NWB-BB Nr. 7 vom Seite 219

Haftungsfalle Krisenmandant: BGH verlangt vom Berater Hinweise auf Insolvenzgründe

Anforderungen und Risiken steigen

RA/StB Cornelius Nickert und RA Matthias Kühne *

Bislang war streitig, ob der Steuerberater bei der Erstellung einer Handelsbilanz verpflichtet sein sollte, auf etwaig bestehende Insolvenzrisiken hinzuweisen. Nach der wohl h. M. in der Literatur bestand schon aufgrund der Regelung des § 264 Abs. 2 HGB eine „Redepflicht“. Der BGH hat nun in einem aktuellen Urteil vom - IX ZR 285/14 NWB JAAAG-37973 zur Haftung des Steuerberaters im Zusammenhang mit der Beratung eines Krisenmandanten und zu eventuell bestehenden Redepflichten Stellung genommen.

I. Die BGH-Entscheidung in Kürze

Das NWB JAAAG-37973 lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Besteht für eine Kapitalgesellschaft ein Insolvenzgrund, scheidet eine Bilanzierung nach Fortführungswerten aus, wenn innerhalb des Prognosezeitraums damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, im Eröffnungsverfahren oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird.

  • Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater ist verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln (Ergänzung zu NWB EAAAE-34550, und NWB TAAAE-39856).

  • Eine Haftung des Steuerberaters setzt voraus, dass der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft objektiv zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht.

Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater muss die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinweisen, wenn folgende Situation vorliegt: Es sind entsprechende Anhaltspunkte offenkundig, und er muss annehmen, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist (teilweise Aufgabe von NWB EAAAE-34550).

II. Zum Sachverhalt

Der Steuerberater fertigte handelsrechtliche Jahresabschlüsse für eine GmbH für die Jahre 2003 bis 2007. Die GmbH wies bis auf ein Jahr Verluste und dauerhaft einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aus. Trotzdem bilanzierte der Steuerberater unter der Annahme der Fortführungsprämisse (going concern).

Der Steuerberater wies erstmals beim vierten Jahresabschluss, nachdem schon seit längerer Zeit ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ausgewiesen wurde, darauf hin, dass der Geschäftsführer die Zahlungsfähigkeit und die Vermögensverhältnisse regelmäßig zu überprüfen habe.

Der Kläger beantragte, dass der Steuerberater sämtliche Schäden seit dem zu ersetzen habe, die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstanden seien.

Die Klage gegen den Steuerberater wurde vom Landgericht und vom Oberlandesgericht abgewiesen.

III. Begründung des BGH und Folgen des Urteils

Auf die Revision des Klägers hat der BGH unter Aufgabe seiner jüngeren Rechtsprechung die instanzgerichtlichen Urteile aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

Im Rahmen der ausführlichen Begründung weist der BGH darauf hin, dass er an seiner Entscheidung vom NWB EAAAE-34550 und vom - IX ZR 204/12 NWB TAAAE-39856 nur noch teilweise festhält.

Demnach ist vom Steuerberater nicht nur eine Tätigkeit geschuldet. Da die den Steuerberater beauftragende GesellS. 220schaft mit der Beauftragung ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen will, muss der Jahresabschluss den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist in einer Handelsbilanz bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (going concern) auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.

Von diesen Grundsätzen darf gemäß § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Aufgrund der Gesetzesarchitektur ist im Zweifelsfall von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen.

1. Bringschuld für Unterlagen und Auskünfte bei Mandant

Der Mandant erwartet, dass der Steuerberater den Jahresabschluss auf Grundlage der zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst bekannten Umständen vollständig erstellt. Dazu gehört auch, dass er Bewertungsfragen – im Zusammenwirken mit dem Mandanten – klärt und bei offenen Fragen die damit zusammenhängenden Probleme erläutert und eine Entscheidung des Mandanten herbeiführt.

Der Steuerberater ist aber nicht verpflichtet, die für die positive Fortführungsprognose erforderlichen Tatsachen selbst zu ermitteln. Diese Bringschuld liegt beim Mandanten. Die Art der Auftragserteilung (Erstellung, Plausibilisierung, umfassende Beurteilung) regelt dann, wie der Steuerberater mit den Unterlagen und Auskünften umgehen muss.

