Immobilien
Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei Sale-and-lease-back, Andienungsrecht, AfA-Berechtigung
Leitsatz
1) Ein Leasingobjekt ist steuerlich dem Leasingnehmer zuzurechnen, wenn der Leasingnehmer den Leasinggeber und zivilrechtlichen Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer und bei gewöhnlichem - gedachten - Ablauf des Sale-and-lease-back-Geschäfts von der Einwirkung auf das Leasingobjekt wirtschaftlich ausschließen kann und zudem die vertraglichen und tatsächlichen Abläufe darauf angelegt sind, dass der Leasinggeber am Ende der Laufzeit sein "Andienungsrecht" nutzt und der Leasingnehmer das Leasingobjekt zu dem bereits vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwerben muss.
2) Aus der Zurechnung des Leasingobjekts zum Leasingnehmer als wirtschaftlichen Eigentümer folgt, dass nur dieser zur Vornahme von Absetzungen gemäß § 7 EStG berechtigt ist.
Gesetze: AO § 39 Abs 2 Nr 1, EStG § 7 Abs 1
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des Veranlagungszeitraums (VZ) 2008. Zwischen ihnen ist im Kern streitig, ob Wirtschaftsgüter im Rahmen eines „sale-and-lease-back”-Vertrages der Klägerseite zuzurechnen sind und diese insbesondere Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 des Einkommensteuergesetzes – EStG – vornehmen kann.
Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger der „… KG” – nachfolgend KG genannt –, deren Gegenstand das Verleasen von Wirtschaftsgütern war. Der Kläger war alleiniger und zu 100 % am Kapital beteiligter Kommanditist. Die Kommanditeinlage betrug 170.000 €. Komplementärin der KG ohne Kapitalbeteiligung war bis zum die G-GmbH und ab dem die V GmbH. Die Komplementärin schied mit Wirkung zum aus der KG aus, wodurch die KG aufgelöst und handelsrechtlich „vollbeendet” sowie der Kläger im Wege der Anwachsung alleiniger Gesamtrechtsnachfolger wurde. Die KG wurde am im Handelsregister gelöscht. Sowohl die frühere als auch spätere Komplementärin befinden sich wegen Insolvenz oder Liquidation in Auflösung.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am (Vertrag …-001) bzw. (Verträge …-002 bis -005) schlossen die KG als Käufer und zukünftiger Leasinggeber und die P GmbH als Verkäufer und zukünftiger Leasingnehmer mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge „sale and lease back”) über sog. Informationssysteme bzw. Medienrechner (Leasingobjekte). Das System bestand jeweils aus einem handelsüblichen Rechner, einer Wandhalterung und TFT-Monitor(en) und diente dazu, an werbewirksamen Standorten von Kunden „Abonnenten”) des Leasingnehmers aufgestellt zu werden (beispielhafter Standortvertrag vgl. Blatt – Bl. – 126 der Gerichtsakte – d. A. –) und dort Informationsprogramme und Werbesendungen auszustrahlen. Das Geschäftsmodell wurde auch in einer Vielzahl von weiteren, zu diesem Zweck gegründeten Leasinggesellschaften verfolgt und war durch die erste Komplementär-GmbH (G-GmbH) als „Renditemodell” konzipiert worden. Die Geschäftsidee war in einem in den Vertragsakten des Beklagten befindlichen „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft” dargelegt. Das Konzept sah eine prognostizierte Laufzeit der Leasinggesellschaft (in Form einer GmbH & Co. KG) von acht Jahren vor. Es sah den Erwerb von mobilen neuwertigen Wirtschaftsgütern vor, die zum Teil fremdfinanziert werden könnten. Der Erwerb sollte erfolgen, wenn die Hersteller (oder Verkäufer) eine Rücknahmeverpflichtung eingehen oder das Wirtschaftsgut einen geregelten Gebrauchtmarkt hat, wie zum Beispiel Fahrzeuge.
Die Leasingverträge sahen im Streitfall eine Vertragslaufzeit von vier Jahren (48 Monate) vor. Geregelt wurde jeweils ein Kaufpreis (für den Erwerb durch die KG), monatliche Leasingraten (der P GmbH) und einen Restwert i.H.v. 20 % des Kaufpreises bei Vertragsende. Das Rechnersystem (Leasingobjekt) wurde zunächst vom Leasinggeber (KG) auf Wunsch des Leasingnehmers (P GmbH) zu den Verkaufs-, Lieferungs- und Gewährleistungsbedingungen des Herstellers oder Lieferanten erworben. Der Kaufpreis der Systeme (Beispiel: System 1: 8.000 € netto) und der in den Standortverträgen mit den Abonnenten angegebene Wert der Einheit (beim System 2: 3.800 € netto) unterscheiden sich erheblich.
