII R 81,04, BStBl II 2007, 364, vom – VIII R 22/10, BStBl II 2013, 526 und vom 18. April 2013 – V R 19/12, BStBl II 2013, 842; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, § 71 AO Rz. 20; Loose, in: Tipke/Kruse, aaO, § 71 AO Rz. 11, jeweils m. w. N.).

3. Der Höhe nach ist der angefochtene Haftungsbescheid nicht zu beanstanden, soweit es die Inanspruchnahme wegen Umsatzsteuer betrifft; dem gegenüber ist er in Bezug auf die Säumniszuschläge rechtswidrig und aufzuheben.

a) Bei einer Haftungsinanspruchnahme wegen vorsätzlicher Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung ist nach der Rechtsprechung des BFH, dem der Senat folgt, (auch) die Höhe der Inanspruchnahme „vorgeprägt”: Wer Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung leistet, haftet für die verkürzte Steuer in voller Höhe, wenn der Vorsatz des Gehilfen darauf gerichtet ist, den Tätern die Vorteile ihrer Tat auf Dauer zu sichern (vgl. dazu , ZfZ 2002, 55; Beschluss vom – VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Urteil vom – XI R 3/03, BStBl. II 2004, 919; Beschluss vom – VII B 345/06, BFH/NV 2008, 23; Urteil vom – V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; Urteil vom 23. April 2014 – VII R 41/12, BFH/NV 2014, 1459; Jatzke, in: Gosch, AO-FGO, § 71 AO Rz. 14; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, § 71 Rz. 30 und 31, jeweils m. w. N.).

Dies ist vorliegend beim Kläger der Fall. Der erkennende Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger durch seine aktiven Beihilfehandlungen den Haupttätern W und A die finanziellen Vorteile aus deren fortgesetzten bandenmäßigen Umsatzsteuerhinterziehungen in besonders schweren Fällen (Umsatzsteuerschaden pro Voranmeldungszeitraum in Höhe von mehr als 50 000,00 EUR) auf Dauer sichern wollte. Er hat aktiv daran mitgewirkt, dass die Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht begonnen und die Eingangsrechnungen des N vom Prüfer deshalb nicht als Scheinrechnungen erkannt und der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen unverzüglich versagt werden konnten. Der Kläger wollte mit seinen Beihilfehandlungen dazu beitragen, dass die Tatsache, dass es sich bei den Rechnungen des N um Scheinrechnungen handelte, den Finanz- und Strafbehörden verborgen blieb, und so bewerkstelligen, dass die aus den Herren D, A und W bestehende Bande keine finanziellen oder strafrechtlichen Sanktionen seitens des Staates erleiden würde. Als dem verantwortlichen Berufsträger der mit den Einreichungen der Umsatzsteuervoranmeldungen mandatierten Kanzlei war dem Kläger im Zeitpunkt seiner Beihilfehandlungen der Umfang des hiermit zusammenhängenden verkürzten Umsatzsteuerbetrags bewusst. Der tatsächlich beim Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum Mai bis einschließlich Oktober 2007 eingetretene Steuerschaden in Höhe von rund … EUR Mindereinnahme an Umsatzsteuern aufgrund des Vorsteuerabzugs aus Scheinrechnungen war daher vollumfänglich vom Vorsatz des Klägers (zumindest in der Vorsatzform des dolus eventualis) umfasst.

b) Selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – die Grundsätze über die Ermittlung einer Tilgungsquote nach Maßgabe der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit auch im vorliegenden Fall dem Grundsatz nach für anwendbar halten wollte, führt dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis; denn eine in der BFH-Rechtsprechung seit langem anerkannte Ausnahme von diesem Grundsatz liegt vor, wenn die Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der vollständigen Steuervoranmeldung verletzt worden ist. Denn wäre die Steuer rechtzeitig und inhaltlich zutreffend vorangemeldet worden, hätte die Finanzbehörde zeitnah vollstrecken können (vgl. dazu Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl., S. 28 mit zahlr. Rechtsprechungsnachweisen).

