Anforderungen an die Einholung von Bankbestätigungen
Bedeutung von Bankbestätigungen im Rahmen der Abschlussprüfung
Die Einholung von Bestätigungen Dritter im Rahmen der Abschlussprüfung zählt zu den wichtigsten Prüfungsnachweisen. In ihrem Beitrag stellen die Verfasser unter Bezugnahme auf das dar, welche Konsequenzen sich bei nicht ordnungsmäßiger Einholung von Bankbestätigungen ergeben können. Zudem geben sie Praxishinweise für die Einholung von Bankbestätigungen einschließlich der Auswirkungen auf die Berichterstattung.
Grundsätzlich sind im Rahmen der Abschlussprüfung Bankbestätigungen einzuholen. Bankbestätigungen ermöglichen es dem Abschlussprüfer, ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise zu erhalten, um Aussagen über das Prüfungsergebnis treffen zu können.
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann auf die Einholung von Bankbestätigungen verzichtet werden.
Die Ermessensausübung ist vom Abschlussprüfer zu dokumentieren und zu berichten. Hat der Abschlussprüfer von der Einholung von Bankbestätigungen abgesehen, sollte er dokumentieren, warum er dies getan hat und mit welchen alternativen Prüfungshandlungen er ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise erhalten hat.
I. Problemdarstellung
[i]Schmitz/Lorey/Harder, Berufsrecht und Haftung der Wirtschaftsprüfer, Herne 2013 NWB OAAAE-33300 Lorey, Haftung des Wirtschaftsprüfers aus § 323 HGB gegenüber einem Insolvenzverwalter, WP Praxis 2014 S. 1 NWB WAAAE-50958 Schumm, Ordnungsmäßigkeit einer Abschlussprüfung bei vorsätzlicher Bilanzfälschung, StuB 2014 S. 25 NWB HAAAE-52061 Keller, Einholung von Bestätigungen Dritter bei der Erstellung und Prüfung des Jahresabschlusses, BBK 2006 S. 127 NWB HAAAB-75791 Keller, Einholung von Bestätigungen Dritter bei der Erstellung und Prüfung des Jahresabschlusses, Arbeitshilfe NWB HAAAC-49735 Sieglen, Einholung von Bankbestätigungen für die Jahresabschlusserstellung und -prüfung, BBK 2005 S. 201 NWB KAAAB-43804 BGH, Urteil vom 10. 12. 2009 - VII ZR 42/08 NWB KAAAD-35523Der Abschlussprüfer muss sich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung ein Bild von der Gesamtheit des geprüften Unternehmens machen. Die Einholung von Bestätigungen Dritter ermöglichen es dem Abschlussprüfer, relevante und verlässliche Prüfungsnachweise zu erhalten, um Aussagen über das Prüfungsergebnis treffen zu können.
In seiner Entscheidung vom [1] hat der BGH u. a. festgestellt, dass eine nicht ordnungsgemäße Einholung von Bankbestätigungen einen Verstoß gegen Abschlussprüferpflichten darstellen und zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Prüfer führen kann. Nach dem Entwurf zur Neufassung des IDW EPS 302 n. F. „Bestätigungen Dritter“ hat der Abschlussprüfer abzuwägen, ob er unter Einhaltung bestimmter Kriterien auf die Einholung von Bankbestätigungen verzichten kann.
Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gefahr einer Inanspruchnahme aufgrund der Verletzung von Pflichten eines Abschlussprüfers stellt sich daher die Frage, wann der Abschlussprüfer ermessensfehlerfrei auf die Einholung von Bankbestätigungen verzichten kann. Dabei sind die vom IDW im neuen IDW EPS 302 n. F. genannten Voraussetzungen für eine Nichteinholung von Bankbestätigungen auch im Hinblick auf das zu beachten. Im Ergebnis kommt ein Absehen vom Einholen einer Bankbestätigung nunmehr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht [2]. S. 138
II. Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers
1. Grundsätze der BGH-Rechtsprechung zur Haftung des Wirtschaftsprüfers
Die Norm des § 323 HGB ist von zentraler Bedeutung für den Abschlussprüfer: Nach der gesetzlichen Regelung trifft die Haftung ihn sowie dessen Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft persönlich. Nach § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Abschlussprüfer zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet. Die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung dieser Pflicht führt zum Entstehen eines Schadenersatzanspruchs der geprüften Gesellschaft und gegebenenfalls auch verbundener Unternehmen. Das kann zu weitreichenden Folgen für den Wirtschaftsprüfer führen.
