Zurechnung von Entgelten für Schulden Saldierung von Zinserträgen und aufwendungen innerhalb eines ”Cash-Pooling-Systems“
Leitsatz
Verträge im Rahmen eines Cash-Pooling-Systems sind als wechselseitige Darlehensverträge zu qualifizieren. Die damit zuhängenden Entgelte sind daher im Rahmen des § 8 Nr. 1a GewStG zu erfassen.
Eine Saldierung mit Zinserträgen aus dem Cash-Pool für die der Konzernmutter gewährten Darlehen kommt nicht in Betracht.
Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1a GewStG gegeben sind muss grds. jedes einzelne Schuldverhältnis für sich beurteilt werden.
Die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist nicht schon deshalb möglich, weil sie ohne einander nicht denkbar sind.
Mehrere Verbindlichkeiten sind ausnahmsweise nur dann als einheitliche Schuld zu erwerten, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck des § 8 Nr. 1 GewStG widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen.
Im Rahmen eines Cash-Pool-Systems scheitert die Saldierung von Zinsaufwand und ertrag bezogen auf die Konten verschiedener Kreditinstitute schon dann, wenn die einzelnen Cash-Managementverträge zu unterschiedlichen Bedingungen abgeschlossen worden ist.
Gesetze: GewStG § 8 Nr. 1a
Instanzenzug:
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gem. § 8 Satz 1 Nr. 1a GewStG (i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom - BGBl. I, 1912) Zinserträge und Zinsaufwendungen innerhalb eines ”Cash-Pooling-Systems“ zu saldieren sind.
Die Klägerin ist als Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung Teil der .. Unternehmensgruppe, deren Mutterkonzern die …AG mit Sitz in Österreich ist. Die Anteile an der Klägerin werden zu 100 % von der Muttergesellschaft gehalten. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Erbringung von Dienstleistungen an andere Unternehmen der … Gruppe.
Die Gesellschaften der … Firmengruppe, auch die Klägerin, beteiligen sich zur Zins- und Finanzierungsoptimierung an einer Liquiditätsbündelung ihrer Konten (sog. Cash-Pooling). Dazu führt die … AG als Poolführerin ein bzw. mehrere ”Zielkonten“ bei verschiedenen Kreditinstituten und die Klägerin, sowie weitere Tochtergesellschaften führen sog. ”Quellkonten“. Der Saldo der Quellkonten wird im Wege eines automatischen Cash-Managements bankarbeitstäglich auf Null gestellt, indem entweder ein Guthaben auf dem Quellkonto dem Zielkonto der Muttergesellschaft gutgeschrieben wird oder ein negativer Saldo auf dem Quellkonto durch Überweisung vom Zielkonto ausgeglichen wird. Der Kontenausgleich findet unabhängig davon statt, ob ein Guthaben einer Tochtergesellschaft benötigt wird, um einen Debetsaldo einer anderen Tochtergesellschaft auszugleichen.
Die vertragliche Gestaltung des Cash-Pooling Systems erfolgte durch einen zwischen der Klägerin und der … AG - der Muttergesellschaft - geschlossenen Rahmenkreditvertrag vom … Danach gewährt die Muttergesellschaft als Darlehensgeberin der Klägerin einen Rahmenkredit zur freien Verfügung. Nach dem Vertrag beschränkt sich die Höhe des Kredits auf die zum jeweiligen Zeitpunkt erforderlichen Mittel zur Durchführung der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Klägerin. Zudem wird in dem Kreditvertrag ausgeführt: ”Der Zinssatz wird auf 5,50 % p.a. festgesetzt und gilt für Guthaben des Darlehensnehmers gleichermaßen… Die technische Abwicklung des Darlehens erfolgt über ein oder mehrere ACMS-Verrechnungskonten (Automatisches Cash Management System). Darlehensgeber und Darlehensnehmer vereinbaren, dass der Darlehensgeber die Kreditinstitute und die Konten festlegt, über die die Abwicklung erfolgen soll. Es gelten die Sondervereinbarungen der Cash Concentrating Verträge der jeweiligen Kreditinstitute.“
Ferner schlossen die Klägerin und die … AG u.a. mit der HSBC Trinkhaus & Burkhardt AG, mit der HSH Nordbank und mit der Commerzbank Verträge über die Durchführung des automatischen Cash-Managements für die dort errichteten Ziel- und Quellkonten. Die Konten wurden in unterschiedlichen Währungen (EUR, USD, AUD, GBP) geführt. Inhalt der Verträge war jeweils der Auftrag an die Bank, die Guthaben auf den Quellkonten an jedem Arbeitstag auf das Zielkonto zu übertragen und Debetsalden auf den Quellkonten zulasten des Zielkontos auszugleichen. Hinsichtlich der Vereinbarungen im Einzelnen wird Bezug genommen auf die in den Steuerakten befindlichen Verträge.
