FG Baden-Württemberg Urteil v. - 12 K 1044/15 EFG 2017 S. 1585 Nr. 19

Übertragung eines Zeitwertkonto-Guthabens bei Arbeitgeberwechsel ist nicht steuerbar

Zufluss von Arbeitslohn erst bei Auszahlung aus dem Zeitwertkonto

Verzinsung des Zeitwertkontos führt zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit

Leitsatz

1. Die Übertragung eines Guthabens auf einem Zeitwertkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber ist nicht steuerbar. Der neue Arbeitgeber tritt an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers und übernimmt dessen Verpflichtungen aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme. Leistungen aus dem Wertguthaben durch den neuen Arbeitgeber gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

2. Als Arbeitslohn zu versteuern ist noch nicht die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto, sondern erst die Auszahlung aus diesem.

3. Wird der Betrag auf dem Zeitwertkonto verzinst, so sind die nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ausgezahlten Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern durch das Dienstverhältnis veranlasste Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die im Zeitpunkt der Auszahlung und nicht schon im Moment der Gutschrift auf dem Konto zu versteuern sind.

Gesetze: EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 11 Abs. 1, EStG § 20, SGB IV § 7b, SGB IV § 7f

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Der verheiratete Kläger war im Streitjahr 2012 einer von zwei Geschäftsführern. Der Kläger war mit Wirkung zum von der Firma A GmbH zum Geschäftsführer bestellt worden. Nunmehr firmiert sein (früherer) Arbeitgeber unter dem Namen B GmbH. Gesellschafter waren jeweils fremde Dritte.

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der A GmbH datiert vom (Rb-Akte, S. 33 ff) und ist vom Kläger unterschrieben. Nach § 1 1.1 des Vertrages vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen gerichtlich und außergerichtlich. Nach § 1 1.2 führt er gemeinsam mit den weiteren Geschäftsführern die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages. Er hat den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Nach § 9 9.3 stellt die Gesellschaft dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen dieses Vertrags einen Dienstwagen der Marke Mercedes xxx oder ein vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung, worüber ein gesonderter Dienstwagenvertrag abgeschlossen wird. Der Dienstwagen darf durch den Geschäftsführer zu privaten Zwecken genutzt werden. Der geldwerte Vorteil steht dem Geschäftsführer neben seiner Vergütung gemäß § 7 des Vertrags zu; die hierauf entfallende Lohnsteuer trägt der Geschäftsführer. Nach § 7 7.3 schließt die Gesellschaft als betriebliche Altersversorgung eine Direktversicherung zugunsten des Geschäftsführers ab, deren Einzelheiten noch gesondert festgelegt werden. Zustimmungspflichtige Geschäfte sind nach § 2 2.2 Buchst. g die Erteilung von Versorgungszusagen aller Art, durch welche zusätzliche Verpflichtungen der Gesellschaft über die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung hinaus begründet werden. Nach § 3 ist der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen GesetzbuchsBGB – befreit. Nach § 13 13.2 bedürfen sämtliche Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und der Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung.

Am schlossen die A GmbH, vertreten durch den Kläger, und der Kläger eine Vereinbarung zur Einführung von Zeitwertkonten, eine Wertguthabenvereinbarung nach § 7b Sozialgesetzbuch – SGB – IV. Diese sollte ihm ermöglichen, durch die Einzahlung eines Teiles des Gehalts, wie auch eventueller Erfolgsvergütungen, eine spätere Freistellung von der Arbeitsleistung, z.B. für eine Vorruhestandsregelung, eingehen zu können. Nach Ziffer 7 hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber im Ausscheidemonat einen sofortigen Rechtsanspruch auf vollständige Auszahlung des Guthabens nach Punkt 4 Abs. 4 der Vereinbarung, soweit er dies in Anspruch nehmen möchte. Nach Punkt 7.1 kann bei einem Wechsel des Arbeitgebers das Wertguthaben auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden.