Der BGH weitet den Kreis der Anspruchsberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen weiter aus. Ergibt sich für den Abschlussprüfer mit hinreichender Deutlichkeit, dass seine Prüfungsleistung dazu dient, Dritten ein Bild von der geprüften Gesellschaft zu vermitteln, kann auch dieser oder jeder weitere Dritte, dem gegenüber der geprüfte Abschluss verwendet werden soll, einen eigenen Schadenersatzanspruch gegen den Wirtschaftsprüfer haben. Dem Prüfer muss lediglich erkennbar sein, dass von ihm eine Leistung erwartet wird, die über die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfung hinausgeht [3]. Eine direkte Inanspruchnahme ist jedoch nicht die Regel. Dies betont auch der BGH [4]. Ob die Gefahr der direkten Inanspruchnahme des Wirtschaftsprüfers auch bei freiwilligen Prüfungen besteht, ist umstritten [5]. Hiervon wird man im Ergebnis ausgehen können, wenn eine Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer im Interesse bestimmter Investoren erfolgt ist oder der Prüfer die Verantwortung für den Prospekt übernommen hat [6].
Eine Pflichtverletzung des Abschlussprüfers liegt immer dann vor, wenn er nicht „gewissenhaft“ i. S. des § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB geprüft hat. Eine gewissenhafte Prüfung ist aber nicht gleichzusetzen mit einer lediglich „sorgsamen“ Prüfung [7]. Eine gewissenhafte Prüfung liegt vielmehr dann vor, wenn bei der Durchführung der Prüfung all das beachtet worden ist, was für eine Prüfung nach dem vom Gesetzgeber geforderten Zweck erforderlich ist [8]. Dabei ist der Grundsatz der Wesentlichkeit [9] zu beachten. Gegenstand der Abschlussprüfung ist hierbei insb. die Rechnungslegung des geprüften Unternehmens, die unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln muss [10].
Nach der Rechtsprechung muss der Abschlussprüfer also seine Prüfung dergestalt vornehmen, dass das vom Gesetz im Rahmen einer Pflichtprüfung geforderte Ziel erfüllt wird, ein zutreffendes Bild vom Unternehmen zu zeichnen.
2. Das )
Mit seinem Urteil vom [11] stellt der BGH fest: Die nicht ordnungsgemäße Einholung von Bankbestätigungen kann eine Verletzung von Abschlussprüferpflichten darstellen. Gegenstand des vom BGH entschiedenen Sachverhalts war eine Schadenersatzforderung gegen den Abschlussprüfer wegen einer behaupteten Verletzung von Abschlussprüferpflichten. Der beklagte Abschlussprüfer war langjährig zunächst im Rahmen einer freiwilligen Prüfung und sodann im Rahmen der gesetzlichen Pflichtprüfung bestellt worden. Bei der geprüften Gesellschaft wurden zwei Buchungskreisläufe unterhalten, einer für die Besitzgesellschaft und einer für die Betriebsgesellschaft. Im Rahmen der Prüfung forderte der Abschlussprüfer Bankbestätigungen für beide Buchungskreisläufe ein, erhielt diese aber nur für einen Buchungskreislauf zurückgesendet. Im Anschluss erteilte der Prüfer einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk für das Gesamtunternehmen (Besitz- und Betriebsgesellschaft). Im Prüfungsbericht wurde trotz des unvollständigen Rücklaufs der Bankbestätigungen ausgeführt: „Bankbestätigungen wurden von Kreditinstituten eingeholt“. Aufgrund der nicht eingeholten Bankbestätigungen unterblieb das Aufdecken von Unregelmäßigkeiten, die der Geschäftsführer begangen hatte, was zu einem Schaden der Gesellschaft führte.
