FG München Urteil v. - 7 K 3118/16

Anwendung der Fahrtenbuchmethode nur bei Nachweis der individuellen Aufwendungen

Leitsatz

1. Durch die im Streitfall vorgelegte Kostenaufstellung, der teilweise keine individuelle Kostenermittlung, sondern für wesentliche Teile (Haftpflicht, Kfz-Steuer, GEZ) ein betriebsinterner Kostenverrechnungssatz bzw. (Vollkasko) ein fiktiver Kostenansatz zu Grunde liegt, wird das Erfordernis, die Aufwendungen lückenlos im Einzelnen zu belegen, nicht erfüllt, da die Kostensätze nur in einer Summe und mit teilweise nicht individuell ermittelten Werten mitgeteilt werden.

2. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass es aufgrund der Größe des Fuhrparks des Konzerns praktisch unmöglich sei, für jeden einzelnen Firmenwagen zu allen Kosten einzelne Belege vorzulegen und Kosten auszuweisen, da die Gründe für einen unzureichenden Belegnachweis grundsätzlich unerheblich sind.

Gesetze: EStG § 19, EStG § 8 Abs. 2 S. 2, EStG § 8 Abs. 2 S. 5, EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

Tatbestand

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Privatanteil für die Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode oder nach der so genannten 1%-Regelung zu ermitteln war.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 2011 bis 2013 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit. Im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers wurde jeweils ein geldwerter Vorteil für die private Nutzung der in den Streitjahren genutzten Firmenwägen von 4.288 EUR (2011), 11.633 EUR (2012) und 11.100 EUR (2013) angesetzt, der mittels eines Fahrtenbuchs berechnet worden war. Die Kläger wurden zunächst entsprechend der abgegebenen Steuererklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Rahmen einer ab durchgeführten Außenprüfung durch die betriebsnahe Veranlagung stellte das Finanzamt unter anderem fest, dass dem Kläger in den Jahren 2011 bis 2013 von seinem Arbeitgeber, der Firma E GmbH, Firmenwägen zur Verfügung gestellt worden sind, die er auch für Privatfahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nutzen konnte. Demzufolge wurde vom Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren ein monatlicher geldwerter Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises für Privatfahrten zuzüglich 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Lohnsteuer unterworfen. Der Kläger hatte in seinen Steuererklärungen für die Jahre 2011 bis 2013 gemäß R 8.1 Absatz 9 Nr. 2 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) den privaten Nutzungswert abweichend von der 1%-Regel mit den für das Kraftfahrzeug entstehenden Aufwendungen, die auf die privaten Fahrten entfielen, angesetzt. Die Firma E GmbH teilte mit, dass die individuellen Kosten für die Dienstwägen nicht mitgeteilt werden könnten, da diese von Seiten des Unternehmens nicht gesondert erfasst würden. Stattdessen würden als Anhaltspunkt pauschaliert ermittelte Kosten bestätigt, denen der individuelle Bruttolistenpreis des Dienstwagens, der durchschnittliche Händlerrabatt im Einzelkundengeschäft, der interne Kostenverrechnungssatz für Haftpflicht, Kfz-Steuer und GEZ sowie die fiktive Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung zugrunde gelegt worden seien (vgl. K 14, K 15 und K 16).

Der Kläger legte dem Finanzamt im Rahmen der Außenprüfung die im streitigen Zeitraum geführten Fahrtenbücher.

Nach Ansicht des Prüfers war der gesetzlich geforderte Einzelnachweis der Gesamtkosten durch die Mitteilung eines kalkulatorischen Kostenanteils nicht erbracht, da es beispielsweise an der gemäß R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 10 LStR erforderlichen Einbeziehung der Beträge für Absetzung für Abnutzung (AfA) in die Gesamtkosten fehle. Der geldwerte Vorteil sei somit zwingend durch die vom Arbeitgeber angewandte pauschale Nutzungswertmethode zu ermitteln (vgl. Bericht vom , Punkt 1.3.1) und der Werbungskostenabzug im Jahr 2011 um 4.288 EUR, im Jahr 2012 um 11.151 EUR und im Jahr 2013 um 10.973 EUR zu kürzen.