Die Konzernmutter finanziert sich selber überwiegend durch Anleihen / Schuldverschreibungen auf USD Basis sowie durch kurz- und langfristige Darlehen in EUR und GBP. Der Durchschnittszinssatz lag in 2010 bei 4,16 %.
Zur buchmäßigen Erfassung führte die Klägerin für jedes Quellkonto ein gesondertes Verrechnungskonto. Zudem berechnete sie täglich für jedes Quellkonto die Zinsen (Aufwand oder Ertrag) und buchte diese monatlich saldiert als Zinsertrag (Konto 251000) oder Aufwand (Konto 261000). Für das Streitjahr buchte die Klägerin im Zusammenhang mit dem Cash-Pooling Zinserträge in Höhe von … Euro und Zinsaufwendungen in Höhe von Euro. In ihrem Jahresabschluss auf den nahm die Klägerin eine Saldierung vor und erfasste keine Zinsaufwendungen.
In der Gewerbesteuererklärung für 2010 erklärte die Klägerin Entgelte für Schulden in Höhe von … Euro. … Die Zinsaufwendungen aus dem Cash-Pool mit der … AG in Höhe von … Euro erklärte die Klägerin nicht.
Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß mit den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden über den Gewerbesteuermesstrag sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den jeweils vom …
Im Oktober 2011 begann das Finanzamt mit einer steuerlichen Außenprüfung bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2010, die bislang noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Die Außenprüfer vertraten die Auffassung, eine Saldierung von Zinsaufwand und Zinsertrag sei gewerbesteuerrechtlich nicht zulässig. Dies gelte auch für die Zinsen aus dem Cash-Pool. Der Prüfer erhöhte daher für das Streitjahr 2010 die Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG - rechnerisch fehlerhaft - um … auf … Euro. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Teilbericht über die Außenprüfung vom….
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte einen geänderten Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2010 und hob den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf. Die Bescheide ergingen weiterhin unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Die Klägerin legte Einspruch ein und vertrat die Auffassung, es seien keine Zinsen aus dem Cash-Pool als Entgelte für Schulden im Sinne des Gewerbesteuergesetzes hinzuzurechnen. Sie führte aus, das Vertragsverhältnis bestehe allein zwischen der … AG und der Klägerin auf der Grundlage des Rahmenkreditvertrages. Die … AG besorge für die Klägerin Liquidität bzw. hole sich Liquidität, falls bei der Klägerin ein Überschuss bestehe. Es bestehe nur ein Schuldverhältnis. Die Verträge mit den Banken seien nur flankierend erforderlich, um die Voraussetzungen für den Bankenverkehr zu schaffen.
Während des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass zu ihren Gunsten die Entgelte für Schulden bisher fehlerhaft berechnet worden seien. Richtigerweise sei ein Betrag von … Euro (statt … Euro) anzusetzen.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom … zurück und erhöhte den Gewerbesteuermessbetrag von … Euro auf … Euro.