Zur Rückdeckung schloss der damalige Arbeitgeber einen Vertrag über die Zeitkontenrückdeckung mit Garantie, ein sog. Zeitarbeitskonto, bei der Y Lebensversicherung-AG, ab. Mit Schreiben vom bestätigte die Y Lebensversicherung-AG dem früheren Arbeitgeber des Klägers die Finanzierung und Insolvenzsicherung des Langzeitkontenmodells. Wichtige Daten zum Vertrag „Zeitkontenrückdeckung mit Garantie” lagen bei (Klage-Akte, S. 185 ff.). Die Y Lebensversicherungs-AG informierte mit Schreiben vom den Kläger über den zwischen ihr und dem Arbeitgeber des Klägers geschlossenen Dienstleistungsvertrag zur Zeitkontenrückdeckung mit Garantie und die Einrichtung eines Altersteilzeitkontos, das sie, die Y Lebensversicherungs-AG, verwalten werde. Sie zeigte die Verpfändung des Kontos zu Gunsten des Klägers an, so dass, falls der Arbeitgeber zahlungsunfähig werden sollte, dem Kläger aufgrund der Verpfändung die auf dem Konto durch Einzahlung aufgebauten Mittel in der Höhe zustehen sollten, in der der Kläger arbeitsrechtliche Ansprüche gegen den Arbeitgeber habe. Sodann flossen Teile des Gehalts direkt in das Zeitarbeitskonto bei der Y. Der Arbeitgeber hatte die Beiträge direkt eingezahlt. Eine Auszahlung vom Zeitarbeitskonto konnte nur durch Beantragung des Klägers bei seinem Arbeitgeber und durch dessen Abruf bei der Y erfolgen.

In den Bilanzen des Arbeitgebers sind die Verpflichtung aus dem Wertguthabenkonto und die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung ausgewiesen.

Seit ist der Kläger nicht mehr Geschäftsführer der Firma B GmbH. Ihm wurde fristlos gekündigt.

Seit 2015 arbeitet er in Teilzeit bei Steuerberater C. Nach § 1 des Arbeitsvertrags begann das Anstellungsverhältnis als Bilanzbuchhalter mit Wirkung vom . Nach § 2 des Arbeitsvertrags erklärte sich der Arbeitgeber bereit, ein bei der Y abgeschlossenes Zeitarbeitskonto vom bisherigen Arbeitgeber zu übernehmen und daraus entsprechende monatliche Auszahlungen an den Arbeitnehmer zu leisten. Die Höhe der Auszahlung bestimme der Arbeitnehmer, sie werde außerdem in einer Wertguthabenvereinbarung geregelt. Nach § 3 beträgt die regelmäßige Arbeitszeit wöchentlich 16 Stunden. Der neue Arbeitgeber und der Kläger schlossen eine Wertguthabenvereinbarung ab. Der frühere Arbeitgeber des Klägers übertrug hierzu das Wertguthaben der Y Zeitwertkonten des Klägers auf dessen neuen Arbeitgeber. Der bisherige und der neue Arbeitgeber haben am eine entsprechende Vereinbarung über die Übertragung eines Wertguthabens nach § 7f Abs. 1 Nr. 1 SGB IV getroffen. Der neue Arbeitgeber übernahm dadurch das Zeitarbeitskonto sowie die vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Y Lebensversicherung-AG. Am vereinbarten der Kläger und sein neuer Arbeitgeber einen Auszahlungsplan.

Der Kläger versteuert die Auszahlungen.

Mit Schreiben vom teilte die Y Lebensversicherung-AG dem früheren Arbeitgeber des Klägers die gewünschten Aktivwerte in EUR für die Stichtage , , , , und mit.

Mit Schreiben vom erteilte die Y Lebensversicherung-AG dem Beklagten Auskunft zum Zeitkontenrückdeckung Vertrag Nr. x/xxxx des (früheren) Arbeitgebers des Klägers über die rechnerischen Zinsen der Jahre 2009-2014. Die Versicherung wies darauf hin, dass die Zinsen der Jahre 2009-2014 auf Beiträgen der Jahre 2005-2014 beruhen. Eine Berechnung der Zinsen nur auf Beiträge (Einzahlungen) ab Februar 2009 sei nach Rücksprache mit der Fachabteilung nicht möglich. Das regle, dass alle Zuführungen zu Zeitwertkonten von Geschäftsführern bis zum erst bei Auszahlung zu besteuern seien. Spätere Zuführungen seien sofort als Arbeitslohn zu besteuern. Eine Regelung zum Zufluss von Erträgen aus den Zuführungen zum Zeitwertkonto ab sei von den Regelungen des BMF-Schreibens zutreffend nicht umfasst. Die Erträge stünden dem Arbeitgeber als Vertragsinhaber und wirtschaftlich Berechtigten zu und seien diesem steuerlich/wirtschaftlich zuzurechnen. Die Erträge gelangten nicht in die Verfügbarkeit des Arbeitnehmers und könnten nicht als private Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert werden. Erträge (rechnerische Zinsen) aus dem vorliegenden Zeitkontenrückdeckungsvertrag würden erst zum Zeitpunkt der Auszahlung gutgeschrieben. Erst dann könne über sie verfügt werden. Der Arbeitnehmer sei weder Anspruchsberechtigter der Erträge noch flössen ihm diese zu.

