Körperschaftsteuer: vGA - Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers - Angemessenheit und Deckelung einer Gewinntantieme
Leitsatz
1. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers sowie die Angemessenheit einer Gewinntantieme müssen grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung vorgelegen haben und angestellt worden sind.
2. Die Deckelung einer Gewinntantieme in zeitlicher oder betragsmäßiger Hinsicht ist im Zeitpunkt der Vereinbarung lediglich dann geboten, wenn ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum stand.
3. Die Zahlung einer Gewinntantieme zu Gunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist insoweit, als sie 50 v. H. des Jahresgewinns übersteigt, in der Regel vGA; Bemessungsgrundlage dieser Regelvermutung ist der steuerliche Gewinn vor Abzug der Steuern und der Tantieme.
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3
Gründe
I.
Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist zwischen den Beteiligten die Behandlung von Tantiemenzahlungen der Antragstellerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) streitig.
Die Antragstellerin ist eine im Jahr 1976 gegründete GmbH. Gegenstand der Antragstellerin ist die Ausführung von Klempner- und Installationsarbeiten sowie die Beteiligung an Unternehmen gleicher Art. Gesellschafter sind Herr A... (A) zu 60 % sowie seine Ehefrau ... zu 40 %. A ist zudem alleiniger Geschäftsführer. Er ist selbst Klempner und Installateur. Zum ... Januar 1977 schloss A mit der Antragstellerin einen Anstellungsvertrag. Gemäß § 3 dieses Vertrags erhielt er eine feste Vergütung i. H. v. ... DM bzw. ab dem ... Mai 1977 i. H. v. ... DM. Zudem hatte A Anspruch auf Urlaubsgeld i. H. v. 50 % eines Monatsgehaltes sowie auf ein zusätzliches Monatsgehalt als Weihnachtsgeld sowie auf einen Firmenwagen und die Erstattung von Auslagen. Daneben erhielt er Tantiemenzahlungen. Mit Vereinbarung vom ... Januar 1985 wurde das Geschäftsführergehalt auf ... DM erhöht. Die Tantiemenregelung wurde neu gefasst. A erhielt danach eine gestaffelte Tantieme in Abhängigkeit vom Bilanzgewinn, wobei für die Berechnung der Tantieme der körperschaftsteuerliche Gewinn vor Abzug der Tantieme selbst und nach Verrechnung mit Verlustverträgen zugrunde zu legen war. Für den Gewinn zwischen null bis 10.000 DM betrug die Tantieme 0 %, für den Gewinn zwischen 10.001 DM bis 30.000 DM 25 %, für den Betrag von 30.001 DM bis 50.000 35 % und ab 50.001 betrug sie 40 %.
Das Geschäftsführergehalt wurde mit Vereinbarung vom ... März 1990 auf ... DM bzw. mit Vereinbarung vom ... Juni 1990 auf ... DM erhöht. Der Anspruch auf Urlaubsgeld betrug ab dem ... März 1990 ein ganzes Monatsgehalt. Alle übrigen Vereinbarungen blieben unverändert. Ein Gesellschafterbeschluss vom ... Oktober 1999 sicherte A ein monatliches Gehalt i. H. v. ... DM ab dem ... Oktober 1999 zu.
Die Antragstellerin veräußerte zum ... 2010 das seit 1990 in ihrem Eigentum befindliche Grundstück in der X-Straße ... zum Gesamtkaufpreis von ... €. Unter Abzug des Buchwerts ergab sich ein Veräußerungsgewinn i. H. v. ... €. In Höhe dieses Gewinns bildete die Antragstellerin zum eine Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Mangels Anschaffung eines neuen Betriebsgrundstückes löste sie die Rücklage zum gewinnerhöhend auf. Ausgehend von einem Jahresüberschuss von ./. ... € erklärte die Antragstellerin unter Hinzurechnung des Veräußerungsgewinns i. H. v. ... € zzgl. ... € Zinsen gemäß § 6b Abs. 7 EStG und nicht abziehbaren Aufwendungen einen Gesamtbetrag der Einkünfte i. H. v. ... €. Unter Abzug eines verrechenbaren Verlustes i. H. v. ... € betrug das zu versteuernde Einkommen ... €.
