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StuB Nr. 3 vom Seite 98

Die Änderungen bei der Grunderwerbsteuer durch das Steueränderungsgesetz 2015

Eine Analyse der Neuregelungen

RA StB Wolfram Vogel, M.I.Tax *

Der Steuergesetzgeber hat mit Wirkung ab dem den Grunderwerbsteuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG geändert, der den mittelbaren und unmittelbaren Gesellschafterwechsel von Grundbesitz haltenden Personengesellschaften erfasst. Die gesetzliche Neuregelung korrigiert die jüngst hierzu ergangene Rechtsprechung des BFH (sog. Nichtanwendungsgesetz). Hierdurch wird es wieder vermehrt zu grunderwerbsteuerbaren Tatbeständen nach § 1 Abs. 2a GrEStG kommen. Der Gesetzgeber hat ferner die vom BVerfG angeordnete rückwirkende Neuregelung der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage beschlossen. Im Zuge dessen hat er sich dafür entschieden, die bislang für Erbschaftsteuerzwecke geltenden Bewertungsverfahren für Grundbesitz auch bei Eingreifen der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 GrEStG anzuordnen. Dies führt zu einer wesentlichen Erhöhung der Grunderwerbsteuer bei den hiervon betroffenen Fällen (insb. Umwandlungsfälle und Fälle des Gesellschafterwechsels und der Anteilsvereinigung). Im Vergleich zu den früher maßgeblichen Bedarfswerten ist die Neuregelung aufwendiger und komplizierter. Die Anordnung der Rückwirkung dieser neuen Bemessungsgrundlage ab dem wirkt sich dagegen nur in wenigen Ausnahmefällen grunderwerbsteuererhöhend aus.

Vogel, Rückwirkende Verfassungswidrigkeit der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage ab , NWB AAAAF-02192

Kernfragen
  • Was ändert sich für Grundbesitz haltende Personengesellschaften?

  • Ab wann gilt die Neuregelung?

  • Wie sieht die rückwirkende Neuregelung der Ersatzbemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer nach der Verfassungswidrigkeitserklärung durch das BVerfG aus und wer ist von der angeordneten Rückwirkung betroffen?

I. Einführung

Der Gesetzgeber hat mit dem Steueränderungsgesetz 2015 [1] zwei wichtige Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz vorgenommen:

  • Die erste Änderung betrifft § 1 Abs. 2a GrEStG, der einen unmittelbaren oder/und mittelbaren Anteilswechsel auf neue Gesellschafter im Umfang von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren an einer Grundbesitz haltenden Personengesellschaft als Übergang des Grundstücks von der bisherigen Personengesellschaft auf eine neue Personengesellschaft fingiert.

  • Die zweite gesetzliche Änderung betrifft die Neuregelung der vom BVerfG für verfassungswidrig erklärten Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 GrEStG. [i]Tiede, Grunderwerbsteuertatbestände bei grundbesitzenden Gesellschaften, StuB 15/2014 S. 571 NWB OAAAE-70499 Graessner, Rückwirkende Verfassungswidrigkeit des grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungstatbestands ab 1. 1. 2009, NWB 31/2015 S. 2264 NWB ZAAAE-96204 Braun/Eisele, Grunderwerbsteuerliche Immobilienbewertung: Verfassungswidrigkeit der Ersatzbemessungsgrundlage, NWB 36/2015 S. 2648 NWB FAAAE-99958

Da im Bereich des § 1 Abs. 2a GrEStG die Ersatzbemessungsgrundlage zur Anwendung kommt, sind in solchen Fällen beide Gesetzesänderungen zu beachten.

II. Die Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG

1. Vorbemerkungen

Der gesetzliche Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG kann dadurch ausgelöst werden, dass sich innerhalb einer Zeitspanne von fünf Jahren der Kreis der an einer Grundbesitz haltenden Personengesellschaft (nachfolgend: Grundstücks-PersG)S. 99 unmittelbar beteiligten Gesellschafter (also die zivilrechtlichen Gesellschafter) zu mindestens 95 % ändert. [2]

Der Tatbestand kann ferner dadurch ausgelöst werden, dass sich nicht die zivilrechtlichen Gesellschafter der Grundstücks-PersG ändern, sondern nur die Anteilseigner der Gesellschafter der Grundstücks-PersG oder deren Anteilseigner etc. (mittelbarer Gesellschafterwechsel). Auch eine Kombination dieser beiden Varianten, d. h. ein teilweiser unmittelbarer Gesellschafterwechsel und ein teilweiser mittelbarer Anteilseignerwechsel, kann den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG auslösen. [3] Die aktuelle Gesetzesänderung des § 1 Abs. 2a GrEStG betrifft insbesondere die Frage, wann ein mittelbarer Gesellschafterwechsel i. S. der Vorschrift vorliegt.

Gem. dem (unveränderten) Satz 1 des § 1 Abs. 2a GrEStG ist der Tatbestand erfüllt, wenn

  • zum Vermögen

  • einer Personengesellschaft

  • ein inländisches Grundstück gehört

  • und sich der Gesellschafterbestand dieser Grundbesitz-PersG unmittelbar oder mittelbar dergestalt verändert, dass innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile auf neue [4] Gesellschafter übergehen.

2. Bisherige Rechtslage

Zwischen der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung war es zuletzt streitig, wann ein mittelbarer Gesellschafterwechsel i. S. der Vorschrift vorlag.