Ein Jahresabschluss ist aber unabhängig vom Umfang der Prüfungspflicht des Steuerberaters (Erstellung, Plausibilisierung oder umfassende Beurteilung) stets dann mangelhaft, wenn er

  • auf der Grundlage der dem Steuerberater übergebenen Unterlagen und Angaben des Unternehmers und

  • der dem Steuerberater bekannten Umstände

handelsrechtliche Vorgaben verletzt.

Dafür ist erforderlich, dass der Jahresabschluss ex ante fehlerhaft war. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass der Fortführung der Unternehmenstätigkeit tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Dies aber ist eine Prognoseentscheidung des bilanzierenden Unternehmens selbst.

Praxishinweis

Allerdings ist der Steuerberater nicht verpflichtet, über die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und die ihm sonst bekannten Umstände hinaus umfassend Nachforschungen oder Untersuchungen anzustellen oder von sich aus nach möglichen Insolvenzgründen zu forschen. Ihn trifft auch keine allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft.

Es ist originäre Aufgabe des Geschäftsführers, die Zahlungsfähigkeit und eine etwaige Überschuldung des von ihm geleiteten Unternehmens im Auge zu behalten und auf eventuelle Anzeichen für eine Insolvenzreife zu reagieren.

2. Prognosezeitraum ein Jahr

Der BGH hat den handelsrechtlich gebotenen Prognosezeitraum auf das den Abschlussstichtag folgende Geschäftsjahr erstreckt. Auf die Frage der Ausdehnung des Prognosezeitraums wegen einer insolvenzrechtlichen Überlagerung ist der BGH nicht eingegangen.

Die Frage spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn zwar bis zum nächsten Bilanzstichtag das Zahlungsgleichgewicht eingehalten werden kann, aber kurz nach dem Stichtag ein Darlehen zur Prolongation ansteht und auf Basis der aktuellen wirtschaftlichen Lage die Refinanzierung fraglich ist.

3. Beweislast: Regelvermutung

Der BGH weist nochmals darauf hin, dass das Gesetz die Bilanzierung nach der Fortführung als Regelfall und die Einstellung der Tätigkeit als Ausnahme ausgestaltet hat.

Praxishinweis

Es gilt daher folgender Grundsatz: Derjenige trägt die Darlegungs- und Beweislast, der behauptet, dass die Fortführung ex ante überwiegend unwahrscheinlich ist.

Diese Regelvermutung kann aber außer Kraft gesetzt werden, wenn im Prognosezeitraum ein Insolvenzgrund besteht oder zur Entstehung gelangen wird.

Zwar führt ein solcher Insolvenzgrund nicht zwingend zur Aufgabe der Fortführungsprämisse. Allerdings ist in diesem Fall zu prüfen, ob

  • ein glaubhafter Fortführungsinsolvenzplan vorliegt,

  • eine übertragende Sanierung innerhalb des Prognosezeitraums angestrebt wird und möglich ist oder

  • anzunehmen ist, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird.

Die handelsrechtliche positive Fortführungsprognose kann auf zwei Wegen erfolgen:

  1. Von einer impliziten Fortführungsprognose kann dann ausgegangen werden, wenn das Unternehmen in der Vergangenheit Gewinne erwirtschaftet hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und eine bilanzielle Überschuldung droht ( implizite Fortführungsprognose).

  2. Ist dies nicht der Fall, ist die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose, deren Ergebnis in die bilanzielle Fortführungsprognose einzubeziehen ist, erforderlich ( explizite Fortführungsprognose).

4. Prüfungsanlass: wirtschaftliche Schwierigkeiten

Die tatsächlichen Gegebenheiten, die die Unternehmensfortführung verhindern können, sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sobald Hinweise auf entsprechende Umstände vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit näher zu überprüfen.

Insbesondere muss auf Anzeichen geachtet werden, die einen Insolvenzgrund darstellen können – vor allem solche, die die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können. S. 221Indizien hierfür können insbesondere die Ratingnote oder ein negatives Working Capital darstellen.

Download-Tipp

Diese beiden Kennzahlen können Sie mit diesen beiden Excel-Tools berechnen bzw. schätzen: Quick-Rater NWB TAAAD-27096 und Working Capital-Rechner NWB GAAAF-48199.

Erkennt der Steuerberater solche Umstände oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder

  • klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fortführungsprognose in Frage zu stellen, oder

  • dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt.

Übergibt die Gesellschaft dem Steuerberater eine explizite Fortführungsprognose, darf der Steuerberater diese – wenn sie nicht evident untauglich ist – bei der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde legen.