Entsprechend dieser Feststellungen wurden die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) jeweils mit Bescheid vom geändert und hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung der Jahre 2011 bis 2013 der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO aufgehoben. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen eingelegten Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass die zur Verfügung gestellten Firmenwagen überwiegend betrieblich genutzt worden seien. Die vorgelegten Fahrtenbücher seien entsprechend der gesetzlichen Vorgaben ordnungsgemäß geführt worden, da insbesondere Daten, Fahrzweck und Ziel konkret genug seien, um eine Zuordnung und Überprüfung der Fahrten zu ermöglichen. Einzelne für das Finanzamt unleserliche Einträge könnten nicht die Verwertbarkeit insgesamt in Frage stellen.

Bei den vom Kläger verwendeten Abkürzungen ohne Adressangaben handle es sich in der Regel um Fahrten zu Konzerngesellschaften. Die verwendeten Abkürzungen würden bei einer Google-Recherche an erster Stelle genannt, so dass eine Identifikation ohne Probleme mit vertretbarem Aufwand möglich sei. Ferner sei die Adresse dieser Gesellschaften bei der erstmaligen Nennung im Fahrtenbuch aufgeführt worden. Die Verwendung von Abkürzungen für häufig aufgesuchte Fahrziele sei grundsätzlich zulässig ( BStBl I 2009, 1326).

Für die Fahrten W GmbH ergäben sich aufgrund der Größe des Werkstandortes, der Parkplatz- und Verkehrssituation und der unterschiedlichen Standorte von Fachabteilungen sowie Besprechungsräumen verschiedene Kilometerangaben, so dass auch insoweit eine Zuordnung der Fahrten problemlos möglich sei. Für beruflich bedingte Fahrten zu Nicht-Konzernstandorten sei die Adresse vom Kläger im Fahrtenbuch immer mit aufgeführt worden.

Hinsichtlich der korrekten Ermittlung der Gesamtaufwendungen für das Fahrzeug durch den Kläger sei zu bedenken, dass es aufgrund der Größe des Fuhrparks des Konzerns praktisch unmöglich sei, für jeden einzelnen Firmenwagen zu allen Kosten einzelne Belege vorzulegen und Kosten auszuweisen. Gerade Versicherungen würden nicht für jedes einzelne Auto abgeschlossen, sondern im Rahmen einer Pool-Versicherung abgedeckt. Die Kosten würden daher pauschaliert ermittelt und den einzelnen Arbeitnehmern als Nachweis zur Berechnung ihres privaten Nutzungsanteils zur Verfügung gestellt (vgl. Anlage K 14 bis 16).

Darüber hinaus führe die Verwendung dieses pauschalierten Kostenansatzes im Ergebnis nicht zu einer Besserstellung des Klägers, sondern sogar zu einem höheren geldwerten Vorteil als eine individuelle Kostenberechnung. Auch die Nichtberücksichtigung der AfA in der pauschalen Kostenermittlung sei unschädlich. Die Überlassung des Dienstwagens entspreche weitestgehend einem Leasingfall. Soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen geleasten Firmenwagen zur Verfügung stelle, sei anerkannt, dass an Stelle der AfA die Leasingraten treten würden, da keine Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten vorlägen. Auch im Streitfall lägen seitens des Arbeitgebers keine Anschaffungskosten vor, so dass eine AfA nicht angesetzt werden könne. Vergleichbar mit einer Leasingrate würde ein Nutzungsentgelt abhängig vom Fahrzeugwert geleistet, das der Kalkulation der Gesamtaufwendungen zugrunde gelegt werden könne. Die im Streitfall erfolgte pauschale Kostenermittlung könne daher insgesamt als Kostenblock angesehen werden, der für die Firma E GmbH für die Überlassung des Firmenwagens entstehe. Im Übrigen werde die individuelle Ermittlung des privaten Nutzungsanteils auf Grundlage der pauschalierten Kostenermittlung bei allen vom Kläger befragten Kollegen durch die jeweiligen Finanzämter nicht beanstandet.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für 2011 bis 2013 jeweils vom und die Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers weitere Werbungskosten von 4.288 EUR im Jahr 2011, von 11.151 EUR im Jahr 2012 und von 10.973 EUR im Jahr 2013 berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend festgesetzt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung und teilt ergänzend mit, dass neben einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch die durch das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachgewiesen werden müssen. Dies setze unabdingbar voraus, dass der Arbeitgeber die tatsächlichen Aufwendungen für das konkret überlassene Fahrzeug ermitteln müsse und sie dem Arbeitnehmer auch zur Verfügung stelle. Für eine pauschalierte Ermittlung beispielsweise der Versicherungsaufwendungen, die sich auf sämtliche Fahrzeuge eines Fuhrparks beziehe, lasse der Gesetzgeber keinen Spielraum zu. Im Streitfall stellten die bereits im Rahmen der Außenprüfung vorgelegten Anlagen keine Berechnung im eigentlichen Sinne dar, vielmehr handle es sich dabei lediglich um die Mitteilung der Kostensätze in einer Summe. Soweit sich der Kläger auf die Vergleichbarkeit mit einer Leasingrate beziehe, setzte sich auch diese aus den individuellen Kosten des Leasingobjektes zusammen und nicht aus den Aufwendungen für einen ganzen Fuhrpark.