Die Abschlussprüfung in dem Urteilsfall des BGH für das Geschäftsjahr 1999 hatte im Jahr 2000 stattgefunden, also vor Inkrafttreten des IDW PS 302 [12]. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Einholung von Bankbestätigungen im Fachgutachten FG 1/1998, Abschn. D II 4c) geregelt. Dort wurde die Einholung von Bankbestätigungen lediglich als „zweckmäßig“ bezeichnet.
Im Rahmen seines Urteils stellt der BGH zunächst klar: Der Umfang einer freiwilligen Prüfung hat grundsätzlich nicht weiter zu gehen als der Umfang einer Pflichtprüfung. Eine Pflichtverletzung des Abschlussprüfers kann, so der BGH weiter, auch im unsachgemäßen Einholen einer Bankbestätigung liegen.
Zum Zeitpunkt der Vornahme der Prüfungshandlungen und ebenso im Zeitraum, der Gegenstand der Prüfung war, sahen die Prüfungsstandards eine zwingende Einholung von Bankbestätigungen S. 139nicht vor. Der Abschlussprüfer hatte im Rahmen des ihm obliegenden Ermessens entschieden, welche Prüfungshandlungen vorzunehmen waren, um zu einem zutreffenden Prüfungsergebnis zu gelangen. Dabei hatte er sich darauf festgelegt, Bankbestätigungen einzuholen, um ein vollständiges Bild vom Unternehmen zu erhalten. Die Einholung von Bankbestätigungen führte der Abschlussprüfer jedoch nicht ordnungsgemäß durch, da er nur Bankbestätigungen für einen Buchungskreislauf des Unternehmens zurückgesandt bekommen hatte.
Der BGH bejahte eine Pflichtverletzung des Abschlussprüfers, weil sich dieser zwar dazu entschieden hatte, Bankbestätigungen einzufordern, das Ergebnis dieser Prüfungshandlung jedoch nicht ordnungsgemäß in sein Urteil einfließen ließ. Ein freiwilliges Einfordern von Bankbestätigungen führt zur Pflicht der vollständigen Rücklaufkontrolle. Das Fehlen der Bankbestätigungen muss im Prüfungsbericht vermerkt werden und kann außerdem zur Einschränkung bzw. sogar zur Versagung des Bestätigungsvermerks führen. Im Prüfungsbericht wurde jedoch lediglich das Einholen der Bankbestätigungen vermerkt. Nach Ansicht des BGH durfte dieser Vermerk so verstanden werden, als wären tatsächlich nicht nur einige, sondern sämtliche Bankbestätigungen eingeholt und zum Gegenstand der Prüfung gemacht worden. Im Ergebnis wurde nach Ansicht des BGH keine gewissenhafte Prüfung i. S. des § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB durchgeführt.
3. IDW EPS 302 n. F.
Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung muss sich der Abschlussprüfer ein Bild von der Gesamtheit des geprüften Unternehmens machen. Dies betrifft sämtliche prüfungsrelevanten Geschäftsbeziehungen und insb. auch die Geschäftsbeziehung zu den Kreditinstituten des Unternehmens [13]. Bankbestätigungen umfassen
bestehende Konten und deren Kontenstand,
gestellte Sicherheiten,
Avale,
Gewährleistungen,
Indossamentverpflichtungen und sonstige Gewährleistungen,
Geschäfte mit Finanzderivaten und
Unterschriftsberechtigungen [14].
Bereits nach IDW PS 302 a. F. waren grundsätzlich Bankbestätigungen einzuholen. Mit Stand vom hat der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) den Entwurf einer Neufassung des IDW Prüfungsstandards „Bestätigungen Dritter“ (IDW EPS 302 n. F.) verabschiedet. IDW EPS 302 n. F. ist gem. Tz. 4 anzuwenden bei Prüfungen von Abschlüssen für Berichtszeiträume, die am oder nach dem beginnen. Auch IDW EPS 302 n. F. betont das grundsätzliche Fortbestehen der Pflicht des Abschlussprüfers, Bankbestätigungen einzuholen. Gem. Tz. 20 ff. des IDW EPS 302 n. F. sind Bankbestätigungen für alle Arten der geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens mit Kreditinstituten (bzw. deren jeweiliger Niederlassung) einzuholen. Lediglich ausnahmsweise und unter bestimmten Voraussetzungen kann auf die Einholung von Bankbestätigungen verzichtet werden. Weiter betont der Prüfungsstandard stärker als bisher die Kontrolle über das Bestätigungsverfahren durch den Abschlussprüfer [15].
