NWB Nr. 52 vom Seite 3924

Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 35 EStG

Anmerkungen zum BMF-Schreiben vom 3. 11. 2016

Katja Gragert *

[i]BMF, Schreiben vom 3. 11. 2016, BStBl 2016 I S. 1187Mit Schreiben vom (BStBl 2016 I S. 1187) hat das BMF ein aktualisiertes Anwendungsschreiben zur Anwendung der Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG veröffentlicht. Die Überarbeitung des bisherigen Anwendungsschreibens aus dem Jahr 2009 ( BStBl 2009 I S. 440, mit Änderungen durch [i]infoCenter „Gewerbesteueranrechnung“ NWB AAAAA-41703 BStBl 2010 I S. 43, und vom , BStBl 2010 I S. 1312) war aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen – von der bisherigen Verwaltungsauffassung abweichenden – BFH-Rechtsprechung (, BStBl 2016 II S. 875, und vom - III R 7/14, BStBl 2016 II S. 871) zur Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte/Summe der positiven gewerblichen Einkünfte und zur Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags bei unterjährigem Gesellschafterwechsel erforderlich geworden. Gleichzeitig wurde neben rein redaktionellen Änderungen (z. B. Aufnahme von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften) noch eine Reihe weiterer Ergänzungen in das Anwendungsschreiben aufgenommen, z. B. Aussagen zur Berücksichtigung von nach § 7 Satz 2 GewStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnen und von Tonnagesteuergewinnen.

Eine Kurzfassung dieses Beitrags finden Sie in .

S. 3925

I. Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte

1. Keine quellenbezogene Betrachtung bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags

[i]Ermäßigungshöchstbetrag ist laut BFH nicht einkunftsquellenbezogen zu ermittelnNach der bisherigen Verwaltungsauffassung wurde zur Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags – genauer bei der Berechnung der „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte“ und der „Summe der positiven Einkünfte“ – auf eine einkunftsquellenbezogene Betrachtung abgestellt. Wurden aus einzelnen Einkunftsquellen (z. B. Betrieben, Mitunternehmeranteilen oder Vermietungsobjekten) Verluste erzielt, wurden diese im Rahmen der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags nicht berücksichtigt. Mit (BStBl 2016 II S. 871) hat der BFH dieser Verwaltungsauffassung widersprochen und klargestellt, dass jeweils auf den Saldo aller Einkunftsquellen der jeweiligen Einkunftsart abgestellt werden muss. Nur wenn der Saldo einer Einkunftsart negativ ist, ist der saldierte Verlust im Rahmen der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags nicht zu berücksichtigen. Der BFH ist daher der Auffassung, dass bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags auf die „positive Summe der gewerblichen Einkünfte“ und die „Summe der positiven Summe der Einkünfte je Einkunftsart“ abzustellen ist.

Das neue [i]BMF-Schreiben enthält ÜbergangsregelungAnwendungsschreiben setzt die vom BFH aufgestellten Grundsätze (vgl. Rn. 16 des BStBl 2016 I S. 1187) um. Sie sind damit nunmehr allgemein anzuwenden. Nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls kann sich die neue Verwaltungsauffassung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirken. In Rn. 34 ist daher eine diesbezügliche Übergangsregelung enthalten, vgl. dazu unten I, 5.

2. Berücksichtigung von Verlustverrechnungsbeschränkungen

[i]Grundlagen „Verlustausgleich – Verlustabzug“ NWB CAAAE-60556 Das (BStBl 2016 I S. 1187) stellt in Rn. 16 folgerichtig klar, dass die geltenden Verlustverrechnungsbeschränkungen (z. B. § 15 Abs. 4, § 15a, § 15b, § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG) auch bei der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte und der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte zu beachten sind. Verluste, die einer solchen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen, sind daher für Zwecke des § 35 EStG nicht mit positiven Einkünften derselben Einkunftsart aus anderen Einkunftsquellen zu verrechnen.

3. Kein horizontaler Verlustausgleich zwischen Ehegatten

Ebenfalls mit (BStBl 2016 II S. 871) hat der BFH die bisherige Verwaltungsauffassung (vgl. Rn. 10 des BStBl 2009 I S. 440) bestätigt, dass eine Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus einer Einkunftsart zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern nicht möglich ist. Es bleibt daher insoweit bei der bisherigen ehegatten-/lebenspartnerbezogenen Betrachtungsweise.

Hinweis

In das (BStBl 2016 I S. 1187) wurden nunmehr auch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften aufgenommen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine rein redaktionelle Anpassung.