In diese Berechnung gewinnmindernd eingeflossen war neben dem übrigen Geschäftsführergehalt i. H. v. ... € eine Tantiemenzahlung an A i. H. v. ... €. Insgesamt betrugen die Vergütungen an A im Streitjahr 2014 ... €. Für die Berechnung der Tantieme ging die Antragstellerin von einer Bemessungsgrundlage i. H. v. ... € aus (Jahresüberschuss vor Steuern und Tantiemen i. H. v. ... € zuzüglich für steuerliche Zwecke vorzunehmende Korrekturen, insbesondere Auflösung der 6b-Rücklage zuzüglich Zinsen, i. H. v. ... € abzüglich des Verlustvortrags i. H. v. ... €). Unter Anwendung der Staffelberechnung der Ergänzungsvereinbarung vom ... Januar 1985 gelangte sie sodann zur Tantiemenzahlung in genannter Höhe.
Der Antragsgegner veranlagte die Antragstellerin auf dieser Grundlage mit Bescheiden vom erklärungsgemäß zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 2014. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO).
Nachdem die Antragstellerin dem Antragsgegner auf Nachfrage ihre Berechnung der Tantieme offengelegt hatte, vertrat der Antragsgegner die Ansicht, dass ein Teil der gezahlten Tantieme nicht fremdüblich gewesen sei. Anzuerkennen sei nach der Rechtsprechung des BFH lediglich eine Tantieme i. H. v. 25 % der gesamten Geschäftsführervergütung, mithin ... €. (25 % von ... €). Den überschießenden Betrag i. H. v. ... € behandelte er als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide für 2014 über Körperschaftsteuer sowie über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom legte die Antragstellerin mit Schreiben vom Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Mit Bescheid vom lehnte der Antragsgegner die AdV ab. Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden.
Am hat die Antragstellerin einen Antrag auf AdV bei Gericht gestellt.
Unter Bezugnahme auf ihre Einspruchsbegründung vom trägt sie wie folgt vor:
Eine vGA liege nicht vor. Die Tantiemenzahlung sei angemessen. Halte eine Tantiemenvereinbarung im Zeitpunkt ihres Abschlusses dem Fremdvergleich stand und erhöhe sich die Bemessungsgrundlage später in unerwartetem Maß, führe eine entsprechende Erhöhung der Tantieme nicht zu einer vGA. Die Gesellschaft sei an ihre Zusage gebunden. Sie könne sich nicht einseitig von ihr lösen, weil der Gewinn unerwartet stark gestiegen sei. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein sprunghafter Gewinnanstieg im Raum gestanden oder die Gesellschaft eine ihr mögliche einseitige Änderung der Tantiemezusage aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen nicht wahrgenommen habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Eine Begrenzung auf 25 % der Tantieme enthalte die Abrede zwar nicht, jedoch eine Begrenzung ab einem Gewinn von 50.001 DM auf 40 %. Die Grenze von 25 % werde mit dieser Staffelregelung erst ab einem Einkommen von mehr als 60.000 € erreicht. Ein solches Ergebnis sei seit Jahren nicht erzielt worden und sei auch nicht vorhersehbar gewesen. Auch der Sondereffekt durch die Veräußerung des Betriebsgrundstücks sei im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht vorhersehbar gewesen. Im Übrigen beruhe der Sondereffekt (Grundstücksveräußerung) letztendlich auf der persönlichen Leistung des Geschäftsführers. Das Betriebsgrundstück sei mehr als 19 Jahre im Betriebsvermögen gewesen. Der Veräußerungsgewinn entspreche einem jährlichen Wertzuwachs i. H. v. ... €.