Die Erhöhung des Messbetrages resultiert aus der Berichtigung des Rechenfehlers und damit aus der Erhöhung der Entgelte für Schulden auf den Betrag von … Euro. Zur Begründung der ablehnenden Entscheidung führte der Beklagte aus, die Verträge der Klägerin mit der … AG und den verschiedenen Kreditinstituten bildeten keine Einheit, sondern seien jeweils für sich zu betrachten. Die Entgelte für Schulden aus den Kontokorrentkonten seien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Grundsätzlich sei jedes Kreditgeschäft für sich zu betrachten. Es sei nicht zulässig, mehrere Kreditgeschäfte mit demselben Kreditgeber oder mit verschiedenen Kreditgebern als Einheit anzusehen. Die fraglichen zwischen der Klägerin und der … AG bestehenden Verrechnungskonten seien nicht als Einheit zu werten.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin führt zur Begründung aus, sie habe im Prüfungszeitraum Konten bei mehreren Banken unterhalten. Mit diesen Banken sei unter Führung der Muttergesellschaft vereinbart, das automatische Cash-Management-System (ACMS) anzuwenden. Da das ACMS - unter Führung der … AG - mit mehreren Banken abgeschlossen worden sei, seien zwischen der Klägerin und der … AG unterjährig Verrechnungskonten geführt worden, die jeweils die Bewegungen für die einzelnen Banken zeigten. So werde z.B. ein Konto ACMS-Commerzbank, ein Konto ACMS-HSH Nordbank sowie ein Konto ACMS-HSBC Bank usw. unterjährig geführt. Da Gläubiger bzw. Schuldner und Ursache der Kontoerrichtung gleich seien, würden diese Konten am Jahresende zusammengeführt. Entsprechend werde auch mit den Zinsen verfahren, Zinsaufwendungen und Zinserträge aus der Verzinsung dieser Konten seien zusammengeführt worden.
Maßgebend für die rechtliche Betrachtung sei der zwischen der Klägerin und der … AG in Österreich bestehende Rahmenvertrag. Unterjährig seien zwar getrennte Konten geführt worden, dadurch sei jedoch nur die Kontenabstimmung zwischen den Gesellschaften vereinfacht worden. Es bestünden jedoch keine unterschiedlichen Geschäftsbeziehungen. Alle Verrechnungskonten seien ausschließlich durch das ACMS-Verfahren entstanden und würden regelmäßig zusammengeführt. Die Verträge mit den Banken seien nur flankierend erforderlich gewesen, um die Voraussetzungen für den Bankenverkehr zu schaffen. Dass die Konten teilweise in verschiedenen Währungen geführt worden seien, beinhalte kein Hindernis, weil eine Umrechnung möglich sei. Auch eventuell unterschiedliche Zinssätze seien unproblematisch.
Die Führung von getrennten Verrechnungskonten in der Buchhaltung sei vertraglich nicht geregelt. Im Rahmenvertrag werde lediglich ausgeführt, die technische Abwicklung erfolge auf einem oder mehreren Konten. Die verschiedenen Verrechnungskonten würden jedoch nur zu Abstimmungszwecken geführt, dies wäre bei einem Gesamtkonto in der Buchführung äußerst zeitaufwendig. Die durch die Anwendung des ACMS-Verfahrens entstehenden Salden beruhten nur auf einem Schuldverhältnis.
Entgelte, die im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzuzurechnen seien, ergäben sich aus den Zinsaufwendungen. Diese Zinsaufwendungen könnten unterschiedlich ermittelt werden. Im Streitfall sei die Berechnung der Zinsen anhand der Zinsstaffelmethode erfolgt. Bei der Zinsstaffelmethode erfolge eine jährliche Endabrechnung der Zinsen. In 2010 seien im Streitfall Zinserträge berechnet worden, so dass eine Hinzurechnung von Zinsaufwendungen entfalle. Dass die Zinsen monatlich gebucht worden seien, habe seine Ursache in der Abgrenzung, die erforderlich sei, um eine monatliche Ergebnisrechnung durchzuführen (betriebswirtschaftliche Auswertungen). Die monatlichen Berechnungen stellten ausschließlich einen Abschlag auf die zu erwartenden Jahreszinsen dar. Tatsächlich sei eine monatliche Berechnung aufgrund der wechselnden Salden erfolgt. Diese monatliche Saldierung habe der Prüfer nicht beanstandet. Er habe nur aus verwaltungsökonomischen Gründen auf eine Einzelermittlung der täglichen Zinsen verzichtet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2010 sowie den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den jeweils vom … und jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom … mit der Maßgabe zu ändern, dass die Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1a GewStG um … Euro gemindert werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erläutert im Klageverfahren zunächst die Ermittlung der Entgelte für Schulden der Höhe nach. Der Betrag von … Euro setze sich wie folgt zusammen:
…
Zur Begründung seines Klagabweisungsantrages hält der Beklagte an seinen Ausführungen im Einspruchsbescheid fest. Grundsätzlich sei jedes Kreditgeschäft für sich zu betrachten. Es sei in der Regel nicht zulässig, mehrere Kreditgeschäfte mit demselben Kreditgeber oder mit verschiedenen Kreditgebern als Einheit anzusehen. Das gelte auch dann, wenn die flüssigen Mittel in einem Guthaben auf einem anderen Konto bei demselben Kreditgeber bestünden und die Konten zu dem Zweck geführt würden, verschiedene Geschäftsbeziehungen dauernd getrennt voneinander zu halten. Eine Saldierung einer Schuld mit einem Guthaben bei demselben Kreditgeber könne nur ausnahmsweise bei Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibender Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder dann in Betracht kommen, wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der aus dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet werde. Dies gelte auch für Verrechnungskonten zwischen verbundenen Unternehmen () sowie bei weitergereichten Krediten (gleichlautende Ländererlasse vom , BStBl I 2012, Seite 654 Rz. 11). Kontokorrentverhältnisse mit verschiedenen Kreditgebern könnten ausnahmsweise dann als ein Kreditgeschäft angesehen werden, wenn das Kreditgeschäft durch ein entsprechendes Zusammenwirken der verschiedenen Kreditgeber entstanden sei (, BStBl II 1974, 388).