Nach Schreiben „im Januar 2012” des früheren Arbeitgebers des Klägers, unterschrieben von Frau D und Herrn E, an den Kläger, erbringt dieser seit Jahren den Nachweis der Fahrten mit dem zur Verfügung gestellten Firmenwagen per Fahrtenbuch. „Dabei haben wir festgestellt, dass die Anzahl Ihrer Privatfahrten nur einen sehr geringen Anteil an ihren Gesamtfahrten darstellen. Wir haben daher beschlossen, die Privatfahrten mit Ihrem Firmenfahrzeug grundsätzlich zu untersagen. Da Sie uns den Nachweis eines zusätzlichen privaten Familienfahrzeuges erbracht haben, sehen wir dies auch als machbar an. Bitte richten Sie sich ab Februar 2012 entsprechend darauf ein. Mit den besten Grüßen aus X”

Einen Beschluss der Gesellschafterversammlung über das Verbot der Privatnutzung des Firmenwagens gibt es nicht.

Der frühere Arbeitgeber des Klägers teilte dem Beklagten mit Schreiben vom (Rb-Akte, 24 f.) u.a. mit, sie habe von dem Schreiben vom Januar 2012 erstmalig im Januar 2014 erfahren. Kein Gesellschafter sowie Geschäftsführer (außer dem Kläger) habe bis dahin Kenntnis von dem Schriftstück und von einer tatsächlichen Veränderung der Dienstwagennutzung gehabt. Arbeitsvertragliche Änderungen im Hinblick eines Geschäftsführervertrages könnten nur im Rahmen einer Gesellschafterversammlung mit einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss rechtlich wirksam umgesetzt werden. Da es einen solchen Gesellschafterbeschluss bzw. eine daraus resultierende Vollmacht für die zwei Prokuristen Frau D und Herren E nicht gab bzw. gibt, sei das angebliche Privatnutzungsverbot nicht rechtswirksam zustande gekommen. Der Kläger habe das Schreiben veranlasst. Ihr, dem Arbeitgeber, sei nicht bekannt, dass sich das Fahrverhalten ab Februar 2012 verändert hätte. Vielmehr lägen seit Februar 2014 Fahrtenbücher für die Jahre 2012 und 2013 vor, aus denen eindeutig hervorginge, dass er seinen Dienstwagen weiterhin für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt habe. Darüber hinaus sei ihr bekannt, dass neben den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weitere Privatfahrten stattgefunden hätten.

Nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer verklagte der Kläger seinen früheren Arbeitgeber vor dem Landgericht Z (Az. XXX). […]

Nach dem Protokoll über die öffentliche Sitzung des Landgerichts Z vom hat der Kläger auf informatorische Frage des Gerichts erklärt:

„Ich habe damals, das war so Ende 2011, relativ wenig Privatfahrten mit dem Dienstfahrzeug unternommen, der Anteil war sehr gering. […]

Auf Frage des Gerichts, ob er mit Herrn L vereinbart habe, dass die Privatnutzung aus dem Vertrag heraus genommen werde, antwortete der Kläger: „Ja”. Auf Frage des Gerichts, warum dies nicht schriftlich vereinbart wurde, antwortete der Kläger: „Das war damals so üblich, dass ich mit Herrn L vieles telefonisch abgesprochen habe.” Auf Frage der Beklagtenvertreterin, ob er mit dem Dienstwagen lediglich noch die Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnort vorgenommen habe, antwortete der Kläger: „Ja.”

Nach dem Protokoll über die mündliche Verhandlung am sagten Frau D, Herr L und Herr E als Zeugen aus.

Nach dem Urteil des Landgerichts Z vom XXX hatte der Kläger u.a. das Schreiben vom Januar 2012 über die Untersagung der privaten Nutzung des Dienstfahrzeug durch Aufforderung an die Prokuristen D und E, dieses Schreiben zu unterzeichnen, seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt. […]

Der Beklagte hatte zunächst mit Einkommensteuerbescheid für 2012 vom den Bruttoarbeitslohn des Klägers in erklärter und entsprechend der auf der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers ausgewiesen Höhe angesetzt. Als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit berücksichtigte er erklärungsgemäß Aufwendungen für die Fahrten mit einem Dienstwagen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte […].