Nach IDW EPS 302, Tz. 22 f., kann ausnahmsweise auf die Einholung einzelner Bankbestätigungen verzichtet werden. Voraussetzungen für eine Nichteinholung von Bankbestätigungen sind, dass
keine bedeutsamen Risiken (einschließlich Risiken für Verstöße) in Bezug auf die vollständige und richtige Darstellung der Geschäftsbeziehungen zu Kreditinstituten in der Rechnungslegung bestehen,
eine Ausnahmesituation vorliegt, aufgrund derer die Einholung von Bankbestätigungen – gemessen an der dadurch erzielbaren und zu erzielenden Prüfungssicherheit – unpraktikabel und unwirtschaftlich ist. Dies kann insb. bei einer hohen Anzahl von Kreditinstituten der Fall sein, mit denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhält, die ausschließlich dem Zahlungsverkehr dienen und
die relevanten internen Kontrollen (z. B. Festlegung von Art und Höhe zulässiger Geschäfte, Genehmigungskontrollen, Überwachung durch die Interne Revision) als wirksam beurteilt werden [16].
Daneben ist die Einholung von Bankbestätigungen nicht verpflichtend, wenn die Prüfung von Finanzinformationen eines Teilbereichs nicht unter Anwendung der IDW Prüfungsstandards erfolgt [17]. Das Konzernprüfungsteam muss aber entscheiden, ob es nicht doch notwendig ist, für diesen Teilbereich Bankbestätigungen einzuholen.
In den Arbeitspapieren sollte dokumentiert werden, dass keine derartigen Bestätigungen eingeholt wurden. Ansonsten könnten diese als „üblicherweise vereinbart“ angesehen werden.
4. Möglichkeiten des Verzichts auf die Einholung von Bankbestätigungen
Nach dem Wortlaut der Tz. 22 des IDW EPS 302 n. F. müssen alle drei oben genannten Voraussetzungen für das Nichteinholen von Bankbestätigungen kumuliert vorliegen. In der Praxis kann damit nur in engen Ausnahmefällen auf die Einholung von Bankbestätigungen verzichtet werden. Hierbei ist das Ziel der Jahresabschlussprüfung zu beachten, nämlich sicherzustellen, dass die Rechnungslegung des geprüften Unternehmens unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger S. 140Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt.
Die Anwendungshinweise des IDW EPS 302 n. F. betonen, dass es ungeachtet der engen Grenzen, unter denen der Prüfungsstandard ein Absehen von der Einholung von Bankbestätigungen zulässt, nach wie vor vertretbar sein kann, wenn der Abschlussprüfer nach pflichtgemäßem Ermessen für Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Kreditinstituten keine Bankbestätigungen einholt [18].
Relativ unproblematisch dürfte die erste Voraussetzung, also das Nichtbestehen von bedeutsamen Risiken, sein. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze zur Risikobewertung und mithin vor allem die Wesentlichkeitsgrundsätze. Wenig Beurteilungsspielraum ist ebenfalls hinsichtlich des Vorliegens einer Ausnahmesituation gegeben, die das Einholen einer Bankbestätigung als unwirtschaftlich und unpraktikabel erscheinen lässt. Eine solche Ausnahmesituation könnte etwa vorliegen, wenn im Rahmen eines Projekts eine Bankbeziehung zur Abwicklung des Einkaufs von Kleinteilen auf einer Baustelle eröffnet worden ist. Hier könnte die Bankbestätigung höhere Kosten auslösen als das Guthaben auf dem Konto, und sie würde im Zweifel nicht viel aussagekräftiger sein als die Angabe des Kontenstands selbst.