Voraussetzung für eine Saldierung sei also, dass entsprechende Vereinbarungen getroffen und durchgeführt würden, d.h. Umschichtungen und Verrechnungen zwischen den verschiedenen Kreditkonten beabsichtigt gewesen und auch tatsächlich erfolgt seien.
Das von der … AG als Cash-Pool-Führerin angestrebte Ziel der Liquiditäts- und Zinsoptimierung habe jedoch nur durch entsprechende Verträge mit Kreditinstituten erreicht werden können. Diese stellten die wesentlichen Grundlagen des Cash-Poolings dar und beinhalteten nicht lediglich flankierende Maßnahmen zum Rahmenvertrag. Im Streitfall seien Verträge mit verschiedenen Banken abgeschlossen worden, die in keiner Weise zusammengewirkt hätten. Neben Euro-Konten seien andere Konten in ausländischer Währung eingerichtet worden, jeweils in der Kombination Quell- und zugehöriges Zielkonto. Zum Teil seien hierfür unterschiedliche Konditionen vereinbart worden (Kreditlimit, Zinssätze). Weder der Rahmenkreditvertrag noch die Verträge mit den verschiedenen Banken sähen eine Umschichtung oder Verrechnung zwischen den verschiedenen Konten vor, abgesehen von denen zwischen den Quellkonten und dem jeweilig entsprechenden Zielkonto. Tatsächlich seien auch weder Umschichtungen noch Verrechnungen innerhalb der verschiedenen Quellkonten vorgenommen worden. Für jede Bank und jede Währung habe die Klägerin ganzjährig in der Buchführung ein entsprechendes Verrechnungskonto geführt. Die Zusammenfassung in den Bilanzen und Zwischenabschlüssen sei nicht als regelmäßige Verrechnung zu sehen. Die Führung getrennter Verrechnungskonten spiegele die vertraglichen Vereinbarungen und die tatsächliche Durchführung der von der Klägerin und der Pool-Führerin mit den verschiedenen Kreditgebern abgeschlossenen Verträge wider. Sie diene lediglich der technischen Abwicklung des Cash-Pool-Verfahrens. Auch die monatlichen Zinsabrechnungen und Saldomitteilungen seien für jedes einzelne Verrechnungskonto erfolgt. Dass gem. § 355 Abs. 2 HGB ein jährlicher Rechnungsabschluss vorgesehen sei, sei hingegen unerheblich, da tatsächlich nicht so verfahren worden sei. Gemäß § 355 Abs. 2 2. Halbsatz HGB seien andere Bestimmungen zulässig. Die Klägerin und die Pool-Führerin seien insoweit der bei Banken üblichen Verfahrensweise gefolgt. Eine Jahresabrechnung habe die Klägerin nicht erstellt. Die verschiedenen Rechnungskonten seien mangels Zusammenwirken der verschiedenen am Cash-Management beteiligten Kreditinstitute und mangels tatsächlicher regelmäßiger Umschichtungen zwischen den Konten nicht zusammen zu fassen; Guthaben- und Schuldzinsen seien daher nicht miteinander zu verrechnen.
Gründe
1. Die Klage ist nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 sowie über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den jeweils vom … und jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom … sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Beklagte hat die im Zusammenhang mit dem Cash-Pooling entstandenen Zinsaufwendungen in Höhe von … Euro zu Recht nach § 8 Nr. 1a GewStG als Entgelte für Schulden berücksichtigt.
a) Nach § 8 Satz 1 Nr. 1a GewStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind 25 % der Entgelte für Schulden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 Euro übersteigt.
