Ganztägige außerhäusige Hundebetreuung keine „haushaltsnahe Dienstleistung” i. S. d. Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1 EStG
Leitsatz
Holt ein Hundebetreuer im Rahmen eines Gassi-Services den Hund der auswärts berufstätigen Steuerpflichtigen täglich an deren Wohnung für eine Gassi-Runde ab, die mit anderen Hunden durchgeführt wird, wird das Tier anschließend im Auto herumgefahren oder auch auf dem Gelände des Hundebetreuers betreut und erst am Nachmittag wieder zum Wohnungsort der Steuerpflichtigen zurückgebracht, so ist diese Gestaltung der Hundebetreuung nicht mehr vergleichbar zu einer Hundebetreuung, die Mitglieder des Haushalts leisten (vgl. hierzu ). Den Steuerpflichtigen steht daher für den Gassi-Service die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1 EStG nicht zu.
Gesetze: EStG § 35a Abs. 2 S. 1, EStG § 35a Abs. 4 S. 1
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob den Klägern für Aufwendungen für Tierbetreuung die Steuerermäßigung gemäß § 35a Einkommensteuergesetz –EStG– für haushaltsnahe Dienstleistungen zu gewähren ist.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Sozius einer Rechtsanwaltskanzlei in Höhe von 106.822,00 EUR, die Klägerin solche aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 49.302,00 EUR. Daneben erzielte der Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von – 9.854,00 EUR. Weiter erzielten die Kläger geringfügige Kapitalerträge, die sich nicht einkommenserhöhend auswirkten.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2013, die sie am beim Beklagten einreichten, erklärten die Kläger unter anderem haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 497,00 EUR, resultierend aus der WEG-Abrechnung, und Handwerkerleistungen in Höhe von 382,00 EUR, die sich aus der Verwalterabrechnung für Handwerker ergaben.
Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen erklärungsgemäß. Am legten die Kläger Einspruch gegen den Bescheid ein. Sie baten um Berücksichtigung von weiteren Aufwendungen in Höhe von 4.900,00 EUR für Hundebetreuung durch die Tierpension C. als Abzugsbetrag gemäß § 35a EStG. Die Kläger wiesen insgesamt Zahlungen in Höhe von 4.900,00 EUR durch Dauerauftrag (49 × 100,00 EUR in 2013) vom D.-Bankkonto nach (Kontoauszüge Blatt 51 bis Blatt 107 Einkommensteuerakte –EStA–) und reichten eine Rechnung über Hundebetreuung ein (Blatt 33 EStA). Sie teilten mit, dass es keine schriftliche Vereinbarung über die Betreuung gebe. Die Betreuung finde nicht ausschließlich im Haushalt (Wohnung und Garten) statt. Dies sei aus ihrer Sicht aber von untergeordneter Bedeutung, weil der Begriff des Haushalts funktional zu verstehen sei.
Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger mit seiner Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück. Er hielt den räumlichen Bezug der Hundebetreuung zum Haushalt der Kläger für nicht nachgewiesen.
Daraufhin haben die Kläger am Klage erhoben. Sie machen geltend, dass es sich bei der Hundebetreuung um Tätigkeiten gehandelt habe, die üblicherweise von Mitgliedern eines Haushalts erbracht würden. Der selbständige Hundebetreuer übernehme in Ausnahmefällen das Füttern und gegebenenfalls eine Medikamentengabe im Haushalt der Kläger. Üblicherweise werde dies aber durch die Kläger selbst erledigt. Der Service des Hundebetreuers habe grundsätzlich in täglichen Gassi-Runden von etwa zwei bis drei Stunden und der Tagesbetreuung einschließlich Unterbringung beim Dienstleister sowie eventuellen Tierarztbesuchen bestanden. Dazu hole der Hundebetreuer den Hund am Morgen vom Haushalt der Kläger ab und bringe ihn am Nachmittag wieder zurück. Dabei bestehe nach teleologischer Auslegung des Begriffs des Haushalts ein ausreichender sachlicher Bezug zum Haushalt. Eine ausschließliche Betreuung im Haus und im Garten der Kläger sei nicht erforderlich. Auch ein Gassi-Gehen sei noch räumlich-funktional ihrem Haushalt zuzuordnen. Die Tätigkeit sei durch den Haushalt veranlasst und werde üblicherweise von Haushaltsmitgliedern erbracht. Bei Hunden führe der obligatorische Gang nach draußen in der Regel in den öffentlichen Raum. Das Abholen des Tieres und anschließende Zurückbringen sei daher ein Tätigwerden in hinreichendem Zusammenhang mit dem Haushalt.
