NWB-EV Nr. 4 vom Seite 132

Die Güterstandsschaukel

Gestaltung des ehelichen Güterstands zur Verringerung der Erbschaftsteuer

Dr. Ingeborg Haas *

Mit dem Begriff der „Güterstandsschaukel“ wird der Wechsel aus dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütertrennung und wieder zurück bezeichnet. Gewollt ist damit, die Zugewinngemeinschaft vorübergehend aufzulösen, um so den Ausgleichsanspruch des Ehegatten auszulösen, der innerhalb der Ehe weniger Zugewinn erzielt hat als der andere Ehegatte, sodann aber wieder in die Zugewinngemeinschaft zurück zu kehren. Diese Gestaltung hat den Vorteil, dass die Übertragung des Vermögens nicht der Schenkungsteuer unterliegt und dass Pflichtteilsansprüche reduziert werden können. Der folgende Artikel stellt die „Güterstandsschaukel“ dar und gibt Ihnen Musterregelungen an die Hand, die Ihnen helfen, eine wirksame Vereinbarung zu treffen. [i]Weiterführend siehe dazu Volker Schmidt und Fabian Lemke, Besteuerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern, Grundlagen Stand: August 2013, NWB DokID NWB QAAAE-43281

I. Die Motivationen für die (vorübergehende) Beendigung der Zugewinngemeinschaft

In den Fällen, in denen im Laufe der Ehe einer der Ehegatten ein deutlich größeres Vermögen erworben hat als der andere, kann es gewünscht sein, innerhalb der Ehe und noch zu Lebzeiten den Ehegatten, der weniger erworben hat, mit einem Teil des Vermögens zu bedenken.

Überträgt nun der eine Ehegatte auf den anderen Vermögen, liegt hierin eine freigebige Zuwendung, die der Schenkungsteuer unterliegt. Je nach Umfang entsteht dann tatsächlich Steuer oder werden zumindest Freibeträge verbraucht.

Wenn aber die Zuwendung nicht „freiwillig“ erfolgt, sondern sich als Verpflichtung ergibt, unterliegt dieser Vorgang nicht der Schenkungsteuer. Dies ist der Fall, wenn Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, diesen Güterstand beenden. Der Zugewinnausgleich ist gesetzlich vorgesehen (§ 1372 BGB), und nach § 1378 Abs. 3 BGB entsteht ein entsprechender Anspruch. Daraus leitet sich für die Schenkungsteuer ab, dass die dann erfolgende Zuwendung keine Schenkung ist. § 5 Abs. 2 ErbStG stellt dies ausdrücklich klar.

II. Zulässigkeit der Güterstandsschaukel

Bereits im Jahr 2005 hat der BFH bestätigt, dass der Ausgleichsanspruch, der einem Ehegatten bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft zusteht, nicht der Schenkungsteuer unterliegt ( NWB SAAAB-66993). Damit ist es möglich, zwischen Ehegatten durch eine Änderung des Güterstands eine Übertragung von Vermögen herbeizuführen, die nicht der Schenkungssteuer unterliegt. An diesem Ergebnis ändert sich nach der Auffassung des BFH selbst dann nichts, wenn die Ehegatten im nächsten Schritt wieder zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückkehren (Güterstandsschaukel).

Wollen die Ehegatten im Endergebnis also gar nicht den Güterstand der Zugewinngemeinschaft verlassen, weil er beispielsweise erbrechtlich interessanter ist, vereinbaren sie gleich wieder die Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft. Der Ausgleichsanspruch wurde trotzdem ausgelöst.

In der Entscheidung des hatten Ehegatten am einen Ehevertrag geschlossen, in dem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit Ablauf des (also um 24:00 h) beendet werden sollte. Mit dieser Vereinbarung entstand automatisch eine Ausgleichsforderung des Ehegatten, der im Laufe der Ehe den geringeren Zugewinn erwirtschaftet hatte als der andere Ehegatte, § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Die Ehegatten im BFH-Verfahren hatten sodann vereinbart, dass mit Beginn des folgenden Tages ( 0:00 h) erneut der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft zwischen ihnen begründet werden soll. Sie „schaukelten“ also zwischen dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung hin und her.

