NWB-BB Nr. 2 vom Seite 43

Die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse: Werkzeugkasten für Berater

Teil 3: Die Schwächen des Unternehmens – Unsere Problem-Situation

Dipl.-Kfm. Carl-Dietrich Sander *

Die „8-Stunden-Unternehmens-Analyse“ ist ein Instrument, das Prof. Dr. Dr. habil. Kurt Nagel vor vielen Jahren entwickelt hat und das viele Berater erfolgreich eingesetzt haben und einsetzen. Die Bezeichnung „8-Stunden-Unternehmens-Analyse“ wird berechtigte Fragen auslösen: In acht Stunden ein Unternehmen analysieren? Und dann noch komplett analog? Wie soll das sinnvoll funktionieren? Diese Fragen sollen in einer Beitragsreihe beantwortet werden. Dabei wird der Schwerpunkt auf dem Begriff „Werkzeugkasten“ liegen. Denn die Module und Instrumente dieses „Werkzeugkastens“ sind vielfältig einsetzbar. Dass dieses Instrument aus der analogen Zeit stammt, macht es gerade im Zeitalter der digitalen Transformation besonders spannend. In Teil 3 geht es darum, die Schwächen des Unternehmens zu identifizieren. Die relevanten Arbeitsblätter stehen Ihnen in der NWB Datenbank unter NWB ZAAAG-99792 zum Download zur Verfügung.

Arbeitsblätter für die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse (Übersichten) NWB ZAAAG-99792

I. Überblick über die Beitragsreihe

Die Beitragsreihe „Die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse“ besteht aus sieben Teilen und wird in aufeinander folgenden Heften veröffentlicht:


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8-Stunden-Unternehmens-Analyse
Teile der Beitragsreihe
Heftausgabe
Teil 1:
Grundlagen
Teil 2:
Die Stärken des Unternehmens – Unsere Erfolgsfaktoren-Situation
Teil 3:
Die Schwächen des Unternehmens – Unsere Problem-Situation
2/2019 S. 43
Teil 4:
Der Markt des Unternehmens – Unsere Markt-Situation
Teil 5:
Die Strukturen des Unternehmens – Unsere Finanz- und Kosten-Situation
Teil 6:
Die Aktivitäten des Unternehmens – Unser vernetzter Aktivitätenplan
Teil 7:
Die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse als Instrument im Berater-Marketing

II. Die Schwächen des Unternehmens im Wettbewerb

Als Berater machen wir oft die Erfahrung, dass alle Beteiligten im Unternehmen auf die Frage nach den Stärken und Schwächen sofort eine ganze Reihe von Schwächen aufzählen – aber nicht so häufig mit den Stärken beginnen. Positiv ausgedrückt könnte dies als Problembewusstsein interpretiert werden. Andererseits verdeckt eine dominierende Schwächen-Perspektive den Blick auf die wesentlichen Stärken des Unternehmens. Deshalb wurde im Rahmen der 8-Stunden-Unternehmens-Analyse ganz bewusst mit der Analyse der Stärken begonnen (vgl. Teil 2 NWB KAAAH-03386).

Natürlich ist die Betrachtung der Schwächen wichtig. Dabei können wir aus der neutralen Beratungsperspektive häufig eine weitere Beobachtung machen: In vielen Unternehmen steht nicht nur die Nennung der Schwächen im Vordergrund. Auch die Zahl der aufgezählten Schwächen ist im ersten Durchgang meist deutlich höher als die Zahl der genannten Stärken. Daraus ergibt sich für die Analyse ein weiterer wichtiger Hinweis: Die Schwächen sollten danach unterschieden werden, ob diese als „wettbewerbsrelevant“ anzusehen sind oder (eher) nicht. Auf diese Weise kann bei der Ableitung erforderlicher Aktivitäten besser priorisiert werden. Bei dieser Einteilung hilft ein Blick auf

  • die Betrachtung der Branchen-Erfolgsfaktoren (vgl. Teil 2, Abschnitt IV NWB KAAAH-03386) und

  • die eventuell eingeholten Kundenmeinungen (vgl. Teil 2, Abschnitt VII NWB KAAAH-03386).