Mit dem Hundebetreuer sei ein Gassi-Service vereinbart worden. Das Tier sei regelmäßig aus der Wohnung der Kläger abgeholt worden, in der Nähe von E., dem Sitz des Hundebetreuers, zusammen mit anderen Hunden ausgeführt und nach Ende des Ausgangs wieder zurückgebracht worden. Dass das Tier gelegentlich auch auf dem Gelände des Hundebetreuers betreut worden sei, sei nicht vereinbart und auch nicht von den Klägern gewünscht gewesen. Dass die Hunde zwischen den Gängen entweder im Auto durch die Stadt gefahren worden seien oder auf dem Gelände des Hundebetreuers aufbewahrt worden seien, sei nicht Folge des Wunsches der Kläger gewesen, sondern allein der Organisation der Arbeitsabläufe seitens des Hundebetreuers geschuldet. Darauf hätten die Kläger keinen Einfluss gehabt.
Die Kläger beantragen,
abweichend von dem Einkommensteuerbescheid vom und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer 2013 unter Berücksichtigung von weiteren Aufwendungen für Hundebetreuung in Höhe von 4.900,00 EUR für haushaltsnahe Dienstleistungen um 980,00 EUR niedriger festzusetzen und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären sowie
hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die in der Einspruchsentscheidung wiedergegebenen Gründe und führt ergänzend aus, dass die Dienstleistungen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem Haushalt erbracht worden seien. Sowohl die Beschreibung der Leistung durch die Kläger als auch die Internetrecherche sprächen dafür, dass die Leistungen, die die Kläger in Anspruch genommen haben, eher einer Tierpension vergleichbar seien.
Dem Gericht hat bei der Entscheidung ein Band Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuernummer. vorgelegen, die dieser für die Kläger führt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 vom ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO–).
Den Klägern steht der Abzug von 20 % der Aufwendungen, höchstens 4.000,00 EUR, für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG von der tariflichen Einkommensteuer für die die Hundebetreuung betreffenden Aufwendungen nicht zu.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG, dass die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird. Dabei ist mit „in einem Haushalt” nicht der in den Grenzen des Grundstücks liegende Bereich gemeint. Der Begriff des Haushalts ist vielmehr räumlich-funktional auszulegen. Danach ist eine haushaltsnahe Dienstleistung „in” einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremden oder öffentlichem Grund geleistet werden, sind nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigungsfähig. Es muss sich dann allerdings um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (Bundesfinanzhof –BFH–, Urteil vom – VI R 55/12, Bundessteuerblatt –BStBl.– II 2014, 880; Beschluss vom – VI B 25/17, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen – BFH/NV – 2018, 39).
Die Versorgung und Betreuung eines im Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Tieres stellt eine haushaltsnahe Dienstleistung dar. Dazu gehört neben den im Haushalt selbst erbrachten Leistungen wie Füttern, Fellpflege und die sonstige Beschäftigung des Tieres auch das Ausführen zum Beispiel eines Hundes über die Grundstücksgrenzen hinaus, wenn der Hund zum Ausführen für ein bis zwei Stunden im Haushalt des Steuerpflichtigen abgeholt und anschließend wieder zurückgebracht wird. Denn ein solches Ausführen wird typischerweise vom Steuerpflichtigen selbst oder von anderen Haushaltsangehörigen erledigt und dient funktional dem Haushalt. Der räumliche Bezug zum Haushalt ergibt sich in einem derartigen Fall dadurch, dass ein wesentlicher Teil der Dienstleistung mit der Abholung und dem Zurückbringen des Hundes räumlich in dem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird (, BStBl. II 2016, 47; Beschluss vom – VI B 25/17, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).
Das Gericht hat nicht feststellen können, dass die Hundebetreuung nach dem tatsächlichen Ablauf der von den Klägern in Auftrag gegebenen Hundebetreuung in diesem Sinne noch räumlich-funktional im Haushalt der Kläger erbracht wird. Die von den Klägern in Bezug auf die Hundebetreuung in Anspruch genommenen Leistungen stehen nicht mehr in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit ihrem Haushalt, weil die Elemente des Abholens und des Wieder-Zurückbringens des Hundes durch die über ein ein- oder zweistündiges Ausführen hinausgehende Betreuung an einem vom Haushalt der Kläger mehrere Kilometer entfernten Ort (Herumfahren im Auto oder auf dem Betriebsgelände des Hundebetreuers) nicht mehr in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zu dem Haushalt stehen.