Ausschlaggebend für die Beurteilung einer Gewinntantieme sei nach der Rechtsprechung die Gesamtausstattung der Geschäftsführerbezüge. Selbst Teile der Finanzverwaltung würden empfehlen, Tantiemen, die 25 % der Gesamtvergütung überschritten, nur noch anzugreifen, wenn Zweifel an der Angemessenheit der Gesamtausstattung bestünden. Die Bezüge seien regelmäßig angemessen, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütung ein Jahresüberschuss vor Ertragsteuern in mindestens gleicher Höhe wie die gesamte Geschäftsführervergütung verbleibe. Teilweise werde auch vertreten, dass drei Viertel des Geschäftserfolgs als Geschäftsführervergütung gewährt werden könne. Die Finanzverwaltung stelle auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und ertragsabhängigen Steuern ab. Gemessen am Veräußerungsjahr 2010 ergebe sich aus dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss vor Steuern und Gesellschafterbezügen eine Bemessungsgrundlage i. H. v. ... €. Die Gesamtausstattung des Geschäftsführers betrage daran 58,86 % und sei mithin angemessen. Gemessen an der Bemessungsgrundlage für die Tantieme für 2014 i. H. v. ... € entspreche die Tantieme einem Anteil von 38,98 %. Auch dies sei nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für das Kalenderjahr 2014 in Höhe von:
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Körperschaftsteuer
2014
|
...
€
|
Solidaritätszuschlag
2014
|
...
€
|
Zinsen
zu Körperschaftsteuer
|
...
€
|
Gewerbesteuer
2014
|
...
€
|
Zinsen
zur Gewerbesteuer
|
...
€
|
auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Ansatz einer vGA sei rechtmäßig. Die gewährte Tantieme halte dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht stand. Dies sei nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei einer Tantieme immer dann anzunehmen, wenn diese mehr als 50 % des Jahresüberschusses betrage bzw. über 25 % der insgesamt einem Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Bezüge ausmache. Bei Überschreitung der 25 %-Grenze könne die Vergütung nur fremdüblich sein, wenn es von vornherein nicht beabsichtigt gewesen sei, dass eine Tantieme in einer solchen Höhe anfallen sollte.
Vorliegend betrage die Tantieme 354,57 % des Jahresüberschusses vor Steuern und Tantieme i. H. v. ... €. An den Gesamtvergütungen hätte sie einen Anteil i. H. v. 67,55 %. Soweit die Antragstellerin vortrage, dass ein solcher Gewinn nicht vorhersehbar gewesen sei, sei dieser Vortrag unerheblich. In der Tantiemenvereinbarung selbst fänden sich keine Angaben darüber, wie die Antragstellerin und A bei Abschluss die zukünftige Gewinnsituation eingeschätzt hätten und wie sich die Tantiemen entwickelt hätten, wenn sich diese Einschätzung bewahrheitet hätte. Die Tantiemenvereinbarung enthalte keinerlei Begrenzung, weder auf einen Höchstbetrag, noch bezogen auf die zeitliche Dauer. In ihrer höchsten Stufe von 40 % diene sie vor allem dazu, dem Geschäftsführer der Antragstellerin möglichst hohe Bezüge zuzuweisen. Zudem habe die Antragstellerin darauf verzichtet, sich eine sachgerechte Anpassungsmöglichkeit vorzubehalten. Dies wäre spätestens mit Bildung der Rücklage gemäß § 6b EStG geboten gewesen, weil mit deren Auflösung in den Folgejahren mit einem erheblichen steuerlichen Ergebnis hätte gerechnet werden müssen.
Dem Gericht haben Bd. I der Körperschaftsteuerakten, Bd. I der Akte Allgemeines sowie Bd. I der Rechtsbehelfsakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.
II.
1. Trotz unterbliebener Nennung im konkret formulierten Antrag geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin auch die AdV des Gewerbesteuermessbetragsbescheids begehrt, soweit dieser auf der vom Antragsgegner angesetzten vGA beruht. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme der Antragstellerin auch auf den Gewerbesteuermessbetragsbescheid in ihrer Antragsbegründung sowie der Übersendung auch dieses Bescheides an das Gericht.
Der so verstandene Antrag ist teilweise unzulässig. Soweit er zulässig ist, ist er auch begründet.