Zivilrechtlich ist gegen eine solche Gestaltung nichts einzuwenden: Die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft ist ebenso wie die Neubegründung bürgerlich rechtlich zulässig, da für die Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse Vertragsfreiheit besteht, § 1408 Abs. 1 BGB. S. 133

Schenkungsteuerlich kann dieser Gestaltung nach der Auffassung des BFH auch nicht entgegengehalten werden, dass sie rechtsmissbräuchlich sei, da der Ausgleichsanspruch, der zwischen den Ehegatten vereinbart wurde, nicht überhöht war und damit nur ein Ergebnis herbeigeführt wurde, dass zivilrechtlich ausdrücklich vorgesehen ist.

Die Erbschaftsteuerrichtlinien von 2003 sahen dem gegenüber noch vor, dass die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft steuerlich nur dann anzuerkennen sei, wenn die Beendigung endgültig – also ohne folgende Neubegründung der Zugewinngemeinschaft – sei. Zwischenzeitlich akzeptiert auch die Finanzverwaltung diese Vorgehensweise und bezieht sich in den aktuellen Richtlinien ausdrücklich auf das genannte Urteil des BFH (H E 5.2 ErbStH).

Durch die Übertragung des Vermögens wird auch der Pflichtteilsanspruch entsprechend kleiner.

III. Erbschaftsteuerliche Auswirkungen

Der erbschaftsteuerliche Vorteil dieser Gestaltung lässt sich an folgendem Beispiel ablesen:

Beispiel

M und F sind seit 1990 verheiratet. F ist als Steuerberaterin selbständig und hat im Laufe der Jahre eine gut gehende Kanzlei aufgebaut, deren Wert auf 1 Millionen € geschätzt wird. M, der sich um die gemeinsamen Kinder gekümmert hat, ist lediglich halbtags beschäftigt und hat kein nennenswertes Vermögen während der Ehe erworben. Das Anfangsvermögen beider Ehegatten betrug 0 €. Aufgrund von vorausgegangenen Schenkungen ist der erbschaftsteuerliche Freibetrag zwischen den Ehegatten bereits verbraucht.

F hat damit einen Zugewinn im Laufe der Ehe erwirtschaftet, der sich auf 1 Millionen € beläuft. M dagegen hat einen Zugewinn von 0 €.

Vereinbaren die Ehegatten vor der Zahlung durch notariellen Vertrag, dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben wird, löst die anschließende Übertragung keine Steuer aus. Der Anspruch des M auf Zahlung der 500.000 € ergibt sich nämlich direkt aus der gesetzlichen Vorgabe bei der Auflösung der Zugewinngemeinschaft und ist damit keine freigiebige Zuwendung, die der Schenkungssteuer unterliegen würde.

Achtung

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann aber nur durch notariell beurkundeten Vertrag aufgehoben werden. Vereinbarungen, die ohne Beachtung dieser Form geschlossen werden, begründen keinen Ausgleichsanspruch, so dass Zahlungen, die gleichwohl geleistet werden, der Schenkungssteuer unterliegen und im Beispielsfall 75.000 € Steuern auslösen würden.

Muster für eine entsprechende vertragliche Vereinbarung:

„Die Erschienenen haben am … die Ehe geschlossen. Einen Ehevertrag haben sie bisher nicht errichtet. Beide Erschienene sind deutsche Staatsangehörige. Die Erschienenen schließen den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus und vereinbaren, dass für ihre Ehe der Güterstand der Gütertrennung gelten soll. Zur Erfüllung bisher entstandener Ansprüche auf Ausgleich des Zugewinns werden ausschließlich die nachfolgenden Vereinbarungen getroffen. Mit deren Durchführung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche auf Ausgleich des Zugewinns nach §§ 1371 ff. BGB für Vergangenheit und Zukunft ausgeschlossen und zwar unabhängig davon, ob die Ehe fortgesetzt oder geschieden wird.“

Da die Ehegatten regelmäßig weiter die Vorteile der Zugewinngemeinschaft beibehalten wollen, kann sodann die Rückkehr zum Güterstand der Zugewinngemeinschaft beschlossen werden. Allgemein wird hier empfohlen, die Rückkehr in einer separaten Urkunde und nach Ablauf einer gewissen Schamfrist zu vereinbaren. Mit der Rückkehr zur Zugewinngemeinschaft sind keinerlei gegenseitigen Zuwendungen verbunden, sodass sich hier das Schenkungsteuerproblem ohnehin nicht stellt.

