Thüringer FG Urteil v. - 3 K 791/15 EFG 2016 S. 1425 Nr. 17

Berücksichtigung einer nach § 18 Abs. 1 S. 4 UStG i. V. m. § 108 Abs. 3 AO erst nach dem 10. Januar fälligen Umsatzsteuervorauszahlung für einen Voranmeldungszeitraum des Vorjahres als regelmäßig wiederkehrende Betriebsausgabe gem. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG

Leitsatz

1. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr angefallen. Als „kurze Zeit” gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (10-Tageszeitraum).

2. Umsatzsteuervorauszahlungen sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG regelmäßig wiederkehrende Ausgaben i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG.

3. Verschiebt sich die Fälligkeit einer nach § 18 Abs. 1 S. 4 UStG am 10. Januar fälligen Umsatzsteuervorauszahlung (hier: Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 2014) nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag, weil der 10. Januar ein Samstag oder Sonntag ist, und liegt der gesetzliche Fälligkeitstag deswegen außerhalb des 10-Tageszeitraums (siehe unter 1.), hat der Unternehmer die Umsatzsteuerzahlung aber bereits vor dem 10. Januar überwiesen, so kann er nach § 11 Abs. 2 S. 2 EStG die Zahlung noch für das „alte” Jahr, zu dem sie auch wirtschaftlich gehört, als Betriebsausgabe abziehen. Im Wege teleologischer Reduktion ist die Norm des § 108 Abs. 3 AO im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 S. 2 EStG vorliegen, nicht anwendbar.

Gesetze: EStG § 11 Abs. 2 S. 1, EStG § 11 Abs. 2 S. 2, EStG § 11 Abs. 1 S. 2, EStG § 4 Abs. 4, EStG § 4 Abs. 3, AO § 108 Abs. 3, UStG § 18 Abs. 1 S. 1, UStG § 18 Abs. 1 S. 4

Instanzenzug: ,

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin eine von ihr am geleistete Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember 2014, welche bei Anwendung des § 108 Abs. 3 AO statt am Samstag, den , erst am fällig war, (noch) im Kalenderjahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit, mithin im Jahr 2014, als Betriebsausgabe zum Abzug bringen kann.

Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Sie leistete die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember 2014 in Höhe von EUR 6.858,88 unstreitig am durch Banküberweisung. Im Rahmen ihrer Gewinnermittlung für das Jahr 2014 machte die Klägerin die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 als Betriebsausgabe geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid vom versagte der Beklagte den Betriebsausgabenabzug im Jahr 2014. Die Zahlung sei dem Jahr 2015 zuzurechnen, da die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht greife, wenn der Fälligkeitstag wegen Eingreifens des § 108 Abs. 3 AO erst außerhalb des 10-Tages-Zeitraumes liege.

Nach erfolglosem Einspruch verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Klage weiter. Sie macht geltend: Die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 sei im Streitjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, da entgegen der Auffassung des Beklagten die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar sei.

Soweit der Beklagte den Betriebsausgabenabzug im Jahr 2014 mit der Begründung versagt habe, dass sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung gemäß § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach Ablauf des 10-Tages-Zeitraums verschoben habe, schließe dieser Umstand die Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG im Streitfall nicht aus und finde auch keine

Stütze in der BFH-Entscheidung vom , VIII R 34/12 BStBl II 2015, 285, BFHE 247, 432. Auf das fiktive Hinausschieben der Fälligkeit der Zahlung komme es nicht an.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2014 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 2014 auf 0 EUR festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, er habe den Betriebsausgabenabzug für die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2014 zu Recht versagt. Denn die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Streitfall nicht anwendbar, wenn nur die Zahlung des Betrages innerhalb des 10-Tages-Zeitraumes erfolgt sei, die Fälligkeit des Betrages aber außerhalb dieses Zeitraumes liege, wenn die Fälligkeit infolge des § 108 Abs. 3 AO hinausgeschoben worden sei.