Im Vorfeld jeder Aktivität zur Schwächen-Analyse sollte man die Rolle des Unternehmers oder des Chefs überlegen. Es zeigt sich immer wieder, dass manche Mitarbeiter – selbst beim S. 44Instrument der Kartenabfrage (siehe Abschnitt IV) – „zurückhaltend“ agieren und nicht alle Kritikpunkte aus ihrer Sicht benennen, wenn Vorgesetzte dabei sind. Für einen Workshop zur Schwächen-Analyse kann es ein guter Weg sein, dass Vorgesetzte die Mitarbeiter begrüßen, die Bedeutung des Themas herausstellen und dann die Gruppe alleine arbeiten lassen. Am Ende des Workshops kommt der Chef wieder dazu, lässt sich die Ergebnisse vorstellen und dankt der Runde für ihr Engagement.

Und noch eines ist wichtig: Wer als Unternehmer kein Vertrauen in die Kompetenz und Offenheit der eigenen Mannschaft hat, sollte keine Mitarbeiter einbeziehen. Denn deren Vorschläge aus gemeinsamer Arbeit müssen im Anschluss auch zu 80 % umgesetzt werden. Sonst geht die Motivationskurve abrupt in den Keller.

Praxishinweis

Die Beratungserfahrung zeigt aber eindeutig, dass die Einbeziehung der Mannschaft ein sehr erfolgreicher Weg ist.

III. Der Einstieg in die Schwächen-Analyse

Ganz im Sinne des Werkzeugkastens können zwei grundlegend verschiedene Einstiege gewählt werden:

  • Der breite Einstieg: Sammlung aller Schwächen aus der Sicht der jeweils Beteiligten und anschließende Bewertung (siehe Abschnitt IV). Im zweiten Schritt könnten dann bei Bedarf brennende Themen mit der Beraterwerkstatt (siehe Abschnitt V) weiter bearbeitet werden.

  • Der spitze Einstieg: Konkrete Arbeit direkt an ein oder zwei offenkundig besonders brennenden Problemen (siehe Abschnitt V).

Welcher Einstieg gewählt wird, muss im Vorgespräch geklärt und entschieden werden. Ebenso ist zu entscheiden, in welchem Kreis von Mitarbeitern der jeweilige Arbeitsschritt geleistet werden soll (siehe Teil 1, Abschnitt V NWB KAAAH-00473). Dabei sei auch hier nochmals darauf hingewiesen, dass beide Instrumente „Kartenabfrage“ und „Beraterwerkstatt“ auf vielen Ebenen genutzt werden können, von kleinen Teams über Abteilungen oder Bereiche bis zum Gesamtunternehmen – und hier wiederum auf Führungskreisebene oder bei kleineren Unternehmen auch mit der gesamten Belegschaft.

IV. Schwächen-Analyse mit der Kartenabfrage

In vielen Unternehmen hat es sich bewährt, alle jeweils Beteiligten bei der Beantwortung der Frage einzubeziehen, welche Schwächen bzw. Probleme das Unternehmen derzeit im Wettbewerb behindern. Wichtig ist es dann, eine Methode zu wählen, bei der auch wirklich alle (!) Beteiligten zu Wort kommen. Denn entscheidend ist es immer, dass alle Perspektiven, Blickwinkel und Meinungen auf den Tisch kommen – oder in diesem Fall an die Pinnwände. Erfahrungsgemäß gelingt dies in Teamdiskussionen eher selten, weil dort meist bestimmte Kommunikationsmuster dominieren.

Eine Methode, die das Einbeziehen aller realisiert, ist die aus der Moderationstechnik bekannte Kartenabfrage. Im Folgenden werden wesentliche Elemente dieser Methodik vorgestellt.

1. Der Ablauf einer Kartenabfrage

Eine Kurzbeschreibung des Ablaufs einer Kartenabfrage könnte so lauten:

  • Eine klar formulierte Fragestellung soll bearbeitet werden. Beispiel: „Welche Schwächen unseres Unternehmens hindern uns derzeit daran, im Markt erfolgreicher zu sein?“

  • Die Spielregeln werden erläutert.

  • Alle Beteiligten schreiben ihre Gedanken zur Fragestellung auf Moderationskarten.

