Abgabenordnung, Einkommensteuer
Berichtigung eines Steuerbescheides, Fahrtenbuch, private KfZ-Nutzung, verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz
1) Die Angabe einer falschen Berichtigungsvorschrift in einem Änderungsbescheid ist unerheblich, solange nur überhaupt die Voraussetzungen einer Berichtigungsvorschrift vorliegen.
2) Werden dem Finanzamt ein unzureichend geführtes Fahrtenbuch erst im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt, ist eine neue Tatsache gegeben, die zur Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt.
3) Ein Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß geführt, wenn lediglich für Teilzeiträume Eintragungen vorhanden und die Fahrtziele und aufgesuchten Kunden nicht hinreichend genau bezeichnet sind.
4) Dem GmbH-Geschäftsführer ist für die Privatnutzung eines PKWs aufgrund fremdüblicher Vereinbarung im Anstellungsvertrag zwar keine verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen. Der Wert der Privatnutzung ist aber als Gehaltsbestandteil bei den Einkünften gemäß § 19 EStG zu berücksichtigen.
5) Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG führt unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und fließt diesem bereits mit der Inbesitznahme des Dienstwagens zu. Der Nutzungswert nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ist hingegen nur bei tatsächlicher Nutzung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen.
Gesetze: EStG § 8 Abs 2 Satz 2, 3, 4 ; EStG § 19 Abs 1 Satz 1 Nr 1; EStG § 20 Abs 1 Nr 1; EStG § 6 Abs 1 Nr 4 Satz 2, 3
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung der Pkw AA-BB 100 und AA-CC 200 in den Streitjahren 2009 und 2010.
Die Kläger wohnen in M. und werden seit dem Jahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Zuvor wurde der Kläger allein zur Einkommensteuer veranlagt. Er betreibt ein Einzelunternehmen, dessen Gegenstand die Vermietung von Betriebsgrundstücken sowie die Vermittlung und Beratung von Kapitalanlagen, Versicherungen und Finanzierungen ist. Neben gewerblichen Einkünften erzielte er auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte.
Der Kläger ist zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der … X. GmbH mit Sitz in F. (Amtsgericht M., HRB …, im Folgenden: „GmbH”), mit der eine Betriebsaufspaltung besteht. Der Kläger als Besitzunternehmer verpachtet dem Betriebsunternehmen u.a. Grundstücke und Gebäude. Unternehmensgegenstand der GmbH ist die Vermittlung und Beratung in den Geschäftsbereichen Kapitalanlagen, Versicherungen und Finanzierungen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH war im Streitzeitraum der Kläger.
Am schloss der Kläger mit der GmbH einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, der den Vertrag vom ersetzte. In § 8 „Sonstige Leistungen”) war geregelt:
„(1) Für seine Tätigkeit steht dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses ein Dienstwagen Marke, Typ oder ein vergleichbarer Pkw zur Verfügung.
(2) Der Geschäftsführer ist berechtigt, das Fahrzeug auch zu privaten Zwecken und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen. Eine Nutzungsvergütung hat er hierfür nicht zu leisten.”
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Bestandsvergleich. Er erzielte Umsatzerlöse i.H.v. 29.286,32 € (2008), 38.293,50 € (2009) und 38.693,52 € (2010) und erklärte Jahresüberschüsse laut Gewinn- und Verlustrechnungen von 24.187,68 € (2008), ./. 8.767,53 € (2009) und 1.484,39 € (2010).
Im Betriebsvermögen wies er in den Streitjahren den Pkw AA-BB 100 (Porsche 911 Turbo) aus, den er am angeschafft hatte. Der Pkw wurde unstreitig vom Kläger auch privat genutzt.
Bereits im Jahr 2006 hatte der Kläger einen Sonderposten mit Rücklageanteil i.H.v. 44.000 € gebildet. Diesen löste er im Jahr 2008 aufgrund der Anschaffung des Pkw AA-BB 100 auf. Eine Verzinsung der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil nahm er aufgrund der Neuanschaffung nicht vor. Zudem berücksichtigte er für diesen Pkw im Jahr 2008 eine regelmäßige Absetzung für Abnutzung – AfA – von 6.133,07 € und eine Sonder-AfA i.H.v. 24.033 € (20 % von 120.168,07 € Anschaffungskosten). In den beiden Folgejahren setzte er eine regelmäßige AfA von jährlich 20.032 € an (16,67 % von 120.168,07 €).