2.1 Ist ein mittelbarer Gesellschafterwechsel auch auf einer Zwischenbeteiligungsstufe möglich?

Der Streit um die Auslegung des § 1 Abs. 2a GrEStG begann mit der Entscheidung des . [5] In seiner Grundsatzentscheidung stellte der BFH fest: Der Begriff des mittelbaren Gesellschafterwechsels i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG sei anders als für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG auszulegen. Wann ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel vorläge, bestimme sich allein nach dem Zivilrecht. Das Zivilrecht kenne keinen mittelbaren Gesellschafterwechsel. Unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des § 1 Abs. 2a GrEStG ergäbe sich daher, der mittelbare Gesellschafterwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG sei allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Da sowohl Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften wiederum Gesellschafter hätten, die an ihr beteiligt sind, bestimme sich der mittelbare Gesellschafterwechsel allein auf der Ebene der Letztberechtigten. Letztberechtigte können nur Personen sein, an denen nicht wiederum andere Personen beteiligt sind, also insb. natürliche Personen, Stiftungen und Anstalten.

Eine Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns oder innerhalb eines anderen Unternehmensverbunds konnte nach dieser neuen Rechtsprechung keinen mittelbaren Gesellschafterwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG mehr auslösen. Denn eine Umstrukturierung auf einer Zwischenbeteiligungsebene führt zu keiner Änderung der Letztberechtigten.

Die Finanzverwaltung vertritt dagegen die Auffassung, nur Personengesellschaften auf einer Zwischenbeteiligungsebene würden für die Ermittlung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels zwingend transparent behandelt. Bei zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften ist aber bei einem Wechsel von mindestens 95 % ihrer Gesellschafter ein mittelbarer Anteilseignerwechsel an der Grundbesitz-PersG anzunehmen. Danach kann auch innerhalb eines Unternehmensverbunds ohne Änderung der Letztberechtigten ein mittelbarer Gesellschafterwechsel von mindestens 95 % vorliegen und der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst werden. [6]

2.2 Welche Berechnungsmethode gilt bei zwischengeschalteten Gesellschaften?

Der BFH ist der Ansicht, eine wirtschaftliche Zurechnung von mittelbar über zwischengeschaltete Personen- oder Kapitalgesellschaften gehaltenen Anteilen an der Grundbesitz-PersG zum Letztberechtigten sei nur möglich, wenn durchgehend auf jeder Beteiligungsebene eine Beteiligung von mindestens 95 % besteht (sog. Quorum). [7]

Die Finanzverwaltung geht dagegen davon aus, eine solche Mindestbeteiligungshöhe von 95 % gelte nur für Kapitalgesellschaften. Bei zwischengeschalteten Personengesellschaften sei ein zu berücksichtigender mittelbarer Anteilseignerwechsel aber unabhängig von diesem Quorum zu berücksichtigen (rein rechnerische Ermittlung).

Beispiel

Die A-KG hält ein Grundstück. Unmittelbare Gesellschafter der A KG sind die B-KG zu 94,9 % und die C-GmbH (Komplementärin) zu 5,1 %. An der B-KG ist die D zu 94,9 % beteiligt. Die D hält zudem alle Anteile an der C-GmbH. Die D überträgt nun ihre Anteile an der B-KG und der C-GmbH auf E.

Lösung BFH

Nach Auffassung des BFH ist ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel nicht erfolgt. § 1 Abs. 2a GrEStG kann daher allenfalls durch einen mittelbaren Anteilseignerwechsel erfüllt sein. Ein solcher bestimmt sich allein nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Letztberechtigte war vorher die D. Neuer Letztberechtigte ist nun der E.S. 100

Da die D 100 % der Anteile an der C-GmbH hielt und diese übertragen hat, liegt i. H. der von der C-GmbH gehaltenen Anteile von 5,1 % ein mittelbarer Gesellschafterwechsel vor.

Da die D aber nur 94,9 % an der B-KG hielt, für eine Zurechnung eines mittelbaren Gesellschafterwechsels aber auch bei Personengesellschaften eine Mindestbeteiligungshöhe von 95 % erforderlich sei, führe die Übertragung der Anteile an der B-KG nach Auffassung des BFH nicht zu einem mittelbaren Anteilseignerwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG. [8]

Lösung Finanzverwaltung

Nach Auffassung der Finanzverwaltung besteht das Erfordernis einer Mindestbeteiligungshöhe für die Zurechnung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels nur für zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften, nicht aber bei zwischengeschalteten Personengesellschaften. Auch wenn die D nur 94,9 % der Anteile an der B-KG hält, sei die Übertragung dieser Anteile rechnerisch für die Ermittlung des mittelbaren Anteilseignerwechsels i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG zu berücksichtigen. Danach liegt ein mittelbarer Anteilseignerwechsel i. H. von 94,9 % ? 94,9 %, mithin im Umfang von 90,0601 % vor.

Da die D 100 % der Anteile an der C-GmbH hielt und diese übertragen hat, liegt i. H. der von der C-GmbH gehaltenen Anteile von 5,1 % ein weiterer mittelbarer Gesellschafterwechsel vor. Insgesamt liegen somit mittelbare Anteilseignerwechsel von mindestens 95 % (innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren) vor (90,0601 % + 5,1 % = 95,1601 %).

Der Gesetzgeber hat nun diese Auffassung der Finanzverwaltung durch die aktuelle Gesetzesänderung gesetzlich verankert (§ 1 Abs. 2a Sätze 2 – 5 GrEStG n. F.). Die Einzelheiten der gesetzlichen Neuregelung werden nachfolgend beschrieben. Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Neuregelung teilweise als Klarstellung bezeichnet. Nachfolgend wird daher auch untersucht, ob die gesetzliche Neuregelung eine Art Rückwirkung entfaltet. Schließlich wird auf die Bedeutung der Neuregelung u. a. im Kontext der ertragsteuerlichen Behandlung einer ausgelösten Grunderwerbsteuer eingegangen.

