Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil v. - 4 K 10124/16 EFG 2018 S. 1761 Nr. 20

Vorsteuer aus einer bezogenen Gebäudeabriss- und Entsorgungsleistung

Leitsatz

Die Vorsteuer aus einer bezogenen (Gebäude-)Abriss- und Entsorgungsleistung kann nicht geltend gemacht werden, wenn zwar das abgerissene Gebäude zuvor umsatzsteuerpflichtig genutzt wurde, der Abriss jedoch in unmittelbaren Zusammenhang mit zukünftigen (beabsichtigten) Ausgangsumsätzen steht und der Steuerpflichtige nicht belegen kann, dass diese (hier: aufgrund einer beabsichtigten Optionsausübung gem. § 9 UStG) steuerpflichtig ist.

Gesetze: UStG § 15

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mit Sitz in A. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks C. Auf dem Grundstück befand sich ein Gebäude für ein Autohaus mit dazugehöriger Reparaturwerkstatt, Lackiererei und Tankstelle, welches in den 1960er Jahren errichtet wurde. Das Grundstück wurde zunächst umsatzsteuerpflichtig vermietet. Für die jüngere Zeit existiert insoweit ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma E, ausweislich dessen die Immobilie ab dem für ... € zuzüglich Mehrwertsteuer vermietet wurde. Der Vertrag sah eine Laufzeit von drei Jahren mit einer Mieteroption zur Verlängerung um weitere zwei Jahre vor (§ 2 des Vertrags). Aufgrund des maroden Zustandes des Gebäudes wurde der Vertrag indes nicht bis zum Schluss durchgeführt, da der Mieter nicht bereit war, bis zum regulären Ende des Mietvertrags (1. Quartal 2013) für die baufällige Werkstatt Miete zu zahlen. Das Gebäude war wegen seines maroden Zustands zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vermietbar; dementsprechend erklärte die Klägerin Mieteinnahmen auch nur bis einschließlich des 3. Quartals 2012.

Am wurde eine Abbruchgesellschaft mit dem Abriss des ehemaligen Autohauses beauftragt. Die Ausführung der Arbeiten erfolgte im April 2013 und die Rechnung wurde am erstellt. Daraus geht eine Nettosumme für die erbrachten Tätigkeiten in Höhe von ... € und eine Umsatzsteuer in Höhe von ... € hervor.

In der Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Quartal 2013 machte die Klägerin Vorsteu-erbeträge in Höhe von über ... € geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts, woraus die Vorsteuerbeträge resultieren, reichte die Klägerin u. a. die vorbenannte Rechnung des Abrissunternehmens ein. Auf weitere Nachfrage des Finanzamts, ob angesichts der Tatsache, dass ab dem 4. Quartal 2012 keine Einnahmen mehr erklärt wurden, noch eine unternehmerische Tätigkeit vorliege, erläuterte die Klägerin Folgendes: Das abgerissene Gebäude stamme aus den 1960er Jahren und sei völlig marode gewesen. Es sei immer und auch bis zuletzt umsatzsteuerpflichtig vermietet gewesen. Bei den Abbruchkosten handele es sich um die Kosten wegen der Beendigung der Nutzungsfähigkeit des Gebäudes; sie stünden daher in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den vorangegangenen - umsatzsteuerpflichtigen - Umsätzen (Verweis auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen ). Geplant sei, auf dem Grundstück wieder ein gewerblich nutzbares Gebäude zu errichten und dieses umsatzsteuerpflichtig zu vermieten.

Das Finanzamt wies darauf hin, dass das von der Klägerin zitierte Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom BFH aufgehoben worden sei und bat im Lichte dessen um geeignete Unterlagen, die als objektive Anhaltspunkte dienen könnten, um die Absicht der Erbringung steuerpflichtiger Umsätze zu belegen bzw. glaubhaft zu machen. Daraufhin bekräftigte die Klägerin, dass nach wie vor geplant sei, auf dem Grundstück ein gewerblich nutzbares Gebäude zu errichten und umsatzsteuerpflichtig zu vermieten. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung wurde im Voranmeldungsverfahren nicht mehr abgearbeitet.