  • Die Moderationskarten werden gesammelt und von der Gruppe zu Gruppen (Clustern) zusammengestellt.

  • Die so entstandenen Cluster werden von der Gruppe mit einer Überschrift versehen und bezüglich ihrer Bedeutung für die Fragestellung bewertet.

  • Auf Basis der Bewertung werden Aktivitäten erarbeitet.

Download-Tipp

Eine ausführlichere Beschreibung des Ablaufs der Kartenabfrage enthält die Arbeitshilfe „Arbeitsblätter für die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse (Muster und Übersichten)“ NWB ZAAAG-99792.

Übersicht 1 zeigt ein Pinnwand-Beispiel aus einem Workshop mit einem kleinen Team:

2. Die Vorteile der Kartenabfrage

Gegenüber einer üblichen Teamdiskussion hat die Kartenabfrage folgende wesentliche Vorteile:

  • Alle Beteiligten werden gleichberechtigt eingebunden – es wird nicht diskutiert, sondern alle notieren ihre Gedanken anonym auf Moderationskarten.

  • Durch ständige Visualisierung des Prozesses (= sichtbares Speichern von Gedanken und Informationen) bleiben alle Beiträge optisch laufend abrufbar.

  • Besseres Erkennen von Zusammenhängen.

  • Deutliche Erhöhung der Aufnahmefähigkeit.S. 45

  • Keine Dominanz durch Viel- oder Immer-Redner, auch die sonst Schweigsamen kommen zu Wort.

  • Sehr ergebnisorientierte Arbeitsweise – dank Moderation.

  • Alle Arbeitsschritte werden an Pinnwänden und Flipcharts dokumentiert.

  • Auch ohne aufwendige Moderationsausstattung machbar: z. B. mit Post-its an Wänden oder Schrankwänden

  • Fotoprotokoll aller Arbeitsschritte für alle Beteiligten.

Eine wesentliche Rolle kommt dabei einer neutralen Moderation zu. Diese kann durch interne oder externe Personen erfolgen, die in der Anwendung der Moderationstechnik erfahren sind. Ihre Aufgabe liegt in der Erläuterung der Methodik und der Steuerung des gesamten Prozesses. Entscheidend ist, dass der Moderator eine neutrale Haltung im gesamten Arbeitsdurchlauf gewährleistet.

Literatur-Tipp

Sander, Moderationstechnik: Ein Beratungswerkzeug für stärkere Transparenz und Umsetzung – Beispiele für den direkten Einsatz beim Mandanten, NWB-BB 9/2014 S. 277 NWB AAAAE-71642.

Nicht zu vernachlässigen ist dabei die Einhaltung der Spielregeln. Das sind zum einen die Regeln der Methode „Kartenabfrage“. Zum anderen sind es Regeln für die Kommunikation mit- und untereinander während der gemeinsamen Arbeit. Oft lohnt es sich, diese zu Beginn unter den Beteiligten abzufragen und am Flipchart festzuhalten. So kann bei Bedarf mit einem Hinweis auf diese vereinbarten Regeln auf Kommunikations-„Pannen“ reagiert werden.

3. Das Priorisieren der erarbeiteten Themen-Cluster

Sehr häufig ergibt sich als Ergebnis einer Schwächen-Analyse mit der Kartenabfrage eine hohe Anzahl von Clustern. Das bedeutet, dass mit Blick auf die Ressourcen im Unternehmen nicht zum Thema jedes Clusters Aktivitäten möglich sind. Also müssen Prioritäten gesetzt werden. Da dies zu endlosen Diskussionen führen kann, sind Methoden gefragt, die eine zügige und möglichst einvernehmliche Entscheidung über die zu setzenden Prioritäten ermöglichen.

Der erste Schritt wird i. d. R. eine Punktbewertung durch alle Beteiligten sein. Alle Beteiligten erhalten Klebepunkte. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Zahl der Klebepunkte = Anzahl der (Cluster:2) + 1.

  • Pro Cluster dürfen maximal zwei Punkte vergeben werden.

Praxishinweis

Wichtig ist, dass die Bewertung erst beginnt, wenn alle Beteiligten sich innerlich festgelegt haben, wie sie ihre Punkte setzen wollen. Die Pinnwände werden umgedreht und die Punkte damit anonymisiert vergeben (Ausnahme: der zweite sieht die Auswahl des ersten) und anschließend ausgezählt.