2. Der Antrag auf AdV ist unzulässig, soweit er sich gegen den Gewerbesteuerbescheid, die Bescheide über die Zinsen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sowie den Bescheid über den Solidaritätszuschlag für das Streitjahr 2014 richtet.
Der Gewerbesteuerbescheid ist Folgebescheid zum Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag. Soweit eine AdV in Bezug auf den Grundlagenbescheid (§ 170 Abs. 10 AO) erfolgt, ist auch die Vollziehung des Folgebescheids auszusetzen (§ 69 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Antragstellerin wendet sich im Streitjahr jeweils gegen die Berechnung des Gewerbeertrags und damit des Gewerbesteuermessbetrags und macht keine eigenständigen Einwände gegen die Gewerbesteuerbescheide geltend. Für einen eigenständigen AdV-Antrag gegen den Gewerbesteuerbescheid fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine AdV der Gewerbesteuermessbetragsbescheide von Amts wegen eine AdV der Gewerbesteuerbescheide nach sich zieht (vgl. z. B. , juris; , EFG 2005, 1282).
Entsprechendes gilt für die Zinsbescheide zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sowie den Bescheid über den Solidaritätszuschlag für das Streitjahr. Diese Bescheide sind jeweils Folgebescheide zum Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuerbescheid (vgl. § 233a Abs. 5 AO; § 1 Abs. 5 des Solidaritätszuschlaggesetzes; , BFH/NV 2003, 737 - zum Zinsbescheid; , juris - zum Solidaritätszuschlag).
3. Der hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids und des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag gestellte zulässige Antrag auf AdV ist auch begründet.
a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
aa) Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. , BFH/NV 2011, 1549, , BStBl II 2009, 156). Irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt jedoch nicht. Die Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismittel ergibt (vgl. , BFH/NV 1995, 116). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen. Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren.
bb) Daran gemessen, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag, soweit der Antragsgegner im Hinblick auf die im Streitjahr gezahlte Tantieme von einer vGA ausgeht.
(1) Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) darf eine vGA das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft und in der Folge gemäß § 7 Satz 1 GewStG den Gewerbeertrag nicht mindern. VGA in diesem Sinne sind Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. des § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirken und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind (z. B. , BStBl II 2000, 545; vom I R 40/99, BStBl II 2000, 504). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte (, BStBl II 2002, 111). Die Vergütungen müssen dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten, mithin angemessen sein.
Unter welchen Umständen Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern angemessen sind, beurteilt sich nach keinen festen Regeln. Der angemessene Betrag ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Die Schätzung obliegt dabei dem Finanzgericht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO (, BFH/NV 2002, 543). Angemessen kann eine Bandbreite von Beträgen sein. Unangemessen sind dann nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen (, BFH/NV 2003, 1346). Ist Bestandteil der Geschäftsführervergütung eine Gewinntantieme, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Annahme einer vGA, wenn die Tantieme insgesamt mehr als 50 % des Jahresüberschusses ausmacht (, BStBl II 2004, 136; vom I R 50/94, BStBl II 1995, 549). Nicht zwingend führt sie allerdings zu einer vGA, wenn sie mehr als 50 % der Gesamtausstattung ausmacht (, BFH/NV 2005, 75). Angemessen ist eine Gewinntantieme regelmäßig dann, wenn sie höchstens 25 % der Jahresgesamtbezüge ausmachte und das Festgehalt mithin mindestens 75 % beträgt (, BStBl II 1995, 549). Entscheidend ist letztlich die Angemessenheit der Gesamtausstattung der Geschäftsführervergütung. Ist die Gesamtausstattung insgesamt angemessen, so muss nicht schon deshalb eine vGA vorliegen, weil die Vergütung zu mehr als 25 % aus variablen Anteilen besteht (, BFH/NV 2003, 1346; vom I R 42/03, BFH/NV 2004, 669; vom I R 24/02, BStBl II 2004, 136). Ob die Gesamtausstattung bzw. die Höhe einer Gewinntantieme angemessen ist, muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Tantiemenzusage gegeben waren bzw. angestellt worden sind (, BFH/NV 2004, 669; vom I R 37/01, BStBl II 2003, 418).
