Finanzgericht Rheinland-Pfalz  Urteil v. - 3 K 2217/18 EFG 2020 S. 145 Nr. 2

Vorsteuerabzug bei gemischt genutztem Gebäude

Leitsatz

Zur Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes zur gemischten Nutzung nach Ergehen des "Gmina Ryjewo".

Gesetze: UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Instanzenzug:

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig

Tatbestand

Strittig ist die Versagung des Vorsteuerabzugs mangels Zuordnungsentscheidung.

Der Kläger ist mit der Vermietung von Grundstücken unternehmerisch tätig. Seit dem Jahr 2011 vermietet der Kläger ein Grundstück in D umsatzsteuerfrei und gab im Streitjahr keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 errichtete der Kläger auf einem von ihm neu erworbenen Grundstück in M ein Wohn-/und Bürogebäude. Die Büroräume in dem Gebäude mit einer Fläche von ca. 110 m² und einem Anteil der gesamten Gebäudefläche von rund 32% vermietet der Kläger seit Fertigstellung mit Vertrag vom an die C GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist. Für den Monat Mai 2016 war keine Miete, ab Juni 2016 eine Miete von 550 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Die in den Jahren 2015 und 2016 angefallenen und auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten beinhalten Vorsteuerbeträge von 63.486,69 €, für die der Kläger mit der am abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 2016 den Vorsteuerabzug begehrte.

Auf Hinweis des Beklagten, es liege umsatzsteuerlich eine Organschaft vor, reichte der Kläger am eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2016 beim Beklagten ein. Das Bestehen einer Organschaft wurde durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung mit Bericht vom bestätigt. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde dabei aus Vereinfachungsgründen vereinbart, die Behandlung als Organschaft und die Umbuchung der vorangemeldeten Beträge der GmbH erst ab dem vorzunehmen. Die Umsatzsteuer-Sonderprüferin war der Auffassung, da die Zuordnung des vermieteten Gebäudeteils zum Unternehmensvermögen erst mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2016 am dokumentiert worden sei, sei die Frist zur Zuordnung nicht gewahrt und der Vorsteuerabzug zu versagen (Tz. 15 des Berichts vom über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Blatt 9ff der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte).

Der Beklagte folgte der Auffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüferin und versagte in dem Umsatzsteuerbescheid 2016 vom dem Kläger den begehrten Vorsteuerabzug.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, er habe die Umsatzsteuer-Voranmeldung der GmbH für den Monat März 2016 schon unter der neuen Geschäftsadresse in M am elektronisch an den Beklagten übermittelt und damit dem Beklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass die GmbH Räumlichkeiten in den betreffenden Gebäuden nutze und dort ihre neue Geschäftsadresse habe. Da die GmbH Organgesellschaft sei, sei gleichzeitig die Zuordnung der Geschäftsräume zum Unternehmensvermögen des Organträgers zwar nicht unmittelbar, aber doch mittelbar dem Beklagten mitgeteilt und damit vor dem dokumentiert. Zudem sei anhand der Ausführungspläne ersichtlich gewesen, dass bereits in der Bauplanung vorgesehen gewesen sei, die Räumlichkeiten als Büroräume zu nutzen. Durch die damit entstandene Organschaft sei die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorgeprägt gewesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom wies der Beklagte den Einspruch zurück, da der Kläger die Zuordnungsentscheidung verspätet bekannt gemacht habe. Zwar hätte der Gebäudeteil unstreitig unternehmerisch genutzt werden sollen, allein die unternehmerische Nutzung vermöge aber keinen Aufschluss über eine Zuordnungsentscheidung des Unternehmers hinsichtlich des Gebäudes oder eines Gebäudeteils zu dokumentieren.