Der Ablauf der Hundebetreuung stellt sich nach den vorliegenden Behauptungen der Kläger wie folgt dar: Der Hundebetreuer holte den Hund der Kläger täglich an deren Wohnort für eine Gassi-Runde ab, die mit anderen Hunden in der Nähe von E. durchgeführt wurde. Am Nachmittag wurde der Hund wieder zum Wohnort der Kläger zurückgebracht. Dazwischen wurde der Hund im Auto herumgefahren oder auch auf dem Gelände des Hundebetreuers betreut.
Diese Gestaltung der Hundebetreuung ist nicht mehr vergleichbar zu einer Hundebetreuung, die Mitglieder des Haushalts leisten. Denn diese verlassen mit einem Hund den Wohnort nicht zum Gassi-Gehen, um dann erst am Nachmittag wieder zurückzukehren. Sie würden direkt nach der Gassi-Runde wieder zum Haushalt zurückkehren. Gerade die durchgängige Hundebetreuung vom Morgen bis zum Nachmittag entspricht nicht mehr den von Mitgliedern des Haushalts geleisteten Betreuungsaufgaben im Zusammenhang mit einem Hund, sondern ist vergleichbar zu einer Tagesstätte, die unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Tieres (Hund: Gassi-Gehen) für eine Betreuung über einen bestimmten Zeitraum (vom Morgen bis zum Nachmittag, einschließlich Abholen und Bringen) sorgt. Die Kläger können auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass es nicht ihr Wunsch gewesen sei, dass der Hund zwischen den Gängen sich im Auto oder auf dem Gelände des Hundebetreuers aufgehalten habe. Sie haben die konkrete Betreuung durch den Hundebetreuer in Auftrag gegeben und keine Vorkehrungen dafür getroffen, dass der Hund nach der ersten Gassi-Runde wieder an den Wohnort der Kläger zurückgekommen ist. Damit müssen sie sich die konkret durchgeführte Betreuung als vereinbart zurechnen lassen. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass der Hundebetreuer absprachewidrig mit dem Hund verfahren ist.
Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass dieser Ablauf der Hundebetreuung üblicherweise so stattgefunden hat. Die Kläger haben schon nicht vorgetragen, dass lediglich ein Ausführen des Hundes für kurze Zeit (1 – 2 Stunden) mit anschließendem direktem Zurückbringen stattgefunden hat. Dagegen spricht auch die Organisation der Hundebetreuung durch den Betreuer, der die Hunde im Rudel betreut und daher keine Zeit hat, jeden einzelnen Hund individuell nur für ein bis zwei Stunden zu betreuen. Dies entspricht auch nicht dem wahrscheinlichen Interesse der Kläger. Denn nach den von ihnen erzielten Einkünften dürften beide Kläger in der Regel ganztags beschäftigt sein. Es ist nicht ersichtlich, dass sie die Möglichkeit der Heimarbeit in größerem Umfang hatten und diese genutzt haben. Einzelfragen zu der Abholung und der Rückgabe des Hundes haben die Kläger nicht beantwortet. Auch daher ist zu vermuten, dass nicht nur um einzelne Gassi-Gänge stattgefunden haben, sondern dass der Hund in der Regel von morgens bis in den Nachmittag betreut worden ist, so wie die Kläger dies im Klageverfahren geschildert haben.
Selbst wenn es während des Jahres 2013 auch Abweichungen von diesem grundsätzlichen Ablauf gegeben haben sollte, so hat das Gericht den genauen Umfang solcher Abweichungen nicht feststellen können. Denn die Kläger haben nicht angegeben, wann, also an welchen Tagen, es Abweichungen gegeben hat und wie diese genau ausgesehen haben. Damit ist der genaue Ablauf der Hundebetreuung bei Abweichungen von der Regelbetreuung nicht überprüfbar. Damit ergibt sich weder die Möglichkeit einer Sachverhaltsklärung durch eventuelle Beweisaufnahme noch eine abweichende Beurteilung der Hundebetreuung in Teilen oder im Ganzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Fragen im Zusammenhang mit einer Hundebetreuung als haushaltsnahe Dienstleistung geklärt sind (, BFH/NV 2018, 39).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:FGBEBB:2018:1107.7K7101.16.00
Fundstelle(n):
IAAAH-10937