3. Die gesetzliche Neuregelung

3.1 Der Wortlaut und die Systematik der geänderten Vorschrift des § 1 Abs. 2a GrEStG

Der bisherige Satz 1 der Vorschrift bleibt unverändert. Folgende Sätze werden nunmehr zusätzlich im Anschluss an Satz 1 in § 1 Abs. 2a GrEStG eingefügt: „Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt (§ 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG n. F.). Ist eine Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt, gelten die Sätze 4 und 5 (§ 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG n. F.). Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG n. F.). Bei mehrstufigen Beteiligungen gilt Satz 4 auf der Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend (§ 1 Abs. 2a Satz 5 GrEStG n. F.).“

Satz 1 der Vorschrift enthält weiterhin den Grundtatbestand, der gleichermaßen für unmittelbar oder mittelbar beteiligte Gesellschafter in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft gilt. Satz 2 enthält eine zusätzliche Erläuterung, wie mittelbar über eine Personengesellschaft gehaltene Gesellschaftsanteile zu behandeln sind. Sätze 3 – 5 enthalten dagegen zusätzliche Regelungen, wie es sich auswirkt, wenn unmittelbar oder mittelbar eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die gesetzliche Neuregelung unterscheidet somit nunmehr teilweise zwischen der Rechtsform der unmittelbar oder mittelbar Beteiligten.

3.2 Unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter in der Rechtsform einer Personengesellschaft
3.2.1 Personengesellschaft ist unmittelbar an der Grundbesitz-PersG beteiligt

§ 1 Abs. 2a Satz 2 der Vorschrift enthält nur eine Sonderregelung, wie mittelbar über eine Personengesellschaft gehaltene Beteiligungen zu behandeln sind. Die Sätze 3 – 5 der Vorschrift gelten nur für Kapitalgesellschaften. Somit gilt für die unmittelbar von der Personengesellschaft gehaltenen Anteile an der Grundbesitz-PersG unverändert Satz 1 der Vorschrift.

Ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel liegt vor, wenn sich der zivilrechtlich zu bestimmende Gesellschafter der Grundbesitz-PersG ändert. Da eine Personengesellschaft zivilrechtlich Gesellschafter einer Grundbesitz haltendenden PersG sein kann, gelten hier keine Besonderheiten. Soweit sich die unmittelbaren Gesellschafter der Grundbesitz-PersG ändern, liegen unmittelbare Gesellschafterwechsel i. S. der Vorschrift des § 1 Abs. 2a GrEStG vor, die bei der Ermittlung des erforderlichen Gesellschafterwechsels (auf neue Gesellschafter) von mindestens 95 % innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums zu berücksichtigen sind.

3.2.2 Mittelbare Anteilseignerwechsel bei Beteiligungen über eine Personengesellschaft an einer Grundbesitz-PersG

Für die Berechnung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels enthält § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG n. F. nunmehr eine Sondervorschrift, die wie folgt lautet: „Mittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand von den an einer Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt.“

Von dieser Sondervorschrift erfasst sind zunächst die Veränderungen der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die unmittelbar (zivilrechtlich) an der Grundbesitz-PersG beteiligt sind. Verändern sich die Gesellschafter der zivilrechtlich an der Grundbesitz-PersG beteiligten Personengesellschaft,S. 101 gilt dies als mittelbarer Gesellschafterwechsel. Der Umfang des mittelbaren Anteilseignerwechsels wird durch Multiplikation der Beteiligungsprozentsätze berechnet (rein rechnerische Ermittlung der Höhe des mittelbaren Gesellschafterwechsels entsprechend der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung). Eine Mindestbeteiligungshöhe (Quorum) eines Gesellschafters der Personengesellschaft für die Berücksichtigung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels gibt es – entgegen der Auffassung des BFH vor der gesetzlichen Änderung – für Beteiligungen an Personengesellschaften damit nicht mehr.

3.2.3 Transparente Behandlung auf weiteren Beteiligungsebenen

Für Gesellschafter in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ordnet § 1 Abs. 2a Satz 5 GrEStG an, es sei auf jeder Beteiligungsebene zu prüfen, ob ein Gesellschafterwechsel (i. S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG) vorliegt. Eine entsprechende Vorschrift fehlt für an der Grundbesitz-PersG beteiligte Personengesellschaften. Aus dieser Systematik ist im Umkehrschluss zu folgern, Personengesellschaften werden für die Ermittlung eines mittelbaren Gesellschafterwechsels transparent behandelt. Dieser Grundsatz gilt auf allen Beteiligungsstufen.

3.2.4 Zwischenfazit

Durch die Gesetzesänderung werden zwischengeschaltete Personengesellschaften im Bereich des § 1 Abs. 2a GrEStG nunmehr teilweise anders als Kapitalgesellschaften behandelt. Es ist zu unterscheiden zwischen einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel (§ 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG) und einem mittelbaren Gesellschafterwechsel (§ 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG n. F.).

Sind Personengesellschaften unmittelbar an der Grundbesitz-PersG beteiligt und werden ihre Anteile an der Grundbesitz-PersG von ihr auf einen neuen Gesellschafter übertragen, liegt ein unmittelbarer Anteilseignerwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG vor. Dies gilt selbst dann, wenn der neue Gesellschafter ebenfalls eine Personengesellschaft ist (und sowohl am bisherigen als auch am neuen Gesellschafter die gleichen Beteiligungen bestehen). Für den unmittelbaren Anteilseignerwechsel kommt es somit weiterhin allein auf die zivilrechtliche Betrachtung an. Hinsichtlich eines unmittelbaren Anteilseignerwechsels an der Grundbesitz-PersG werden somit Gesellschafter in der Rechtsform einer Personengesellschaft genauso behandelt wie Gesellschafter in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft.