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei dem Arbeitgeber des Klägers gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, die vom Kläger „vorgelegten elektronischen Fahrtenbücher entsprechen offensichtlich nicht den gesetzlichen Anforderungen. So fehlen zum Teil

Angaben über die aufgesuchten Kunden und Geschäftspartner. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wurden als Dienstreisen eingetragen.” Es sei ein geldwerter Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs zu Privatfahrten anzusetzen. Bemessungsgrundlage sei 2012 ein Betrag von 22.587,84 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die Prüfungsfeststellungen Prüfbericht vom Bezug genommen (Rb-Akte, S. 7, 73). Ergänzend wurde dem Beklagten mitgeteilt, der Porsche sei nach dem Fahrtenbuch zu 0,9 % (66 km) für Privatfahrten und zu 26,1 % (1982 km) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden (Rb-Akte, S. 75). Der BMW (xx-xx xxx ab 27.4.; xx-yy yyy ab 27.4.) sei zu 17,9 % (3400 km) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden (Rb-Akte, S. 84). Nach dem Ausdruck des Fahrtenbuchs „Fahrtenbuch.de” für das Fahrzeug xx-yy yyy vom - (Rb-Akte, S. 76-83) beginnen die Eintragungen am . Auch das Fahrtenbuch „Fahrtenbuch.de” für das Fahrzeug xx-xx xxx vom - (Rb-Akte, S. 85-101) weist mehrere Fahrten mit dem Fahrtzweck Reise zu „Treffen mit”, „Essen mit Lieferanten, Partnern oder Kunden” auf, ohne diese Personen zu benennen. Weiterhin sind teilweise die Ausgangs- oder Endpunkte der Reise nicht genau mit Anschrift genannt.

Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid für 2012 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AbgabenordnungAO – am . Er erhöhte den Arbeitslohn des Klägers um 22.587,84 EUR auf 228.768 EUR. Die Einkommensteuer wurde i.H.v. 72.182 EUR festgesetzt.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. […]

Mit Einspruchsentscheidung vom setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2012 unter Änderung des Steuerbescheids vom herab. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Dem Klägers sei die private Nutzung des Dienstwagens gestattet gewesen. […]

Hiergegen erhob der Kläger Klage.

Am reichte der frühere Arbeitgeber des Klägers eine Selbstanzeige mit der Begründung ein, dass eine Übertragung des Wertguthabenkontos auf den neuen Arbeitgeber des Klägers mangels eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zum Störfall und damit zu einer sofortigen Steuerlast führe.

Daraufhin wurden von Seiten der Finanzverwaltung am Ermittlungen eingeleitet.

Am änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für die Jahre 2009-2014. Im Streitjahr 2012 berücksichtigte der Beklagte einen Arbeitslohn des Klägers in Höhe von insgesamt 262.946 EUR und erhöhte die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Erläutert wurde, die Einzahlungen des Arbeitgebers in die Zeitkontenrückdeckungsversicherung in Höhe von 39.000 EUR stelle Arbeitslohn dar. Die Verzinsung der Zuführung stelle bei Gutschrift der Zinsen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, weil der Arbeitnehmer insoweit eine Forderung gegenüber dem Arbeitgeber habe. Die Zinsen betragen 2012 laut Auskunft der Versicherung 4.803,63 EUR. Infolge dieser Änderungen erhöhte sich die Einkommensteuer auf 87.847 EUR.

Der Kläger macht mit seiner Klage im Wesentlichen geltend, ihm gegenüber habe der Arbeitgeber ein wirksames Privatnutzungsverbot des Firmenwagens ausgesprochen. […]. Er räume lediglich ein, im Fahrtenbuch für 2012 die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Geschäftsfahrten bezeichnet zu haben. Dies sei 15 mal im Jahr 2012 geschehen. Außerdem gebe es im Streitjahr 2012 17 Fahrten ohne konkrete Angaben des besuchten Partners bzw. ohne Nennung ausreichender Gründe des Besuchs. All diese Fahrten seien jedoch in seinem Outlook-Kalender mit Kundenname und Grund des Besuches aufgeführt. Im Übrigen seien dies geringfügige Fehler und zum 1. Juni nach einer Information seines Steuerberaters beseitigt worden. Er, der Kläger, habe seine Aufzeichnungen täglich vorgenommen. Jedenfalls ab Juni sei sein Fahrtenbuch ordnungsgemäß.

Zwar gebe es auch in Bezug auf den Abschluss eines Zeitwertkontos in Verbindung mit einer Wertguthabenvereinbarung (Abschluss 10./11.2005, erste Einzahlung 11.2005) keinen Gesellschafterbeschluss. Hierauf komme es jedoch nicht an. Es handle sich nicht um eine „erteilte Versorgungszusage” nach § 2 2.2 Buchst. g des Geschäftsführervertrags, da der Arbeitgeber keine Beiträge hierzu leiste. Es werde lediglich ein Teil seines Bruttogehalts in einer Versicherung angespart und verzinst. Im Übrigen seien die bilanziellen Werte des Zeitwertkontos jedes Jahr gesondert in der Bilanz des Arbeitgebers ausgewiesen und durch die Wirtschaftsprüfer geprüft worden. Sein Arbeitgeber habe auch die Übertragung an den neuen Arbeitgeber vorgenommen. Das Zeitwertkonto sei somit stets den Gesellschaftern bekannt gewesen und sei nie als unrechtmäßig vereinbart bezeichnet worden.