Die Ausnahmeregelung vom Abflussprinzip sei (auch dann) nicht anwendbar, wenn sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach Ablauf des 10-Tages-Zeitraums verschiebe. Er verweist insoweit auf eine interne Verwaltungsanweisung der LFD Erfurt. Innerhalb dieses 10-Tages-Zeitraums müssten die Zahlungen sowohl fällig als auch geleistet worden sein. Es müssten beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) kumulativ vorliegen. Mithin sei die Ausnahmeregelung vom Abflussprinzip nicht anwendbar, wenn sich die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach dem 10. Januar verschiebe. Dies gelte insbesondere für die Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember 2014. Diese könne nicht im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, da schon

die Fälligkeit außerhalb des 10-Tages-Zeitraums liege, weshalb der Zeitpunkt der Abbuchung keine Rolle spiele.

Diese Rechtsauffassung habe der , a.a.O.) nochmals bestätigt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Der Beklagte hat zu Unrecht die durch die Klägerin am geleistete Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember 2014 nicht im Kalenderjahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit, mithin am Jahr 2014 als Betriebsausgabe berücksichtigt. Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anzuwenden, weil sowohl Zahlungszeitpunkt als auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb „kurzer Zeit” nach Beendigung des Kalenderjahres 2014 lagen. Soweit der gesetzliche Fälligkeitstermin für die Umsatzsteuer-Vorauszahlung Dezember 2014 nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), der , auf einen Samstag fiel, ist im Wege teleologischer Reduktion die Norm des § 108 Abs. 3 AO im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG vorliegen, nicht anwendbar.

Im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG sind Ausgaben gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 S. 2 EStG für gewisse Fälle eine periodengerechte Berücksichtigung von Ausgaben vor. Danach gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr angefallen. Als „kurze Zeit” gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (10-Tageszeitraum; vgl. , BStBl II 2015, 285, BFHE 247, 432).

Auf Grund dieser Ausnahmevorschrift ist die durch die Klägerin am geleistete Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2014 als Betriebsausgabe dem Jahr 2014 und nicht – wie der Beklagte meint – dem Jahr 2015 zuzuordnen.

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, welcher der erkennende Senat folgt, sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von der Klägerin erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (vgl. , BFHE 218, 372, BStBl II 2008, 282, m.w.N.; Schmidt/Krüger, EStG, 33. Aufl., § 11 Rz 25; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 22 Rz 13; ebenso , BGHZ 98, 174). Sie fallen nach der gesetzlichen Reglung des § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG periodisch nach bestimmten Zeitabschnitten und in bestimmten Zeitabständen an, wobei die Schwankungen der Höhe nach unerheblich sind.

2. Die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG findet jedoch nur Anwendung, wenn sowohl der Abflusszeitpunkt als auch der Fälligkeitszeitpunkt innerhalb der „kurzen Zeit”, also innerhalb des 10-Tageszeitraums liegen. Im Streitfall ist die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember 2014 kurz nach dem Ende des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehört, d.h. innerhalb des 10-Tageszeitraums, fällig geworden und abgeflossen (zur Notwendigkeit der Fälligkeit kurz vor oder nach Ende des Kalenderjahres vgl. , BStBl II 1996, 266 mwN).

a) Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung ist kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2014 abgeflossen. Die Klägerin leistete die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember 2014 in Höhe von EUR 6.858,88 durch Banküberweisung und die tatsächliche Belastung auf dem Konto der Klägerin erfolgte unstreitig innerhalb des 10-Tageszeitraums am . Soweit der Beklagte geltend macht, dass es im Streitfall auf die tatsächliche hier bereits am erfolgte Zahlung bei der Bestimmung des Abflusszeitpunkts im Sinne des § 11 Abs. 2 EStG nicht ankomme und insoweit auf Rechtsprechung verweist (vgl. , EFG 2015, 1264, bestätigt durch , juris), folgt das Gericht dieser Wertung nicht, da die durch den Beklagten zitierte Rechtsprechung im Streitfall keine Anwendung findet. Im dortigen Fall ging es nämlich darum, in welchem Kalenderjahr eine mittels Lastschriftverfahren bewirkte Umsatzsteuervorauszahlung gemäß § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 1 Satz 2 EStG abgeflossen ist. Nach Auffassung des BFH (vgl. , juris) im dortigen Verfahren liegt auch bei einer Zahlung im Lastschriftverfahren ein Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige durch die Erteilung der Einzugsermächtigung und eine ausreichende Deckung seines Girokontos alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die Zahlung der Steuerschuld zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu gewährleisten. Wann der Leistungserfolg eintrete, sei danach unerheblich (, BFH/NV 2000, 825). Dies entspreche der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO, nach der bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung die Zahlung –unabhängig vom Zeitpunkt der Gutschrift beim Zahlungsempfänger– am Fälligkeitstag als entrichtet gilt.

Im hiesigen Streitfall hat aber die Klägerin die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 nicht mittels Lastschriftverfahren durch Einzugsermächtigung entrichtet, sondern im Wege der Einzelbanküberweisung. Das Gericht muss daher nicht entscheiden, ob im Falle des Abflusses der Betriebsausgaben bei unbarer Zahlung im Lastschriftverfahren die Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG im Streitfall zusätzlich daran hätte scheitern können, dass auch ein fiktiver Abflusszeitpunkt nach § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO am Fälligkeitstag bei Anwendung des § 108 Abs. 3 AO, erst am und damit außerhalb des 10-Tageszeitraums gelegen hätte.

b) Auch die Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung Dezember 2014 ist innerhalb der kurzen Zeit, am , eingetreten.

Nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG ist eine Umsatzsteuervorauszahlung am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig. Im Streitfall fiel der ausnahmsweise kalendarisch auf einen Samstag. Zwar verlängert sich nach § 108 Abs. 3 AO die durch die Klägerin zu wahrende Zahlungsfrist zu deren Gunsten bis zum folgenden Werktag, sofern deren Ende auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese zu Gunsten der Klägerin geschaffene Regelung hätte aber in den Jahren, in denen der gesetzlich bestimmte Fälligkeitszeitpunkt für die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember zufällig auf einen Samstag

oder Sonntag im Januar des Folgejahres fällt, zur Folge, dass die aus Gründen der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise geschaffene Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG leerliefe und gar nicht eingreifen könnte. Dies gelte selbst dann, wenn die Klägerin wie im Streitfall dafür sorgt, dass die zweite Voraussetzung, nämlich der Zahlungsabfluss, innerhalb der „kurzen Zeit” erfolgte. Denn die nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächsten Werktag hinausgeschobene Fälligkeit läge in diesen Fällen stets außerhalb des 10-Tageszeitraums. Damit könnte § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG bereits deshalb nicht zur Anwendung kommen. Dieses Ergebnis widerspricht aber nach Auffassung des Gerichts dem in der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen.

Die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG soll Zufallsergebnisse vermeiden, die bei strikter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips dazu führen könnten, dass eine Einnahme bzw. Ausgabe einmal erfasst und ein anderes mal nicht erfasst werden würde, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner sie am Ende des abgelaufenen Kalenderjahres oder zu Beginn des neuen Kalenderjahres zu erbringen habe (vgl. , BFHE 190, 335; BStBl II 2000, 121). Für Ausgaben gilt dieser Grundsatz sinngemäß. Die Auffassung des Beklagten macht aber im Gegensatz dazu den Betriebsausgabenabzug davon abhängig, auf welchen Wochentag der 10. Januar des Folgejahres fällt. Dies entspricht nicht dem Sinn der Vorschrift.