Im vorliegenden Fall sind die streitgegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungen – vor allen in den ersten Monaten – erst stark verspätet beim Beklagten eingereicht worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Mai 2007:
am statt am Montag, den
Juni 2007:
am statt am
August 2007:
am statt am
September 2007:
am statt am
Oktober 2007:
am statt am

Außerdem hat die X-GmbH objektiv die Vollstreckungsmöglichkeiten des Beklagten dadurch massiv beeinträchtigt, dass sie ihren Geschäftsbetrieb noch im Dezember 2007 eingestellt und Insolvenz angemeldet hat. Hätte sie die Umsätze mit den inländischen Scheideanstalten oder mit neuen inländischen Abnehmern des Schrottes nur ein bis zwei Monate fortgeführt, hätte sie einen so großen finanziellen Mittelzufluss gehabt, dass sie die rückständigen Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge unschwer vollständig hätte tilgen können.

Ausweislich des Gutachtens im Insolvenzantragsverfahren vom hatte die X-GmbH keinerlei offene Lieferanten- oder Bankverbindlichkeiten. Sie hätte also die von ihr objektiv geschuldete Umsatzsteuer zeitnah zu 100 v. H. an den Beklagten entrichten können. Die Beweislast, dass sie dies nicht gekonnt hätte, liegt in einem solchen Fall beim Haftungsschuldner (vgl. dazu allgemein: , BStBl II 1993, 8; Boeker, aaO, § 71 AO Rz. 30, jeweils m. w. N.). Der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen.

Somit hätte der Beklagte die Tilgungsquote im Haftungszeitraum auf 100 v. H. der rückständigen Umsatzsteuervorauszahlungsbeträge schätzen dürfen.

Diese für eine Haftungsinanspruchnahme des Haupttäters W nach § 71 AO maßgeblichen Erwägungen gelten auch für die Haftungsinanspruchnahme des Klägers, da dieser das steuerliche Mandat der X-GmbH von Anfang an wahrgenommen hat und deshalb über alle wesentlichen Fakten hinsichtlich des Verhaltens der GmbH gegenüber dem Beklagten in Bezug auf Anmeldung der streitgegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungsbeträge sowie deren Tilgung informiert gewesen ist.

c) Einwendungen des Klägers gegen Grund und Höhe der sog. Primärschulden sind nicht gemäß § 166 AO ausgeschlossen, da der Kläger zu keinem Zeitpunkt gesetzlicher Vertreter der X-GmbH gewesen ist. Insoweit bestehen aber keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom . Die Höhe der von der X-GmbH ordnungsgemäß erklärten Umsätze im Zeitraum Mai bis Oktober 2007 ist zwischen den Prozessbeteiligten unstreitig. Der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen N bzw. Q ist mangels Existenz dieser Unternehmen sowie mangels eines Leistungsaustauschs der X-GmbH mit diesen beiden Unternehmen in vollem Umfang unberechtigt.

Soweit der Kläger hilfsweise geltend macht, anstelle der unberechtigt in Anspruch genommenen Vorsteuer müssten zumindest Abzugsbeträge wie z. B. Einfuhrumsatzsteuer haftungsmindernd berücksichtigt werden, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger derartige Beträge nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats dargelegt und nachgewiesen. Im Übrigen hat der Beklagte bei der Inanspruchnahme des Klägers von vornherein den Betrag der hinterzogenen Steuern um 20 v. H. gemindert, indem er eine Haftungsquote von 85 % angesetzt und hiervon noch einen Unsicherheitsabschlag von 5 % vorgenommen hat. Tatsächlich haftet der Kläger nach der ständigen BFH-Rechtsprechung jedoch in Höhe von 100 v. H. der hinterzogenen Steuern, ohne dass die Notwendigkeit besteht, eine sog. Tilgungsquote zu berechnen. Der Beklagte hätte also die Haftungssumme statt auf nur … EUR auch auf … EUR festsetzen können. Eine solche „Verböserung” des angefochtenen Haftungsbescheides ist dem FG allerdings im Hinblick auf die Bestimmung des § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht gestattet (vgl. dazu nur , BFH/NV 2008, 1673 m. w. N.).