Der Kläger beantragt (in der mündlichen Verhandlung),

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2012 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , geändert am , insoweit zu ändern als dies der heute erzielten Einvernahme entspricht und zusätzlich Arbeitslohn im Streitjahr aus der Zuführung zum Zeitwertguthabenkonto in Höhe von 39.000 EUR nicht zum Ansatz zu bringen.

Der Beklagte beantragt (in der mündlichen Verhandlung),

er tritt einer Änderung des streitigen Steuerbescheids insoweit nicht entgegen, als es der heute gefundenen Einvernahme entspricht (Minderung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und des Ansatzes eines geldwerten Vorteils für die private PKWNutzung) und beantragt im Übrigen, die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er macht im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung geltend, der Kläger habe den Dienstwagen auch zu privaten Zwecken nutzen können. Daher sei mangels Vorliegens eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches, die 1%-Regelung anzuwenden.

Der Kläger sei Organ seines Arbeitgebers gewesen. Eine geregelte Arbeitszeit habe es nicht gegeben. Ein Geschäftsführer habe seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Mit den Aufgaben eines Gesellschafter-Geschäftsführers sei die Führung von Arbeitszeitkonten laut Bundesfinanzhof – BFH – I R 26/15 nicht vereinbar. Unter Berücksichtigung des Aufgabenbilds eines Geschäftsführers sei es unbeachtlich, ob dieser Gesellschafter oder ein Fremdgeschäftsführer sei. Die an das Dienstverhältnis gekoppelte Organstellung begründe eine Organhaftung des Geschäftsführers nach § 43 GmbHG. Eine Freistellung bei gleichzeitiger Beibehaltung der Organstellung sei nicht möglich. Die Bestellung eines Organs unterliege nicht dem Kündigungsschutz, sondern werde frei ausgehandelt. Bei diesem Personenkreis bestehe auch keine planbare Freistellungsphase. Die Freistellung gehe mit der Beendigung der Organstellung einher. Die Vereinbarung zur Einführung von Zeitwertkonten sehe die Einzahlung von Arbeitsentgelt auf einem Zweitwertkonto vor. Die Höhe sei jedoch nicht betragsmäßig bestimmt worden (Tz. 2.2 der Vereinbarung). Werde kein vorab vereinbarter fester Bestandteil eines Gehalts dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, die von der Y mitgeteilten Zuführungen erscheinen willkürlich, lasse dies den Schluss zu, dass der Kläger über die dem Zeitwertkonto zugeführten Beträge verfügen konnte. Daher liege Arbeitslohn vor. Dieser sei dem Kläger auch zugeflossen. Zufluss bedeute wirtschaftliche Verfügungsmacht. Hierfür spreche, dass der Beitrag auf Weisung des Klägers verwendet werde. Es handle sich daher um eine Einkommensverwendung. Es liege eine Lohnverwendungsabrede vor. Dies entspreche dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom (BT-Drs. 17/8991). Dieser sehe den Ausschluss von Organen als gerechtfertigt an. Mit dem Organausschluss werde verhindert, dass zwischen einem Organ und der Körperschaft unvertretbare Vereinbarungen zur Steueroptimierung herbeigeführt werden.

In der mündlichen Verhandlung vom erklärte der Beklagte, in Bezug auf die Erfassung der Zinsen aus der Rückdeckungsversicherung trete er einer Änderung des streitigen Einkommensteuerbescheides durch das Gericht nicht entgegen. Außerdem kamen die Beteiligten überein, den geldwerte Vorteil für die private Nutzung des PKW in Höhe von 11.754,72 EUR zu ermitteln. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2012 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , geändert am , ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Gegenstand des Verfahrens ist nach § 68 S. 1 FinanzgerichtsordnungFGO – der Einkommensteuerbescheid 2012 vom geworden. Dieser ist dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers um (6.030 EUR geldwerter Vorteil für die private Nutzung des vom Arbeitgeber dem Kläger überlassenen Fahrzeugs + 39.000 EUR Zuführung zum Zeitwertkonto =) 45.030 EUR gemindert sowie die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers um 4.803,63 EUR gemindert werden.

Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ist der Arbeitslohn zu ermäßigen.