Im Übrigen seien die Fahrtenbücher zwar bisher nicht anhand von Tankbelegen oder Reparaturrechnungen auf die materielle Richtigkeit überprüft worden, allein die festgestellten formellen Mängel würden jedoch zur Verwerfung der Fahrtenbücher insgesamt führen. Das Argument der Kläger, bei den Fahrten ohne vollständig angegebene Adresse handle es sich um Fahrten zu Konzerngesellschaften, deren Adressen beim erstmaligen Besuch vollständig angegeben worden seien, sei nur zum Teil stichhaltig. Zwar seien beim erstmaligen Besuch der … am und der … am die jeweiligen Adressen genannt. Zur fehlenden Adresse des am erstmalig besuchten A sowie einer am erstmalig aufgesuchten Firma … fehle jedoch eine Stellungnahme. Weitere Beispiele für fehlende Adressangaben bei erstmaligen Besuchen fänden sich am , , , , . Insoweit seien lediglich die Städtenamen, als Zweck „Termin” sowie die besuchten Firmen mit … bzw. … Führungskräftetreffen benannt worden. Es liege nicht im Rahmen eines vertretbaren Aufwands, zur Ermittlung der Adresse erst das Internet bemühen zu müssen ebenso wenig die Durchsicht von insgesamt fünf Fahrtenbüchern dahingehend, ob die besuchte Firma eventuell zu einem früheren Zeitpunkt bereits aufgesucht und dabei die Adresse genau benannt worden sei. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch würden nur dann ausreichen, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergebe oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lasse, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig seien. Der Hinweis des Klägers, dass sich sämtliche Termine auch mit Hilfe des Outlook-Kalenders des Klägers verifizieren ließen, gehe daher fehl.

Darüber hinaus seien am und 2.7. und weitere formelle Mängel festzustellen, da am Korrekturen vorgenommen und berufliche und private Fahrten „vermischt” worden seien. Am 2.7. und seien Ausbesserungen der Kilometerstände mit schwarzem Kugelschreiber offensichtlich nachträglich vorgenommen worden, höchstwahrscheinlich ab , da die Eintragungen ab diesem Zeitpunkt regulär mit schwarzem Kugelschreiber erfolgt seien.

Zusammen mit den in der Einspruchsentscheidung genannten unleserlichen Einträgen, Fehlerwiederholungen und Verrutschen in der Zeile ergebe die Summe und Häufigkeit dieser Fehler in Verbindung mit den fehlenden Adressangaben ein Gesamtbild, dass die Anerkennung der Fahrtenbücher schon allein aus formellen Gründen nicht rechtfertige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

II.

Die Klage ist unbegründet, da die Voraussetzungen für die Anwendung der so genannten Fahrtenbuchmethode nicht vorliegen und das Finanzamt daher in den Streitjahren den Privatanteil für die Kfz-Nutzung nach der so genannten 1%-Regelung ermitteln durfte.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 des EinkommensteuergesetzesEStG– (z.B. , BStBl II 2014, 643; vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11, BStBl II 2013, 385; vom VI R 31/10, BStBl II 2013, 700; VI R 42/12, BStBl II 2013, 918 und vom VI R 56/10, BStBl II 2012, 362; jeweils m.w.N.). Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder mit der 1 %-Regelung oder mit der Fahrtenbuchmethode zu bewerten (BFH-Urteile in BStBl II 2013, 700 und vom VI R 75/13, BStBl II 2015, 670). Beide vom Gesetz vorgegebenen Alternativen zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeugs regeln einheitlich und abschließend, welche Aufwendungen von dem gefundenen Wertansatz erfasst und in welchem Umfang die dem Steuerpflichtigen hieraus zufließenden Sachbezüge abgegolten werden (, juris-web und vom VI R 37/03, BStBl II 2006, 72). Sowohl die 1 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) als auch die Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) stellen lediglich unterschiedliche Wege zur Bewertung dieses Vorteils bereit (, BStBl II 2002, 829). Als Spezialvorschriften zu § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sperren sie, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, den Rückgriff auf die dort geregelte Bewertung von Sachbezügen im Übrigen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) kann der Wert nach den Sätzen 2 und 3 der Vorschrift, also der Wert der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird.

