FG Münster Urteil v. - 12 K 302/17 E EFG 2019 S. 623 Nr. 8

Außergewöhnliche Belastungen

Lebensmittelkosten keine agB

Leitsatz

Durch Bulimie verursache erhöhte Lebensmittelkosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

Gesetze: EStG § 12 Nr. 1; EStG § 33

Tatbestand

Streitig ist, ob durch Bulimie verursachte erhöhte Lebensmittelkosten der Ehefrau des Klägers im Streitjahr 2015 als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist verheiratet und wird im Streitjahr 2015 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau ist seit Jahren psychisch erkrankt und leidet u.a. an Bulimie. Sie bezieht seit Anfang 2012 dauerhaft eine Erwerbsunfähigkeitsrente von der Rentenversicherung.

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Eheleute u.a. krankheitsbedingte Mehraufwendungen für Lebensmittel mit pauschal 80,00 € pro Woche (mithin 4.160,00 €) als außergewöhnliche Belastung geltend.

Der Beklagte lehnte mit Einkommensteuerbescheid vom den Abzug der durch die Bulimieerkrankung der Ehefrau des Klägers verursachten Mehraufwendungen für Lebensmittel als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG ab. Ohne Nachweis der tatsächlich angefallenen Aufwendungen sei ein Abzug nicht möglich.

Den hiergegen eingelegten Einspruch () begründet der Kläger damit, dass die Erkrankung seiner Ehefrau nachgewiesen sei und ihr zusätzlich außergewöhnliche Kosten entstanden seien, deren Höhe ggf. zu schätzen sei. Seine Ehefrau sei sehr schwer erkrankt. Das belegten die bereits beim Beklagten vorliegenden Gutachten. Seit dem Alter von 32 Jahren beziehe sie eine volle Erwerbsminderungsrente und verfüge über einen Grad der Behinderung von 50. Allein der Umstand, dass die Erwerbsminderungsrente ohne Befristung gezahlt werde, zeige, dass keine Heilung in Sicht sei. Aus den ärztlichen Gutachten ergäbe sich ebenfalls, dass seine Ehefrau neben Depressionen, Angstzuständen usw. seit ca. 20 Jahren an Bulimie leide. Die geltend gemachten Lebensmittelkosten könnten nicht ärztlich verordnet werden. Das sei in der Praxis schlichtweg nicht möglich. Bisherige Therapieversuche seien alle erfolglos verlaufen. Seine Ehefrau erleide mindestens fünf Mal am Tag Heißhungerattacken. Es gebe zwar Tage, an denen sie keine Heißhungerattacken habe. Dies sei aber sehr selten. Pro Heißhungerattacke (bis zu 8.000 kcal) würden Lebensmittel im geschätzten Wert von mindestens 10,00 € „verschlungen” und wieder erbrochen. Bei mindestens 20 Attacken pro Woche ergäben sich krankheitsbedingte Mehrkosten in Höhe von mindestens 200,00 € pro Woche. Er habe lediglich 80,00 € pro Woche geltend gemacht, was nach dem Krankheitsbild seiner Ehefrau als glaubhaft gelte.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Es bestünden keinesfalls Bedenken, Kosten im Rahmen von § 33 EStG zu berücksichtigen, die der Heilung der Bulimieerkrankung der Ehefrau des Klägers dienten oder dazu dienten, ihr die Krankheit erträglich zu machen. Kosten für Lebensmittel, die der Befriedigung der Erkrankung dienten, seien indes nicht abzugsfähig. Die Nahrungsmittel hätten für die Ehefrau keine therapeutische Notwendigkeit. Die Kosten zielten auch nicht auf die Wiederherstellung der Gesundheit der Ehefrau des Klägers ab.

Die geltend gemachten Aufwendungen seien auch außerhalb des Bereichs der Krankheitskosten nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, da sie nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG erwüchsen. Aufwendungen eines Süchtigen zur Befriedigung seiner Sucht könnten nicht als unabwendbares Ereignis angesehen werden. Es könne zwar sein, dass eine Suchterkrankung die Steuerungsfähigkeit des Erkrankten soweit einschränken könne, dass dieser sich infolge der Sucht den Ausgaben zu ihrer Befriedigung nicht entziehen vermöge. Dadurch erfüllten die hierdurch entstehenden Kosten allerdings nicht die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 EStG.

