Umsatztantieme eines Vertriebsmitarbeiters als vGA
Leitsatz
1. Eine in Form einer Umsatztantieme gewährte Erfolgsbeteiligung ist dann keine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, wenn überzeugende betriebliche und/oder unternehmerische Gründe für die Gewährung einer Umsatz- statt einer Gewinntantieme an den Gesellschafter-Geschäftsführer vorliegen.
2. Bei einer nach der Aufgabenverteilung im Innenverhältnisses ausschließlichen Vertriebszuständigkeit des tantiemebegünstigten Geschäftsführers ist eine Umsatztantieme auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie weder zeitlich noch höhenmäßig begrenzt ist und im Zusammenwirken mit den übrigen Lohnbestandteilen nicht zu einer unangemessenen Gehaltsausstattung führt.
Gesetze: KStG § 8 Abs. 1, KStG § 8 Abs. 3, EStG § 4 Abs. 1 S. 1, EStG § 4 Abs. 4, GmbHG § 37 Abs. 2, HGB § 50 Abs. 1
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zahlung einer am Umsatz bemessenen Tantieme an eine für den Vertrieb zuständige Prokuristin, die zugleich Minderheitsgesellschafterin und Ehefrau des Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters einer Kapitalgesellschaft ist, zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt.
Die Klägerin firmiert seit 2008 in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie ist die durch Umwandlungsbeschluss vom entstandene Rechtsnachfolgerin der mit Gesellschaftsvertrag vom gegründeten Z. GmbH (Z GmbH) mit Sitz in A. Der gesellschaftsvertraglich bestimmte Gegenstand des Unternehmens der Z GmbH, deren Wirtschaftsjahr abweichend vom Kalenderjahr jeweils vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahrs lief, war der Handel mit Waren aller Art auf eigene und fremde Rechnung, die Entwicklung, Montage und Komplettierungen sowie der Export und Import. Alleiniger Geschäftsführer der Z GmbH war Herr Y. (Y). Die Z GmbH war aus einem früheren Einzelunternehmen hervorgegangen, das der im Jahre 1983 verstorbene Vater des Y als Produktionsfirma für Möbel gegründet hatte. Nachdem dessen Sohn Y Anfang der achtziger Jahre in das Unternehmen eingetreten war, hatte er es in der Folgezeit nach und nach dahin umgewandelt, dass es sich schließlich nur noch mit dem Großhandel mit Möbeln befasste. Dabei bediente die Z GmbH vorwiegend den Sektor „Junges Wohnen” und war dort insbesondere auf Neuheiten für den Mitnahmemarkt – vor allem im Bereich von Couchtischen im unteren und mittleren Preissegment – spezialisiert. Auf diesem Gebiet hatte die Z GmbH die Stellung einer Marktführerin inne. Als solche bestand ihr Unternehmensgegenstand im Wesentlichen darin, große Einkaufsverbände zu beliefern und dabei die Funktion einer Zwischenhändlerin zwischen den Möbelfabrikanten auf der einen und den Einkaufsverbänden auf der anderen Seite wahrzunehmen.
Die Ehefrau des Y, die im Jahre 1965 geborene X. (X), war nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau in der Möbelbranche Ende der achtziger Jahre in das frühere Einzelunternehmen eingetreten und hatte wenig später bei Gründung der Z GmbH einen Geschäftsanteil von 40 % hieran übernommen. Den anderen Geschäftsanteil von 60 % hielt Y In dem früheren Einzelunternehmen war X von Beginn an im Vertrieb tätig, wobei sie zunächst noch keine leitende Funktion hatte, sondern einer von drei in diesem Bereich tätigen Mitarbeitern war. Auch nach Gründung der Z GmbH wurde der Vertrieb für die Kapitalgesellschaft zunächst im Wege der externen, vergüteten Dienstleistung weiterhin von dem Einzelunternehmen übernommen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung nunmehr zudem als Besitzunternehmen fungierte und der Z GmbH den zu Betriebszwecken genutzten Grundbesitz fortan verpachtete. Ende des Jahres 1998 kam die Geschäftsführung der Z GmbH zu der Überzeugung, dass X künftig als Arbeitnehmerin in leitender Stellung für sie – das Betriebsunternehmen – und nicht mehr für das Besitzunternehmen tätig sein solle. Im Hinblick darauf wurde mit Datum vom zwischen der Z GmbH und X deren Anstellung als Prokuristin vereinbart. Dazu schlossen die Beteiligten zwei Verträge.