Mit ihrer am beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2013 machte die Klägerin abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von ... € geltend.

In dem angegriffenen Umsatzsteuerbescheid vom erkannte das Finanzamt die Vorsteuern aus den Abbruchkosten abermals nicht an. Zur Begründung legte es dar, dass die Nutzung des geplanten Objektes nicht klar dargelegt und nachgewiesen worden sei.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom , in welchem sie auf die nach wie vor bestehende umsatzsteuerpflichtige Vermietungsabsicht verwies. Hierzu reichte sie einen Mietvertrag mit der H ein. Ausweislich dieses Vertrages überließ die Klägerin der H das Grundstück zur Aufstellung von Wohncontainern. Die Mietzeit begann am und endete am . Der Mietpreis war zuzüglich Mehrwertsteuer berechnet worden.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens holte das Finanzamt eine Auskunft vom für die H zuständigen Finanzamt über die von der Mieterin ausgeführten Umsätze ein. Das Finanzamt teilte daraufhin nach Rücksprache mit der H mit, dass von der Mieterin mit dem gemieteten Grundstück ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze erzielt werden. Daraufhin wandte sich das Finanzamt mit Schreiben vom erneut an die Klägerin und wies darauf hin, dass ein Zusammenhang der Abbruchkosten mit der früheren Vermietung - aus welcher ab dem 4. Quartal 2012 keine Einnahmen mehr geflossen seien - nicht erkannt werde. Für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Abbruchkosten und künftigen steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen gebe es bisher keine hinreichenden Anhaltspunkte. Allein die Behauptung einer beabsichtigten umsatzsteuerpflichtigen Vermietung reiche nicht aus. Vielmehr sei erst zwei Jahre nach dem Abriss ein Mietvertrag über das nunmehr unbebaute Grundstück abgeschlossen worden. Zudem habe die Vermietung an die H nicht steuerpflichtig erfolgen können, da die Mieterin das Grundstück zur Erzielung von ausschließlich steuerfreien Umsätzen verwende (§ 9 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz - UStG). Es werde erneut um Stellungnahme gebeten.

Daraufhin trug die Klägerin vor, dass der Mieter nicht mehr bereit war, bis zum Ende des Mietvertrags die Miete für die baufällige Werkstatt zu zahlen. Das Gebäude sei aufgrund seines maroden Zustands nicht mehr vermietbar gewesen. Um überhaupt eine Weiternutzung zu erlangen, habe der Abriss erfolgen müssen. Erst mit diesem Abriss habe sich die Klägerin im Hinblick auf eine Neuvermietung alle Optionen hinsichtlich der Bedürfnisse eines potentiellen neuen Mieters offengehalten. Der Zeitraum zwischen Abriss und Neuvermietung zeige auch, wie mühsam es sei, in dieser schwachen Region einen geeigneten Mieter für die Gewerbefläche zu bekommen. Erst die Nutzung zur Aufstellung von Wohncontainern habe die Möglichkeit einer gewinnbringenden Vermietung geboten. Insofern hänge der Abriss kausal mit der nachfolgenden Vermietung zusammen. Im Übrigen seien die Abrisskosten jedoch als Rückbau des jahrzehntelang genutzten Autohauses und damit der umsatzsteuerpflichtig vermieteten Immobilie anzusehen. Dies betreffe insbesondere auch den kontaminierten Boden. Danach sei zweifelsfrei eine Abzugsfähigkeit der in den Abrisskosten enthaltenen Vorsteuerbeträge gegeben. Hinsichtlich der Option bei der Vermietung an die H lägen divergierende Informationen vor. Wenn die Voraussetzungen für eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG gegenüber der Mieterin nicht vorlägen, könne und werde auch nicht optiert sein. Dies werde mit der Mieterin geklärt.