Für den Pkw AA-BB 100 führte der Kläger Fahrtenbücher, allerdings lediglich für die Zeiträume vom bis zum , vom bis zum und vom bis zum . Bei den Aufzeichnungen fasste er regelmäßig Hin- und Rückfahrten in einer Zeile zusammen. Als Ziel der Fahrt nannte er lediglich Städte- bzw. Gemeindebezeichnungen. Die jeweils aufgesuchten Gesprächspartner wurden regelmäßig z.B. als „Kunde”, „Produkt” oder „Veranstaltung” bezeichnet, im Übrigen lediglich mit den Nachnamen. Das jeweilige Datum von Privatfahrten wurde nicht eingetragen, auch Tankfahrten waren nicht erkennbar. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb wurden nicht klar erkennbar vermerkt; es sind jedoch Fahrten vorhanden, die als „Büro” bezeichnet wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die im Original vorliegenden Fahrtenbücher verwiesen.
Der Kläger gab für die Streitjahre Steuererklärungen ab. In seinen gewerblichen Einkünften erklärte er u.a. auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 108.000 € im Jahr 2008, 63.000 € im Jahr 2009 und 120.079 € im Jahr 2010. Der Kläger und seine Ehefrau wurden erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Auch die GmbH ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich. Zu ihrem Betriebsvermögen gehörte in den Streitjahren der geleaste Pkw AA-CC 200 (Porsche Cayenne V6), den sie am angeschafft hatte. Der Pkw wurde unstreitig vom Kläger auch privat genutzt. Für den Pkw AA-CC 200 führte die GmbH ab dem Jahr 2009 Fahrtenbücher. Die Aufzeichnungen wurden in derselben Weise geführt wie diejenigen zum Pkw AA-BB 100. Wegen der Einzelheiten wird auf die im Original vorliegenden Fahrtenbücher verwiesen.
Der Beklagte führte bei dem Kläger und bei der GmbH Betriebsprüfungen für die Streitjahre durch. In ihrem Prüfungsbericht vom für den Kläger gelangte die Prüferin zu dem Ergebnis, die für die Jahre 2009 und 2010 geführten Fahrtenbücher für den Pkw AA-BB 100 seien nicht ordnungsgemäß und könnten nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Daher sei der Gewinn für die Jahre 2009 und 2010 nach der 1 %-Regelung zu erhöhen. Ausgehend von einem abgerundeten Bruttolistenpreis für den Pkw i.H.v. 155.300 € seien monatlich 1 % des Listenpreises, mithin 1.553 € pro Monat bzw. 18.636 € pro Jahr, sowie 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Betrieb (5 km) für jeweils 230 Tage pro Jahr, mithin 2.795,40 € pro Jahr zu berücksichtigen. Abzüglich einer steuerfreien Kilometerpauschale von 0,30 € pro Kilometer und Tag, mithin 345 €, ergebe sich eine jährliche Hinzurechnung des privaten Nutzungsanteils i.H.v. jeweils 21.086,40 € für die Jahre 2009 und 2010. Unter Berücksichtigung des bisher bereits vom Kläger erklärten privaten Nutzungsanteils (2.985,44 € für 2009 und 6.440,38 € für 2010) sei der Gewinn um 18.100,96 € für 2009 und 14.646,02 € für 2010 zu erhöhen, so die Prüferin. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Anlage 1 zum Prüfungsbericht verwiesen.
Im Prüfungsbericht vom für die GmbH gelangte die Prüferin zu dem Ergebnis, bei der Klägerin seien aus mehreren Sachverhalten verdeckte Gewinnausschüttungen – vGA – zu erfassen. Zwischen den Beteiligten streitig ist lediglich noch die Privatnutzung des Pkw AA-CC 200. Das für diesen Pkw ab 2009 geführte Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Unter Berücksichtigung der Bruttolistenpreismethode ergebe sich eine außerbilanzielle Hinzurechnung von brutto je 9.591 € in den Jahren 2009 und 2010. Ausweislich der Anlage 1 zum Prüfungsbericht berechnete die Prüferin dies anhand von monatlich 1 % des Bruttolistenpreises von 69.543 € für den Pkw AA-CC 200, mithin 695 € pro Monat bzw. 8.340 € pro Jahr. Zudem setzte sie 0,03 % des Bruttolistenpreises für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb an (jährlich 1.251 €).
Im Prüfungsbericht für den Kläger erklärte die Prüferin, diese vGA der GmbH seien auch bei den gewerblichen Einkünften des Klägers zu erfassen (streitig je 9.591 € in den Jahren 2009 und 2010). Da der Kläger die Beteiligung im Rahmen der Betriebsaufspaltung im Betriebsvermögen halte, seien diese Beträge dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes – EStG – zu unterwerfen und zu 40 % steuerfrei (je 3.836,40 € in den Jahren 2009 und 2010). Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Prüfungsberichte vom verwiesen.