Nach dieser Bewertung steht fest, für welche Themen (Cluster) Aktivitäten entwickelt werden sollen. Dennoch kann es vorkommen, dass dieser erste Schritt nicht ausreicht, um mit Blick auf die Ressourcen bereits eine abschließende Entscheidung zu treffen.

Dann hilft ein Entscheidungs-Portfolio als weiterer Verdichtungs-Schritt: Ein Vier-Felder-Portfolio erhält die Achsenbezeichnungen „Wichtig“ und „Dringlich“ als Bewertungskriterien (vgl. Übersicht 2):

  • Wichtig: Ist ein Thema für den weiteren Erfolg des Unternehmens existenziell – Einteilung: nicht / mittel / sehr.

  • Dringlich: Welche Dringlichkeit hat ein Thema für den weiteren Erfolg – Einteilung: gering / mittel / hoch.

Die Einteilung auf den Achsen ist bewusst „schematisch“ gewählt. Die Verteilung der Cluster in die vier Felder durch die Gruppe folgt keiner wissenschaftlichen Genauigkeit, sondern die Gruppe versucht, einen plausiblen Konsens zu erzielen. Die Erfahrung zeigt, dass dies in den meisten Fällen bei klarer Moderation möglich ist. Denn kleinere Verschiebungen der Einordnung der Themen in den vier Quadranten des Portfolios erzeugen eine Scheingenauigkeit, die niemandem nützt.

Die Nummern der vier Quadranten beschreiben die Reihenfolge, in denen die Themen angegangen werden sollten:

  • I: sehr wichtig, sehr dringlich – sofort als wesentliches Thema starten.

  • II: sehr wichtig, nicht dringlich – nicht unbedingt sofort starten, aber klar terminieren und abarbeiten.

  • III: nicht wichtig, aber dringlich – als „kleines“ Thema mit klarer Zeitperspektive angehen.

  • IV: weder wichtig, noch dringlich – abklären, ob überhaupt eine Aktivität dazu aufgesetzt werden sollte.

Download-Tipp

Sie finden das Entscheidungs-Portfolio in der Arbeitshilfe „Arbeitsblätter für die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse (Muster und Übersichten)“ NWB ZAAAG-99792.

Sollte auch nach diesem Schritt eine weitere Verdichtung gewünscht sein, so kann das Entscheidungs-Portfolio nochmals genutzt werden. Dabei wird jetzt die Bezeichnung der x-Achse verändert: Statt der Dringlichkeit wird die S. 46Beeinflussbarkeit durch das Unternehmen selber bewertet: gar nicht / mittel / stark.

4. Das Weiterarbeiten an den priorisierten Themen

Als nächster Schritt für das weitere Arbeiten an den Prioritäten kann durchaus die direkte Ableitung von Maßnahmen stehen. Dabei hilft immer wieder die bewährte Vorgehensweise in vier Schritten: Wer / macht was / mit wem / bis wann?

Oftmals erscheinen aber auch Themen auf der gemeinsam verabschiedeten Agenda, bei denen etliche Beteiligte erst einmal durchatmen: Sie sehen einerseits die Notwendigkeit, das Thema anzugehen, andererseits aber auch die Komplexität des Themas für das Unternehmen. Dabei geht es oft um erwartete Widerstände.

In solchen Situationen empfiehlt sich der Zwischenschritt, die möglicherweise entstehenden Widerstände zum Thema zu machen. Dabei hilft wiederum eine Pinnwand oder ein Flipchart, um gemeinsam Folgendes zu erarbeiten:

  • Welche Widerstände erwarten die Beteiligten?

  • Was könnten die Befürchtungen und Ängste hinter diesen Widerständen sein?

  • Wie könnten die Beteiligten ggf. mit diesen Widerständen und ihren Hintergründen umgehen?

Dieser Zwischenschritt hilft oft, die natürlich noch zu erarbeitenden Aktivitäten klarer zu formulieren. Es können sich Aktivitäten oder beispielsweise auch Beteiligte ergeben, die ohne diesen Zwischenschritt nicht berücksichtigt worden wären.

