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Thüringer FG Urteil v. - 3 K 233/18 EFG 2018 S. 1944 Nr. 23

Fahrten von der Wohnung zur Tätigkeitsstätte mit dem Taxi: Taxi als „öffentliches Verkehrsmittel” im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG

Leitsatz

Ein Taxi ist ein „öffentliches Verkehrsmittel” im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG; der Steuerpflichtige kann daher die per Taxi durchgeführten Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte nicht nur in Höhe der Entfernungspauschale, sondern in Höhe der tatsächlich angefallenen, die Entfernungspauschale übersteigenden Kosten als Werbungskosten abziehen (vgl. ).

Gesetze: EStG § 9 Abs. 2 S. 1, EStG § 9 Abs. 2 S. 2, EStG § 9 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1, EStG § 9 Ab S. 2

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Taxi als „öffentliches Verkehrsmittel” i. S. d. § 9 Abs. 2 Satz 2 des EStG zu qualifizieren ist und damit höhere Aufwendungen als die Entfernungspauschale geltend gemacht werden können.

Der Kläger wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er arbeitet seit 1991 bei einem großen SB Warenhaus in A als Geschäftsleiter in einer führenden Position. Die berufliche Betätigung erfordert ein hohes Maß an Flexibilität, sodass er keine festen Arbeitszeiten mit einem regulären „Acht-Stunden-Arbeitstag” hat. Im Streitzeitraum wohnte der Kläger in B in der Nähe von A. Er musste jeden Arbeitstag pendeln.

Seit 2007 kann der Kläger krankheitsbedingt nicht mehr selbst Auto fahren. Er hat einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 60 % ohne besondere Merkmale.

Da die öffentliche Verkehrsanbindung zeitlich nicht hinreichend flexibel und zu langwierig war, nahm der Kläger in der Regel ein Taxi. Hierzu vereinbarte er Sonderkonditionen mit dem Taxiunternehmer. Es fielen Taxikosten in Höhe von 6.498,00 EUR an, die er als Werbungskosten geltend machte. Der Beklagte erkannte im Einkommensteuerbescheid 2015 vom nur die Pauschale von 30 Cent an, die wegen der kurzen Entfernung dazu führte, dass der Beklagte nur den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.000,00 EUR berücksichtigte.

Nach erfolglosem Einspruch verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der Klage weiter und machen u.a. geltend, die Taxikosten in Höhe von 6.498,00 EUR seien gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzen, da Taxis „öffentliche Verkehrsmittel” im Sinne dieser Norm darstellten. Der Beklagte verkenne die Regelungswirkung des § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG.

Der Kläger trägt vor, er habe faktisch keine andere Möglichkeit gehabt, als mit einem Taxi zu seiner Arbeitsstätte zu fahren. Damit habe er auch hohe Einkünfte erzielen können. Die Nutzung sonstiger öffentlicher Nahverkehrsmittel sei praktisch unmöglich. Infolge der Hirnblutungen und damit verbundenen Schädigung könne er auch kein Fahrrad nutzen.

Zudem könne er als behinderter Mensch gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG die Kosten geltend machen. Mit einem Grad der Behinderung von 60 % und einer erheblich beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit, wie sie sich aus dem ärztlichen Gutachten ergebe, sei die Fahrtauglichkeit nicht gewährleistet. Er sei auch „ausreichend” behindert, die §§ 145, 146 des Sozialgesetzbuchs IX befassten sich mit einer anderen Sachlage. Es könne nicht entscheidend sein, ob der Kläger eine förmliche „Gehbehinderung” habe. Ihm als Behindertem mit Orientierungsschwierigkeiten müsse der volle Werbungskostenabzug zustehen. Andererseits läge ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes vor.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom und der Einspruchsentscheidung vom wird die Einkommensteuer 2015 nach einem um 5.771 EUR niedrigeren Einkommen festgesetzt.