Dieses Beispiel zeigt aber bereits den tatsächlichen Kern des Problems: Die relevanten internen Kontrollen müssen als wirksam beurteilt werden. Ohne das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Kontrollsystems kann auch der Umfang der Bankbeziehungen im vorbenannten Fall nicht wirksam beurteilt werden. Welchen genauen Umfang die benannte Bankbeziehung zur Abwicklung von Kleinteilen hat, kann der Abschlussprüfer nämlich erst beurteilen, wenn er geklärt hat, ob das Konto eben nur zu diesem Zweck und nur für Zahlungen in dem ihm mitgeteilten Geldrahmen eingerichtet und verwendet wird. Der Abschlussprüfer muss sich also zu einem möglichst frühen Zeitpunkt innerhalb der Prüfung ein eigenes und möglichst detailliertes Bild vom im Unternehmen bestehenden Kontrollsystem und dessen Handhabung machen.
Eine Vollständigkeitserklärung des Geschäftsführers der geprüften Kapitalgesellschaft stellt hierbei keinen Ersatz für die Vornahme eigener Prüfungshandlungen dar [19]. Es empfiehlt sich daher, das Kontrollsystem und seine Handhabung zumindest stichprobenartig zu überprüfen. Bei Einsatz eines computergestützten Kassensystems sollte zum Beispiel nicht nur die körperliche Kassenabrechnung, also die Abrechungsbögen, geprüft werden, sondern auch geklärt werden, ob die Abrechnung mit der Erfassung der Daten im Computersystem übereinstimmt. Im Rahmen der Prüfung des Kontrollsystems sollte nicht nur checklistenartig abgefragt werden, ob grundsätzlich das Vier-Augen-Prinzip angewendet wird, sondern darüber hinaus, ob es auch effektiv so gehandhabt wird.
5. Nicht erteilte und unvollständige Bankbestätigungen
Die Voraussetzungen, die vom Prüfungsstandard an eine Nichteinholung von Bankbestätigungen gestellt werden, sind eng. In der Praxis liegt ein großes Problem in der Nichtbeantwortung von Bankbestätigungsanfragen. Das ordnungsgemäße Einholen von Bankbestätigungen stellt sich in diesem Fall für den Prüfer als nicht durchführbar dar. Der Prüfer hat keinen eigenen durchsetzbaren Anspruch gegen den Dritten, dessen Auskunft er begehrt. Ein solcher Anspruch kann sich allenfalls für das geprüfte Unternehmen, das mit dem Dritten in Vertragsbeziehungen steht, ergeben. Der Abschlussprüfer muss sich also mit mittelbarem Druck über seinen Auftraggeber begnügen, dem aber ein solcher Anspruch auf Auskunftserteilung grundsätzlich zusteht [20].
Der Bankvertrag ist regelmäßig ein Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung. So dürfte die Erteilung einer Bankbestätigung zumindest bei prüfungspflichtigen Gesellschaften in rechtlicher Hinsicht regelmäßig eine Nebenpflicht des Kreditinstituts aus der Geschäftsbeziehung zum Kunden darstellen [21]. Unberührt bleibt die Frage nach der Vergütungspflicht der Bankbestätigung und deren angemessener Höhe [22]. Wenn also eine Bankbestätigung beharrlich und nachdrücklich eingefordert wird, wird sie regelmäßig auch erteilt werden. Das Argument der Bank, sie sei ihrem Kunden gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet, ist dabei nur ein Scheinargument, denn der Abschlussprüfer wird ja im Auftrag genau dieses Kunden tätig. Der Wirtschaftsprüfer hat sich insoweit nur zu legitimieren, was entweder dadurch erfolgen kann, dass gleich der Bankkunde die Aufforderung zur Abgabe der Bankbestätigung versendet – mit der Bitte, direkt an den Prüfer zu antworten – oder durch sonstige einfache Bevollmächtigung des Abschussprüfers, die Auskünfte erteilt zu bekommen.