Für die Ermittlung, ob ein mittelbarer Gesellschafterwechsel vorliegt, werden jedoch alle zwischengeschalteten Personengesellschaften (sowohl die unmittelbar beteiligte Personengesellschaft als auch Personengesellschaften, die erst auf späterer Beteiligungsebene zwischengeschaltet sind) transparent behandelt. Eine Mindestbeteiligungshöhe für die Zurechnung eines mittelbaren Gesellschafterwechsels ist nicht erforderlich. Die Höhe der mittelbaren Änderung wird rein rechnerisch durch Multiplikation der Beteiligungsverhältnisse ermittelt.

3.3 Unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft
3.3.1 Neufassungen im Überblick

Gem. § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG n. F. gelten für eine an einer Grundstücks-PersG unmittelbar oder mittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft die Sätze 4 und 5 der Vorschrift.

§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG n. F. regelt nun die Behandlung einer Kapitalgesellschaft, die unmittelbar (zivilrechtlich) Gesellschafterin der Grundstücks-PersG ist. Die Kapitalgesellschaft gilt in vollem Umfang als neue Gesellschafterin i. S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, wenn mindestens 95 % der an ihr gehaltenen Anteile auf neue Gesellschafter übergehen.

Gem. § 1 Abs. 2a Satz 5 GrEStG n. F. gilt § 1 Abs. 2 Satz 4 GrEStG n. F. bei mehrstufigen Beteiligungen auf Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft.

3.3.2 Kapitalgesellschaft ist unmittelbar an der Grundbesitz-PersG beteiligt

§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG n. F. regelt den Fall eines Gesellschafterwechsels an einer zivilrechtlich an der Grundbesitz-PersG beteiligten Kapitalgesellschaft. Er behandelt somit nicht den Fall des Wechsels des zivilrechtlichen Gesellschafters der Grundbesitz-PersG. Hierfür gilt weiterhin § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Hinsichtlich eines unmittelbaren (zivilrechtlichen) Gesellschafterwechsels wird somit eine Kapitalgesellschaft als Gesellschafter der Grundbesitz-PersG nicht anders behandelt als eine Personengesellschaft. In dem Umfang, in dem die Beteiligung am Vermögen der Grundbesitz-PersG auf neue zivilrechtliche Gesellschafter übergeht, liegt ein unmittelbarer Anteilseignerwechsel i. S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG vor. Auf die Beteiligungsverhältnisse an den Gesellschaftern der Grundbesitz-PersG kommt es nicht an (keine Mindestbeteiligungshöhe erforderlich).

3.3.3 Ermittlung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels bei zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften

Für die Beurteilung der Frage, in welchem Umfang mittelbare Anteilseignerwechsel vorliegen, wenn eine Kapitalgesellschaft unmittelbarer Gesellschafter einer Grundbesitz-PersG ist, ist nun § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG n. F. zu berücksichtigen. Gem. dieser Vorschrift gilt eine unmittelbar an der Grundbesitz-PersG beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neuer Gesellschafter der Grundbesitz-PersG, wenn an ihr (also an der Kapitalgesellschaft) mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen.

Die Bedeutung dieser gesetzlichen Anordnung ist zu untersuchen. Es stellt sich die Frage, ob hiermit lediglich eine Mindestbeteiligungshöhe von 95 % festgelegt wird, damit ein mittelbarer Anteilseignerwechsel auf der Ebene des ultimate shareholders erfolgen kann, oder ob hiermit zugleich ein mittelbarer schädlicher Anteilseignerwechsel S. 102auf jeder Unternehmensebene ausgelöst werden kann (Nichtanwendungsgesetz zur Rechtsprechung, wonach nur auf die ultimate shareholders abzustellen ist). Die Bedeutung einer gesetzlichen Vorschrift ist durch Auslegung zu ermitteln.

Wortlaut der Vorschrift

Gem. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt eine Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin, wenn an ihr gehaltene Anteile zu mindestens 95 % auf neue Gesellschafter übergehen.

Somit ordnet diese Vorschrift auch die Fiktion an, diese Kapitalgesellschaft gelte unter den im Gesetz genannten Bedingungen als neue Gesellschafterin der Grundbesitz-PersG.

Systematische Auslegung

Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2a Satz 5 GrEStG gilt Satz 4 auf Ebene jeder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft entsprechend.

§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG ordnet an: Eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft gelte in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn das Quorum von 95 % erreicht wird.

Wenn Satz 5 der Vorschrift anordnet, Satz 4 gilt auf jeder Beteiligungsebene, kann dies nur bedeuten, eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschaftsanteile zu mindestens 95 % auf neue Gesellschafter übergehen, gilt als neue (mittelbare) Gesellschafterin. Ein Abstellen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung nur auf den ultimate shareholder als möglichen neuen Gesellschafter ist mit diesem Wortlaut der Vorschrift („gilt auf jeder Ebene als neue Gesellschafterin“) und der Systematik der Sätze 4 und 5 der Vorschrift nicht vereinbar. Danach kann ein Gesellschafterwechsel an einer Kapitalgesellschaft auf jeder Beteiligungsebene zu einem mittelbaren Anteilseignerwechsel führen, wenn das erforderliche Quorum erreicht wird. Kapitalgesellschaften sind somit für einen mittelbaren Anteilseignerwechsel nicht transparent zu behandeln. [9]

3.4 Ergebnis

Der Gesetzgeber hat die Behandlungen von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften bei mittelbaren Anteilseignerwechseln in zwei Punkten unterschiedlich geregelt.

