Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung
Leitsatz
Die die Vermeidung der Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer bezweckende Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG greift auch ein, wenn die zur Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG führende Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (vgl. , BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793).
Die Grunderwerbsteuerbefreiung einer früheren, der Anteilsvereinigung vorausgegangenen freigebigen Zuwendung von Anteilen kommt nicht in Betracht, wenn das Grundstück erst nach diesem Zeitpunkt von der Kapitalgesellschaft erworben worden ist und daher der der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich noch nicht zuzurechnen war.
Für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer durch den ausschließenden Vorrang der Erbschaft- und Schenkungssteuer kommt es nicht auf die Bemessungsgrundlage der Erbschaft- und Schenkungssteuer und deren tatsächlicher Höhe an.
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1, GrEStG § 3 Nr.2 Satz 1, GrEStG § 3 Nr. 6 Satz 1, GrEStG § 9
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig
Tatbestand
Im Jahre 1976 wurde die A GmbH gegründet. Als Gesellschafter waren an dem Stammkapital von 100.000 EUR der Vater des Klägers mit 55.000 DM und seine Mutter mit 45.000 DM beteiligt. Mit Vertrag vom übertrugen die Gesellschafter im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge auf den Kläger unentgeltlich Anteile in Höhe von insgesamt 26.000 DM. Durch notariellen Vertrag vom wurde das Stammkapital der GmbH auf Euro umgestellt und auf 100.000 EUR erhöht. Die Gesellschafter übernahmen entsprechend ihrer Beteiligungsquote weitere Anteile, so dass die Eltern des Klägers mit 74.000 EUR und Kläger 26.000 EUR beteiligt waren.
Mit notariellem Kaufvertrag vom erwarb die GmbH das Grundstück Gemarkung…zu einem Kaufpreis von 1.330.000 EUR.
Mit notariellem Vertrag vom nahm der Kläger im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge ein Angebot seiner Eltern zur Übernahme der übrigen Gesellschaftsanteile an. Den ehemaligen Gesellschaftern wurde ein lebenslanges Vorbehaltsnießbrauchsrecht an den übertragenen Gesellschaftsanteilen eingeräumt. Für die Dauer des Nießbrauchs sollten den Eltern die auf die übertragenen Anteile entfallenden Gewinnanteile zustehen.
Die GmbH erzielt in den Jahren seit 2012 nur Verluste und zwar 2012 247.083 EUR, 2013 133.129 EUR und 2014 393.875 EUR. Zur Abwendung einer Insolvenz wurden am die Anteile an der GmbH für einen symbolischen Kaufpreis von 1 EUR veräußert. In dem Vertrag verzichteten die Eltern des Klägers als Nießbrauchsberechtigte auf ihr Nießbrauchs- und Rückforderungsrecht.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom setzte der Beklagte für die Übertragung der Gesellschaftsanteile mit Vertrag vom ausgehend von einer geschätzten Bemessungsgrundlage von 1.330.000 EUR Grunderwerbsteuer in Höhe von 5 v.H. mithin 66.500 EUR gem. § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG fest. Hiergegen erhob der Kläger am Einspruch und machte geltend, die Anteile seien im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden, so dass die Ausnahmevorschrift nach § 3 GrEStG eingreife. Mit Feststellungsbescheid vom wurde der Wert des Grundbesitzes mit 1.362.000 EUR festgestellt. Daraufhin wurde unter dem der Grunderwerbsteuerbescheid geändert und die Grunderwerbsteuer auf 68.100 EUR festgesetzt.
Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte - unter Bezug auf ein Schreiben vom - aus, es handele sich um eine Anteilsvereinigung in zwei Rechtsakten, wovon der erste Akt in 2003 unentgeltlich und der zweite in 2014 unter Einräumung eines Vorbehaltsnießbrauchs erfolgte. Da das Grundstück erst 2012 erworben worden war, könne für die unentgeltliche Übertragung davor keine Befreiung nach § 3 Nr.2 GrEStG gewährt werden. Es sei davon auszugehen, dass weder die GmbH-Anteile noch der Nießbrauch werthaltig gewesen seien. Demzufolge fehle es an einer Bereicherung des Erwerbers und damit an einer Schenkung. Der Wert der Anteile entspreche dem Wert des Nießbrauchs, nämlich 0 EUR. Folglich liege ein entgeltlicher Vorgang vor, der zu 100 v.H. steuerpflichtig sei.