Die Hinzuziehung von Steuerberater A im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er meint, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG wolle lediglich öffentliche, regelmäßig verkehrende Verkehrsmittel, nicht dagegen die Benutzung von Taxis privilegieren. Der private Individualverkehr solle auch im Hinblick auf den primären Energieverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen eingeschränkt werden (vgl. , BFHE 224, 448, BStBl II 2009, 724). Die Benutzung von Taxen minimiere die Straßenauslastung dagegen nicht. Da das Taxi immer noch Leerfahrten habe und erst vom Standort zum Kläger bzw. zu dessen Arbeitsstätte fahren müsse, sei die Umwelt noch mehr belastet. Ein Abzug der tatsächlichen Taxikosten sei auch nach § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht möglich, da der Kläger nur zu 60 % behindert sei und über kein Merkzeichen „G” (für „Gehbehindert”) verfüge. Soweit das Gesetz nur erheblich gehbehinderten Personen eine bessere Abzugsmöglichkeit eröffne, liege keine gleichheitswidrige Schlechterstellung des Klägers vor (vgl. Juris, Rn. 27)

Gründe

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Der Senat legt den Klageantrag unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags dahingehend aus, dass der Kläger statt der Entfernungspauschale (519 EUR), die zusammen mit anderen Aufwendungen (273 EUR) letztlich im Arbeitnehmer-Pauschbetrag (1.000 EUR) aufging, die steuermindernde Berücksichtigung von tatsächlich nachgewiesenen Werbungskosten in Höhe von 6.771 EUR (statt wörtlich 5.771 EUR) begehrt. Es ist davon auszugehen, dass es sich wegen der Ähnlichkeit der Beträge lediglich um einen Schreibfehler bei Abfassung des Klageantrags durch die Klägerseite handelt.

Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2015 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn der Beklagte hat zu Unrecht die steuerliche Berücksichtigung der tatsächlichen Taxikosten in Höhe von 6.498,00 EUR versagt, da Taxis öffentliche Verkehrsmittel im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG sind.

Der Senat kann letztlich dahingestellt sein lassen, ob der Beklagte den Abzug der durch den Kläger geltend gemachten Taxikosten nach § 9 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG im Hinblick auf dessen nur 60 % betragenden Grad der Erwerbsminderung bei fehlendem Merkzeichen „G” zu Recht versagt hat oder ob – wie der Kläger meint – die gesetzliche Beschränkung auf erheblich gehbehinderte Personen entgegen der Wertung des , juris, Rn. 27) eine gleichheitswidrige Schlechterstellung des Klägers darstellt.

Denn die Taxikosten in Höhe von 6.498,00 EUR sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers steuermindernd zu berücksichtigen, da Taxis „öffentliche Verkehrsmittel” im Sinne dieser Norm darstellen.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschalen „sämtliche Aufwendungen” abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte veranlasst sind, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Diese können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG auch angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag überschreiten. Da im Kurzstreckenbereich die Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr höher sein können als der gesetzliche Pauschbetrag, soll es möglich bleiben, die tatsächlichen Kosten abzuziehen. Letztere Privilegierung öffentlicher Verkehrsmittel in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG ist verfassungsrechtlich unbedenklich, denn diese Regelung ist erkennbar von umwelt- und verkehrspolitischen Zielen getragen. Die Entfernungspauschale soll insbesondere die Chancengleichheit zwischen den Verkehrsträgern erhöhen und die Bildung von Fahrgemeinschaften honorieren (BTDrucks 14/4242, 5). Es ist deshalb gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel von der abzugsbegrenzenden Wirkung der Entfernungspauschale ausnimmt. Der Umstand, dass diese Verkehrsmittel insbesondere gegenüber dem motorisierten privaten Individualverkehr in Bezug auf den Primärenergieverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen umweltfreundlicher sind, rechtfertigt deren Privilegierung (vgl. , BFHE 256, 86, BStBl II 2017 228 m. Anm. Geserich, in JurisPR-SteuerR 11/2017; vom VI R 48/15, BFH/NV 2017, 284; vom VI R 42/07, BFHE 224, 448, BStBl II 2009, 724).