Mit Datum vom erließ das Finanzamt einen geänderten Umsatzsteuerbe-scheid, mit welchem es weitere - hier nicht streitige - Vorsteuern anerkannte. Der Bescheid ist zum Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 365 Abs. 3 Abgabenordnung - AO).

Mit Einspruchsentscheidung vom wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Es verwies zunächst auf die Feststellungslast der Klägerin für das Vorliegen der den Anspruch auf Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen. Der Nachweis sei insoweit nicht erbracht worden. Nachdem die Firma E aufgrund des maroden Zustands das Mietobjekt vorzeitig geräumt und die Mietzahlung eingestellt habe, habe keine Aussicht auf Vermietung an andere Interessenten bestanden. Zu der zunächst geäußerten Bebauungs- und Wiedervermietungsabsicht sei offenbar als weitere Nutzungsmöglichkeit die Vermietung des nunmehr unbebauten Grundstücks in Betracht gekommen. Aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten, unbebaute Grundstücke zu verwenden, müsse die Absicht, steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu erzielen, von Anfang an aufgrund objektiver Umstände feststellbar sein. Das Finanzamt habe die Klägerin jedoch vergeblich aufgefordert, entsprechende Belege, welche die Absicht verobjektivieren könnten, vorzulegen. Daran könne auch die erstmalige Verwendung im Jahr 2015 nichts ändern. Zudem habe in Bezug auf diesen Vertrag die Option zur Umsatzsteuerpflicht aufgrund der steuerfreien Ausgangsumsätze der H gar nicht bestanden. Ein Zusammenhang der Vorsteuern zu früheren Ausgangsumsätzen könne nicht hergestellt werden. Die Aufwendungen seien erst entstanden, nachdem die Klägerin die Vermietungstätigkeiten eingestellt und den Abriss im Hinblick auf eine weitere Nutzung des dann unbebauten Grundstücks getätigt habe. Hierzu nimmt das Finanzamt Bezug auf das Schreiben der Klägerin vom , worin dargelegt wurde, dass der Abriss zur Erlangung einer Weiternutzung habe erfolgen müssen. Weiter ist vorgetragen worden, dass sich die Klägerin erst nach dem Abriss im Hinblick auf eine Neuvermietung alle Optionen hinsichtlich der Bedürfnisse eines potentiellen neuen Mieters habe offenhalten können.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Abbruchkosten sehr hoch gewesen seien, da die Baumaterialien der Gebäude mit Asbest belastet und nahezu alle Materialien als Sondermüll zu deklarieren gewesen seien. Da auch der Boden durch den Betrieb von Werkstatt, Lackiererei und insbesondere der Tankstelle über mehrere Jahrzehnte verunreinigt worden sei, seien entsprechende Entsorgungsarbeiten angefallen. Die Abbruchkosten stünden damit in unmittelbarem kausalen Zusammenhang mit dem früheren Betrieb, aus dem über Jahrzehnte umsatzsteuerpflichtige Erlöse erwirtschaftet worden seien. Ein Zusammenhang mit zukünftigen Nutzungen bestehe insoweit nicht. Hier einen Zusammenhang zu späteren Nutzungen herzustellen, sei konstruiert und entspreche keineswegs den Gesamtumständen. Ein Vorsteuerabzug sei auch dann möglich, wenn Leistungen erst nach Ausführung von Umsätzen bezogen würden, denen sie jedoch kausal zugerechnet werden könnten, weil sie ihre Folge seien. Da sie für das Unternehmen in Anspruch genommen worden seien, müsse sich die Abziehbarkeit der Vorsteuern nach den Umsätzen richten, die die in Anspruch genommenen Leistungen verursacht hätten (Verweis auf die Kommentarmeinung Rau/Dürrwächter zu § 15). Doch selbst wenn man die irrige Auffassung vertrete, die Abbruchkosten seien nicht den früheren Umsätzen zuzurechnen, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Geplant gewesen sei der umsatzsteuerpflichtige Verkauf des Grundstücks. Verkaufsverhandlungen hätten auch stattgefunden, jedoch habe man keinen geeigneten Käufer finden können. Die Absicht sei bislang nicht aufgegeben worden, so dass dies auch nicht zu einer Versagung des Vorsteuerabzugs führe. Es werde weiterhin versucht, das Grundstück zu verkaufen. Da die Gesellschaft nicht in einer Notsituation sei, sei sie auch nicht gezwungen, jegliches Kaufangebot anzunehmen. Vielmehr werde zwischen einem guten Erlöspreis und einer zwischenzeitlich anderweitigen Nutzung abgewogen. Insofern seien auch nur kurzfristige Vermietungen akzeptiert worden. Fest stehe jedoch, dass seitens der Geschäftsführung beabsichtigt sei, das letzte noch verbleibende Grundstück zu verkaufen und die Gesellschaft dann aufzulösen. Das Grundstück sei in der Folgezeit auch nach dem Abbruch umsatzsteuerpflichtig vermietet worden.