4. Erläuternde Beispiele

Zur Verdeutlichung enthält das (BStBl 2016 I S. 1187) in Rn. 17 und 18 zwei Beispiele zur neuen Berechnung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte und der Summe der positiven Einkünfte, die nachfolgend erläutert werden.S. 3926

Beispiel 1

Der ledige Steuerpflichtige A erzielt folgende Einkünfte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
§ 15 EStG, Betrieb 1
-50.000 €
§ 15 EStG, Betrieb 2
120.000 €
§ 17 EStG (keine Einkünfte i. S. des § 35 EStG)
-30.000 €
-100.000 €
§ 21 EStG, Grundstück 1
-100.000 €
§ 21 EStG, Grundstück 2
200.000 €
Summe der Einkünfte
40.000 €

Bei [i]Summe der positiven gewerblichen Einkünfteder Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte ist der Verlust aus der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft i. S. von § 17 EStG (-30.000 €) nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich zwar um gewerbliche Einkünfte, nicht jedoch um gewerbliche Einkünfte i. S. von § 35 EStG. Der Gewinn aus Betrieb 2 (120.000 €) ist mit dem Verlust aus Betrieb 1 (-50.000 €) zu saldieren. Es ergibt sich somit eine Summe der positiven gewerblichen Einkünfte von 70.000 € (120.000 € abzüglich 50.000 €).

[i]Summe der positiven EinkünfteBei der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte ist der Verlust (-100.000 €) aus den Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) nicht zu berücksichtigen. Eine Saldierung mit den übrigen Gewinneinkünften (§§ 15 und 17 EStG) ist nicht vorzunehmen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gehen mit 100.000 € (200.000 € aus Grundstück 2 abzüglich 100.000 € aus Grundstück 1) in die Berechnungsformel ein. Die gewerblichen Einkünfte sind mit 40.000 € zu berücksichtigen. Der Verlust aus § 17 EStG ist in diesem Fall mit den Einkünften aus Betrieb 1 und 2 zu saldieren, da auch die Einkünfte aus § 17 EStG als gewerbliche Einkünfte gelten. Die Summe der positiven Einkünfte beträgt damit 140.000 €.

Beispiel 2

Ein zusammenveranlagtes Ehepaar erzielt folgende Einkünfte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte
Ehemann
Ehefrau
50.000 €
-25.000 €
10.000 €
§ 21 EStG Grundstück 1
-30.000 €
§ 21 EStG Grundstück 2
25.000 €
§ 21 EStG Grundstück 3
-10.000 €

Summe der Einkünfte 20.000 €

Die [i]Keine Verrechnung der Verluste/Gewinne bei den EheleutenSumme der positiven gewerblichen Einkünfte beträgt 50.000 €. Eine Verrechnung des gewerblichen Gewinns des Ehemanns mit dem gewerblichen Verlust der Ehefrau ist bei der Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte nicht vorzunehmen. Die Summe der positiven Einkünfte beträgt 75.000 € (50.000 € gewerbliche Einkünfte Ehemann zuzüglich 10.000 € Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Ehefrau zuzüglich 15.000 € Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Ehefrau).

Beispiel 2 – Abwandlung

Der Ehemann erzielt zusätzlich noch Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 5.000 €. Die Summe der positiven Einkünfte bleibt unverändert. Der Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Ehemanns ist nicht mit den Gewinnen aus Vermietung und Verpachtung der Ehefrau zu saldieren. S. 3927

5. Übergangsregelung zur Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte und der Summe der positiven Einkünfte

Das BMF-Schreiben zu § 35 EStG (BStBl 2016 I S. 1187) ist grds. in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Da sich die neue Verwaltungsauffassung bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags jedoch sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Steuerpflichtigen – je nach Art und Umfang der übrigen Einkünfte –auswirken kann, enthält das BMF-Schreiben in Rn. 34 eine Übergangsregelung, nach der der Steuerpflichtige bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2015 die Anwendung der bisherigen Verwaltungsauffassung (= einkunftsquellenbezogene Betrachtungsweise) beantragen kann, wenn die neue Verwaltungsauffassung zu seinen Ungunsten wirkt.

