Fortbildungskosten - Übungsleitertätigkeit - Einkommensteuer 2001
Leitsatz
Unterschreiten die Einnahmen aus einer übungsleitertätigkeit den Freibetrag des § 3 Nr. 26 EStG idF des StBereinG vom (BGBl I 1999, 2601), kommt ein Abzug von Werbungskosten/Betriebsausgaben nach § 3c EStG nicht in Betracht.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 S. 1, EStG § 9 Abs. 1 S. 2, EStG § 3c Abs. 1, EStG § 3 Nr. 26
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Aufwendungen für den Erwerb einer Schwimmtrainerlizenz als Werbungskosten bei einem Berufssoldaten.
I.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger (Kl) ist Soldat bei der Bundeswehr und dort u.a. als …und Sportausbilder eingesetzt. Als Sportausbilder hat er im Streitjahr und den nachfolgenden Jahren die Sportarten Schwimmen und Rettungsschwimmen für die etwa 40 Soldaten seiner Einheit unterrichtet. Im Rahmen seiner ESt-Erklärung 2001 machte er Kosten für den Erwerb einer B-Trainer-Ausbildung Schwimmen in Höhe von … DM (…) geltend. Der Lehrgang fand am … in …statt. Der Familienwohnsitz war zu dieser Zeit noch in ….
Als ehrenamtlicher Schwimmausbilder für Kinder und Jugendliche erhielt der Kl im Streitjahr von der Ortsgruppe …der DLRG für 29 Ausbildungsstunden eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 380 DM (Bl. 37 FGA). Im Jahr 2002 war der Kl 22 Stunden als Schwimmtrainer beim TSV…tätig (Aufwandsentschädigung 110 EUR), im Jahr 2003 60 Stunden. Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer gab der Kläger zur Nutzung des Arbeitszimmers an, dass er darin im Zusammenhang mit seiner Lehrberechtigung Unterrichte bei der Bundeswehr vorbereite und als übungsleiter der DLRG-… Trainingspläne und Wettkämpfe vorbereite. Ferner machte er Fahrtkosten für 35 Fahrten zur DLRG-… im Zusammenhang mit seiner dortigen Tätigkeit als übungsleiter geltend. Im Rahmen des Veranlagungsverfahrens kündigte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) an, die Kosten des Erwerbs der Schwimmtrainerlizenz B der privaten Lebensführung zuzuordnen und sie daher nicht zum Abzug zuzulassen. Darauf teilte der Kl mit Schreiben vom mit, dass die Kosten im Zusammenhang mit seiner übungsleitertätigkeit bei der DLRG und einer beabsichtigten künftigen Trainertätigkeit beim TSV… stünden und insoweit steuerlich geltend gemacht werden könnten. Das FA lehnte die Anerkennung der im Zusammenhang mit der Trainerlizenz geltend gemachten Werbungskosten mit ESt-Bescheid 2001 vom ab. Zur Begründung gab es an, dass diese Ausbildung für die Tätigkeit bei der Bundeswehr nicht benötigt werde, weil die Bundeswehr selbst ausbilde. Ein Abzug im Zusammenhang mit der DLRG-Tätigkeit scheide aus, da diese ehrenamtlich ausgeübt werde. Ein Werbungskostenabzug hinsichtlich einer beabsichtigten Tätigkeit beim TSV…scheitere daran, dass keine konkreten Hinweise auf eine dort aufgenommene Tätigkeit vorlägen. Den gegen den o.g. Bescheid fristgerecht eingelegten Einspruch wies das FA – nach einer im vorliegenden Zusammenhang nicht relevanten änderung durch Bescheid vom (festgesetzte ESt … EUR bzw. … DM) – mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die nach Aktenlage fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung machen die Kläger Folgendes geltend: Die Fortbildung habe ausschließlich der beruflichen Fortbildung des Kl als unmittelbarer Vorgesetzter aller Soldaten seiner Einheit gedient. Als Einheitsführer bzw. Dienststellenleiter sei der Kl verantwortlich für die Sportausbildung seiner Soldaten. Dienstlicher Sport müsse durch einen übungsleiter/Sportleiter geleitet und durchgeführt werden. Jede Sportart dürfe nur dann betrieben werden, wenn ein entsprechend ausgebildeter Sportausbilder zur Verfügung stehe. Die Bundeswehr selbst biete nur Ausbildung für die niedrigeren übungsleiterlizenzen. Die höheren Ausbildungsstufen würden nur von den Fachsparten des Deutschen Sportbundes angeboten. Die ehrenamtliche Tätigkeit bei der DLRG-… bzw. beim TSV… sei nicht aus Gründen eines Hinzuverdienstes ausgeübt worden. Der Kl sei insoweit nur sporadisch mit einem Zeitaufwand von ca. 2 Stunden im Monat tätig gewesen. Die Nutzung der – insoweit nicht erforderlichen – B-Lizenz im ehrenamtlichen Bereich sei nicht der ausschlaggebende Grund für den Erwerb dieser Lizenz gewesen. Es könne daher nicht von gemischten Aufwendungen ausgegangen werden. Die Angaben des Kl im Schreiben vom seien aus steuerlicher Unkenntnis geschehen. So habe der Kl im Jahr 2002 vom TSV… nur 110 EUR Aufwendungsersatz erhalten. Daraus ergebe sich, dass der Kl die hohen Aufwendungen nicht für diese Nebentätigkeit erbracht habe.