Während nach der vorherigen Gesetzesfassung in § 8 Nr. 1 Alternative 2 GewStG nur Entgelte für sog. Dauerschulden erfasst wurden, fallen nach dem Wortlaut der Neufassung sämtliche Entgelte für Schulden in den Anwendungsbereich der Vorschrift (Güroff in Glanegger, GewStG, § 8, Rn. 2), unabhängig davon, ob es sich um lang- oder kurzfristige Verbindlichkeiten handelt und für welchen Zweck der Gegenwert der Schuld verwendet wurde (Hofmeister in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 GewStG Rn. 36; Köster in Lenski/Steinberg, GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a Rn. 22). Entgelt für Schulden ist dabei die Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital (, BStBl II 2007, 655; vom I R 92/99, BStBl II 2001, 609; vom IV R 55/97, BStBl II 1999, 473). Auch die Kapitalströme im Cash-Pool zwischen dem Quell- und dem Zielkonto sind als wechselseitige Darlehensverträge zu qualifizieren, so dass auch die damit zusammenhängenden Entgelte im Rahmen des § 8 Nr. 1a GewStG zu erfassen sind (vgl. , GmbHR 2006, 477 m.w.N.; Köster in Lenski/Steinberg, GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a, Rz 71).
b) Die Klägerin hat für die Darlehensgewährung durch die Konzernmutter im Rahmen des Cash-Pools Zinsaufwendungen in Höhe von … Euro für die kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber der … bei der Gewinnermittlung abgesetzt. Diese waren daher als Entgelte für Schulden gem. § 8 Nr. 1 a GewStG zu erfassen.
c) Eine Saldierung mit Zinserträgen aus dem Cash-Pool für die der Konzernmutter gewährten Darlehen kommt nicht in Betracht.
Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 a GewStG vorliegen, muss grundsätzlich jedes einzelne Schuldverhältnis für sich beurteilt werden. Die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist nicht schon deshalb möglich, weil sie ohne einander nicht denkbar sind. Mehrere Verbindlichkeiten sind nur ausnahmsweise als eine einheitliche Schuld zu werten, nämlich dann, wenn die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und es dem Zweck des § 8 Nr. 1 a GewStG widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen (vgl. , BFH/NV 2012, 446 zu § 8 Nr. 1 GewStG a. F.). Eine Zusammenfassung kommt demnach nur bei Einheitlichkeit, Regelmäßigkeit oder gleichbleibender Zweckbestimmung der Kreditgeschäfte, bei regelmäßiger Verrechnung der Konten oder dann in Betracht, wenn der über ein Konto gewährte Kredit jeweils zur Abdeckung der auf dem anderen Konto ausgewiesenen Schuld verwendet wird (, BStBl II 1989, 299).
Auf dieser Grundlage lässt die Rechtsprechung u.a. eine Verrechnung der Zinsaufwendungen zu, wenn mit der empfangenen Leistung eine unmittelbare Verringerung der Zinslast beabsichtigt ist wie z. B. bei der Gewährung eines zweckgebundenen Zinsverbilligungszuschusses (vgl. , BStBl II 2005, 102; , EFG 2016, 1460). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur alten Rechtslage (Hinzurechnung von Zinsen für Dauerschulden) gelten zudem in einem Cash-Pool keine Besonderheiten bei der gewerbesteuerrechtlichen Beurteilung (Urteil vom I B 43, 44/01, BFH/NV 2002, 536).
d) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Beklagte zu Recht die Saldierung der Zinsaufwendungen und Zinserträge abgelehnt.
Die seitens der Rechtsprechung aufstellten Voraussetzungen für die Zusammenfassung der Schuldverhältnisse und damit für eine Saldierung der Zinsen liegen nicht vor. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Konten bei den verschiedenen Kreditinstituten als auch in Bezug auf das Quellkonto bei einer Bank.
Zwar beruht die Errichtung der unterschiedlichen Quellkonten jeweils auf dem Abschluss des Rahmenkreditvertrages zwischen der Klägerin und der Muttergesellschaft, so dass ein gewisser wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Dies reicht jedoch zur Vornahme einer Saldierung nicht aus.