Der Beklagte erließ am gegenüber der GmbH Körperschaftsteuer-Änderungsbescheide, welche Gegenstand von eigenständigen Rechtsbehelfsverfahren waren. In einer im Klageverfahren 13 K 174/17 K am durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärte sich der Beklagte – nach einem Hinweis des Senats auf die Bedeutung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom – bereit, den Körperschaftsteuerbescheid gegenüber der GmbH für 2010 erneut zu ändern und das Einkommen der GmbH für 2010 um die bisher angesetzte vGA in Höhe von 9.591 € zu vermindern. Ebenso war die Umsatzsteuer entsprechend zu korrigieren. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2009 blieb aus verfahrensrechtlichen Gründen unverändert.
Das Finanzamt M. als örtlich zuständiges Finanzamt erließ gegenüber dem Kläger Einkommensteuer-Änderungsbescheide. Mit Bescheiden vom setzte es die Einkommensteuer für 2008 auf 56.361 € und für 2009 auf 18.916 € fest. Für 2010 setzte es die Einkommensteuer mit Bescheid vom gegenüber beiden Klägern auf 48.431 € fest. Hierbei berücksichtigte es gewerbliche Einkünfte des Klägers als Einzelunternehmer i.H.v. 37.943 € im Jahr 2008, 9.349 € im Jahr 2009 und 21.569 € im Jahr 2010. Weiterhin berücksichtigte das Finanzamt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers i.H.v. 108.000 € im Jahr 2008, 63.000 € im Jahr 2009 und 120.079 € im Jahr 2010. Verfahrensrechtlich begründete das Finanzamt die Änderung mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO -.
Dagegen legten beide Kläger bei dem Finanzamt M. mit Schreiben vom Einspruch ein. Aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO mit dem Finanzamt M. übernahm der Beklagte das Einspruchsverfahren.
Mit zwei separaten Einspruchsentscheidungen vom gegenüber dem Kläger (für 2008 bis 2010) und gegenüber der Klägerin (für 2010) erhöhte der Beklagte – nach vorherigen mehrfachen Hinweisen auf die Möglichkeit der Verböserung – die Einkommensteuerfestsetzungen auf 66.042 € für 2008, 20.271 € für 2009 und 49.532 € für 2010.
Die Verböserung begründete der Beklagte damit, der Pkw AA-BB 100 habe sich im Privatvermögen des Klägers befunden. Der Kläger vermiete als Einzelunternehmer Anlagevermögen an die GmbH. Darüber hinaus erziele er Erlöse aus von der GmbH gezahlten „Unterprovisionen” für Vermittlungsgeschäfte, allerdings nur in geringfügiger Höhe von 10.970,61 € für 2009 und 6.000 € für 2010. Demnach seien die in den Fahrtenbüchern aufgeführten Kundenbesuche, Akquisen und Kooperationen allein der GmbH zuzuordnen. Hingegen habe der Kläger keine betrieblichen Fahrten aufgrund der Vermietung und der „Unterprovisionen” nachgewiesen. Er habe trotz entsprechender Aufforderung eine Beratertätigkeit bzw. Akquise im Einzelunternehmen nicht belegt. Seien die Fahrten aber tatsächlich für die GmbH getätigt worden, so bestehe kein Wahlrecht, die Aufwendungen für den Pkw nicht bei der GmbH, sondern bei dem Einzelunternehmen abzuziehen. Eine Zuordnung zum – ggf. gewillkürten – Betriebsvermögen des Einzelunternehmens scheide aus. Daher seien sämtliche vom Kläger geltend gemachten Pkw-Aufwendungen (AfA und Fahrzeugkosten) gewinnerhöhend zu berücksichtigen; ein privater Nutzungsanteil für den Pkw könne hingegen nicht zugerechnet werden.
Eine weitere Verböserung ergebe sich daraus, dass der Sonderposten mit Rücklageanteil i.H.v. 44.000 € im Jahr 2008 nicht nur aufzulösen, sondern auch für zwei Jahre mit 12 % zu verzinsen sei. Außerdem sei die Sonder-AfA für den Pkw AA-BB 100 i.H.v. 24.033 € im Jahr 2008 nicht anzuerkennen. Gegenüber den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden sei der gewerbliche Gewinn des Einzelunternehmens um 33.716,57 € für 2008, 3.797,89 € für 2009 und 2.276,22 € für 2010 zu erhöhen, mithin auf 71.659 € im Jahr 2008, 13.146 € im Jahr 2009 und 23.845 € im Jahr 2010. Die zugrunde gelegten Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit blieben unverändert. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Daraufhin haben die Kläger am Klage wegen der Jahre 2008 bis 2010 erhoben.