Der Leasingnehmer konnte sich wegen Gewährleistungsansprüchen an den Lieferanten und/oder Hersteller halten. Die Geschäftsführerin der P GmbH, Frau I, bürgte selbstschuldnerisch für die Ansprüche aus dem Leasingvertrag einschl. des geregelten Restwerts bei Vertragsende. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Leasingverträge (Bl. 114 ff. d. A.) verwiesen. Ein Informationsblatt zum Leasingobjekt wies eine technische Haltbarkeit der Bildschirme von 40.000 bis 50.000 Betriebsstunden aus. Bei einem Betrieb von 12 Stunden täglich ergeben sich nach vier Jahren 17.520 Betriebsstunden, bei 16 Stunden täglich 23.360 Betriebsstunden. In anderen technischen Unterlagen gab der Hersteller eines häufig verwendeten Monitors (LG …) eine Laufzeit von 50.000 Stunden für den Bildschirm an (vgl. Produktblatt Bl. 176 f. d. A).
Zusätzlich zum Leasingvertrag schlossen die KG (als Leasinggeber), die P GmbH (als Leasingnehmer) und die Komplementär-GmbH (als Treuhänder) eine Treuhandvereinbarung, wonach die KG sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche, die ihr als Leasinggeber aus dem Leasingvertrag gegen den Leasingnehmer zustehen, treuhänderisch an den annehmenden Treuhänder abtrat. Außerdem trat der Leasingnehmer alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus den mit den Werbetreibenden abgeschlossenen bzw. abzuschließenden Werbeverträgen und alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus den mit den Ladenlokalinhabern abgeschlossenen bzw. abzuschließenden Abonnementsverträgen an den Treuhänder ab. Der Treuhänder erhielt zudem eine Mitverfügungsberechtigung über das Kontokorrentkonto des Leasingnehmers. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Treuhandvereinbarung (beispielhaft Bl. 128 ff. d. A.) verwiesen.
Außerdem schlossen die KG (als Rückverkäufer) und die P GmbH (als Rückkäufer) zeitgleich jeweils Rückkaufvereinbarungen, in denen sich der Rückkäufer verpflichtete, die Leasingobjekte bzw. bei einem Austausch die Ersatzobjekte „auf Verlangen” der KG zurück zu kaufen, wenn der Leasingvertrag endet, gleich aus welchem Grund. Der Vertrag sollte mit dem Zugang des Rückkaufverlangens beim Rückkäufer durch einseitige Erklärung der KG (als Rückverkäufer) zustande kommen. Der vereinbarte Rückkaufpreis entsprach der Summe der Barwerte der noch offenen Leasingraten und eines eventuell vereinbarten Restwertes. Der vereinbarte Restwert sollte zum Ende der vereinbarten Leasinglaufzeit – wie im Leasingvertrag geregelt – 20 % des Nettoverkaufspreises, nach Abzug etwaiger Zulassungs- und Überführungskosten, betragen. Der Verkauf sollte dann unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgen. Für alle Mängel, die über den durch vertragsgemäßen Gebrauch entstehenden Verschleiß hinausgehen, sollte nach allgemeinen Leasingvertragsbedingungen die P GmbH (d.h. der Leasingnehmer und Rückkäufer) haften. Der Eigentumsübergang auf den Rückkäufer war durch Abtretung der Herausgabeansprüche vorgesehen. Das Recht der KG, die Leasingobjekte an Dritte zu verwerten, wurde durch die Vereinbarung nicht berührt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Rückkaufvereinbarungen (beispielhaft Bl. 132 f. d. A.) verwiesen.
Für den Kauf des Leasingobjekts gewährte der Verkäufer und spätere Leasingnehmer (P; hier: als Darlehensgeber) dem Käufer und späteren Leasinggeber (KG; hier: als Darlehensnehmer) zudem jeweils einen Lieferantenkredit. Wegen der Einzelheiten wird auf die Lieferantenkreditverträge (beispielhaft Bl. 134 f. d. A.) verwiesen.