In der Praxis werden eingeforderte Bankbestätigungen häufig nicht oder nicht ordnungsgemäß beantwortet zurückgesendet [23]. Nach IDW EPS 302 n. F. ist ein Prüfer nicht gehalten, Folgeanfragen zu versenden, wenn positive Bestätigungsanfragen nicht beantwortet werden [24]. In diesem Falle bleibt es dem Abschlussprüfer unbenommen, alternative Prüfungshandlungen vorzunehmen, die ähnlich verlässliche Nachweise bieten. Gleiches gilt grundsätzlich bei Zweifeln an der Verlässlichkeit der erteilten Auskunft.
Diese alternativen Prüfungshandlungen dürften aber regelmäßig nicht mit der gleichen Zuverlässigkeit ein Bild von den S. 141Verbindungen des Unternehmens zu den beteiligten Kreditinstituten zeichnen wie die Auskunft der Kreditinstitute selbst. Wenn der Abschlussprüfer also durch alternative Prüfungshandlungen nicht zur Überzeugung kommt, sich ein umfassendes Bild vom geprüften Unternehmen machen zu können, wird er nicht umhinkommen, aufgrund eines Prüfungshemmnisses zu erwägen, lediglich einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen oder den Bestätigungsvermerk gar zu versagen.
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Übersicht: Zeitliche Darstellung der
Auffassung des IDW zu Bankbestätigungen | ||
Datum | Quelle | Inhalt |
1988 | FG 1/1988 Abschnitt D II. 4c | Es ist zweckmäßig, alle
Arten der geschäftlichen Beziehungen des zu prüfenden Unternehmens mit
Kreditinstituten (bzw. deren Niederlassung) durch Bankbestätigungen zu
erfragen. |
IDW PS 302, Tz. 29 ff. | Bankbestätigungen sind für
alle Arten der geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens mit Kredit- und
Finanzdienstleistungsinstituten (bzw. deren jeweiliger Niederlassung) sowie für
alle Geschäftsbeziehungen zu Finanzunternehmen i. S. von § 1 Abs. 3 KWG
einzuholen. | |
6./ | 225. HFA-Sitzung Ergebnisbericht-Online, TOP 14 | Nach Auffassung des HFA ist an der
grundsätzlichen Pflicht, Bankbestätigungen
im Rahmen der Abschlussprüfung einzuholen, weiterhin festzuhalten, weil
Bankbestätigungen eine notwendige und im Allgemeinen geeignete Maßnahme sind,
um sicherzustellen, dass Geschäftsbeziehungen mit Kreditinstituten vollständig
in der Rechnungslegung erfasst werden. Unter bestimmten klar definierten Voraussetzungen sollte aber ausnahmsweise von der Einholung einer Bestätigung abgesehen werden können. |
IDW EPS 302 | Bankbestätigungen sind mit
Ausnahme der in Tz. 31b aufgeführten Sachverhalte für alle
Arten der geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens mit Kredit- und
Finanzdienstleistungsinstituten (bzw. deren jeweiliger Niederlassung) sowie für
alle Geschäftsbeziehungen zu Finanzunternehmen i. S. von § 1 Abs. 3 KWG
einzuholen. IDW EPS 302, Tz 31b: Unter Berücksichtigung der in Tz. 6 dargestellten Überlegungen ist Voraussetzung für eine Nichteinholung von Bankbestätigungen, dass
Letzteres kann insb. bei einer hohen Anzahl von Kreditinstituten der Fall sein, mit denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen hat, die ausschließlich dem Zahlungsverkehr dienen. | |
IDW EPS 302 n. F., Tz. 20 ff. | Bankbestätigungen sind für
alle Arten der geschäftlichen Beziehungen des Unternehmens mit Kreditinstituten
(bzw. deren jeweiliger Niederlassung)
einzuholen. Ausnahmsweise kann unter Beachtung der in Tz. 22 genannten Voraussetzungen auf die Einholung einzelner Bankbestätigungen verzichtet werden (vgl. Tz. A25 f.). Tz. 22: Voraussetzungen für eine Nichteinholung von Bankbestätigungen sind, dass (vgl. Tz. A30 f.)