Auf die richterliche Verfügung vom betonte die Klägerin noch einmal, dass im Hinblick auf die frühere Nutzung leicht nachvollziehbar sei, dass nicht nur enorme Bo-denverunreinigungen seitens der Tankstelle und Reparaturwerkstatt, sondern auch seitens der verwendeten Baumaterialien bestanden haben müssten. Entsprechend teuer seien daher auch die Abrisskosten gewesen. Da das Steuerrecht grundsätzlich ein Abbild der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse geben soll, betreffe der Abriss gerade primär die bislang auf dem Grundstück ausgeübte Tätigkeit. Die Gebäude seien aufgrund der früheren Nutzung nicht mehr weiter benutzbar gewesen, so dass der Abriss in wirtschaftlich direktem kausalem Zusammenhang damit stehe. Weiterhin sei festzustellen, dass ein Abbruch und eine Sanierung nicht stattgefunden hätten, um das Grundstück steuerfrei zu vermieten oder steuerfrei zu veräußern. Der Abriss sei erfolgt, weil das Gebäude auch einzustürzen drohte und die Sanierung aufgrund der weiter versickernden Schadstoffe eher im Zeitablauf noch teurer geworden wäre. Die wie auch immer geartete Folgenutzung sei nicht einschlägig für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit. Ebenso wenig sei entsprechend der Zuordnung zur bisherigen Nutzung die beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks heranzuführen. Die Grundstückseigentümer stünden in intensiven Verhandlungen mit der Stadt J. Die Stadtplanung sehe zurzeit vor, dass auf dem gesamten Gebiet eine städtebauliche Entwicklung stattfinden solle. Das Gelände sei dabei nicht für eine herkömmliche Wohnnutzung vorgesehen, sondern auf dem Gelände sei eine Gemeinbedarfs- oder Dienstleistungs- bzw. auch eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Mitunter stehe es u. U. zur Debatte, dass das Grundstück im Zuge einer Option umsatzsteuerpflichtig verkauft werde. Der Zeitpunkt sei jedoch noch nicht absehbar.

Die Klägerin beantragt sinngemäß schriftlich,

den angegriffenen Umsatzsteuerbescheid vom , geändert durch Bescheid vom , in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern aus den Abbruchkosten in Höhe von ... € anerkannt und die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bleibt dabei, dass entscheidend darauf abzustellen sei, ob die Aufwendungen künftigen (beabsichtigten) Ausgangsumsätzen zuzurechnen seien. Die Klägerin habe sich zunächst dahingehend geäußert, das Gebäude abreißen zu wollen, um den geplanten Neubau steuerpflichtig zu vermieten. Unterlagen hierzu hätten nicht vorgelegen. Offenkundig sei diese Absicht aufgegeben worden oder unrealistisch gewesen; eine weitergehende Nutzung außerhalb einer nicht mehr möglichen Vermietung des maroden Gebäudes sei nur nach dem Abriss der Immobilie gegeben. Zu der Anfrage, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt unternommen worden seien, um das unbebaute Grundstück zu vermieten, habe sich die Klägerin nicht hinreichend geäußert. Die in 2015 begonnene Vermietung sei entgegen der Angaben der Klägerin nicht steuerpflichtig gewesen. Ausweislich der Rechnungen des Rechtsanwalts seien zwar offenbar Verhandlungen über einen geplanten Verkauf geführt worden; eine solche Veräußerung sei jedoch - zunächst - als zusätzliche Option nicht angeführt worden. Außerdem sei auch die Veräußerung grundsätzlich steuerfrei, sofern keine Option zulässig sei und ausgeübt werde. Dass zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs (Abriss) ein steuerpflichtiger Verkauf geplant und zulässig gewesen sei, sei durch die Rechnung des Rechtsanwalts nicht glaubhaft gemacht worden.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der angegriffene Umsatzsteuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Denn das Finanzamt hat den begehrten Vorsteuerabzug zu Recht versagt.

