FG Münster Urteil v. - 7 K 2828/16 G EFG 2017 S. 1571 Nr. 19

Gewerbesteuer/Verfahren

Folgenbeseitigungsanspruch bzw. Folgenentschädigungsanspruch der Gemeinde bei nicht übermitteltem Gewerbesteuermessbescheid

Leitsatz

Der Gemeinde steht kein Folgenbeseitigungsanspruch bzw. Folgenentschädigungsanspruch gegenüber dem Finanzamt in Höhe ausgefallener Gewerbesteuer zu, wenn das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbescheid aufgrund eines Fehlers im technischen Verfahrensablauf nicht an die Gemeinde übermittelt hat und diese die Gewerbesteuer wegen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr erheben kann.

Gesetze: AO § 184 Abs 3

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Folgenbeseitigungs- bzw. -entschädigungsanspruch für einen vom Finanzamt geänderten, aber nicht an die Gemeinde übermittelten Gewerbesteuermessbescheid.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, in deren Gebiet die Firma C. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) ansässig ist. Der Beklagte ist als Finanzamt für die im Gebiet der Klägerin ansässigen Steuerpflichtigen zuständig.

Der Beklagte erließ gegenüber der KG für 2001 einen Gewerbesteuermessbescheid, der mehrfach aufgrund von Änderungsanträgen geändert wurde. Der Gewerbesteuermessbetrag belief sich im letzten Änderungsbescheid aus November 2003 auf 600.361,48 €. Sowohl den ursprünglichen Bescheid als auch die Änderungsbescheide übersandte der Beklagte auch an die Klägerin, die entsprechende Gewerbesteuerbescheide gegenüber der KG erließ.

Aufgrund einer vom Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung D-Stadt (im Folgenden: GKBP) bei der KG für die Jahre 2000 bis 2003 durchgeführten Betriebsprüfung ergingen eine geänderte Zerlegungsmitteilung für das Jahr 2000 und geänderte Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2002 und 2003, die sowohl der Klägerin als auch der KG bekannt gegeben wurden. Für das Jahr 2001 erhöhte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag der KG mit Bescheid vom entsprechend den Prüfungsfeststellungen auf 2.100.350,– DM (= 1.073.891,90 €). Diesen Änderungsbescheid gab er gegenüber der KG bekannt, versandte ihn jedoch nicht an die Klägerin. Dementsprechend änderte die Klägerin auch die bisherige Gewerbesteuerfestsetzung für 2001 nicht.

Bei einer Betriebsprüfung der GKBP bei der KG für die Jahre 2007 bis 2010 stellte der Prüfer fest, dass eine von der KG für 2001 gebildete Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von ca. 1,9 Mio. € noch immer bestand, und wandte sich im März 2013 telefonisch an die Klägerin. Aufgrund einer Nachfrage der Klägerin beim Beklagten teilte dieser mit, dass der Änderungsbescheid durch einen Fehler im technischen Verfahrensablauf nicht an die Klägerin versandt worden sei und übermittelte den Änderungsbescheid vom am . Da zu diesem Zeitpunkt bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war, erließ die Klägerin keinen geänderten Gewerbesteuerbescheid für 2001.

Mit Schreiben vom machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Anspruch in Höhe von insgesamt 2.627.366,12 € geltend. Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen der aufgrund des im Jahr 2007 geänderten Gewerbesteuermessbescheids für 2001 festzusetzenden und der tatsächlich festgesetzten Gewerbesteuer (1.917.798,12 €) zuzüglich Zinsen in Höhe von 6% pro Jahr, berechnet gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) vom bis zum (709.568,– €). Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass der Beklagte seine Pflicht zur Übermittlung des Gewerbesteuermessbescheids an die Gemeinde aus § 184 Abs. 3 AO schuldhaft verletzt habe. Die Klägerin stützte ihr Zahlungsverlangen auf den allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch, Amtshaftung, öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung und den öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch.