| |
Fragen und Antworten: Zur Einholung von Bestätigungen Dritter
nach ISA 505 bzw. IDW EPS 302 n. F., Tz. 8 Besondere Überlegungen bei
Bankbestätigungen |
|
Im vom BGH entschiedenen und oben dargestellten Fall ist in der formelhaften Aufnahme der Feststellung „Bankbestätigungen S. 142wurden eingeholt“ im Prüfungsbericht die wohl deutlichste Pflichtverletzung zu sehen. Durch diese Feststellung erweckte der Abschlussprüfer das unberechtigte Vertrauen in eine ordnungsgemäße Prüfungshandlung, obwohl sie eben gerade nicht ordnungsgemäß vorgenommen wurde. Aber auch die nicht ordnungsgemäße Durchführung des Einholens der Bankbestätigung – hier die unterlassene Rücklaufkontrolle – war für den BGH Anlass, die Verletzung von Abschlussprüferpflichten zu bejahen.
Grundlage der Ermessensausübung des Wirtschaftsprüfers ist immer die Überlegung, welche Informationen er durch das Einholen der Bankbestätigung erhalten bzw. welche bereits erteilte Auskunft die Bankbestätigung verifizieren kann. Unproblematisch kann ein Kontenstand auch mittels eines aktuellen Kontoauszugs ermittelt werden. Die Verifizierung gewährter Sicherheiten kann im Falle von Grundsicherheiten (Grundschulden/Hypotheken) auch durch Vorlage eines aktuellen Grundbuchauszuges erfolgen [25].
Die Gründe, die den Wirtschaftsprüfer zum Absehen von der Einholung einer Bankbestätigung erwogen haben, sollten jedenfalls dokumentiert werden. Das trifft in besonderem Maße auf den Fall der Nichtbeantwortung von eingeforderten Bankbestätigungen zu. Der Vermerk wird in einem eventuellen Haftungsprozess aufgrund der Neufassung des IDW EPS 302 n. F. den Vorwurf des Nichteinholens der Bankbestätigung entfallen lassen. Die Prüfung, ob ein Fall des zulässigen Absehens von der Einforderung einer Bankbestätigung nach Tz. 22 des IDW EPS 302 n. F. vorliegt, entfällt in diesem Falle.
Im Falle kriminellen Vorgehens der vertretungsberechtigten Organe der geprüften Gesellschaft würde allerdings selbst eine vollständig und zutreffend erteilte Bankbestätigung keine absolute Sicherheit bieten. Wenn nämlich Geschäftsbeziehungen zu mehreren Banken bestehen, aber dem Wirtschaftsprüfer nur ausgewählte Geschäftsbeziehungen mitgeteilt werden, kann der Abschlussprüfer diese selbstverständlich auch nicht um Erteilung einer Bankbestätigung ersuchen. Die Anforderungen an die Ermessensausübung des Wirtschaftsprüfers sollten daher nicht überspannt werden.
III. Zusammenfassung
Nach der klaren Formulierung des IDW EPS 302 n. F. sind vom Abschlussprüfer grundsätzlich Bankbestätigungen einzuholen. Dies gilt jedenfalls bei Durchführung einer Pflichtprüfung, wird aber im Zweifel bei einer freiwilligen Prüfung ebenso gelten [26].
Das Unterlassen der Einholung von Bankbestätigungen ist nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen möglich. Sowohl in einem solchen Falle als auch wenn eingeforderte Bestätigungen nicht beantwortet werden, sollte der Abschlussprüfer folgende Punkte berücksichtigen:
Darstellung im Prüfungsbericht:
Der Prüfer sollte im Prüfungsbericht darstellen, dass und ggf. auch warum er von der Einholung einer Bankbestätigung abgesehen hat.
Dokumentation der Abwägung für die Nichteinholung:
Wenn der Abschlussprüfer keine Bankbestätigung einholt, sollte er dokumentieren, warum er dies getan hat und welche alternativen Prüfungshandlungen vorgenommen wurden, um zu einem sachgerechten Prüfungsurteil zu gelangen. Dabei ist das Ziel der Abschlussprüfung zu beachten. Die Abschlussprüfung soll sicherstellen, dass die Rechnungslegung des geprüften Unternehmens unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt. Ggf. ist zu dokumentieren, warum einzelne alternativen Prüfungshandlungen vorgenommen worden sind.