1. a.) Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. § 15 UStG beruht auf Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG (s. nunmehr Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112/EG) und ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinienkonform auszulegen. Danach entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug nur, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen. Es ist dabei Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anzuwenden und dabei alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt worden sind (vgl. , BFH/NV 2012, 1672). Die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in diesem Zusammenhang liegt grundsätzlich beim Steuerpflichtigen (vgl. Heidner, in: Bunjes § 15 Rn. 178).

Das Recht auf Abzug der Steuer für die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen setzt voraus, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Daher müssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor der Steuerpflichtige die besteuerten Umsätze ausführt, denen sie zuzurechnen sind (vgl. Slg. 2000, I-4177; Wagner, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 582). Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und als solche Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu DStR 2017, 2044). Das Vorsteuerabzugsrecht gilt auch für den Abzug der geschuldeten oder entrichteten Steuer für Investitionen, die für die Zwecke der noch erst beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt werden, unter der Voraussetzung, dass die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. bspw. , BFH/NV 2012, 1672; vom XI R 12/15, BFH/NV 2017,1400). Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG (s. nunmehr Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112/EG) befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume, die unter den Voraussetzungen des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des § 15a UStG vorzunehmen sind (vgl. , BStBl. II 2003, 435).

b.) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen zur Boden- und Grundwassersanierung nach Abschluss einer umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit im Hinblick auf eine beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten. Denn gegenüber dem mit dem zukünftigen (steuerfreien) Umsatz bestehenden unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang trete der lediglich mittelbare Zusammenhang mit den früheren (steuerpflichtigen) Umsätzen zurück. Dabei sei es unerheblich, ob der Steuerpflichtige die Altlastenbeseitigung habe zwingend durchführen müssen und ob daher gegebenenfalls Rückstellungen zu bilden waren oder gar gebildet wurden. Unbeachtlich für die Verwehrung es Vorsteuerabzugs sei es sogar, wenn die Kontaminierung unmittelbar aus den vorangegangenen (umsatzsteuerpflichtigen) Umsätzen resultiere und die Umweltbehörde einen Bescheid zur Boden- und Grundwassersanierung erlassen habe. Etwas anderes gelte, wenn im Zeitpunkt des Leistungsbezuges eine andere Absicht festgestellt werden könne (vgl. , BFH/NV 2012, 1672; vgl. in diesem Sinne auch , juris: Kein Vorsteuerabzug beim Abriss von Betriebsgebäuden, welche zwar umsatzsteuerpflichtig genutzt wurden, jedoch umsatzsteuerfrei veräußert werden sollten; vgl. auch , BFH/NV 2008, 1545: Kein Vorsteuerabzug bei bezogenen Abbruchleistungen / Dekontaminierungsleistungen an einem Betriebsgrundstück, welches zwar umsatzsteuerpflichtig genutzt, dann aber umsatzsteuerfrei veräußert wurde).