1. Es ist zum einen ein geldwerter Vorteil für die private Nutzung des vom Arbeitgeber dem Kläger überlassenen Fahrzeugs in Höhe von insgesamt 11.754,72 EUR anstatt nach den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung in Höhe von 17.784,72 EUR anzusetzen. Infolgedessen sind die Einnahmen um 6.030 EUR zu mindern. Die Neuberechnung beruht auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung. Diese ist nicht zu beanstanden. Die Beteiligten haben hierbei die tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls gewürdigt.

2. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers sind außerdem die Einnahmen um 39.000 EUR zu mindern. Der im Streitjahr 2012 infolge einer wirksamen Vereinbarung (a.) auf dem Zeitwertkonto eingestellte Arbeitslohn ist dem Kläger nicht zugeflossen (b.).

a. Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht dem Begriff der Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV. Mit Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom (Flexi I-Gesetz; BGBl. I 1998, 688) wurden erstmalig gesetzliche Regelungen geschaffen. Diese wurden mit Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom (Flexi II-Gesetz, BGBl. I 2008, 2940) geändert. Ein Wertguthaben setzt eine schriftliche Vereinbarung über den Aufbau des Wertguthabens voraus, nach der Arbeitsentgelt, das mit einer vor oder nach der Freistellung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird, eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung aus dem Wertguthaben zu entnehmen.

Im Streitfall liegt eine derartige schriftliche Vereinbarung vor. Diese beruht auf dem Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelung aus 1998 (BGBl. I 1998, 688), das für alle Arbeitnehmer, die im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, galt (Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728, 2729). Sie ist wirksam. Der Kläger war zivilrechtlich wirksam vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit. Der Beklagte geht zwar zu Recht davon aus, dass es keinen entsprechenden Gesellschafterbeschluss gibt, doch die Verpflichtung aus dem Wertguthabenkonto sowie die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung sind in der Bilanz des Arbeitgebers ausgewiesen. Hieraus schließt der Senat, dass die Gesellschafter die Vereinbarung genehmigt haben. Hierfür spricht auch die Übertragung vom früheren Arbeitgeber auf den neuen Arbeitgeber. Außerdem war die Vereinbarung nicht Gegenstand des Zivilrechtsstreits, in dem es um Pflichtverletzungen und Fehlverhalten des Klägers ging.

Der Arbeitgeber hatte gegenüber dem Beklagten lediglich Zweifel daran, das Wertguthaben auf den neuen Arbeitgeber ohne Lohnsteuerabzug übertragen zu können. Es ging darum, ob der Kläger abhängig beschäftigt worden ist. Der Arbeitnehmer (der Kläger) hatte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Recht, sein Guthaben nach § 7f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IV auf den neuen Arbeitgeber zu übertragen. Solch eine Übertragung ist nicht steuerbar (Portner, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten-Modellen, DStR 2009, 1838, 1841), da der neue Arbeitgeber an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers getreten und dessen Verpflichtungen aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme übernommen hat (KSM/von Beckerath, EStG, § 3 Nr. 53 B 53/17). Infolgedessen gehören die Leistungen aus dem Wertguthaben durch den neuen Arbeitgeber zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (KSM/von Beckerath, EStG, § 3 Nr. 53 B 53/17; BT-Drs. 16/10289, 12, 18, 19). Um eine doppelte Besteuerung des Klägers (Zuführung zum Zeitwertkonto als Arbeitslohn sowie Auszahlung aus dem Zeitwertkonto als Arbeitslohn) zu vermeiden, sollte erst die Auszahlung der Besteuerung unterliegen, um eine gleichmäßige Besteuerung zu gewährleisten. Wäre nämlich das Wertguthaben nicht auf den neuen Arbeitgeber, sondern auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen worden, würden die Leistungen aus dem Wertguthaben zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören (§ 3 Nr. 53 S. 2 EStG). Infolgedessen sprechen die Systematik des EStG sowie der Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung für eine „nachgelagerte” Besteuerung.

Der Wirksamkeit der Wertguthabenvereinbarung steht auch nicht entgegen, dass keine gleichmäßigen Beiträge erbracht wurden. Das grundsätzliche Prinzip von Zeitwertkonten ist, dass der Mitarbeiter mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass ein Teil seiner Vergütung, z.B. Überstunden, Boni oder Tantiemen, nicht ausgezahlt wird, sondern auf ein Zeitwertkonto eingezahlt wird und aus diesem Wertguthaben ein Anspruch auf bezahlte Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber entsteht, der nach vereinbarten Regeln später eingelöst werden kann (Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728). Den genannten Vergütungsbestandteilen ist gemein, dass sie weder regelmäßig noch gleichmäßig sind.