Muster:

„Die Erschienenen haben durch Ehevertrag vom … den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Mit Wirkung zum … vereinbaren die Erschienenen nunmehr die Rückkehr zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.“

IV. Erbrechtliche Motive

Auch aus erbrechtlichen Überlegungen heraus kann der Wechsel in die Gütertrennung und wieder zurück zur Zugewinngemeinschaft interessant sein. Hierzu folgendes Beispiel:

Beispiel

Die Eheleute M und F haben zwei gemeinsame Kinder. F ist über zehn Jahre älter als M und zwischenzeitlich auch schwer erkrankt. Sie hat im Laufe der Ehe 1 Millionen € Zugewinn erwirtschaftet. Das Vermögen von M beträgt 0 €.

Ohne ehevertragliche Veränderung des Güterstands würde sich im Falle des Todes der F folgende Situation ergeben:

M würde ein Viertel des Vermögens erben und ein weiteres Viertel als fiktiven Zugewinnausgleich erhalten, vgl. § 1372 BGB. Dies wäre in der Summe ein Betrag von 500.000 €.

Die beiden Kinder würden gemeinsam die verbleibende Hälfte des Vermögens erben, so dass jedes der Kinder 250.000 € erhalten würde.

Damit der überlebende Ehegatte möglichst uneingeschränkt weiterleben kann, vereinbaren die Ehegatten nun ein sogenanntes Berliner Testament. Der länger lebende Ehegatte erbt alles und die Kinder werden enterbt, sodass sie als Pflichtteil nur die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils erhalten (§ 2303 Abs. 1 BGB), im Beispielsfall also 125.000 €.

Dem M würden in diesem Fall statt der 500.000 € 750.000 € verbleiben.

Wechseln die Ehegatten aber zusätzlich vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorübergehend in den Güterstand S. 134der Gütertrennung, wird vor dem Todesfall aufgrund des Ausgleichsanspruchs wegen der Beendigung der Zugewinngemeinschaft von F ein Betrag i. H. von 500.000 € an M übertragen. Nach Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft und Vereinbarung eines sog. Berliner Testaments ergibt sich nach dem Tod der F damit folgende erbrechtliche Regelung:

Den beiden Kindern steht jeweils nur der Pflichtteil aus dem Betrag von 500.000 € zu, da die F nur noch 500.000 € Vermögen hat. Dieser beläuft sich auf 1/8 (1/2 des gesetzlichen Erbteils von 1/4), sodass jedes Kind lediglich 62.500 € erhält. M erhält bei dieser Gestaltung 500.000 € aus dem Ausgleichsanspruch nach der Beendigung der Zugewinngemeinschaft sowie 375.000 € aus dem Erbe, insgesamt 875.000 €. Im Verhältnis zur Variante ohne Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, wo er 750.000 € erhalten hat, hätte er damit 125.000 € mehr.

Achtung

Bisher ist nicht geklärt, ob in einer solchen Vorgehensweise zumindest dann, wenn unmittelbar nach der Vereinbarung der Gütertrennung wieder die Zugewinngemeinschaft vereinbart wird, eine missbräuchliche Gestaltung zu sehen ist, die die Pflichtteilsberechtigten unangemessen benachteiligt. Damit besteht bei diesen Fällen das Risiko der Anfechtung des Vertrags durch die Kinder.

Wichtig ist aber auch zu beachten, dass für den Fall, dass die Gütertrennung vereinbart wird und eine Rückkehr zur Zugewinngemeinschaft unterbleibt, der überlebende Ehegatte keinen pauschalen erbrechtlichen Zugewinnausgleich beanspruchen kann. Im Fall der Gütertrennung erbt der Ehegatte daher grundsätzlich nur ein Viertel des Vermögens (§ 1931 Abs. 1 BGB). Eine Ausnahme gilt für Ehegatten, bei denen nur ein oder zwei Kinder erbberechtigt sind (§ 1931 Abs. 4 BGB). Im Fall der Zugewinngemeinschaft kommt in jedem Fall (unabhängig von der Zahl der Kinder) ein weiteres Viertel als Ausgleich für den unterbliebenen Zugewinnausgleich hinzu. Eine Rückkehr in die Zugewinngemeinschaft ist daher auch aus diesen Aspekt dringend zu empfehlen.