Mit Schreiben vom wies die Oberfinanzdirektion Münster (im Folgenden: OFD) die gegen den Beklagten erhobenen Ansprüche zurück. Sie führte aus, dass die Klägerin keinen schadensersatzbewehrten Anspruch auf die Übersendung von Gewerbesteuermessbescheiden habe. Die Gemeinden hätten weder ein Recht auf den Erlass bestimmter noch auf die Übersendung später geänderter Steuermessbescheide. Es fehle auch ein einer einfachgesetzlichen Grundlage für einen Schadensersatzanspruch der Gemeinden aufgrund rechtswidrigen Verwaltungshandelns. Die Klägerin treffe zumindest ein Mitverschulden, weil sie aufgrund der geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2000, 2002 und 2003 hätte nachfragen müssen, ob auch für das Jahr 2001 ein geänderter Bescheid erlassen wurde.

Am hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht E-Stadt Klage erhoben, die zunächst gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die OFD, gerichtet war. Die Klägerin stützt ihre Klage allein auf den allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch. Der Zulässigkeit der Klage stehe § 40 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht entgegen, weil diese Vorschrift nur Primäransprüche ausschließe. Der Beklagte habe in Ausübung öffentlicher Gewalt in rechtswidriger Weise in die verfassungsrechtlich geschützte Finanzhoheit der Klägerin nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes (GG) eingegriffen. Anders als im Urteilsfall des ) gehe es nicht um einen fehlerhaften Gewerbesteuermessbescheid. Die Gemeinde habe demnach zwar keinen Anspruch auf „rechtmäßiges”, aber auf „richtiges” Handeln der Finanzbehörde. Der Unterschied liege darin, dass bei einer nicht erfolgten Übermittlung kein Willensbildungsprozess vorausgegangen sei. Zudem sei das Schutzinteresse der KG vorliegend nicht in gleicher Weise betroffen wie bei einem fehlerhaften Bescheid, weil diese den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2001 erhalten habe. Die Klägerin treffe kein Mitverschulden, da die Gemeinde keine Obliegenheit habe, beim Finanzamt nach der Übersendung von Gewerbesteuermessbescheiden nachzufragen. Hierbei handele es sich vielmehr um eine Pflicht des Finanzamts nach § 184 Abs. 3 AO. Diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn sich hieraus kein sanktionsbewehrtes Recht ableiten ließe. Im Übrigen schließe ein Mitverschulden nur Schadensersatzansprüche, aber nicht Folgenbeseitigungsansprüche aus. Der Gewerbesteuerausfall stelle einen wesentlichen Teil des gesamten Gewerbesteueraufkommens der Klägerin dar, so dass sie an der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer kommunalen Aufgaben gehindert sei und ein Haushaltssicherungskonzept habe erstellen müssen. Die Darlegung konkreter Umstände im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG sei für einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht erforderlich. Da die Rückgängigmachung der unmittelbaren Eingriffsfolgen wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei, wandele sich der Folgenbeseitigungsanspruch in einen Folgenentschädigungsanspruch um.