2. Ob Taxis öffentliche Verkehrsmittel im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG sind, ist umstritten.

a. Zwar hat das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom (13 K 339/12 E, juris) – allerdings ohne nähere Begründung und in Zusammenhang mit der Abzugsfähigkeit von der Höhe nach nur sehr geringen Aufwendungen – Taxis öffentlichen Verkehrsmitteln im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG zumindest gleichgestellt. Dagegen hat der BFH ausdrücklich offen gelassen (vgl. , BFHE 256, 86, BStBl II 2017 228 m. Anm. Geserich, in JurisPR-SteuerR 11/2017, Anm. 3), ob es sich bei einem Taxi einfachrechtlich um ein öffentliches Verkehrsmittel i.S. dieser Vorschriften handelt. Allein der Umstand, dass die Beförderung von Personen mit Kfz im Gelegenheitsverkehr etwa einem Taxi nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 47 des Personenbeförderungsgesetzes i.d.F. vom (PBefG) i.V.m. § 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG genehmigungspflichtig sei und nach § 8 Abs. 2 PBefG zum öffentlichen Personennahverkehr zähle, zwinge hierzu jedenfalls nicht. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG lasse sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auch dahingehend verstehen, dass lediglich Aufwendungen für regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel (im Linienverkehr, § 42 PBefG) nicht unter die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale fallen sollen.

b. Nach Auffassungen im Schrifttum (vgl. Zimmer, in Littmann/Bitz/Pust, Das ESt-Recht, § 9, Rn. 944; von Bornhaupt, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, Rdnr. B 541a; Loschelder, Schmidt, EStG Kommentar, 37. Aufl. 2018; Rz. 293; Thürmer, in Blümich, EStG-Kommentar, § 9, Rz. 521; Bergkemper, in H/H/R, § 9, Anm. 540; von Beckerath, in Kirchhof, EStG-Kommentar, 13. Aufl. 2014, Rn. 27; Oertel, in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018; § 9, Rn. 74) sollen Fahrten mit dem Taxi Wege unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sein.

3. Der erkennende Senat schließt sich aus folgenden Erwägungen den letztgenannten Auffassungen in der Literatur an.

Soweit der Beklagte meint, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG wolle lediglich öffentliche, regelmäßig verkehrende Verkehrsmittel privilegieren, ergibt sich eine entsprechende Beschränkung zumindest nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. Soweit die Regelung lediglich von „öffentlichen Verkehrsmitteln” spricht, sind dies zunächst nur solche, die der Allgemeinheit „Öffentlichkeit”) zur Verfügung stehen, wie z.B. Bahn, Bus, Schiff, Fähre und Flugzeug. Da auch Taxis insoweit allgemein zugänglich sind und die Norm nicht „öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr” bzw. „regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel” voraussetzt, spricht zumindest der Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend dagegen, Taxifahrten unter die gesetzliche Privilegierung zu fassen.

Für die Wertung des Gerichts spricht aus systematischen Gründen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch der Umstand, dass der Gesetzgeber z.B. in der Norm des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, die wie die Regelungen der Entfernungspauschale zumindest auch den umweltpolitischen Lenkungszweck hat, einer Ausweitung des Individualverkehrs in Ballungsgebieten entgegenzuwirken (vgl. z.B. Frye, in Rau/Dürrwächter, UStG-Kommentar, § 12 Abs. 2 Nr. 10, Anm.4 m.w.N.) eben nicht nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen u.a. den genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, sondern ausdrücklich gerade auch die Beförderungen von Personen im Verkehr mit Taxen dem ermäßigten Steuersatz für Beförderungen im Nahverkehr unterstellt.

Ferner entspricht die Wertung des Gerichts auch dem Sinn und Zweck der Gesamtregelung der Entfernungspauschale in Bezug auf die entsprechenden Grundsatz- bzw. Ausnahmeregelungen. Die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 wurde mit umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen begründet. Der Gesetzgeber sah in der früheren Regelung eine Bevorzugung des Kraftfahrzeugs gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn die Kosten für deren Benutzung unter den Kilometer-Pauschbeträgen bei Kfz- Benutzung lagen. Er hielt deshalb die „Umstellung … von einem Kilometer-Pauschbetrag auf eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale … aus umwelt- und verkehrspolitischen Gründen (für) geboten”, weil sie „hinsichtlich der steuerlichen Entlastungswirkung Wettbewerbsgleichheit zwischen den Verkehrsträgern” schafft und „die Ausgangslage für den öffentlichen Personenverkehr” verbessert (vgl. , BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785), indem – wie durch die frühere Abzugsbeschränkung – zur Milderung der Verkehrsschwierigkeiten in den Ballungsräumen zu den Hauptverkehrszeiten eine gewisse Verlagerung des Berufsverkehrs von dem Kraftfahrzeug auf die öffentlichen Verkehrs bewirkt wird (vgl. , BStBl II 1970, 140). Der Umstand, dass diese öffentlichen Verkehrsmittel insbesondere gegenüber dem motorisierten privaten Individualverkehr in Bezug auf den Primärenergieverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen umweltfreundlicher seien, rechtfertige deren Privilegierung in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG (vgl. , BFHE 256, 86, BStBl II 2017 228 m. Anm. Geserich, in JurisPR-SteuerR 11/2017; vom VI R 48/15, BFH/NV 2017, 284; vom VI R 42/07, BFHE 224, 448, BStBl II 2009, 724).

Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass Taxifahrten nicht stets im gleichen Ausmaß wie regelmäßiger Linienverkehr die Straßenauslastung minimieren mögen, zumal das Taxi in der Regel noch Leerfahrten hat, wenn es erst von seinem Standort zum Kläger bzw. zu dessen Arbeitsstätte fahren muss. Dennoch sprechen auch umwelt- und verkehrspolitische Gründe für eine Benutzung von Taxen gegenüber der Nutzung des eigenen Kfz und dementsprechend für eine steuerrechtliche Privilegierung, zumindest insoweit, als Taxen die Städte immerhin vom ruhenden Verkehr entlasten (vgl. auch Oertel, in Kirchhof, EStG, 17. Aufl. 2018; § 9, Rn. 74). Auch wird durch öffentliche Taxen die Anzahl derjenigen Menschen, welche mit einem eigenen Kfz zur Arbeit pendeln, reduziert, nämlich häufig auch durch Kombinationen wie Bahn-Taxi, Flugzeug-Taxi etc. Gleichfalls wird durch diese Nutzung die Verkehrsauslastung bzw. der Emissionsausstoß auf den Straßen bzw. in den Städten zumindest teilweise gesenkt. Hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass die Benutzung von Taxen in Bezug auf den Primärenergieverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen weit- aus umweltfreundlicher sind als z.B. Linienschiffe bzw. Linienflugzeuge, die unstreitig als öffentliche Verkehrsmittel im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG angesehen werden.

Im Übrigen ist es auch rechtspolitisch nicht überzeugend und nicht einzusehen, dass der Kläger, der nun einmal diese erheblichen Kosten auf sich nehmen musste, um zur Arbeit zu gelangen, nur den Pauschbetrag geltend machen könnte, während derjenige, der z.B. in Fällen der Fahrradnutzung keine oder wesentlich geringere Kosten hat, jedoch um so vieles besser gestellt wird. Soweit man – wie der Beklagte meint – die Privilegierung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG daran knüpfen würde, dass es sich um regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel handeln müsse, ergäben sich zudem Wertungswidersprüche in der Praxis. Soweit sich öffentliche Verkehrsbetriebe z.B. der Nahverkehr der Stadt A insbesondere in späten Abendstunden Anruf/Abrufsammeltaxis bedient, die erst nach Anruf/auf Abruf zu einer Haltestelle fahren, handelt es sich unstreitig um ein öffentliches Verkehrsmittel, obwohl diese nicht wiederkehrend im Linienverkehr eingesetzt werden.

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2015 sind bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit statt der bisher angesetzten Entfernungspauschale (519 EUR), die bisher zusammen mit den übrigen durch den Beklagten zu Recht dem Grunde und der Höhe nach anerkannten tatsächlichen Werbungskosten (Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 60 EUR./. steuerfrei ersetzter Betrag 2 EUR = 58 EUR und übrige Werbungskosten 215 EUR) im bisher angesetzten Arbeitnehmer-Pauschbetrag aufging, ein Betrag in Höhe von 6.771 EUR als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen, der sich wie folgt ermittelt:


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Tatsächliche Taxikosten
6.498,00 EUR
+ Mehraufwendungen für Verpflegung
60,00 EUR
- steuerfrei ersetzter Betrag
2,00EUR
58,00 EUR
+ übrige Werbungskosten
215,00EUR
6.771,00 EUR

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der ZivilprozessordnungZPO – (vgl. zur Anwendung des § 708 Nr. 10 zutreffend das , EFG 2005, 969).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 FGO) zugelassen. Die hier entschiedene Rechtsfrage ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
EFG 2018 S. 1944 Nr. 23
KÖSDI 2019 S. 21066 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2019 S. 538
KAAAH-12591