V. Insolvenzrechtliche Motivation

Die Güterstandsschaukel wurde auch ursprünglich als Instrument gewertet, im Insolvenzfall den Zugriff auf zumindest einen Teil des Vermögens zu verhindern. Der Vorteil wurde darin gesehen, dass der übertragende Ehegatte aufgrund der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft bis zur Hälfte seines Vermögens vor dem Zugriff der Gläubiger bzw. des Insolvenzverwalters geschützt war.

Zwischenzeitlich hat der BGH aber entschieden, dass auch die güterrechtlichen Verträge anfechtbar sind, wenn sie nicht früher als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen wurden. Verträge die innerhalb dieses Zeitraums geschlossen wurden, können daher angefochten werden. Es ist nicht einmal erforderlich, dass der Vertrag mit der Absicht der Gläubigerbenachteiligung oder in Kenntnis der verschlechterten Vermögenssituation geschlossen worden sind.

Damit ist der Abschluss eines solchen Vertrags aber nicht unzulässig sondern lediglich dem Anfechtungstatbestand ausgesetzt. Wenn der Vertrag aber geschlossen wird, um Gläubiger zu benachteiligen, ist die Anfechtungsmöglichkeit auch über den Zwei-Jahres-Zeitraum hinaus gegeben.

VI. Keine Steuerfreiheit beim „fliegenden Zugewinnausgleich“

Beim sogenannten „fliegenden Zugewinnausgleich“ wird der gesetzliche Güterstand nicht beendet, gleichwohl einigen sich die Beteiligten aber darauf, eine Ausgleichszahlung zu leisten, so als sei der Zugewinnausgleich durchzuführen.

Beispiel

M und F haben ausgerechnet, dass dem M ein Zugewinnausgleichsanspruch i. H. von 500.000 € zusteht. Sie vereinbaren in einem notariell beurkundeten Vertrag, den Ausgleich i. H. von 500.000 € durchzuführen. Eine Veränderung des Güterstands findet nicht statt. Weiter enthält der Vertrag eine Regelung, wonach als Anfangsvermögen für die Zukunft dasjenige Vermögen zu Grunde zu legen ist, das sich nach Abschluss des fiktiven Zugewinnausgleichs zwischen den Ehegatten ergibt.

In diesem Fall hat der BFH die Anwendung des § 5 Abs. 2 ErbStG abgelehnt. Die Rechtsprechung sieht in dieser Vorgehensweise eine freigebige Zuwendung, da der Zahlungsanspruch sich nicht aus einer gesetzlichen Verpflichtung ergibt. Wenn also Freibeträge nicht mehr zur Verfügung stehen, würde auch diese vertragliche Regelung – obwohl sie zu dem gleichen Ergebnis führt wie die Güterstandsschaukel – 75.000 € Schenkungssteuer auslösen.

Hinweis

Wenn ein Vorgang stattgefunden hat, der Schenkungssteuer auslöst, sollte geprüft werden, ob durch die nachfolgende Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (wirksam mit notariell beurkundetem Vertrag) der Wegfall der Schenkungssteuer mit Wirkung für die Vergangenheit erreicht werden kann. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sieht diese Möglichkeit vor. Dazu ist die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren und in diesem Rahmen zu regeln, dass die vorausgegangenen Zuwendungen auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen sind. Diese Vorgehensweise ist generell dann in Erwägung zu ziehen, wenn die Zuwendungen zwischen Ehegatten ungeplantermaßen Steuern ausgelöst haben.

Autorin

Dr. Ingeborg Haas
ist als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht Partnerin der Kanzlei Prof. Dr. Schmorleiz & Partner in Mainz.

Fundstelle(n):
NWB-EV 4/2014 Seite 132
QAAAE-60333