V. Schwächen-Analyse mit der Beraterwerkstatt

Wie in Abschnitt III bereits dargestellt, kann die Beraterwerkstatt direkt der Start in die Schwächen-Analyse sein, weil ein oder zwei Schwächen dominant auf dem Tisch liegen. Genauso gut kann die Beraterwerkstatt der zweite Schritt nach dem breiten Einstieg mit der Kartenabfrage sein, um jetzt ein oder zwei der priorisierten Schwächen im Detail zu bearbeiten. Ob dies dann im Rahmen eines 8-Stunden-Workshops stattfindet oder in weiteren Beratungsschritten, ist im Vorgespräch zu klären.

1. Das Modell Beraterwerkstatt

Die Idee hinter dieser Methode ist die Idee der kollegialen Beratung: Im Unternehmen ist die erforderliche Kompetenz zum Erarbeiten von produktiven Lösungen vorhanden. Diese Kompetenz wird mit einer klaren Methodik genutzt gemäß dem Leitsatz von Professor Nagel „Systematik erzwingt Erfolg“.

Übersicht 3 zeigt das Modell in einer Übersicht mit den Beteiligten und den Arbeitsschritten.

Zentraler Bestandteil des Modells Beraterwerkstatt sind drei Beteiligte:

  • Ratnehmer: Hat ein Thema oder Problem, für das er eine Lösung sucht.

  • Ratgeber: Finden sich zusammen, um den Ratnehmer bei der Lösung zu unterstützen.

  • Moderator: Steuert den Prozess und bringt dafür das Methoden-Know-how ein.

Voraussetzung für gute Ergebnisse ist eine vorurteilsfreie Mitarbeit und Kommunikation aller Beteiligten.

2. Die fünf Arbeitsschritte der Beraterwerkstatt

Der Moderator stellt das Konzept der Beraterwerkstatt im Überblick vor. Dann werden die fünf Schritte bearbeitet. Alle Schritte werden an Flipchart und/oder Pinnwand dokumentiert.

Download-Tipp

Zum Ablauf der fünf Schritte finden Sie in der NWB Datenbank ein entsprechendes Arbeitsblatt in der Arbeitshilfe „Arbeitsblätter für die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse (Muster und Übersichten)“ NWB ZAAAG-99792.

Schritt 1: Ratnehmer – beschreibt das Thema

Der Ratnehmer kann in der Rolle sein, dass er „sein“ Thema beschreibt – also ein Thema, das ihn ganz persönlich in seiner Arbeit für den Erfolg des Unternehmens behindert. Es kann aber auch sein, dass ein Thema oder Problem eines Teams bearbeitet werden soll. Dann findet sich einer aus dem Team, der das Thema besonders gut kennt und übernimmt die Rolle des Ratnehmers.

Aufgabe des Ratnehmers ist es, das Problem umfassend gezielt und klar zu beschreiben und dabei folgende Informationen zu geben:

  1. Gegenstand: Worum geht es?

  2. Umfeld: In welchen Zusammenhängen ist das Thema bzw. Problem zu sehen?S. 47

  3. Ursache: Wie und warum ist das Thema/Problem entstanden?

  4. Drei positive Konsequenzen aus der Lösung des Themas/Problems.

  5. Bisher bereits ins Auge gefasste Lösungsansätze – und warum diese (noch) nicht befriedigen konnten.

  6. Die drei wichtigsten Lösungskriterien: Was muss eine Lösung erreichen?

Die Schritte von a. bis f. darzulegen, erfordert vom Ratnehmer, das Thema/Problem systematisch zu durchdenken, um die Ratgeber umfassend zu informieren und diese somit in die Lage zu versetzen, ihre Rolle wiederum produktiv und konstruktiv wahrnehmen zu können. Oftmals mangelt es bei Problem-Diskussionen in Unternehmen bereits an diesem ersten Schritt einer systematischen Themen-Beschreibung.