Mit der hiergegen erhobenen Klage vom verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend zu seinen Ausführungen in seinem Einspruch führt er aus, dass seine Ehefrau sich in einer „notstandsähnlichen Zwangslage” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom VI R 11/09, BStBl II 2011, 119 und , BStBl II 2004, 47) befinde. Die Rechtsauffassung des Beklagten, dass die zusätzlichen Lebensmittelkosten nicht der Heilung oder Linderung der Erkrankung seiner Ehefrau dienten, sei ihm bekannt, aber überholt. So könnten die Mehrkosten für Lebensmittel bei Bulimieerkrankten in Österreich (Urteil des Bundesfinanzgerichts vom zu GZ. RV/7105444/2014) geltend gemacht werden. Es könne seiner Auffassung nach beim Krankheitsbild Bulimie nicht unterschieden werden zwischen Heilung, Linderung oder Befriedigung der Suchtkrankheit. Bei dem Gesamtkrankheitsbild seiner Ehefrau spielten viele Faktoren eine Rolle. Bulimie sei grundsätzlich nicht heilbar. Trotz Therapien liege die Rückfallquote bei 90%. Die Personen, die es eine Zeit ohne „Ess-Brech-Sucht” schafften, blieben wie trockene Alkoholiker ein Leben lang krank und gefährdet. Bei seiner Ehefrau hingen sämtliche Krankheiten wie Bulimie, Borderline, Depressionen, Angstzustände u.s.w. zusammen. Die Essattacken dienten auch der Ablenkung. Die Befriedigung der Suchtkrankheit sei gleichzeitig eine Linderung der Symptome. Der innere Druck müsse raus. Das Essen sei wie ein Ventil und diene dazu, die Erkrankung erträglicher zu machen. Bulimie-Erkrankte könnten sich der Sucht auch nicht entziehen, da es Lebensmittel überall gebe. Lebensmittelkosten, die im Zusammenhang mit der Bulimie stünden, entstünden daher auch zwangsläufig und seien daher unmittelbar mit der Krankheit und deren Folgewirkungen verknüpft. Die Kosten seien außergewöhnlich, atypisch und zwingend. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom sowie vom verwiesen.

Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid am aus anderen, nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen geändert.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid des Jahres 2015 vom in der Weise zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt 4.160,00 € berücksichtigt werden;

hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung führt er an, dass die Ehefrau des Klägers sich nicht in einer der im angeführten vergleichbaren „notstandsähnlichen Zwangslage” befinde. In der angesprochenen Entscheidung begründete gerade die Ausweglosigkeit der Lebenssituation die tatsächliche Zwangsläufigkeit. Die Unheilbarkeit der Krankheit der Ehefrau des Klägers sei in den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen nicht belegt. Hinzu komme, dass es sich in dem Urteil des BFH um eine Krebsabwehrtherapie und damit um eine gezielte therapeutische Maßnahme gehandelt habe, die durch eine gesetzlich zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Person durchgeführt worden sei und es sich nicht – wie vorliegend – um Aufwendungen zur Befriedigung von Suchtkrankheiten gehandelt habe. Nahrungsmittel hätten für die Erkrankte keine therapeutische Notwendigkeit. Sie zielten auch nicht auf die Wiederherstellung der Gesundheit der Ehefrau des Klägers ab.

Der Senat hat in der Sache am mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I. Der Einkommensteuerbescheid vom , der nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Anerkennung der Aufwendungen für die Lebensmittelkosten in Höhe von 4.160,00 € als außergewöhnliche Belastungen aus mehreren Gründen zu Recht verneint.

1. Bei dem Aufwand für die Lebensmittelkosten handelt es sich nach Auffassung des Senats nicht um originäre Aufwendungen im Krankheitsfall, die dem Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 EStG zugeordnet werden können, sondern vielmehr um Kosten der privaten Lebensführung, die dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterfallen.

§ 33 EStG dient – im Wesentlichen in Ergänzung zu §§ 10, 32a Abs. 1 EStG – dazu, sicherzustellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt. Die Vorschrift will Fällen Rechnung tragen, in denen das Existenzminimum höher als im Normalfall liegt (, BStBl II 1995, 774) und dient damit dem Gebot der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit (Loschelder in Schmidt, EStG, 36. Auflage 2017, § 33 Rn. 1 m. w. N.).

Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die nicht nur einer Minderheit entstehen, werden daher von § 33 EStG nicht erfasst (, BFH/NV 2005, 1287). Außerdem fallen nur solche Aufwendungen unter § 33 EStG, die existenziell erforderlich sind und weder vom Grundfreibetrag noch durch den Sonderausgabenabzug oder andere Abzugsbeträge erfasst werden. Dies können grundsätzlich nur solche Aufwendungen sein, die bereits ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen und insofern nur einer Minderheit entstehen (vgl. z.B. , BStBl II 1990, 894).

Zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung rechnen auch die Kosten für die Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Unterschiede der Lebenshaltungskosten, z.B. in Ballungsgebieten und ländlichen Gemeinden, sind grundsätzlich unbeachtlich (, BStBl II 2007, 880)

Krankheitskosten erwachsen einem Steuerpflichtigen regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Sie gehören aber nur dann zu den nach § 33 EStG zu berücksichtigenden Aufwendungen, wenn sie zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen (, BStBl II 1992, 110). Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) geprüft. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt der Begriff der Krankheit einen anomalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand voraus, der den Betroffenen „in der Ausübung normaler psychischer oder körperlicher Funktionen” beeinträchtigt, so dass er nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf (, BStBl II 2007, 880).

2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze können die durch die Erkrankung der Ehefrau des Klägers entstandenen Mehraufwendungen für Lebensmittelkosten nicht als außergewöhnliche Belastungen i. S. v. § 33 EStG anerkannt werden.

Bulimie ist – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – medizinisch fraglos als Krankheit zu werten. Sie tritt meist bereits unter Heranwachsenden oder im frühen Erwachsenenalter auf. Bei dieser Ess- und Brechsucht handelt es sich um eine psychogene Essstörung, bei der in exzessiver Weise Nahrungsmengen in kürzester Zeit zugeführt und anschließend Maßnahmen (z. B. selbstinduziertes Erbrechen usw.) ergriffen werden, um das Körpergewicht in einem (sub)normalen Rahmen zu halten.

Aufwendungen der Ehefrau des Klägers für Arzneimittel, soweit es sie gibt, sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn ihre Zwangsläufigkeit oder Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen ist.

Lebensmittel stellen aber keine Arzneimittel und damit typische und unmittelbare Krankheitskosten dar. Der Senat kann insoweit offen lassen, ob die pauschal in Ansatz gebrachten Ausgaben dem Kläger und seiner Ehefrau tatsächlich entstanden sind.

Die zusätzlichen Lebensmittelkosten dienten weder der Heilung noch der Linderung der Erkrankung der Ehefrau des Klägers; sie sind vielmehr Ausdruck ihrer Erkrankung (ausdrücklich zur Bulimie siehe Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Dezember 2018, § 33 C 44). Die Nahrungsmittel haben für die Ehefrau keine therapeutische Notwendigkeit; die Kosten zielen nicht auf die Wiederherstellung der Gesundheit der Klägerin oder der Genesung ihrer Erkrankung ab.

Die Aufwendungen für die Lebensmittel stellen weder Maßnahmen, Medikamente oder Hilfsmittel dar, die durch einen Arzt, Therapeuten oder Heilpraktiker verordnet wurden. Sie zeichnen sich mithin gerade nicht durch eine professionelle medizinische bzw. therapeutische Begleitung aus.

Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können. Zwar handelt es sich bei den Lebensmittelaufwendungen der Ehefrau des Klägers nicht um Diätkost in Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG. Wenn der Gesetzgeber aber den Ausschluss sogar ärztlich verordneter Diätverpflegung – und damit krankheitsbedingten Lebensmittelauswendungen – anordnet, so muss dies erst recht für nicht ärztlich verordnete krankheitsbedingte Lebensmittelmehrkosten gelten (im Einzelnen zu dieser Vorschrift , BStBl II 2007, 880).

Die Berücksichtigung des Lebensmittelaufwands, der als Folge der Bulimieerkrankung entsteht, würde zu einer steuerlichen Berücksichtigung von Kosten der allgemeinen Lebensführung führen, die mit dem Sinn und Zweck des § 33 EStG nicht vereinbar wäre (vgl. Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand Dezember 2018, § 33 C 45).

Die aufgewandten Beträge sind zudem nicht zwangsläufig i. S. d. § 33 Abs. 2 EStG erwachsen.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Steuerpflichtiger sich Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte, ist nach der Rechtsprechung des BFH ein strenger Maßstab anzulegen. Zu den tatsächlichen Gründen i. S. d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zählen nur elementare Ereignisse wie Unwetter, Hochwasser, Brand, Krankheit, Geburt oder Todesfall oder sonst unabwendbare Ereignisse, wie etwa Erpressung mit Gefahr für Leib oder Leben, Vertreibung, politische Verfolgung und ähnliches. Es kann zwar im Einzelfall mitunter zweifelhaft sein, unter welchen Umständen ein Ereignis noch als „unabwendbar” anzusehen ist.