Hiergegen richtet sich die am erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, zwar sei aufgrund der zweiten Übertragung der Anteile vom der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG verwirklicht worden. Eine Befreiung nach § 3 Nr.6 GrEStG scheide nach der Rechtsprechung aus, weil diese bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht anwendbar sein. Allerdings finde auf die Übertragung nach der Rechtsprechung des ) die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG Anwendung, soweit die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruhe. Zum Zeitpunkt der ersten Übertragung der Anteile 2003 war das Grundstück noch nicht im Eigentum der GmbH. Bei einer Anteilsvereinigung seien die festgestellten Grundbesitzwerte Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Es ergebe sich hinsichtlich der unentgeltlichen Übertragung mit Vertrag vom folgende Berechnung:
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Grundbesitzwert | 1.362.000 € |
davon 26 v.H. | 354.120 € |
Grunderwerbsteuer 5 v.H. | 17.706 € |
Für die übrigen 74 v.H. der Anteile gegen Einräumung des Vorbehaltsnießbrauchs sei zu prüfen, ob es sich um eine gemischte oder eine vollunentgeltliche Schenkung handele. Bei der Beurteilung des Werts der GmbH-Anteile sei das FA zu Unrecht von 0 EUR ausgegangen. Es seien Erklärungen zur gesonderten Feststellung des Werts der Anteile an der GmbH abgegeben worden. Danach sei zwar der Ertragswert mit -1.106.467 EUR negativ, der Substanzwert jedoch mit 1.082.987 EUR positiv. Da nach § 11 Abs.2 Satz 3 BewG der Substanzwert nicht unterschritten werden dürfe, sei dieser der Beurteilung des Werts der Anteilsübertragung anzusetzen. Folglich stünden dem Wert der Anteile von 74 v.H. aus 1.082.987 EUR, mithin 801.410 EUR der Wert des Vorbehaltsnießbrauchs gegenüber. Der Beklagte habe den Wert des Nießbrauchs zutreffend mit 0 EUR beurteilt. Bereits zum Zeitpunkt der Übertragung der Anteile hätten sich Liquiditätsschwierigkeiten abgezeichnet. Zur Abwendung der Insolvenz seien die Anteile für 1 EUR veräußert worden. Es habe daher nicht mit irgendwelchen Ausschüttungen gerechnet werden können. Folglich habe der Kläger auch die restlichen Anteile von 74 v.H. im Wege einer freigebigen Zuwendung erhalten. Die Grunderwerbsteuer sei daher nur in Höhe von 17.706 EUR festzusetzen.
Mit Bescheid vom setzte das FA…für den Erwerb aus einer Schenkung des Vaters des Klägers vom Schenkungssteuer in Höhe von 2.310 EUR fest. Der Wert des Erwerbs wurde mit 433.000 EUR berücksichtigt. Abzüglich des Freibetrags von 400.000 EUR ergab sich ein steuerpflichtiger Erwerb von 33.000 EUR.
Der Kläger beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 17.706 EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung, soweit mehr als 51.600 EUR festgesetzt sind,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt vor, auf Grund des Schenkungssteuerbescheides gehe auch er nunmehr von einem unentgeltlichen Erwerb der GmbH-Anteile aus. Zwar sei § 3 Nr.2 GrEStG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch auf eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG entsprechend anzuwenden. Dies könne aber nur in dem Umfange erfolgen, in dem tatsächlich eine Doppelbelastung mit Schenkungssteuer einerseits und Grunderwerbsteuer andererseits entstehe. Nach dem Schenkungssteuerbescheid unterlägen der Schenkungssteuer lediglich 433.075 EUR. Ursächlich hierfür seien die Schulden der GmbH, die mit den Aktiva, u.a. dem Grundstückswert, verrechnet worden seien und damit maßgeblich den Wert der GmbH-Anteile vermindert hätten. Eine entsprechende Anwendung der Befreiungsvorschrift würde daher zu einer Steuerbefreiung führen, die mit dem Sinn und Zweck des § 3 Nr.2 GrEStG unvereinbar wäre. Aus § 9 Abs.2 GrEStG ergäbe sich, dass mit dem Erwerb eines Grundstücks zusammenhängende Leistungen oder Belastungen die Bemessungsgrundlage nicht mindern dürften. Bei dem tatsächlichen Erwerb eines Grundstückes wären die Schulden der GmbH unbeachtlich gewesen und es hätte sich daher nicht um einen unentgeltlichen Erwerb gehandelt. Der fiktive Erwerb durch Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG könne nicht besser behandelt werden, als ein tatsächlicher Grundstückserwerb. Es könnten daher nicht 76 v.H. des Bedarfswerts, sondern nur 76 v.H. der bei der Schenkungssteuer angesetzten Bemessungsgrundlage von 433.075 EUR grunderwerbsteuerfrei sein. Es ergäbe sich folgende Berechnung:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Grundbesitzwert | 1.362.000 EUR |
./. steuerfrei gem. § 3 Nr.2 GrEStG | 329.137 EUR (76 v.H. aus 433.075 EUR) |
Bemessungsgrundlage | 1.032.863 EUR |
5 v.H. Grunderwerbsteuer | 51.600 EUR |
In dieser Höhe sei er bereit, der Klage abzuhelfen
Der Kläger hat hierauf erwidert, es komme für die Anwendung des § 3 Nr.2 GrEStG nicht darauf an, ob und in welcher Höhe Schenkungssteuer festgesetzt werde. Vielmehr sei eine Befreiung bereits dann gegeben, wenn der Erwerb selbst schenkungssteuerfrei bleibe. Eine Doppelbelastung mit Schenkungs- und Grunderwerbsteuer sei keine Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr.2 GrEStG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Steuerakten.