Praxishinweis

Legt der Mandant nicht von sich aus ein Ergebnis einer Prüfung der Fortführungsaussichten vor, muss dies der Steuerberater anmahnen. Hingegen darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen.

5. Hinweispflichten trotz richtiger Bilanz

Trotz inhaltlich richtiger Bilanz können zugunsten des Mandanten Hinweis- und Warnpflichten bestehen, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt. Oder für ihn sind ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig, und er muss gleichzeitig annehmen, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.

Solche Anhaltspunkte können für den Steuerberater etwa in folgenden Fällen dann offenkundig sein:

  • Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft weisen in aufeinander folgenden Jahren wiederholt Fehlbeträge auf, die nicht durch Eigenkapital gedeckt sind.

  • Die bilanziell überschuldete Gesellschaft verfügt über keine stillen Reserven.

Der Steuerberater ist damit verpflichtet, die Mandantin über rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten zu unterrichten, die er im Zuge der Erstellung der Jahresbilanz erkennen muss und die der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entgegenstehen können.

Download-Tipp

Es empfiehlt sich ein kombiniertes Schreiben, in dem jedoch aus Beweissicherungsgründen der handels- und der insolvenzrechtliche Bereich deutlich voneinander zu trennen sind. Das von Sikora erstellte „Musteranschreiben für die Anforderungen einer handelsrechtlichen Going-concern-Prognose mit insolvenzrechtlichem Warnhinweis“ können Sie in der NWB Datenbank (Login über www.nwb.de) unter NWB AAAAG-47109 abrufen.

6. Keine Haftung nach Aufklärung und klarer Weisung durch den Mandanten

Der vom Steuerberater erstellte Jahresabschluss ist im folgenden Fall trotz dem Steuerberater erkennbarer Zweifel an der Fortführungsvermutung mangelfrei:

  • Der Steuerberater hat die Gesellschaft zunächst auf die konkreten Umstände hingewiesen hat, deretwegen keine ausreichende Grundlage vorhanden war, um ungeprüft Fortführungswerte nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zugrunde legen zu können.

  • Die Gesellschaft hat ihn daraufhin aber ausdrücklich angewiesen, gleichwohl die handelsrechtliche Bilanz mit Fortführungswerten zu erstellen.

Beruht der Mangel eines Werks auf Anweisungen oder verbindlichen Vorgaben des Bestellers, entfällt die Haftung für Mängel, sofern der Steuerberater die erforderlichen Prüfungen durchgeführt und die notwendigen Hinweise gegeben hat.

Dies gilt aber nur dann, wenn der Steuerberater die Weisung des Mandanten nicht als offenbar fehlerhaft erkannt hat. Der Steuerberater darf nämlich nicht an offenkundigen Fehlbewertungen teilnehmen. In diesem Fall würde sogar eine Strafbarkeit drohen (§ 331 HGB).

Praxishinweis

Erfüllt der Steuerberater diese Hinweispflicht nicht, kommt eine Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden in Betracht. Denn die Gesellschaft hätte tatsächlich früher Insolvenz anmelden können, wenn ihr die mit den (wiederholten) Jahresfehlbeträgen verbundenen Risiken aufgezeigt worden wären. Damit macht sich der Steuerberater de facto die Haftung des Geschäftsführers für alle Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife nach § 64 GmbHG zu eigen.

IV. Exkurs: Haftung bei BWA-Erstellung

In der Praxis noch wenig berücksichtigt wird ein Urteil des OLG Oldenburg zur Haftung bei fehlerhafter BWA (OLG Oldenburg, Urteil vom - 14 U 8/12 NWB VAAAE-39595; NWB DAAAE-63836; Anmerkung: Die Klage des Insolvenzverwalters blieb erfolglos, weil er den Ursachenzusammenhang nicht beweisen konnte):

„Zwar gibt eine BWA nur einen vorläufigen Stand der Buchführung wieder, der durch verschiedene Abschlussbuchungen erst zu einem Jahresabschluss entwickelt werden muss. Gleichwohl bilden die Ergebnisse der BWA unter der Annahme der vollständigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle aber eine entscheidende Grundlage für die weitere finanzielle Planung und Entwicklung einer Gesellschaft.“

D. h., „wo BWA drauf steht, muss BWA drin sein“. Dies gilt auch für die Bewertung und den Going concern-Ansatz. Ggf. ist hier ein schriftlicher Auftrag (Erstellung, Plausibilisierung etc.) anzufordern. Im Übrigen verlässt der Steuerberater bei der S. 222BWA-Erstellung die reine Steuerberatungstätigkeit, so dass die obigen deutlich enthaftenden BGH-Urteile zur Disposition stehen.