In der Folgezeit wurde der Leasingvertrag im September 2008 wegen Zahlungsschwierigkeiten des Leasingnehmers außerordentlich von der KG (vertreten durch die Komplementärin) gekündigt. Über das Vermögen des Leasingnehmers wurde in der Folgezeit ein Insolvenzverfahren eröffnet, eine Verwertung der Leasingobjekte durch die zahlreichen Leasinggesellschaften (Kommanditgesellschaften) konnte in vielen Fällen nicht erfolgen, da die Gegenstände nicht mehr auffindbar oder beschädigt waren und Ansprüche gegen den Leasingnehmer (P GmbH) und die Abonnenten teilweise wertlos waren.
Unter dem schätzte der Beklagte mangels Abgabe einer Steuererklärung gem. § 162 der Abgabenordnung – AO – die Besteuerungsgrundlagen und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter dem Vorbehalt der Nachprüfung mit 9.572,75 € bei laufenden Einkünften des Kommanditisten von 5.572,75 € fest. Sondervergütungen i.H.v. insgesamt 4.000 € (= Haftungsvergütung) rechnete er der Komplementär-Seite (G / T) zu, dem Kläger als Kommanditisten wurde der verbleibende Betrag zugerechnet. Die Besteuerungsgrundlagen wurden auf Basis eines detaillierten, dem Beklagten aufgrund der Vertragsunterlagen und früheren Erklärungsangaben verfügbaren und zwischen den Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht unstreitigen Zahlenwerks ermittelt. Hierbei beurteilte der Beklagte die Vereinbarungen als bloße Finanzierungsvereinbarungen und rechnete der KG einerseits Zinsanteile aus den Leasingzahlungen zu und zog andererseits als Aufwand insbesondere Zinsen für den Lieferantenkredit sowie weitere Aufwendungen ab. Die Zinsanteile wurden aus den Leasingverträgen und Lieferantenkreditverträgen errechnet. Abschreibungen auf die Leasingobjekte berücksichtigte er – insoweit folgerichtig – nicht. Die Berechnung ist zwischen den Beteiligten für den Fall der Zuordnung der Leasingobjekte bei der P GmbH der Höhe nach unstreitig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid und den Vermerk zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nebst Berechnungen auf Basis der einzelnen Verträge verwiesen.
Gegen diesen Bescheid legte der seinerzeitige Bevollmächtigte der KG Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren wurde in der Folgezeit mit dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger fortgeführt. Unter dem erließ der Beklagte unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einen Änderungsbescheid, in denen er weiterhin unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb: 9.572,75 €) die Haftungsvergütungen an die Komplementär-Seite auf 3.066,67 € (400 € bzgl. V GmbH und 2.666,67 € bzgl. G GmbH) verminderte und die laufenden Einkünfte (des Klägers) entsprechend erhöhte (6.506,08 €). Hintergrund der Verminderung der Haftungsvergütungen ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag der KG mit der V GmbH (d. h. der späteren Komplementärin) vom , welcher unstreitig eine geringere jährliche Vergütung vorsieht und im Streitjahr bereits zu einer anteiligen Ermäßigung (ab September 2008) führte. Der Bescheid wurde gem. § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid und die Berechnungen hierzu verwiesen.
Unter dem wies der Beklagte den Einspruch durch eine an den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der KG adressierte Einspruchsentscheidung mangels abgegebener Steuererklärung unter Hinweis auf § 357 Abs. 3 AO als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung ist auch an den Kläger (als Kommanditist) und die T GmbH als Hinzugezogene des Einspruchsverfahrens bekanntgegeben worden.
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der KG gegen die Feststellungen und die Einspruchsentscheidung. Während des Klageverfahrens reichte er zunächst die Feststellungserklärung 2008 ein und errechnet hierbei unter Geltendmachung von AfA (i.H.v. 27.594 €) für die Leasinggüter einen Jahresfehlbetrag i.H.v. 16.800,41 €, bei welchem er jedoch die Haftungsvergütungen an die Komplementär-Seite nur mit 1.900 € gewinnmindernd berücksichtigte. Der Jahresfehlbetrag ohne Haftungsvergütungen beträgt 14.900,41 €. Für den Kläger (als Kommanditist) wurden zudem Sonderbetriebsausgaben i.H.v. 1.064,01 € geltend gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss und die Feststellungserklärung verwiesen. Mittlerweile besteht insoweit zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass die Haftungsvergütungen insgesamt 3.066,67 € (400 € bzgl. T GmbH und 2.666,67 € bzgl. G GmbH) betragen und der verbleibende höhere Jahresfehlbetrag (bei Anerkennung der AfA-Berechtigung wäre dies ein Verlust i.H.v. 19.031,09 €) dem Kläger als Kommanditisten zuzurechnen ist.