(2) Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung unter Würdigung der Akten und der präsenten Beweismittel ist die von der Antragstellerin an ihren Geschäftsführer gezahlte Tantieme im Streitjahr nicht unangemessen.
(a) Aus Sicht des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts, dem Abschluss der Tantiemenzusage im Jahr 1985, ggf. im Zusammenhang mit der letztmaligen nachträglichen Anpassung des Festgehalts im Jahr 1999 auf ... DM, ist bei summarischer Prüfung unter Zugrundelegung des Akteninhalts die dem Geschäftsführer der Antragstellerin gewährte Gesamtausstattung als angemessen zu beurteilen. Für einen Klempnereibetrieb in der Rechtsform einer GmbH mit einigen Angestellten scheint ein solches Fixgehalt zuzüglich Weihnachtsgeld und Kfz-Nutzung nicht ungewöhnlich hoch. Auch die zusätzlich gewährte Tantieme in gestaffelter Form ist insoweit weder isoliert noch bei Betrachtung der Gesamtausstattung zu beanstanden. Zwar mag es ungewöhnlich sein, dass der Tantiemenanteil prozentual steigt, je höher der Jahresgewinn ausfällt. Die Antragstellerin hat jedoch glaubhaft vorgetragen, dass insbesondere die in der Rechtsprechung vertretene 25 %-Grenze bezogen auf den variablen Anteil einer Geschäftsführervergütung nur bei Gewinnen überschritten worden wäre, mit denen im Zeitpunkt des Abschluss der Tantiemenvereinbarung nicht zu rechnen gewesen sei und die auch in der Folgezeit regelmäßig nicht erzielt worden seien. Diesem Vortrag ist der für die Annahme einer vGA darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten.
(b) Die im Streitjahr gezahlte Tantieme ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht deshalb als unangemessen zu beurteilen, weil sie über 50 % des Jahresüberschusses beträgt. Zum einen verkennt der Antragsgegner dabei, dass Beurteilungszeitpunkt der Angemessenheit auch der Tantieme nicht das Streitjahr, sondern vielmehr das der Zusage der Tantieme ist. Doch selbst wenn man auf das Streitjahr abstellen würde, wäre die 50 %-Grenze nicht überschritten. Bei summarischer Prüfung ist jedenfalls im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Antragsgegners und der allgemeinen Verwaltungsauffassung ( BStBl I 2002, 219, Tz. 1) nicht auf den handelsrechtlichen, sondern auf den steuerlichen Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und ertragsabhängiger Steuern abzustellen (für den steuerlichen Jahresabschluss vor Steuern und Tantiemen auch , BFH/NV 2006, 982; widersprüchlich , BStBl II 2004, 136 mit Verweis im Leitsatz auf den steuerlichen Gewinn und Bezugnahme in den Entscheidungsgründen auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss).
Die von der Rechtsprechung entwickelte 50 %-Grenze entspricht dem Gedanken einer grundsätzlich hälftigen Teilung des erwirtschafteten Erfolges zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer (, BStBl II 2004, 136). Zum wirtschaftlichen Erfolg der Kapitalgesellschaft gehört auch der aus bedeutenden Geschäftsvorfällen resultierende Gewinn, beispielsweise aus der Veräußerung eines Betriebsgrundstückes. Eine angemessene Tantiemenvereinbarung kann solche Geschäftsvorfälle von der Bemessungsgrundlage ausnehmen, muss dies jedoch nicht (vgl. Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 Teil D Rn. 454 ff.). Soll der Geschäftsführer auch an diesen partizipieren und besteht kein Gleichlauf zwischen handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Realisationszeitpunkt, wie im Fall der Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG, die seit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr in der Handelsbilanz nachgezeichnet wird (handelsrechtliche Gewinnrealisation bei Verkauf des Grundstücks, steuerrechtliche Gewinnrealisation mit Auflösung der Rücklage), ist grundsätzlich auf den Jahresüberschuss und mithin auf den Realisationszeitpunkt abzustellen, welchen die Beteiligten selbst als Bemessungsgrundlage für die Tantieme gewählt haben. Nur so ist sichergestellt, dass bei der Prüfung einer mindestens hälftigen Beteiligung der Kapitalgesellschaft am erwirtschafteten Erfolg die Tantieme an der zutreffenden Bezugsgröße gemessen wird. Da die Beteiligten vorliegend den steuerlichen Gewinn als Bemessungsgrundlage gewählt haben, ist damit auf den steuerlichen Jahresüberschuss vor Abzug der ertragabhängigen Steuern und der Tantieme selbst abzustellen. Ausgehend von einem handelsrechtlichen Jahresüberschuss in Höhe von ./. ... € unter Hinzurechnung i. H. v. ... € zzgl. ... € Zinsen aus der Auflösung der Rücklage sowie der Zurechnung von Steuern und Nebenleistungen i. H. v. ... € verbleibt ein Betrag i. H. v. ... €. Gemessen daran beträgt die Tantieme ca. 37 % und ist auch insoweit angemessen.