Lebensmittelauswendungen einer an Bulimie erkrankten Steuerpflichtigen können jedenfalls nicht als unabwendbar angesehen werden. Es mag zwar sein, dass die Erkrankung der Ehefrau des Klägers ihre Steuerungsfähigkeit soweit einschränken kann, dass diese sich infolge ihrer Krankheit den Ausgaben zu ihrer Befriedigung nicht zu entziehen vermag. Die Ausgaben als Ausdruck ihrer Erkrankung beruhen jedoch nicht auf einem unabwendbaren Ereignis (vgl. hierzu , juris; Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg, Urteil vom 8 K 227/93, EFG 1995, 262 und , EFG 1999, 554).

Eine „notstandsähnliche Zwangslage” im Sinne der Rechtsprechung des BFH (insbesondere , BStBl II 2011, 119) kann vorliegend nicht angenommen werden. Der vom BFH entschiedene Fall weicht in wesentlichen Punkten von dem vorliegenden Fall ab. Der BFH hat in diesem Fall eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie ohne weitere ärztliche oder therapeutische Nachweise für zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG angesehen. Wesentlich war für den BFH, dass es sich bei der Krebsabwehrtherapie um eine gezielte therapeutische Maßnahme gehandelt hat, die durch eine gesetzlich zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Person, einem Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren, durchgeführt worden ist. Ferner hat der BFH darauf abgestellt, dass sich die dortige Klägerin aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums ihrer unheilbaren Krebserkrankung in einer notstandsähnlichen Situation befunden hat. Die Klägerin war schwer an Krebs erkrankt, es bestand keine Aussicht auf Heilungsmöglichkeit und nur noch eine begrenzte Lebenserwartung. Zudem hat der BFH im angesprochenen Fall auch darauf abgestellt, dass es sich um Maßnahmen handeln muss, die von Personen vorgenommen werden, die zur Heilkunde zugelassen sind.

Diese Situation ist mit derjenigen der Ehefrau des Klägers nicht vergleichbar. Bei dem Mehrbedarf an Lebensmittel von Bulimie-Erkrankten handelt es sich nicht um therapeutische Maßnahmen. Zudem fehlt eine ärztliche Verordnung. Auch wenn die Ehefrau des Klägers schwer erkrankt ist, so ist doch die Bulimie-Erkrankung eine heilbare Erkrankung. Soweit sie als stark suizidgefährdet eingestuft werden muss, so kann ihre Gefährdung durch Maßnahmen nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz NRW abgewendet werden. Diese Möglichkeit besteht für im Endstadium schwer erkrankte Krebspatienten nicht.

Aus dem Umstand, dass das Bundesfinanzgericht in Österreich Kosten für erhöhte Lebensmittelaufwendungen von Bulimie-Erkrankten als außergewöhnliche Belastung anerkannt hat, kann nicht folgen, dass auch vorliegend die der Ehefrau des Klägers entstandenen Lebensmittelkosten in Deutschland ebenfalls als solche berücksichtigt werden müssten. Der Kläger verkennt, dass der Tatbestand des § 34 des österreichischen EStG anders gefasst und anders ausgelegt wird als in Deutschland der § 33 EStG. Insbesondere ist hierbei zu berücksichtigen, dass sich der österreichische Gesetzgeber nicht dazu entschieden hat, sog. Diätverpflegung nicht zum Abzug zuzulassen. Damit kennt Österreich eine Regelung, wie sie in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG enthalten ist, nicht. Krankheitsbedingte Diätverpflegung kann in Österreich unter den dortigen § 34 EStG subsumiert werden. Vor diesem Hintergrund ist auch erklärbar, warum der Kläger im dortigen Verfahren aufgrund eines psychiatrisch fachärztliches Gutachtens Mehrkosten der entstandenen Diätverpflegung, unter die die durch die Bulimie entstandenen Lebensmittelkosten subsumiert worden sind, nachweisen und steuerlich schließlich in Ansatz bringen konnte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Die Entscheidung des Gerichts ergibt sich aus der Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die tragenden rechtlichen Erwägungen entsprechen der Rechtsprechung des BFH.

Anmerkung

ECLI:DE:FGMS:2019:0219.12K302.17E.00

Fundstelle(n):
EFG 2019 S. 623 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2019 S. 1355
MAAAH-12158