Gründe
Die Klage ist begründet. Der Grunderwerbsteuerbescheid ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs.1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Die Grunderwerbsteuer war auf 17.706 EUR festzusetzen. Die Anteilsvereinigung durch die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist zum Teil steuerbefreit.
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrere Anteile einer Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 v.H. der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Diese Voraussetzungen sind durch den Vertrag vom erfüllt, da der Kläger zu seinen Anteilen von 26 v.H. die übrigen 74 v.H. hinzuerwarb und somit nach dem Erwerb zu 100 v.H. an der Gesellschaft beteiligt war.
Der Erwerb der Anteile durch den Kläger ist nicht nach § 3 Nr.6 GrEStG begünstigt. Hiernach ist der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die - wie hier - mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind, von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, findet diese Vorschrift auf eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs.3 Nr.1 GrEStG keine Anwendung. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist eine personenbezogene Steuerbefreiung, weil sie auf das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber abstellt. Eine solche personenbezogene Steuerbefreiung ist auf die Vereinigung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar. Denn § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG besteuert einen fiktiven Grundstückserwerb von der Kapitalgesellschaft. Zwischen der Kapitalgesellschaft und demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, kann ein Verwandtschaftsverhältnis nach § 1589 Satz 1 BGB nicht bestehen (vgl. , BFHE 237, 466, BStBl II 2012, 793 und vom II R 46/12, BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536 jeweils m.w.N.).
Allerdings ist auf die zweite Übertragung vom die Ausnahmevorschrift des § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG anwendbar. Hiernach sind von der Besteuerung ausgenommen u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden. § 3 Nr.2 Satz 1 GrEStG ist nach der Rechtsprechung des BFH auch auf Anteilsübertragungen von Kapitalgesellschaften anwendbar. In einem solchen Fall liegt zwar keine Grundstücksschenkung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Denn der Schenkungsteuer unterliegt nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigebige Zuwendung der Gesellschaftsanteile. Grunderwerbsteuerrechtlich ist jedoch der fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke durch den Anteilserwerber steuerbar. Dieser fiktive Erwerb der Gesellschaftsgrundstücke beruht ebenso wie der Erwerb der Gesellschaftsanteile auf einer Schenkung (vgl. -, a.a.O.). Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG verwendete Begriff „Grundstücksschenkungen unter Lebenden” ist nicht so zu verstehen, dass die Vorschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst. Die Vorschrift hat den Zweck, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck hat der BFH den rechtstechnischen Anknüpfungspunkten, die für die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer unterschiedlich sind, bei einem nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Gesellschafterwechsel durch schenkweise Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine Bedeutung zugemessen und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG insoweit gewährt, als die Änderung im Gesellschafterbestand auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht vgl. -, a.a.O.). Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft und schenkungssteuerrechtlich ein Erwerb des Gesellschaftsanteils von dem früheren Gesellschafter besteuert wird (vgl. -, a.a.O. m.w.N.). Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft-- gegeben ist, der der Schenkungsteuer unterliegt. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung ist --zur Vermeidung der Doppelbelastung-- insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruht. Entsprechendes gilt für die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen. Beruhen diese Erwerbe auf einer freigebigen Zuwendung, unterliegen sie --unabhängig von ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Relevanz-- der Schenkungsteuer. Tritt durch den letzten Anteilserwerb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein, wird die Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand besteuert. Die früher erworbenen Anteile sind jedoch weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungsteuer unterlag. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruht. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einer Anteilsvereinigung führt-- grunderwerbsteuerrechtlich erst bedeutsam wird, wenn der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt ist. Der Umfang der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG für den fiktiven Grundstückserwerb bestimmt sich damit nicht nur nach dem zuletzt schenkweise übertragenen Anteil, der die Anteilsvereinigung auslöst, sondern danach, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers diesem insgesamt freigebig zugewendet wurden. (vgl. -, a.a.O.). Allerdings ist für jedes einzelne Grundstück zu prüfen, ob eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG greift (vgl. -, a.a.O.). Die Steuerbefreiung ist sowohl wegen der den Tatbestand einer Anteilsvereinigung erfüllenden Anteilsübertragung als auch wegen der vorhergehenden Anteilsübertragungen zu gewähren, wenn Anteile in vollem Umfang oder teilweise unentgeltlich übertragen wurden. Eine Steuerbefreiung kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als ein Grundstück bereits zum jeweiligen Zeitpunkt der unentgeltlichen oder teilweise unentgeltlichen Anteilsübertragung der Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen war (vgl. -, a.a.O.). Nur in diesen Fällen könnte es zu einer Doppelbelastung mit Schenkungsteuer (bei der Anteilsübertragung) und Grunderwerbsteuer (bei der Anteilsvereinigung) kommen, die durch § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG vermieden werden soll. Scheidet dagegen eine Doppelbelastung aus, ist auch für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG kein Raum ( -, a.a.O.). Gemessen hieran ist die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nur für den Anteil zu gewähren, den der Kläger am von seinen Eltern unentgeltlich erworben hat, da erst zu diesem Zeitpunkt der GmbH das Grundstück zuzurechnen war. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass für den im Jahre 2003 unentgeltlich erworbenen Anteil von 26 v.H. keine Steuerbefreiung gewährt werden kann, weil zu diesem Zeitpunkt die GmbH noch kein inländisches Grundstück gehörte.
Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ergibt sich nicht aus § 9 GrEStG, dass nur in Höhe des Betrages, der der Schenkungssteuer als Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegt wurde, eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu gewähren ist. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes ( -, BStBl II 1984, 608, BVerfGE 67, 70-90), welcher der Senat folgt, hat der Gesetzgeber aus systematischen Gründen die Prävalenz der Erbschaftsteuer gegenüber der Grunderwerbsteuer ausdrücklich anerkannt. Der Grunderwerbsteuertatbestand ist selbst in solchen Erwerbsfällen ausgeschaltet, in denen ein Erbschafts- oder Schenkungssteueranspruch tatsächlich nicht zur Entstehung gelangt oder ein darauf gegründeter Steueranspruch nicht geltend gemacht wurde. Die Ausschlusswirkung ist absolut. Folglich kommt es auch nicht darauf an, ob überhaupt oder in welcher Höhe Schenkungssteuer festzusetzen oder festgesetzt ist (vgl. auch -, BFHE 177, 509, BStBl II 1995, 609; Meßbacher-Hönsch in Boruttau, GrEStG 18.Aufl, § 3 Rdz. 103, Pahlke/Franz, GrEStG 5.Aufl. § 3 Rdz.32). Hieraus ergibt sich zwangsläufig, dass es für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer durch den ausschließenden Vorrang der Erbschafts- und Schenkungssteuer gerade nicht auf die Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer und deren tatsächlicher Höhe ankommt. Im Übrigen teilt der Senat nicht die Ansicht des Beklagten, dass die Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer auf einer Berücksichtigung etwaiger Schulden der GmbH beruhte. Maßgeblich für die Höhe war vielmehr der Umstand, dass der Kläger mit der Annahme der Schenkung am von seinem Vater von dem Substanzwert der GmbH von 1.082.987 EUR insgesamt lediglich Anteile in Höhe von 40 v.H. erhalten hat.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs.2 Nr.1 FGO zugelassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
Fundstelle(n):
BB 2017 S. 2326 Nr. 40
DStR 2018 S. 8 Nr. 37
DStRE 2018 S. 1319 Nr. 21
EFG 2017 S. 1748 Nr. 21
ErbStB 2017 S. 366 Nr. 12
GmbH-StB 2017 S. 345 Nr. 11
GmbH-StB 2018 S. 28 Nr. 1
UVR 2017 S. 333 Nr. 11
LAAAG-58542