Unter der Überschrift: „Erteilung von Prokura” wurde zunächst folgende Vereinbarung getroffen:
„Die Firma Z erteilt Frau X Prokura. Frau X nimmt die Prokuraerteilung an. Die Prokura soll nach übereinstimmendem Willen der Beteiligten zeitgleich mit der Einstellung von Frau X bei der Firma Z GmbH, folglich ab , erteilt sein. Weitere Einzelheiten der Tätigkeit von Frau X sind in einem gesonderten Anstellungsvertrag zu regeln.
Im Rahmen der erteilten Prokura ist Frau X insbesondere zu folgenden Geschäften ermächtigt:
Einstellung von Personal
Erteilung von Handlungsvollmachten
Zeichnung von Wechseln
Aufnahme von Darlehen bis zu einer Summe von DM 500.000,– im Einzelfall
Begründung und Beendigung von Dauerschuldverhältnissen
Außergerichtliche und gerichtliche Rechtshandlungen im Zusammenhang mit Geschäften, die der Betrieb der Firma Z GmbH mit sich bringt.
Frau X ist Prokura in der Weise erteilt, daß Sie [sic] nur gemeinsam mit dem Geschäftsführer oder einem weiteren Prokuristen die ihr erteilten Befugnisse wirksam ausüben darf (Gesamtprokura). Frau X ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Prokura ist jederzeit widerruflich.”
Daneben wurde zwischen den Beteiligten ein „Anstellungsvertrag” abgeschlossen, dem zufolge X mit Wirkung vom als Leiterin der Vertriebsabteilung der Z GmbH eingestellt wurde. Ihr sollte die Organisation des Vertriebs obliegen. Sie sollte ihre Tätigkeit umsichtig zum Wohle der Firma auszuüben und die Interessen der Firma zu wahren haben. Innovative Firmenpolitik sollte bestehende Kontakte ausbauen und für Erweiterung des Kundenkreises sorgen. In § 2 des Anstellungsvertrages war vereinbart, dass er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen war und von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende gekündigt werden konnte. X unterlag einem Wettbewerbsverbot und hatte Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von sechs Wochen. In § 3 des Anstellungsvertrages („Bezüge”) war folgendes vereinbart:
„Die monatliche Bruttovergütung beträgt DM 22.000,– zuzüglich je ein halbes Gehalt als Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sowie eine vermögenswirksame Leistung in Höhe von DM 26,– monatlich.
Ausserdem [sic] wird eine umsatzabhängige Provision in folgender Höhe gezahlt: Bei Überschreiten des Nettojahresumsatzes über 20 Millionen DM 1 % des überschreitenden Umsatzes,
Bei Überschreiten des Nettojahresumsatzes über 25 Millionen DM 1,5 % des überschreitenden Umsatzes.” Wegen der Einzelheiten wird auf den Wortlaut des Anstellungsvertrags verwiesen.
Die der X erteilte Gesamtprokura wurde am in das Handelsregister beim Amtsgericht B eingetragen.
Nachdem sich der Jahresüberschuss der Z GmbH im Wirtschaftsjahr 2000/2001 noch auf 1.332.427 DM belaufen hatte, brach der Gewinn im Wirtschaftsjahr 2001/2002 auf nur noch 226.525 EUR ein. Der Grund dafür war im Wesentlichen darin zu sehen, dass einer der hauptsächlichen Abnehmer der Klägerin, der in Deutschland größte und stärkste Möbeleinkaufs-Verband „W.” (W), mit seinen Lieferanten eine neue Umsatzstaffelung vereinbaren wollte, die der Z GmbH erhebliche Preisnachlässe abverlangt hätte. Da eine solche Preisgestaltung der Z GmbH nicht möglich war, hatte sie sich – auch auf Initiative der X – dazu entschlossen, die Geschäftsverbindung mit der W nicht fortzusetzen. Im Hinblick darauf traten die beiden Gesellschafter der Z GmbH, Y und X, zugleich in ihrer Eigenschaft als deren leitende Angestellte am in eine Gesellschafterversammlung ein, in der sie in Anbetracht der verschärften wirtschaftlichen Situation und der betrieblichen Umsatzrückgänge als weitere kostensenkende Maßnahme die Herabsetzung der festen Monatsgehälter für Y auf 15.000 EUR und für X auf 7.500 EUR beschlossen.