Im Rahmen eines Verfahrens wegen der Aussetzung der Vollziehung der vorgenannten Bescheide hat der Senat mit Beschluss vom 13 V 1362/17 E darauf hingewiesen, dass es aus verfahrensrechtlichen Gründen zweifelhaft sei, ob der Pkw AA-BB 100 dem Privatvermögen des Klägers zuzuordnen sei. Daraufhin hat der Beklagte am Änderungsbescheide erlassen und im Wesentlichen den Veranlagungsstand vor Ergehen der Einspruchsentscheidung wieder hergestellt. Die Einkommensteuer für 2008 hat er auf 56.361 €, für 2009 auf 18.916 € und für 2010 auf 48.576 € festgesetzt. Hierbei hat er gewerbliche Einkünfte des Klägers als Einzelunternehmer i.H.v. 37.943 € im Jahr 2008, 9.349 € im Jahr 2009 und 21.569 € im Jahr 2010 zugrunde gelegt entsprechend den Bescheiden vom und . Es bestand gegenüber dem Bescheid vom für 2010 allerdings eine Differenz von 145 € bei der Steuerfestsetzung. Mit diesen Änderungsbescheiden vom hat der Beklagte die Verböserung rückgängig gemacht, da er die Verböserung mit der Zuordnung des Pkw zum Privatvermögen begründet hatte. Damit hat er auch die Sonder-AfA des Pkw i.H.v. 24.033 € im Jahr 2008 wieder anerkannt und auf die Verzinsung der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil verzichtet, obwohl er insoweit den vorherigen Stand der Einspruchsentscheidung mit anderer Begründung hätte aufrecht erhalten können.
Der Kläger hat daraufhin die Klage wegen der Einkommensteuer 2008 mit Schriftsatz vom zurückgenommen. Das diesbezügliche Verfahren ist abgetrennt und eingestellt worden.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom hat der Beklagte die Einkommensteuer für 2010 auf 48.431 € herabgesetzt. Damit hat er die zuvor bestehende, oben beschriebene Differenz von 145 € korrigiert.
Die Kläger begründen ihre Klage für 2009 und 2010 damit, die Änderungsbescheide seien verfahrensrechtlich zu beanstanden, da die fraglichen Tatsachen nicht nachträglich bekannt geworden seien. Zwar seien die Fahrtenbücher hinsichtlich des beschrifteten Papiers erst nachträglich überreicht worden. Die Art und Weise der Führung derselben sei dem Beklagten jedoch anhand der früheren Betriebsprüfung für die Vorjahre bekannt gewesen. Diese Tatsache, auf die es maßgeblich ankomme, sei nicht nachträglich bekannt geworden.
In der Sache seien die geführten Fahrtenbücher anzuerkennen. Im Übrigen seien die Fahrtenbücher von der Vorbetriebsprüfung anerkannt worden, so dass der Beklagte mit der Nichtanerkennung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Wegen des Inhalts und Ablaufs der Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 sei der vorherige Betriebsprüfer der Prüfung für die Jahre 2004 bis 2006 als Zeuge zu vernehmen und die Betriebsprüfungs-Handakten beizuziehen, insbesondere den Zusatzbericht zur Betriebsprüfung.
Der von der GmbH geführte Pkw AA-CC 200 sei in den Streitjahren in jeweils einem Monat (Mai 2009 und August 2010) überhaupt nicht genutzt worden, mithin auch nicht privat.
Weiterhin seien die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb von der Betriebsprüferin nicht nur beim Einzelunternehmen des Klägers, sondern auch bei der GmbH angesetzt worden. Dieselbe Person (Geschäftsführer und Einzelunternehmer) fahre aber täglich nicht doppelt von der Wohnung zum Betrieb. Ausweislich der Fahrtenbücher seien die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb mit dem Fahrzeug der GmbH, nicht aber mit dem Fahrzeug des Einzelunternehmers vorgenommen worden.
Die Beteiligten sind sich hingegen einig, dass die für den PKW AA-BB 100 von den Klägern angesetzte AfA von jährlich 20.032 € (16,67 % von 120.168,07 €), die in den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt worden ist, zutreffend ist.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom und den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom in der Weise zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers die verdeckten Gewinnausschüttungen aus der Nutzung des PKW AA CC 200 nicht mehr in Ansatz gebracht werden und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht mehr für eine private Nutzung des PKW AA BB 100 erhöht werden,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Verfahrensrechtlich erklärt er, die relevanten Tatsachen seien dem Beklagten erst im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt geworden. Relevant sei hierbei die Tatsache, dass der Kläger keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher geführt habe. Die Vorbetriebsprüfung habe zu diesem Umstand keine Aussage treffen können.
Der Beklagte hat im Rahmen des für die GmbH geführten Klageverfahrens (Az. 13 K 174/17 K) mit Schriftsatz vom mitgeteilt, er halte nicht mehr daran fest, dass der Nutzungsvorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb für beide Fahrzeuge angesetzt werde; ein Ansatz habe lediglich für den dem Betriebsvermögen der GmbH zuzuordnenden Pkw (AA-CC 200) zu erfolgen.