Der Kläger trägt vor, aus der Nichtgeltendmachung des Vorsteuerabzugs für die Büroflächen dürfe nicht geschlossen werden, dass er diese nicht seinem Unternehmen zugeordnet habe. Zwar sei er aufgrund vorangegangener Vermietung bei der Herstellung des Gebäudes bereits Unternehmer gewesen, da diese vorangegangene Vermietung aber umsatzsteuerfrei erfolgt sei, sei er nicht zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet gewesen. Hingegen stützten andere Indizien seine Zuordnungsentscheidung. So seien in den Bauzeichnungen die betreffenden Flächen als Büroräume ausgewiesen gewesen und er habe mit dem Mietvertrag vom die Büroräume seinem Unternehmen zugewiesen. Schon im Mai 2016 habe die GmbH gegenüber dem Finanzamt ihre Umsatzsteuervoranmeldungen unter der neuen Adresse abgegeben. Damit sei auch nach außen klar erkennbar gewesen, dass er diese Büroräume unternehmerisch habe nutzen, d.h. seinem Unternehmen habe zuordnen wollen. Auch wenn eine entsprechende Dokumentation dem Beklagten nicht erkennbar gewesen sein sollte, so könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Zuordnungsentscheidung nicht stattgefunden habe. Der Beklagte verkenne, dass durch die am begründete Organschaft eine Verpflichtung zur Dokumentation der Zuordnungsentscheidung obsolet geworden sei. Mit der Betriebsaufspaltung seien die Büroräume zwangsweise notwendiges Betriebsvermögen geworden. Diese ertragsteuerliche Qualifizierung schlage sich auch umsatzsteuerlich dadurch nieder, dass die betreffenden Räumlichkeiten Unternehmensvermögen des Organkreises geworden seien. Dies ergebe sich durch die sachliche Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung, welche die wirtschaftliche Eingliederung für die umsatzsteuerliche Organschaft impliziere. Nach dem gingen namhafte Stimmen im Schrifttum davon aus, dass diese dort niedergelegten Grundsätze nicht nur auf Kommunen, sondern für alle Unternehmer Anwendung fänden. Daher könne der Vorsteuerabzug auch nachträglich geltend gemacht werden, wenn eine Immobilie bei deren Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden könne und die Absicht, die Immobilie einer besteuerten Tätigkeit zuzuordnen, zwar nicht ausdrücklich bekundet, aber auch nicht ausgeschlossen sei und wenn der Unternehmer zum Zeitpunkt des Erwerbs unternehmerisch tätig gewesen sei und in dieser Eigenschaft gehandelt habe. Diese für eine Gemeinde entschiedenen Grundsätze seien spätestens nach Inkrafttreten des § 15 Abs. 1b UStG, wonach das sogenannte "Seeling"-Modell nicht mehr genutzt werden könne, auch für Privatpersonen als Unternehmer anzuwenden, um die Neutralität der steuerlichen Belastung zu gewährleisten.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 64.218,19 € abgezogen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, auch wenn es in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie an einer ausdrücklichen Regelung darüber fehle, bis wann eine Zuordnung zu erfolgen habe, folge aus dem Prinzip des Sofortabzugs der Vorsteuer jedoch, dass diese Entscheidung zeitnah zu treffen sei. Dem entspreche die Rechtsprechung des BFH, dass derjenige, der sich als Leistungsempfänger nicht als Letztverbraucher behandeln lassen möchte, dies im Rahmen seiner steuerlichen Verpflichtungen durch Vornahme des Vorsteuerabzugs auch zeitnah zum Ausdruck bringen müsse. Die Grundsätze des seien nicht auf den Streitfall anzuwenden. Diese Entscheidung behandele die nachträgliche die Überführung eines Gegenstandes aus dem nichtwirtschaftlichen -hoheitlichen- Bereich in den wirtschaftlichen Bereich und für diesen Fall sehe das BMF eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG aus Billigkeitsgründen vor, sofern der Gegenstand nicht ausschließlich für nichtunternehmerische Zwecke erworben worden sei. Die von dem EuGH behandelten Streitfragen beträfen nicht die Problematik der Abgrenzung der Tätigkeiten eines Unternehmers im unternehmerischen bzw. im privaten Bereich und die Grundsätze dieser Entscheidung könnten auch nicht auf Fälle angewandt werden, bei denen es auf die Verwendung des Leistungsbezugs entweder zu wirtschaftlichen oder zu privaten Zwecken ankomme. Die Regelung des § 15 Abs. 1b UStG sei für den Streitfall ohne Bedeutung, da es auch einer juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht möglich sei, ein Grundstück über die unternehmerische Nutzung hinaus dem Unternehmensvermögen zuzuordnen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom , der Beklagte mit Schriftsatz vom auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.