Die Regelung des § 108 Abs. 3 AO soll dem Betroffenen Steuerpflichtigen im hier maßgebenden Sach- und Regelungszusammenhang zu seinen Gunsten im Erhebungsverfahren eine längere Frist zur Begleichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ermöglichen. Sie soll aber nicht im Zusammenwirken mit der materiell-rechtlichen Regelung des § 11 Abs. 2 Abs. 2 EStG bewirken, dass die letztere Norm in bestimmten Jahren überhaupt nicht zur Anwendung kommen könnte. Das Gericht geht davon aus, dass der Gesetzgeber diesen Umstand bei Schaffung der Regelungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG einerseits und des § 108 Abs. 3 AO andererseits nicht gesehen hat und entsprechende Auswirkungen auch nicht gewollt hätte. Auch der Typisierungsgedanke rechtfertigt es aus Sicht des Gerichts nicht, dass die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG möglicherweise zwei Veranlagungszeiträume hintereinander keine Anwendung findet, in denen rein zufällig der 10. Januar des Folgejahres auf einen Samstag oder Sonntag fällt.

Soweit es – wie im vorliegenden Streitfall – bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG darum geht, ob nicht nur der Abflusszeitpunkt einer Ausgabe, sondern auch ihr Fälligkeitszeitpunkt innerhalb des maßgebenden 10 Tageszeitraums liegt, ist aus teleologischen Gründen die Regelung des § 108 Abs. 3 AO nicht anzuwenden, sondern stattdessen von dem gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG auszugehen, selbst wenn – wie hier – der 10. Januar des Folgejahres auf einen Samstag oder Sonntag fällt.

Diese Auffassung vermeidet auch, dass ein betroffener Steuerpflichtiger möglicherweise künstliche Ausweichstrategien heranziehen müsste, um ein anderes Ergebnis zu erreichen. Wäre die Rechtsauffassung des Beklagten zutreffend und wollte ein Steuerpflichtiger die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember im Jahr der Entstehung der Umsatzsteuer als Betriebsausgabe geltend machen, müsste er vor dem Hintergrund kalendarischer Zufälligkeiten einen Dauerauftrag oder eine Einzugsermächtigung stornieren und durch eine Einzelüberweisung ggf. über einen geschätzten Umsatzsteuerbetrag noch im alten Jahr und zwar mindestens 11 Tage vor dem Jahresende ersetzen. Damit wäre die Umsatzsteuer für Dezember 2014 nach der Grundregelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG in jedem Fall im Jahr der Umsatzsteuerentstehung als Betriebsausgabe zu erfassen. Auf die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG käme es dann nicht mehr an.

Die Auffassung des Beklagten käme zudem zu den widersinnigen Ergebnis, dass die Regelung des § 108 Abs. 3 AO, die den Steuerpflichtigen durch Verlängerung der gesetzlichen Zahlungsfrist gerade begünstigen soll, dazu führen würde, dass die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 AO, die den Steuerpflichtigen unter entsprechenden Umstände ebenfalls begünstigt, nicht zur Anwendung käme, obwohl der Steuerpflichtige in Fällen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG dieser prinzipiellen Begünstigung des § 108 Abs. 3 AO gerade nie bedarf, weil die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sowieso nur greifen kann, wenn der Steuerpflichtige noch innerhalb des 10 Tages Zeitraums, also gerade vor der fiktiv gesetzlich hinausgeschobenen Fälligkeit, leistet.

Aufgrund der dargelegten Umstände bedarf es im Streitfall einer teleologische Reduktion dahingehend, dass § 108 Abs. 3 AO im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz 2 AO, als Vorfrage, ob die Fälligkeit innerhalb des 10 Tages Zeitraumes liegt, nicht anwendbar ist.

3. Eine andere rechtliche Wertung ergibt sich – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch nicht aus der von ihm zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn die durch den Beklagten angeführten Entscheidungen betrafen andere Sachverhalte bzw. haben über andere Rechtsfragen entschieden.