Der Senat hat am eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Einkommensteuerbescheide für 2009 vom für 2010 vom sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
I. Es ist verfahrensrechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Finanzamt M. die erstmaligen Änderungsbescheide für 2009 vom und für 2010 vom unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO änderte.
1. Zwar war der Beklagte nicht berechtigt, die bestandskräftigen Ausgangsbescheide auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern.
Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Ein Grundlagenbescheid ist gemäß § 171 Abs. 10 Satz 1 AO ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist.
Im Streitfall existiert kein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für die Einkommensteuer-Änderungsbescheide vom und zukam. Das Finanzamt M. hat sich ausdrücklich auch auf keinen anderen Bescheid bezogen. Sofern das Finanzamt M. der Auffassung gewesen sein sollte, die Erfassung von vGA in den Einkommensteuer-Änderungsbescheiden könnte verfahrensrechtlich auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt werden, träfe diese Auffassung nicht zu. Bei den Körperschaftsteuer-Änderungsbescheiden vom gegenüber der GmbH, welche vGA enthielten, handelt es sich nicht um Grundlagenbescheide im Sinne des § 171 Abs. 10 AO. Zwischen Körperschaftsteuer- und Einkommensteuerbescheid besteht hinsichtlich der vGA lediglich eine formelle Korrespondenz gemäß § 32a Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG -. Der Körperschaftsteuerbescheid ist hingegen kein Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid (, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 238, 512, Bundes-steuerblatt – BStBl – II 2013, 149; vom VIII R 55/10, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2012, 269).
2. Die Änderung konnte hinsichtlich der Nutzungswertbesteuerung der Pkw aber gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist es unerheblich, wenn in einem Änderungsbescheid eine falsche Berichtigungsvorschrift angegeben ist, solange nur überhaupt die Voraussetzungen einer Berichtigungsvorschrift vorliegen (z.B. , BFH/NV 2018, 1141, Rz. 33; , BFH/NV 1992, 579).
Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen oder Beweismittel werden dann nachträglich bekannt, wenn die Tatsache oder das Beweismittel im Zeitpunkt der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung bereits vorhanden und nur nicht bekannt war (, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst – DStRE – 2003, 949).
Hinsichtlich der Nichtanerkennung der Fahrtenbücher und des Ansatzes der 1 %-Regelung entsprechend dem Betriebsprüfungsbericht vom liegt eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache vor, da die Fahrtenbücher ausweislich des Akteninhalts dem Beklagten erst im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt geworden sind. Sie waren somit im Zeitpunkt der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung bereits vorhanden und nur nicht bekannt.
Dagegen können die Kläger nicht mit Erfolg vorbringen, zwar seien die Fahrtenbücher hinsichtlich des beschrifteten Papiers erst nachträglich überreicht worden. Die Art und Weise der Führung derselben sei dem Beklagten jedoch anhand der früheren Betriebsprüfung für die Vorjahre bekannt gewesen. Hierbei übersehen die Kläger, dass die Frage, in welcher Weise Fahrtenbücher geführt werden, nicht anhand der Erkenntnisse von Vorjahren beurteilt werden kann, sondern nur anhand der tatsächlich für das jeweilige Jahr geführten Fahrtenbücher. Dass diese Fahrtenbücher erst nachträglich überreicht worden sind, gestehen die Kläger selbst zu.
II. In materiell-rechtlicher Hinsicht sind die angefochtenen Einkommensteuerbescheide im Ergebnis rechtmäßig.
Der Beklagte hat den Gewinn des Klägers zu Recht um den Wert der Privatnutzung des im Einzelunternehmen geführten Pkw AA-BB 100 erhöht (dazu 1.). Allerdings ist dem Kläger für die Privatnutzung des von der GmbH geführten Pkw AA-CC 200 keine vGA zuzurechnen (dazu 2.). Kompensierend ist dem Kläger aber der Wert der Privatnutzung des von der GmbH geführten Pkw AA-CC 200 als Gehalt zuzurechnen (dazu 3.)
1. Der Beklagte hat den Gewinn des Klägers für 2009 und 2010 zu Recht um den Wert der Privatnutzung des im Einzelunternehmen geführten Pkw AA-BB 100 erhöht.
Die vom Beklagten vertretene Auffassung, die für den Pkw AA-BB 100 geführten Fahrtenbücher seien nicht ordnungsgemäß, sondern stattdessen die sog. 1 %-Regelung anzuwenden, ist nicht zu beanstanden.
a) Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Die private Nutzung kann gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG abweichend von Satz 2 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH wie folgt präzisiert (vgl. , BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505):
Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung müssen die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder – wenn ein solcher nicht vorhanden ist – den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (vgl. , BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408; vom VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410; vom VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625; vom IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691; vom VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768; vom VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, genügen die im Streitfall vom Kläger für den Pkw AA-BB 100 geführten Fahrtenbücher den Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Die Fahrtenbücher sind bereits deshalb nicht als ordnungsgemäß anzuerkennen, weil sie für die Streitjahre lediglich die Zeiträume vom bis zum und vom bis zum abdecken. Der Kläger wies den Pkw AA-BB 100 aber für den gesamten Streitzeitraum im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens aus. Es liegen somit keine vollständigen Aufzeichnungen für den Streitzeitraum vor.