In den streitigen Wirtschaftsjahren 2002/2003, 2003/2004 und 2004/2005 erzielte die Z GmbH bei einem Umsatz von 10.508.028 EUR, 11.771.543 EUR und 12.092.074 EUR einen Gewinn von 240.318 EUR, von 431.334 EUR und von 800.470 EUR. Für X ergaben sich daraus aufgrund der Regelung in § 3 Abs. 2 des Anstellungsvertrages umsatzabhängige Provisionen (Umsatztantiemen) in Höhe von 11.750 EUR, 23.750 EUR und von 25.569 EUR. Die Z GmbH minderte ihren der Körperschaftsteuer unterliegenden Gewinn im Umfang dieser geschuldeten Umsatztantiemen entsprechend. Aufgrund der am , am und am beim beklagten Finanzamt (dem Beklagten) eingereichten Körperschaftsteuererklärungen wurde sie vom Beklagten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst insoweit erklärungsgemäß mit Bescheiden vom , vom und vom – nachfolgend aus anderen Gründen geändert durch Bescheid vom – zur Körperschaftsteuer der Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 (der Streitjahre) veranlagt.
Unter dem ordnete der Beklagte die Durchführung einer Außenprüfung für die Körperschaftsteuer der Jahre 2001 bis 2004 an, die er später mit Bescheid vom auch auf das Jahr 2005 erweiterte. In seinem Prüfungsbericht vom stellte sich der eingesetzte Prüfer unter anderem auch auf den Standpunkt, dass eine zeitliche oder höhenmäßige Begrenzung der an die X gezahlten Umsatztantieme im Arbeitsvertrag nicht festgehalten worden sei und dass diese Vertragsgestaltung daher nach dem (BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321) eine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle. Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung – wie auch den anderen Feststellungen des Prüfers – an und änderte die Körperschafsteuerfestsetzungen für die Jahre 2003 bis 2005 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Z GmbH mit Bescheiden vom entsprechend.
Dagegen legte die Klägerin mit Telefaxschreiben ihrer steuerlichen Beraterin – der späteren Prozessbevollmächtigten – am 30. Dezember 2010 fristgemäß Einsprüche ein, da sie die vereinbarten umsatzabhängigen Tantiemezahlungen als fremdüblich ansah.
Diese Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom , die der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unstreitig erst am zuging, als unbegründet zurück.
Dagegen wendet sich die am beim Finanzgericht (FG) eingegangene Klage, mit der die Klägerin ihr Anliegen weiterverfolgt. Dazu macht die Klägerin – im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags im Einspruchsverfahren – im Kern folgendes geltend:
Die Vereinbarung einer Umsatztantieme für die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH sei nicht nur zivilrechtlich zulässig, sondern steuerrechtlich zumindest dann anzuerkennen, wenn dafür auch bei Berücksichtigung der besonderen Risiken, die sie für die auf die Steigerung ihres eigenen Gewinns bedachte Kapitalgesellschaft enthalte, besondere Gründe vorlägen. Ein solcher besonderer Grund für die Gewährung einer Umsatztantieme liege dann vor, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre. Das sei zum einen in der Aufbauphase eines Unternehmens der Fall, wobei die Kapitalgesellschaft dann aber durch eine entsprechende Vereinbarung sicherzustellen habe, dass die Zahlung der Umsatztantieme tatsächlich auf die Dauer der Aufbauphase beschränkt bleibe. Daneben könne es in Einzelfällen nach der Rechtsprechung des BFH aber auch sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen. Dabei stelle der BFH jedoch nicht auf die Vertretungsberechtigung des Geschäftsführers im Außenverhältnis ab, sondern nur auf seine im Innenverhältnis geregelte Zuständigkeit. Bei X sei im Rahmen der Prokuraerteilung ein Katalog an Geschäften genannt worden, zu denen sie ermächtigt sei, wobei die Prokura im Außenverhältnis nach der gesetzlichen Regelung in § 50 des Handelsgesetzbuches (HGB) ohnehin weder erweitert noch eingeschränkt werden könne. Im Innenverhältnis sei X indessen mitnichten – wie der Beklagte meine – umfassend für die Belange der Z GmbH zuständig gewesen, sondern – wie auch dem gesonderten Anstellungsvertrag zu entnehmen sei, auf den im Rahmen der Prokuraerteilung zudem ausdrücklich verwiesen worden sei – ausschließlich für den Vertrieb.