1.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Dieser nationalen Vorschrift liegt Art. 168 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -MwStSystRL- zu Grunde, wonach der Steuerpflichtige berechtigt ist, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, abzuziehen, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

Ist ein Gegenstand sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen privaten Bereich des Unternehmers vorgesehen -gemischte Nutzung-, wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet. Insoweit hat der Unternehmer nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Zwar ist nach der Regelung des § 15 Abs. 1b UStG, der als Reaktion des Gesetzgebers auf das sog. "Seeling-Modell" durch das JStG 2010 mit Wirkung ab in das Umsatzsteuergesetz eingeführt wurde und auf Art. 168a Abs. 1 MwStSystRL beruht (Heidner in Bunjes, UStG, 17. Aufl. 2018, Rn 313, 315 zu § 15), der Vorsteuerabzug für die Lieferungen und Leistungen im Zusammenhang mit einem gemischt genutzten Grundstück ausgeschlossen, soweit die Steuer nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, gemischt genutzte Grundstücke seinem Unternehmen zuzuordnen, bleibt allerdings unberührt (Heidner in Bunjes, UStG, 17. Aufl. 2018, Rn 314 zu § 15 mit Verweis auf BR-Drucksache 318/10, S.125).

Der Unternehmer kann daher den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem -geschätzten- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. , BFH/NV 2014, 1097 m.w.N.). Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands. Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen (vgl. , BFH/NV 2011, 1980 und vom - XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828).

Auch bei beabsichtigter oder tatsächlicher unternehmerischer Nutzung kann eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht unterstellt werden. Denn auch in einem solchen Fall steht es dem Unternehmer gleichwohl frei, das Gebäude in vollem Umfang seinem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen und damit dem Mehrwertsteuersystem zu entziehen (vgl. , BFH/NV 2017, 767). Auch wenn der Unternehmer Organträger ist und die unternehmerische Tätigkeit neben der eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit der Organgesellschaft in der teilweisen Vermietung des Gebäudes an die Organgesellschaft besteht, gilt nichts Anderes. Ein überwiegend nichtunternehmerisch genutzter Gegenstand gehört nicht schon deswegen zum Unternehmen, weil er für die unternehmerische Nutzung notwendig ist. Entscheidend ist vielmehr die wirtschaftliche Zuordnung (vgl. , BStBl II 1993, 810; in juris). "Notwendiges Unternehmensvermögen" -entsprechend notwendigem Betriebsvermögen- kennt das Umsatzsteuerrecht nicht.

Die Zuordnungsentscheidung ist spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer "zeitnah" erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen zu dokumentieren. Eine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung liegt dabei nur dann vor, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem Finanzamt gegenüber abgegeben wurde (vgl. , BFH/NV 2017, 922). Keine zeitnahe Dokumentation mittels der Umsatzsteuererklärung liegt vor, wenn diese erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist gem. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO in Verbindung mit § 18 Abs. 3 UStG -im Streitjahr der 31. Mai des Folgejahres- beim Finanzamt eingereicht wird. Das gilt auch für den in zeitlicher Hinsicht "gestreckten" Vorgang der Herstellung eines Gebäudes (vgl. , BStBl II 2014, 81). Eine unternehmerische Nutzung von Teilen des Gebäudes entsprechend eines gestellten Bauantrags alleine genügt jedenfalls nicht, um eine rechtzeitige erforderliche Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren (vgl. , BFH/NV 2017, 767).