Der Kläger ist unter Verweis auf den sog. „Leasingerlass” der Finanzverwaltung ( BStBl I 1971, 264) und das (BStBl I 2008, 1094) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sale-and-lease-back-Geschäften der Auffassung, dass die Leasingobjekte ihm als Gesamtrechtsnachfolger der KG zuzurechnen und damit gewinnmindernde Abschreibungen zulässig seien. Nach den Verwaltungsanweisungen erfolge bei Leasingverträgen ohne Kauf- oder Verlängerungsoption und mit Vollamortisation eine Zurechnung an den Leasinggeber, wenn die Grundmietzeit zwischen 40 und 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer betrage. Im Streitfall betrage die Nutzungsdauer bei angesetzter täglicher Laufzeit des Mediensystems von 16 Stunden (= 5.840 Stunden pro Jahr) – selbst bei einer angesetzten technischen Nutzungsdauer von vorsorglich nur 30.000 Stunden – über fünf Jahre, die Vertragslaufzeit jedoch nur vier Jahre. Sie liege damit innerhalb der o.g. Brandbreite und führe zur Zurechnung an die KG als Leasinggeber. Die amtliche AfA-Tabelle mit einer dreijährigen pauschalen Nutzungsdauer für PCs und Monitore sei nicht einschlägig, da es sich um Industriegeräte handele, deren technische Nutzungsdauern schon nach Herstellerangaben höher seien. Für andere Datenverarbeitungsanlagen sei die Nutzungsdauer zudem auch nach der amtlichen AfA-Tabelle wesentlich länger (7-14 Jahre).
Die Rückkaufvereinbarung ändere hieran – auch unter Berücksichtigung des nichts, da es sich lediglich um eine Verkaufsoption des Leasinggebers und nicht eine Kaufoption des Leasingnehmers handele. Die Konditionen zur Rückübertragung seien nicht bereits festgelegt, es bestehe nur ein Andienungsrecht und keine Andienungspflicht. Die KG sei in ihrer Entscheidung frei und könne das Leasingobjekt auch anders verwerten. Beim Rückkaufswert von 20 % sei zudem unklar, ob sich dieser auf den damaligen Kaufpreis oder den aktuellen (Listen-)Preis der Komponenten im Zeitpunkt der Optionsausübung beziehe. Die Vereinbarung müsse ausgelegt werden. Jedenfalls bestehe ein Vertrauensschutz – auch für ertragsteuerliche Zwecke – gemäß dem da die maßgeblichen Vereinbarungen vor dem getroffen worden seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass auf den Kläger (Kommanditisten) Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. -19.031,09 € entfallen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, die Leasinggüter seien hier abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nach dem Gesamtbild der Verhältnisse dem Leasingnehmer (P) als wirtschaftlichem Eigentümer zuzurechnen.
Dies ergebe sich bereits daraus, dass nach den amtlichen AfA-Tabellen für Computer und Monitore (in BStBl I 2000, 1532, Ziffer 6.14.3.2) eine Nutzungsdauer von drei Jahren zugrunde zu legen und die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer damit bereits kürzer als die Leasingdauer (vier Jahre) sei. Abgesehen davon betrage der vereinbarte Restwert nach dem Leasingvertrag 20 % und bezogen auf die Wertangaben in den Abonnementverträgen des Leasingnehmers (P GmbH) mit den Lokalbetreibern sogar zwischen 25 % bis 50 % des Neuwertes.
Unter Berücksichtigung des erheblichen Wertverfalls von elektronischen Komponenten (hier: Computer und Monitore) und der intensiven Nutzung der Geräte seien die Verträge wirtschaftlich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse darauf angelegt, dass die KG als Leasinggeber das Andienungsrecht nutze, um die Systeme an den Leasingnehmer zu veräußern, da deren tatsächlicher Wert bei anderweitiger Verwertung bedeutend geringer sei. Eine Verpflichtung zur Andienung ergebe sich für die Komplementärin (und Treuhänderin) gegenüber den Kommanditisten bereits aus handelsrechtlichen Gesichtspunkten, da die Kommanditisten eine gewinnoptimierte Handlungsweise bei dem renditeoptimierten Modell erwarten konnten. Für die Zurechnung komme es auf den bei Vertragsabschluss zu erwartenden normalen Verlauf der Vertragsabwicklung an, außergewöhnliche Ereignisse – beispielsweise hier die Insolvenz des Leasingnehmers – hätten außer Acht zu bleiben.