Mit Beschluss vom (Az. 5 K 80/14) hat sich das Verwaltungsgericht E-Stadt für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen. Das Verwaltungsgericht Münster hat mit Beschluss vom (Az. 8 K 2614/14) den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Münster verwiesen. Auf diesen Beschluss wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Nach Hinweis des Finanzgerichts Münster richtet die Klägerin ihre Klage nunmehr gegen das Finanzamt als zutreffenden Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.627.366,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, dass die Klägerin aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch keine Zahlungsforderung gegen ihn herleiten könne. Ihr stehe bereits kein subjektives Recht zu, denn die Kompetenzverteilung im Messbetragsverfahren begründe keine Rechte der Hoheitsträger. Bei unrichtigen Messbescheiden schließe § 40 Abs. 3 FGO ein Klagerecht der Gemeinde aus. Für nicht übermittelte Bescheide könne nichts anderes gelten. Die Klägerin habe außerdem für 2001 einen Gewerbesteuermessbescheid für die KG erhalten, in dem die Festsetzung lediglich zu niedrig erfolgt sei. Im Übrigen habe die Gemeinde keinen Anspruch auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Steuermessbetragsverfahrens. § 184 Abs. 3 AO stelle lediglich eine verfahrensrechtliche Vorschrift dar. Der bloße Hinweis der Klägerin auf das Haushaltssicherungskonzept reiche nicht aus, da nicht erkennbar sei, dass sie an der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben als Kommune gehindert sei. Darüber hinaus liege kein hoheitliches Handeln des Beklagten vor, sondern ein Unterlassen. Außerdem sei der Klägerin zwischenzeitlich der geänderte Gewerbesteuermessbescheid übermittelt worden. Dass dies wegen des Fristablaufs für sie nutzlos ist, sei unerheblich, da § 184 Abs. 3 AO keinen Anspruch auf Bekanntgabe innerhalb der Festsetzungsfrist enthalte. Der Folgenbeseitigungsanspruch gewähre keinen allgemeinen Wiedergutmachungsanspruch. Die Klägerin habe grob fahrlässig gehandelt, denn eine Änderung des Messbetrages für 2001 habe sich nicht nur wegen der geänderten Bescheide für die übrigen Jahre, sondern auch deshalb aufgedrängt, weil der Vorbehalt der Nachprüfung für 2001 nicht aufgehoben worden sei. Aus dieser grob fahrlässigen Unkenntnis folge ein Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist zum , weshalb der Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Klägerin Bezug genommen.

In der Sache hat am eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig

1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1, 3. Var. FGO kommt eine solche Klage auch im Finanzgerichtsprozess in Betracht. Diese ist allerdings gegenüber der Verpflichtungsklage subsidiär, wenn die begehrte Leistung durch Verwaltungsakt zu gewähren wäre (Levedag in Gräber, § 40 FGO, Rn. 33 f. m.w.N.). Im Streitfall kommt jedoch eine Verpflichtungsklage nicht in Betracht. Insbesondere stellt ein Gewerbesteuermessbescheid keinen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung auch gegenüber der Gemeinde dar, denn dieser entfaltet seine Regelungswirkung allein gegenüber dem Steuerpflichtigen (s. hierzu , BStBl. II 1976, 426).

2. Die Klägerin ist auch klagebefugt. Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die allgemeine Leistungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Unterlassung einer anderen Leistung als dem Erlass eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Im Streitfall macht die Klägerin den Ersatz eines Gewerbesteuerbetrages, der ihr unstreitig nach den materiell-rechtlichen Vorschriften zugestanden hätte, geltend. Hierbei beruft sie sich auf die Verletzung von § 184 Abs. 3 AO sowie die Gewährleistung der kommunalen finanziellen Eigenverantwortung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG. Eine Verletzung dieser Vorschriften erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen. Ob sich hieraus tatsächlich der von der Klägerin begehrte Zahlungsanspruch ergibt, ist Frage der Begründetheit.

§ 40 Abs. 3 FGO schließt die Klagebefugnis nicht aus. Nach dieser Vorschrift können Kommunen als Abgabenberechtigte wegen der von den Finanzämtern festzusetzenden oder festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge Klage erheben, wenn das betreffende Finanzamt als Landesfinanzbehörde die Gewerbesteuer ganz oder teilweise für die Gemeinde verwaltet und das Land die Gewerbesteuer ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar schulden würde. Gemeinden haben hiernach ausnahmsweise ein Anfechtungsrecht gegen Steuermessbescheide, welches ihnen nach den allgemeinen Regelungen mangels Verletzung eigenen Rechts nicht zustünde (, BStBl. III 1962, 145 zu Grundsteuermessbescheiden und vom I 109 20/59 S, BStBl. III 1962, 497 zu Gewerbesteuermessbescheiden). Da § 40 Abs. 3 FGO die Klagebefugnis in den dort genannten Fällen erweitert (s. hierzu Seer in Tipke/Kruse, § 40 FGO Rn. 95 und von Beckerath in Beermann/Gosch, § 40 FGO, Rn. 245; a.A. wohl , BVerwGE 140, 34, wonach § 40 Abs. 3 FGO die Klagebefugnis von Gemeinden ausschließe), ist es für die Frage der Zulässigkeit der Klage im Streitfall unerheblich, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift mangels mittelbarer oder unmittelbarer Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an der KG nicht vorliegen.