II. Unterjähriges Ausscheiden eines Gesellschafters/Mitunternehmers

1. Keine Steuerermäßigung für unterjährig ausgeschiedene Mitunternehmer

Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung war der Gewerbesteuermessbetrag einer Personengesellschaft auf alle im Feststellungszeitraum beteiligten Mitunternehmer (natürliche Personen und Kapitalgesellschaften) nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel (soweit dieser auch steuerlich anzuerkennen war) zu verteilen. Schied ein Mitunternehmer im Laufe des Feststellungszeitraums entgeltlich oder unentgeltlich aus der Mitunternehmerschaft aus (z. B. durch Verkauf des Mitunternehmeranteils oder Tod des Mitunternehmers), wurde diesem dennoch ein anteiliger – seinem von ihm zu versteuernden Gewinnanteil entsprechender – Gewerbesteuermessbetrag zugerechnet. Diese Handhabung stand im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 35 EStG: die Herstellung der weitgehenden Belastungsgleichheit mit den Einkünften i. S. von § 18 EStG und den Einkünften von Kapitalgesellschaften.

[i]BFH: keine Gewerbesteueranrechnung für unterjährig ausgeschiedene MitunternehmerMit Urteil vom - IV R 5/14 (BStBl 2016 II S. 875) widersprach der BFH überraschend dieser Verwaltungsauffassung. Da die Gewerbesteuer erst mit Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums entstünde, könne der Gewerbesteuermessbetrag auch nur auf die Mitunternehmer verteilt werden, die am Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums (noch) an der Mitunternehmerschaft beteiligt sind. Damit wird unterjährig ausgeschiedenen Mitunternehmern eine Steuerermäßigung nach § 35 EStG nicht mehr zugestanden.

[i]Aufteilung auf die zum Ende des Erhebungszeitraums noch beteiligten MitunternehmerDie Finanzverwaltung wendet auch diese neue Rechtsprechung allgemein an. Abschnitt 6.4 des Anwendungsschreibens (Rn. 28) wurde entsprechend angepasst; Rn. 23 war folgerichtig ebenfalls (redaktionell) anzupassen. Der Gewerbesteuermessbetrag ist demnach nur auf die zum Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums (grds. Ablauf des Kalenderjahres, im Fall einer unterjährigen Betriebsaufgabe: Zeitpunkt der Betriebsaufgabe) noch beteiligten Mitunternehmer (weiterhin unabhängig von ihrer Rechtsform) zu verteilen. Dies gilt m. E. auch im Fall der Gesamtrechtsnachfolge: Verstirbt ein Mitunternehmer im Laufe des Jahres, ist nur seinem Rechtsnachfolger/seinen Rechtsnachfolgern – nicht jedoch dem Erblasser – ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag zuzurechnen.

Die vorstehenden Grundsätze gelten m. E. auch in den Fällen mit abweichendem Wirtschaftsjahr und zwar auch dann, wenn der neue Mitunternehmer erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs eingetreten ist. Dem neuen Mitunternehmer ist dann zwar kein anteiliger Gewinn, jedoch ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag zuzurechnen.

Zwar kann man die BFH-Entscheidung grundsätzlich mit dem Wortlaut der Vorschrift begründen und sicherlich lässt sich diese auch mit dem pauschalierenden Charakter des § 35 EStG rechtfertigen, gerecht ist diese Entscheidung m. E. aber nicht. Eine Beibehaltung der bisherigen Verwaltungsauffassung bedürfte jedoch einer entsprechenden Gesetzesänderung. Ob sich hierfür eine Mehrheit finden würde, ist zu bezweifeln. S. 3928

2. Übergangsregelung

[i]Voraussetzung ist ein einheitlicher Antrag aller noch beteiligten MitunternehmerAuch hinsichtlich dieser Neuregelung enthält Rn. 34 des neuen Anwendungsschreibens (immerhin) eine Übergangsregelung, nach der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 die bisherige Verwaltungsauffassung (Zurechnung eines anteiligen Gewerbesteuermessbetrags auch an unterjährig ausgeschiedene Mitunternehmer) weiterhin zur Anwendung kommt, wenn alle zum Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums noch beteiligten Mitunternehmer dies einheitlich beantragen. Die Schaffung dieser Übergangsregelung wird ausdrücklich begrüßt. Erst ab Veranlagungszeitraum 2018 (also für Mitunternehmerwechsel ab ) ist die neue Verwaltungsauffassung verbindlich. Dass die Anwendung der Übergangsregelung auf einen einheitlichen Antrag der am Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums noch beteiligten Mitunternehmer abstellt, überrascht vielleicht – aber nur auf den ersten Blick. Eine andere Option hatte die Finanzverwaltung in diesem Fall gar nicht. Da neu eingetretene Mitunternehmer jederzeit die Anwendung der für sie im Regelfall günstigeren BFH-Rechtsprechung hätten einklagen können, konnte die Finanzverwaltung die Nichtanwendung der Grundsätze in der Übergangszeit nur von der Zustimmung (dem Antrag) des neu eingetretenen Mitunternehmers abhängig machen.