Mit Schreiben vom reduzierte der Kl sein Klagebegehren auf zusätzliche Werbungskosten in Höhe von … DM (…)
Die Kläger beantragen,
den ESt-Bescheid 2001 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend abzuändern, dass zusätzliche Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit des Kl in Höhe von … DM anerkannt und die ESt entsprechend herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt es aus, dass der Kl in seinem Schreiben vom selbst ausgeführt habe, die Fortbildung diene einer Höherqualifizierung im Rahmen der Nebentätigkeit. Die Behauptung des Kl, der im Verein erbrachte Zeitaufwand habe nur ca. 2 Stunden pro Monat betragen, sei offensichtlich unzutreffend. Die Schwimmausbildung der Bundeswehr finde in …und nicht in … statt.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Schreiben der Kläger vom ; Schreiben des FA vom ).
Gründe
II.
Es erscheint als sachgerecht, durch – kostengünstigeren – Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a FGO).
1. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind nach S. 2 dieser Vorschrift bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – liegen Werbungskosten dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (BFH-Beschlüsse vom GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213, 216; vom GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; , BFHE 136, 488, BStBl II 1983, 17). Es muss objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit bestehen und die Aufwendungen müssen subjektiv zur Förderung dieser Tätigkeit gemacht werden. Dabei setzen Werbungskosten wie Betriebsausgaben stets zwingend einen solchen objektiven Zusammenhang voraus, während die subjektive Absicht, mit der Ausgabe den Beruf zu fördern, kein in jedem Fall notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist, weil z.B. auch unfreiwillige Ausgaben und Zwangsaufwendungen nach dem objektiven Nettoprinzip Werbungskosten sind. Stehen Aufwendungen in einem objektiven Zusammenhang mit dem Beruf, so ist es für den Begriff der Werbungskosten nicht von Bedeutung, ob die Vorstellungen des Steuerpflichtigen, den Beruf zu fördern, der Wirklichkeit entsprechen, d.h. geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen. Die Rechtsprechung hat daher die Anerkennung von Werbungskosten und Betriebsausgaben grundsätzlich nicht davon abhängig gemacht, ob der mit den Aufwendungen erstrebte Erfolg eingetreten ist und ob die Aufwendungen nach objektiven Gesichtspunkten üblich, notwendig oder zweckmäßig waren. Der Steuerpflichtige hat also einen Ermessensspielraum, ob und welche Aufwendungen er tätigen will ( BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368-371). Sind bereits Aufwendungen angefallen, bevor Einnahmen erzielt werden, so sind sie als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Ein solcher Abzug kommt von dem Zeitpunkt an in Betracht, in dem sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist (, BFHE 168, 133, BStBl II 1992, 819). Stehen Werbungskosten im Zusammenhang mit mehreren Einkunftsarten, so sind sie nach § 9 Abs. 1 S. 2 EStG – ggf. durch Schätzung – aufzuteilen. Soweit eine Aufteilung nicht möglich oder sachlich die Zuordnung zu einer Einkunftsart unmöglich erscheint, sind die Aufwendungen allein bei der Einkunftsart anzusetzen, bei der sie vorwiegend entstanden sind. Stehen Werbungskosten innerhalb derselben Einkunftsart mit verschiedenen Einkunftsquellen in Zusammenhang, gelten dieselben Grundsätze wie bei der Zuordnung zu verschiedenen Einkunftsarten (Schmidt/Drenseck, EStG, 23. Aufl. 2004, § 9 Rn.80).
Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Im Rahmen der sog. übungsleiterpauschale bestimmt § 3 Nr. 26 EStG idF des Steuerbereinigungsgesetzes vom (BGBl I 1999, 2601), dass Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit als übungsleiter im Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz fallenden gemeinnützigen Einrichtung bis zur Höhe von 3.600 DM im Jahr steuerfrei sind. überschreiten die Einnahmen für diese Tätigkeit den steuerfreien Betrag, dürfen die mit der nebenberuflichen Tätigkeit in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben nach § 3 Nr. 26 S. 2 EStG abweichend von § 3c EStG nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen. Unterschreiten die Einnahmen den Freibetrag so greift § 3 Nr. 26 S. 2 EStG bereits seinem Wortlaut nach nicht ein. Der Gesetzgeber ist insoweit davon ausgegangen, dass sich nur bei Vorliegen steuerpflichtiger Einnahmen aus § 3c Abs. 1 das Aufteilungsgebot und damit ein Regelungsbedarf ergibt. Deshalb kommt insoweit die Grundregel des § 3c EStG zur Anwendung. D.h. es greift das generelle Abzugsverbot für Betriebsausgaben/Werbungskosten (ebenso von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG-Kommentar, § 3 Rn. B 26/150; Myssen, INF 2000, 168 (172)).
Bei Anwendung der genannten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich nach überzeugung des Gerichts, dass die vom Kl durchgeführte Schwimmausbildung (B-Trainer-Lizenz) sowohl mit der beruflichen Tätigkeit als Sportausbilder bei der Bundeswehr als auch mit der ehrenamtlichen Tätigkeit als Schwimmlehrer in privaten Vereinen zusammenhängt. Für den Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit spricht, dass der Kl nachgewiesenermaßen weitere Schwimmtrainerlizenzen (F-Lizenz; Fachsportleiter Rettungsschwimmen) innerhalb der Bundeswehr erworben hat (Bl. 12, 13 EStA). Somit ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber ein dienstliches Interesse an entsprechender Trainerausbildung hat. Ferner deutet die Bescheinigung der Truppeneinheit des Kl vom , wonach eine laufende Fortbildung von Sportausbildern auch insoweit erwartet wird, als die Bundeswehr hierfür keine Kosten übernimmt, auf einen Zusammenhang zum Beruf des Kl.
Es liegen aber auch gewichtige Anzeichen für einen Zusammenhang zur ehrenamtlichen Tätigkeit des Kl vor. Hierfür spricht zum einen die ursprüngliche eigene Angabe des Kl im Schreiben vom (Bl 28 EStA), wonach die Höherqualifizierung im Zusammenhang mit der geplanten Tätigkeit beim TSV… stehe. Der Kl kann sich insoweit auch nicht auf steuerliche Unkenntnis berufen, da von ihm erwartet wird, dass er die tatsächlichen Angaben – unabhängig von den steuerlichen Folgen – wahrheitsgemäß macht. Ferner deuten die im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Steuererklärung 2001 geltend gemachten Fahrtkosten (35 Fahrten) und Kosten des Arbeitszimmers (Vorbereitung von Trainingsplänen und Wettkämpfen) auf ein nicht unerhebliches ehrenamtliches Engagement im Verein hin. Da es sich insoweit gerade um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, bei der ökonomische Erwägungen in der Regel nicht im Vordergrund stehen, verfängt der Hinweis, dass die Kosten der Trainerausbildung außer Verhältnis zu der erzielten Aufwandsentschädigung stehen, schon dem Grunde nach nicht. Zudem müsste selbst bei ökonomischer Betrachtung darauf abgestellt werden, dass der Kl – wie er es nach eigenen Angaben auch getan hat – die Trainerlizenz über mehrere Jahre für die Erzielung ehrenamtlicher Aufwandsentschädigungen genutzt hat und ggf. weiter nutzen wird.
Da keine klaren Anhaltspunkte (Zahl der übungsstunden, Höhe der konkret auf Nutzung der B-Trainer-Lizenz zurückzuführenden Einnahmen) für eine unterschiedliche Gewichtung der Veranlassungszusammenhänge zu Beruf und Verein bestehen, hält es der Senat nach dem Gesamtbild der Verhältnisse für sachgerecht von einer gleichwertigen Veranlassung durch beide Bereiche auszugehen. Der Senat ordnet daher im Wege der Schätzung die Werbungskosten je zur Hälfte den beiden Einkunftsbereichen zu. Da die Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit die Grenze des § 3 Nr. 26 S. 2 EStG im Streitjahr nicht überschritten, ist ein Abzug von Werbungskosten in diesem Bereich nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen ausgeschlossen. Es sind daher nur zusätzliche Werbungskosten in Höhe von 1.228 DM bei den Einkünften aus der Tätigkeit als Soldat zu berücksichtigen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs.1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hat die Kosten wegen der Einschränkung des Klageantrags und der damit verbundenen Streitwertänderung nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 136 Rn. 3 mwN der BFH-Rechtsprechung)
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAB-55931