Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft grundsätzlich nach den handelsrechtlichen Kapitalanteilen
Leitsatz
1. Den Ausgangspunkt für die Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personen(handels-)gesellschaft bilden die handelsrechtlichen Kapitalanteile der Gesellschafter (Anschluß an BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2).
2. Werden auf dem zweiten - variablen - Kapitalkonto ("Kapitalkonto II", "Darlehenskonto") des Personen(handels-)gesellschafters auch dessen Verlustanteile verbucht, so handelt es sich in aller Regel um ein "echtes" Kapitalkonto im handelsrechtlichen Sinne und nicht um ein Kreditoren- bzw. Debitorenkonto.
Gesetze: ErbStG 1974 § 12 Abs. 5BewG 1965 § 3BewG 1965 § 97 Abs. 1 Nr. 5AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2HGB § 120HGB § 167
Instanzenzug: Niedersächsisches FG (EFG 1992, 230)
Tatbestand
I.
Der am verstorbene A (Erblasser) war im Zeitpunkt seines Todes mit 51% als Kommanditist an der A-GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Seine Kommanditbeteiligung ging im Erbwege zu 9% auf seine Ehefrau, zu 33% auf seinen Sohn, den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), und zu 9% auf seine Tochter über.
Im Rahmen einer für erbschaftsteuerliche Zwecke durchgeführten Außenprüfung ermittelte der Prüfer den Einheitswert des Betriebsvermögens der KG auf den mit 1 268 000 DM und den Unternehmenswert für Zwecke der Aufteilung des Einheitswerts mit 3 807 000 DM. Den auf den Erblasser in dessen Todeszeitpunkt entfallenden anteiligen Einheitswert errechnete er mit 96 437 DM.
Das negative Kapitalkonto II (= Darlehenskonto) des Erblassers war u.a. durch langjährige, die Gewinnanteile erheblich übersteigende Entnahmen entstanden. Die überhöhten Entnahmen erfolgten aufgrund mündlicher Vereinbarungen zwischen dem Erblasser und der KG. In § 11 des Gesellschaftsvertrages der KG ist bestimmt, daß für jeden Gesellschafter ein "Darlehenskonto" geführt wird, auf dem seine Einlagen, Gewinnanteile, Entnahmen, Zinsen und sonstige Gut- und Lastschriften zu verbuchen sind. In § 11 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages heißt es, im Falle der Kündigung der Gesellschaft "unterliegen Auszahlung und Verzinsung des Darlehenskontos den gleichen Bedingungen wie die Auszahlung und Verzinsung des Abfindungsguthabens". Aus der von den Erben als Anlage zur Erbschaftsteuererklärung eingereichten, mit einem Verlust abschließenden Zwischenbilanz der KG per ergibt sich, daß den Darlehenskonten der Gesellschafter auch deren Verlustanteile belastet wurden. Nach § 10 Buchst. b des Gesellschaftsvertrages der KG waren Guthaben und Schulden auf dem Darlehenskonto mit 6% zu verzinsen. Dementsprechend sind dem Erblasser für sein negatives Darlehenskonto jährlich 6% Zinsen berechnet worden.
Mit dem angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gegen den Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 314 952 DM fest. Dabei setzte das FA den ererbten Kommanditanteil - den Feststellungen des Prüfers folgend - mit (33/51 von 96 437 DM =) 62 400 DM an.
Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte der Kläger geltend, daß das FA den auf den Erblasser entfallenden Anteil am Einheitswert unzutreffend ermittelt habe. Bei richtiger Aufteilung des Einheitswerts ergebe sich für den Erblasser ein negativer Anteil in Höhe von ./. 996 920 DM. Es müsse unterschieden werden zwischen den Anteilen der Gesellschafter am Festkapital und den Darlehenskonten. Im handelsrechtlichen Sinne berührten die Darlehenskonten nicht das Eigenkapital der Kommanditisten. Es handele sich vielmehr um eigenständige Schulden bzw. Guthaben. Der handelsrechtliche Fremdkapital-Charakter der Darlehenskonten werde auch durch § 11 des Gesellschaftsvertrages der KG verdeutlicht. Danach seien Einlagen, Gewinne, Entnahmen, Zinsen und sonstige Gut- und Lastschriften der Gesellschafter auf ihren Darlehenskonten zu verbuchen. Die privaten Darlehenskonten seien deshalb bei der Aufteilung des Einheitswerts den einzelnen Kommanditisten vorab zu- oder abzurechnen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der KG sei das durch überhöhte Entnahmen entstandene negative Kapitalkonto II des Erblassers dessen Einheitswertanteil vorweg zuzurechnen.
Nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB) setze sich der Kapitalanteil eines Gesellschafters aus den anteiligen Gewinnen, den Einlagen sowie aus den anteiligen Verlusten und zulässigen Entnahmen zusammen. Andere Ansprüche und Verpflichtungen gesellschaftsrechtlicher Natur sowie Vorgänge, die nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis herrührten, beträfen das Beteiligungsverhältnis nicht. Handelsrechtlich handele es sich insoweit um echte Forderungen und Schulden zwischen der Gesellschaft und dem Mitunternehmer, die sich weder auf die Gewinnermittlung noch auf die Auseinandersetzung auswirkten, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag - was im Streitfall nicht zutreffe - eine abweichende Regelung enthalte. Bei der Aufteilung des Einheitswerts seien die zivilrechtlich bestehenden Forderungen und Schulden als Sonderbetriebsvermögen vorweg zuzurechnen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Denn das FA hat den von dem Kläger ererbten Anteil an der Kommanditbeteiligung des Erblassers an der KG zutreffend mit (33/51 von 96 437 DM =) 62 400 DM angesetzt.
1. Nach § 12 Abs. 5 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 in der für den Streitfall maßgebenden Fassung sind für den Bestand und die Bewertung von Betriebsvermögen grundsätzlich die Vorschriften der §§ 95 bis 100, 103 bis 105, 108 und 109 Abs. 1 und 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) entsprechend anzuwenden.
Nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG in der für den Streitfall maßgebenden Fassung bilden einen gewerblichen Betrieb und daher Betriebsvermögen unter anderem alle Wirtschaftsgüter, die inländischen Kommanditgesellschaften gehören. Da die Wirtschaftsgüter des Personengesellschaftsvermögens mehreren Personen (zur gesamten Hand) zustehen, ist ihr Wert gemäß § 3 BewG i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die Beteiligten (Gesellschafter) nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen. Die Verteilung des Vermögens einer Personengesellschaft auf die Gesellschafter erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), an der der erkennende Senat festhält, in erster Linie nach dem "Vermögensanteil" der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen (vgl. Urteile vom III R 72/70, BFHE 103, 1, BStBl II 1971, 678; vom II R 157/87, BFHE 167, 174, BStBl II 1992, 543, und vom III R 49/78, BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2).
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist zur Bestimmung des "Vermögensanteils" des einzelnen Personengesellschafters dessen Mitgliedschaft in allen ihren vermögensmäßigen Beziehungen zu den Mitgliedschaften der anderen Gesellschafter ins Verhältnis zu setzen (grundlegend BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2). Der für das Betriebsvermögen der Personengesellschaft festgestellte Einheitswert ist auf die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich nach dem Wertverhältnis der Mitgliedschaftsrechte der Beteiligten unter Berücksichtigung von deren Substanz- und Ertragswert aufzuteilen (BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2, unter 2.c).
Zum Zwecke der Ermittlung des Beteiligungsverhältnisses am Substanzwert ist von den Kapitalkonten der Gesellschafter in der Handelsbilanz auszugehen. Um auf der Grundlage dieser Kapitalkonten einen brauchbaren Maßstab für die Aufteilung des Vermögens zu erhalten, müssen die Kapitalkonten so verändert werden, daß sie das nach gesellschaftsrechtlichen Regeln auf den einzelnen Gesellschafter entfallende tatsächliche Gesellschaftsvermögen hinreichend zutreffend wiedergeben. Hierzu sind die Kapitalkonten laut Handelsbilanz in der Weise zu berichtigen, daß zunächst das Mehrvermögen, das sich bei Aufdeckung der im Anlage- und Umlaufvermögen vorhandenen stillen Reserven ergibt, den Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter nach dem Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet wird. Ebenfalls zuzurechnen sind die Anteile an einem eventuell vorhandenen (originären) Firmenwert (näher dazu vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 157, BStBl II 1982, 2, unter 2.c, aa und bb).