Praxishinweis

Für bereits stattgefundene Mitunternehmerwechsel ist zu prüfen, welche Verfahrensweise für alle Beteiligten die günstigste ist. Bei künftigen Mitunternehmerwechseln – bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 – sollte im Rahmen von Rechtsberatungen hierzu auf diese neue Verwaltungsauffassung hingewiesen werden. Dann kann bereits im Rahmen der Verhandlung über den Verkauf des Mitunternehmeranteils die Zustimmung der verbleibenden und des neuen Mitunternehmers zur Anwendung der Übergangsregelung vertraglich geregelt werden. Alternativ ist der dem ausscheidenden Mitunternehmer entstehende steuerliche Nachteil durch die Nichtanwendung von § 35 EStG bei der Kaufpreisfindung für den Mitunternehmeranteil zu berücksichtigen. Bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen ab dem sollte – wenn möglich – der Mitunternehmerwechsel (nur noch) zum Jahreswechsel stattfinden. Alternativ ist der steuerliche Nachteil beim Veräußerer durch eine entsprechende Erhöhung des Kaufpreises zu kompensieren.

III. Behandlung von nach § 7 Satz 2 GewStG steuerpflichtigen Veräußerungs-/Aufgabegewinnen

[i]Aufteilung des auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Gewerbesteuermessbetrags Neu in das Anwendungsschreiben aufgenommen wurde Abschnitt 6.6 zur Behandlung von Veräußerungs-/Aufgabegewinnen, die nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig sind. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Änderung der Verwaltungsauffassung, sondern lediglich um eine Klarstellung.

Ist im Gewinn einer Mitunternehmerschaft ein nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtiger Veräußerungsgewinn enthalten, ist auch der auf diesen entfallende Gewerbesteuermessbetrag auf die Mitunternehmer zu verteilen. Maßgeblich hierfür (nicht jedoch für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags) ist der zum Ende des gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraums bestehende Gewinnverteilungsschlüssel. Der zu verteilende Gewerbesteuermessbetrag ist damit nicht um den Teil zu kürzen, der auf den nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungs-/Aufgabegewinn entfällt, und zwar auch dann nicht, wenn dieser Veräußerungsgewinn ertragsteuerlich ausschließlich auf eine Kapitalgesellschaft entfällt, der keine Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu gewähren ist.

Bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags (Summe der positiven gewerblichen Einkünfte, Summe der positiven Einkünfte) sind ausschließlich die bei der S. 3929Ermittlung der Summe der Einkünfte zu berücksichtigenden Gewinne einzubeziehen. Ist dem Mitunternehmer also zwar ein auf § 7 Satz 2 GewStG beruhender anteiliger Gewerbesteuermessbetrag, nicht jedoch ein nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtiger Veräußerungs-/Aufgabegewinn selbst zugerechnet worden (weil dieser auf einen anderen Mitunternehmer entfällt), ist ein solcher auch nicht bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags zu berücksichtigen.

Beispiel 3

A (natürliche Person) und die B-GmbH sind zu 50 % an der C-OHG beteiligt. Der laufende Gewinn 01 beträgt 0 €. Die C-OHG wird zum aufgelöst. Der Aufgabegewinn von 100.000 € entfällt in Höhe von jeweils 50.000 € auf A und die B-GmbH. Der Gewerbeertrag beträgt 25.500 € (nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtiger Aufgabegewinn 50.000 € abzüglich Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG 24.500 €). Der Gewerbesteuermessbetrag beträgt 892 €.

Der [i]Veräußerungsgewinn gehört zu den gewerblichen Einkünftenauf A entfallende, nach § 35 EStG begünstigte Gewerbesteuermessbetrag beträgt 446 € (50 % von 892 €). Dieser ist beim Anrechnungsvolumen zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG sind bei der Berechnung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte die Einkünfte aus der Beteiligung an der C-OHG mit 0 € anzusetzen, weil der auf A entfallende Aufgabegewinn nicht der Gewerbesteuer unterlegen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 3 EStG). Bei der Ermittlung der Summe aller positiven Einkünfte i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG sind die Einkünfte aus der Beteiligung an der C-OHG mit 50.000 € anzusetzen, da der Veräußerungsgewinn zu den gewerblichen Einkünften gehört.

Beispiel 4

A ist alleiniger Kommanditist der B-KG (Untergesellschaft), die wiederum alleinige Kommanditistin der C-KG (Obergesellschaft) ist. Die Komplementär-GmbHs sind jeweils nicht am Vermögen der B-KG und C-KG beteiligt. Der Betrieb der C-KG wird zum aufgegeben.