Ein Vertrauensschutz nach dem greife nicht, da keine „vergleichbare Gestaltung” i.S.d BMF-Schreibens vorliege. Die Verträge seien im August 2007 und damit nach dem ) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sale-and-lease-back-Geschäften geschlossen worden, auch betreffe das BMF-Schreiben Fallgestaltungen mit drei Beteiligten (Leasingnehmer, Leasinggeber und einem Dritten, i.d.R. dem Hersteller) und nicht – wie im Streitfall – zwei Beteiligten.
Das Gericht hatte das Verfahren zwischenzeitlich aufgrund des unter dem Az. 12 K 3660/11 beim FG Köln geführten Verfahrens zum Ruhen gebracht und nach dortiger Klagerücknahme wiederaufgenommen. Ein zwischenzeitlich auch wegen Feststellungen gem. § 15b EStG geführter Rechtsstreit ist aufgrund eines Aufhebungsbescheids abgetrennt und eingestellt worden.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die Leasingobjekte nicht von der KG, dessen Gesamtrechtsnachfolger der Kläger ist, im Rahmen einer Absetzung für Abnutzung – AfA – gem. § 7 EStG gewinnmindernd berücksichtigt werden können; auch ist die Höhe der festgestellten Einkünfte nicht zu beanstanden.
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist gem. § 7 Abs. 1 EStG jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Die Absetzung bemisst sich hierbei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Für die hier von der KG aktivierten Wirtschaftsgüter ist eine AfA jedoch nicht zulässig, da die Wirtschaftsgüter abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum nicht der KG, sondern der P GmbH als wirtschaftlichem Eigentümer gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sind.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut nach dieser Vorschrift zuzurechnen.
Die ertragsteuerliche Behandlung von Leasingverträgen hängt davon ab, ob der Leasingnehmer Mieter oder wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsguts ist. Im ersten Fall ist der Leasingvertrag gleich einem Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis zu behandeln. Im zweiten Fall ist er grundsätzlich als Ratenkaufvertrag zu werten (, BStBl. II 1970, 264; vom III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041). Bei einer sog. sale-and-lease-back-Vereinbarung kommt auch die Behandlung als Kreditgewährung des Leasinggebers an den Leasingnehmer in Betracht (vgl. aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht , BStBl. II 2006, 727). Außerhalb der Fälle eines sog. „Spezial-Leasings” kommt ein wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers insbesondere dann in Betracht, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Leasinggegenstände und die Grundmietzeit annähernd decken oder wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zwar erheblich länger als die Grundmietzeit ist, dem Leasingnehmer aber ein Recht auf Kauf oder Mietverlängerung zusteht, bei dessen Ausübung er nur einen geringen Mietzins oder Kaufpreis zu zahlen hat, und deshalb mit der Ausnutzung dieser Möglichkeit zu rechnen ist (BFH-Urteil in BStBl II 1970, 264) Die Herausarbeitung dieser Fallgruppen hat allerdings keine abschließende Bedeutung in dem Sinne, dass in allen anderen Fällen vom wirtschaftlichen Eigentum des Leasinggebers auszugehen ist. Vielmehr muss jede neue Erscheinungsform des Leasings in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Beurteilungskriterien daraufhin überprüft werden, wem der Leasinggegenstand zuzurechnen ist (, BStBl II 1984, 825 und in BFH/NV 2001, 1041). Entscheidend für den nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO aus ex-ante-Sicht zu beurteilenden „Regelfall” sind die typischen Abläufe auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen und des mutmaßlichen (vernünftigen) wirtschaftlichen Verhaltens der Beteiligten beim regulärem Vertragsablauf. Liegt wie im Streitfall ein Andienungsrecht des Leasinggebers vor, so ist – wie auch bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums bei Einräumung eines Ankaufsrechts des Leasingnehmers – darauf abzustellen, ob bei Ablauf der Grundmietzeit mit dessen Ausübung zu rechnen ist. Dies ist auf Grundlage des mutmaßlichen, wirtschaftlich vernünftigen Verhaltens der Vertragsbeteiligten zu bestimmen (vgl. hierzu und zum Ganzen ausführlich die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts zu einem vergleichbaren Fall vom 4 K 188/11, EFG 2013, 1724; Revision unter IV R 33/13 beim BFH anhängig; ebenso , EFG 2015, 1724, jeweils m.w.N.).