II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Zahlungsanspruch aufgrund der entgangenen Gewerbesteuer. Es liegen weder die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs vor (s. dazu unter 1.), noch kann ein solcher Anspruch eine Zahlungsverpflichtung begründen (s. dazu unter 2.).

1. Der Klägerin steht bereits kein Folgenbeseitigungsanspruch zu. Ein solcher Anspruch entsteht, wenn durch hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (, BStBl. II 2013, 171 m.w.N. aus der Rspr. des BFH und des BVerwG).

Der Beklagte hat durch die Unterlassung der Übermittlung des geänderten Gewerbesteuermessbescheids für die KG für 2001 nicht in ein subjektives Recht der Klägerin eingegriffen.

a. Aus § 184 Abs. 3 AO kann die Klägerin kein subjektives Recht herleiten. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Finanzbehörden den Inhalt des Steuermessbescheids den Gemeinden mitteilen, denen die Steuerfestsetzung obliegt. Sie ist Ausfluss der im Grundgesetz verankerten Kompetenzverteilung hinsichtlich der Verwaltung der Steuern. Nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG steht die Verwaltung der Realsteuern, zu denen auch die Gewerbesteuer gehört, grundsätzlich den Landesfinanzbehörden zu; sie kann durch die Länder ganz oder teilweise den Gemeinden übertragen werden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit § 1 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und die Erhebung der Realsteuern vom den hebeberechtigten Gemeinden die Festsetzung und die Erhebung der Realsteuern übertragen. Die Landesfinanzbehörden sind hingegen für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und für die Festsetzung des Steuermessbetrages (Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG; § 17 Abs. 2 Satz 1 des Finanzverwaltungsgesetzes; § 14 des Gewerbesteuergesetzes) zuständig. Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit zwischen den kommunalen und staatlichen Behörden, weshalb § 184 Abs. 3 AO die Mitteilung des Inhalts des Steuermessbescheids anordnet. Bei dieser schlichten Informationsweitergabe handelt es sich um eine verwaltungsinterne Maßnahme rein technischen Charakters ohne unmittelbare Außenwirkung (, BStBl. II 2016, 479).

Dementsprechend gewährt § 184 Abs. 3 AO der Gemeinde keine subjektiven Rechte. Aus der dargestellten Kompetenzaufteilung folgt nämlich, dass die Gemeinden nicht mehr Rechte haben können, als ihnen durch Landesgesetz übertragen wurden (, BStBl. II 1976, 426; , BVerwGE 140, 34). Bei dieser landesrechtlichen Aufteilung der Verwaltung der Gewerbesteuer kommt den Gemeinden zum einen kein Recht auf Erlass bestimmter Steuermessbescheide zu. Sie sind vielmehr gemäß § 184 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bei der Festsetzung der Gewerbesteuer an den vorausgehenden Steuermessbescheid des Finanzamtes gebunden. Zum anderen gewährt § 184 Abs. 3 AO der Gemeinde auch kein Recht auf Übermittlung eines gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassenen Messbescheids.