  • Mindestbeteiligungshöhe von 95 % gilt nur bei Kapitalgesellschaften.

Für die Frage, ob auf einer nachgelagerten Beteiligungsebene ein Gesellschafterwechsel von mindestens 95 % vorliegt, sind Gesellschafterwechsel einer zwischengeschalteten Personengesellschaft immer rechnerisch anteilig zu berücksichtigen.

Bei einer Kapitalgesellschaft erfolgt dagegen keine anteilige rechnerische Berücksichtigung, sondern es gilt das Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip. Gehen bei einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile an ihr auf neue Gesellschafter über, gilt die Kapitalgesellschaft als neuer mittelbarer Gesellschafter. Ändert sich der Gesellschafterkreis einer Kapitalgesellschaft im maßgeblichen Fünf-Jahreszeitraum dagegen nur in geringerem Umfang als 95 %, gilt dies auch nicht anteilig als mittelbarer Anteilseignerwechsel an der Grundstücks-PersG.

  • Nur Personengesellschaften gelten für die Berechnung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels als transparent, auf ihrer Ebene kann daher der § 1 Abs. 2a GrEStG nicht ausgelöst werden.

Für die Berechnung eines mittelbaren Anteilseignerwechsels werden Personengesellschaften transparent behandelt. § 1 Abs. 2a GrEStG kann somit erst auf der Ebene der an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschafter ausgelöst werden. Kapitalgesellschaften stellen dagegen einen Rechtsträger dar, dessen Veränderungen im Gesellschafterbestand zu einem mittelbaren Gesellschafterwechsel führen können, wodurch der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst werden kann.

Mit der Anwendung dieser Grundsätze kann eine nachträgliche Zwischenschaltung einer PersG oberhalb der zivilrechtlichen Gesellschafter der Grundbesitz-PersG nicht zu einem mittelbaren Gesellschafterwechsel führen, wenn sich durch die Zwischenschaltung die rechnerischen Beteiligungsverhältnisse nicht verändern (Zwischenschaltung einer PersG, an der der mittelbare Gesellschafter zu 100 % am Vermögen beteiligt ist).

4. Zeitlicher Anwendungsbereich der Änderungen des § 1 Abs. 2a GrEStG

Gem. § 23 Abs. 13 GrEStG gilt § 1 Abs. 2a GrEStG in der neuen Fassung für Erwerbsvorgänge, die ab dem verwirklicht werden.

Im Gesetzgebungsverfahren wurde erwähnt, es handele sich bei der geänderten Fassung des § 1 Abs. 2a GrEStG um eine Klarstellung, die dem bisherigen Willen des Gesetzgebers entspräche. [10] Es ist daher zu prüfen, ob sich aufgrund dieser Gesetzeshistorie eine Bedeutung für Erwerbsvorgänge ergeben könnte, die vor dem verwirklicht wurden.

Die Letztentscheidungsbefugnis, wie Steuervorschriften auszulegen sind, liegt beim BFH. [11] Sofern dieser seine anders lautende Rechtsprechung für Erwerbsvorgänge vor dem nicht aufgibt, ist diese weiter anzuwenden, wenn sich aus der Auslegung der gesetzlichen Anwendungsvorschrift keine Anordnung einer Rückwirkung auf vorher verwirklichte Erwerbsvorgänge ergibt. Der Wortlaut der zeitlichen Anwendungsvorschrift ist jedoch eindeutig. Der S. 103Hinweis in einer Gesetzesbegründung, es handele sich um eine Klarstellung, hat demgegenüber keine Bedeutung. [12] Danach ist die Neuregelung erst für Erwerbsvorgänge ab dem anzuwenden.

5. Zu berücksichtigende ertragsteuerliche Gesichtspunkte

Sofern sich eine Grunderwerbsteuer nicht vermeiden lässt, besteht dennoch häufig die Möglichkeit der Gestaltung, nach welcher Vorschrift sie ausgelöst wird. Bei einem Erwerbsvorgang, der die Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 2a GrEStG auslöst, ist die Grundstücks-PersG Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer. Ertragsteuerlich ist das Grundstück vor und nach der Verwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG der Grundstücks-PersG zuzurechnen. Die Grundsbesitz-PersG wendet die Grunderwerbsteuer damit nicht auf, um das Grundstück (erstmalig) zu erwerben. Ein Grundstücksanschaffungsvorgang liegt ertragsteuerlich daher nicht vor. Der Grunderwerbsteuer-Aufwand ist daher bei ihr ertragsteuerlich sofort abzugsfähiger Aufwand. [13]

Lässt sich eine Grunderwerbsteuer nicht vermeiden, ist daher eine Verursachung der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG aufgrund der ertragsteuerlichen Vorteile einer Grunderwerbsteuerauslösung durch Anwachsung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG vorzuziehen.

III. Die Neuregelung der Ersatzbemessungsgrundlage

1. Vorbemerkungen

Das BVerfG hat am seine Entscheidung veröffentlicht, wonach die Ersatzbemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer nach § 8 Abs. 2 GrEStG verfassungswidrig ist. [14] Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, rückwirkend auf den eine gesetzliche Neuregelung zu erlassen. Der Gesetzgeber hat diese Neuregelung durch einen geänderten Verweis im Rahmen des § 8 Abs. 2 GrEStG erfüllt. Zukünftig sind die für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke maßgeblichen Grundbesitzwerte auch dann zu ermitteln und anzusetzen, wenn die grunderwerbsteuerliche Ersatzbemessungsgrundlage zur Anwendung kommt.