c. ) Wegen des Grundsatzes des Sofortabzugs der Vorsteuer kommt es für die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen einer Eingangsleistung und tatsächlichen oder beabsichtigten Umsätzen auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs an. Die Verwendungsabsicht ist dabei auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt zu belegen (vgl. Weimüller, § 15 UStG, Rn. 58.2; s. auch , BStBl. II 2005, 414: objektiv belegte Absicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze). Soweit sich die Absicht später - gleich, aus welchem Grund - ändern sollte, entfaltet diese Änderung keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des fraglichen Vorsteuerabzugs (, BStBl. II 2005, 414). Jedoch besteht dann die Möglichkeit, eine den Vorsteuerabzug betreffende Entscheidung nach Maßgabe des § 15a UStG zu ändern, sofern in späteren Zeiträumen Umsätze erbracht werden, die eine von der ursprünglichen Entscheidung abweichende Beurteilung erfordern.

2. a. ) Das Gericht folgt diesen - von der Kommentierung in Rau/Dürrwächter abweichenden - Rechtsgrundsätzen des BFH. Nach diesen waren die streitigen Vorsteuerbeträge nicht zu gewähren, da die Eingangsleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit beabsichtigten Umsätzen standen und das Gericht aus den beigebrachten Unterlagen und dem Vortrag der insoweit feststellungsbelasteten Klägerin nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass es sich bei diesen beabsichtigten Umsätzen um den Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze handelt.

b.) Ein unmittelbarer Zusammenhang der Aufwendungen zu den allgemeinen Umsätzen bzw. zu den früheren - umsatzsteuerpflichtigen - (Vermietungs-)Umsätzen der Klägerin liegt insoweit nicht vor. Dabei erkennt das Gericht, dass zwar eine Kausalität der Abrissarbeiten zur früheren Tätigkeit in dem Sinne vorliegt, dass die Abrisskosten nicht entstanden wären, wenn das Objekt nicht vorhanden gewesen (und dabei steuerpflichtig in der konkreten Form genutzt worden) wäre. Auch folgt das Gericht dem Vortrag, wonach das Gebäude aufgrund seines Alters mit Baumaterialien errichtet worden war, die - wie z. B. das in der Rechnung benannte Asbest - einer besonderen Entsorgung zuzuführen waren. Diese äquivalente Kausalität reicht indes nach den vorbenannten Maßstäben für einen unmittelbaren Zusammenhang im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nicht aus (s. insbesondere die unter 1.) b.) benannten Urteilsfälle, in denen der Abriss / die Dekontamination ebenfalls der früheren Nutzung Rechnung tragen musste), so dass es auch dahinstehen kann, ob die Kosten maßgeblich auch aufgrund der Entsorgung kontaminierten Bodens entstanden sind, oder ob - wie aus der Rechnung ersichtlich - lediglich der Abriss / die Entsorgung bis "Oberkante Sohle" erfolgte. Denn auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände ist ein hinreichend unmittelbarer Zusammenhang mit den früheren Umsätzen nicht gegeben, da ein solcher vorrangig zu von der Klägerin beabsichtigten Umsätzen besteht.