Den Vorsteuerabzug für die auf die Herstellungskosten des errichteten Wohn-/und Bürogebäudes entfallenden Vorsteuern hat der Kläger erstmals mit der am abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 2016 erklärt und damit eine Zuordnungsentscheidung erst nach der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung 2016 gegenüber dem Beklagten dokumentiert. Die vom Kläger erst nach dem 31. Mai des jeweiligen Folgejahres der Umsatzsteuerjahresfestsetzungen geltend gemachten Vorsteuerbeträge reichen für die Vornahme einer rechtzeitigen Zuordnungsentscheidung nicht aus (vgl. , BFH/NV 2017, 767). Damit liegt keine zeitnahe Dokumentation der Zuordnungsentscheidung vor und der Beklagte hat dem Kläger den begehrten Vorsteuerabzug zu Recht versagt.

2.

Dem stehen die in dem ( "Gmina Ryjewo", HFR 2018, 843) niedergelegten Grundsätze, anders als der Kläger meint, nicht entgegen.

Denn in dem dortigen Rechtsstreit ging es um den Vorsteuerabzug einer Gemeinde, welche bereits als Mehrwertsteuerpflichtige registriert war, und damit um eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts", also einen "Hoheitsträger" nach polnischem Recht, so dass die Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher hoheitlicher, nicht aber privater Verwendung streitbefangen war. Der EuGH hat in dieser Entscheidung auf den Erwerb eines Investitionsguts durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts abgestellt und entschieden, dass in einer solchen Situation, in der beim Erwerb einer als Investitionsgut erworbenen Immobilie, die der Art nach sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden kann, eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die bereits die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen besitzt, nicht ausdrücklich die Absicht bekundet hat, diesen Gegenstand für eine besteuerte Tätigkeit nutzen zu wollen, aber auch nicht ausgeschlossen hat, dass dieser Gegenstand zu einem solchen Zweck genutzt werde, eine anfängliche Verwendung dieses Gegenstands für nicht besteuerte Tätigkeiten dem nicht entgegensteht, dass nach einer Prüfung sämtlicher Umstände, der Schluss gezogen wird, dass die in Art. 168 MwStSystRL aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist, wonach der Steuerpflichtige zu dem Zeitpunkt, zu dem er den fraglichen Gegenstand erworben hat, als Steuerpflichtiger gehandelt haben muss (vgl. , "Gmina Ryjewo", HFR 2018, 843, juris-Rn. 53).

Das Zuordnungswahlrecht besteht jedoch nicht für jede gemischte Nutzung eines Gegenstands, sondern nur für die gemischte Nutzung im Rahmen des "Sonderfalls einer Privatentnahme", bei der ein Unternehmer den gemischt wirtschaftlich und privat verwendeten Gegenstand voll dem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung zum Vorsteuerabzug berechtigt sein kann (vgl. , HFR 2018, 159 und vom - V R 23/16, HFR 2019, 423). Eine Zuordnungsentscheidung wie im Streitfall war durch die polnische Gemeinde in dem vom EuGH entschiedenen Fall daher bei Errichtung der Immobilie nicht zu treffen.