Übersicht 4 zeigt ein Beispiel:


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Übersicht 4: Beispiel einer Problembeschreibung des Ratnehmers
a.
Gegenstand:
Produktionsleiter kommuniziert von oben nach unten
b.
Umfeld:
  • Produktion (Fehlplanung, Maschinenauslastung, Umrüstung führt zu Kosten)
  • Mitarbeitermeeting
c.
Ursache:
Zu wenige und nicht die richtigen Informationen
d.
Konsequenzen aus Lösung:
  • Kostenersparnis
  • Produktivitätssteigerung
  • Mitarbeiterzufriedenheit
e.
Bisherige Lösungsansätze:
f.
Lösungskriterien:
  • Optimierung der Produktionsabläufe
  • Klare und einfache Kommunikation
  • Einfach umsetzbar

Download-Tipp

Zum Schritt 1 finden Sie in der NWB Datenbank ein entsprechendes Arbeitsblatt in der Arbeitshilfe „Arbeitsblätter für die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse (Muster und Übersichten)“ NWB ZAAAG-99792.

Schritt 2: Ratgeber – Brainstorming

Die Ratgeber prüfen jeder für sich, ob sie das Thema bzw. das Problem voll erfasst haben. Ist das nicht der Fall, stellen sie dem Ratnehmer Verständnisfragen. Wenn diese geklärt sind, erarbeiten die Ratgeber Ideen für eine Lösung des Problems.

Die Ideen werden wie im Brainstorming üblich gesammelt, ohne dass diese aus der Runde heraus kommentiert oder gar bewertet werden. Denn dies geschieht erst im dritten Schritt. Im zweiten Schritt kommt es zunächst darauf an, möglichst viele und ungewöhnliche oder auf den ersten Blick auch verrückte Ideen zu sammeln – also gedanklich in die Breite und über den Tellerrand zu blicken.

Schritt 3: Gemeinsame Bewertung der Ideen

Ratgeber und Ratnehmer bewerten gemeinsam die Ideen nach zwei Kriterien:

  • Ist eine Idee neu: Kennzeichnung mit „N“.

  • Erscheint eine Idee als attraktiv: Kennzeichnung mit „A“.

Natürlich kann eine Idee auch beiden Kriterien genügen.

Die Rangfolge für Schritt 4 ist damit vorgegeben: Die Ideen mit „N“ und „A“ werden in der ersten Priorität weiter bearbeitet. In der zweiten Priorität folgen die Ideen, die nur ein „A“ erhalten haben.


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Übersicht 5: Beispiel einer bewerteten Themenliste
Ideen
Bewertung
Dokumentation der Prozesse
A + N
Dokumentation der Stückliste
Stückliste aufteilen nach intern/extern
Checkliste führen (PL), was und wann an die Mitarbeiter kommuniziert werden soll
A + N
Klare Regeln für die Kommunikation
A
Arbeitskarte/Laufzettel
Hilfsmittel für PL (z. B. Visualisierung der zeitlichen Abläufe)
N
Vom Produktionsleiter trennen
A
Schulung und Hospitierung
N
*√ = bekannt, N = neu, A = attraktiv, A + N = attraktiv + neu, PL = Produktionsleiter

Schritt 4: Ratgeber – Ausformulierung der Lösungsansätze

Für die in Schritt 3 priorisierten Ideen erarbeiten die Ratgeber jetzt konkrete Lösungsansätze oder Handlungspläne. Erwünscht ist, dass zu mehreren der priorisierten Ideen Lösungsansätze vorgeschlagen werden. So hat der Ratnehmer in Schritt 5 eine echte Auswahlmöglichkeit.

Oft wird die Frage gestellt, ob sich der Ratnehmer daran beteiligten sollte. Dies hängt von dessen Persönlichkeit und Situation ab. Oftmals läuft der Ratnehmer Gefahr, noch zu sehr in seinen bisherigen Denkbahnen gefangen zu sein, so dass seine Mitarbeit sich eher hinderlich auswirken kann.

Übersicht 6 zeigt beispielhaft, wie ein Lösungsansatz für eine Idee aussehen kann.