Es sei auch nicht richtig, mit dem Beklagten anzunehmen, dass eine Umsatztantieme nach der Rechtsprechung des BFH in allen Fällen nur dann anerkannt werden könne, wenn sie zeitlich und höhenmäßig begrenzt sei. Denn diese Erfordernisse gälten nur für die Fallgruppe einer Umsatztantieme in der Aufbauphase eines Unternehmens. Demgegenüber habe der BFH in seinen Entscheidungen, in denen er die Vereinbarung einer Umsatztantieme bei ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführern anerkannt habe, ausdrücklich keine zeitliche oder höhenmäßige Begrenzung gefordert. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem (BFH/NV 2007, 2148) und aus dem (BFH/NV 2007,107). Denn in der letztgenannten Entscheidung sei es um einen alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer gegangen, der schon aus diesem Grunde nicht ausschließlich für den Vertrieb zuständig gewesen sei. Auch in dem vom Beklagten herangezogenen BFH-Urteil in BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321 sei der dortige Gesellschafter-Geschäftsführer vorrangig mit Akquisitionstätigkeiten befasst und daher nicht ausschließlich für den Vertrieb zuständig gewesen. Auch sei eine zeitliche Begrenzung der Umsatztantieme in solchen Fällen erkennbar nicht sinnvoll, weil bei einem Geschäftsführer, der ausschließlich für den Vertrieb zuständig sei, die Leistungssteigerung in der Regel nicht nur in den ersten Jahren, sondern auch weiterhin erreicht werden solle.
Die streitige Umsatztantieme sei auch im Einzelfall angemessen. Sie habe sich auf maximal 1,5 % des einen Schwellenwert von 25 Millionen DM (12.782.297 EUR) überschreitenden Umsatzes belaufen und sei daher nicht mit Umsatztantiemen vergleichbar, die – wie in den von BFH entschiedenen Fällen – eine Größenordnung von 3 % bis 5 % des gesamten Umsatzes umfasst hätten. Auch habe es im Streitfall bei der Z GmbH nicht zur Gefahr einer Gewinnabsaugung kommen können, weil X nur Gesamtprokura erteilt gewesen sei und sie zudem keine Preisgestaltungsvollmacht gehabt habe. Schon aus diesen Gründen habe sie daher die provisions- und tantiemepflichtigen Umsätze nicht ohne weiteres zu Lasten des Gewinns der Z GmbH steigern können. Die Festvergütung der X habe sich in den Streitjahren auf jährlich 97.500 EUR belaufen, zu denen eine Umsatztantieme von zwischen 11.750 EUR und 25.569 EUR hinzugetreten sei.
Die vereinbarte Umsatztantieme für X halte auch einem Fremdvergleich stand. Als Indiz für die Branchenüblichkeit könne der Umstand herangezogen werden, dass die Gesellschaft „D GmbH” (bei der es sich um eines der führenden Personalberatungsunternehmen in Deutschland handele) ihr – der Klägerin – zu Vergütungsstrukturen für Führungspositionen im Vertrieb die Information gegeben habe, dass es nach ihren Erfahrungen bei Unternehmen des Mittelstands allgemein üblich sei, das Einkommenspaket für einen Vertriebs-/Verkaufsleiter zu einem hohen Anteil von bis zu 70 % des Einkommens erfolgsabhängig zu gestalten, und zwar üblicherweise in Abhängigkeit von den erzielten Umsätzen, wobei bei einer Führungskraft sowohl die selbst erzielten Umsätze als auch die Umsätze der von ihr geführten Mannschaft angerechnet würden.
Schließlich sei zu bemerken, dass bei der Z GmbH – wie später auch bei der Klägerin – zwar kein anderer Mitarbeiter neben der X tatsächlich eine Umsatztantieme erhalten habe, sie jedoch zumindest mit einem ihrer Mitarbeiter – nämlich mit einem Herrn G – im Jahre 2006 über eine solche umsatzabhängige Vergütung konkrete Verhandlungen geführt habe. Herr G sei bei der Z GmbH zuvor mit einem reinen Festgehalt beschäftigt gewesen und habe mit einer umsatzabhängigen Vergütung dazu angehalten werden sollen, effizienter zu arbeiten. Im Zuge dieser Verhandlungen sei er seinerzeit mit einer Umsatzprämie von 1 %, gerechnet ab einer Untergrenze von 4 Millionen EUR, bei einer gleichzeitigen Prämie auf jeden Neuplatzierungsumsatz von 3 % – oder alternativ von 8,25 % ab einer Untergrenze von 295.000 EUR oder von 13 % ab einer Untergrenze von 160.000 EUR – einverstanden gewesen. Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung sei es nur deswegen nicht gekommen, weil Herr G sich schließlich kurzfristig entschieden habe, für einen anderen Möbelgroßhändler zu für ihn noch besseren Bedingungen – nämlich mit einem variablen Gehalt von 5 % auf den gesamten Umsatz ohne Festgehalt – zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für 2003 bis 2005, jeweils vom und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , in der Weise zu ändern, dass die den Steuerbilanzgewinn erhöhenden verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils um die an die Prokuristin X gezahlten Umsatztantiemen vermindert werden,
und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er macht – im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Darlegungen in der Einspruchsentscheidung – geltend, dass eine Umsatztantieme nur dann anerkannt werden könne, wenn sie zeitlich und höhenmäßig begrenzt sei. Denn solche Begrenzungen seien zur Vermeidung einer künftigen Gewinnabsaugung und einer die Rendite vernachlässigenden Umsatzsteigerung notwendig. Es sei zwar noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob diese Grundsätze in vollem Umfang auch für den als leitenden Angestellten beschäftigten Ehegatten gälten. Dies sei jedoch nach seiner – des Beklagten – Auffassung der Fall. Die Umsatztantieme für X sei weder zeitlich noch – auch wenn sie nur auf Umsätze bezogen sei, die eine bestimmte Umsatzgrenze überstiegen – der Höhe nach begrenzt gewesen. Anderen Angestellten sei von der Z GmbH keine Umsatztantieme gezahlt worden, denn zu einem Vertrag mit Herrn G sei es tatsächlich nicht gekommen. Außerdem sei für die X ein hohes Festgehalt gezahlt worden. Zudem habe X Prokura gehabt. Sie sei damit, wie sich aus der erteilten Prokura auch ergebe, für die Gesamtbelange des Unternehmens und nicht nur für den Vertrieb verantwortlich gewesen.