2. Grunderwerbsteuerbare Vorgänge, bei denen die Ersatzbemessungsgrundlage anzusetzen ist

Der Anwendungsbereich der Ersatzbemessungsgrundlage wurde durch die gesetzliche Neuregelung nicht geändert. Die Ersatzbemessungsgrundlage kommt daher weiterhin in den nachfolgenden Fällen zur Anwendung:

  • eine Gegenleistung ist nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln;

  • die Grunderwerbsteuer entsteht aufgrund einer Umwandlung nach dem UmwG (z. B. im Wege einer Verschmelzung);

  • die Grunderwerbsteuer entsteht aufgrund einer Einbringung nach dem UmwStG oder andere Erwerbe auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (z. B. verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft);

  • die Grunderwerbsteuer entsteht aufgrund eines Vorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG (vgl. oben unter Kap. II);

  • die Grunderwerbsteuer entsteht nach § 1 Abs. 3 GrEStG (Anteilsvereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft in der Hand eines Erwerbers);

  • die Grunderwerbsteuer entsteht nach § 1 Abs. 3a GrEStG (wirtschaftliche Anteilsvereinigung von mindestens 95 % in der Hand eines Erwerbers).

Tritt bei einer Personengesellschaft der vorletzte Gesellschafter aus der Gesellschaft aus und wächst ein der Personengesellschaft bislang gehörendes Grundstück dem letzten bisherigen Gesellschafter an, entsteht die Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Vorgang auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, wodurch die Ersatzbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 GrEStG zur Anwendung kommt. [15]

3. Die gesetzliche Neuregelung der Ersatzbemessungsgrundlage

3.1 Zur Anwendung kommende Vorschriften

Nach bisherigem Recht ordnete § 8 Abs. 2 GrEStG als Ersatzbemessungsgrundlage den Ansatz der Bedarfswerte gem. §§ 138 ff. BewG an (Bedarfswerte für Grunderwerbsteuerzwecke). Das BVerfG hatte die Anknüpfung an diese Werte für verfassungswidrig erklärt, da sie im Durchschnitt nur 50 % des Verkehrswerts erreichen. [16]

Gesetzestechnisch wird in der Neuregelung zur Ermittlung der Ersatzbemessungsgrundlage nunmehr auf die erbschaftsteuerlichen Grundstücks-Bedarfswerte der §§ 157 ff. BewG abgestellt. Nachfolgend werden die im Rahmen der Ersatzbemessungsgrundlage nunmehr zur Anwendung kommenden Vorschriften der §§ 157 ff. BewG kurz erläutert.

3.2 Maßgeblichkeit der Grundstücksart für die Ermittlungsmethode

Das Bewertungsgesetz sieht abhängig von der Grundstücksart unterschiedliche Bewertungsmethoden vor (Vergleichswertmethode, Ertragswertmethode, Sachwertverfahren). Bei bebauten Grundstücken unterscheidet das BewG in § 181 BewG insb. die folgenden Grundstücksarten: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungs- und Teileigentum,S. 104 Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke. Für Geschäftsgrundstücke (gewerbliche Nutzung zu mehr als 80 %; § 181 Abs. 6 BewG), Mietwohngrundstücke (Anteil Nutzung zu Wohnzwecken mindestens 50 %; § 181 Abs. 3 BewG) und gemischt genutzte Grundstücke (§ 181 Abs. 7 BewG) kommt vorrangig das sog. Ertragswertverfahren zur Anwendung (vgl. § 182 Abs. 3 BewG). Lediglich hilfsweise ist für diese Grundstücksarten das sog. Sachwertverfahren anzuwenden, wenn sich für das Objekt keine ortsübliche Miete ermitteln lässt. In der Praxis hat dies in bestimmten Fällen zur Folge, dass sich durch die Einschaltung eines Sachverständigen für Mieten ggf. eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich dieser beiden Bewertungsmethoden ergibt.

Da in der Praxis der Hauptanwendungsfall der Ersatzbemessungsgrundlage das Ertragswertverfahren sein wird, wird nachfolgend diese Methode kurz erläutert.

3.3 Die Ermittlung der grunderwerbsteuerlichen Grundstückswerte im Ertragswertverfahren
3.3.1 Vorbemerkungen

Der Grundstückswert setzt sich bei dem Ertragswertverfahren aus einem Wert für den Grund und Boden zuzüglich eines Werts für das Gebäude zusammen. Der Wert des Grund und Bodens bestimmt sich grundsätzlich anhand seiner Fläche und den hierauf anzuwendenden Bodenrichtwerten der Gutachterausschüsse (vgl. § 184 Abs. 2 BewG i. V. mit § 179 BewG).

Der Wert des im Ertragswertverfahren zu ermittelnden Gebäudes ermittelt sich insb. auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten oder der ortsüblichen Miete. Sonstige bauliche Anlagen, insb. Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes abgegolten (§ 184 Abs. 3 Satz 3 BewG).

3.3.2 Die beim Gebäudeertragswert zu berücksichtigenden Faktoren

Für die Ermittlung des Gebäudeertragswerts ergibt sich folgendes Ermittlungsschema:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rohertrag gem. § 186 BewG
-
Bewirtschaftungskosten gem. § 187 BewG
=
Reinertrag i. S. des § 185 Abs. 1 BewG
-
Bodenzinswert gem. § 185 Abs. 2 Satz 1 BewG
=
Gebäudereinertrag

Der so ermittelte Gebäudereinertrag ist mit einem Vervielfältiger zu kapitalisieren. Der Vervielfältiger ergibt sich aus der Anl. 21 zum Bewertungsgesetz. Dieser Vervielfältiger ist nach dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer des Gebäudes zu ermitteln. Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes beträgt regelmäßig mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (vgl. § 185 Abs. 3 Satz 5 BewG).