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Übersicht 6: Lösungsansatz für eine Idee (Beispiel)
Checkliste führen, was und wann an die Mitarbeiter kommuniziert wird.
Inhalt der Checkliste:
  • Ablaufplan
  • Zeitschiene, Alarmpunkte
  • Sender & Empfänger definieren
  • Inhalt definieren: wer, was, bis wann und womit?
  • Verpflichtende Rückmeldung

Schritt 5: Ratnehmer – Auswahl eines Lösungsansatzes

Bei der Auswahl des für ihn am passendsten erscheinenden Lösungsansatzes lässt sich der Ratnehmer von drei Fragen leiten:S. 48

  1. Erfüllt der Lösungsansatz die drei im Schritt 1 genannten wichtigsten Kriterien für eine Lösung?

  2. Kann die Lösung realisiert werden?

  3. Was realisiere ich mit wem bis wann?

Bei der Frage nach der Realisierbarkeit wird oftmals das Thema möglicher Widerstände im Unternehmen aufkommen. Dann hilft auch hier die unter Abschnitt IV.4 geschilderte Vorgehensweise zum Umgang mit Widerständen.

Eventuell Schritt 6: Präsentation im Plenum

Wenn die Beraterwerkstatt im Rahmen eines umfangreicheren Workshop-Programms als Gruppenarbeit durchgeführt wird, ist die Frage zu beantworten, ob Ablauf und Ergebnis eine Sache der an der Gruppe Beteiligten bleibt, oder ob diese dem Plenum präsentiert werden sollte. Ist eine Präsentation im Plenum gewünscht sind drei weitere Fragen bereits im Vorfeld oder in der Arbeitsgruppe zu klären:

  • Umfang der Präsentation anhand der Flipcharts oder Pinnwände mit welchen Schwerpunkten?

  • Wer präsentiert Ablauf und Ergebnisse im Plenum?

  • Welche Rolle soll das Plenum dabei haben? Ist das Plenum lediglich Informationsempfänger? Dürfen Verständnisfragen gestellt werden? Dürfen ggf. (sogar) weitere Impulse aus dem Plenum geäußert werden?

Oftmals wir der Ratnehmer die Präsentation übernehmen, da er das Thema am besten kennt. Wenn das Thema allerdings eine sehr emotionale Seite hat oder der Ratnehmer die Präsentation ausdrücklich nicht übernehmen möchte, kann dies auch der Moderator oder ein Mitglied aus der Gruppe der Ratgeber übernehmen. Sollte das Plenum nochmals im Sinne von Beteiligung sozusagen nachträglich mit aktiv werden dürfen, wäre zumindest an dieser Stelle (und ggf. auch für die Präsentation) der Moderator der Gruppenarbeit gefordert.

Fazit

Auch für die Schwächen-Analyse eines Unternehmens bietet die 8-Stunden-Unternehmens-Analyse Werkzeuge unterschiedlicher Vorgehensweise und Intensität an. Unternehmen können diese je nach Situation auswählen und nutzen. Dabei ist eine gute Vorbereitung auf der Unternehmens- wie auf der Beraterseite (siehe dazu auch im letzten Teil dieser Beitragsreihe) unerlässlich, um für das Unternehmen produktive Ergebnisse in Form einer klaren Situationsanalyse und Impulse zur weiteren Verbesserung zu erhalten.

Wichtig ist dabei, immer zu realisieren, dass es nicht darum geht, wissenschaftlich genaue Ergebnisse zu erhalten. Ziel der Arbeit ist, dass die handelnden Personen im Unternehmen eine gemeinsame Ausgangsbasis und gemeinsame Aktivitäten erarbeiten. Beides ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung. Dabei steht immer der plausible Konsens der Beteiligten im Mittelpunkt. Diesen mit überschaubarem Zeiteinsatz und in produktiver Atmosphäre zu erreichen, ist Aufgabe des Beraters in seiner Moderatoren-Rolle.

Autor

Dipl.-Kfm. Carl-Dietrich Sander
war Vorstandsmitglied einer Bank und ist seit 1998 freiberuflicher UnternehmerBerater in Kaarst. Darüber hinaus ist er Leiter der Fachgruppe Finanzierung-Rating im Verband Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e. V. (www.kmu-berater.de). Er ist tätig als Berater, Moderator, Referent und Autor (www.cd-sander.de), u. a. des in 2. Auflage erschienenen Buchs „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln – Praxisleitfaden zur Bankenkommunikation für Unternehmer und Berater“ (Infos unter www.nwb.de/go/shop).

Fundstelle(n):
NWB-BB 2/2019 Seite 43
NWB LAAAH-05856