Der Berichterstatter des erkennenden Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am im Einzelnen erörtert. Auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Die Klage ist ungeachtet dessen zulässig, dass sie erst am beim FG eingegangen ist und sich gegen eine Einspruchsentscheidung wendet, die der Beklagte bereits am erlassen hat. Die einmonatige Frist zur Erhebung der Anfechtungsklage ist gewahrt. Denn die Klagefrist beginnt erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (§ 47 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –); letzteres ist indessen, wie die Klägerseite bereits bei Einreichung der Klage vorgetragen hat und vom Beklagten unstreitig gestellt worden ist, erst am der Fall gewesen. Der Senat sieht keine Veranlassung, die übereinstimmenden Angaben der Beteiligten zum Zugang der Einspruchsentscheidung in Zweifel zu ziehen.
2. Die Klage ist auch begründet. Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre vom sind in der Gestalt, die sie durch die Einspruchsentscheidung vom gefunden haben, rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn (§ 8 Abs. 1 KStG) der Streitjahre um die an die Prokuristin X geleisteten Umsatzprovisionen (11.750 EUR in 2003, 23.750 EUR in 2004 und 25.569 EUR in 2005) erhöht. Bei diesen Provisionen handelt es sich um vom Gewinn abziehbare Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) und nicht um steuerlich nicht abzugsfähige verdeckte Gewinnausschüttungen.
a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG ist es für die Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen mindern das Einkommen nicht (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt z. B. , BFHE 244, 262, BStBl II 2014, 729).
aa) Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, z. B. , BFHE 209, 252, BStBl II 2005, 882). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (z. B. , BFH/NV 2005, 723).
bb) Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des für die Besteuerung der Körperschaften zuständigen I. Senats des BFH ist im Zusammenhang mit der Frage nach der steuerlichen Anerkennung von Erfolgsbeteiligungen für einen Gesellschafter-Geschäftsführer davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Erfolgsvergütung in Form einer Gewinn- und nicht in Form einer Umsatztantieme gewährt, da eine Umsatzbeteiligung unter Vernachlässigung des eigenen Gewinnstrebens der Kapitalgesellschaft die Gefahr einer Gewinnabsaugung in sich birgt (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321, unter II. A., m. w. N.). Wenngleich nach diesen Grundsätzen im Regelfall eine Umsatztantieme als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sein wird, so muss gleichwohl nicht jede in Form einer Umsatztantieme gewährte Erfolgsbeteiligung eine solche verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein. Auch dem (gedachten) ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft ist ein gewisser Gestaltungsspielraum bei seinen Entscheidungen einzuräumen, in dessen Rahmen er den betrieblichen Notwendigkeiten und Interessen der Kapitalgesellschaft Rechnung tragen kann und ggf. muss (vgl. z.B. , BFHE 108, 183, BStBl II 1973, 322, vom – I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549, vom – I R 26/95, BFHE 182, 190, BFH/NV 1997, 232, und vom – I R 86/75, BFHE 122, 98, BStBl II 1977, 569).