Nach unserer Meinung ist also wegen der Entscheidung des OLG Oldenburg die Redepflicht auf die BWA-Erstellung übertragbar. Auch diese geht über die Vorbehaltstätigkeit des Steuerberaters gemäß § 33 StBerG hinaus und begründet – gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich – einen betriebswirtschaftlichen Beratungsauftrag.

Literatur- und Download-Tipp

V. Was tun im Fall der Fälle?

1. Schriftlich den Auftrag definieren

Zunächst sollte der Steuerberater seine Aufgabenstellung durch einen schriftlichen Auftrag konkret definieren.

2. Auf Indizien gegen eine Fortführung achten

Des Weiteren sollte der Steuerberater im Rahmen der Abschlusserstellung auf Indizien achten, die gegen eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit sprechen. Der Steuerberater muss klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich geeignet sind, die Fortführungsprognose in Frage zu stellen. Andernfalls muss er dafür Sorge tragen, dass das Unternehmen eine explizite Fortführungsprognose erstellt.

Praxishinweis

Auf vage Aussagen des Mandanten darf sich der Steuerberater hierbei nicht verlassen. Der Steuerberater hat hierbei keine umfassende Prüfungspflicht. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen einen Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt. Daher muss er die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.

Auf diese Umstände hat der Steuerberater konkret und dokumentiert hinzuweisen. Er muss sich im Zweifel exkulpieren können. Die – vom Steuerberater zu beweisenden – Hinweise müssen sowohl die bestehenden Zweifel an der Fortführungsprognose als auch die notwendige Überprüfung genau und im Einzelfall aufzeigen.

Weist der Mandant den Steuerberater dann trotzdem an, den Jahresabschluss unter Fortführungsgesichtspunkten zu erstellen, hat der Steuerberater die vom Mandanten erteilte Anweisung in dem von ihm erstellten Entwurf eines Jahresabschlusses zu dokumentieren.

3. Hinweise bei Unkenntnis und bei bereits fehlerhafter Erstellung des Jahresabschlusses

Ist dem Steuerberater bewusst, dass dem Mandanten die Risiken einer möglichen Insolvenzreife nicht bekannt sind, muss der Steuerberater den Mandanten hierüber konkret und umfassend belehren.

Praxishinweis

Eine weitergehende Prüfungspflicht trifft den Steuerberater – ohne entsprechenden Auftrag – allerdings nicht.

Wurde bereits der Jahresabschluss (fehlerhaft) erstellt, sollte der Steuerberater seinen Mandanten dringend schriftlich darauf hinweisen, dass er die Fortführungsprämisse und etwaige Insolvenzgründe selbständig zu prüfen habe. Bis dorthin darf der Mandant den Jahresabschluss nicht in Verkehr bringen.

Die Belehrung sollte qualifiziert erfolgen, also unter Angabe von Tatsachen, die Zweifel an der Fortführungsprämisse bzw. an der Verneinung etwaiger Insolvenzgründe begründen.

Fazit

Mit dem hat der BGH die streitige Frage der Redepflicht des Steuerberaters bei der Erstellung der Handelsbilanz geklärt und zur Haftung bei objektiv fehlerhafter Bilanzerstellung Stellung genommen. Die Anforderungen an den Steuerberater und die damit verbundenen Risiken sind hierdurch deutlich gestiegen.

Autoren

RA/StB Cornelius Nickert
ist Partner der Kanzlei Nickert in Offenburg, die neben der Steuer- und Wirtschaftsrechtsberatung auf Insolvenzverwaltung und betriebswirtschaftliche Beratung vor der und rund um die Krise spezialisiert ist. Zu den weiteren Veröffentlichungen vgl. www.kanzlei-nickert.de.

RA Matthias Kühne
ist Partner der Kanzlei Nickert in Offenburg. Als Rechtsanwalt, Betriebswirt (IWW), CVA (Certified Valuation Analyst) und Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er KMU in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit bildet die Sanierungs- und Insolvenzberatung, die M&A-Beratung und die Unternehmensbewertung sowie die Beratung zum Risikomanagement von KMU.

Fundstelle(n):
NWB-BB 7/2017 Seite 219
PAAAG-48128