(c) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners führt auch die Tatsache, dass die im Streitjahr gewährte Gewinntantieme 68 % (... € von ... €) der Gesamtausstattung ausmachte, nicht zur Unangemessenheit.
Auch für die Beurteilung der Angemessenheit der Tantieme zur Bezugsgröße Gesamtausstattung ist wiederum grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Tantiemenzusage abzustellen. Ein sprunghafter Anstieg der Bemessungsgrundlage in der Folgezeit ändert daran grundsätzlich nichts. Denn sobald eine Tantieme einmal wirksam zugesagt ist, ist die Gesellschaft in der Regel an diese Zusage gebunden. Sie kann sich jedenfalls nicht allein deshalb einseitig von ihr lösen, weil der Gewinn unerwartet stark angestiegen ist und demzufolge die Höhe der geschuldeten Tantieme die ursprüngliche Vorstellung der Vertragsparteien übersteigt. Das Festhalten an der Tantiemenverpflichtung ist in der Regel deshalb nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn im Zweifel wäre auch gegenüber einem Fremdgeschäftsführer dessen Tantiemenanspruch nicht infrage gestellt worden (, BStBl II 2003, 418).
Anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten. So ist dem Antragsgegner zuzugestehen, dass eine Tantiemenzusage unter bestimmten Umständen nur dann angemessen sein kann, wenn sie von vornherein auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzt wird. Auch kann es notwendig sein, dass sich die Gesellschaft sachgerechte Anpassungsmöglichkeiten vorbehält (, BStBl II 2003, 418) Generell ist eine solche Deckelung jedoch nicht zwingend erforderlich (vgl. Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 Teil D Rn. 487). Gleiches gilt für den Vorbehalt sachgerechter Anpassungsmöglichkeiten. Notwendig ist dies nur, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei Prognose der zukünftigen Gewinnermittlung ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum steht (, BFH/NV 2003, 1346). Nach summarischer Prüfung nach Lage der Akten gibt es im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte für diese Ausnahmefälle. Die Antragstellerin hat glaubhaft vorgetragen, im Zeitpunkt der Tantiemenzusage nicht mit einem sprunghaften Gewinnanstieg gerechnet zu haben, insbesondere nicht mit einem außerordentlichen Veräußerungsgewinn, zumal das veräußerte Grundstück erst nach Abschluss der Vereinbarung überhaupt erworben wurde. Diesem Vortrag ist der grundsätzlich für die Voraussetzung einer vGA darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner nicht substantiell entgegengetreten. Die fehlende Deckelung der Tantieme und die nicht vorgesehene Möglichkeit zur einseitigen Vertragsanpassung führen folglich nicht zur Unangemessenheit der Tantiemenzusage.