cc) Die Vereinbarung einer Umsatztantieme für die Tätigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH ist zivilrechtlich zulässig (vgl. , BFH/NV 1994, 124, unter II. 1., m. w. N., und vom – I R 130/94, BFH/NV 1996, 508). Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter wählt jedoch nicht jede zivilrechtlich zulässige, sondern nur die unter Beachtung der Aufgaben des Geschäftsführers einerseits und der Lage der Gesellschaft andererseits angemessene Gestaltung. Bei der Wahl zwischen Gewinn- oder Umsatztantieme wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter daher grundsätzlich beachten, dass letztere für die auf Gewinnsteigerung bedachte Kapitalgesellschaft besondere Risiken enthält. Zum einen ist die Umsatztantieme unabhängig von der Erwirtschaftung eines Gewinns zu zahlen, und zum anderen birgt sie das Risiko in sich, dass Umsätze zu Lasten der Rentabilität in die Höhe getrieben werden können (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 124, unter II. 3.).
dd) Im Hinblick auf diese Maßstäbe beurteilt der I. Senat des BFH eine Umsatztantieme dann nicht als gesellschaftlich veranlasst, wenn überzeugende betriebliche und/oder unternehmerische Gründe für die Gewährung einer Umsatztantieme an den Gesellschafter-Geschäftsführer vorgelegen haben. Als ein solcher besonderer wirtschaftlicher Rechtfertigungsgrund wird von der Rechtsprechung zum einen die Aufbau- und/oder Umbauphase eines Unternehmens und zum anderen eine ausschließliche Vertriebszuständigkeit des Tantiemebegünstigten anerkannt (vgl. im Einzelnen , BFH/NV 2005, 2058, in BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321, und in BFH/NV 1994, 124). Dass dies so ist, wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt. Die Beteiligten streiten insoweit ausschließlich um die Rechtsfrage, ob in beiden Fallgruppen die Gewährung der Umsatztantieme steuerrechtlich nur zulässig ist, wenn sie einer von vornherein vertraglich vereinbarten zeitlichen und höhenmäßigen Begrenzung unterworfen ist (so der Beklagte), oder ob eine solche Beschränkung nur in der Fallgruppe der Aufbau-/Umbauphase gefordert werden kann (so die Klägerin).
ee) Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Rechtsprechung des BFH – der sich der Senat anschließt – mit der Klägerseite so zu verstehen, dass es in Fällen einer ausschließlichen Vertriebszuständigkeit des tantiemebegünstigten Geschäftsführers einer zeitlichen und höhenmäßigen Begrenzung der Umsatztantieme zu deren steuerlicher Anerkennung nicht bedarf.
(1) So hat der BFH in seinem Urteil in BFH/NV 1994, 124 (unter II. 3.) zunächst nur die Fallgruppe der Aufbau- und Übergangsphase benannt, so dass sich die dortigen Aussagen:
„In einem solchen Fall hat allerdings die Kapitalgesellschaft grundsätzlich durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer sicherzustellen, dass die Zahlung der Umsatztantieme tatsächlich auf die Dauer der Aufbauphase beschränkt bleibt (z.B. durch eine Revisionsklausel; durch eine zeitliche Beschränkung im Anstellungsvertrag). Auch sind die eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten über die künftige Umsatzentwicklung in einer Aufbauoder Übergangsphase angemessen bei der Gestaltung der Umsatztantieme (Bemessung der Prozentsätze; Festlegung von Höchstgrenzen) zu berücksichtigen.”
auch nur auf diese Fallgruppe beziehen. Die weitere Aussage im folgenden Absatz der Entscheidung:
„In Einzelfällen kann es auch sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen.”
enthält eine solche Einschränkung nicht. Auch in seinem Urteil in BFH/NV 1996, 508 (unter II. 1.) wählt der BFH den gleichen Aufbau und trifft zu der hier streitigen Frage fast identische Aussagen.
(2) In seinem Urteil in BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321 (unter II. A.) führt der BFH aus:
„Als ein solcher Grund wurde z. B. die Aufbau- und/oder Umbauphase eines Unternehmens anerkannt. Auch eine ausschließliche Vertriebszuständigkeit erschien dem Senat im Einzelfall als besonderer wirtschaftlicher Rechtfertigungsgrund.” Die nachfolgende Subsumption:
„… scheitert die Anerkennung der Umsatztantieme im Streitfall an ihrer fehlenden vertraglichen zeitlichen und höhenmäßigen Begrenzung” bezieht sich aber ausschließlich darauf, dass die dortige Klägerin geltend gemacht hatte, sie habe „sich in den Streitjahren noch in der Aufbauphase befunden”; der dort tantiemebegünstigte Geschäftsführer war „vorrangig mit Akquisitionstätigkeiten befasst” und daher gerade nicht ausschließlich für den Vertrieb zuständig.