Darüber hinaus sind bei den Aufzeichnungen regelmäßig Hin- und Rückfahrten in einer Zeile zusammengefasst. Als Ziel der Fahrt sind lediglich Städte- bzw. Gemeindebezeichnungen genannt. Die jeweils aufgesuchten Gesprächspartner wurden regelmäßig z.B. als „Kunde”, „Produkt” oder „Veranstaltung” bezeichnet, im Übrigen lediglich mit den Nachnamen. Hierbei handelt es sich weder um eine hinreichend genaue Angabe der Fahrtziele noch der aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner. Die bloßen Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen nicht, da die aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe nicht zweifelsfrei zu ermitteln sind. Weiterhin erscheint das Fahrtenbuch auch deshalb nicht ordnungsgemäß, weil die Hin- und Rückfahrten zusammengefasst wurden. Es ist hierdurch nicht zweifelsfrei zu erkennen, dass es sich jeweils um einheitliche berufliche Reisen, bestehend aus mehreren Teilabschnitten und ohne Unterbrechung durch private Verwendungen, handelte. Weiter spricht gegen die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher, dass das jeweilige Datum von Privatfahrten nicht eingetragen wurde und auch Tankfahrten nicht erkennbar waren. Damit sind die Eintragungen unvollständig.
c) Da kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG vorliegt, sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für den Pkw AA-BB 100 für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (sog. 1 %-Regelung). Dies sind jeweils 18.636 € pro Jahr (1.553 € pro Monat bei einem abgerundeten Bruttolistenpreis für den Pkw i.H.v. 155.300 € entsprechend den von den Klägern nicht beanstandeten Berechnungen der Betriebsprüfung).
Darüber hinaus ist der Beklagte auch grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb ein Nutzungswert in Ansatz zu bringen ist. Denn nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn nicht mindern. Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs sind dies gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 3 EStG die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 % des inländischen Listenpreises i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 oder Abs. 2 EStG ergebenden Betrag.
d) Soweit die Kläger einwenden, die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb seien von der Betriebsprüferin nicht nur beim Einzelunternehmen des Klägers, sondern auch bei der GmbH angesetzt worden, obwohl dieselbe Person (Geschäftsführer und Einzelunternehmer) aber täglich nicht doppelt von der Wohnung zum Betrieb fahre, hat der Beklagte zwischenzeitlich mitgeteilt, er halte nicht mehr daran fest, dass der Nutzungsvorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb für beide Fahrzeuge angesetzt werde; ein Ansatz habe lediglich für den dem Betriebsvermögen der GmbH zuzuordnenden Pkw (AA-CC 200) zu erfolgen. Der Senat hat keine Bedenken, dem zu folgen (zur privaten und betrieblichen Nutzung mehrerer Kfz siehe auch BStBl I 2009, 1326 Tz. 12). Unter Berücksichtigung der vom Kläger selbst erfassten privaten Nutzungsanteile i.H.v. 2.985,44 € (2009) bzw. 6.440,38 € (2010) ist der Gewinn des Klägers für 2009 und 2010 daher um (18.636 € ./. 2.985,44 € =) 15.650,56 € (2009) bzw. um (18.636 € ./. 6.440,38 € =) 12.195,62 € (2010) zu erhöhen.
e) Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Fahrtenbücher seien von der Vorbetriebsprüfung anerkannt worden, so dass der Beklagte mit der Nichtanerkennung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße.
Selbst wenn Fahrtenbücher in den Vorjahren vom Beklagten anerkannt worden sein sollten, hat der Beklagte für die Streitjahre die Möglichkeit, aufgrund des einkommensteuerlichen Abschnittsprinzips eine neue Beurteilung vorzunehmen. Nach der BFH-Rechtsprechung hat die Finanzbehörde die Grundlagen der Besteuerung bei jeder Veranlagung ohne Rücksicht auf die Behandlung desselben Sachverhalts in Vorjahren selbstständig festzustellen und die Rechtslage neu zu beurteilen; sie ist an die Sach- oder Rechtsbehandlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (, BFH/NV 2008, 592, Rz. 6). Auch der Senat ist an eine eventuelle Beurteilung des Beklagten nicht gebunden.