Soweit die Klägerin die Saldierung von Zinsaufwand und -ertrag bezogen auf die Konten verschiedener Kreditinstitute begehrt, fehlt es bereits an der erforderlichen Einheitlichkeit, denn die einzelnen Cash-Management Verträge sind zu unterschiedlichen Bedingungen abgeschlossen worden. Gläubiger und Schuldner der Kapitalforderung sind durch Einschaltung der verschiedenen Kreditinstitute nicht mehr identisch. Ferner bedingen sich die Cash-Management Verträge nicht gegenseitig; so setzt der Abschluss des Vertrages mit der HSH Nordbank nicht zugleich einen Vertrag mit der Commerzbank voraus. Auch fehlt es an einer regelmäßigen tatsächlichen Verrechnung der Konten. Sämtliche Quell-Konten der Klägerin werden ganzjährig getrennt voneinander geführt, eine Verrechnung findet tatsächlich nur buchmäßig mit dem Jahresabschluss statt.
Wesentlich für das Saldierungsverbot ist weiterhin, dass die Kapitalbewegungen innerhalb des Cash-Pools nicht aus dem von der Klägerin behaupteten einheitlichen Schuldverhältnis ”Cash-Pool“ resultieren. Vielmehr wird durch die Einrichtung der Quellkonten eine Vielzahl von Schuldverhältnissen begründet. Der Abschluss der Cash-Management Verträge und die Einrichtung der Quell- und Zielkonten stellen nicht nur die technischen Voraussetzungen für die wechselseitigen Kredite dar, sondern sie begründen erst das jeweilige Schuldverhältnis. Erst durch die Vereinbarung, den Saldo auf den Quellkonten bankarbeitstäglich auszugleichen, ergibt sich, wer Darlehensgeber und wer Darlehensnehmer ist und in welcher Höhe der jeweilige Kredit gewährt wird.
Dies gilt auch, soweit die Klägerin die Saldierung von Zinserträgen und Schuldzinsen bezogen auf ein Quellkonto begehrt. Auch hier liegen verschiedene Schuldverhältnisse vor, die isoliert voneinander zu erfassen sind. Durch das gewählte System, den Saldo des Kontos bankarbeitstäglich auszugleichen, liegen echte Darlehen der Konzernmutter an die Klägerin sowie der Klägerin an die Konzernmutter vor. Nach den abgeschlossenen Cash-Management Verträgen findet der Kontenausgleich unabhängig davon statt, ob die Konzernmutter einen Guthabensaldo der Klägerin benötigt, um einen Schuldsaldo einer anderen Tochtergesellschaft auszugleichen. Zudem gleicht die Konzernmutter auch dann einen negativen Saldo der Klägerin aus, wenn ihr von anderen Tochtergesellschaften kein Guthaben zur Verfügung steht. Die jeweiligen Kapitalflüsse dienen daher nicht nur zum Kontenausgleich innerhalb der Unternehmensgruppe, sondern gehen darüber hinaus. So gewährt die Klägerin ihrer Muttergesellschaft einen Kredit, den diese nutzen kann, ohne ihn an eine andere Tochter weitergeben zu müssen. Die Kredite werden mithin nicht nur - an andere Unternehmen der Konzerngruppe - weitergeleitet, sondern von der Konzernmutter auch in eigenem Interesse aufgenommen. Die Zinsen aus den wechselseitig gewährten Darlehen sind daher getrennt voneinander zu erfassen.
Schließlich war mit der empfangenen Leistung (Zinserträge der Klägerin) keine unmittelbare Verringerung der Zinslast beabsichtigt, vielmehr stellen die Zinserträge wie oben dargestellt das Entgelt der Muttergesellschaft für die zur Verfügung gestellte Liquidität dar. Bereits durch das gewählte System des Kontenclearings können Zinserträge nicht zur Verringerung der Zinslast verwendet werden, da ein Negativsaldo bankarbeitstäglich ausgeglichen wird.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 FGO zuzulassen. Zu der Frage der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen in einem Cash-Pool Verfahren und der Zulässigkeit eine Saldierung mit Zinserträgen liegt nach der Neufassung des § 8 Nr. 1 a GewStG noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:FGNI:2017:0914.6K243.14.00
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 24/2018 S. 1140
DStR 2018 S. 8 Nr. 42
DStRE 2018 S. 1432 Nr. 23
EFG 2018 S. 1381 Nr. 16
GmbH-StB 2018 S. 334 Nr. 10
LAAAG-87790