3.3.3 Der Rohertrag gem. § 186 BewG

Dem Rohertrag ist zunächst die vertraglich geschuldete Soll-Kaltmiete für einen Zeitraum von zwölf Monaten zugrunde zu legen. Für eigengenutzte Grundstücke oder Grundstücksteile oder wenn die tatsächliche Miete um mehr als 20 % von der üblichen Miete abweicht, ist die übliche Miete anzusetzen. Diese ist anhand von Vergleichsobjekten mit gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung zu schätzen. Betriebskosten sind auch hier nicht mit einzubeziehen. In der Praxis hat es sich bewährt, bei größeren Objekten mit erheblichem Wert bezüglich der Ermittlung der üblichen Miete Sachverständige einzubeziehen, z. B. öffentlich bestellte Sachverständige für Mieten.

3.3.4 Die Bewirtschaftungskosten

Als Bewirtschaftungskosten sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen i. S. des § 192 BauGB zur Verfügung gestellte Erfahrungssätze zugrunde zu legen, hilfsweise pauschalierte Bewirtschaftungskosten gem. Anl. 23 zum BewG.

3.3.5 Bodenzinswert

Der Bodenzinswert ist ein Wert, der sich durch Anwendung des Liegenschaftszinssatzes auf den Bodenwert ergibt. Auch hier gelten grundsätzlich die von den Gutachterausschüssen ermittelten örtlichen Liegenschaftszinssätze, lediglich hilfsweise die in § 188 Abs. 2 BewG aufgeführten Zinssätze.

3.3.6 Wert des bebauten Grundstücks

Der Gebäudereinertrag ist mit dem sich aus der Anl. 21 zum Bewertungsgesetz zu ermittelnden Vervielfältiger zu multiplizieren. Geht man von einem Liegenschaftszinssatz von 5 % und einer Restnutzungsdauer von 50 Jahren aus, ergäbe sich ein Vervielfältiger von 18,26. Das Ergebnis ist der Gebäudeertragswert. Der festzustellende Bedarfswert ergibt sich durch Addition des Werts für den Grund und Boden zuzüglich des nach obigen Vorschriften ermittelten Gebäudeertragswerts.

3.3.7 Verfahren

Die Grundbesitzwerte werden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag ermittelt und gesondert festgestellt (vgl. § 157 Abs. 1 BewG).

3.3.8 Zusammenfassung

Die Ersatzbemessungsgrundlage ist infolge der Gesetzesänderung nunmehr entsprechend den Vorschriften für Grundbesitzwerte zu ermitteln, die bislang nur für Erbschaft- und Schenkungsteuerzwecke galten. Das dort geregelte Verfahren ist komplizierter als die bisherigen Bedarfswerte der §§ 138 ff. BewG. Auch die anzuwendenden Vervielfältiger auf die Jahresmiete sind regelmäßig höher als der bislang geltende gesetzlich vorgeschriebene Vervielfältiger von 12,5 gem. § 146 Abs. 2 BewG.S. 105

4. Der zeitliche Anwendungsbereich der Neuregelung:

Der Gesetzgeber hat – entsprechend der Vorgaben des BVerfG – die gesetzliche Neuregelung mit Rückwirkung für Erwerbsvorgänge ab dem angeordnet.

5. Wann führt die gesetzlich angeordnete Rückwirkung zu einer rückwirkenden Erhöhung der Grunderwerbsteuer?

Die gesetzliche Neuregelung führt regelmäßig zu höheren Werten als die alten Bedarfswerte der §§ 138 ff. BewG. Die Grunderwerbsteuerbescheide ergingen in den letzten Jahren regelmäßig mit einem Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO. [17] Sie sind dann verfahrensrechtlich grundsätzlich änderbar. Lag jedoch am bereits ein Grunderwerbsteuerbescheid (oder ein entsprechender Feststellungsbescheid) vor, und berücksichtigte dieser Bescheid die alte Gesetzeslage, so steht § 176 AO einer nachträglichen Erhöhung der Grunderwerbsteuerbescheids oder des den Bedarfswert feststellenden Feststellungsbescheids entgegen. [18] Sofern dagegen die Neuregelung zu einer geringeren Bemessungsgrundlage führt, sollte die Reduzierung der Grunderwerbsteuer beantragt werden. Somit ist zunächst zu prüfen, ob die Neuregelung zu einer höheren oder niedrigeren Bemessungsgrundlage führt.

Es gibt einige wenige Fälle, bei denen trotz Verwirklichung des Erwerbsvorgangs vor dem das Änderungsverbot des § 176 AO nicht greift, z. B. fehlender „Erstbescheid“ oder anhängige Klage/Einspruchsverfahren gegen den „Erstbescheid“. [19]

Gem. § 23 Abs. 14 GrEStG n. F. ist bei Erwerbsvorgängen ab dem , bei denen eine rückwirkende Erhöhung aufgrund des § 176 AO unzulässig ist, die festgesetzte Steuer vollstreckbar. Der Gesetzgeber begründet dies wie folgt: Die aufgrund der Entscheidung des BVerfG gem. § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfG eingetretene Vollstreckungssperre sei mit der rückwirkenden Neuregelung wieder entfallen. Danach muss somit jedenfalls die Grunderwerbsteuer berechnet anhand der alten geringeren Bemessungsgrundlage gezahlt werden.