Aus ähnlichen Erwägungen heraus ist der Antragstellerin nicht vorzuwerfen, dass sie im Jahr 2010 mit Veräußerung des Grundstücks und Bildung der Rücklage nach § 6b EStG den sprunghaften Gewinnanstieg durch Auflösung der Rücklage hätte voraussehen und die Tantiemenvereinbarung anpassen müssen. Zwar ist eine im Zeitpunkt des Abschlusses einem Fremdvergleich standhaltende Tantiemenvereinbarung unangemessen, wenn die Gesellschaft bei unerwarteter Erhöhung der Bemessungsgrundlage die Vereinbarung zu ihren Gunsten hätte anpassen können und darauf aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen verzichtet hat (, BStBl II 2003, 418). Vorliegend fehlt es aber bereits an einer zivilrechtlichen Möglichkeit der Vertragsänderung, da eine solche im Rahmen der Tantiemenvereinbarung nicht vorgesehen ist.
Selbst bei gegebener Anpassungsmöglichkeit wäre ein Verzicht bei summarischer Prüfung nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn auch einem Fremdgeschäftsführer gegenüber wäre der Tantiemenanspruch im vorliegenden Fall nicht zwingend beschränkt worden. Zum einen bedeutet die Bildung einer Rücklage gemäß § 6b EStG, dass der Steuerpflichtige sich durch eine Reinvestition die Vermeidung der Gewinnrealisation offenhält. Selbst für den Fall, dass bei Bildung der Rücklage gemäß § 6b EStG die Antragstellerin ernsthaft mit deren gewinnerhöhenden Auflösung nach vier Jahren rechnete, wäre die Tantieme nicht zwingend anzupassen gewesen. Ein Gewinn aus der Veräußerung von Betriebsmitteln gehört zu den gewöhnlichen Geschäftsvorfällen einer GmbH. Grundsätzlich besteht damit keine Veranlassung, diesen Gewinn von der Bemessungsgrundlage einer Gewinntantieme auszunehmen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das veräußerte Geschäftsgrundstück mehr als 19 Jahre zum Betriebsvermögen gehörte, durch den Geschäftsführer angeschafft und auch durch ihn veräußert wurde, so dass die realisierten stillen Reserven vollständig auf die Zeit seiner Geschäftsführung entfallen. Auch einem Fremdgeschäftsführer hätte man kaum verwehren können, an dieser Gewinnrealisierung zu partizipieren. Dagegen spricht zumindest im summarischen Verfahren auch nicht, dass aufgrund der Staffelung der Gewinntantieme und der geballten Realisation der Geschäftsführer mit 40 % daran partizipiert. Dies verstößt noch nicht gegen den in der Rechtsprechung anerkannten Gedanken der grundsätzlich hälftigen Teilung des wirtschaftlichen Erfolges zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer (, BStBl II 2004, 136) und ist bei summarischer Prüfung noch angemessen.
4. Dem Antragsgegner sind gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO sämtliche Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil er nur zu einem geringen Anteil obsiegt hat. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit dem Begehren nach AdV des Bescheids über Gewerbesteuer und den Gewerbesteuermessbetrag grundsätzlich zwei Streitgegenstände vorliegen, deren Gesamtstreitwert grundsätzlich durch Addition gemäß § 39 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes zu ermitteln ist. Von einer solchen Addition ist jedoch abzusehen bei "wirtschaftlicher Identität" der verschiedenen Ansprüche (vgl. Tipke-Kruse, AO, vor § 135 Rn. 103). So verhält es sich vorliegend, da die Antragstellerin mit dem Angriff beider Bescheide ihre nur einmal bestehende Zahlungspflicht hinsichtlich der Gewerbesteuer vermeiden wollte. Mit ihrem Antrag auf AdV des Gewerbesteuermessbetragsbescheids obsiegt sie in voller Höhe. Die Antragstellerin erreicht mit ihrem Antrag die Aussetzung eines Betrags i. H. v. ... € (Körperschaft- und Gewerbesteuer) und unterliegt mit ihrem Aussetzungsbegehren i. H. v. ... €. Dies entspricht einer - noch geringfügigen - Unterliegensquote von 4,87 %.
Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 7 Nr. 1
DStZ 2018 S. 291 Nr. 9
GmbH-StB 2017 S. 123 Nr. 4
KAAAF-90659