Die gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen (Gesamtkosten) sind die Summe der Nettoaufwendungen zuzüglich Sonderausstattung, Umsatzsteuer und AfA, die unmittelbar durch das Halten und den Betrieb des Kfz verursacht sind und typischerweise bei der Kfz-Nutzung anfallen (Abgeltungswirkung), beispielsweise Treib- und Schmierstoffe, Haftpflichtversicherung, Kfz-Steuer, AfA u. Garagen-/Stellplatzmiete, Reparaturen und Leasing(Sonder)zahlungen (Blümich/Glenk, 138. Aufl. 2017, EStG § 8 Rn. 122, Bergkemper FR 06, 86). Die Gesamtkosten müssen insgesamt durch Belege nachgewiesen sein (vgl. , BStBl II 2016, 174), sie sind lückenlos im Einzelnen zu belegen (Kister in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 281. Lieferung 09.2017, § 8 EStG Rz. 102). Der Begriff des Belegs ist gesetzlich nicht definiert, meint jedoch jeden anerkannten Nachweis von Betriebsausgaben (insbes. Quittungen und Rechnungen). Eine (Teil-)Schätzung von Aufwendungen kommt nicht in Betracht (, BFH/NV 2005, 336, vgl. auch Schramm in: EStG – eKommentar, Fassung vom , § 8 Rz. 65 ff), es verbleibt dann bei der Anwendung von § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG. Auch eine eidesstattliche Versicherung des Stpfl. ersetzt nicht den Belegnachweis (, BFH/NV 1991, 306). Sofern Leistungen nicht auf ein konkretes Fahrzeug bezogen werden, sondern für einen Fuhrpark insgesamt, sind weitere Aufzeichnungen zur individuellen Zuordnung nötig (Schober in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 281. Lieferung 09.2017, § 6 EStG Rz. 823). Die Gründe für einen unzureichenden Belegnachweis sind grundsätzlich unerheblich, so dass sich der Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres auf einen etwaigen Beweisnotstand berufen kann (Blümich/Glenk, 138. Aufl. 2017, EStG § 8 Rn. 125, Krüger in Schmidt, 36. Auflage 2017, EStG § 8 Rn. 53).

Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die BFH-Rechtsprechung dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen (vgl. VI R 50715, juris-web m.w.N.). Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder –wenn ein solcher nicht vorhanden ist– den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408; vom VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410; vom VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625; vom IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691, und vom VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768).

Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen außerdem eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Sie müssen mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Weisen die Fahrtenbücher inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, kann dies die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellen (, BStBl II 2006, 625). Ebenso wie eine Buchführung trotz einiger formeller Mängel aufgrund der Gesamtbewertung noch als formell ordnungsgemäß erscheinen kann (vgl. dazu Seer in Tipke/Kruse, AO, § 158 Rz 13, m.w.N.), führen jedoch auch kleinere Mängel nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Blümich/Glenk, § 8 EStG Rz 119; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., § 8 Rz 47). Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs möglich ist.