c.) Dabei ist im Streitfall zunächst zu beachten, dass die Klägerin bereits für die Zeit nach Abschluss des 3. Quartals des vorangegangenen Jahres keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze mehr ausgeführt und erklärt hat. Stattdessen hat sie im Verwaltungsverfahren zunächst vorgetragen, dass eine erneute Bebauung und Vermietung des Grundstücks geplant gewesen sei bzw. dass es der Abriss ermöglicht habe, alle Optionen hinsichtlich der Neuvermietung zu eröffnen. Hierzu wurde der im August 2015 mit der H abgeschlossene Vertrag eingereicht. Im gerichtlichen Verfahren wurde unter Beibringung der Rechnungen des Rechtsanwalts dargelegt, dass ein Verkauf geplant gewesen sei, wobei zwischen einem guten Erlöspreis und einer anderweitigen Nutzung abgewogen werde und daher auch kurzfristige Nutzungen akzeptiert wurden. Im späteren Verlauf wurde vorgetragen, dass die Einsturzgefahr und Verteuerung durch Zeitablauf der alleinige Grund für den Abriss gewesen sei, und dass unter Umständen zur Debatte stehe, dass das Grundstück im Zuge einer Option umsatzsteuerpflichtig verkauft werde. Der gesamte Vortrag lässt auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs keine vollständig abschließend konkretisierte Verwendungsabsicht erkennen. Dennoch wird deutlich, dass das Grundstück einer weiteren Verwendung zugeführt werden sollte, bei der Wirtschaftlichkeitsaspekte im Vordergrund standen. Bei diesem Verständnis erschließt sich der Vortrag von Neubau-, Vermietungs- und Verkaufsabsichten im Zusammenhang mit der tatsächlichen Nutzung ab August 2015, welche wiederum eine weitere Form der Nutzung (Vermietung ohne Neubau) darstellt. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts, dass die Klägerin unter Abwägung wirtschaftlicher Aspekte die Durchführung von Umsätzen plante, welche eine optimale Ausnutzung des Objekts mit sich brachten. Der Abriss erfolgte im Zusammenhang mit dieser beabsichtigten Nutzung, da sich die Klägerin dadurch erkennbar und willentlich die Möglichkeiten für einen Neubau und / oder Vermietung und / oder Verkauf - unter Vermeidung einer weiteren Wertminderung durch fortschreitende Kontamination - verschaffen konnte. Die potentiellen Umsätze, welche daraus hervorgehen, sind nach der Konzeption des Gesetzes den Vorsteuerabzug ausschließende - steuerfreie - Umsätze. Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich für die Fälle, in denen die Option gemäß § 9 UStG nach den - durchaus engen (vgl. § 9 Abs. 2 UStG) - rechtlichen Voraussetzungen ausgeübt werden kann und zudem werden soll. Die Klägerin hat auch nach mehrfachen Hinweisen durch das Finanzamt jedoch keine hinreichend verobjektivierten Tatsachen / Belege dargetan, welche die Absicht, lediglich Umsätze mit Optionsrecht und Optionsausübung durchführen zu wollen, belegen. Als verobjektivierter Hinweis kommt auch nicht der Vertrag mit der H in Betracht. Dieser ist erst deutlich nach dem Leistungsbezug abgeschlossen worden und betrifft zudem eine Nutzungsform, welche Anfang 2013 noch nicht in Rede stand. Hinzu kommt, dass nach den - nicht substantiiert in Abrede gestellten und nach Rücksprache mit der H erfolgten - Darlegungen des für die H zuständigen Finanzamts die Mieterin umsatzsteuerfreie Tätigkeiten ausübt und somit die Optionsrechtsausübung rechtlich gar nicht in Betracht kam. Weitere Anhaltspunkte - etwa Vermietungsinserate für eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung / Verkaufsangebote mit Mehrwertsteuer / entsprechend konkretisierte Maklerbeauftragungen etc. - sind nicht ersichtlich. Nach alledem konnte das Gericht, unter Zugrundelegung der insoweit aufgestellten Rechtsgrundsätze, den Vorsteuerabzug nicht gewähren, obgleich es den kausalen Zusammenhang zwischen der früheren Tätigkeit und dem Abriss und die sich darauf stützenden Beweggründe und Argumentationen der Klägerin erkennt. Soweit im Nachgang tatsächlich steuerpflichtige Umsätze getätigt werden sollten, vermag dies zwar zu Korrekturen gem. § 15a UStG, nicht jedoch zu einer abweichenden Auffassung für den Streitzeitraum zu führen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision zuzulassen, § 115 Abs. 2 FGO, sind nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigt das Bestehen einer abweichenden Kommentarmeinung nicht die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung. Die Entscheidung konnte im Einvernehmen mit den Beteiligten durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung ergehen, § 79a Abs. 3, 4, § 90 Abs. 2 FGO.

Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 4/2019 S. 165
EFG 2018 S. 1761 Nr. 20
KÖSDI 2018 S. 21030 Nr. 12
QAAAG-92650