In dem Sachverhalt, der dem , a.a.O. zugrunde lag, wurde die Umsatzsteuer-Vorauszahlung – anders als im vorliegenden Fall – unstreitig erst am 11. Januar und damit außerhalb des 10-Tageszeitraums geleistet.

Zudem hat der BFH in dem betreffenden Urteil nur die Rechtsfrage entschieden, ob eine Verlängerung des 10-Tageszeitraums des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG bei Anwendung der Regelungen des § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bzw. im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen in Betracht kommt. Insoweit hat der BFH zutreffend entschieden, dass die Anwendung der Regelungen in § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB auf Fälle der vom Zuflussprinzip und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßiger wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG bereits daran scheitert, dass es an der Voraussetzung fehlt, dass eine Leistung im Sinne des § 193 BGB „zu bewirken ist”. Nach zutreffender Auffassung des BFH regeln nämlich § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG keine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um danach im Rahmen der Einkommensermittlung eine vom Grundsatz abweichende periodengerechte zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben für die Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte zu bestimmen. Nach ebenso zutreffender Wertung des BFH kommt auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen eine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums nicht in Betracht. Denn § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln keine Frist, sondern schaffen lediglich eine gesetzlich normierte Zufluss- bzw. Abflussfiktion. Im vorliegenden Streitfall geht es aber nicht um die Rechtsfrage, ob sich der Zeitraum des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG verlängert.

Deshalb ergibt sich – entgegen der Wertung des Beklagten – auch aus dem , BFH/NV 2003, 169 keine der Auffassung des hiesigen Gerichts entgegenstehende rechtliche Wertung. Denn dort hat der BFH nur zutreffend entschieden, dass der in § 11 Abs.1 Satz 2 EStG verwendete Begriff „kurze Zeit” einen Zeitraum von höchstens zehn Tagen umfasst und dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Im hiesigen Streitfall geht es aber nicht darum, dass und ob sich in der § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG geregelte 10-Tageszeitraum verlängert.

Im vorliegenden Streitfall geht es vielmehr um eine andere Rechtsfrage, nämlich darum, ob die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen als Vorfrage im Rahmen der Prüfung, ob die Fälligkeit einer Betriebsausgabe noch innerhalb des maßgeblichen 10-Tageszeitraumes liegt, auch im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG zu beachten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO – (vgl. zur Anwendung des § 708 Nr. 10 zutreffend das , Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 969). Für eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sieht das Gericht keinen Anlass. Die Entscheidung weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des BFH ab. Die Sache ist auch über den Einzelfall hinaus nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Obwohl bereits mehrfach kalendarisch der 10. Januar eines Folgejahres als Fälligkeitstermin für eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember auf einen Samstag oder Sonntag gefallen ist und sich die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage deshalb gestellt haben dürfte, ist dem hiesigen Gericht kein Fall bekannt, in dem diese Frage streitig war. Allein der Umstand, dass eine abweichende Rechtsauffassung in einer internen Verfügung der zuständigen LFD vertreten wird, rechtfertigt nicht die grundsätzliche Bedeutung der Sache. Dem Gericht ist nicht bekannt, dass andere Finanzämter in Thüringen über den vorliegenden Einzelfall hinaus auf der Grundlage dieser Verfügung einen Betriebsausgabenabzug unter Nichtanwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG versagt haben.

Fundstelle(n):
BB 2016 S. 2261 Nr. 38
BBK-Kurznachricht Nr. 20/2016 S. 966
DStR 2017 S. 6 Nr. 7
DStRE 2017 S. 516 Nr. 9
DStZ 2016 S. 673 Nr. 18
EFG 2016 S. 1425 Nr. 17
KÖSDI 2016 S. 19990 Nr. 10
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2016 S. 3134
Ubg 2017 S. 338 Nr. 6
NAAAF-82464