(3) Im BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 107 (unter II. 1.) findet sich hierzu die Aussage:
„Ausnahmen gelten dann, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre, z. B. in der Aufbauphase eines Unternehmens. Jedoch sind in diesem Falle Höchstgrenzen festzulegen und die Umsatztantieme zeitlich zu beschränken (…). Ebenso kann es in Einzelfällen sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen.” Der zweite Satz dieser Aussage wird dabei durch einen Verweis auf das BFH/Urteil in BFH/NV 1996, 508 belegt. Auch daraus erhellt, dass sich das Erfordernis einer zeitlichen und höhenmäßigen Beschränkung nur auf die Fallgruppe der Aufbau- und Umbauphase bezieht.
(4) Der BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2148 trifft zur streitigen Frage die folgenden Aussagen:
„Ausnahmen gelten dann, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre, z.B. in der Aufbauphase eines Unternehmens. Jedoch sind auch in diesem Falle Höchstgrenzen festzulegen und die Umsatztantiemen zeitlich zu beschränken (…). Ebenso kann es in Einzelfällen sachgerecht sein, dem ausschließlich für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer eine am Umsatz bemessene variable Vergütung zuzusagen.” Daraus lässt sich für die vom Beklagten eingenommene Rechtsposition nichts herleiten; Wortlaut und systematischer Aufbau der vom BFH gewählten Formulierungen stützen vielmehr den Standpunkt der Klägerin. Dies gilt umso mehr, als der BFH die Nichtzulassung der Revision gegen das klagabweisende Urteil des FG maßgeblich darauf gestützt hat, dass der schriftliche Anstellungsvertrag des dort tantiemeberechtigten, dem beherrschenden Gesellschafter nahe stehenden leitenden Angestellten zum einen keine Vereinbarung über die Art und den Umfang der von ihm zu erbringenden Tätigkeiten enthalten hatte und zum anderen auch solche Umsätze mitumfasste, an deren Zustandekommen er – anders als ein Leiter der Vertriebsabteilung – nicht einmal mittelbar beteiligt war.
(5) Lediglich die Formulierungen im (BFH/NV 2011, 301):
„Eine umsatzbezogene Zusatzvergütung kann aber ausnahmsweise steuerrechtlich anzuerkennen sein, wenn die mit der Vergütung angestrebte Leistungssteigerung des Begünstigten durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre, so etwa in einer ertragsschwachen Aufbauphase des Unternehmens (…). Es ist des Weiteren geklärt, dass die an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Umsatzprovisionen, die weder zeitlich noch der Höhe nach beschränkt sind, auch dann regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen, wenn die Provisionen nur für die von ihm selbst abgeschlossenen Geschäfte geleistet werden.” scheinen bei isolierter Betrachtung allein des zweiten Satzes vordergründig für den Rechtsstandpunkt des Beklagten zu sprechen. Dabei ist indessen zu beachten, dass die letztgenannte Aussage, die sich auf Umsatzprovisionen für vom Begünstigten abgeschlossene Geschäfte bezieht und für diese eine zeitliche und höhenmäßige Begrenzung für erforderlich erachtet, durch einen Verweis auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 107 belegt worden ist. In dieser Entscheidung aber ging es um einen für den Gesamtbetrieb (und damit keineswegs ausschließlich für den Vertrieb) zuständigen Alleingeschäftsführer, dessen Provisionsvereinbarung sich nur auf die von ihm abgeschlossenen Geschäfte bezog. Für die Streitfrage gibt die aufgeführte Formulierung des BFH im Beschluss in BFH/NV 2011, 301 daher nichts her.
b) Nach diesen Maßstäben stellt die im Streitfall der Prokuristin X zugesagte Umsatztantieme keine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Die Tantieme ist wirtschaftlich gerechtfertigt und führt auch im Zusammenwirken mit den übrigen Lohnbestandteilen nicht zu einer unangemessenen Gehaltsausstattung der X
aa) Es bestand zwar Veranlassung zu prüfen, ob die Umsatztantieme durch das zwischen der Klägerin einerseits und der X und ihrem Ehemann Y andererseits bestehende Gesellschaftsverhältnis und nicht durch das zwischen ihnen vereinbarte Anstellungsverhältnis als Prokuristin begründet war. Denn X selbst war sowohl Minderheitsgesellschafterin der Klägerin als auch – als Ehefrau des beherrschenden Mehrheitsgesellschafters Y – eine diesem nahestehende Person. Für eine Veranlassung der Tantieme im Gesellschaftsverhältnis lässt sich jedoch – anders als der Beklagte meint – nichts feststellen.
bb) X war als Prokuristin der Klägerin ausschließlich für deren Warenvertrieb zuständig.