Der Senat musste nicht dem Beweisantrag der Kläger nachgehen, den vorherigen Betriebsprüfer der Prüfung für die Jahre 2004 bis 2006 als Zeugen zu vernehmen und die Betriebsprüfungs-Handakten für die Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 beizuziehen, insbesondere den Zusatzbericht zur Betriebsprüfung. Ein Beweisantrag darf nämlich unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige Rechtsprechung, , BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz. 35; BFH-Beschlüsse vom III B 56/13, BFH/NV 2014, 62; vom VI B 86/13, BFH/NV 2014, 360). Im Streitfall sind die angebotenen Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, da sie lediglich die Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 betreffen und diese wie beschrieben für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich ist.
2. Dem Kläger ist für die Privatnutzung des von der GmbH geführten Pkw AA-CC 200 keine vGA zuzurechnen.
a) Zu den gewerblichen Einkünften gehören gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 8 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch vGA. Eine vGA liegt aus Sicht des Gesellschafters nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (, BFH/NV 2018, 1141, Rz. 14; vom VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501, Rz. 15). Gehört eine vGA – wie im Streitfall – zu den gewerblichen Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG, sind gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG hiervon 40 % steuerfrei (sog. Teileinkünfteverfahren).
Die Rechtsprechung des BFH zum Vorliegen einer vGA bei einer Dienstwagennutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist in mehreren Urteilen gefestigt (vgl. , BFH/NV 2016, 423):
Demnach geht der BFH von einem Anscheinsbeweis aus, wonach verschiedene Sach-umstände für eine Privatnutzung des PKW durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer sprechen, namentlich die fehlende Führung eines Fahrtenbuchs, fehlende organisatorische Maßnahmen, um eine Privatnutzung auszuschließen, und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Geschäftsführers auf den PKW (, BFH/NV 2009, 417, Rz. 9; vom I R 8/06, BFHE 220, 276, BStBl II 2012, 260, Rz. 9). Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116, Rz. 10, m.w.N.). Liegt nach diesen Grundsätzen eine Privatnutzung vor, stellt die vertraglich nicht geregelte private Kfz-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft in Höhe der Vorteilsgewährung eine vGA dar (, BFH/NV 2009, 417, Rz. 10; vom I R 8/06, BFHE 220, 276, BStBl II 2012, 260, Rz. 10). Nach der BFH-Rechtsprechung ist nur diejenige Nutzung des PKW betrieblich veranlasst, welche durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung abgedeckt wird. Die ohne eine solche Vereinbarung erfolgende oder darüber hinausgehende oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechende Nutzung ist hingegen durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst (, BFH/NV 2009, 417, Rz. 10; vom I R 8/06, BFHE 220, 276, BStBl II 2012, 260, Rz. 10).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, liegt im Streitfall keine vGA durch die Nutzung des Pkw AA-CC 200 vor.
Denn es ist der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom zu berücksichtigen. Nach dessen § 8 Abs. 1 „steht dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses ein Dienstwagen Marke, Typ oder ein vergleichbarer Pkw zur Verfügung.” Nach § 8 Abs. 2 ist der Geschäftsführer „berechtigt, das Fahrzeug auch zu privaten Zwecken und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen. Eine Nutzungsvergütung hat er hierfür nicht zu leisten.” Nach der zitierten BFH-Rechtsprechung ist diejenige Nutzung des PKW betrieblich veranlasst, welche durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung abgedeckt wird. Eine solche fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung liegt hier mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom vor, so dass die Nutzung betrieblich veranlasst ist.
Der Senat vermag keine Anhaltspunkte zu erkennen, die gegen eine Fremdüblichkeit des Vertrags vom sprechen könnten. Auch der Beklagte hat solche Anhaltspunkte nicht erkannt, sondern sich im Klageverfahren 13 K 174/17 K in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung auf entsprechenden Hinweis des Senats bereit erklärt, bei der GmbH insoweit vom Ansatz der vGA abzusehen, soweit dies verfahrensrechtlich möglich war.
3. Obwohl dem Kläger aus der Privatnutzung des Pkw AA-CC 200 keine vGA zuzurechnen ist, hat die Klage dennoch keinen Erfolg, da ihm kompensierend der Wert der Privatnutzung dieses Pkw als Gehaltsbestandteil zuzurechnen ist.
a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Gehälter und andere Bezüge und Vorteile für die Beschäftigung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Zu den Einnahmen zählen nicht nur Güter, die in Geld bestehen (§ 8 Abs. 1 EStG), sondern auch Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Als Sachbezug in diesem Sinne ist auch die private Nutzung eines vom Arbeitgeber für diese Zwecke überlassenen Pkw anzusehen. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 % des Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG kann der Wert nach den Sätzen 2 und 3 mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Für den gesetzlich nicht weiter bestimmten Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG gelten dieselben Grundsätze wie für den oben unter II.1.a) genannten Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG.