2. Diesen Grundsätzen ist das FG im wesentlichen gefolgt. Es hat jedoch rechtsirrig angenommen, daß die neben den festen Kapitalkonten für die Gesellschafter der KG geführten variablen Kapitalkonten ("Kapitalkonten II"; "Darlehenskonten") handelsrechtlich keine Kapitalkonten im eigentlichen Sinne - d.h. Eigenkapital der KG - darstellten, sondern echte Darlehenskonten der Gesellschafter verkörperten, die - soweit es die positiven Kapitalkonten II betrifft - Forderungen der betreffenden Gesellschafter gegen die KG und - in bezug auf das negative Kapitalkonto II des Erblassers - eine Verbindlichkeit des Erblassers gegenüber der KG auswiesen.
Träfe diese Auffassung des FG zu, so läge es in der Tat nahe, den jeweiligen Stand des Kapitalkontos II dem betreffenden Gesellschafter bei der Aufteilung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der KG - als Sonderbetriebsvermögen bzw. wie Sonderbetriebsvermögen - vorab zuzurechnen. Der Senat braucht diese Frage nicht abschließend zu entscheiden; denn die Kapitalkonten II stellen im Streitfall - neben den festen Kapitalkonten - auch aus handelsrechtlicher Sicht Eigenkapital der Gesellschaft dar.
a) Die - abdingbare - Regelung des HGB sieht für den Kommanditisten - ebenso wie für den Gesellschafter einer OHG oder für den persönlich haftenden Gesellschafter einer KG - ein einheitliches - variables - Kapitalkonto vor (vgl. § 167 i.V.m. § 120 HGB).
Die beschriebenen gesetzlichen Regeln werden allerdings in der Praxis häufig abbedungen. Oft sehen die Gesellschaftsverträge ein System kombinierter Kapitalanteile mit geteilten Kapitalkonten vor. Auf einem ersten - festen - Kapitalkonto wird die ursprüngliche Einlage verbucht. Nach dem Verhältnis der festen Kapitalanteile richten sich in der Regel die Vermögensbeteiligung, das Stimmrecht und die Gewinn-und Verlustbeteiligung. Auf einem zweiten - variablen - Gesellschafterkonto ("Kapitalkonto II", "Darlehenskonto", "Personalkonto", "Privatkonto") werden fortlaufend insbesondere die Gewinn- und Verlustanteile sowie die Entnahmen des Gesellschafters erfaßt.
Außer Frage steht, daß das Guthaben auf dem ersten Konto, dem Festkonto, das die Beteiligungsquote des Gesellschafters darstellt, keine schuldrechtliche Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft wiedergibt (Huber, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht - ZGR - 1988, 1, 65). Welche Rechtsnatur (Eigenkapital oder Forderungskonto) hingegen das zweite - variable - Konto hat, muß im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der von den Gesellschaftern beabsichtigten zivilrechtlichen Folgen bestimmt werden (, BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, unter II. 3.).
Um eine schuldrechtliche Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und nicht um Eigenkapital handelt es sich bei dem Guthaben auf dem zweiten Konto dann, wenn der Gesellschafter insoweit über einen unentziehbaren, nur nach den §§ 362 bis 397 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erlöschenden Anspruch gegen die Gesellschaft verfügen soll, der auch im Konkurs der Gesellschaft wie die Forderung eines Dritten geltend gemacht werden kann und der noch vor der eigentlichen Auseinandersetzung zu erfüllen ist, also nicht lediglich einen Teil des Auseinandersetzungsguthabens des Gesellschafters darstellt (BFH-Urteil in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, unter II. 4.a und b).