Der nach § 7 Satz 2 GewStG gewerbesteuerpflichtige Aufgabegewinn der C-KG wird A über die B-KG zugerechnet. Da der Aufgabegewinn mit Gewerbesteuer belastet ist, ist er bei der Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigen (§ 35 Abs. 1 Satz 3 EStG). Der für die C-KG festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag geht in das Anrechnungsvolumen i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG des A ein (§ 35 Abs. 2 Satz 5 EStG).

IV. Behandlung von Gewerbesteuermessbeträgen aus Tonnagesteuerfällen

[i]Grds. keine Anwendung von § 35 EStG auf Gewinne, die der Tonnagebesteuerung unterliegenGewinne i. S. von § 5a EStG (sog. Tonnagegewinne) sind grds. nicht nach § 35 EStG begünstigt (§ 5a Abs. 5 Satz 2 EStG). Es kann jedoch vorkommen, dass einem Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft lediglich ein anteiliger Tonnagegewinn i. S. des § 5a Abs. 1 EStG und damit keine nach § 35 EStG begünstigten Einkünfte zugerechnet werden, auf diesen Mitunternehmer aber gleichwohl ein anteiliger nach § 35 EStG begünstigter Gewerbesteuermessbetrag entfällt (beispielsweise aus Einkünften i. S. des § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG eines anderen Mitunternehmers). Bislang war unklar, wie sich in diesen Fällen die Steuerermäßigung nach § 35 EStG berechnet. Auch dieser Fall wird im neuen Anwendungsschreiben nunmehr behandelt.

Der nach § 35 EStG begünstigte (und im Regelfall auch mit Bindungswirkung festgestellte) Gewerbesteuermessbetrag geht in das Anrechnungsvolumen i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG ein. Bei der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags i. S. des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG sind die gewerblichen Einkünfte bei der Ermittlung der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte für die Beteiligung in diesem Fall mit 0 € anzusetzen, da der Mitunternehmer im Rahmen seiner Veranlagung insoweit lediglich nicht nach § 35 EStG begünstigte Tonnagegewinne (§ 5a Abs. 5 Satz 2 EStG) erzielt.S. 3930

V. Organschaften

[i]Zu BFH IV R 27/12 s. Schöneborn, NWB 34/2015 S. 2480Veräußerungs-/Aufgabegewinne nach dem Umwandlungssteuergesetz bleiben bei der Steuerermäßigung nach § 35 EStG grds. unberücksichtigt. Rn. 13 des (BStBl 2009 I S. 440) wurde im Rahmen der Überarbeitung um einen von der BFH-Rechtsprechung festgestellten Ausnahmefall ergänzt. Danach sind solche Veräußerungs-/Aufgabegewinne bei § 35 EStG zu berücksichtigen, wenn das Personenunternehmen aus einer umgewandelten Organ(kapital)gesellschaft entstanden ist und ein von dieser erzielter und dem Organträger zuzurechnender Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu einer Anrechnung nach § 35 EStG geführt hätte (, BStBl 2015 II S. 837).

Fazit

Die Aktualisierung des BMF-Schreibens war dringend erforderlich. Sie enthält neben Änderungen der Verwaltungsauffassung eine Reihe von wichtigen Klarstellungen (z. B. bei gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungs- und Tonnagegewinnen). Insbesondere die Aussagen zum Umgang mit der jüngsten BFH-Rechtsprechung zu § 35 EStG sind für die Praxis von besonderer Bedeutung. Da auch die BFH-Rechtsprechung zum unterjährigen Ausscheiden eines Gesellschafters grds. anzuwenden ist, wird die fehlende Steuerermäßigung nach § 35 EStG beim ausscheidenden Gesellschafter (und die damit ggf. höhere Ermäßigung bei den neuen/verbleibenden Gesellschaftern) spätestens ab dem Veranlagungszeitraum 2018 Bestandteil im Rahmen der Verhandlungen über den Kaufpreis sein müssen. In Erbfällen bleibt abzuwarten, ob die dann allein dem Erben zu gewährende Steuerermäßigung betragsmäßig die fehlende Ermäßigung beim Erblasser kompensiert.

Autorin

Katja Gragert,
Dipl.-Finanzwirtin (FH), ist seit Mai 1999 als Sachbearbeiterin im BMF tätig und dort seit April 2001 für den Bereich der Gewinneinkünfte (§§ 15 bis 18EStG) zuständig.

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 3924 - 3930
NAAAF-88601