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze genügen die für den Pkw AA-CC 200 geführten Fahrtenbücher den genannten Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Zwar sind die Fahrtenbücher für dieses Fahrzeug (anders als bei dem Pkw AA-BB 100) für den gesamten Streitzeitraum geführt worden. Sie weisen im Übrigen aber die gleichen Mängel auf wie die für den Pkw AA-BB 100 geführten Fahrtenbücher. Daher gilt das oben unter II.1.b) Ausgeführte entsprechend.
c) Da kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG vorliegt, ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG die 1 %-Regelung anzuwenden. Der Pkw AA-CC 200 ist nämlich – zwischen den Beteiligten unstreitig – vom Kläger privat genutzt worden.
Die 1 %-Regelung führt zu einer Zurechnung von jeweils 8.340 € pro Jahr (695 € pro Monat bei einem abgerundeten Bruttolistenpreis für den Pkw i.H.v. 69.500 € entsprechend den von den Klägern nicht beanstandeten Berechnungen der Betriebsprüfung für die GmbH). Darüber hinaus führt eine Zurechnung von 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Kalendermonat zu einem Betrag von 1.251 € pro Jahr. Zudem sind die bisher im Zusammenhang mit der Erfassung des Vorteils aus der Überlassung des Pkw AA-BB 100 erfassten Werbungskosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) in Höhe von (230 Tage × 5 Kilometer × 0,30 € =) 345,00 € in Ansatz zu bringen.
Damit ergibt sich eine jährliche Zurechnung des privaten Nutzungsanteils i.H.v. jeweils 9.591 € und ein Ansatz von Werbungskosten i.H.v. jeweils 345 € für die Jahre 2009 und 2010 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers.
d) Hierbei können sich die Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der von der GmbH geführte Pkw AA-CC 200 sei in den Streitjahren in jeweils einem Monat (Mai 2009 und August 2010) überhaupt nicht genutzt worden, mithin auch nicht privat.
Denn nach der BFH-Rechtsprechung führt bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers (, BFHE 241, 167, BStBl II 2013, 700, Rz. 12). Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen bzw. verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung fließt dem Arbeitnehmer mit der Inbesitznahme des Dienstwagens und nicht (erst) mit der tatsächlichen privaten Nutzung des PKW zu (, BFHE 241, 167, BStBl II 2013, 700, Rz. 13). Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger den Pkw AA-CC 200 in bestimmten Monaten nicht tatsächlich privat genutzt hat. Vielmehr kommt es lediglich auf die private Nutzungsmöglichkeit an, welche – zwischen den Beteiligten unstreitig – in allen Monaten des Streitzeitraums vorlag. Etwas anderes gilt lediglich für den Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (vgl. , BFHE 241, 167, BStBl II 2013, 700, Rz. 22; vom VI R 68/05, BStBl II 2008, 890: Ansatz nur bei tatsächlicher Nutzung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte); diesbezüglich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Pkw im Mai 2009 und im September 2010 tatsächlich nutzte, da selbst bei einer Reduzierung des jährlichen Nutzungsvorteils i.H.v. 1.251 € um jeweils 1/12 (= 104,17 €) in den Jahren 2009 und 2010 die Klage keinen Erfolg hätte (siehe nachfolgend unter e).
e) Da dem Kläger der Wert der Privatnutzung dieses Pkw als Gehalt zuzurechnen ist, kommt es zu einer Kompensation mit der bei den gewerblichen Einkünften nicht zu berücksichtigenden vGA.
Denn die vGA in Höhe von jährlich 9.591 € war nach dem Betriebsprüfungsbericht vom nur mit jährlich 5.754,60 € anzusetzen, mithin gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG zu 40 % steuerfrei (jährlich 3.836,40 €). Da der Nutzungswert für den Pkw AA-CC 200 nunmehr in voller Höhe als Gehaltsbestandteil zu erfassen ist, hat die Klage selbst unter Berücksichtigung der Verminderung des Nutzungswertes für den Pkw LIP-ED 333 um den Betrag von jeweils 2.795,40 € sowie einer etwaigen Reduzierung des Nutzungswertes nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für den Pkw AA-CC 200 um jährlich 104,17 € keinen Erfolg.
Der Senat kann die angefochtenen Bescheide auch nicht zum Nachteil der Kläger ändern, da einer Verböserung das im Klageverfahren aus § 96 FGO abgeleitete Verböserungsverbot entgegensteht (, BFH/NV 2016, 1042, Rz. 8).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
ECLI:DE:FGMS:2019:1011.13K172.17E.00
Fundstelle(n):
DStR 2020 S. 8 Nr. 10
DStRE 2020 S. 556 Nr. 9
DStZ 2020 S. 145 Nr. 5
EFG 2020 S. 96 Nr. 2
EStB 2020 S. 186 Nr. 5
GmbH-StB 2020 S. 154 Nr. 5
KÖSDI 2020 S. 21590 Nr. 2
KAAAH-40173