b. Eine Rechtsverletzung der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der durch Art. 106 Abs. 6 GG garantierten Ertragshoheit. Danach stehen den Gemeinden das Aufkommen der Gewerbesteuer sowie das Recht zu, Hebesätze der Gewerbesteuer festzusetzen. Die Ertragshoheit schützt aber nicht konkrete Steueransprüche der Gemeinden, sondern garantiert ihnen lediglich die Zuweisung des tatsächlich angefallenen Ertrags. Dementsprechend haben die Gemeinden weder ein Recht auf Erlass bestimmter Steuermessbescheide (, BStBl. II 1976, 426) noch auf Ausgleich des durch Fehler im Steuermessbetragsverfahren verursachten Steuerausfalls (, BVerwGE 140, 34). Die Gemeinde kann unabhängig davon keine Rechtsverletzung geltend machen, ob das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag in materiell-rechtlicher Hinsicht zu niedrig festsetzt oder ob aufgrund eines Verfahrensfehlers eine Gewerbesteuerfestsetzung durch die Gemeinde nicht (mehr) in Betracht kommt. Im letztgenannten Urteilsfall des BVerwG hatte das Finanzamt die Gewerbesteuermessbescheide gegenüber einem falschen Inhaltsadressaten bekannt gegeben und im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen angestrengten finanzgerichtlichen Verfahrens deren Nichtigkeit festgestellt. Der Erlass neuer Gewerbesteuermessbescheide gegenüber dem richtigen Inhaltsadressaten scheiterte am Eintritt der Festsetzungsverjährung. Ähnlich liegt der Streitfall, in dem der Beklagte unter Verletzung der verfahrenstechnischen Vorschrift des § 184 Abs. 3 AO die Mitteilung des Gewerbesteuermessbetrags an die Klägerin unterließ. Hierbei handelte sich um einen Fehler im Verfahrensablauf. Vor diesem Hintergrund ist die von der Klägerin gezogene Differenzierung zwischen „richtigem” und „rechtmäßigem” Verwaltungshandeln – soweit hierbei überhaupt ein Unterschied bestehen sollte – nicht entscheidungserheblich.

c. Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf ihr durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG gewährleistetes Recht zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft berufen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Gemeinde eine nachhaltige, von ihr nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume darlegt und nachweist (, BVerwGE 140, 34 m.w.N.). Der bloße Hinweis der Klägerin auf ein Haushaltssicherungskonzept reicht nicht für den Nachweis aus, dass sie durch den vorliegend geltend gemachten Gewerbesteuerausfall nachhaltig an einer ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben gehindert sei.

2. Selbst wenn die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs im Streitfall gegeben wären, könnte die Klägerin hiermit nicht den von ihr begehrten Ersatz des eingetretenen Gewerbesteuerausfallschadens erlangen.

Der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustands gerichtet (, ZBR 2003, 385 und vom 9 C 4/10, BVerwGE 140, 34 jeweils m.w.N.). Er erschöpft sich in der Beseitigung des rechtswidrigen Zustands, erfasst aber nicht die Beseitigung bloßer mittelbarer Fernwirkungen (, BStBl. II 2014, 507 und vom II R 20/78, Juris). Anders als im Sozialrecht kennt das Steuerrecht auch keinen „finanzrechtlichen Herstellungsanspruch” ( BFH/NV 2010, 1495).

Danach hat die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Mitteilung des Gewerbesteuermessbetrags der KG für 2001 gegen den Beklagten. Diesen Anspruch hat der Beklagte bereits mit Übersendung des geänderten Bescheids vom am erfüllt. Da sich der Folgenbeseitigungsanspruch hierin erschöpft, ist der rechtswidrige Zustand damit beseitigt, auch wenn die Übermittlung für die Klägerin wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nutzlos ist. Soweit die Klägerin einen Schadensersatz begehrt, ist sie auf Ansprüche nach Amtshaftungsrecht angewiesen, die sie mit dem vorliegenden Verfahren ausdrücklich nicht geltend macht (und mangels Finanzrechtswegs auch nicht geltend machen kann).

3. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die weiteren zwischen den Beteiligten streitigen Fragen (Mitverschulden und Verjährungseintritt) nicht an.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Insbesondere ist höchstrichterlich geklärt, dass Gemeinden gegen die Finanzämter nicht gegen Fehler im Gewerbesteuermessbetragsverfahren vorgehen können und dass aus dem Folgenbeseitigungsanspruch kein finanzieller Wiedergutmachungsanspruch folgt.

Fundstelle(n):
EFG 2017 S. 1571 Nr. 19
NAAAG-59091