b. Ein Zufluss i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG ist gegeben, wenn und sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über die Einnahme verfügen kann. Dies ist der Fall, wenn die Einnahme in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen ist (Schmidt/Krüger, EStG, § 11 Rn. 15). Geldbeträge fließen grundsätzlich durch Bezahlung, Kontogutschrift oder Entgegennahme eines Schecks zu (Schmidt/Krüger, EStG, § 11 Rn. 16). Nach § 11 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 38a Abs. 1 S. 2 EStG gilt laufender Arbeitslohn in dem Kalenderjahr bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Im Streitfall erfolgte im Streitjahr weder eine Barauszahlung an den Kläger noch eine Gutschrift auf einem seiner Konten. Ein Zufluss kann zwar auch in der Zuwendung eines Anspruchs gegen einen Dritten liegen, wenn gerade diese Leistung geschuldet ist (Schmidt/Krüger, EStG, § 11 Rn. 16). Im Streitfall stand jedoch der Betrag dem Kläger noch nicht zur Verfügung. Der Arbeitgeber hat in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bei einem Dritten, der Y Lebensversicherung-AG, die Beträge aus der Entgeltumwandlung angelegt. Der Kläger hatte nach den versicherungsvertraglichen Bestimmungen zunächst keinen Anspruch auf die Auszahlung der Versicherungssumme. Er konnte ohne Zustimmung seines Arbeitgebers nicht über die eingezahlten Beträge wirtschaftlich verfügen. Dies war nach den Vereinbarungen grundsätzlich erst in der Freistellungsphase möglich und damit nach der Vereinbarung eines Auszahlungsplans mit dem (neuen) Arbeitgeber. Infolgedessen ist noch nicht die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto, sondern erst die Auszahlung aus diesem zu versteuern (so auch Finanzgericht – FG – Köln 1 K 1191/12, Entscheidungen der FG – EFG – 2016, 1238; Schmidt/Krüger, EStG, § 19 Rn. 100 Arbeitszeitkonten; HHR/Bergkemper, EStG, § 3 Nr. 53 Rn. 1). Es kommt dadurch zu einem Besteuerungsaufschub (Portner, Steuerliche Behandlung von ZeitwertkontenModellen, DStR 2009, 1838).

Diese Auslegung entspricht der Gesetzesbegründung, nach der die Steuer auf den Zeitpunkt der Auszahlung von Entgelt aus dem Wertguthaben aufzuschieben ist (BT-Drs. 16/10289, 10; BT-Drs. 16/11108, 11), sowie der Rechtsprechung zur Altersteilzeit, nach der der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase Entgelte erarbeitet, die für die spätere Freistellungsphase angespart und bei Auszahlung in der Freistellungsphase versteuert werden, sofern kein Störfall, eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, eintritt (, BeckRS 2011, 95826).

Etwas anderes ergibt sich nicht dadurch, dass die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung verpfändet worden sind. Die Verpfändung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung dient nur der Absicherung der Klägers (, EFG 2016, 1238). Dessen Absicherung führt (noch) nicht zu einer wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Unschädlich ist eine Vereinbarung, wonach dem Arbeitnehmer im Falle der Illiquidität bzw. Insolvenz des Arbeitgebers das alleinige Verwertungsrecht zusteht (Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728, 2731). Der durch Jahressteuergesetz 2007 eingeführte § 3 Nr. 65 S. 1 Buchst. c EStG gewährleistet, dass das Einstehen eines Dritten für die Erfüllung von Ansprüchen gegen den Arbeitgeber aus Arbeitszeitkonten im Falle der Insolvenz ohne steuerliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer möglich ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Organstellung des Klägers (entgegen BStBl. I 2009, 1286, IV 2 b und Harder-Buschner, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten-Modellen, NWB 2009, 2132, 2137). Zum einen kann ein Zeitwertkonto grundsätzlich für alle Arbeitnehmer im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses eingerichtet werden. § 1 LohnsteuerdurchführungsverordnungLStDV – definiert den Begriff Arbeitnehmer. Umfasst sind danach auch Geschäftsführer einer GmbH. Nach dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze (BT-Drs. 17/8991, 6) können ausgehend von der sozialrechtlichen Zielrichtung steuerlich für alle Arbeitnehmer, die sich im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses befinden, Zeitwertkonten eingerichtet werden. Nach dieser Unterrichtung durch die Bundesregierung ergeben sich zwar – wie der Beklagte ausführt – Besonderheiten bei Arbeitnehmern, die gleichzeitig Organ einer Körperschaft oder als Arbeitnehmer beschäftigte beherrschende Anteilseigner sind (insoweit Besteuerung bereits bei Gutschrift auf dem Zeitwertkonto). Begründet werden diese Besonderheiten jedoch nicht. Bezug genommen wird lediglich im Bericht auf Seite 5 auf das (BStBl. I 2009, 1286). Damit handelt es sich bei der Unterrichtung durch die Bundesregierung mit Bezugnahme auf das BMFSchreiben um eine nicht verbindliche Ansicht der Exekutive. Zum anderen kann nicht die Organstellung des Klägers als GmbH-Geschäftsführer zu einer von § 11 Abs. 1 EStG abweichenden Zuflussfiktion führen (so auch , EFG 2016, 1238; Schmidt/Krüger, EStG, § 19 Rn. 100 Arbeitszeitkonten; Graefe, Zeitwertkonten bei Geschäftsführern einer GmbH und Zuflussprinzip – aktuelle Rechtsprechung, DStR 2012, 2419; Hilbert/Paul, Lohnsteuerliche Behandlung von Arbeitszeitkonten, NWB 2012, 3391, 3398). Der Kläger ist einer von zwei Geschäftsführern, so dass auch im Falle seiner Freistellung die Geschäfte geführt werden können. Außerdem ist der Kläger ein Fremdgeschäftsführer. Er ist nicht Gesellschafter. Damit kommt die Rechtsprechung zum Zufluss von Gewinnausschüttungen und anderen unbestrittenen Forderungen bei beherrschenden Gesellschaftern bzw. GesellschafterGeschäftsführern nicht zur Anwendung (, EFG 2016, 1238).