Liegen keine, nicht vollständige oder zweifelhafte Bestätigungen Dritter vor, kann dennoch ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden, wenn alternative Prüfungshandlungen mit der gleichen Sicherheit zu den Prüfungsannahmen führen wie ordnungsgemäß erteilte Auskünfte Dritter. Andernfalls ist zu erwägen, den Bestätigungsvermerk einzuschränken oder zu versagen.
Die Übersicht auf S. 141 stellt die Auffassung des IDW zum Erfordernis von Bankbestätigungen im zeitlichen Ablauf dar.
Fundstelle(n):
WP Praxis 6/2014 Seite 137
NWB NAAAE-63756
2Vgl. auch Hüttche, Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling 2002 S. 25 ff. Die von Hüttche vertretene Auffassung hat sich aufgrund von IDW PS 302 und dessen nochmaliger Verschärfung durch IDW EPS 302 n. F. überholt.
3Vgl. NWB SAAAE-13004; Gehrlein, NZG 2013 S. 961, 963.
4Nach der BGH-Entscheidung vom - VII ZR 372/03 NWB EAAAC-03526 kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Abschlussprüfer ein so weites Haftungsrisiko zu übernehmen bereit ist, wie es sich aus der Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerben in den Schutzbereich ergibt.
5Bejahend NWB SAAAE-13004; a. A. Ebke, in: Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., München 2013, § 323 HGB Tz. 15. Im hier besprochen Urteil geht der BGH ebenfalls von der Geltung auch für freiwillige Prüfungen aus.
6Vgl. Wagner, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., München 2013, § 826 Tz. 91, m. w. N.
7Die Abgrenzung von Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt ist im Einzelnen umstritten, vgl. hierzu Ebke, Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., München 2013, § 323 HGB Tz. 39 ff.
8Vgl. Ebke, Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl., München 2013, § 323 HGB Tz. 44.
9Vgl. IDW PS 250: Wesentlichkeit im Rahmen der Abschlussprüfung.
10Vgl. Schulze-Osterloh, Mitwirkendes Verschulden bei der Ersatzpflicht des Abschlussprüfers nach § 323 HGB, in: Heldrich/Prölss/Koller (Hrsg.), Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris zum 70. Geburtstag, München 2007, Band II, S. 379, 383 ff.
11Vgl. NWB KAAAD-35523.
12Die alte Fassung des IDW PS 302 trat zum in Kraft.
13Vgl. IDW EPS 302 n. F., Tz. 20.
14Vgl. IDW EPS 302 n. F., Tz. 21.
15Eine zeitliche Darstellung der Entwicklung der Auffassung und Hinweise des IDW zu Bankbestätigungen folgt am Ende dieses Beitrags.
16Vgl. IDW EPS 302 n. F., Tz. A30 f.
17Vgl. IDW EPS 302 n. F., Tz. 23.
18Vgl. IDW EPS 302 n. F., Tz. A26.
19Vgl. IDW (Hrsg.), WP Handbuch 2012, Bd. I, 14. Aufl., Düsseldorf 2012, Abschn. R, Tz. 838; ADS, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Stuttgart 1997, § 323 HGB Tz. 89.
20Oftmals besteht ein solcher Anspruch auch nach den AGB der Banken, die Regelungen hierzu treffen.
21So auch Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., München 2013, § 675 BGB Tz. 9, 49, der den Anspruch grundsätzlich für jede Kundenbeziehung bejaht.
22Da der Bankvertrag eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, dürfte grundsätzlich ein Anspruch auf Entrichtung der „üblichen“ Vergütung bestehen, vgl. § 675 Abs. 1 BGB i. V. mit §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB.
23Die Bank ist zur Erteilung einer wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet, selbst wenn dies ihren eigenen Interessen zuwiderläuft, vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Aufl., München 2013, § 675 BGB Tz. 49. Die Erteilung einer falschen Bankbestätigung ist eine Ausnahme.
24Vgl. IDW EPS 302 n. F., Einleitung sowie Tz. 16.
25Die Eintragung von Grundsicherheiten nimmt teilweise mehrere Monate in Anspruch.
26Vgl. NWB KAAAD-35523.