(1) Dafür maßgeblich ist nicht die nach außen wirkende Erteilung der Prokura, sondern die Aufgabenverteilung im Innenverhältnis. Wäre es anders (wie der Beklagte zu Unrecht annimmt), könnte ein nach innen ausschließlich für den Vertrieb zuständiger Geschäftsführer niemals Begünstigter einer steuerlich wirksamen Umsatztantieme sein, weil eine solche Beschränkung im Innenverhältnis nach außen gegenüber Dritten keinerlei Wirksamkeit hat (§ 37 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG –). Dann aber wäre der vom BFH in ständiger Rechtsprechung gebildeten Fallgruppe der ausschließlichen Vertriebszuständigkeit jeder Anwendungsbereich entzogen.
(2) Nach den dazu getroffenen Abreden, wie sie im Anstellungsvertrag vom niedergelegt worden sind, war die X bei der Klägerin allein für den Vertrieb verantwortlich. Zwar ist die Prokuristin durch Erteilung der Prokura laut weiterer Vereinbarung vom auch zu einer Reihe anderer, den Gesamtbetrieb der Klägerin betreffender Geschäfte ermächtigt worden. Die Klägerin weist hierzu jedoch zutreffend darauf hin, dass die erteilte Prokura nach § 50 Abs. 1 HGB Dritten gegenüber ohnehin keiner Einschränkung zugänglich war und dass daneben die Einzelheiten der Tätigkeit der Prokuristin durch den separat vereinbarten Anstellungsvertrag geregelt werden sollten, der weitere Aufgaben der X neben der Zuständigkeit für den Vertrieb gerade nicht vorsah.
cc) Wegen der ausschließlichen Vertriebszuständigkeit liegen im Streitfall besondere Gründe für die Gewährung einer Umsatztantieme vor. Zugleich bestand für deren steuerliche Wirksamkeit, wie dargelegt (s. vorstehend unter 2. a. ee.), kein Erfordernis, die Tantieme zeitlich oder der Höhe nach zu beschränken. Die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung der X – insbesondere der Ausbau bestehender Kontakte und die Erweiterung des Kundenkreises – wäre durch eine Gewinntantieme, da letztere einer erheblichen Einflussnahme durch die Geschäftsführung der Klägerin unterworfen gewesen wäre, nicht zu erreichen gewesen. Denn dabei hätte aus Sicht der X stets die Gefahr bestanden, dass geschäftspolitische Maßnahmen, die sie nicht hätte beeinflussen können (etwa die Erzeugung hohen Abschreibungsbedarfs durch Anschaffung von der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder die Vereinbarung eines überhöhten Geschäftsführergehalts), den Gewinn als Bemessungsgrundlage der Tantieme zu ihren Lasten hätten mindern können. Dass derartige Umsatztantiemen fremdüblich sind, hat die Klägerin zudem durch den Hinweis auf die Erkenntnisse des Personalberatungsunternehmens „D GmbH” zu Vergütungsstrukturen für Führungspositionen im Einzelnen belegt.
dd) Zudem war die Gesamtausstattung der Prokuristin X mit einem Festgehalt von – in den Streitjahren – 97.500 EUR jährlich (13 Monatsgehälter zu je 7.500 EUR) zuzüglich einer (mit maximal 1,5 % vom Umsatz sehr moderaten) umsatzabhängigen Tantieme von jährlich zwischen 11.750 EUR und 25.569 EUR bei Würdigung aller bekanntgewordenen Umstände des Streitfalls – und insbesondere unter Berücksichtigung der erzielten Gewinne, der getätigten Umsätze, des beruflichen Werdegangs und des konkreten Aufgabenbereichs der X – nicht unangemessen. Letzteres wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Zu weitergehenden Erhebungen sieht der Senat daher keinen Anlass.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war für notwendig zu erklären, weil die unübersichtliche Sach- und Rechtslage einer angemessenen Begründung der Einsprüche durch die Klägerin persönlich ohne Zuhilfenahme eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe entgegenstand (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
5. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sieht der Senat nicht. Die streitige Rechtsfrage nach dem Erfordernis einer zeitlichen und höhenmäßigen Begrenzung von Umsatztantiemen bei alleiniger Vertriebszuständigkeit ist anhand der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des BFH – wie dargelegt – eindeutig zu verneinen.
Fundstelle(n):
BBK-Kurznachricht Nr. 24/2015 S. 1119
DStZ 2016 S. 5 Nr. 1
EFG 2015 S. 2213 Nr. 24
KÖSDI 2016 S. 19673 Nr. 2
LAAAF-06928