Der Senat kommt unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die er für zutreffend hält und denen er folgt, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu dem Ergebnis, dass die P GmbH als Leasingnehmer die KG (als Leasinggeber und zivilrechtlicher Eigentümer) für die gewöhnliche Nutzungsdauer und bei gewöhnlichem (gedachten) Vertragsablauf von der Einwirkung auf die Leasingobjekte wirtschaftlich ausschließen konnte.
a. Für die Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums ist nach Überzeugung des Senats alleine auf die Hardwarekomponenten abzustellen. Die installierte Software ist nicht Gegenstand der Rückkaufvereinbarungen, auch lassen sich die Systeme als herkömmliche PC-Monitor-Kombination jederzeit anders nutzen, wodurch das installierte Betriebssystem nebst weiterer Software keinen entscheidenden Einfluss auf die Nutzbarkeit und die Nutzungsmöglichkeiten des Systems hat.
b. Die vertraglichen und tatsächlichen Abläufe waren nach Überzeugung des Senats darauf angelegt, dass die KG am Ende der Laufzeit ihr „Andienungsrecht” nutzt und der Leasingnehmer die Systeme zu dem bereits vorvereinbarten Kaufpreis zurückerwerben muss. Allein dies war für die KG wirtschaftlich sinnvoll. Hierfür spricht neben dem unstreitigen hohen Wertverfall von technischen Komponenten insbesondere auch die angelegte intensive Nutzung der Systeme über viele Stunden je Tag in Umgebungen, die auch durch die Emissionen (z. B. Wärme, Rauch, Staub, etc.) einen erheblichen wertmindernden Einfluss auf die Systeme haben. Nach regulärem Ablauf der vierjährigen Vertragslaufzeit ist der im Streitfall vereinbare Rückkaufwert von 20 % bereits bei isolierter Betrachtung sehr hoch gewählt und führt aus Sicht des Senats dazu, dass die KG (bei regulärem Geschehensablauf) alleine deshalb ihr Andienungsrecht nutzen werde, um der Renditeerwartung der Investoren (Kommanditisten) zu entsprechen.
Die Rückkaufsvereinbarung kann aus Sicht des Senats verständig gem. §§ 133, 157 BGB nur dahingehend ausgelegt werden, dass sich der Prozentsatz auf den in den Verträgen angegebenen Kaufpreis bezieht. Anhaltspunkte dafür, einen aktuellen „Marktwert” oder „Neupreis” des Systems als Bezugspunkt zu nehmen, bestehen im Streitfall nicht, da die Beteiligten dann näher geregelt hätten, auf welchen genauen Wert bzw. welchen Referenzwert (z. B. „unverbindliche Preisempfehlung”) abzustellen ist. Über den Rückkaufwert hinaus spricht auch für die Nutzung des Andienungsrechtes, dass der Wert des Systems in den Verträgen zwischen der KG und dem Leasingnehmer einerseits und den Verträgen zwischen Leasingnehmer und den Abonnenten (z. B. Lokalbetreibern) andererseits unterschiedlich angegeben wird und sich bei Ansatz der Wertangabe gegenüber den Abonnenten ein noch höherer Prozentsatz ergäbe. Ganz entscheidend spricht auch für die Ausübung des Andienungsrechts, dass die Veräußerung zu festgelegten Konditionen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgen sollte. Bei einer „Drittverwertung” hätte die KG derartige Vereinbarungen nicht oder nur unter erheblichen Preisabschlägen treffen können; dies hätte das gesamte Modell jedoch für die KG und ihre Anleger wirtschaftlich uninteressant gemacht.
c. Die Zurechnung ergibt sich aus Sicht des Senats aus der konkreten Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, bei welcher der Senat keinen Bindungen an den „Leasingerlass der Finanzverwaltung” ( BStBl I 1971, 264) und die für den Leasingerlass maßgeblichen „amtlichen AfA-Tabellen” unterliegt. Im Streitfall kann deshalb dahinstehen, ob das Mediensystem bei der AfA gem. § 7 EStG einer typisierten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 3 Jahren unterlag und entsprechend abgeschrieben worden wäre oder ist. Die typisierten Abschreibungsregelungen lassen aus Sicht des Senats keine zuverlässigen oder gar zwingenden Rückschlüsse auf das wirtschaftliche Eigentum zu.