Für die Bestimmung der Rechtsnatur des sogenannten zweiten Kontos kommt es nicht entscheidend auf dessen äußerliche Bezeichnung (als "Kapitalkonto II", "Darlehenskonto" usw.) an (Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 259). Ebensowenig spielt eine maßgebliche Rolle, ob der jeweilige Kontostand (Guthaben oder Schuld) verzinst wird; denn eine Verzinsung von Fremdkapital und von Eigenkapitalanteilen ist gleichermaßen üblich und typisch (vgl. §§ 110 f. HGB; § 121 Abs. 1 und 2, § 168 Abs. 1 HGB; BFH-Urteil in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, unter II. 4.e). Auch der Umstand, daß der Gesellschafter nicht sofort über sein Guthaben auf dem zweiten Konto verfügen kann, spricht nicht ohne weiteres gegen dessen Fremdkapital-Charakter, weil auch Gesellschafterdarlehen mit Kündigungsbeschränkungen versehen sein können, die in ihrem wirtschaftlichen Gehalt Entnahmebeschränkungen beim Eigenkapital gleichstehen (BFH-Urteil in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, unter II. 5.d). Ohne Belang für den rechtlichen Charakter des zweiten Kontos ist schließlich auch der Umstand, daß sich die Gewinn- und Verlustbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag nur nach den festen Beteiligungskonten richtet (BFH-Urteil in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551, unter II. 5.f).
Entscheidend für den Eigenkapital-Charakter des zweiten Kontos spricht dagegen eine gesellschaftsvertragliche Regelung, wonach auf diesem Konto auch Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden (, BFHE 132, 329, BStBl II 1981, 280; vom II R 36/79, BFHE 132, 345, BStBl II 1981, 325; vom I R 123/77, BFHE 133, 412, BStBl II 1982, 211; in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551; Huber, Vermögensanteil, S. 248 f., 259; derselbe:, ZGR 1988, 1, 70 f.). Sind nämlich die Gutschriften auf dem zweiten Konto mit künftigen Verlusten zu verrechnen, kann von "echten" Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und damit von Fremdkapital nicht die Rede sein. Der Gesellschafter erwirbt durch eine solche Gutschrift gerade keinen unentziehbaren Anspruch gegen die Gesellschaft. Vielmehr nimmt er mit seinem Guthaben an den Risiken des Unternehmens teil. Derartiges Risikokapital ist als Einlage, nicht als Darlehensforderung zu qualifizieren (Huber, ZGR 1988, 1, 70 f.). Denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung des Gläubigers grundsätzlich unvereinbar (Huber, Vermögensanteil, S. 248).
b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß nicht nur die Festkonten der Kommanditisten (Kapitalkonten I), sondern auch deren variable Konten ("Kapitalkonen II" bzw. "Darlehenskonten") handelsrechtlich "echte" Kapitalkonten und damit Eigenkapital der KG darstellten. Dafür spricht - nach dem Vorgesagten - der Umstand, daß auf den variablen Konten der Kommanditisten - wie die Zwischenbilanz der KG auf den belegt - auch deren Verlustanteile verbucht wurden. Dies wird auch bestätigt durch die Regelung in § 11 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach bei Kündigung der Gesellschaft Auszahlung und Verzinsung des Darlehenskontos den gleichen Bedingungen wie die Auszahlung und Verzinsung des Abfindungsguthabens unterliegen (vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 249, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Eine solche Handhabung steht der Qualifikation der Kapitalkonten II als "echte" Darlehenskonten entgegen. Dies gilt nicht nur für die positiven Kapitalkonten II der Ehefrau und der Kinder des Erblassers, sondern ebenso für das negative Kapitalkonto II des Erblassers. Eine Aufspaltung des einheitlichen negativen Kapitalkontos II des Erblassers in einen Teil, der durch die Verlustanteile (und die "normalen" Entnahmen), und einen weiteren Teil, der durch überhöhte Entnahmen verursacht worden ist, hat entgegen der offenbar vom FG vertretenen Auffassung zu unterbleiben. Sie wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ausschließlich der durch die Verlustanteile (und die "normalen" Entnahmen) verursachte Teil des Debet-Saldos den handelsrechtlichen Kapitalanteil des Erblassers gemindert hätte, wohingegen der durch die überhöhten Entnahmen verursachte Teil des Debet-Saldos eine "echte" Forderung der KG gegen den Erblasser dargestellt hätte. Letzteres wäre zum einen dann anzunehmen, wenn es sich bei den überhöhten, durch entsprechende Gewinnanteile nicht gedeckten Entnahmen des Erblassers um unberechtigte - verbotene - Zahlungen gehandelt hätte, also solche Entnahmen, die dem Erblasser nach dem Gesellschaftsvertrag oder einer Vereinbarung mit den übrigen Gesellschaftern nicht gestattet gewesen wären. Solche verbotenen Entnahmen wären (sofort) an die Gesellschaftskasse zurückzuzahlen gewesen (vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 253). Eine derartige Sachlage liegt indessen im Streitfall nicht vor; denn die überhöhten Entnahmen des Erblassers erfolgten nach den Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) im Einverständnis mit der KG.
