Auszug aus dem Interview mit RA Kay H. Hübner
RA Kay H. Hübner, FAStR/FABKR, aus Gladbeck wurde 1972 in Gelsenkirchen geboren. An der Ruhr-Universität Bochum studierte er Rechtswissenschaften, anschließend Internationales Steuerrecht in dem Studiengang Master of International Taxation in Hamburg. Hübner hat für eine ausländische Steuerberatungsgesellschaft den vielbeachteten Prozess vor dem EuGH (Rs. C-342/14, s. ) geführt. Das gesamte Interview können Sie in StBMag 01-02/2016, S. 18 Datei öffnen nachlesen.
Herr Hübner, Sie haben diesen Fall über den BFH nun bis zum EuGH nach Luxemburg gebracht. Bislang haben Sie nicht Recht bekommen – aber in Luxemburg hat sich das Blatt nun offenbar gewendet. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Hervorragend. Ich habe diesen speziellen Fall nach dem erstinstanzlichen Urteil übernommen, mein Eintritt in das Verfahren war das Führen der Nichtzulassungsbeschwerde. Aber man muss vor diesem Fall ansetzen, um den Komplex zu verstehen: Mit unseren Mandanten prozessieren wir schon seit etwa 2008 wegen solcher Fragen. Immerzu war das Ergebnis negativ, bei verschiedenen Finanzgerichten. Auch zum BFH haben wir das immer wieder gebracht und mussten auch dort immer wieder Rückschläge hinnehmen – allerdings bei anderen Senaten als jetzt im aktuellen Fall.
Es geht in dem Fall auch um einen ehemaligen deutschen Steuerberater, der wegen Vermögensverfalls seine Zulassung in Deutschland verloren hat – und nun „durch die Hintertür“ versucht, weiter hier tätig zu sein.
Im erstinstanzlichen Urteil steht das so.
Vor dem EuGH haben Sie nun Recht bekommen; aber wie gut lässt sich ein solch doch recht spezieller Fall auf andere Fälle übertragen? Haben Sie Verständnis dafür, dass Vertreter des Berufsstands in Deutschland, also zum Beispiel die Kammern, Kollegen, die hier ausdrücklich die Zulassung verloren haben, nicht durch juristische Kniffe wieder in Verantwortung sehen möchten?
Ich verstehe das schon. Ich habe schon viele Urteile zum Beispiel des Finanzgerichts Köln gelesen, in denen auch Verständnis für die Positionen der Kammern durchscheint. Das hat auch auf unseren Fall Einfluss – der Begriff des Missbrauchs der Dienstleistungsfreiheit ist ja auch schon in einigen Urteilen des EuGH benützt worden. Er hat allerdings in keinem dieser Urteile ausdrücklich einen Missbrauch bejaht, es waren immer Formulierungen, die lediglich auf die Möglichkeit hinweisen. Natürlich bin ich der Meinung, dass auch unser Mandant die Dienstleistungsfreiheit nicht missbraucht.
Grundlage war ja ein Urteil des FG Niedersachsen. Soweit wir das dort sehen können, herrscht in diesem Verfahren ein recht rauer Umgangston. Da ist zum Beispiel von „Geisteskrankheit“ die Rede. Ist unser Eindruck richtig? Und woran liegt das?
Das ist aus den Akten im erstinstanzlichen Verfahren – also vor unserer Zeit. Um das Auftreten des Worts zu erklären: Im Schriftverkehr mit dem Finanzamt wurde da offenbar das bekannte Einstein-Zitat herangezogen, wer immer von der gleichen Grundannahme ausgehe, dabei aber ein anderes Ergebnis erwarte, erfülle die Definition von Geisteskrankheit. Nun ja. Es stimmt: Der Umgangston ist rau, insbesondere in der Kölner Gegend. Meine Mandantin ist die Steuerberatungsgesellschaft und einer ihrer Geschäftsführer, das ist Hans-Peter Taplick, hatte im Kölner Raum als Steuerberater seinen Sitz. Daher haben wir hier auch einige Verfahren. Dabei stellen wir auch fest: Die Fronten sind verhärtet, auf beiden Seiten. Es gab da Strafanträge beider Parteien. Wir haben aber jetzt die Hoffnung, dass durch die Entscheidung des EuGH etwas Ruhe in die Sache kommt.
Wenn der BFH nun wie zu vermuten zu Ihren Gunsten entscheidet, wenn also der Fall nach deutschem Recht abgeschlossen ist: Geht es dann für Sie irgendwann vielleicht auch mal um Schadenersatz?
Wenn das gerade laufende Verfahren so ausgeht, wie wir das erhoffen, und diesbezüglich sind wir ja optimistisch, können Sie davon ausgehen, dass wir auch solche Forderungen erheben werden.
Das Gespräch führten StB Christian Herold und Till Mansmann
Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 312
QAAAF-47685