Umgekehrt führt deshalb auch die vom Kläger dargelegte technische Nutzungsdauer von über fünf Jahren, die der Senat in der Sache für durchaus plausibel hält, nicht zwangsläufig zu einer Zurechnung der Leasingobjekte an die KG. Auch eine weiterhin bestehende (möglicherweise auch jahrelange) technische Nutzbarkeit der Leasingobjekte führt im Rahmen der vom Senat vorzunehmenden Gesamtabwägung nach den Verhältnissen des Einzelfalls zur Verneinung des wirtschaftlichen Eigentums der KG, da zwischen „technischer Nutzungsmöglichkeit” und „wirtschaftlicher Ausschlussmöglichkeit” zu unterscheiden ist und der Vertrag trotz möglicherweise längerer technischer Nutzbarkeit auf eine Rückveräußerung angelegt ist. Aus diesem Grunde war der Senat auch nicht gehalten, die genaue technische Nutzungsdauer der Systeme durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Umstände besitzt der Senat indes selbst die ausreichende Sachkunde. Die wirtschaftliche Beurteilung ist primär Gegenstand richterlicher Sachverhaltsaufklärung sowie Überzeugungsbildung und als solche einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich.
d. Zur weiteren Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungen des , EFG 2013, 1724 m.w.N.; Revision unter BFH IV R 33/13 anhängig) sowie des , EFG 2015, 694; rkr.) zu gleichgelagerten Fallkonstellationen von anderen Leasinggesellschaften desselben „Rendite-Konzepts”.
e. Die KG und der Kläger genießen für das hiesige Verfahren schon deswegen keinen im (BStBl I 2008, 1094) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sale-and-lease-back-Geschäften gewährten „Vertrauensschutz”, da es sich um ein ertragsteuerliches Verfahren handelt.
f. Anders als der Kläger meint, wird die wirtschaftliche Zuordnung der Leasingobjekte an den Leasingnehmer (P GmbH) auch nicht dadurch unterbunden, dass dieser bei Vertragsende nur eine Ankaufspflicht (bei Ausübung des Rückkaufverlangens der KG) und kein Ankaufsrecht hat. Der Umstand, dass der „Leasingerlass” der Finanzverwaltung nur das Ankaufsrecht benennt, führt nicht im Umkehrschluss dazu, dass Ankaufspflichten eine Zuordnung verhindern. Überdies ist der Senat bei seiner Entscheidung nicht an Verwaltungsanweisungen gebunden.
g. Der Bescheid ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Bei wirtschaftlicher Zurechnung der Leasingobjekte an den Leasingnehmer (P GmbH) und Würdigung der Verträge als „bloße Finanzierungsvereinbarungen” ergibt sich der vom Beklagten dezidiert ermittelte und zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitige Gewinn, welcher auch die Haftungsvergütungen zutreffend berücksichtigt.
2. Der Senat war im Streitfall auch nicht gehalten, die in Auflösung befindliche frühere oder spätere Komplementärgesellschaft notwendig gem. § 60 Abs. 3 FGO beizuladen. Die KG ist durch Vollbeendigung erloschen, der Kläger (früherer Kommanditist) ist kraft Anwachsung Gesamtrechtsnachfolger geworden und konnte – abweichend von der früheren Prozessstandschaft der KG (gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO) für ihre Gesellschafter – die Feststellungen kraft eigener Klagebefugnis angreifen. Als nicht am Kapital der KG beteiligte Komplementärin sind die Komplementär-GmbHs nicht beizuladen, weil sie von der begehrten Änderung des laufenden Gewinns wegen der festen Haftungsvergütung nicht betroffen sind und der Senat im Ergebnis nur über die Veränderung des Gewinnanteils des Kommanditisten entscheidet (vgl. allgemein hierzu , BFH/NV 2016, 139).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Zur Frage, ob auch ein Andienungsrecht des Leasinggebers die Annahme wirtschaftlichen Eigentums des Leasingnehmers rechtfertigen kann, ist unter dem Aktenzeichen IV R 33/13 bereits ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 4/2017 S. 169
DStZ 2017 S. 1 Nr. 1
EFG 2017 S. 89 Nr. 2
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2017 S. 285
OAAAF-89240