Die Entscheidung des ( "Gmina Ryjewo", HFR 2018, 843) hat damit zwar große Relevanz für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand; hier besteht aber ein entscheidender Unterschied zu der Konstellation, dass der Steuerpflichtige den Gegenstand nicht nur für seine wirtschaftliche Tätigkeit verwendet, sondern auch privat (vgl. Eversloh, jurisPR-SteuerR 12/2018 Anm. 6). Zwar wird eine Vorsteuerentlastung bei Sacheinlagen als dringend notwendig erachtet (vgl. Dziadkowski, Regelung für eine Einlagenentsteuerung notwendig, DStR 2019, 1247) und angenommen, der EuGH habe den Grundstein für die Einlagenentsteuerung im Umsatzsteuerrecht gelegt (vgl. Küffner/Alena Kirchinger Anm. 1 zu dem , UR 2018, 692). Der EuGH ist den Schlussanträgen der Generalanwältin insoweit nicht gefolgt, als er nicht wegen der Neutralität der Mehrwertsteuerbelastung den Vorsteuerabzug auch für einen mit Umsatzsteuer vorbelastet erworbenen Gegenstand bei nachträglicher umsatzsteuerpflichtiger Nutzung eröffnet hat (vgl. Röhrbein, Nachträglicher Vorsteuerabzug der öffentlichen Hand bei nicht eindeutiger anfänglicher Zuordnung nur in engen Grenzen, UVR 2018, 333) und hat insoweit nicht die generelle Möglichkeit einer Einlagenentsteuerung bejaht (vgl. Kessens: Aktuelle Entwicklungen im Umsatzsteuerrecht - Friktionen zwischen EuGH, BFH und Finanzverwaltung?, MwStR 2019, 308). Die Zuordnung zum Unternehmen als Wahrnehmen eines Zuordnungswahlrechts ist durch die Entscheidung "Gmina Ryjewo" nämlich mitnichten betroffen. Es ist vielmehr völlig offen, wie sich die neuen Maßstäbe der Entscheidung "Gmina Ryjewo" auf die Divergenz zwischen wirtschaftlicher und privater Tätigkeit eines Unternehmers auswirken können. Eine Vorentscheidung im Verhältnis einer wirtschaftlichen zur nicht-wirtschaftlichen -privaten- Tätigkeit ist durch die Entscheidung nicht getroffen. Hier bedarf es nach wie vor einer -befristeten- Zuordnungsentscheidung (vgl. Heuermann, Gibt es jetzt eine Einlagenentsteuerung?, MwStR 2018, 1000). Auch wenn nach der Auffassung von Widmann das Erfordernis, die Zuordnungsentscheidung zeitnah zu dokumentieren, nach dem nun wohl keine unionsrechtliche Basis mehr hat, ist die Reichweite des Urteils auch nach seiner Auffassung noch nicht absehbar, auch wenn sich schwer begründen lassen wird, warum der Verzicht das Erfordernis, die Zuordnungsentscheidung zeitnah zu dokumentieren, nur für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten sollte (vgl. Widmann, Vom Handeln eines Steuerpflichtigen als solchem, UR 2018, 666). Diese Ausführungen des EuGH als vollständige Abkehr von der bislang erforderlichen Zuordnungsentscheidung bei Leistungsbezug zu verstehen, dürfte aber wohl verfrüht sein und bedarf noch der Bestätigung durch weitere Entscheidungen des EuGH (vgl. Sterzinger, Anm. 2 zu dem , UR 2018, 693). Für die Frage, ob es zu einer Entsteuerung der Einlage auch in einem Fall kommen wird, in dem ein zunächst für private Zwecke erworbenes und entsprechend verwendetes Wirtschaftsgut innerhalb des Korrekturzeitraums für wirtschaftliche Zwecke verwendet wird, bedarf es daher noch weiterer Vorabentscheidungsersuchen (vgl. Heuermann, Gibt es jetzt eine Einlagenentsteuerung?, MwStR 2018, 1000).

Bis zu einer anderweitigen Entscheidung durch den EuGH ist daher davon auszugehen, dass es für die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen bei gemischter Nutzung weiterhin einer zeitnahen Zuordnungsentscheidung bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und in Hinblick auf die beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 3/19 anhängige Revision gegen das Urteil des Sächsischen (, EFG 2019,1861).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DStR 2020 S. 12 Nr. 10
DStRE 2020 S. 421 Nr. 7
EFG 2020 S. 145 Nr. 2
UStB 2020 S. 80 Nr. 3
JAAAH-39577