Eine "echte", noch vor der eigentlichen Auseinandersetzung zu begleichende Forderung der KG gegen den Erblasser wäre zum anderen dann anzunehmen, wenn die beteiligten Gesellschafter eine entsprechende (Darlehens-)Vereinbarung getroffen hätten. Gegen das Vorliegen einer dahingehenden Vereinbarung spricht indessen schon der Umstand, daß die Beteiligten die überhöhten Entnahmen nicht auf einem separaten Konto - d.h. auf einem gewöhnlichen Debitorenkonto der KG (vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 253) - verbucht haben, sondern - wie es im übrigen auch ihrer Bezeichnung als "Entnahmen" und nicht etwa als Darlehen entsprach - zusammen mit den übrigen, "normalen" Entnahmen und den Verlustanteilen dem Kapitalkonto II des Erblassers belasteten. Da es sich bei den Kapitalkonten II der KG - wie dargelegt - um "echte" Kapitalkonten im handelsrechtlichen Sinne handelte, dokumentierten die Gesellschafter durch diese Verbuchungen, daß der Erblasser den auf seinem Kapitalkonto II entstandenen Debet-Saldo während des Bestehens der Gesellschaft gerade nicht sollte ausgleichen müssen. Er war lediglich gehalten, den Soll-Saldo mit künftigen Gewinnanteilen zu verrechnen und bei seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft bzw. bei deren Auflösung mit seinem Festkapitalanteil und seinem Guthaben aus der Abschichtungs- bzw. Liquidationsschlußbilanz zu verrechnen (vgl. Huber, ZGR 1988, 1, 59).
Hätten die Gesellschafter der KG, die sämtlich einander nahestehende Personen waren, etwas anderes - namentlich eine Darlehensvereinbarung - treffen wollen, so könnte dies mit steuerlicher Wirkung nur dann anerkannt werden, wenn sie - worauf das FA zu Recht hingewiesen hat - eine dahingehende klare und ernsthafte Vereinbarung getroffen und diese auch buchmäßig in der Bilanz der KG eindeutig zum Ausdruck gebracht hätten.
Ohne Belang für den Charakter des negativen Kapitalkontos II des Erblassers als Bestandteil des handelsrechtlichen Eigenkapitals ist entgegen der Auffassung des Klägers der Umstand, daß die zu einem Debet-Saldo führenden Entnahmen des Erblassers zu einem Wiederaufleben dessen persönlicher Haftung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB geführt haben.
c) Stellten die Kapitalkonten II der Gesellschafter der KG folglich Bestandteile des handelsrechtlichen Eigenkapitals dar, so hat sie das FA zu Recht in die Ausgangsgrößen (= Kapitalkonten laut Handelsbilanz) zur Ermittlung der Unternehmenswertanteile einbezogen (vgl. oben 1.) und es unterlassen, sie - entsprechend der Behandlung des Sonderbetriebsvermögens - vorab den einzelnen Gesellschaftern zuzurechnen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 1994 II Seite 88
QAAAA-95046