2. Im Streitfall kommt die Anwendung der Fahrtkostenmethode schon deswegen nicht in Betracht, weil die durch die Fahrzeuge insgesamt entstandenen Aufwendungen nicht im Einzelnen durch Belege nachgewiesen worden sind (vgl. , BStBl II 2016, 174). Die vom Kläger vorgelegten Bestätigungen der E GmbH erfüllen diese Voraussetzungen nicht, da es sich insoweit nicht um eine Aufstellung der individuellen Kosten handelt, wie auch der Arbeitgeber des Klägers eingeräumt hat. Durch die Kostenaufstellung, der teilweise keine individuelle Kostenermittlung, sondern für wesentliche Teile (Haftpflicht, Kfz-Steuer, GEZ) ein betriebsinterner Kostenverrechnungssatz bzw. (Vollkasko) ein fiktiver Kostenansatz zu Grunde liegt, wird das Erfordernis, die Aufwendungen lückenlos im Einzelnen zu belegen, nicht erfüllt, da die Kostensätze nur in einer Summe und mit teilweise nicht individuell ermittelten Werten mitgeteilt werden (Kister in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 281. Lieferung 09.2017, § 8 EStG Rz. 102). Weitere Aufzeichnungen zur individuellen Zuordnung wurden nicht angefertigt (vgl. Schober in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 281. Lieferung 09.2017, § 6 EStG Rz. 823). Der Kläger kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass es aufgrund der Größe des Fuhrparks des Konzerns praktisch unmöglich sei, für jeden einzelnen Firmenwagen zu allen Kosten einzelne Belege vorzulegen und Kosten auszuweisen. Die Gründe für einen unzureichenden Belegnachweis sind grundsätzlich unerheblich (Krüger in Schmidt, 36. Auflage 2017, EStG § 8 Rn. 53). Ebenso ist es unbeachtlich, dass die Verwendung eines pauschalierten Kostensatzes nicht zu einer Besserstellung des Klägers gegenüber der Anwendung der individuellen Kostenberechnung führt.

Soweit der Kläger einwendet, dass der pauschalierte Kostenansatz mit einer Leasingrate vergleichbar sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich die Höhe einer Leasingrate aus den individuellen Kosten des Leasingfahrzeuges berechnet, nicht aber aus den Gesamtkosten für einen Firmenfuhrpark. Der Nachweis der individuellen Kosten anhand der jeweiligen wird jedoch für die Anwendung der Fahrtenbuchmethode gerade vorausgesetzt.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Sachbehandlung bei seinen Arbeitskollegen durch die für diese zuständigen Finanzämter berufen. Ein Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf „Gleichheit im Unrecht” besteht nicht (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom II R 12/04, BStBl II 2006, 615, m.w.N.; vom V B 112/01, BFHE 199, 77, BStBl II 2003, 675 und vom II B 32/06, BFH/NV 2007, 966).

3. Hinzu kommt, dass die vorgelegten Fahrtenbücher nicht als ordnungsgemäß anzusehen sind. So werden aufgesuchte Geschäftspartner und Kunden regelmäßig nur mit Abkürzungen angegeben. Die Angabe der jeweiligen genauen Adressen mit Benennung der Straßennamen fehlt. Auch die Termine bei der Firma … wurden lediglich mit … bezeichnet. Wie das Finanzamt zu Recht vorträgt, sind aufgrund der Größe des Konzerns und des Firmengeländes nähere Angaben erforderlich, beispielsweise dahingehend, welche Abteilung genau aufgesucht worden ist. Eine Ermittlung der Namen und vollständigen Anschriften im Hinblick auf die im Fahrtenbuch nicht genau bezeichneten Fahrtziele lässt sich daher im Streitfall nicht auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind, ermitteln. Darüber hinaus sind handschriftlichen Eintragungen – konkret die Angaben zu Fahrtziel und/oder Geschäftspartner/Reisezweck – nicht durchweg lesbar.

Die genannten Aufzeichnungen in den Fahrtenbüchern sind nicht mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar, auch nicht unter Zuhilfenahme ergänzender Unterlagen. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass er beim erstmaligen Besuch der … am die jeweilige Adresse genannt hat und deswegen die Adressen bei den späteren Fahrten zu diesem Firmen bekannt gewesen seien, so dass er auf die Eintragungen insoweit verzichten habe können. Wie das Finanzamt zu Recht vorgetragen hat, liegt es nicht im Rahmen eines vertretbaren Aufwands, zur Ermittlung der Adresse die Fahrtenbücher für vorangegangene Zeiträume unter dem Gesichtspunkt zu durchsuchen, ob die Firmen in der Vergangenheit bereits aufgesucht worden sind und insoweit die genaue Adresse angegeben worden ist. Eine Ermittlung der Namen und vollständigen Anschriften im Hinblick auf die im Fahrtenbuch nicht genau bezeichneten Fahrtziele lässt sich insoweit nicht auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind, ermitteln. Insgesamt handelt es sich nicht mehr um kleinere Mängel, die als solche nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs führen. Vielmehr besteht keine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 21/2018 S. 986
DStR 2019 S. 6 Nr. 8
DStRE 2019 S. 539 Nr. 9
KÖSDI 2019 S. 21182 Nr. 4
NAAAG-95697