Berücksichtigt man zudem das vom Umsatzsteuer-Sonderprüfer B ermittelte Verhältnis der Beträge, zu denen die Altmetalleinfuhren an der Grenze fakturiert waren (durchschnittlich 100 EUR pro 1.000 kg) und zu denen sie später von der X-GmbH veräußert worden sind (durchschnittlich 5 100 EUR pro 1.000 kg) und zieht man ferner in Betracht, dass die „Eingangslieferungen”, die zu dem unberechtigten Vorsteuerabzug geführt haben, nur unwesentlich geringer abgerechnet wurden als die eigenen Umsätze der X-GmbH, so ergibt sich überschlägig, dass die Einfuhrumsatzsteuer bei lediglich 2 v. H. der unberechtigt geltend gemachten Vorsteuer liegen dürfte. Damit wäre sie allein durch den vom Beklagten vorgenommenen Unsicherheitsabschlag von 5 % bereits mehr als angemessen berücksichtigt.

d) Im Gegensatz zu den hinterzogenen Steuern haftet der Kläger für die von der GmbH verwirkten Säumniszuschläge zu den streitgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungsmehrbeträgen in Höhe von … EUR nicht. § 71 AO sieht eine solche Haftung – im Gegensatz zu § 69 Satz 2 AO – nicht vor. In § 71 AO sind die haftungsrelevanten Vermögensgegenstände abschließend aufgezählt; Säumniszuschläge gehören unstreitig nicht dazu (vgl. , EFG 1994, 687; Jatzke, in: Gosch, AO-FGO, § 71 AO Rz. 3).

4. Form- oder Ermessensfehler der angefochtenen Steuerverwaltungsakte sind nicht ersichtlich. Im Falle einer Haftungsinanspruchnahme wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 71 AO) geht der Senat mit der ständigen Rechtsprechung des BFH von einer Vorprägung des Ermessens dahin gehend aus, dass es in jedem Fall – unabhängig von der Frage, ob noch weitere Personen als zusätzliche Haftungsschuldner in Betracht kommen – ermessensgerecht ist, den Täter oder den Gehilfen einer Steuerhinterziehung als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen (vgl. , BFH/NV 1991, 504; vom – XI R 3/03, BStBl. II 2004, 919; Beschluss vom – VII B 119/05, BFH/NV 2006, 1246; Urteil vom – VI R 40/07, BStBl. II 2009, 478 m. w. N.).

Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte im Verwaltungsverfahren zur Haftungsinanspruchnahme sowie im anschließenden Einspruchsverfahren nicht gegen die Rechtsgrundsätze gemäß , BFH/NV 1994, 149 verstoßen. Aus dieser Entscheidung geht nicht hervor, dass die erforderliche Anhörung des Haftungsschuldners zwingend in mündlicher Form erfolgen muss. In schriftlicher Form ist dem Kläger bereits vor der Bekanntgabe des Haftungsbescheids mittels Anhörungsschreibens des Beklagten vom Gelegenheit gegeben worden, binnen drei Wochen zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wenn der Kläger diese Stellungnahme hätte mündlich abgeben wollen, wäre ihm dazu sicherlich auch Gelegenheit an Amts Stelle gegeben worden.

Das Verwaltungsverfahren zur Haftungsinanspruchnahme nach § 71 AO ist vom Beklagten in enger inhaltlicher Abstimmung mit der Steuerfahndungsstelle des FA M durchgeführt worden, so dass ein Verstoß gegen die Verwaltungsanweisungen im AEAO nicht erkennbar ist.

C.

D.

Der erkennende Senat hat die Revision gegen dieses Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
AO-StB 2019 S. 150 Nr. 5
EFG 2018 S. 1765 Nr. 21
GStB 2019 S. 193 Nr. 6
StB 2019 S. 67 Nr. 3
wistra 2019 S. 80 Nr. 2
QAAAG-94351