Kernaussagen
  • Durch die gesetzliche Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG werden nur zwischengeschaltete Personengesellschaften – nicht auch zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften – für die Ermittlung eines mittelbaren Gesellschafterwechsels als transparent behandelt. Die Anzahl der grunderwerbsteuerbaren Vorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG wird sich hierdurch erhöhen.

  • Die Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG gilt erst für Erwerbsvorgänge ab dem .

  • Durch die gesetzliche Neuregelung der grunderwerbsteuerlichen Ersatzbemessungsgrundlage werden die hierfür erforderlichen Grundbesitzwerte zukünftig genauso wie die Grundbesitzwerte für Erbschaftsteuerzwecke ermittelt. Dies führt nicht nur zu einer wesentlichen Erhöhung der Bemessungsgrundlage und somit Erhöhung der Grunderwerbsteuer, sondern auch zu einer Verkomplizierung und zu erhöhten Ermittlungskosten für den Stpfl. Die angeordnete Rückwirkung der gesetzlichen Neuregelung führt dagegen nur in wenigen Fällen zu einer nachträglichen Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Nunmehr ist aber eine auf Basis des alten Rechts berechnete Grunderwerbsteuer vollstreckbar.

Autor

RA StB Wolfram Vogel, M.I.Tax
ist tätig bei HLB Dr. Stückmann und Partner mbB, Bielefeld. Seine Spezialgebiete sind Internationales Steuerecht, Erbschaftsteuerrecht, Immobiliensteuerrecht, Umsatzsteuerrecht sowie Verfahrensrecht/Klageverfahren.

Fundstelle(n):
StuB 3/2016 Seite 98
NAAAF-49416

1BGBl 2015 I 1834. Im Gesetzgebungsverfahren zunächst „Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ genannt.

2Unmittelbarer Gesellschafter kann jeder grunderwerbsteuerrechtlicher Rechtsträger sein, u. a. natürliche Personen, juristische Personen aber auch Personengesellschaften, vgl. NWB RAAAE-11231, BStBl 2012 II S. 917.

3Vgl. Pahlke, GrEStG-Kommentar, 5. Aufl., München 2014, § 1 Rz. 302.

4Auf die Problematik, wann ein Altgesellschafter und wann ein Neugesellschafter vorliegt, wird nachfolgend aus Gründen einer übersichtlicheren Darstellung nicht weiter eingegangen, vgl. hierzu den koordinierten Ländererlass der Finanzverwaltung: NWB JAAAD-40424, BStBl 2010 I S. 245.

5Vgl. NWB VAAAE-38707, BStBl 2013 II S. 833 = Kurzinfo StuB 2013 S. 712 NWB PAAAE-44800; die Finanzverwaltung hat hierzu einen sog. Nichtanwendungserlass in der Form eines koordinierten Ländererlasses erlassen, vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom NWB WAAAE-48992, BStBl 2013 I S. 1278.

6Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom NWB JAAAD-40424, BStBl 2010 I S. 245, Tz. 3.7.

7Vgl. NWB VAAAE-38707, BStBl 2013 II S. 833 = Kurzinfo StuB 2013 S. 712 NWB PAAAE-44800.

8Auch nach dieser Auffassung läge aber nunmehr eine wirtschaftliche Anteilsvereinigung i. S. des § 1 Abs. 3a GrEStG vor.

9Die übrigen Auslegungsmethoden geben hinsichtlich der Streitfrage keine weiteren Erkenntnisse.

10Vgl. Referentenentwurf vom zu Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften; vgl. auch Krause, Datev Themenlexikon vom .

11Vgl. NWB IAAAE-56177, BFH/NV 2014 S. 653: Die Auffassung des Gesetzgebers, die Vorschrift habe nur klarstellenden Charakter, ist für die Gerichte nicht verbindlich. Zur verbindlichen Normauslegung ist in aller Regel die rechtsprechende Gewallt berufen; dies gilt auch bei der Frage, ob eine Norm konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat.

12Vgl. NWB GAAAE-99628 (zur Neuregelung der Beschäftigtenanzahl nachgeordneter Gesellschaften bei Holdinggesellschaften im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Lohnsummenregelung).

13Vgl. NWB MAAAE-83704, BStBl 2015 II S. 260 = Kurzinfo StuB 2015 S. 156 NWB QAAAE-84919.

14Vgl. Pressemitteilung des BVerfG Nr. 55/2015 vom sowie den , 1 BvL 14/11 NWB JAAAE-96163, BStBl 2015 II S. 871 = Kurzinfo StuB 2015 S. 606 NWB BAAAE-97972.

15Vgl. NWB UAAAC-31201, BStBl 2007 II S. 59.

16Im Detail vgl. Vogel, StuB 2015 S. 712 NWB AAAAF-02192.

17Vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom - S 0338 NWB WAAAD-41007, BStBl 2010 I S. 266, bzw. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom - S 0338 NWB XAAAD-85773, BStBl 2011 I S. 575.

18Im Detail vgl. Vogel, StuB 2015 S. 712 NWB AAAAF-02192.

19Vgl. dazu, auch zum maßgeblichen Stichtag und zu den dann in Betracht kommenden Handlungsalternativen und Handlungsempfehlungen, Vogel, StuB 2015 S. 712 NWB AAAAF-02192. Der Gesetzgeber hat die dort genannten Ausnahmen nunmehr auch in der Gesetzesbegründung aufgeführt, vgl. Drucks. 18/6094 vom , Gesetzesbegründung besonderer Teil, zu Art. 8, S. 91.