Aus den genannten Gründen kann dahin gestellt bleiben, ob die Grundsätze zur Vereinbarung eines Zeitwertkontos auch für geschäftsführende Gesellschafter zur Anwendung kommen (bejahend: Ziegenhagen/Schmidt, Steuerliche Anerkennung von Arbeitszeitkonten für Gesellschafter-Geschäftsführer, DB 2006, 181; ablehnend: Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728, 2730) oder insoweit nicht dem Grunde und der Höhe nach eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt (Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728, 2729). So entschied der BFH, dass die Vereinbarung eines Arbeitszeit- oder Zeitwertkontos eines Gesellschafter-Geschäftsführers eine verdeckte Gewinnausschüttung sein kann (, DStR 2016, 737).

3. Folgerichtig sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers um 4.803,63 EUR zu mindern. Wird der Betrag auf dem Zeitwertkonto verzinst, so sind die nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ausgezahlten Zinsen durch das Dienstverhältnis veranlasste Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die im Zeitpunkt der Auszahlung und nicht schon im Moment der Gutschrift auf dem Konto zu versteuern sind (Sterzinger, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten, BB 2012, 2728, 2731; Portner, Steuerliche Behandlung von Zeitwertkonten-Modellen, DStR 2009, 1838, 1839 f.). Hinzu kommt, dass der Beklagte insoweit einer Änderung zugestimmt hat.

Dem Beklagten wird die Festsetzung der Einkommensteuer 2012 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe nach § 100 Abs. 2 S. 3 FGO übertragen, der § 100 Abs. 2 S. 3 FGO zu beachten hat.

Eine Änderung der Höhe des Solidaritätszuschlags ergibt sich als Folge der Änderungen bei der Einkommensteuer. Auch insoweit wird die Festsetzung nach Maßgabe der Entscheidungsgründe dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten verhältnismäßig nach § 135 Abs. 1 FGO i.V.m. § 136 Abs. 1 FGO, da sie unter Berücksichtigung des Antrags des Klägers zu Beginn des Verfahrens jeweils teils obsiegt haben und teils unterlegen sind. Erst in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinen Antrag dahin gehend geändert, dass der Ansatz eines geldwerten Vorteils nicht gänzlich zu entfallen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision wird zugelassen. Die Voraussetzungen des § 115 FGO liegen vor. Die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist noch nicht abschließend geklärt. Beim BFH ist das Verfahren VI R 17/16 in einem vergleichbaren Fall anhängig.

Eine Aussetzung dieses Verfahrens im Hinblick auf das anhängige Verfahren war nicht sachdienlich, da im beim BFH anhängigen Verfahren ein Gesellschafterbeschluss vorliegt und im Streitfall der Beklagte mangels eines solchen die Wirksamkeit der Vereinbarungen bestreitet.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
DB 2017 S. 18 Nr. 41
DStR 2018 S. 6 Nr. 25
DStRE 2018 S. 776 Nr. 13
EFG 2017 S. 1585 Nr. 19
EStB 2018 S. 75 Nr. 2
GStB 2018 S. 37 Nr. 2
KÖSDI 2017 S. 20511 Nr. 11
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2017 S. 3186
OAAAG-56331